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Sachgebiet: Vergabe

10763 Entscheidungen insgesamt




Online seit 2022

IBRRS 2022, 1104
VergabeVergabe
Vergaberechtsverstöße führen zum Widerruf der Fördermittel!

BVerwG, Beschluss vom 04.01.2022 - 3 B 14.21

1. Ein Schaden ist keine Voraussetzung für die Ablehnung oder Zurücknahme der vollständigen Förderung. Wird festgestellt, dass der Begünstigte falsche Nachweise vorgelegt hat, um die Förderung zu erhalten, oder er es verabsäumt hat, die erforderlichen Informationen zu liefern, wird die Förderung abgelehnt oder vollständig zurückgenommen.

2. Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein fahrlässiges Handeln hinsichtlich der Nichtlieferung der erforderlichen Informationen, womit das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gemeint ist. Auf zusätzliche kognitive (Kenntnis, dass die Förderung unrechtmäßig ist) und voluntative Elemente (Zweckverfolgung), kommt es nicht an.

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IBRRS 2022, 1032
VergabeVergabe
Abweichung von zwingender Vorgabe des Projektvertrags führt zum Angebotsausschluss!

VK Nordbayern, Beschluss vom 05.08.2021 - RMF-SG21-3194-6-20

1. Im Rahmen der Zulässigkeit sind an die Antragsbefugnis keine allzu hohen Anforderungen geknüpft. Für die Zulässigkeit genügt eine schlüssige Behauptung. Die Rechtsfrage, ob die ASt tatsächlich in ihren Rechten verletzt ist, ist eine Frage der Begründetheit. Sofern wenigstens Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergabeverstoß begründen, darf die ASt aufgrund ihres Wissens subjektiv mögliche bzw. wahrscheinliche Vergabeverstöße behaupten, insbesondere wenn es um solche geht, die ausschließlich der Sphäre des Auftraggebers zuzuordnen sind oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen.*)

2. Die Berücksichtigung einer verfristeten Rüge durch die Vergabekammer von Amts wegen ist nicht möglich. Wenn ein Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht gerügt wird und damit präkludiert ist, kann die Kammer insoweit nicht mehr auf eine Abhilfe hinwirken, da der Antragsteller durch den präkludierten Verstoß auch nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist es zulässig, dass präkludierte Verstöße aufgegriffen werden, nämlich dann, wenn ein so schwerwiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht.*)

3. Gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV sind Angebote von der Wertung auszuschließen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind.*)

4. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist. Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht. Hinsichtlich des Angebots des Bieters ist Maßstab der Auslegung, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte.*)

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IBRRS 2022, 1031
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Sektorenvergabe nur im Rahmen der Sektorentätigkeit!

VK Westfalen, Beschluss vom 21.10.2021 - VK 2-41/21

1. Öffentliche Auftraggeber, die Aufträge nicht im Rahmen ihrer Sektorentätigkeit vergeben, sind dem allgemeinen Vergaberecht unterworfen, selbst wenn sie auch oder vornehmlich eine Sektorentätigkeit ausüben. Eine "Infizierung" aller Tätigkeitsfelder der betreffenden Einheit durch die Sektorentätigkeit findet nicht statt (vgl. EuGH, Urteil vom 10.04.2008 Rs. C-393/06, IBRRS 2008, 1138 = VPRRS 2008, 0102).*)

2. Maßgeblich ist insoweit, ob eine Beschaffung einer in § 102 GWB aufgeführten Tätigkeit im engeren Sinne der Sektorentätigkeit dient (vgl. EuGH, Urteil vom 16.06.2006 - Rs. C-462/03). Es genügt nicht, dass die Dienstleistungen einen positiven Beitrag zu den Tätigkeiten des Auftraggebers leisten und dessen Rentabilität erhöhen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.10.2020 - Rs. C-521/18, IBRRS 2020, 3214 = VPRRS 2020, 0322).*)

