Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15968 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2016
IBRRS 2016, 2805BGH, Beschluss vom 22.09.2016 - IX ZB 82/15
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2016, 2718
LG Aurich, Beschluss vom 21.10.2016 - 1 T 275/16
1. Wird vor Zustellung der Klageschrift an die Gegenseite eine verlängerte Räumungsfrist begehrt und begründet, und anschließend in der Klageerwiderung der Räumungsanspruch sofort anerkannt, hat der Vermieter die Kosten des Rechtsstreits vollständig zu tragen.
2. Die begehrte Räumungsfrist von drei Monaten ist angemessen, weil es den Mietern innerhalb der zugebilligten Räumungsfrist - weniger als zwei Wochen nach der Kündigung - nicht möglich und zumutbar war, eine neue Wohnung zu finden und die drei Kinder so abrupt aus dem gewohnten sozialen Umfeld zu reißen.
3. Die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses kann als stillschweigende Ablehnung einer Räumungsfrist gewertet werden.
IBRRS 2016, 2705
BVerwG, Beschluss vom 11.10.2016 - 3 BN 1.15
Ob ein Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gegen eine Beitragssatzung hat, wenn er den aufgrund der Satzung gegen ihn ergangenen Beitragsbescheid hat unanfechtbar werden lassen und den Beitrag gezahlt hat, hängt von den weiteren Umständen des Falls ab.*)
VolltextIBRRS 2016, 2701
BGH, Beschluss vom 27.09.2016 - XI ZB 12/14
1. Die Prüfung der angegebenen Wiedereinsetzungsgründe erfolgt von Amts wegen. Wiedereinsetzungsgründe unterliegen daher nicht der Parteidisposition und können nicht unstreitig gestellt werden.*)
2. Zur Glaubhaftmachung eines plötzlich und unerwartet aufgetretenen krankheitsbedingten Ausfalls des Prozessbevollmächtigten.*)
VolltextIBRRS 2016, 2670
OLG München, Beschluss vom 22.09.2016 - 28 W 1460/16 Bau
Bei einem gerichtlich abgeschlossenen Vergleich erhöht nur eine hilfsweise erklärte Aufrechnung den Streitwert. Eine unbedingt erklärte Aufrechnung erhöht den Vergleichsstreitwert auch dann nicht, wenn im Vergleich die primär aufgerechneten Gegenansprüche mitabgegolten und endgültig erledigt werden.
VolltextIBRRS 2016, 2455
BGH, Urteil vom 16.03.2016 - VIII ZR 326/14
1. Das Berufungsgericht muss einen bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen erneut vernehmen, wenn es dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als die Vorinstanz.
2. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen.
3. Stützt das erstinstanzliche Gericht seine Würdigung auf die Vernehmung mehrerer Zeugen, bedarf es der erneuten Vernehmung sämtlicher Zeugen.
4. Nimmt eine Partei in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen einschließlich der dortigen Beweisantritte ergänzend Bezug, stellt sie damit unmissverständlich klar, dass sie die erstinstanzlichen Beweisantritte auch zum Gegenstand der Berufungsinstanz macht.
5. Eine Ergänzung oder Präzisierung des bereits erstinstanzlich gehaltenen schlüssigen Vortrags darf das Berufungsgericht nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen.
6. Die Aufrechnung kann - wie jede Willenserklärung - auch stillschweigend erklärt werden. Deshalb darf das Berufungsgericht sich nicht auf die Feststellung beschränken, dass eine Partei keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung abgegeben bzw. nicht den Ausdruck "Aufrechnung" benutzt hat. Vielmehr muss das Berufungsgericht im Wege der Auslegung prüfen, ob dem Verteidigungsvorbringen der Partei der Wille, eine Aufrechnung zu erklären, zu entnehmen ist.
7. Bezieht sich eine Partei zur Verteidigung gegen die Klageforderung auf die von ihr geltend gemachten und im einzelnen dargelegten Gegenforderungen und zieht diese sogar explizit von der Klageforderung ab, liegt - offensichtlich - eine konkludente Aufrechnungserklärung vor.
