Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15937 Entscheidungen insgesamt
Online seit 7. August
IBRRS 2024, 2423BGH, Beschluss vom 11.07.2024 - IX ZB 31/23
Ist ein Rechtsanwalt nicht in der Lage, die Büroräume seiner Kanzlei zu betreten, weil er den Büroschlüssel im Büro vergessen hat, bedarf eine ein Verschulden des Rechtsanwalts an einer Fristversäumnis ausschließende Darlegung Ausführungen dazu, dass und aus welchen Gründen keine der naheliegenden Möglichkeiten, innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Frist einen Zugang zu den Büroräumen zu ermöglichen oder einen anderen Rechtsanwalt mit der Vornahme der fristwahrenden Handlung zu beauftragen, einen Erfolg gehabt hätte.*)
VolltextIBRRS 2024, 2420
BFH, Beschluss vom 09.07.2024 - X B 81/23
1. Der Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter, der in einer Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über einen zulässigen Ablehnungsantrag entgegen § 45 Abs. 1 ZPO liegt, schlägt auf die Endentscheidung durch, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob das Ablehnungsgesuch in der Sache begründet ist oder nicht (Anschluss an Beschlüsse des BVerfG vom 20.07.2007 - 1 BvR 2228/06, NJW 2007, 3771, unter II.2.a, und vom 11.03.2013 - 1 BvR 2853/11, NJW 2013, 1665, Rz 38 ff.; Beschluss des BFH vom 16.10.2019 - X B 99/19, BFHE 266, 494, BStBl II 2020, 375).*)
2. Für die Darlegung einer entsprechenden Verfahrensrüge genügt nicht allein die schlichte Äußerung der eigenen rechtlichen Einschätzung des Beteiligten, wonach die abgelehnten Richter nicht selbst über den Ablehnungsantrag hätten entscheiden dürfen. Vielmehr ist auch vorzutragen, in welcher Weise das Finanzgericht in seiner Selbstentscheidung über den Ablehnungsantrag - wenn auch nur geringfügig - auf den Verfahrensgegenstand eingegangen ist oder weshalb dies zwar nicht geschehen ist, aber objektiv erforderlich gewesen wäre.*)
VolltextIBRRS 2024, 2418
BGH, Beschluss vom 25.06.2024 - VIII ZB 13/24
Den Parteien wird nicht das von den erkennenden Richtern unterzeichnete Original der Entscheidung, sondern lediglich eine von der Geschäftsstelle beglaubigte Abschrift oder - auf Antrag - eine Ausfertigung der erlassenen und unterschriebenen Entscheidung zugestellt. Die von den Richtern unterzeichnete Originalentscheidung verbleibt beim Gericht.
VolltextOnline seit 6. August
IBRRS 2024, 2405BFH, Beschluss vom 22.07.2024 - V B 38/23
Das Gericht verstößt gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, wenn im Urteil nicht zum Ausdruck kommt, dass der unterschiedliche Beweiswert von Urkunden- und Zeugenbeweis gesehen und bei der Urteilsfindung berücksichtigt wurde (Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.11.2018 - V B 72/18, BeckRS 2018, 34928).*)
VolltextIBRRS 2024, 2404
BFH, Beschluss vom 17.07.2024 - VIII B 16/23
1. Die Gerichte sind grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern zu besetzen. Haben bei einer Entscheidung ohne zwingende Gründe Richter mitgewirkt, die nicht hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind, ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.
2. Zwingende Gründe liegen vor, wenn Richter zur Eignungserprobung abgeordnet werden.
3. Die Beteiligung einer zum Zeitpunkt des Urteils an das Finanzgericht für insgesamt 18 Monate zur Eignungserprobung abgeordneten Richterin am Sozialgericht, die nach Ablauf der Abordnung zur Richterin am Finanzgericht ernannt wird, verstößt nicht gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter.*)
VolltextIBRRS 2024, 2346
AG Elmshorn, Urteil vom 25.01.2024 - 58 C 111/22
Für den Einwand, die Treppenhausreinigung sei nicht sachgerecht erfolgt, weil das Treppenhaus nur oberflächlich durch Fegen und Wischen ohne Aufnahme der Fußmatten erfolgt sei, darüber hinaus die Reinigung auch deshalb unzureichend gewesen sei, weil Fensterbänke und Fenster sowie der Handlauf der Treppe nicht gereinigt worden seien, ist der Mieter darlegungs- und beweisbelastet.