3. Vor dem Hintergrund größtmöglichem Wettbewerbs muss zudem die "Janusköpfigkeit" der §§ 100 ff. GWB Berücksichtigung finden. Während die Sektoreneigenschaft einen grundsätzlich vom Vergaberecht befreiten privaten Akteur verpflichtet, eine Ausschreibung unter Berücksichtigung vergaberechtlicher Vorgaben durchzuführen, gewährt die Einordnung einer Tätigkeit als Sektorentätigkeit der öffentlichen Hand erhebliche vergaberechtliche Erleichterungen.*)

4. So soll der private Akteur, der aufgrund seiner Sektorentätigkeit in einem äußerst eng umgrenzten Feld tätig ist, in seiner daraus resultierende Auswahl- und Durchsetzungsmacht bei Vertragsschlüssen mit Dritten "eingehegt" werden. Andererseits soll die öffentliche Hand nur ausnahmsweise die Privilegierung einer "Sektorenvergabe" genießen dürfen.*)

5. Die Festlegung von CPV-Codes im Rahmen einer Ausschreibung durch den Auftraggeber dürfte nicht dazu führen, dass der Vergaberechtsweg verkürzt oder gar aufgehoben wird. Die maßgeblichen CPV-Codes mögen zwar einen Anhaltspunkt bieten, ob besondere vergaberechtlich privilegierte Leistungen Gegenstand einer Ausschreibung sind. Ein Automatismus zur Privilegierung besteht hierdurch freilich nicht. Denn ob es sich um soziale oder andere besondere Dienstleistungen handelt, ist immer auch eine Frage, inwieweit sie aufgrund ihrer Natur nach lediglich eine begrenzte grenzüberschreitende Dimension haben und in einem besonderen Kontext erbracht werden, der sich aufgrund unterschiedlicher kultureller Traditionen in den einzelnen Mitgliedstaaten stark unterschiedlich darstellt.*)

6. Grundsätzlich ist bei langfristigen Bedarfen - insbesondere bei wiederkehrenden Leistungen - eine erhebliche Beschränkung der Vertragslaufzeit unzulässig. Denn hierin wird regelmäßig ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 VgV gesehen, der eine Unterteilung einer Auftragsvergabe in der Absicht, die Bestimmungen des Vergaberechts zu umgehen, sanktioniert. Freilich gibt es Ausnahmekonstellationen, in denen auch kurze Vertragslaufzeiten zulässig sind.*)

7. Jedoch mag ein ungewisser Umstand grundsätzlich nicht dazu führen, dass aufgrund von Unwägbarkeiten kurze Vertragslaufzeiten mit der Konsequenz geschlossen werden, dass die maßgeblichen Aufträge dem Vergaberecht entzogen werden.*)




IBRRS 2022, 1020
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Über Geschmack lässt sich nicht streiten!

VK Westfalen, Beschluss vom 16.03.2022 - VK 2-7/22

1. Im Rahmen der Antragsbefugnis muss der Antragsteller zumindest ansatzweise plausibel darlegen, dass er ohne die beanstandeten Anforderungen ein teilweise anderes, tendenziell chancenreicheres Angebot abgegeben hätte, weil sonst für die Nachprüfungsinstanzen unklar bleibt, inwieweit die gerügten Vergabebedingungen den Antragsteller wirklich beeinträchtigt haben.*)

2. Der Antragsteller ist allerdings nicht verpflichtet, in diesem Fall tatsächlich ein Angebot abzugeben.*)

3. Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Einschätzung, ob die Vorgabe eines bestimmten Herstellers gerechtfertigt ist, ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar.*)

4. Optische Erwägungen liegen - etwa im Unterschied zu technischen Vorgaben - im sprichwörtlichen Auge des Betrachters. Insoweit würdigt die Kammer nicht in ästhetischer Hinsicht. Vielmehr prüft die Kammer die vorgebrachten Erwägungen auf Nachvollziehbarkeit.*)




IBRRS 2022, 1011
Mit Beitrag
VergabeVergabe
BVB dürfen nicht grundlegend von der VOB/B abweichen!