8. Vorauszahlungen stehen dem Vermieter als solche nicht mehr zu, wenn bereits Abrechnungsreife eingetreten ist.
9. Eine Änderung des Mietvertrags kann nur unter Beteiligung sämtlicher Vertragspartner wirksam vereinbart werden.
10. Bei der Änderung einer vertraglichen Vereinbarung über die Abrechnung von Nebenkosten in einem bestehenden Mietverhältnis handelt es sich nicht um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs.
11. Die bloße Nichtabrechnung von Nebenkostenvorauszahlungen durch den Vermieter kann aus der maßgeblichen Empfängersicht des Mieters regelmäßig schon nicht als Angebot einer Änderung der mietvertraglichen Umlagevereinbarung oder des Verzichts auf eine Abrechnung angesehen werden.
IBRRS 2016, 2688
BGH, Beschluss vom 13.10.2016 - IX ZB 57/14
Für die Frage, ob die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde, ist die richterliche Entscheidung des Beschwerdegerichts, nicht eine hiervon abweichende fehlerhafte Ausfertigung oder Abschrift maßgebend, welche die Geschäftsstelle den Beteiligten zunächst zugestellt hat.*)
VolltextIBRRS 2016, 3712
BGH, Beschluss vom 13.09.2016 - XI ZA 13/15
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2016, 3458
BGH, Beschluss vom 21.09.2016 - XII ZB 57/16
Eine Anhörung des Betroffenen im Unterbringungsverfahren, die stattgefunden hat, ohne dass der Verfahrenspfleger Gelegenheit hatte, an ihr teilzunehmen, ist verfahrensfehlerhaft (im Anschluss an BGH, 15.02.2012 - XII ZB 389/11, IBRRS 2012, 1110).*)
VolltextIBRRS 2016, 2687
EuGH, Urteil vom 27.10.2016 - Rs. C-613/14
1. Art. 267 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union zuständig ist, eine harmonisierte Norm im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der durch die Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22.07.1993 geänderten Fassung, deren Fundstellen von der Europäischen Kommission in der Ausgabe C des Amtsblatts der Europäischen Union veröffentlicht wurden, im Wege der Vorabentscheidung auszulegen.*)
2. Die harmonisierte Norm EN 13242:2002 ("Gesteinskörnungen für ungebundene und hydraulisch gebundene Gemische für den Ingenieur- und Straßenbau") ist dahin auszulegen, dass sie für den nationalen Richter, der mit einem Rechtsstreit über die Erfüllung eines privatrechtlichen Vertrags befasst ist, der eine Partei zur Lieferung eines Bauprodukts verpflichtet, das mit einer nationalen Norm in Einklang steht, die diese harmonisierte Norm umsetzt, weder hinsichtlich der Art und Weise der Feststellung der Konformität eines solchen Bauprodukts mit den vertraglichen Spezifikationen noch hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Konformität des Bauprodukts nachgewiesen sein muss, bindend ist.*)
3. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 89/106 in der durch die Richtlinie 93/68 geänderten Fassung ist im Licht des zwölften Erwägungsgrundes dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass die Vermutung der Brauchbarkeit eines im Einklang mit einer harmonisierten Norm hergestellten Produkts für den nationalen Richter bei der Feststellung der Handelsüblichkeit oder Brauchbarkeit dieses Produkts nicht bindend ist, wenn allgemeine nationale Rechtsvorschriften über den Verkauf von Waren wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden verlangen, dass ein Bauprodukt diese Merkmale aufweist.*)
4. Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft in der zuletzt durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20.11.2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass nationale Bestimmungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die - außer bei entgegenstehendem Willen der Parteien - implizite vertragliche Bedingungen betreffend die Handelsüblichkeit und die Brauchbarkeit oder die Qualität der verkauften Produkte enthalten, keine technischen Vorschriften im Sinne dieser Bestimmung sind, deren Entwürfe Gegenstand einer vorherigen Mitteilung gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/34 in der durch die Richtlinie 2006/96 geänderten Fassung sein müssen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2681
LG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2016 - 39 O 42/15
Ein Privatgutachten kann den Sachverständigenbeweis entbehrlich machen, wenn das Gericht dieses gem. § 286 ZPO für ausreichend hält, um eine Beweisfrage zuverlässig zu beantworten.
