Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15968 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2022
IBRRS 2022, 1852OLG München, Beschluss vom 22.02.2022 - 7 W 186/22
1. Ein einmal grundsätzlich gegebener Verfügungsgrund kann wieder entfallen, wenn der Antragsteller nach Eintritt der Gefährdung mit einem Antrag zuwartet oder das Verfahren nicht zügig betreibt.
2. Zwar lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern es hängt von der Art des geltend gemachten Anspruchs und den Umständen des Einzelfalls ab, wie lange ein Antragsteller mit dem Antrag zuwarten darf. Jedoch ist mit sechs Monaten die Grenze zulässigen Zuwartens bei Weitem überschritten.
VolltextIBRRS 2022, 1846
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.03.2022 - 5 W 17/22
Die Weigerung, einem auf unspezifische "Grippesymptome" gestützten Terminsverlegungsversuch des Prozessbevollmächtigten zu entsprechen, dessen am Terminstag durchgeführter Corona-Test nach eigener Darlegung negativ ausgefallen war, und der Erlass eines Versäumnisurteils gegen die im Termin säumige Partei rechtfertigen nicht die Annahme, der Richter stehe dieser nicht unvoreingenommen gegenüber.*)
VolltextIBRRS 2022, 1818
OLG Köln, Beschluss vom 18.03.2022 - 11 W 54/21
Eine negative Feststellungsklage der Antragsgegnerseite sperrt nicht die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2022, 1815
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.03.2022 - 5 WF 11/22
Eine sofortige Beschwerde, die durch einen Rechtsanwalt nach dem 01.01.2022 eingelegt wird, muss elektronisch übermittelt werden, um die Beschwerdefrist zu wahren.
VolltextIBRRS 2022, 1787
BGH, Urteil vom 10.03.2022 - I ZR 70/21
Ein Haftpflichtversicherer ist im gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Prozess nicht gem. § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO vertretungsbefugt.*)
VolltextIBRRS 2022, 1435
OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2020 - 16 U 34/20
1. Die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ist nur auf die Fälle anwendbar, in denen sich das Risiko einer Fehleinschätzung verwirklicht, weil im Hinblick auf die Mengen andere Verhältnisse vorgefunden wurden als sie im Vordersatz Eingang gefunden haben. Dementsprechend ist § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B nicht anwendbar, wenn sich die Mengen durch Anordnungen des Auftraggebers ändern oder dieser einen Teil der Leistung kündigt.
2. Verzichtet der Auftraggeber vollständig auf die Ausführung bestimmter Positionen des Leistungsverzeichnisses, handelt es sich nicht um eine "Mengenreduzierung auf Null", sondern um eine freie Teilkündigung.
3. Ein entgangener Vergabegewinn ist keine ersparte Aufwendung.
VolltextIBRRS 2022, 1776
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.12.2021 - 25 W 24/21
Wird in einer Klage ein Anspruch auf Eintragung einer Sicherungshypothek mit einem Anspruch auf Zahlung des Werklohns verbunden, bestimmt sich der Streitwert allein nach dem Wert des Zahlungsanspruchs. Denn es liegt ein Fall wirtschaftlicher Identität vor, da der Anspruch auf Eintragung einer Sicherungshypothek akzessorisch zum Anspruch auf Werklohnzahlung ist. Da keine Werthäufung eintritt, scheidet eine Addition nach § 5 Hs. 1 ZPO folglich aus.*)
VolltextIBRRS 2022, 1777
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 26.02.2020 - 5 W 10/20
Eine Wertaddition mehrerer (formal) unterschiedlicher Klagebegehren setzt nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass die mehreren Ansprüche von selbständigem Wert sind, mithin nicht wirtschaftlich denselben Gegenstand haben. Mehrere Streitgegenstände im vorgenannten Sinne liegen daher nicht vor, wenn zwar formal verschiedene Ansprüche geltend gemacht werden, die verfolgten Interessen aber wirtschaftlich identisch sind.*)