VK Südbayern, Beschluss vom 14.02.2022 - 3194.Z3-3_01-21-44

1. Versucht ein Auftraggeber in einem europaweiten Vergabeverfahren über Bauleistungen entgegen § 8a EU VOB/A 2019 statt der VOB/B ein weitgehend abweichendes vertragliches Regelwerk zur Anwendung zu bringen, kann der Verstoß gegen § 8a EU VOB/A 2019 im Vergabenachprüfungsverfahren geltend gemacht werden, da es sich (auch) um eine vergaberechtliche Norm handelt.*)

2. Eine zivilrechtliche Prüfung von Vertragsklauseln in Form einer AGB-Inhaltskontrolle findet im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht statt.*)

3. Stellt ein Auftraggeber eine mit den derzeit am Markt verfügbaren Produkten nicht erfüllbare technische Spezifikation in der Leistungsbeschreibung auf, muss er sein Abrücken von dieser Spezifikation im Rahmen der Beantwortung einer Bieterfrage klar und eindeutig kommunizieren und zweifelsfrei festlegen, was stattdessen gelten soll. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung nach § 121 Abs. 1 GWB vor.*)




IBRRS 2022, 1017
VergabeVergabe
Erhöhter Koordinierungsaufwand rechtfertigt keine Gesamtvergabe!

VK Westfalen, Beschluss vom 13.08.2021 - VK 3-26/21

1. Sofern für einzelne Leistungsbestandteile ein eigener funktionierender Markt existiert und die Leistungserbringung nicht aus einer Hand erfolgen muss, erfolgt die Beschaffung losweise.*)

2. Die Beantwortung der Frage, ob technische oder wirtschaftliche Gründe es im Sinne des Gesetzes "erfordern", von einer Losbildung abzusehen, setzt eine Bewertung voraus. Dabei steht dem Auftraggeber wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen eine Einschätzungsprärogative zu.*)

3. Die Frage, ob gemäß § 97 Abs. 4 GWB Fachlose zu bilden sind, ist für jede in Betracht kommende Leistung getrennt zu beantworten. Das bedeutet zum einen, dass die "wirtschaftlichen oder technischen Gründe", die die Norm verlangt, sich auf die jeweilige Leistung beziehen müssen, die für eine getrennte Losvergabe in Betracht kommt. Globale, also das gesamte Vorhaben betreffende Überlegungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie auch und gerade die jeweilige Leistung erfassen. Andererseits ist damit auch klar, dass die Entscheidung über die Bildung eines Fachloses für eine bestimmte Leistung keine Aussage darüber trifft, ob auch für andere Leistungen Fachlose zu bilden sind, oder ob der "Rest" des geplanten Projekts einheitlich vergeben werden kann.*)

4. Gründe, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, können grundsätzlich keine Gesamtvergabe rechtfertigen. Die Sicherstellung ausreichender Personalkapazitäten liegt im Verantwortungsbereich des Antragsgegners. Steigende Personalkosten auf Grund von notwendigen Neueinstellungen können daher grundsätzlich keine Gesamtlosvergabe begründen.*)

5. Das Vergaberecht sieht grundsätzlich keine "Flucht ins vergabefreie Privatrecht" vor, indem viele Leistungen "gesamt" an einen Auftragnehmer vergeben werden, damit dieser dann, ohne dem Vergaberecht unterworfen zu sein, die einzelnen Leistungsbestandteile an Nachunternehmer vergibt.*)

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IBRRS 2022, 0941
VergabeVergabe
Entgelt für Erbnießbrauch ist kein "Geschäftsvorgang"!

EuGH, Urteil vom 13.01.2022 - Rs. C-327/20

Der Begriff "Geschäftsverkehr" im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass er nicht den Fall erfasst, dass eine öffentliche Stelle von einem Unternehmen, dessen Gläubigerin diese öffentliche Stelle ist, als Entgelt für den Erbnießbrauch an einem Grundstück eine Gebühr erhebt.*)

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IBRRS 2022, 0860
VergabeVergabe
Keine Vergabesperre für EU-Vergaben aufgrund von Landesrecht!

LG Saarbrücken, Urteil vom 07.01.2021 - 4 O 408/20

1. Fühlt sich ein Bieter im Rahmen eines Vergabeverfahrens im sog. Unterschwellenbereich in seinen Rechten beeinträchtigt, kann er - solange der Zuschlag noch nicht erteilt ist - im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die von ihm angenommene Benachteiligung vorgehen.