VolltextIBRRS 2016, 2665
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.10.2016 - 12 LC 54/15
1. Die Denkmalschutzbehörde ist nach aktueller Rechtslage keine Vertreterin der öffentlichen Denkmalschutzinteressen und deshalb in Prozessen mit denkmalschutzrechtlichen Bezug auch nicht grundsätzlich beizuladen.
2. Eine Beiladung eines Dritten zum Rechtsstreit ist nur notwendig, wenn die Entscheidung gleichzeitig und unmittelbar auch die Rechte des Dritten gestalten, bestätigen, ändern oder aufheben und so die Rechtslage des Beizuladenden verbessern oder verschlechtern kann.
3. Darüber hinaus kann eine Beiladung zwar auch dazu dienen, den Streitstoff umfassend zu klären, indem neue Argumente oder Beweismittel durch den interessierten und fachkundigen Dritten eingebracht werden. Dieser Aufklärungszweck ist allerdings nur statthaft, wenn die vorrangigen Beiladungszwecke - Interessenwahrung des (fakultativ) Beizuladenden oder Rechtskrafterstreckung - vorliegen.
VolltextIBRRS 2016, 2636
OLG Koblenz, Urteil vom 10.02.2016 - 5 U 1055/15
1. Zur Anwendung der Preisanpassungsregelung des § 2 Abs. 5 VOB/B.*)
2. Lässt sich aus der mit der Berufung angefochtenen Entscheidung trotz entsprechenden Streits der Parteien nicht entnehmen, auf welcher Grundlage die Höhe der geschuldeten Vergütung zu bemessen ist (vertragliche Vereinbarung, übliche Vergütung oder § 2 Abs. 5 VOB/B), stellt sich die Begründung als unvollständig dar, weshalb aufgrund der analogen Anwendbarkeit von § 547 ZPO im Berufungsrecht von einem wesentlichen Verfahrensfehler auszugehen ist, der eine Zurückverweisung rechtfertigen kann.*)
VolltextIBRRS 2016, 2651
BGH, Beschluss vom 07.07.2016 - V ZB 15/14
1. Gegen eine im ersten Rechtszug erfolgte Kostenentscheidung, mit der die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegt worden sind, kann sich der Verwalter mit der sofortigen Beschwerde wenden; wird erstmals im Berufungsrechtszug eine solche Kostenentscheidung getroffen, ist die Rechtsbeschwerde statthaft, sofern diese zugelassen worden ist.*)
2. Auch nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung kann die Kostenentscheidung grundsätzlich auf § 49 Abs. 2 WEG gestützt werden.*)
3. Eine Kostenentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 WEG setzt das Bestehen eines gegen den Verwalter gerichteten materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs des unterlegenen Wohnungseigentümers wegen der (grob verschuldeten) Verletzung von Pflichten bei der Verwaltung voraus. Im Hinblick auf die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs ist dem Gericht ein Ermessen nicht eingeräumt; vielmehr müssen sämtliche hierfür erheblichen Tatsachen feststehen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2641
BVerwG, Beschluss vom 23.08.2016 - 4 B 25.16
1. Eine gerichtliche Entscheidung ist eine unzulässige Überraschungsentscheidung, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten.
2. Eine Hinweispflicht des Gerichts setzt voraus, dass das Gericht bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht.