VolltextIBRRS 2022, 1768
OLG Hamm, Urteil vom 05.05.2022 - 24 U 199/19
1. a) Ist die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Betriebs einer Windenergieanlage gerichtete Anfechtungsklage durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung rechtskräftig (§ 121 VwGO) mit der Begründung abgewiesen worden, dass von der Anlage auf das Grundstück des Klägers einwirkende akustische oder optische Immissionen etwa in Form von Infraschallimmissionen das in § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geregelte Maß nicht erreichen, bindet diese Entscheidung die Zivilgerichte bei der Beurteilung eines auf solche Immissionen gestützten Unterlassungsanspruchs des Klägers gegen den im Verwaltungsprozess gem. § 63 Nr. 3, § 65 VwGO beigeladenen Betreiber (vgl. BGH, IBR 2021, 155).*)
b) Wesentliche Geräuschimmissionen i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB sind identisch mit den erheblichen Geräuschbelästigungen und damit schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.1990 - V ZR 58/89, NJW 1990, 2465 = IBRRS 1990, 0236). Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil den (öffentlich-rechtlichen) Grenz- und Richtwerten i.S.v. § 906 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nur eine Regelwirkung zukommt. Damit kommt den Zivilgerichten kein weiterer Beurteilungsspielraum als den Verwaltungsgerichten zu.*)
2. Die inhaltliche Bindung der Zivilgerichte an ein rechtskräftiges verwaltungsgerichtliches Urteil tritt in einem solchen Fall auch dann ein, wenn die Anfechtungsklage wegen fehlender Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO bereits als unzulässig abgewiesen wird, weil die behaupteten Immissionen bereits offensichtlich nicht vorliegen können und deshalb eine Rechtsverletzung des Klägers ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.1968 - IV C 160/65, NJW 1968, 1795).*)
VolltextIBRRS 2022, 1765
BGH, Beschluss vom 20.04.2022 - VII ZR 99/21
Der Bundesgerichtshof ist nicht Gericht im Sinne des § 613 Abs. 2 ZPO (Fortführung von BGH, Urteil vom 15.07.2014 - XI ZR 100/13 Rn. 12, NJW 2014, 3362 = IBRRS 2014, 2338).*)
VolltextIBRRS 2022, 1731
LG Offenburg, Urteil vom 16.02.2022 - 5 O 32/21
1. Die Erhebung einer Klage aus einem Gewerberaummietverhältnis im Urkundenprozess ist in dieser Verfahrensart nicht wegen § 44 EGZPO unzulässig.*)
2. Im Urkundenprozess können gegen die Mietforderungen des Vermieters keine aus der Coronapandemie resultierenden Einwendungen vorgebracht werden, wenn diese nicht mit den Mitteln des Urkundenprozesses zu beweisen sind. Dies gilt auch dann, wenn vieles dafür spricht, dass es im Nachverfahren zu einer Mietanpassung nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2022 (BGH, IMR 2022, 66) kommen wird.*)
VolltextIBRRS 2022, 1747
OLG Rostock, Beschluss vom 09.05.2022 - 2 U 17/22
1. Zu den Voraussetzungen an die "Vergabe" bei Veräußerung eines kommunalen Grundstücks in Verbindung mit dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit dem Käufer, insbesondere zur unmittelbaren Grundrechtsbindung der Gemeinde.*)
2. Zu den Voraussetzungen eines Rechtsmittelverzichts.*)
3. Zur Abgrenzung von ordentlichem und Verwaltungsrechtsweg.*)
4. Zu der Frage, ob mit Blick auf § 127 Abs. 1 Satz 6, 1. Halbsatz der Kommunalverfassung für Mecklenburg-Vorpommern (KV-MV) bereits die Klage- bzw. Antragsschrift dem Amt zugestellt werden muss und eine Zustellung an den Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinde daher unwirksam ist (offengelassen), sowie zur Fassung des Rubrums bei Beteiligung einer amtsangehörigen Gemeinde.*)
VolltextIBRRS 2022, 1746
OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2022 - 30 U 32/22