VolltextOnline seit 5. August
IBRRS 2024, 2398OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.07.2024 - 3 W 24/24
1. Bei Prüfung der Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsgesuchs gegen einen Sachverständigen ist eine entsprechende Anwendung von § 43 ZPO geboten.*)
2. Der Verlust des Ablehnungsrechts umfasst lediglich die der Partei bekannten Ablehnungsgründe.*)
3. Für Ablehnungsgesuche, in denen ein Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung der Ausführungen des Sachverständigen zu erkennen ist, ist eine angemessene Überlegungsfrist maßgeblich, die die Zwei-Wochen-Frist gem. § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht überschreiten darf.*)
4. Es ist für jeden einzelnen Ablehnungsgrund zu prüfen, ob die Partei ihr Ablehnungsrecht dadurch verloren hat, dass sie sich nach der Anhörung des Sachverständigen rügelos zur Sache eingelassen hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 2397
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2024 - 4 U 20/24
1. Eine wirksame Ersatzeinreichung liegt nicht vor, wenn die per Telefax bei Gericht eingegangene Berufungsschrift nicht unterschrieben war.
2. Dass ein Prozessbevollmächtigter es versäumt, die per Telefax versendete Berufungsschrift zu unterschreiben, hat mit technischen Problemen beim elektronischen Dokumentenversand nichts zu tun.
VolltextOnline seit 2. August
IBRRS 2024, 2369LG Trier, Beschluss vom 18.07.2024 - 7 HK O 41/23
Die Zulässigkeit des Streitbeitritts wird im Rahmen der Kostenentscheidung nicht mehr nachgeprüft, da sie von Amts wegen nicht zu prüfen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 2032
BGH, Beschluss vom 13.06.2024 - IX ZR 100/23
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
2. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.
3. Zur grob fahrlässigen Unkenntnis i.S. des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB.
VolltextOnline seit 1. August
IBRRS 2024, 2372OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.2024 - 15 U 63/23
1. Die Anordnung nach § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann nicht im Wege der öffentlichen Zustellung nach § 185 ZPO zugestellt werden, da es sich auch bei § 185 ZPO um eine fingierte Zustellung handelt, deren Inhalt dem Adressaten in der Regel nicht zur Kenntnis gelangt. § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO lässt es aber nicht zu, die in § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehene Zustellungsfiktion auf eine Zustellung zu gründen, die ebenfalls nur einer Fiktion entspringt.*)
2. Sind seit einem ersten erfolglosen Zustellversuch mehr als anderthalb Jahre vergangen, ist in der Regel - wenn nicht feststeht, dass die Auslandszustellung keinen Erfolg verspricht - der erneute Versuch einer Zustellung erforderlich, bevor die öffentliche Zustellung nach § 185 ZPO bewilligt werden kann.*)
3. Angesichts der besonderen Bedeutung des Grundrechts auf rechtliches Gehör ist eine informelle Information des Zustelladressaten - sei es durch einfachen Brief oder per E-Mail - neben der öffentlichen Zustellung nach § 185 ZPO zwingend erforderlich, wenn die Anschrift oder sonstige Kontaktmöglichkeiten bekannt oder im Wege einer einfachen Internetrecherche ohne Schwierigkeiten ermittelbar sind.*)
4. Die Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO setzt einen tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Dokuments bei dem Zustellungsempfänger voraus. Eine Ersatzzustellung nach § 178 ZPO genügt diesen Anforderungen nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 1984
LG Berlin II, Beschluss vom 05.06.2024 - 64 T 31/24
1. Die Zulässigkeit eines jeden Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein im Kostenpunkt bestehen darf, sowie das Bestreben, diese Beschwer mit dem Rechtsmittel zu beseitigen. Sie ergibt sich nicht schon aus etwaigen dem Rechtsmittelkläger unerwünschten Feststellungen.
2. Eine Beschwer besteht insbesondere nicht darin, dass das Amtsgericht über die Kostenlast ausdrücklich entschieden hat, obwohl die Parteien sich darüber angeblich bereits geeinigt haben.