VolltextIBRRS 2016, 2635
OLG Koblenz, Urteil vom 24.02.2016 - 5 U 1146/15
Ein gerichtlicher Hinweis muss inhaltlich klar sein und Gelegenheit geben, das Vorbringen sachdienlich zu ergänzen. Hieran fehlt es, wenn nur auf das Vorliegen einer „offenen Teilklage“ hingewiesen wird, ohne die hieraus im konkreten Fall vom Gericht gezogene Schlussfolgerung auf eine Unzulässigkeit der Klage sowie die Möglichkeiten bzw. Erfordernisse zur Behebung des der Zulässigkeit der Klage entgegenstehenden Hindernisses anzusprechen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2631
BGH, Urteil vom 21.09.2016 - VIII ZR 188/15
Ein Zurückweisungsbeschluss, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden kann, muss - jedenfalls in Verbindung mit einem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss - neben einer Bezugnahme auf die Feststellungen des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen zumindest sinngemäß erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, fehlt die für die revisionsrechtliche Nachprüfung nach §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche Beurteilungsgrundlage und unterliegt der Zurückweisungsbeschluss wegen des darin liegenden Verfahrensfehlers der Aufhebung (im Anschluss an BGH, Urteile vom 10.02.2004 - VI ZR 94/03, BGHZ 158, 60, 61 = IBRRS 2004, 0690 = IMRRS 2004, 0337; vom 08.02.2006 - XII ZR 57/03, NJW 2006, 1523 Rn. 5 ff. = IBR 2006, 1384 - nur online).*)
IBRRS 2016, 2680
BGH, Urteil vom 17.06.2016 - V ZR 272/15
Der Wunsch nach Rehabilitierung begründet nicht bereits dann ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Zutrittsverbots, wenn der Betroffene es als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen des Zutrittsverbots fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit wirksam begegnet werden könnte.*)
VolltextIBRRS 2016, 2685
BGH, Beschluss vom 05.10.2016 - IV ZB 37/15
1. Im Aufgebotsverfahren zur Ausschließung von Nachlassgläubigern nach § 1970 BGB ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung des Anmeldezeitpunkts nicht möglich.*)
2. Ein Ausschließungsbeschluss ist im Sinne des § 438 FamFG erlassen, sobald er in fertig abgefasster und unterschriebener Form an die Geschäftsstelle zur Bekanntgabe übergeben worden ist.*)
VolltextIBRRS 2016, 2600
OLG Hamm, Beschluss vom 17.06.2016 - 32 SA 31/16
Ein Verweisungsbeschluss kann nicht bindend sein, wenn er auf einer nicht mehr vertretbaren, unrichtigen Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen beruht, entgegenstehenden Parteivortrag und auch dem Ergebnis der Auslegung entgegenstehende gesetzliche Formulierungen nicht berücksichtigt.*)
VolltextIBRRS 2016, 2597
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.09.2016 - 5 WF 168/16
Anträge auf Zustimmung zur Veräußerung einer gemeinsamen Immobilie durch den anderen Ehegatten sind gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 FamGKG nach dem objektiven Verkehrswert des betreffenden Anteils zu bewerten. Auf der Immobilie lastende Verbindlichkeiten sind nicht in Abzug zu bringen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2583
OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2016 - 22 W 3/16
Nach einseitiger Erledigungserklärung bemisst sich der Streitwert grundsätzlich nach den bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten, soweit nicht das Interesse der Parteien an einer Rechtfertigung des jeweiligen Standpunktes deutlich im Vordergrund steht.*)
VolltextIBRRS 2016, 2581
OLG München, Beschluss vom 24.08.2015 - 9 U 2024/08
1. Ein Berichtigungsanspruch setzt voraus, dass ein unrichtiges Rubrum vorliegt, also das richterlich Erklärte vom richterlich Gewollten abweicht.
2. Schweigen ist ebenso wie eine ausdrückliche Prozesserklärung auslegungsfähig, wenn dem Schweigenden bewusst ist, dass von ihm noch eine Erklärung erwartet wird. Dies ist der Fall, wenn das Gericht eine Verfügung erlässt und zur Stellungnahme auffordert.
3. Ob eine Partei den Prozess selbst führen darf oder ob diese Kompetenz auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, hat das Gericht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen.