1. Es ist nicht Aufgabe der Annahmestelle eines Berufungsgerichts, eine eingehende Berufungsschrift daraufhin zu überprüfen, ob sie eine ordnungsgemäße (einfache) Signatur enthält.*)
2. Ein Rechtsanwalt hat selbst zu überprüfen, ob ein Schriftsatz i.S.d. § 130a Abs. 1 ZPO an seinem Ende die für eine einfache Signatur erforderlichen Angaben enthält. Er darf diese Aufgabe nicht an seine Angestellten übertragen. Für eine ordnungsgemäße einfache Signatur genügt die Angabe "Rechtsanwalt" nicht; vielmehr muss sie auch den Namen des Rechtsanwalts enthalten.*)
IBRRS 2022, 1677
LG Karlsruhe, Beschluss vom 18.05.2022 - 11 S 179/20
1. Der Streit einer WEG mit einer Nachbar-WEG oder deren Miteigentümer um gemeinsame Einrichtungen bzw. diesbezügliche Verträge gehört nicht vor die WEG-Gerichte.*)
2. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann sich territorial niemals über das eigene Grundstück hinaus erstrecken.*)
3. Bezeichnet ein Amtsgericht versehentlich eine der allgemeinen Rechtsmittelregelung unterfallende Sache als "Wohnungseigentumssache" und legt der Berufungsführer dann fälschlich Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht nach § 72 Abs. 2 GVG ein, so hilft dem Rechtsmittelführer der amtsgerichtliche Fehler beim erstangegangenen Berufungsgericht nicht weiter. Die Berufung beim konzentrierten Berufungsgericht bleibt unzulässig.*)
IBRRS 2022, 1744
OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.03.2022 - 7 AR 165/22
1. Ein Kollegialverhältnis kann für sich genommen nur dann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn damit eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit verbunden ist. Bei einem kleinen Gericht, bei dem lediglich fünf Richterinnen und Richter beschäftigt sind, ist davon auszugehen, dass zwischen sämtlichen Richterinnen und Richtern eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit besteht.*)
2. Es ist sachgerecht, wenn alle Richterinnen und Richter eines Gerichts eine Selbstanzeige mit zumindest teilweise übereinstimmenden Gründen abgegeben haben, dass das zur Entscheidung über die Selbstanzeigen berufene Gericht über sämtliche Selbstanzeigen entscheidet.*)
3. Sind sämtliche Richterinnen und Richter eines Gerichts an der Ausübung des Richteramtes verhindert, erscheint es sachgerecht, das Verfahren an das örtlich nächstgelegene Amtsgericht im Zuständigkeitsbereich des zur Gerichtsstandsbestimmung berufenen Oberlandesgerichts zu verweisen.*)
4. Zur Auslegung der Geschäftsverteilung.*)
VolltextIBRRS 2022, 1705
BGH, Urteil vom 26.04.2022 - VI ZR 1321/20
1. Der nicht streitgenössische Nebenintervenient kann keinen Sachvortrag halten, der in Widerspruch zu demjenigen der Partei steht. Der Widerspruch muss nicht ausdrücklich erklärt werden; es reicht, wenn sich aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei zweifelsfrei ergibt, dass sie die Erklärung des Nebenintervenienten nicht gegen sich geltend lassen möchte. Der Widerspruch der Hauptpartei ist dabei auch dann zu berücksichtigen, wenn er nicht durch einen Rechtsanwalt erklärt wird; er unterliegt nicht dem Anwaltszwang.*)
2. Zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung (§ 833 Satz 1 BGB).*)
VolltextIBRRS 2022, 1696
BAG, Beschluss vom 25.04.2022 - 3 AZB 3/22
1. Ob die durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften ab dem 01.01.2022 erfolgten Erleichterungen der Formalitäten bei Einreichung eines elektronischen Dokuments anwendbar sind, richtet sich danach, wann die Frist abläuft, die mit der Einreichung des Dokuments gewahrt werden soll.
2. Ein eingereichtes elektronisches Dokument ist nicht deshalb formunwirksam, weil nicht sämtliche Schriftarten eingebettet sind. Für eine derartige Anforderung bedarf es einer Rechtsnorm in Form eines Bundesgesetzes oder einer auf ein Bundesgesetz gestützten Rechtsverordnung. Eine solche ist nicht gegeben.
