Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16183 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2023, 3302
OLG Hamm, Beschluss vom 03.07.2023 - 31 U 71/23
1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments hat grundsätzlich zusammen mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Nur falls dies ausnahmsweise nicht möglich ist, kann die Glaubhaftmachung unverzüglich nachgeholt werden.*)
2. Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach Ablauf von sieben Tagen ist nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 130d Satz 3 ZPO, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.*)
3. Dass die technische Störung dem Empfänger (Gericht) bekannt ist, entbindet den Absender nicht davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform glaubhaft zu machen.*)

IBRRS 2023, 3293

BGH, Beschluss vom 24.10.2023 - XI ZB 3/23
1. Ein völlig ungeeignetes Ablehnungsgesuch ist eindeutig unzulässig und kann daher durch den Spruchkörper in seiner regulären Besetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschieden werden.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist völlig ungeeignet, wenn seine Begründung von vornherein untauglich ist, eine Befangenheit des abgelehnten Richters aufzuzeigen, und für seine Verwerfung deshalb jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist.
3. Ausschließlich auf die Verfahrensweise bezogene Rügen sind von vornherein nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Im Ablehnungsverfahren geht es nur um die Unparteilichkeit der abgelehnten Gerichtsperson und nicht um die Richtigkeit ihrer Handlungen und Entscheidungen.

IBRRS 2023, 3253

OVG Bremen, Beschluss vom 01.09.2023 - 2 F 107/23
Eine obsiegende Partei, die zusammen mit weiteren im Prozess unterlegenen Streitgenossen durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten war, kann grundsätzlich nur den ihrer Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen.*)

IBRRS 2023, 3241

BGH, Beschluss vom 21.09.2023 - V ZB 25/23
1. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist. Dieses ermittelt sich (hier) nach den unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen, die das Abklemmen der Fußbodenheizung für den Rechtsmittelführer hat.
2. Verlangt der Rechtsmittelführer, dass ein WEG-Beschluss für ungültig erklärt wird, mit dem der Verwalter beauftrag ist, mit einem Unternehmen einen Vertrag über das Abklemmen der Fußbodenheizung abzuschließen, beträgt der Wert der Beschwer jedenfalls 1.000 Euro.

IBRRS 2023, 3189

LG Görlitz, Urteil vom 15.06.2023 - 2 S 3/22
Der Anspruch auf Gewährung rechtliches Gehörs ist verletzt, wenn das Gericht die Rüge nicht behandelt, der Sachverständige habe nicht offengelegt, welche Hausverwaltungen er wie befragt und welche Antworten er erhalten hat.

IBRRS 2023, 3245

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.11.2023 - A 4 S 1097/23
Nimmt ein Beteiligter an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht teil und begibt er sich dadurch der Möglichkeit, einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör durch das Verwaltungsgericht abzuwenden, kann dies der Zulassung der Berufung wegen des Verfahrensfehlers der Verletzung des rechtlichen Gehörs entgegenstehen.*)

IBRRS 2023, 3242

BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - I ZB 49/23
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder wenn sie vom Beschwerdegericht in dem angegriffenen Beschluss zugelassen wurde.
2. Im Fall der Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs sieht das nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vor, trifft jedoch keine Regelung über eine spätere Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde ist deshalb nur zulässig, wenn sie vom Beschwerdegericht zugelassen wird.
3. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht anfechtbar.

IBRRS 2023, 3230

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.01.2022 - 14 MN 117/22
Eine in mehreren Teilen über einen sicheren Übermittlungsweg (beA) übersandte Antragschrift ist nur formwirksam, wenn (auch) der Teil einfach signiert ist, der die prozessrelevanten Erklärungen enthält.*)

IBRRS 2023, 3198

KG, Beschluss vom 06.11.2023 - 8 W 53/23
§ 41 Abs. 5 GKG gilt nicht - auch nicht analog - für den Gebührenwert von Klagen auf Feststellung einer Überschreitung der gem. § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete.*)

IBRRS 2023, 3226

BGH, Beschluss vom 30.10.2023 - I ZB 84/22
ohne amtlichen Leitsatz

IBRRS 2023, 3205

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2023 - 2 A 831/22
1. Ein Urteil ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt.
2. Ein Verhinderungsvermerk ist formell ordnungsgemäß, wenn er die Tatsache der Verhinderung und den Hinderungsgrund angibt. Detaillierte Angaben sind nicht erforderlich. Es genügt die kurze Mitteilung des Hinderungsgrundes in allgemeiner Form.