VolltextIBRRS 2016, 2586
BGH, Urteil vom 10.06.2016 - V ZR 125/15
Macht eine Partei den Unterlassungsanspruch eines Grundstückseigentümers aus § 1004 BGB bzw. aus § 862 BGB im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend, muss sich das schutzwürdige Eigeninteresse auf die Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums bzw. des Besitzes an dem Grundstück beziehen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2579
BGH, Urteil vom 15.09.2016 - III ZR 461/15
1. § 579 Abs. 1 Nr. 3 ZPO setzt voraus, dass ein an der Entscheidung mitwirkender Richter mit Erfolg abgelehnt wurde. Allein ein Verstoß gegen die Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO führt dagegen nicht zur Nichtigkeit nach § 579 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.*)
2. Die Mitwirkung eines Richters, der wegen Befangenheit abgelehnt werden könnte, jedoch noch nicht abgelehnt wurde, begründet nicht die Nichtigkeit nach § 579 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2016, 2574
BGH, Urteil vom 08.09.2016 - VII ZR 168/15
1. Aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Vertragsbedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass die Klauseln zur Mehrfachverwendung vorformuliert worden sind.
2. Ein solcher Anschein kann sich daraus ergeben, dass Vertragsklauseln weitgehend allgemein und abstrakt gehalten sind. Für Architekten- und Ingenieurverträge gilt Entsprechendes.
3. Eine Vertragsbestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Architekten oder Ingenieurs, wonach "die Verjährung nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjekts beginnt", benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist unwirksam.
4. Eine Klausel, wonach "die Verjährung mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung beginnt, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation)" enthält keine Vereinbarung einer Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen.
5. Nimmt ein Auftraggeber einen Ingenieur auf Schadensersatz wegen Mängeln des Ingenieurwerks in Anspruch, so darf ein Grundurteil nur ergehen, wenn grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind. An dieser Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils fehlt es, wenn das Gericht überhaupt keine Feststellungen zu Mängeln des Ingenieurwerks, die zu vom Auftraggeber geltend gemachten Mängeln der am Bauwerk installierten Anlagen geführt haben, getroffen hat.*)
IBRRS 2016, 2534
OLG München, Beschluss vom 01.07.2016 - 34 AR 77/16
1. Der bloße Antritt von Strafhaft begründet keine Aufgabe des Wohnsitzes, den der Betroffene zu diesem Zeitpunkt innehatte.
2. Wurde der letzte Wohnsitz allerdings erkennbar aufgegeben, bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand einer Person in erster Linie nach dem Aufenthaltsort im Inland und nur nachrangig nach dem letzten inländischen Wohnsitz (§ 16 ZPO).
VolltextIBRRS 2016, 2615
BGH, Urteil vom 16.08.2016 - X ZR 96/14
Das Berufungsgericht ist nicht gehindert, die vom Erstgericht bejahte Glaubhaftigkeit der Bekundungen eines Zeugen zu verneinen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, der Zeuge jedoch verstorben ist oder seine erneute Vernehmung aus anderen Gründen nicht möglich ist.*)
VolltextIBRRS 2016, 2624
BGH, Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 100/15
1. Der Zugang einer vom Schuldner abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung beseitigt nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs.*)
2. Lässt sich der Gläubiger auf die Streitbeilegung mittels notarieller Unterlassungserklärung ein, so ist für den Wegfall der Wiederholungsgefahr die Zustellung des Beschlusses über die Androhung von Ordnungsmitteln gem. § 890 Abs. 2 ZPO beim Schuldner erforderlich.*)
VolltextIBRRS 2016, 2628
BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - VIII ZR 247/15
1. Die Änderung oder Erweiterung einer Klage stellt einen selbstständigen prozessualen Angriff dar, dessen Zulassung sich nicht nach den §§ 296, 530, 531 ZPO, sondern nach den §§ 263, 264, 533 ZPO bestimmt (Bestätigung von BGH, 23.04.1986 - VIII ZR 93/85, WM 1986, 864; BGH, 15.01.2001 - II ZR 48/99, NJW 2001, 1210).*)
