Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16160 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2023, 0766
OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.02.2023 - 13 W 44/23
Die Zustellung unter einer c/o-Adresse durch Einlegen in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten stellt keine wirksame Ersatzzustellung i. S.v. § 178 Abs. 1 Nr. 1, § 180 ZPO dar, wenn nicht feststeht, dass der Beklagte unter der c/o-Anschrift (zu diesem Zeitpunkt) tatsächlich wohnhaft war.*)

IBRRS 2023, 0650

AG Schwerin, Urteil vom 07.10.2022 - 14 C 299/22
Beantragt ein Wohnungseigentümer weniger als 3 Wochen vor der angesetzten Eigentümer-Versammlung bei Gericht, der Eigentümergemeinschaft aufzugeben, in die Tagesordnung der Eigentümerversammlung bereits Monate vorher dem Verwalter mitgeteilte TOPs (u. a. Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags) aufzunehmen, so fehlt es schon am Verfügungsanspruch, da die Ladungsfrist von 3 Wochen nicht mehr eingehalten werden kann.

IBRRS 2023, 0463

LG Berlin, Urteil vom 03.08.2022 - 33 O 170/21
1. Die rechtskräftige Entscheidung der Strafgerichtsbarkeit über einen Antrag des Zwangsverwalters über die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Beschlagnahme und Pfändung von Mietforderungen steht der Zulässigkeit einer vom Zwangsverwalter wegen der Mieten beim Zivilgericht erhobenen Feststellungsklage entgegen.
2. Zur Entscheidung über eine strafprozessuale Beschlagnahme von Vermögen ist ausschließlich die Strafgerichtsbarkeit berufen.

IBRRS 2023, 0761

OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.02.2023 - 3 W 290/23
Legt der Antragsteller in einem Verfügungsverfahren gegen einen zurückweisenden Beschluss sofortige Beschwerde ein, ohne diese entgegen seiner Ankündigung zu begründen, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau der maßgeblichen Umstände der Verfügungsgrund regelmäßig zu verneinen, weil der Antragsteller dadurch zu erkennen gibt, dass es ihm mit der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht eilig ist.*)

IBRRS 2023, 0746

BGH, Beschluss vom 09.02.2023 - I ZR 142/22
Die Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn der abgelehnte Richter als Mitglied des Revisionsgerichts im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss zu entscheiden hat, mit dem das Berufungsgericht die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen hat, und an diesem Beschluss die Ehefrau des abgelehnten Richters als Berufungsrichterin mitgewirkt hat.*)

IBRRS 2023, 0735

BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - XII ZB 472/22
Die Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 10.02.2021 - XII ZB 376/20, IBRRS 2021, 0892 = FamRZ 2021, 770).*)

IBRRS 2023, 0728

OLG Rostock, Beschluss vom 22.02.2023 - 7 W 7/23
1. Verfügt ein bundesweit tätiger Versicherer über sog. „Hausanwälte“ an verschiedenen Orten, denen er im Wege des Outsourcing die weitere Bearbeitung von Leistungsfällen im Zusammenhang mit gerichtlichen Streitigkeiten überlässt, muss er diese organisatorischen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Kostenminderung in Ausrichtung an dem konkreten Streitfall sachorientiert und effizient nutzen.*)
2. Dies bedingt die Mandatierung eines gerichtsansässigen „Hausanwalts“, wenn die Erforderlichkeit einer besonderen Spezialisierung eines Rechtsanwalts am dritten Ort nicht ersichtlich ist.*)

IBRRS 2023, 0717

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2023 - 16 U 154/21
1. Gerichte sind nicht dazu nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung im Wege einer Videokonferenz stattfinden zu lassen, wenn der Sitzungsaal, in dem die Verhandlung stattfinden soll, die Möglichkeit für eine Videokonferenz nicht vorsieht.
2. Wegen der Corona-Pandemie muss auf die mündliche Verhandlung nicht verzichtet werden, wenn nach dem Hygienekonzept des Gerichts und den örtlichen Gegebenheiten in dem Sitzungssaal eine Ansteckungsgefahr nicht zu befürchten ist.