IBRRS 2023, 3199

OLG Dresden, Beschluss vom 26.09.2023 - 4 W 316/23
Die dienstliche Stellungnahme in einem Ablehnungsgesuch dient nicht der Ausforschung der Motivlage des abgelehnten Richters. Wird in einem Befangenheitsgesuch die Behauptung aufgestellt, der Richter habe sich bei einer Entscheidung vorrangig von dem Wunsch leiten lassen, sich einer Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen zu entziehen, muss dessen Stellungnahme daher hierauf nicht eingehen.*)

IBRRS 2023, 3179

OLG Dresden, Beschluss vom 12.10.2023 - 4 U 466/23
Für eine ergänzende Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz genügt es nicht, wenn die Partei der durch ein Sachverständigengutachten untersetzten Begründung des erstinstanzlichen Urteils lediglich ihre abweichende Meinung entgegenstellt (Festhaltung Senat, Beschluss vom 10.01.2023 - 4 U 750/19; vom 04.11.2019 - 4 U 1388/19).*)

IBRRS 2023, 3159

KG, Beschluss vom 06.12.2022 - 27 U 102/22
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 3124

OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2022 - 11 W 8/22
1. Prozessvergleiche können nicht in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO korrigiert werden.
2. Sind die Erklärungen der Parteien nicht richtig in den Vergleich aufgenommen worden, ist das Protokoll, in dem der Vergleich festzustellen ist, nach Maßgabe des § 164 ZPO zu berichtigen.
3. Wurden die Erklärungen der Parteien richtig beurkundet und ist ihnen dabei nur ein gemeinsamer (Rechen-)Fehler unterlaufen, sind die Mittel des materiellen Rechts zu nutzen.

IBRRS 2023, 3134

BGH, Beschluss vom 28.09.2023 - III ZB 93/22
Zur Bemessung der Rechtsmittelbeschwer des die Herausgabe eines in seinem Eigentum stehenden Grundstücks begehrenden, in der Vorinstanz unterlegenen Klägers, wenn sich der Beklagte auf einen das Grundstück betreffenden Kleingartenpachtvertrag beruft.*)

IBRRS 2023, 3102

OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2022 - 24 U 39/21
Eine nach der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug erstellte Schlussrechnung eines Architekten darf im Berufungsrechtszug nicht unberücksichtigt bleiben (BGH, IBR 2003, 705). Das gilt auch für eine Abrechnung einer anwaltlichen Tätigkeit, wenn eine bis zum Abschluss der ersten Instanz vorliegende Rechnung an einem formalen Mangel leidet, der den Eintritt der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs hindert.

IBRRS 2023, 3069

KG, Beschluss vom 29.12.2022 - 27 U 102/22
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 3099

BayObLG, Beschluss vom 08.09.2023 - 101 VA 117/23
1. Begehrt eine frühere Partei eines Zivilprozesses Einsicht in die Akten des abgeschlossenen Rechtsstreits, ist ihr rechtliches Interesse in der Regel zu bejahen.*)
2. Wendet sich die Person, die der Gewährung von Akteneinsicht widersprochen hat, mit einem Anfechtungsantrag nach § 23 Abs. 1 EGGVG gegen die Bewilligung von Akteneinsicht, führt ein Ermessensfehler der Justizbehörde in Form des Ermessensnichtgebrauchs dann nicht zur Aufhebung des Bewilligungsbescheids und Zurückverweisung an die Justizverwaltung, wenn das Ermessen der Justizbehörde „auf Null“ reduziert und deshalb eine eigene Sachentscheidung des Gerichts ausnahmsweise zulässig ist.*)

IBRRS 2023, 3078

OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2023 - 6 W 98/23
1. Kostenfestsetzungsbeschlüsse, mit denen das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, müssen aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen. Verstöße gegen den Begründungszwang können das rechtliche Gehör verletzen.
2. Der Umfang der jeweiligen Begründungspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Begründungspflicht erstreckt sich insbesondere auf Positionen, deren Festsetzung der Rechtspfleger verweigert oder deren Erstattungsfähigkeit zwischen den Parteien im Streit steht.
3. Eine dezidierte Begründung kann entbehrlich sein, z. B. wenn der Kostenfestsetzungsbeschluss aus sich heraus in Verbindung mit der beigefügten oder vorab übersandten Kostenrechnung verständlich und überprüfbar ist.