2. Dementsprechend können die gleichzeitig zur Begründung derart erweiterter Anträge vorgetragenen Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weil dies andernfalls in unzulässiger Weise die nach dem Gesetz grundsätzlich ausgeschlossene Präklusion des Angriffs selbst zur Folge hätte (Bestätigung von BGH, 23.04.1986 - VIII ZR 93/85, aaO; BGH, 15.12.1994 - VII ZR 13/94, WM 1995,818). Das gilt auch in Fällen, in denen eine an sich zulässige Klageänderung oder -erweiterung in erster Linie darauf abzielt, mit den dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln den bisherigen unzureichenden Klageantrag, wenn auch insoweit verspätet, zu rechtfertigen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2546
BGH, Urteil vom 14.07.2016 - V ZR 258/15
1. Nach Maßgabe von §§ 529, 531 ZPO zulässiges neues Vorbringen ist auch dann zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheiden will. Eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ist daher nur zulässig, wenn die Berufung auch unter Berücksichtigung danach zulässigen neuen Vorbringens offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.*)
2. Auch gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO kann die Revision beschränkt auf die Höhe des Anspruchs zugelassen werden, wenn der Rechtsstreit durch den Tatrichter in ein Grund- und ein Höheverfahren zerlegt werden könnte. Dass er einheitlich entschieden hat, ist dafür, wie auch sonst, unerheblich.*)
3. Kommt eine solche Teilzulassung der Revision in Betracht, kann das Revisionsgericht die Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 544 Abs. 7 ZPO beschränkt auf die Höhe des Anspruchs aufheben und den Rechtsstreit nur insoweit an das Berufungsgericht zurückverweisen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2536
OLG München, Beschluss vom 19.09.2016 - 9 W 1577/16 Bau
Der Streitwert der Nebenintervention entspricht dem Streitwert der Hauptsache, wenn dem Streithelfer umfänglich und nicht begrenzt auf einzelne Aspekte der Streit verkündet wurde und sich der Streithelfer den Anträgen der unterstützten Partei umfassend angeschlossen hat. Nur wenn eine entsprechende Antragstellung des Streithelfers fehlt, ist auf das Interesse des Nebenintervenienten am Ausgang des Rechtsstreits abzustellen.
VolltextIBRRS 2016, 2515
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.04.2016 - 8 B 10285/16
Die Regelung zum Ausschluss der Verbandsklagebefugnis bei gänzlichem Unterbleiben einer Beteiligung des Verbandes im Verwaltungsverfahren (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG) bleibt auch nach dem Urteil des EuGH vom 15.10.2015 - Rs. C-137/14 zur Europarechtswidrigkeit der materiellen Präklusion in § 2 Abs. 3 UmwRG anwendbar.*)
VolltextIBRRS 2016, 2521
LG Berlin, Beschluss vom 12.07.2016 - 67 T 102/16
1. Verfolgt der Antragsteller im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die Herausgabe an sich selbst (und nicht etwa an einen Gerichtsvollzieher), begehrt er eine endgültige Regelung, die über das bloße Sicherungsinteresse hinausgeht.
2. Erreicht das maßgebliche Interesse des Antragstellers an der Sicherung seines Anspruchs im einstweiligen Rechtsschutz bereits das Befriedungsinteresse des Hauptsacheverfahrens, entspricht der Gebührenstreitwert dem des Hauptsacheverfahrens.
VolltextIBRRS 2016, 2489
AG Lemgo, Urteil vom 01.08.2016 - 16 C 28/15
1. Ein Beschluss zur Verwalterbestellung ist anfechtbar, wenn ihm Beginn und Ende der Amtszeit nicht eindeutig zu entnehmen sind. Unklare Beschlüsse widersprechen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG).
2. Im Interesse des Rechtsverkehrs müssen die durch die Beschlussfassung eintretenden Rechtswirkungen sich aus der Beschlussformulierung feststellen lassen.
3. Eine gerichtliche Bestellung eines Verwalters kommt nur in Betracht, wenn der Beschluss über eine Verwalterbestellung durch wirksame Anfechtung für ungültig erklärt wurde.