IBRRS 2023, 0713

OLG München, Urteil vom 01.03.2023 - 28 W 32/23 Bau e
1. Eine Ausnahme von dem in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung gilt für einen rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsantrag, der offensichtlich und ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt wird.
2. Ein rechtsmissbräuchlicher Ablehnungsantrag kann ausnahmsweise durch den Spruchkörper in seiner ursprünglichen Besetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters bzw. allein durch den abgelehnten Einzelrichter als unzulässig verworfen werden.

IBRRS 2023, 0712

BGH, Beschluss vom 24.11.2022 - I ZR 25/22
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Angebot des Beschwerdeführers auf Vernehmung eines Zeugen zur Glaubhaftmachung der Beschwer gem. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht geeignet (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29.10.2020 - V ZR 273/19, IBRRS 2020, 3802).*)

IBRRS 2023, 0706

BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - VII ZR 882/21
1. Der Unternehmer muss zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind.
2. Die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags setzt grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Sie muss vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung vertraglich vereinbart haben.
3. Es ist Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Auch soweit in Frage steht, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, obliegt es dem Besteller, diese Umstände darzulegen.
4. ...
IBRRS 2023, 0693

AG Erfurt, Urteil vom 06.07.2022 - 5 C 807/21
Die Frage, ob ein Deliktsgrund durch Anerkenntnisurteil bindend festgestellt werden kann, wird uneinheitlich beurteilt. Vom Ausgangspunkt her besteht Einigkeit, dass eine solche Bindungswirkung nicht gegeben ist und eine nochmalige Klage erforderlich ist, soweit über die deliktische Forderung lediglich ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist (vgl. hierzu insbes. BGH NJW 2006, S. 2922).

IBRRS 2023, 0391

OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2022 - 2 OLG 53 Ss 86/22
Erfasst werden von der Wahrheitspflicht i.S.d. § 156 StGB nur die Angaben, zu denen der Schuldner im Rahmen der zivilrechtlichen Auskunftspflicht nach § 802c ZPO gesetzlich verpflichtet ist, dagegen nicht darüber hinausgehende Angaben in dem von dem Gerichtsvollzieher verwendeten Formular oder sonstige Angaben des Schuldners. Ob ein Grundstück im (Mit-)Eigentum der Angeklagten der Zwangsverwaltung unterlag oder ob aktuell ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig war, ist keine Angabe, die im Rahmen der Vermögensauskunft von der Angeklagten verlangt werden kann.

IBRRS 2023, 0700

LG Hanau, Beschluss vom 18.10.2022 - 2 S 45/21
ohne amtlichen Leitsatz

IBRRS 2023, 0685

OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2023 - 6 W 14/23
Ist eine Partei eines selbständigen Beweisverfahrens aus eigener Sachkunde nicht in der Lage, sich sachgerecht mit einem gerichtlich eingeholten oder von der Gegenseite vorgelegten Gutachten auseinanderzusetzen, insbesondere weil ihr aufgrund einer komplizierten und fremden Materie das erforderliche Spezialwissen fehlt, sind die Kosten für ein verfahrensbegleitendes Privatgutachten in aller Regel zur Ermöglichung eines substantiierten Sachvortrags notwendig (Anschluss an BGH, IBR 2013, 252).

IBRRS 2023, 0679

OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2023 - 6 W 74/22
1. Eine nicht existente Partei ist in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als parteifähig zu behandeln, als sie ihre Nichtexistenz geltend macht.
2. Eine im Rechtsstreit als parteifähig fingierte Partei gilt auch im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren als parteifähig. Die Existenz der Partei ist im Kostenfestsetzungsverfahren insoweit zu fingieren, als in einem Rechtsstreit, in dem der nicht existenten Partei selbst oder einem für sie handelnden Dritten ein Kostenerstattungsanspruch zuerkannt wurde.
3. Es kommt nicht darauf an, ob die nichtexistente Partei eine juristische Person oder eine natürliche Person war.

IBRRS 2023, 0673

BGH, Beschluss vom 30.01.2023 - VIa ZB 15/22
Wer nachweist, dass der Gegner in eine weitere Fristverlängerung der Berufungsbegründung eingewilligt hat, kann regelmäßig darauf vertrauen, dass dem Verlängerungsantrag stattgegeben wird.