IBRRS 2023, 3083

BGH, Beschluss vom 19.09.2023 - II ZR 94/21
1. Mit der Anhörungsrüge kann allein eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden. Auf die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte, wie z. B. des Willkürverbots, ist die Anhörungsrüge weder unmittelbar noch - mangels planwidriger Regelungslücke - entsprechend anwendbar.
2. Eine Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn eine entscheidungserheblichen Gehörsverletzung substantiiert dargelegt wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Rüge sich nicht auf eine wiederholende Darstellung oder Rechtfertigung des vermeintlich übergangenen Vorbringens beschränkt, sondern zugleich anhand der angegriffenen Entscheidung näher herausgearbeitet wird, dass darin ein Rechtsstandpunkt eingenommen worden ist, bei dem das als übergangen gerügte Vorbringen schlechthin nicht unberücksichtigt bleiben konnte und seine Nichtberücksichtigung sich deshalb nur damit erklären lässt, dass es nicht zur Kenntnis genommen worden ist.

IBRRS 2023, 2914

KG, Urteil vom 06.12.2022 - 7 U 97/21
1. Streiten die Wohnungseigentümer darüber, ob sie untereinander verpflichtet sind, die von den Klägern, welche zugleich Nachbarn sind, begehrte Baulast zu bewilligen, streiten sie nicht um einen Anspruch, welcher sich allein aus der Teilungserklärung oder aus den Regelungen des WEG ergibt, sondern um einen eigenen gesetzlichen Anspruch der Grundstücksnachbarn aus §§ 1018, 242 BGB.*)
2. Der Baulastbewilligungsanspruch der Kläger steht für sich genommen nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer i.S.v. § 43 WEG a.F.*)

IBRRS 2023, 2602

LG Berlin, Urteil vom 20.06.2023 - 65 S 198/22
1. Die bei Übermittlung einer Berufungsschrift verwendete Signatur verliert ihre Eigenschaft als qualifizierte elektronische Signatur i.S.d. Art. 26 eIDAS-VO, § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO nicht etwa dadurch, dass es sich um eine Signatur mit Dokumenteninhalt handelt ("enveloping signature"), d. h. eine Signatur, die mit dem zu übermittelnden Dokument dadurch verbunden ist, dass das Dokument in die Signatur eingebettet ist. Denn eine nachträgliche (unerkannte) Veränderung der Daten wird durch die Verwendung der Signatur nicht ermöglicht.
2. Wird eine Klageerweiterung im Urteil nicht erwähnt, so entfällt die Rechtshängigkeit dieser Ansprüche, wenn keine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO auf Antrag einer Partei innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO erfolgt.
3. Die Mietbegrenzungsverordnung Berlin 2015 ist wirksam.
4. Eine Anschlussberufung, die sich gegen (eine) bisher am Verfahren nicht als Partei beteiligte Person(en) richtet, ist unzulässig.

IBRRS 2023, 3101

LG Berlin, Beschluss vom 19.10.2023 - 67 T 79/23
Die Zurückweisung eines auf Verlängerung der Räumungsfrist gerichteten Antrags ist verfahrensfehlerhaft, wenn das Gericht sie auf unzureichende Anmietbemühungen des Mieters stützt, ohne gleichzeitig tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, ob, gegebenenfalls wann, intensivere Anmietbemühungen vor Ablauf der ursprünglich gewährten Räumungsfrist zum Erfolg geführt hätten.*)

IBRRS 2023, 3081

OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2023 - 6 W 51/23
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den nicht am Ort des Prozessgerichts und nicht am Wohnsitz der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine wahrnimmt, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten stellen dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären.
3. Der Ersatz von Kosten für den mit der Terminswahrnehmung beauftragten Unterbevollmächtigten kann dabei insoweit beansprucht werden, als diese Kosten die ersparten Reisekosten nicht wesentlich (d. h. nicht mehr als 10 %) übersteigen.