2. Ein einstweiliges Verfügungsverfahren ist auch dann zulässig, wenn gegen ein Unternehmen ein genereller Ausschluss von Vergabeverfahren verfügt wird, der in ein dafür eingerichtetes Register eingetragen werden kann.

3. Ein auf ein Landesgesetz gestützter genereller Ausschluss von Vergabeverfahren ist rechtswidrig, wenn das betroffene Unternehmen dadurch auch von Vergabeverfahren im sog. Oberschwellenbereich ausgeschlossen wird.

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IBRRS 2022, 0911
Mit Beitrag
VergabeVergabe
"Vermittlungszentrale" ist keine Vergabestelle!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.02.2022 - 11 Verg 8/21

1. Die Ausschreibung eines Rahmenvertrags, durch den sich ein privater Dienstleister gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, eine Vermittlungszentrale für hoheitlich veranlasste Abschleppdienstleistungen zu betreiben, verstößt gegen § 97 Abs. 1 GWB, wenn der private Dienstleister ein Vermittlungsregister für Abschleppunternehmen führen soll und wenn er insoweit Auswahlentscheidungen treffen muss (und darf), die ausschließlich dem öffentlichen Auftraggeber obliegen. Dies gilt auch dann, wenn die Vermittlungszentrale bei der Beauftragung der registrierten Abschleppunternehmen strikt nach einem von vorneherein festgelegten Reihum-Verfahren vorgehen muss.*)

2. Wenn der Ausschreibung ein fehlerhaftes Verständnis von der Zulässigkeit der Delegation von Vergabeentscheidungen zu Grunde liegt und deshalb bei Fortbestand der Beschaffungsabsicht eine Neuorientierung der Aufgabenstellung der Vermittlungszentrale notwendig wird, dann ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht zu beanstanden.*)




IBRRS 2022, 0875
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Produktangaben in Angeboten sind wörtlich zu nehmen!

OLG Schleswig, Beschluss vom 28.04.2021 - 54 Verg 2/21

1. Eine zum zwingenden Ausschluss des Angebots führende Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht. Das gilt auch, wenn die betroffene Position wirtschaftlich unbedeutend ist.

2. Der Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt nicht in Betracht. Etwaige Unklarheiten sind im Wege der Aufklärung zu beseitigen.

3. Produktangaben in Angeboten sind wörtlich zu nehmen, wenn sie eindeutig sind. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahin, dass ein Bieter nur das anbieten will, was in der Ausschreibung gefordert ist.




IBRRS 2022, 0872
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergabeunterlagen unklar: Kein Ausschluss widersprüchlicher Angebote!

VK Westfalen, Beschluss vom 17.12.2021 - VK 2-47/21

1. Jeder Angebotsausschluss ist eine wettbewerbsbeschränkende Maßnahme, für die es einen triftigen Grund geben muss. Die Kehrseite eines jeden auf eine wie auch immer rechtlich zu qualifizierende Diskrepanz zwischen Vergabeunterlagen und Angebot gestützten Angebotsausschlusses ist das Erfordernis einer eindeutigen und unmissverständlichen Vorgabe des Auftraggebers.

2. Die Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. Dass die Bieter die Vergabeunterlagen auslegen müssen, macht diese als solches nicht vergaberechtswidrig.

3. In vergaberechtswidriger Weise nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen erst dann, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben.

4. Kommen nach einer Auslegung der Vergabeunterlagen mehrere Verständnismöglichkeiten in Betracht oder können Unklarheiten oder Widersprüche nicht aufgelöst werden, geht dies zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.




IBRRS 2022, 0859
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Bewachungsdienstleistungen sind weder sozial noch besonders!

VK Westfalen, Beschluss vom 29.11.2021 - VK 1-43/21

1. Sicherheitsdienstleistungen für Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte sind weder soziale noch besondere Dienstleistungen i.S.v. § 130 Abs. 1 GWB.

2. Die Wahl der falschen Verfahrensart stellt einen Vergabeverstoß dar, der der Beendigung des Verfahrens durch Zuschlagserteilung grundsätzlich entgegensteht.

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IBRRS 2022, 0849
VergabeVergabe
Alte Referenzen sind keine Referenzen!