IBRRS 2023, 0665

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.02.2023 - 4 LA 127/22
1. Die zulässige Rüge einer fehlerhaften Besetzung des Gerichts (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO) erfordert eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der einschlägigen Geschäftsverteilung sowie gegebenenfalls die Einholung von Erkundigungen und die Vornahme eigener Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts Aufklärung zu verschaffen.*)
2. Eine vorschriftswidrige Besetzung im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO ist nur dann gegeben, wenn in dem behaupteten Verstoß gegen die Vorschriften zur Geschäftsverteilung nach § 4 VwGO i.V.m. § 21e GVG zugleich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt. Mängel bei der Auslegung und Anwendung eines Geschäftsverteilungsplans im Einzelfall begründen einen solchen Verfassungsverstoß nur, wenn sie auf unvertretbaren, mithin sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen.*)

IBRRS 2023, 0543

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2022 - 24 U 119/21
1. Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe im Innenverhältnis der Parteien eine hälftige Mietteilung zugesagt, ist regelmäßig keinem Anscheinsbeweis zugänglich.*)
2. Bestreit der Gegner, dass sich eine bestimmte Urkunde in seinem Besitz befinde, ist er zwar grundsätzlich über ihren Verbleib zu vernehmen (§ 426 Satz 1 ZPO). Jedoch kommt eine Vorlegungsanordnung gem. § 421 ZPO nicht in Betracht, wenn zweifelhaft ist, ob die Urkunde überhaupt je errichtet worden ist; dann ist auch für ein Vorgehen nach § 426 ZPO kein Raum.*)

IBRRS 2023, 0605

BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - XII ZB 538/21
1. Gerichtliche Entscheidungen, die während einer Aussetzung der Verhandlung nach § 149 ZPO ergehen, sind nicht nichtig, sondern können mit den gegebenen Rechtsmitteln angefochten werden (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 17.12.2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 = IBRRS 2009, 2165, und vom 31.03.2004 - XII ZR 167/00 - FamRZ 2004, 867 = IBRRS 2004, 0966).*)
2. Mit Beendigung der Aussetzung durch Erledigung des Strafverfahrens beginnt grundsätzlich die volle gesetzliche Frist zur Begründung eines Rechtsmittels von neuem zu laufen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 24.09.2020 - IX ZB 22/19 - ZInsO 2020, 2470 = IBRRS 2020, 3060; BGH, Beschluss vom 28.07.2016 - III ZR 70/16 - WM 2016, 1747 = IBRRS 2016, 3732; BGHZ 64, 1 = NJW 1975, 692).*)
3. Verwirft das Rechtsmittelgericht bereits vor Ablauf der Begründungsfrist das Rechtsmittel, ist der Rechtsmittelführer nicht von der fristgerechten Begründung seines Rechtsmittels befreit, wenn der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist und er gegen die verwerfende Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde vorgeht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12.12.1990 - XII ZB 64/90 - FamRZ 1991, 548).*)

IBRRS 2023, 0579

BGH, Urteil vom 09.12.2022 - V ZR 72/21
Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen als derzeit unbegründet abgewiesen wird, umfasst auch die Gründe des Urteils, wenn in ihnen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind. Ist dies der Fall, kann die Klage im Folgeprozess nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 09.06.2022 - III ZR 24/21, Rz. 17 ff. = IBRRS 2022, 2270 = IMRRS 2022, 0950 = NJW 2022, 2754).*)

IBRRS 2023, 0619

BGH, Beschluss vom 06.12.2022 - VIII ZR 33/22
Wehren sich Mieter gegen umfangreiche Bauarbeiten in ihrer Wohnung, fließen in die Beschwer nur diejenigen Kosten ein, die auf die Miete umgelegt werden können.

IBRRS 2023, 0576

KG, Beschluss vom 15.02.2023 - 10 W 22/23
Der Streithelfer ist nicht befugt, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit gegen den Widerspruch der Hauptpartei abzulehnen.*)

IBRRS 2023, 0570

OLG Rostock, Beschluss vom 15.11.2022 - 7 W 55/22
Eine eigene Zuständigkeit des Amtes im Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben seiner amtsangehörigen Gemeinden und damit seine Prozessführungsbefugnis und Parteifähigkeit in einem zivilprozessualen Verfahren ist begründet, wenn eine Gemeinde dem Amt eine solche Aufgabe durch einen entsprechenden Willensakt übertragen hat (Fortführung von OLG Rostock, Urteil vom 21.05.2010 - 5 U 145/09, IBRRS 2010, 5184).*)