VolltextIBRRS 2022, 1690
KG, Beschluss vom 25.04.2022 - 2 U 69/19
1. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters (§ 42 Abs. 2 ZPO) vermögen nur objektive Gründe zu rechtfertigen, welche vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber.*)
2. Die dienstliche Äußerung nach § 44 Abs. 3 ZPO dient allein der Tatsachenfeststellung. Da es nicht Aufgabe des abgelehnten Richters ist, die zur Begründung des Ablehnungsantrags vorgebrachten Tatsachen in seiner Erklärung "zu würdigen" bzw. die von ihm getroffenen Entscheidungen oder seine Rechtsauffassung nachträglich zu rechtfertigen oder zu verteidigen, kann die Abgabe einer dienstlichen Erklärung vollständig unterbleiben oder sich auf einen Verweis auf die Akten beschränken, wenn das Ablehnungsersuchen allein auf bereits aktenkundige Gründe gestützt wird.*)
3. Wird ein Terminänderungsantrag (§ 227 ZPO) erst unmittelbar vor dem anberaumten Termin unter Hinweis auf eine Erkrankung gestellt und bleibt dem Vorsitzenden daher keine Zeit, die Partei zur Glaubhaftmachung der Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit aufzufordern, müssen die Gründe für die Verhinderung bereits in dem Verlegungsantrag so angegeben und untermauert werden, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag.*)
VolltextIBRRS 2022, 1674
OLG Braunschweig, Urteil vom 03.05.2022 - 4 U 525/21
1. Bei der Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrages ist ein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers gem. § 29 ZPO nicht begründet. Vielmehr verbleibt es bei der separaten Zuständigkeitsbestimmung für jeden einzelnen Antrag.*)
2. Hat das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Recht verneint, kann der Kläger noch im Berufungsverfahren hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht erster Instanz beantragen. Auf den Antrag ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen klageabweisenden Urteils an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Diese Verweisung erfolgt in der Rechtsmittelinstanz durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils der Vorinstanz.*)
VolltextIBRRS 2022, 1642
LG Berlin, Urteil vom 22.03.2022 - 55 S 37/21
1. Eine nach dem Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) vom 16.10.2020 (BGBl. I 2187) am 01.12.2020 gegen "die übrigen Wohnungseigentümer" gerichtete Beschlussmängelklage ist dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen "die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" richtet, wenn in der Klageschrift zugleich der Verwalter als Zustellungsvertreter der beklagten Partei benannt wird.*)
2. Enthält die Klageschrift eine objektiv unrichtige, aber auslegungsfähige Bezeichnung des Klagegegners, kann sie die Anfechtungsfristen des § 45 WEG wahren.*)
3. Die fehlerhafte Parteibezeichnung ist durch Berichtigung des Rubrums zu beheben. Es bedarf keines förmlichen Parteiwechsels.*)
VolltextIBRRS 2022, 1619
VG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.2022 - 2 K 225/22
Wird eine regionalplanerische Zielabweichung aus einem bereits anhängigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für konkrete Windenergieanlagen (mit einer Mindesthöhe) beantragt, danach erteilt und angefochten, ist für diesen Anfechtungsstreit der Verwaltungsgerichtshof sachlich zuständig.*)
VolltextIBRRS 2022, 1635
BGH, Beschluss vom 27.04.2022 - XII ZR 37/21
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klaganspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, soweit diese Einzelheiten für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 01.06.2005 - XII ZR 275/02, IMRRS 2005, 1951 = FamRZ 2005, 1536).*)
VolltextIBRRS 2022, 1599
AG Völklingen, Beschluss vom 27.11.2021 - 16 C 99/21
1. Wer keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, ist von den Verfahrenskosten freizustellen.
2. Die Umstellung der Klage auf den aus der Auskunft folgenden Leistungsanspruch ist, wie auch die Geltendmachung eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nach der Erteilung der Auskunft, eine sachdienliche Klageänderung.
3. Die Kosten des Rechtsstreits sind bei der sachdienlichen Klageänderung nur der Partei aufzuerlegen, die aufgrund der verspäteten Auskunftserteilung dafür verantwortlich ist, dass der Gläubiger nicht vor Erhebung des Rechtsstreits Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Leistungsanspruchs erlangen konnte.