VK Westfalen, Beschluss vom 14.07.2021 - VK 2-20/21

1. Die Eignungskriterien und damit auch die hierfür vorzulegenden Nachweise sind in der Bekanntmachung aufzuführen.

2. Fordert der Auftraggeber die Vorlage von Referenzen, die nicht älter als drei Jahre sind und die sich auf die Leistungserbringung im laufenden Krankenhausbetrieb beziehen, und legt ein Bieter Referenzen vor, die entweder älter als drei Jahre sind oder die keine Referenzen über die Leistungserbringung im laufenden Krankenhausbetrieb sind, verfügt er über die keine aufgestellten Mindestanforderungen erfüllenden Nachweise.

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IBRRS 2022, 0831
VergabeVergabe
Preiserläuterung ist keine Änderung an den Vergabeunterlagen!

VK Westfalen, Beschluss vom 09.02.2022 - VK 2-59/21

1. Der öffentliche Auftraggeber kann Kalkulationsvorgabe aufstellen. Diese schränken zwar die Kalkulationsfreiheit der Bieter ein und kanalisieren in gewissem Umfang den Preiswettbewerb, beruhen jedoch auf der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers.

2. Wie sonstige Festlegungen des Auftraggebers unterliegen sie dem Gebot der Eindeutigkeit und Bestimmtheit.

3. Eine auf Nachfrage des Auftraggebers vorgenommene Erläuterung zur Kalkulation des Einheitspreises ändert - anders als dies bei einer Erläuterung zur Leistungserbringung der Fall sein kann - den Angebotsinhalt nicht.

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IBRRS 2022, 0799
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Zurechnung früherer Referenzen zu neuem Unternehmen setzt Personenidentität voraus!

VK Bund, Beschluss vom 27.01.2022 - VK 2-137/21

1. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen auch einhalten werden. Vielmehr darf er sich auch ohne Überprüfung auf die Leistungsversprechen der Bieter verlassen.

2. Eine Überprüfungspflicht des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich nur dann, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen. In diesen Fällen muss der öffentliche Auftraggeber bereit und in der Lage sein, das Leistungsversprechen der Bieter effektiv zu verifizieren.

3. Der Vorauftragnehmer und unterlegene Bieters kann sich nicht auf urheberrechtliche Schutzrechte (hier: an einer Software) berufen, wenn er das dauerhafte Nutzungsrecht daran auf den Auftraggeber übertragen hat.

4. Ein Wettbewerb durch sog. Newcomer, die aus früherer Tätigkeit ihrer Mitarbeiter bei einem anderen Unternehmen erworbenes Know-how mitbringen, ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber dies explizit zugelassen hat.

5. Für die Zurechnung früherer Referenzen zu einem neuen Unternehmen ist erforderlich, dass eine weitgehende Identität zwischen den Personen, die für die Referenzaufträge zuständig waren und den Mitarbeitern in den neu gegründeten Unternehmen festgestellt werden kann.




IBRRS 2022, 0772
VergabeVergabe
Europarecht ist keine Allzweckwaffe!

EuGH, Urteil vom 21.12.2021 - Rs. C-497/20

Art. 4 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 1 EUV sowie Art. 1 Abs. 1 und 3 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sind im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die der nationalen Rechtsprechung zufolge bewirkt, dass Einzelne, wie etwa Bieter, die an einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge teilgenommen haben, ein Urteil des obersten Verwaltungsgerichts dieses Mitgliedstaats im Rahmen einer Beschwerde vor dem obersten ordentlichen Gericht dieses Mitgliedstaats nicht mit der Begründung anfechten können, dass dieses Urteil mit dem Unionsrecht unvereinbar sei.*)

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IBRRS 2022, 0768
VergabeVergabe
Trotz Kartellverstoßes: Kein Schadensersatz ohne Schaden!

LG Leipzig, Urteil vom 03.11.2021 - 5 O 2042/20

1. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Kartellverstoßes setzt voraus, dass dem Auftraggeber ein Schaden entstanden ist.

2. Mangels eines hinreichenden typischen Sachverhalts, aus dem sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf einen kartellbedingten Preiseffekt schließen lässt, ist kein Anscheinsbeweis für einen dem Auftraggeber entstandenen Schaden anzunehmen.