IBRRS 2023, 0560

OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2023 - 16 U 47/22
1. Ein Rechtsstreit, in dem die Klage in erster Instanz wegen (vermeintlich) fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen wurde, kann - wenn die internationale Zuständigkeit tatsächlich doch besteht -, in zweiter Instanz an das örtlich zuständige Landgericht verwiesen werden.*)
2. Eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 25 EuGVVO setzt die Feststellbarkeit eines insoweit übereinstimmenden Willens voraus, der sich nicht ohne weiteres schon daraus ergibt, dass eine nahezu wortgleiche Gerichtsstandsvereinbarung in wechselseitigen Vertragsentwürfen enthalten ist, über die keine Einigung erzielt wurde.*)

IBRRS 2023, 0602

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.02.2023 - 2-13 S 39/22
1. Der Klageantrag auf Einsichtgewährung in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) muss die begehrten Unterlagen hinreichend vollstreckungsfähig bezeichnen, da die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher gem. § 883 ZPO erfolgt.*)
2. Besteht Streit über die Existenz von Unterlagen, kommt der Wohnungseigentümergemeinschaft eine sekundäre Darlegungslast zu, wenn der Kläger hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Unterlagen vorträgt.*)

IBRRS 2023, 0590

BGH, Beschluss vom 19.01.2023 - V ZB 28/22
1. Die qualifizierte elektronische Signatur der als Anlage zur Berufungsschrift übersandten Abschrift des angefochtenen Urteils ersetzt nicht die qualifizierte elektronische Signatur der über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach übersandten Berufungsschrift.*)
2. Ist eine nicht auf dem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereichte Berufung nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, ist das Berufungsgericht - entsprechend den Grundsätzen über das Fehlen der Unterschrift - lediglich im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs verpflichtet, die Partei darauf hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler vor Ablauf der Berufungsfrist zu beheben. § 130a Abs. 6 ZPO gilt für Signaturfehler nicht.*)
IBRRS 2023, 0567

BGH, Urteil vom 13.01.2023 - V ZR 43/22
1. Auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 01.12.2020 haben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage denselben Streitgegenstand; einzelne Beschlussmängel sind nur Teile des einheitlichen Streitgegenstands.*)
2. Eine auf einzelne Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe beschränkte Rechtsmittelzulassung kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die geltend gemachten Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander trennen lassen.*)
3. Werden in einer nach dem 30.11.2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung.*)
4. Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30.11.2020 eingeht und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, wahrt die Klagefrist gem. § 45 Satz 1 WEG nicht; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 45 Satz 2 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO kommt bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht in Betracht (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 06.11.2009 - V ZR 73/09, IMRRS 2009, 2188 = NJW 2010, 446).*)
IBRRS 2023, 0552

BGH, Urteil vom 17.01.2023 - VI ZR 203/22
Wird das Klagebegehren auf ein undifferenziertes Gemenge von Ansprüchen sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht ohne Angabe einer Prüfungsreihenfolge gestützt, liegt eine alternative Klagehäufung vor, die wegen des Verstoßes gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, unzulässig ist.*)

IBRRS 2023, 0517

BGH, Beschluss vom 18.01.2023 - VII ZR 881/21
1. Die Zulassung der Revision kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte.
2. Eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Revision kann sich unbeschadet uneingeschränkter Zulassung im Tenor aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben.
3. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen Teil der entschiedenen Ansprüche von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung ergeben, dass in der Angabe dieses Zulassungsgrunds die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Ansprüche zu sehen ist.

IBRRS 2023, 0503

OLG Frankfurt, Urteil vom 21.10.2022 - 19 U 39/22
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 0599

AG Mainz, Urteil vom 05.10.2021 - 74 C 10/21
Eine Rubrumsberichtigung ist nicht möglich, wenn eine durch einen Anwalt gefertigte Klageschrift ausdrücklich davon spricht, dass die Klage gegen die sich aus einer anliegenden Liste ergebenden weiteren Wohnungseigentümer gerichtet ist, der Klage eine Eigentümerliste beigefügt ist, davon gesprochen wird, dass die Parteien die GdWE bilden und der Klageantrag auf Zustimmung zum klägerischen Beschlussantrag gerichtet ist. All dies verdeutlicht ganz klar, dass nicht der Verband verklagt werden sollte.