VolltextIBRRS 2022, 1595
OLG Schleswig, Beschluss vom 26.04.2022 - 2 Wx 22/22
1. Auch eine Behörde muss eine Beschwerde gegen eine Verfügung des Grundbuchamts nicht gem. § 14b Abs. 1 FamFG elektronisch einreichen, weil § 14b FamFG nicht greift, da die Einlegung der Beschwerde in § 73 GBO abschließend normiert ist.*)
2. Behörden müssen Anträge beim Grundbuchamt nicht zwingend in elektronischer Form einreichen. Diese Verpflichtung ergibt sich weder aus § 130d ZPO noch aus § 14b FamFG. Beide Vorschriften, die eine Pflicht zur elektronischen Einreichung für Behörden vorsehen, sind bereits deshalb nicht anwendbar, weil § 135 GBO betreffend die Pflicht, beim Grundbuchamt Anträge elektronisch einzureichen, eine abschließende Regelung trifft, sodass insoweit kein Raum mehr für die allgemeinen Regelungen des FamFG oder der ZPO bleibt.*)
VolltextIBRRS 2022, 1597
OVG Saarland, Beschluss vom 12.05.2022 - 2 E 28/22
1. Im Ausnahmefall hat auch ein nicht kostenpflichtiger obsiegender Verfahrensbeteiligter ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Streitwert nicht unzutreffend zu niedrig festgesetzt wird, wenn er mit seinem Prozessbevollmächtigten eine diesen übersteigende Honorarvereinbarung getroffen hat und deshalb durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung belastet wird, die zu einer niedrigeren Kostenerstattung durch den Kostenpflichtigen und damit de facto zu einer Erhöhung seiner eigenen Zahlungsverpflichtung führt.*)
2. Für die Bemessung der Höhe des Streitwerts bei einer Nachbarklage gegen eine dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung ist regelmäßig auf den vom Nachbarn geltend gemachten wirtschaftlichen Schaden bei Verwirklichung des strittigen Vorhabens abzustellen. Grundlage der Wertberechnung ist die Bedeutung der Sache für den Kläger und zwar so wie sie sich aufgrund seines Antrags objektiv beurteilt ergibt.*)
3. Mit Nr. 9.7.1 der Empfehlung des Streitwertkatalogs wird - nicht zuletzt im Interesse der Kalkulierbarkeit des Kostenrisikos - eine pauschale Bewertung der Betroffenheit des Nachbarn und seines Schutzinteresses zum Ausdruck gebracht.*)
VolltextIBRRS 2022, 1568
OLG Naumburg, Beschluss vom 12.11.2021 - 2 W 76/21
1. Ein den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO genügender Antrag liegt nicht vor, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau und pauschal bezeichnet werden, dass sie weder eine sachgerechte Stellungnahme des Antragsgegners ermöglichen noch einem Sachverständigen im Falle der Beweisanordnung konkrete Anhaltspunkte für die durchzuführenden Prüfungen geben.*)
2. Im Hinblick auf die Bezeichnung von angeblichen Planungs- oder Bauausführungsmängeln ist von einem Auftraggeber auch unter Berücksichtigung der sog. Symptom-Rechtsprechung zu fordern, dass er das äußere Erscheinungsbild des Mangels, also die Bezeichnung und Lokalisierung der Schadstellen und die Nennung und Beschreibung der aufgetretenen Schäden, darlegt und sich nicht auf allgemeine Fragestellungen beschränkt.*)
VolltextIBRRS 2022, 1592
BGH, Beschluss vom 06.04.2022 - VII ZR 635/21
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2022, 1558
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.04.2022 - 5 KS 4/22
Bei offenem Ausgang ist das jeweils hälftige Prozessrisiko der Hauptbeteiligten hinsichtlich der Gerichtskosten gem. § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO auf den Beklagten und die Beigeladene zu verteilen (je 1/4).*)
VolltextIBRRS 2022, 1547
OVG Saarland, Beschluss vom 02.05.2022 - 2 B 69/22
1. Die Annahme einer Verletzung der Pflicht des Gerichts zur Kenntnisnahme des Beteiligtenvorbringens ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn in der angefochtenen Entscheidung auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Das Gericht ist weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen. Es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind.*)
2. Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar und dient auch nicht dazu, das Gericht zur Erläuterung oder Ergänzung derselben zu veranlassen.*)
3. Auf das Vorbringen, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen, kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden, da es sich hierbei um Fragen der tatrichterlichen Würdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit der materiellen Richtigkeit der Entscheidung handelt.*)
VolltextIBRRS 2022, 1530
LG Hannover, Urteil vom 07.03.2022 - 12 O 98/21
1. Der Aufwendungsersatz des Bürgen umfasst auch die ihm im Inanspruchnahmeprozess entstandenen und von ihm zu tragenden Prozesskosten.