IBRRS 2023, 3080

BVerwG, Beschluss vom 19.09.2023 - 9 B 14.23
1. Für das Merkmal der Öffentlichkeit i. S. d. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG genügt es, dass jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten von einer mündlichen Verhandlung Kenntnis zu verschaffen, und dass der Zutritt im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten eröffnet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2001 - 2 BvR 1620/01 -, NJW 2002, 814; BVerwG, Beschluss vom 20.07.2016 - 9 B 64.15 -, BeckRS 2016, 52829).*)
2. Weist der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht auf einen Verfahrensfehler (Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz durch fehlende Anzeige der Verhandlung auf der elektronischen Anzeigetafel) hin, obwohl er den Verstoß kannte oder hätte kennen müssen, tritt nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 295 Abs. 1 ZPO Rügeverlust ein.*)

IBRRS 2023, 2665

AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 20.03.2023 - 980b C 2/23 WEG
Auch nach dem In-Kraft-Treten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 01.12.2020 ist bei der Anfechtung von Abrechnungsbeschlüssen für die Bemessung des Gesamtinteresses weiterhin auf den Nennbetrag der (gesamten) Jahresabrechnung abzustellen.

IBRRS 2023, 3071

BGH, Beschluss vom 19.09.2023 - VIII ZB 44/22
1. Es ist - auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts geht.
2. Grundlage der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären.
3. Der Senat lässt die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Rechtsfrage, ob ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf den Antrag auf Bewilligung oder Verlängerung einer Räumungsfrist nach § 794a ZPO zulässig ist, offen.
4. Es ist ungewiss, welchen Ausgang ein Verfahren genommen hätte, wenn eine umstrittene Rechtsfrage höchstrichterlich nicht geklärt ist. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.

IBRRS 2023, 3053

OLG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2023 - 3 U 965/23
Das volle Ausschöpfen der gesetzlichen Berufungseinlegungs- und -begründungsfristen ist in der Regel nicht dringlichkeitsschädlich. Lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen kann eine Selbstwiderlegung durch verzögertes Betreiben des Verfahrens auch bei der Einhaltung der Rechtsmittelfristen entfallen. Ein solcher Sonderfall kommt im Rahmen der Gesamtwürdigung allenfalls in Betracht, wenn zum einen eine tatsächlich und rechtlich äußerst einfache Fallgestaltung gegeben ist, bei der keinerlei weitere tatsächliche Ermittlungen anzustellen und keine weiteren Glaubhaftmachungsmittel zu beschaffen sind, und wenn zum anderen der Verfügungskläger auch durch sein sonstiges Verhalten zum Ausdruck bringt, dass ihm selbst die Sache nicht so eilig ist.*)

IBRRS 2023, 3033

KG, Beschluss vom 25.10.2023 - 10 W 181/23
Verlangt ein Wohnungseigentümer von einem anderen Wohnungseigentümer, dass dieser sein Sondereigentum in einen aus Sicht des klagenden Wohnungseigentümers ordnungsmäßigen Zustand versetzen soll, bemisst sich der Gebührenstreitwert an dem Wertverlust, den das Wohnungseigentum des Klagenden durch die behauptete Störung erleidet.*)

IBRRS 2023, 3027

OLG Hamm, Beschluss vom 28.09.2023 - 25 W 234/23
Ein Kostenbeschluss nach § 494a Abs. 2 ZPO fällt weg, wenn im späteren Hauptsacheverfahren eine davon abweichende Kostengrundentscheidung - auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens betreffend - getroffen wird. Die aufgrund des Beschlusses nach § 494a Abs. 2 ZPO festgesetzten und gezahlten Kosten sind bei geänderter Kostengrundentscheidung zurückzuerstatten.*)

IBRRS 2023, 2850

BGH, Beschluss vom 24.08.2023 - IX ZR 18/22
Das Fehlen einer näheren Begründung des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses stellt keine eigenständige Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör dar. Die Vorschrift des § 544 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 ZPO erlaubt unter den dort genannten Voraussetzungen verfassungsrechtlich unbedenklich das Absehen von einer Begründung des Zurückweisungsbeschlusses.