IBRRS 2023, 0535

KG, Beschluss vom 04.01.2023 - 23 U 40/19
Verliert eine Anschlussberufung gem. § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung, weil die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen wird, sind die Kosten der Anschlussberufung dem Anschlussberufungsführer aufzuerlegen.*)

IBRRS 2023, 0518

BGH, Beschluss vom 10.01.2023 - VIII ZR 9/21
1. Zur Verletzung des Anspruchs der Partei auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG durch überspannte Substanziierungsanforderungen hinsichtlich des zur Darlegung einer Arglist des Verkäufers eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs gehaltenen Vortrags zur Prüfstandsbezogenheit der Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung.*)
2. Eine Partei ist nicht deshalb gezwungen, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben, weil der Gegner ihn bestreitet. Der Grundsatz, dass der Umfang der Darlegungslast sich nach der Einlassung des Gegners richtet, besagt nur, dass dann, wenn infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt, er der Ergänzung bedarf (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 12.06.2008 - V ZR 223/07, IBRRS 2008, 2264 = IMRRS 2008, 1339; vom 02.04.2009 - V ZR 177/08, Rz. 12, IBRRS 2009, 4939 = NJW-RR 1236; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.10.2011 - VIII ZR 125/11, Rz. 20, IBRRS 2011, 4547 = IMRRS 2011, 3281 = NJW 2012, 382).*)

IBRRS 2023, 0508

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 02.02.2023 - 2-13 T 3/23
Bei einer Klage auf Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung beträgt das für die Streitwertberechnung heranzuziehende Gesamtinteresse regelmäßig 25% des Wertes der begehrten Beschlüsse.*)

IBRRS 2023, 0499

BGH, Beschluss vom 18.01.2023 - VII ZR 106/22
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht (mehr) auf den Vorwurf der "Europarechtswidrigkeit der HOAI" und damit auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit von § 7 Abs. 1, 5 HOAI 2013 gestützt werden. Die insoweit entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind durch das Urteil des EuGH vom 18.01.2022 (IBR 2022, 74) sowie die auf dieser Grundlage ergangenen Urteile des Senats vom 02.06.2022 (IBR 2022, 408; IBR 2022, 409, und IBR 2022, 466) entschieden und damit geklärt (Fortführung von BGH, IBR 2022, 658).

IBRRS 2023, 0493

BGH, Beschluss vom 25.01.2023 - IV ZB 7/22
Technische Gründe i.S.v. § 130d Satz 2 ZPO liegen nur bei einer Störung der für die Übermittlung erforderlichen technischen Einrichtungen vor, nicht dagegen bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen (hier: Erkrankung).*)

IBRRS 2023, 0492

BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - IV ZB 23/21
1. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax.*)
2. Unerlässlich ist die Überprüfung des Versandvorgangs. Dies erfordert die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt worden ist.*)

IBRRS 2023, 0489

OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.11.2022 - 7 W 106/22
1. Die Vorschrift des § 320 Abs. 3 Satz 4 ZPO zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutz ist dahin einschränkend auszulegen, dass mit der sofortigen Beschwerde beanstandet werden darf, das Gericht habe sich mit der Frage der Unrichtigkeit des Tatbestands in der Sache nicht befasst, weil es sich aus unrichtig verstandenen Gründen an der Sachentscheidung gehindert gesehen habe.
2. Zur Überprüfung durch das Beschwerdegericht kann daher auch die Entscheidung des Gerichts gestellt werden, eine beanstandete Formulierung im Urteil gehöre nicht zum Tatbestand und könne deshalb nicht nach § 320 ZPO berichtigt werden.

IBRRS 2023, 0486

BGH, Urteil vom 20.12.2022 - VI ZR 279/21
Zur Frage, wann das Handeln eines Rechtsanwalts als Vertreter des hauptbevollmächtigten Rechtsanwalts hinreichend deutlich erkennbar ist (hier: Verwendung des Briefkopfs des Hauptbevollmächtigten ohne zusätzlichen Hinweis auf Vertretungsverhältnis).*)

IBRRS 2023, 0455

BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - I ZB 120/22
Gegen Urteile, durch die über die Anordnung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, findet die Revision nicht statt. Die Anrufung des Bundesgerichtshofs als weiterer Rechtsmittel- und Beschwerdeinstanz ist im summarischen Eilverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen (Anschluss u. a. an BGH, Beschluss vom 30.11.2022 - VII ZA 3/22, IBRRS 2023, 0176 = IMRRS 2023, 0114).