2. Der Hauptschuldner und sein Rückbürge können, wenn ihnen im Inanspruchnahmeprozess der Streit verkündet wurde und sie dem Rechtsstreit beigetreten sind, dem Aufwendungsersatzanspruch nicht entgegenhalten, dass der Bürge den Prozess mangelhaft geführt habe.
3. Fälligkeit des Aufwendungsersatzanspruchs des Bürgen gegen den Rückbürgen tritt erst mit Tätigung der Aufwendung ein.
VolltextIBRRS 2022, 1556
BGH, Beschluss vom 24.03.2022 - V ZR 149/21
Der Streitwert für wohnungseigentumsrechtliche Beschlussklagen entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer; das gilt auch für einen gem § 49 GKG in der seit dem 01.12.2020 geltenden Fassung festgesetzten Streitwert.*)
VolltextIBRRS 2022, 1541
BGH, Beschluss vom 30.03.2022 - XII ZB 311/21
Die Einreichung eines elektronischen Dokuments bei Gericht ist nur dann formgerecht, wenn es entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist oder von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird. Nicht ausreichend ist die Verwendung einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur im Zusammenhang mit einer nicht persönlich vorgenommenen Übermittlung (im Anschluss an BAGE 171, 28 = FamRZ 2020, 1850).*)
VolltextIBRRS 2022, 1538
BGH, Urteil vom 27.04.2022 - IV ZR 344/20
Zur Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage, die der vom Rechtsschutzversicherer aus gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem Recht in Anspruch genommene Rechtsanwalt im Wege der isolierten Drittwiderklage gegen den Versicherungsnehmer erhebt.*)
VolltextIBRRS 2022, 1522
OLG Braunschweig, Urteil vom 03.05.2022 - 4 U 582/21
1. Bei der Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags ist ein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers gem. § 29 ZPO nicht begründet. Vielmehr verbleibt es bei der separaten Zuständigkeitsbestimmung für jeden einzelnen Antrag.*)
2. Hat das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Recht verneint, kann der Kläger noch im Berufungsverfahren hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht erster Instanz beantragen. Auf den Antrag ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen klageabweisenden Urteils an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Diese Verweisung erfolgt in der Rechtsmittelinstanz durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils der Vorinstanz.*)
VolltextIBRRS 2022, 1480
OLG Rostock, Beschluss vom 02.02.2022 - 2 W 15/21
1. Die Wertangabe, die der Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung tätigt, hat indizielles Gewicht für die Streitwertfestsetzung.
2. Die Indizwirkung fällt in der Tendenz schwächer aus, wenn die beklagte Partei dem Wert von vornherein entgegentritt, also zu einem Zeitpunkt, in dem sich belastbare Prognosen zum Prozessausgang regelmäßig noch nicht anstellen lassen.
2. Parteiseitig geäußerte Wertvorstellungen entfalten jedoch keine Bindungswirkung für das Gericht. Jedenfalls die einseitig gebliebene Wertvorstellung (nur) des Klägers entbindet das Gericht nicht von einer eigenständigen Prüfung anhand der vorgetragenen Tatsachen.