VolltextOnline seit Juli
IBRRS 2024, 2350OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.05.2024 - 10 W 22/24
Die Ablehnung eines Antrags auf ergänzende oder erläuternde schriftliche Begutachtung ist nicht beschwerdefähig, weil der entsprechenden Entscheidung des Gerichts kein Gesuch i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugrunde liegt (Aufgabe der Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 02.01.2014 - 10 W 34/13, IBRRS 2014, 1130 = IMRRS 2014, 0566).*)
VolltextIBRRS 2024, 2341
KG, Beschluss vom 27.06.2024 - 1 W 102/24
Bei der Prüfung, ob eine Urkunde Mängel i.S.v. § 419 ZPO enthält, die geeignet sind, die Vermutungswirkung des § 440 Abs. 2 ZPO zu erschüttern, können die Feststellungen nicht darauf beschränkt bleiben, die Urkunde enthalte - vorliegend handschriftliche - Ergänzungen oder Durchstreichungen. Es muss darüber hinaus der ursprüngliche Inhalt und der, den die Urkunde mit den Ergänzungen erhalten hat, in den Blick genommen werden. Ergibt sich erst mit den Ergänzungen ein - im Grundbuch - vollziehbarer Inhalt, ist die Annahme naheliegend, dass die Änderungen der Urkunde mit Willen der Personen erfolgt sind, deren Unterschrift ein Notar beglaubigt hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 2338
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 29.07.2024 - 980b C 30/24 WEG
1. Wird erst 9 Monate nach dem ersten Wasserschaden eine einstweilige Verfügung durch die Gemeinschaft beantragt, der Eigentümer werde verpflichtet, seinen Haupthahn ordnungsgemäß anzuschließen, hat die Gemeinschaft selbst die Dringlichkeit ihres Begehrens widerlegt.
2. Eine eidesstattliche Versicherung darf sich nicht in der Bezugnahme auf einen anwaltlichen Schriftsatz erschöpfen, sondern muss eine selbständige Sachdarstellung enthalten.
VolltextIBRRS 2024, 2322
VG München, Beschluss vom 18.06.2024 - 31 M 24.2838
1. Im Verwaltungsprozess sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Die Kosten für die Beiziehung eines privaten Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung sind dies mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen.
2. War das Erscheinen des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung nicht durch eine entsprechende Aufforderung des Gerichts veranlasst worden, sind die entstandenen Kosten nur nach Maßgabe der Voraussetzungen erstattungsfähig, unter denen Aufwendungen für private, also nicht vom Gericht bestellte Sachverständige erstattet werden können.
3. Aufwendungen für private Sachverständige sind für die Beteiligten nur ausnahmsweise erstattungsfähig, nämlich dann, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde ihr Begehren tragende Behauptungen nur mit Hilfe eines selbst eingeholten Gutachtens oder einer sonstigen sachverständigen Beurteilung darlegen oder unter Beweis stellen kann.
VolltextIBRRS 2024, 2318
BGH, Beschluss vom 12.06.2024 - VII ZR 126/22
Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer einen Zulassungsgrund nur für einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs dargelegt hat, der ihn nicht mit mehr als 20.000 Euro beschwert (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 27.06.2002 - V ZR 148/02, IBRRS 2002, 0814 = IMRRS 2002, 0348; Beschluss vom 11.05.2006 - VII ZR 131/05, IBRRS 2006, 1763 = IMRRS 2006, 1099; Beschluss vom 04.10.2006 - I ZR 196/05, IBRRS 2008, 1789).*)
VolltextIBRRS 2024, 2317
BGH, Beschluss vom 05.06.2024 - XII ZB 493/22
1. Nur wesentliche Abweichungen zwischen Urschrift und zugestellter Ausfertigung führen zur Unwirksamkeit der Zustellung. Wesentlich sind Abweichungen, die die Entschließung über die Einlegung eines Rechtsmittels beeinflussen können (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 06.03.2024 - XII ZB 408/23 -, IBRRS 2024, 1841, und vom 29.11.2006 - XII ZB 194/05 -, IBRRS 2007, 3163 = IMRRS 2007, 1291; BGH, Beschluss vom 24.05.2006 - IV ZB 47/05 -, IBRRS 2006, 3813 = IMRRS 2006, 2787).*)
2. Zum (hier verneinten) Verschulden eines Rechtsanwalts, der darauf vertraut, dass für den Beginn der Beschwerdefrist erst eine zweite Beschlusszustellung maßgebend ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 2302