VolltextIBRRS 2016, 2486
AG Hamburg-Blankenese, Beschluss vom 05.01.2016 - 539 C 47/15
1. Ein WEG-Verwalter kann sein Amt jederzeit fristlos niederlegen. Eine solche Amtsniederlegung ist unabhängig vom Verwaltervertrag sofort wirksam und dient den Interessen des Rechtsverkehrs an klaren Vertretungsverhältnissen.
2. Eine einstweilige Verfügung die erst vier Wochen nach Mandatsniederlegung des WEG-Verwalter beantragt wird, ist unbegründet. Zu langes Warten widerlegt die ursprüngliche Dringlichkeitsvermutung.
VolltextIBRRS 2016, 2457
OLG München, Beschluss vom 11.04.2016 - 34 AR 18/16
Dass die Neufassung des § 32b Abs. 1 ZPO den Anwendungsbereich der Nr. 1 über die von der Rechtsprechung angenommenen Fälle hinaus erweitert hätte, ist nicht ersichtlich. Ansprüche aus sogenannter uneigentlicher bzw. Prospekthaftung im weiteren Sinne etwa wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf Prospektfehler begründen nicht ohne weiteres die Prospektverantwortlichkeit und bilden deshalb als solche keinen Fall der Nr. 1. Namentlich ergibt sich aus dem Innehaben bestimmter Funktionen in der Fondsgesellschaft nicht schon als solche eine Prospektverantwortlichkeit im engeren Sinne.*)
VolltextIBRRS 2016, 2558
BGH, Beschluss vom 16.08.2016 - VI ZB 17/16
1. Weist das Berufungsgericht die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück, obwohl es die Berufung wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für unzulässig erachtet hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft.*)
2. Für die Bemessung des Beschwerdewerts eines Berufungsantrags auf Unterlassung eines Eintrags in Facebook, in dem ein minderjähriges Kind beleidigt wird, kommt es nicht nur auf die Breitenwirkung des Eintrags an, sondern auch auf die Wirkung der beleidigenden Äußerungen auf das Kind selbst. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Kind ein Recht auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit und ungestörte kindgemäße Entwicklung hat (vgl. BGH, 15.09.2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 18; BGH, 05.11.2013 - VI ZR 304/12, IBRRS 2013, 4900).*)
3. Der Antrag auf Veröffentlichung von Rubrum und Unterlassungstenor auf Facebook ist auf Folgenbeseitigung gerichtet, die als selbständige Rechtsfolge neben die Verpflichtung zur Unterlassung hinzutritt. Ihm kommt daher ein eigener Wert zu, der mit dem Wert des Unterlassungsantrags gemäß § 5 ZPO zusammenzurechnen ist.*)
VolltextIBRRS 2016, 2560
BGH, Beschluss vom 13.09.2016 - VII ZR 17/14
1. Werden Haupt- und Hilfsantrag in erster Instanz abgewiesen und hat die Berufung hinsichtlich des Hauptantrags Erfolg, ist die Abweisung des Hilfsantrags ohne Weiteres gegenstandslos.*)
2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unabhängig von dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer zulässig, wenn und soweit das Berufungsgericht eine Berufung teilweise verworfen hat.*)
VolltextIBRRS 2016, 2496
LG Dortmund, Urteil vom 09.08.2016 - 1 S 176/16
Streiten einzelne Wohnungseigentümer über die Pflicht zur Beseitigung baulicher Veränderungen auf der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenfläche, sind alle übrigen Wohnungseigentümer dem Rechtsstreit beizuladen, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden.
VolltextIBRRS 2016, 2749
OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2016 - 9 W 72/15
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2016, 2500
OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2016 - 24 U 97/15
Wenn der Rechtsstreit vor der mündlichen Verhandlung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen wird, ist - unabhängig von der Kenntnis des Gerichts oder der Parteien - das erstinstanzliche Urteil ebenso wie die nachfolgende Amtszustellung relativ unwirksam. Rechtsmittelfristen werden dadurch nicht in Lauf gesetzt. Wird das Urteil mit der Berufung angefochten, ist es aufzuheben und das Verfahren an das Eingangsgericht zurückzuverweisen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2494
BGH, Beschluss vom 07.07.2016 - V ZR 11/16
Der Gegenstandswert einer Klage auf Gewährung eines Notwegs und eines Notleitungsrechts bemisst sich nicht nach den Herstellungskosten und/oder der Notwegrente, sondern nach dem Wert, den diese Rechte für das herrschende Grundstück haben.