VolltextIBRRS 2022, 1479
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 05.04.2022 - 7 KS 41/13
Auslagen für die Bereitstellung von Räumen für eine außerhäusige Sitzung am Ort des Gerichts stellen keine Auslagen im Sinne von KV-Nr. 9006 Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG dar, wenn ursächlich für die Raumanmietung die Vorgabe ist, dass aufgrund coronabedingter Maßgaben eine Benutzung der im Gebäude des Gerichts zur Verfügung stehenden Gerichtssäle grundsätzlich nur noch mit eingeschränkter Personenzahl erfolgen darf, die zu erwartende Zahl der Beteiligten diese derzeit zugelassene Personenzahl überschreitet, ohne diese coronabedingte Beschränkung eine Sitzung im gerichtseigenen Sitzungssaal allerdings ohne Weiteres durchführbar wäre. Denn in diesem Fall ist die Notwendigkeit der Anmietung nicht durch eine außergewöhnlich große Anzahl von Personen bedingt, sondern resultiert aus der derzeit eingeschränkten Nutzbarkeit der im Gerichtsgebäude zur Verfügung stehenden Gerichtssäle.*)
VolltextIBRRS 2022, 1477
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.05.2022 - 1 LB 4/22
Ist eine Klage abschließend begründet und entscheidungsreif, rechtfertigt es grundsätzlich nicht den Schluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses und damit den Erlass einer Betreibensaufforderung gem. § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn der Kläger auf eine gerichtliche Aufforderung, einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt schriftsätzlich zu vertiefen, (wiederholt) nicht reagiert.*)
VolltextIBRRS 2022, 1432
OLG Dresden, Urteil vom 16.06.2021 - 5 U 9/21
Sind als Voraussetzung für das Recht zur außerordentlichen Kündigung neben der Generalklausel eines "wichtigen Grundes" auch benannte Regelbeispiele vereinbart, in denen der "wichtige Grund" gegeben sein soll, ist bei der Auslegung der Generalklausel zu beachten, dass den unter diese fallenden, nicht näher bestimmten Kündigungsgründen ein ähnliches Gewicht zukommen muss wie näher beschriebenen Regelbeispielen.*)
VolltextIBRRS 2022, 1475
BGH, Beschluss vom 08.03.2022 - VI ZB 25/20
Zum Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 ZPO).*)
IBRRS 2022, 1466
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2022 - 3 S 470/22
1. § 4 AGVwGO ist auch auf Entscheidungen über Anträge entsprechend § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Änderung eines Beschlusses im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar. Der Senat entscheidet daher in der Besetzung mit drei Richtern.*)
2. Für das Verfahren zur Abänderung eines stattgebenden Beschlusses nach § 47 Abs. 6 VwGO in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO gelten dieselben Maßstäbe wie für das Aussetzungsverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO. Bei der Frage, ob die vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans weiterhin geboten ist, kann infolgedessen auch von Bedeutung sein, ob mögliche Rechtsfehler Belange der Antragsteller des Normenkontrollverfahrens berühren oder nicht.*)
VolltextIBRRS 2022, 1387
OLG Hamm, Beschluss vom 25.02.2022 - 8 W 3/22
Leistet der durch ein Anerkenntnisvorbehaltsurteil im Urkundenverfahren verurteilte Beklagte Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und wird die Klage im Nachverfahren abgewiesen, ist die Veranlassung zur Sicherheitsleistung i.S. des § 109 Abs. 1 ZPO auch dann entfallen, wenn gegen das im Nachverfahren ergangene Urteil Berufung eingelegt wurde, über die noch nicht entschieden ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 1423
BGH, Urteil vom 11.02.2022 - V ZR 15/21
Wird einer Partei entgegen § 317 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO statt einer beglaubigten Abschrift lediglich eine einfache Abschrift des Urteils zugestellt, wird der darin liegende Zustellungsmangel geheilt, wenn keine Zweifel an der Authentizität und Amtlichkeit der Abschrift bestehen. Das ist jedenfalls bei einer Übermittlung der Urteilsabschrift an das besondere elektronische Anwaltspostfach des Rechtsanwaltes der Partei anzunehmen.*)
VolltextIBRRS 2022, 1397
BAG, Beschluss vom 06.04.2022 - 5 AZN 700/21
1. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt vor, wenn das Gericht die an eine hinreichende Substantiierung zu stellenden Anforderungen überspannt und in der Folge einen angebotenen Beweis zu Unrecht nicht erhebt.
2. Die Partei, die die Vernehmung eines Zeugen beantragen will, hat den Zeugen zu benennen und die Tatsachen zu bezeichnen, über die dieser vernommen werden soll. Der Beweisführer muss sich nicht darüber äußern, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptung hat. Wie weit eine Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, hängt von ihrem Kenntnisstand ab.