BGH, Urteil vom 15.05.2024 - VIII ZR 52/23
1. Zur Frage der Wirksamkeit der Einlegung eines Rechtsmittels durch Einreichung einer mit einer einbettenden Signatur ("enveloping signature") versehenen Rechtsmittelschrift.*)
2. Zur Bemessung des Gegenstandswerts eines Anspruchs auf Abgabe einer Erklärung, dass die Miete künftig herabgesetzt wird, bei einer zwischen den Mietvertragsparteien vereinbarten Staffelmiete im Sinne von § 557a Abs. 1 BGB (im Anschluss an Senatsurteil vom 30.03.2022 - VIII ZR 279/21, Rz. 47, IBRRS 2022, 1734 = IMRRS 2022, 0716 = WuM 2022, 600 Rn. 47; Senatsbeschluss vom 10.10.2023 - VIII ZR 45/22, Rz. 35, IBRRS 2023, 3602 = IMRRS 2023, 1663).*)
IBRRS 2024, 2277
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.07.2024 - 3 S 1709/23
1. Ein als "Berufung" bezeichnetes Rechtsmittel gegen einen im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ergangenen Beschluss kann gegebenenfalls als Beschwerde ausgelegt werden, ohne dass es einer gerichtlichen Umdeutung bedarf (Abgrenzung zu BVerwG, Beschluss vom 19.04.2010 - 9 B 4.10 -, BeckRS 2010, 49207; VGH Hessen, Beschluss vom 07.01.2019 - 7 A 2421/18 -, BeckRS 2019, 4406).*)
2. In einer Situation, in der vieles dafür spricht, dass ein qualifiziert elektronisch signiertes Widerspruchsschreiben zu einem konkret bezeichneten Zeitpunkt im besonderen elektronischen Behördenpostfach (beBPo) einer Behörde eingegangen ist, kann diese sich nicht darauf beschränken, den Zugang eines entsprechen Schreibens pauschal oder unter Verweis auf ihre regelmäßig korrekt ablaufenden Verwaltungsvorgänge zu bestreiten. Ebenso wenig kann sie sich darauf berufen, sämtliche den Posteingang betreffenden digitalen Verwaltungsvorgänge bereits nach wenigen Monaten - d. h. in einem Zeitraum, in dem nicht notwendigerweise mit einer Entscheidung über einen Widerspruch gerechnet werden kann und auch ein etwaiges "Untergehen" eines Schriftstückes nicht notwendigerweise bemerkt wird - automatisiert gelöscht zu haben.*)
3. § 55a VwGO regelt nur die Einreichung elektronischer Dokumente bei Gericht. Auch nach § 3a Abs. 2 Satz 1 VwVfG besteht jedoch die Möglichkeit, eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die elektronische Form zu ersetzen. Nach § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG genügt hierfür ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.*)
4. Eine genehmigungspflichtige Nutzung einer baulichen Anlage, die nicht von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt ist, steht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet, wenn die Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. schon Senatsurteil vom 09.11.2020 - 3 S 2590/18 -, BeckRS 2020, 32656). Eine solche Nutzungsuntersagung kann regelmäßig für sofort vollziehbar erklärt werden, um der gesetzlich vorgesehenen Präventivkontrolle Geltung zu verschaffen (Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 - 8 S 2606/06 -, IBRRS 2007, 0536).*)
VolltextIBRRS 2024, 2294
BGH, Urteil vom 14.05.2024 - VI ZR 370/22
1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 a ZPO muss sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzen und konkret darlegen, warum die Begründung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sein soll. Hierdurch soll der Revisionskläger dazu angehalten werden, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern auch in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält.*)
2. Bei Mitteilung der Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten nach Art. 13 Abs. 1 b DSGVO ist die Nennung des Namens nicht zwingend. Entscheidend und zugleich ausreichend für den Betroffenen ist die Mitteilung der Informationen, die für die Erreichbarkeit der zuständigen Stelle erforderlich sind. Ist die Erreichbarkeit ohne Nennung des Namens gewährleistet, muss dieser nicht mitgeteilt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 2264
LG Neubrandenburg, Beschluss vom 10.03.2023 - 1 T 176/22
1. Eine Partei kann, sofern ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand oder Wert einer Sache festgestellt wird.
2. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist grundsätzlich weit zu verstehen. Ein Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens ist nur dann unzulässig, wenn evident ist, dass ein Anspruch des Antragstellers unter gar keinen Umständen bestehen kann, sein Rechtsschutzbegehren also offensichtlich aussichtslos und die Beweiserhebung deshalb ohne jeden Zweifel nutzlos ist.
3. Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Wohnfläche wegen der Abrechnung von auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten ist auch dann zulässig, wenn die Abweichung der Wohnraumfläche nur gering ist.
VolltextIBRRS 2024, 2263
LG Darmstadt, Urteil vom 08.07.2024 - 18 O 54/23
Erstmaliges Bestreiten entscheidungserheblichen Vortrags rund eine Woche vor einem Termin kann verspätet i.S.v. § 296 Abs. 1 ZPO sein.*)
VolltextIBRRS 2024, 2262
OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.03.2024 - 16 W 5/24
Die zulässige Erhebung einer Klage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfordert die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift. Das gilt auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird.
VolltextIBRRS 2024, 2244
BAG, Urteil vom 21.03.2024 - 2 AZR 113/23
1. Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine zur Endentscheidung reif, hat das Gericht diese durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen (§ 301 Abs. 1 ZPO). Entscheidungsreife besteht nur, wenn das Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil erlassen werden kann und die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch in Folge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist.
2. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dies ist u. a. der Fall, wenn bei einer Mehrheit selbstständiger prozessualer Ansprüche zwischen diesen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht.
3. Nach einem unzulässigen Teilurteil darf das Berufungsgericht die Sache nur zurückverweisen, wenn die weitere Verhandlung vor dem Gericht des ersten Rechtszugs erforderlich ist. Ist das nicht der Fall, muss das Revisionsgericht die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Dieses muss die im erstinstanzlichen Teilurteil zu Unrecht „ausgesparten“ Klageanträge an sich ziehen und ebenfalls über diese entscheiden.
4. Übergeht das Berufungsgericht einen Berufungsantrag i.S.v. § 321 ZPO, entfällt grundsätzlich (auch) die Rechtshängigkeit des damit weiterverfolgten Sachantrags, wenn keine Partei innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO eine Ergänzung des Berufungsurteils verlangt. Hat eine Partei einen in erster Instanz noch unbeschieden anhängigen Klageantrag entgegen § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Berufungsverfahren ein weiteres Mal rechtshängig gemacht, erlischt ausschließlich die Rechtshängigkeit des zweiten Klageantrags.
5. Bei einem Prozessurteil erwächst nicht der angenommene Unzulässigkeitsgrund als solcher - d. h. vom Streitgegenstand losgelöst - in Rechtskraft, so dass die Rechtskraft nicht für weitere prozessuale oder gar materielle Rechtsfolgen wirken kann, die sich aus dem Unzulässigkeitsgrund ableiten ließen.
VolltextIBRRS 2024, 2242
BFH, Beschluss vom 15.05.2024 - IX S 16/24
Die Erklärung, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten, verbraucht sich jedenfalls dann nicht durch eine nachfolgende gerichtliche Entscheidung, wenn hierdurch lediglich der äußere Fortgang des Verfahrens betroffen und nicht die tatsächliche oder rechtliche Grundlage der Endentscheidung berührt wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 2234
OLG Hamm, Beschluss vom 07.05.2024 - 7 U 109/23
1. Wegen der im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gebotenen weiten Auslegung des § 102 Abs. 1 EnWG und der Notwendigkeit, Rechts(mittel)klarheit und -sicherheit zu schaffen, ist davon auszugehen, dass i.S.d. § 102 Abs. 1 Satz 2 EnWG Vorfragen aus dem EnWG und nach einem auf diesem Gesetz beruhenden untergesetzlichen Regelungswerk immer schon dann zu beantworten sind, wenn - wie hier - nach einer Kabelbeschädigung Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB geltend gemacht werden und dabei energiewirtschaftliche Fragen entscheidungserheblich sind oder noch werden können (in Fortschreibung zu BGH, Beschluss vom 17.07.2018 - EnZB 53/17, Rz. 15, IBRRS 2018, 2760).*)
2. Da die Anwendbarkeit von § 102 Abs. 1 EnWG in diesen Fällen noch nicht abschließend geklärt ist, ist die Berufung nicht als unzulässig zu verwerfen, sondern das Berufungsverfahren analog § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB von Amts wegen an das zuständige Berufungsgericht zu verweisen, auch wenn erstinstanzlich ein Landgericht in seiner Spezialzuständigkeit für energiewirtschaftliche Fragen entschieden hat (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17.07.2018 - EnZB 53/17, Rz. 24 ff., IBRRS 2018, 2760; in Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 06.06.2023 - VI ZB 75/22, Rn. 21 f., IBRRS 2023, 2380).*)
VolltextIBRRS 2024, 2228
BGH, Beschluss vom 28.05.2024 - VIII ZA 14/23
Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig.