IBRRS 2023, 0453

OLG München, Beschluss vom 01.02.2023 - 7 W 16/23
1. Eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit eines Richters findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
2. Nicht jede Verletzung von Verfahrensgrundsätzen begründet jedoch die Besorgnis der Befangenheit. Das ist erst dann der Fall, wenn sich aufgrund der zu beanstandenden Vorgehensweise die Besorgnis einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt oder das Verfahren so wirkt, als trete an die Stelle der Bemühung um richtige Rechtsanwendung ein Akt richterlicher Willkür.
3. Zwei schwer wiegende Verfahrensverstöße begründen bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis, dass der abgelehnte Richter kurzen Prozess machen und die Beklagten ohne Federlesens verurteilen wollte.

IBRRS 2022, 0621

BGH, Urteil vom 14.12.2021 - X ZR 147/17
1. § 306 ZPO findet im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwendung. Eine Zulassung der Revision und eine mündliche Verhandlung sind nicht erforderlich (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 28.09.2010 - X ZR 112/07, Rn. 3, IBRRS 2010, 4371 = IMRRS 2010, 3196; Urteil vom 16.06.1987 - X ZR 102/85, NJW 1988, 210).*)
2. Abweichend von § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO kann der Klageverzicht in dieser Verfahrenslage auch vom zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers wirksam erklärt werden.*)

IBRRS 2023, 0450

OLG München, Beschluss vom 29.11.2022 - 11 W 642/22
In dem Fall, dass ein sofortiges Anerkenntnis nur unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgegeben wird, ist kein Raum für eine Gebührenermäßigung i.S.V. Nr. 1211 Nr. 2 GKVerz.*)

IBRRS 2023, 0449

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2023 - 19 W 64/22
1. Die Frage, ob die Überschreitung eines Gutachterauftrags geeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen zu begründen, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Dabei kann eine Stellungnahme des Sachverständigen, die Komplexität der Beweisfrage und die Fülle des Prozessstoffes zu berücksichtigen sein.*)
2. Liegt in Ansehung aller Umstände eine bloße Fehlinterpretation des Gutachtenauftrags vor, stellt dies regelmäßig keinen Befangenheitsgrund dar. Dieser Vorwurf betrifft in der Sache nicht die Unparteilichkeit des Sachverständigen, sondern die Qualität des Gutachtens.*)
3. Unzulänglichkeiten oder Fehler des Gutachtens können dieses entwerten, rechtfertigen aber für sich allein nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit.*)

IBRRS 2023, 0414

OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.2022 - 14 U 49/21
Ob zwischen den Parteien eines Zivilprozesses das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage notwendige Rechtsverhältnis (§ 256 Abs. 1 ZPO) vorliegt, ist nicht allein nach dem gestellten Klagantrag, sondern aufgrund des gesamten unstreitigen oder bewiesenen Sachvortrags zu beurteilen.*)

IBRRS 2023, 0376

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.08.2022 - 19 W 7/21
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 0398

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2023 - 4 A 1130/22
1. Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig.
2. Völlige Ungeeignetheit ist anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist.
3. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit und bei offensichtlichem Missbrauch des Ablehnungsrechts bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch bei der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen.

IBRRS 2023, 0400

BGH, Urteil vom 16.12.2022 - V ZR 34/22
Ist ein nach § 53 Abs. 1 JustG-NW vorgeschriebenes Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung durchgeführt worden, macht ein im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorgenommener Parteiwechsel auf Beklagtenseite keinen neuen Schlichtungsversuch erforderlich (Fortführung von Senat, Urteil vom 18.06.2010 - V ZR 9/10, IBRRS 2010, 2794 = NJW-RR 2010, 1726).*)

IBRRS 2023, 0399

LG München I, Urteil vom 12.01.2023 - 2 O 2151/22
1. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird gem. § 13 ZPO durch den Wohnsitz bestimmt.
2. Einen für den Fall einer negativen Feststellungsklage generell anzunehmenden ungeschriebenen besonderen oder allgemeinen Gerichtsstand am Wohnort der Klagepartei gibt es nicht.