IBRRS 2023, 3031

BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VII ZR 133/22
ohne amtlichen Leitsatz
IBRRS 2023, 2882

BGH, Beschluss vom 26.09.2023 - VI ZB 48/23
1. Ein völlig ungeeignetes oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch ist unzulässig und kann ausnahmsweise unter Mitwirkung des abgelehnten Richters verworfen werden.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist völlig ungeeignet, wenn es eine von vornherein untaugliche Begründung enthält oder wenn für dessen Verwerfung jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist.

IBRRS 2023, 2979

BVerwG, Beschluss vom 23.08.2023 - 4 BN 6.23
Eine Entscheidung ist eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte.

IBRRS 2023, 2971

BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZB 72/22
1. Das Berufungsgericht muss vor Verwerfung des Rechtsmittels mangels ausreichender Beschwer eine Zulassungsprüfung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600,00 EUR übersteigt, und deswegen keine Prüfung der Zulassung der Berufung vorgenommen hat (st. Rspr.).*)
2. Ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO wegen einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes liegt in der Unterlassung einer gebotenen Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung nur, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung vorliegt (Anschluss BGH, Beschlüsse vom 29.01.2015 - V ZB 179/14, IBRRS 2015, 1384; vom 10.05.2012 - V ZB 242/11, IBRRS 2012, 2569 = IMRRS 2012, 1863).*)

IBRRS 2023, 3009

BFH, Urteil vom 26.07.2023 - II R 4/21
Die Aufhebung eines Termins zur mündlichen Verhandlung wegen kurzfristigen Ausfalls eines geplanten Flugs ist jedenfalls dann nicht geboten, wenn der Prozessbevollmächtigte weder darlegt noch glaubhaft macht, dass er kein alternatives Verkehrsmittel nutzen konnte, und es ihm zudem möglich gewesen wäre, an der mündlichen Verhandlung durch Video-Zuschaltung teilzunehmen.*)

IBRRS 2023, 3006

BGH, Urteil vom 20.09.2023 - VIII ZR 432/21
Zur Frage der Zulässigkeit des Erlasses eines Grundurteils (§ 304 Abs. 1 ZPO; im Anschluss an BGH, Urteile vom 27.01.2000 - IX ZR 45/98, unter I 1 b, IBRRS 2006, 0123 = NJW 2000, 1572; vom 12.07.2002 - V ZR 441/00, Rz. 9 f., IBRRS 2002, 1045 = NJW-RR 2002, 1576; vom 18.10.2017 - VIII ZR 86/16, Rz. 33, IBRRS 2017, 4246 = BGHZ 216, 193; vom 19.03.2021 - V ZR 158/19, Rz. 7, IBRRS 2021, 1229 = NJW-RR 2021, 1068).*)

IBRRS 2023, 3003

BGH, Urteil vom 22.09.2023 - V ZR 254/22
Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch, handelt es sich nur dann um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG a.F. (bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG), wenn die Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gilt unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung (Fortentwicklung von Senat, Beschluss vom 17.11.2016 - V ZB 73/16, Rz. 12, IMR 2017, 81 = MDR 2017, 78).*)

IBRRS 2023, 2961

BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VII ZR 212/22
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist unter anderem verpflichtet, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.
2. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht.

IBRRS 2023, 2450

AG Pfaffenhofen, Urteil vom 09.03.2023 - 2 C 567/22 WEG
Die Kosten eines Rechtsstreits des Verbands gehören zu den Kosten der Verwaltung, die wiederum auf alle Wohnungseigentümer, also auch den obsiegenden Kläger, zu verteilen sind.