VolltextIBRRS 2016, 2479
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 22.03.2016 - 2-11 S 51/16
1. Maßgeblich für die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung ist allein die Kenntnis des Vollstreckungsgläubigers.
2. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, sich hinsichtlich einer im Hauptmietvertrag erlaubten Untervermietung zu erkundigen, nur fahrlässige oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Besitzerwerb schadet.
IBRRS 2016, 2476
AG Schwerte, Urteil vom 04.11.2015 - 6 C 13/14
ohne
VolltextIBRRS 2016, 2506
BGH, Beschluss vom 23.08.2016 - X ZR 81/14
Verteidigt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht das Streitpatent in einer geänderten Fassung, die Merkmalen eines zuvor gestellten Hilfsantrags weitere, einem geltenden Unteranspruch entnommene Merkmale hinzufügt, darf ein in der mündlichen Verhandlung vom Kläger vorgebrachtes neues Angriffsmittel gegen die Patentfähigkeit dieser technischen Lehre jedenfalls dann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn der qualifizierte Hinweis des Patentgerichts dem Beklagten Veranlassung gab, die in der mündlichen Verhandlung verteidigte Fassung des Patents bereits innerhalb der vom Patentgericht gesetzten Frist zu formulieren.*)
VolltextIBRRS 2016, 3730
BGH, Beschluss vom 23.08.2016 - VIII ZR 219/14
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2016, 2411
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2016 - 2 B 999/15
1. Das Normenkontrollgericht kann eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist.
2. Der Begriff "schwerer Nachteil" stellt an die Aussetzung des Vollzugs einer Norm strenge Anforderungen. Eine Außervollzugssetzung ist nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gerechtfertigt, die durch Umstände gekennzeichnet sind, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabweisbar erscheinen lassen.
3. Der bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt noch keinen schweren Nachteil in diesem Sinne dar. Ein schwerer Nachteil, der die Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans rechtfertigt, ist nur dann zu bejahen, wenn die Verwirklichung des angegriffenen Bebauungsplans in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen des jeweiligen Antragstellers konkret erwarten lässt.
VolltextIBRRS 2016, 2406
LG Essen, Beschluss vom 30.06.2016 - 15 S 99/16
1. Es besteht kein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Entfernung von eingebrachter Ausstattung (hier: Regalbretter im Keller), wenn der Zustand der Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses nicht schlüssig dargelegt werden kann.
2. Ein Auszugsübergabeprotokoll ohne Angaben zum Umgang mit vorhandenen Einbauten ist so auszulegen, dass der Vermieter mit dem Verbleib einverstanden war.
3. Es gibt keine prozessuale Regel, dass derjenige, der vermeintlich leichter einen Beweis führen kann, auch dazu verpflichtet ist.
VolltextIBRRS 2016, 2437
BGH, Beschluss vom 19.07.2016 - II ZB 3/16
1. Bei der Prüfung der Frage, ob eine fehlerhafte Fristverlängerung wirksam ist, ist in erster Linie auf den allgemeinen Grundsatz der Wirksamkeit verfahrensfehlerhafter gerichtlicher Entscheidungen sowie insbesondere auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes abzustellen.
2. Die Prozesspartei, der eine beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gewährt worden ist, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die betreffende richterliche Verfügung wirksam ist. Grenzen ergeben sich allerdings aus dem Gebot der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit.
3. Eine Partei kann ein schützenswertes Vertrauen in die Wirksamkeit einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist grundsätzlich nicht bilden, wenn die Verlängerung nach Ablauf der Frist erfolgt und sie bis zu deren Ablauf keinen Antrag gestellt hat. Eine solche Verlängerung ist unwirksam.
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