VolltextIBRRS 2024, 2222
OLG Hamm, Beschluss vom 30.04.2024 - 28 U 47/22
Eine Tatbestandsberichtigung ist nur zulässig, soweit der Tatbestand die verstärkte Beweiskraft gem. § 314 ZPO besitzt. Dies trifft für das bloße Prozessgeschehen nicht zu.
VolltextIBRRS 2024, 2213
OLG Hamm, Beschluss vom 03.01.2023 - 10 W 71/22
Ein Pflichtteilsberechtigter kann im Wege des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 485 ZPO die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des Verkehrswerts einer im Nachlass vorhandenen Immobilie verlangen. Er ist nicht auf die Erhebung einer Auskunfts- und Wertermittlungsklage gem. § 2314 BGB zu verweisen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2179
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2024 - 2 L 125/23
Wird eine Terminverlegung wegen Erkrankung erst kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt, ist der Verhinderungsgrund so darzulegen und zu untersetzen, dass das Gericht ihn ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann. Dazu ist die Erkrankung, auch eines Prozessbevollmächtigten, regelmäßig mit einem ärztlichen Attest zu belegen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2203
BGH, Beschluss vom 04.06.2024 - VIII ZB 40/23
1. Der Umstand, dass in einem vor dem Bundesverfassungsgericht geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren über eine Frage zu entscheiden ist, von deren Beantwortung die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, rechtfertigt eine Aussetzung der Verhandlung nach § 148 Abs. 1 ZPO nicht (im Anschluss an Senatsurteile vom 21.12.2022 - VIII ZR 78/22, Rz. 40, IBRRS 2023, 0373; vom 08.02.2023 - VIII ZR 65/22, Rz. 40, IBRRS 2023, 0743; jeweils m.w.N.).*)
2. Die Aussetzung eines Rechtsstreits nach § 148 Abs. 1 ZPO kommt - auch in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift - nicht bereits deshalb in Betracht, weil bei dem zur Entscheidung berufenen Gericht oder bei anderen Spruchkörpern dieses Gerichts eine Vielzahl weiterer Parallelverfahren anhängig ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 28.02.2012 - VIII ZB 54/11, IBR 2014, 1141 - nur online).*)
VolltextIBRRS 2024, 2198
BGH, Beschluss vom 16.04.2024 - X ARZ 101/24
1. Eine Durchbrechung der Bindungswirkung eines nach § 17a Abs. 1 GVG ergangenen Verweisungsbeschlusses kommt allenfalls bei extremen Verstößen gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 24.10.2017 - X ARZ 326/17, Rz. 19, IBRRS 2017, 4191 = IMRRS 2017, 1735; Beschluss vom 16.04.2019 - X ARZ 143/19, Rz. 13, IBRRS 2019, 1514).*)
2. Ein derart extremer Verstoß liegt nicht schon dann vor, wenn ein Amtsgericht, das den Rechtsstreit bereits auf der Grundlage von § 281 ZPO an ein Arbeitsgericht verwiesen hat, den Rechtsstreit nach Rücksendung der Akten auf der Grundlage von § 17a GVG erneut an dasselbe Arbeitsgericht verweist (Abgrenzung zu BAG, Beschluss vom 21.12.2015 - 10 AS 9/15, NZA 2016, 446).*)
VolltextIBRRS 2024, 2178
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.06.2024 - 14 S 761/24
Die Glaubhaftmachung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 294 ZPO) der vorübergehenden (technischen) Unmöglichkeit i.S.v. § 55d Satz 3 und 4 VwGO erfordert eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, die zur vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen geführt hat (im Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.12.2023 - 12 S 1719/23, IBRRS 2024, 2176 = IMRRS 2024, 0922, m w. N.).*)
VolltextIBRRS 2024, 2176
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.12.2023 - 12 S 1719/23
Auch bei gerichtsbekannten Störungen oder solchen, von denen sich das Gericht ohne Weiteres Kenntnis verschaffen kann, ist eine Glaubhaftmachung - gegebenenfalls durch anwaltliche Versicherung - erforderlich, da dem Gericht der Zeitpunkt des Sendeversuchs nicht bekannt sein wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 2157
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.05.2024 - 19 W 20/24