3. Die Feststellung, ob der Preis, den ein an einer Kartellabsprache beteiligtes Unternehmen mit einem Abnehmer vereinbart, höher ist als es ohne Kartellabsprache wäre oder ob diese Kartellabsprache das allgemeine Preisniveau angehoben hat, ist im Einzelfall zu treffen.

4. Alleine aus dem Inhalt eines Bußgeldbescheids der EU-Kommission ergibt sich keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die gegenständlichen Kartellrechtsverstöße im Rahmen der einzelnen Beschaffungsvorgänge in preisrelevanter Weise auch umgesetzt worden sind.

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IBRRS 2022, 0752
VergabeVergabe
Schaden nicht nachgewiesen: Kein Anspruch auf Schadensersatz!

EuG, Urteil vom 26.01.2022 - Rs. T-849/19

1. Die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV von mehreren Voraussetzungen abhängig ist: Das dem Organ vorgeworfene Verhalten muss rechtswidrig sein, es muss ein Schaden eingetreten sein, und zwischen dem Verhalten und dem behaupteten Schaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen.

2. Die Klage ist insgesamt abzuweisen ist, ohne dass die übrigen Voraussetzungen dieser Haftung geprüft werden müssen, wenn eine dieser Voraussetzungen nicht vorliegt.

3. Der Kläger muss einen "tatsächlichen und sicheren" Schaden erlitten haben. Er hat Beweise zum Nachweis des Vorliegens und des Umfangs eines solchen Schadens vorzulegen.

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IBRRS 2022, 0733
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vertragsverlängerung ist wesentliche Änderung!

OLG Schleswig, Beschluss vom 09.12.2021 - 54 Verg 8/21

1. Ein öffentlicher Auftrag ist von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der EU vergeben hat, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist.

2. Die Unwirksamkeit betrifft auch wesentliche Vertragsänderungen bei einem entsprechenden öffentlichen Auftrag. Eine wesentliche Änderung eines öffentlichen Auftrags darf nicht freihändig vorgenommen werden, sondern muss zu einem neuen Vergabeverfahren über den geänderten Auftrag führen.

3. Die Verlängerung von Verträgen mit befristeter Laufzeit ist bei Verträgen, bei denen das Zeitmoment ein wesentliches Element der geschuldeten Leistung ist, bei einer erheblichen Ausweitung des Leistungsvolumens als eine wesentliche Vertragsänderung und damit als neuer Beschaffungsvorgang zu werten.




IBRRS 2022, 0716
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Grundstücksverkauf via öffentlicher Ausschreibung: Zivilgerichte zuständig!

VGH Bayern, Beschluss vom 01.02.2022 - 22 C 21.2470

1. Wählt eine Gemeinde für einen Grundstücksverkauf freiwillig den Weg einer öffentlichen Ausschreibung, entsteht zwischen ihr und den Teilnehmern ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, das sie zu Gleichbehandlung der Teilnehmer, Transparenz und Rücksichtnahme verpflichtet.

2. Das vorvertragliche Rechtsverhältnis dient der Anbahnung eines möglichen Kaufvertragsabschlusses, der sich nach Privatrecht richtet. Das vorvertragliche Rechtsverhältnis ist daher ebenso wie etwaige daraus abzuleitende Pflichten und Rechte grundsätzlich dem bürgerlichen Recht zuzuordnen.

3. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen dann in Betracht, wenn dem "Vergabeverfahren" trotz der per se privatrechtlichen Abwicklung eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Entscheidungsstufe vorgeschaltet ist oder das Rechtsverhältnis aus anderen Gründen öffentlich-rechtlich überlagert wird.

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IBRRS 2022, 0700
VergabeVergabe
Angebot eines Mitbewerbers zulässig: Frist für Nachprüfungsantrag des Zuschlagsprätendenten?