IBRRS 2023, 2973

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 15.09.2023 - 2-13 T 568/23
Weist das Urteil als Kostenschuldner eine Wohnungseigentümergemeinschaft aus, können Kosten auch nur gegen diese festgesetzt werden und nicht gegen die Wohnungseigentümer.*)

IBRRS 2023, 2972

BGH, Beschluss vom 12.09.2023 - VI ZR 371/21
1. Der Antritt eines Zeugenbeweises erfordert - außer bei inneren Tatsachen - grundsätzlich keine Angaben dazu, wie der Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren haben soll. Ein Beweisantrag ist nur unter sehr engen Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich und daher als unzulässig zu bewerten.
2. Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit des Beweismittels kommt nur dann in Betracht, wenn es völlig ausgeschlossen erscheint, dass das Beweismittel zu dem Beweisthema sachdienliche Erkenntnisse erbringen kann.
3. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 10.04.2018 - VI ZR 378/17, IBRRS 2018, 2210 = IMRRS 2018, 0792).*)

IBRRS 2023, 2956

BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VII ZR 113/22
1. Bleibt ein Angriffsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist zugleich das rechtliche Gehör der Partei verletzt.
2. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Das gilt aber nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert hat.
3. Die Rechtsansicht des Gerichts hat den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Partei durch seine Prozessleitung oder seine erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhältnisses davon abgehalten hat, zu bestimmten Gesichtspunkten vorzutragen. Das erstinstanzliche Gericht kann auch durch das Unterlassen von Hinweisen den Eindruck erwecken, der bisherige Parteivortrag sei ausreichend.

IBRRS 2023, 2906

LG Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2023 - 11 T 259/23
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
2. Ergibt sich, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, so ist das rechtliche Gehör der betreffenden Partei verletzt.
3. Diese Grundsätze gelten auch in einem Abhilfeverfahren nach § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG (Streitwertbeschwerde).

IBRRS 2023, 2931

OLG München, Beschluss vom 10.08.2023 - 7 U 1310/22
1. Die Versäumung der bereits zwei Mal verlängerten Berufungsbegründungsfrist erfolgt schuldhaft, wenn der zunächst mandatierte Rechtsanwalt dem Berufungskläger nicht so rechtzeitig seine Verhinderung an der Abfassung der Berufungsbegründung aus rechtlichen Gründen (hier: Vorbefassung als Notar) mitteilt, dass dieser noch einen anderen Rechtsanwalt beauftragen kann.
2. Die Verschuldenszurechnung nach § 85 Abs. 2 ZPO setzt nur die Erteilung der Prozessvollmacht voraus, nicht aber auch die Anzeige der Prozessvertretung an das Gericht.
3. Die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stellt keine Gewährung einer mit dem Verlängerungsantrag zugleich begehrten Wiedereinsetzung dar.

IBRRS 2023, 2923

OLG Stuttgart, Beschluss vom 31.07.2023 - 8 W 277/22
Scheidet infolge eines Parteiwechsels ein Beklagter aus dem Rechtsstreit aus und ergeht zu seinen Gunsten eine Kostenentscheidung dahingehend, dass der Kläger die Kosten des ausgeschiedenen Beklagten zu tragen hat, sind bei Beauftragung eines gemeinsamen Anwalts durch den ausgeschiedenen und den eingetretenen Beklagten die bisher angefallenen Gesamtkosten des gemeinsamen Anwalts hälftig zu erstatten und festzusetzen.

IBRRS 2023, 2846

KG, Beschluss vom 07.09.2022 - 7 EK 36/21
ohne amtlichen Leitsatz

IBRRS 2023, 2908

OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2023 - 6 W 94/23
Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht verklagt wird, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), sind regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten.

IBRRS 2023, 2899

LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.10.2023 - L 6 SB 2273/23
1. Bei verkündeten Urteilen liegt eine Nichtentscheidung nicht schon deshalb vor, weil am Ende des elektronischen Dokuments keine erneute Namensnennung erfolgt ist.*)
2. Eine Nichtentscheidung ist hingegen dann gegeben, wenn bei einem Gerichtsbescheid weder im Rubrum noch am Ende des elektronischen Dokuments der Name des entscheidenden Berufsrichters aufgeführt ist, eine zweifelsfreie Zuordnung der Signatur damit nicht möglich ist.*)