1. Bei der Bemessung des Gebührenstreitwerts des selbständigen Beweisverfahren ist auch die auf die Mangelbeseitigungskosten entfallende Umsatzsteuer zu berücksichtigen; dies gilt unabhängig davon, ob die Mehrwertsteuer bei dem Antragsteller schon angefallen ist.*)
2. Mögliche Sowiesokosten sind vom Gebührenstreitwert des selbständigen Beweisverfahrens nur abzusetzen, wenn der Antragsteller von vornherein zu erkennen gibt, dass er sich diese entgegenhalten lassen möchte, etwa wenn er diese von sich aus mit ermitteln lässt.*)
VolltextIBRRS 2024, 2142
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.01.2024 - 8 LB 104/23
Wurde eine Klage durch einen prozessunfähigen Beteiligten erhoben und erfolgt keine Genehmigung der Prozessführung durch den gesetzlichen Vertreter, so ist die Klage als unzulässig abzuweisen; eine Sachentscheidung darf nicht ergehen. Hat das Verwaltungsgericht gleichwohl zur Sache entschieden, so ist die dagegen gerichtete Berufung nicht wegen der Prozessunfähigkeit unzulässig. Sie ist vielmehr unbegründet, weil die Sachentscheidungsvoraussetzungen der Klage aufgrund der fehlenden Prozessfähigkeit nicht erfüllt sind, die Klage also unzulässig ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 2140
BSG, Beschluss vom 27.06.2024 - B 2 U 10/24 B
Ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil gilt dann als nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind.
VolltextIBRRS 2024, 2130
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.06.2024 - 9 W 12/24
Es stellt noch keine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit dar, wenn ein Antragsteller erst dann reagiert, wenn sich die Besitzstörung durch ein Schreiben der Gegenseite, in dem Nutzungsverbote ausgesprochen werden, konkretisiert und er hierauf nicht sogleich einen Eilantrag stellt, sondern zunächst mit einer schriftlichen Unterlassungsforderung mit Fristsetzung an die Gegenseite herantritt.*)
VolltextIBRRS 2024, 2129
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2024 - 2 L 146/23
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt, wenn lediglich tatsächliche und/oder rechtliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts pauschal in Frage gestellt werden, das schlichte Gegenteil behauptet wird oder hierzu ausschließlich bisheriges Vorbringen wiederholt wird.*)
2. Eröffnet eine gesetzliche Regelung der Behörde keinen Ermessensspielraum, vermag daran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Behörde von einer Ermessensermächtigung ausgeht und in dieser Annahme eine Entscheidung trifft; es bleibt - auch für die Widerspruchsbehörde - eine gebundene Entscheidung.*)
3. In den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, ist ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids zu verneinen. Dies gilt auch für den Nachbarn, der gegen eine Baugenehmigung Widerspruch erhoben hat, über den die Widerspruchsbehörde nicht in angemessener Frist entschieden hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 2132
OLG Köln, Urteil vom 26.06.2024 - 5 U 151/22
1. Im Zivilprozess darf das erkennende Gericht den Sachverständigen, der im selbständigen Beweisverfahren ein Gutachten erstattet hat, ergänzend anhören. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts.
2. Wird die Anhörung von einer Partei beantragt, ist das Gericht verpflichtet, den Sachverständigen anzuhören. Die Parteien haben einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich halten, zur mündlichen Beantwortung vorlegen können.
3. Die Anhörung des Sachverständigen kann im selbständigen Beweisverfahren, aber auch im späteren Hauptsacheverfahren beantragt werden.
VolltextIBRRS 2024, 2120
OLG Hamm, Beschluss vom 08.04.2024 - 20 U 80/22
Nachlässig i.S.v. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO handelt eine Partei, wenn sie die tatsächlichen Umstände nicht vorbringt, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt sind oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätten bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie im ersten Rechtszug imstande ist, wobei einfache Fahrlässigkeit ausreicht.