3. Zur Ermittlung von Umständen, die ihr nicht bekannt sind (oder sein können), ist eine Partei im Zivilprozess grundsätzlich nicht verpflichtet.
VolltextIBRRS 2022, 1410
OLG Nürnberg, Beschluss vom 16.02.2021 - 6 U 2603/20
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 1409
OLG Nürnberg, Beschluss vom 07.04.2021 - 6 U 2603/20
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 1404
OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.02.2022 - 26 W 14/21
Im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 887 ZPO ist die Handlung, zu deren Vornahme sich der Gläubiger an Stelle des Schuldners ermächtigen lassen will, genau und bestimmt zu bezeichnen.*)
VolltextIBRRS 2022, 1402
BGH, Urteil vom 06.04.2022 - VIII ZR 262/20
Zu den Anforderungen an die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers in der Klageschrift (hier: c/o-Adresse einer rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts).*)
VolltextIBRRS 2022, 1399
LG Cottbus, Urteil vom 15.03.2022 - 2 O 33/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 1385
OLG Hamm, Urteil vom 14.02.2022 - 3 U 121/21
1. Der Erlass eines Grundurteils kommt nur in Betracht, wenn der Rechtsstreit hinsichtlich des Grundes betreffend sämtliche geltend gemachten Teilansprüche zur Entscheidung reif ist (vgl. BGH, IBR 2016, 58).
2. Im Grundverfahren geklärt und durch Grundurteil entschieden werden muss die Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale, von deren Erfüllung der vom Kläger geltend gemachte Anspruch abhängt. Dies bedingt zugleich auch, dass grundsätzlich alle vom Beklagten erhobenen Einreden und Einwendungen ausgeschlossen werden müssen, bevor ein Grundurteil ergeht.
3. Auch wenn aus prozesswirtschaftlichen Gründen ein Grundurteil bereits dann für zulässig gehalten wird, wenn ein wirtschaftlicher Teilerfolg mit hinreichender bzw. hoher Wahrscheinlichkeit im Betragsverfahren zu erwarten ist, muss jedenfalls dann, wenn die Parteien darüber streiten, ob der vom Kläger geltend gemachte Schaden entstanden ist, vor Erlass des Grundurteils festgestellt werden, dass ein zu ersetzender Schaden mit hoher Wahrscheinlichkeit entstanden ist.
VolltextIBRRS 2022, 1377
BGH, Beschluss vom 30.11.2021 - VIII ZR 81/20
1. Das Alter des Mieters und die lange Mietdauer mit einer damit einhergehenden langjährigen Verwurzelung rechtfertigen für sich genommen noch nicht die Annahme einer Härte, sondern im Rahmen einer Gesamtwürdigung sind die sich daraus ergebenden Folgen im Falle eines erzwungenen Wohnungswechsels zu berücksichtigen.
2. Erkrankungen des Mieters in Verbindung mit weiteren Umständen - und in bestimmten Fällen auch allein die im Fall eines Wohnungswechsels bestehende ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des (schwer) erkrankten Mieters - können einen Härtegrund darstellen.
3. Eine Härte kann auch vorliegen, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.
4. Den Mieter trifft jedoch eine Obliegenheit, sich um angemessenen Ersatzwohnraum zu bemühen. Selbst bei einer festgestellten und/oder in Verordnungen zu Grunde gelegten angespannten Wohnungslage für das betroffene Gebiet stellte dies allenfalls ein gewisses Indiz für das Vorliegen eines Härtegrunds dar, das jedoch erst in Verbindung mit substanziiertem (unstreitigem oder nachgewiesenem) Parteivortrag des Mieters zu konkret ergriffenen Maßnahmen zum Auffinden von geeignetem und bezahlbarem Wohnraum zu der tatrichterlichen Überzeugung führen kann, dass angemessener Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen für den Mieter (und seine Familien- oder Haushaltsangehörigen) nicht zu erlangen ist.
5. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist.
6. Selbst im Fall einer notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) entfaltet ein verfahrensfehlerhaft nicht alle notwendigen Streitgenossen erfassendes Urteil keine Bindungswirkung gegenüber den nicht am Rechtsstreit beteiligten Streitgenossen.
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