VolltextIBRRS 2024, 2106
BayObLG, Beschluss vom 03.07.2024 - 101 AR 86/24
1. Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts kann auch für ein selbständiges Beweisverfahren vorgenommen werden. Dass das selbständige Beweisverfahren bereits anhängig ist, steht der Gerichtsstandsbestimmung nicht entgegen.
2. Eine Gerichtsstandsbestimmung setzt grundsätzlich voraus, dass die Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand eines von ihnen verklagt werden sollen. Besondere Sachgründe, gegebenenfalls auch eine durch Prorogation begründete ausschließliche Gerichtszuständigkeit, können eine Ausnahme von diesem Grundsatz zulassen.
3. Die Prorogation eines ausschließlichen Gerichtsstands mit einem der Streitgenossen hat zur Folge, dass keiner der allgemeinen Gerichtsstände der Antragsgegner, sondern nur der vereinbarte ausschließliche Gerichtsstand für die gemeinsame Klage bestimmt werden kann.
VolltextIBRRS 2024, 2089
OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.04.2024 - 3 W 76/23
1. Das selbständige Beweisverfahren ist mit Blick auf den Beginn der Abänderungssperrfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG und die Rechtsmittelfrist nach § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG isoliert von einer etwaigen späteren Hauptsache zu betrachten.*)
2. Da ein selbständiges Beweisverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen werden kann, kommt es i.S.v. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG auf seine anderweitige Erledigung an.*)
VolltextIBRRS 2024, 2015
LG Berlin II, Urteil vom 18.06.2024 - 56 S 100/23 WEG
1. Das Berufungsgericht hat gem. § 529 Abs. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung grundsätzlich die von dem Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
2. Dem Vermieter obliegt der Beweis, dass Lärm aus der Wohnung des Mieters stammt.
VolltextIBRRS 2024, 2075
OLG Hamm, Urteil vom 14.05.2024 - 7 U 7/24
Hinweise auf eine (vermeintlich) fehlende Substanziierung müssen hinreichend frühzeitig erfolgen und hinreichend konkret sein; erfolgen sie erst in der mündlichen Verhandlung, ist im Einzelfall - wie hier - von Amts wegen Schriftsatznachlass zu gewähren (im Anschluss an BGH, IBR 2022, 277; Senat, Urteil vom 11.04.2022 - 7 U 9/22, NJW-RR 2022, 1336).*)
VolltextIBRRS 2024, 2059
AG Trier, Beschluss vom 20.04.2024 - 7 C 329/23
1. Begibt sich die Beklagtenseite durch Erfüllung des Anspruchs freiwillig in die Rolle des Unterlegenen, führt dies nur dann nicht zur grundsätzlichen alleinigen Kostentragungspflicht, wenn sie plausible Gründe für den Anschluss an die Erledigungserklärung hat.*)
2. Ein plausibler Grund, der die Beklagtenseite dazu bewegt, sich einer Erledigungserklärung anzuschließen, obwohl sie die Klage für unzulässig oder unbegründet hielt, kann auch sein, dass die mit einem Verfahren verbundenen mentalen Belastungen vermieden werden sollen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2050
OLG Dresden, Beschluss vom 21.05.2024 - 4 W 330/24
Gegen die Ablehnung einer Rubrumsberichtigung ist kein Rechtsmittel gegeben.*)
VolltextIBRRS 2024, 2023
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.03.2023 - 1 E 10048/23
Das Gericht muss auf Antrag eines Beteiligten auch in einem selbstständigen Beweisverfahren den Sachverständigen, der das schriftliche Gutachten verfasst hat, grundsätzlich zur mündlichen Anhörung laden. Ein Ermessensspielraum besteht nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 2022
BGH, Beschluss vom 05.06.2024 - IV ZB 30/23
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert gewesen ist, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Der Partei ist ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen.
2. Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn nach den seitens der Partei glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit besteht, dass die Fristversäumnis von der Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet gewesen ist.
3. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb laufender Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Zu diesem Zweck hat der Rechtsanwalt seine Ausgangskontrolle so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet.
4. Im Rahmen der gestuften Ausgangskontrolle hat der Rechtsanwalt anzuordnen, dass die Erledigung von Sachen, bei denen eine Frist zu wahren ist, am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Diese nochmalige, selbständige und abschließende Ausgangskontrolle muss gewährleisten, dass geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob insoweit eine Übereinstimmung mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen besteht.
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