EuGH, Urteil vom 24.02.2022 - Rs. C-532/20

Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 4 und Abs. 3 sowie Art. 2c der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25.02.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser , Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Frist, innerhalb deren der Zuschlagsempfänger eines Auftrags einen Antrag auf Nachprüfung einer Entscheidung der Vergabestelle, mit der im Rahmen der Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags das Angebot eines abgelehnten Bieters für zulässig erklärt wurde, stellen kann, in Bezug auf den Zeitpunkt des Eingangs dieser Vergabeentscheidung beim Zuschlagsempfänger berechnet werden kann, auch wenn der Bieter zu diesem Zeitpunkt keinen oder noch keinen Antrag auf Nachprüfung dieser Entscheidung gestellt hatte. Wurde dem Zuschlagsempfänger bei der Mitteilung oder Veröffentlichung dieser Entscheidung eine Zusammenfassung ihrer einschlägigen Gründe - wie die Informationen über die Modalitäten der Bewertung dieses Angebots - nicht gemäß Art. 2c dieser Richtlinie zur Kenntnis gebracht, ist diese Frist hingegen in Bezug auf den Zeitpunkt der Mitteilung einer solchen Zusammenfassung an diesen Zuschlagsempfänger zu berechnen.*)

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IBRRS 2022, 0684
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Aufhebung setzt Verhältnismäßigkeitsprüfung voraus!

VK Lüneburg, Beschluss vom 19.07.2021 - VgK-24/2021

1. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben, wenn "andere schwer wiegende Gründe" bestehen.

2. Für das Vorliegen eines schwer wiegenden Grunds bedarf es einer umfassenden und alle für die Aufhebungsentscheidung maßgeblichen Umstände berücksichtigenden Interessenabwägung der jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall.

3. Der Auftraggeber, der im laufenden Vergabeverfahren, erst recht nach (finaler) Angebotsabgabe das Vergabeverfahren aufhebt, greift in ein vorvertragliches Rechtsverhältnis zwischen ihm und den Anbietern ein. Er ist daher verpflichtet, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

4. Der Auftraggeber hat jeden erwogenen Eingriff darauf zu prüfen, ob er geeignet ist, den Mangel abzustellen. Er hat unter den geeigneten Eingriffen den Eingriff mit der geringsten Eingriffstiefe auszuwählen und er hat darüber hinaus eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, ob der nach den obigen Kriterien ausgewählte Eingriff sich angesichts des geltend gemachten Vergabeverstoßes nicht als unverhältnismäßig erweist.

5. Eine Aufhebung ist gerechtfertigt, wenn die Vergabeunterlagen deutlich zu überarbeiten sind und die Zurückversetzung der Aufhebung gleichkommt.




IBRRS 2022, 0660
Mit Beitrag
VergabeVergabe
0,00 Euro-Preise sind nicht die geforderten Preise!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.04.2021 - 1 VK 12/21

1. Jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis ist so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird.

2. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise.

3. 0,00 Euro-Preise fehlen nicht und können daher nicht nachgefordert werden.




IBRRS 2022, 0659
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Auftragswertschätzung?

OLG Koblenz, Beschluss vom 01.09.2021 - Verg 1/21

1. Ob der Auftragswert den maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet, ist vom öffentlichen Auftraggeber durch eine Schätzung zu ermitteln.

2. Die Kostenschätzung ist als ein der eigentlichen Ausschreibung vorgeschalteter Vorgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet; sie kann daher nicht an den gleichen Maßstäben wie das Angebot der Teilnehmer am Ausschreibungsverfahren gemessen werden. Sie ist eine Prognose, die dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise erarbeitet wurde.

3. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts zudem eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert. Der Auftraggeber muss eine Methode wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lässt, und der Schätzung zutreffende Daten zu Grunde legen.

4. Pflichtgemäß geschätzt ist ein Auftragswert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der geplanten Beschaffung veranschlagen würde.

5. Ein Unternehmen, das die Möglichkeit hatte, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, muss nicht vorab die unterlassene europaweite Bekanntmachung bei einer De-facto-Vergabe rügen.




IBRRS 2022, 0594
VergabeVergabe
Kosten der Nachprüfung unterhalb der Schwellenwerte erfolgt nach Veranlasserprinzip!

OLG Naumburg, Beschluss vom 30.10.2020 - 7 U 47/20

1. Die Erhebung von Kosten der Nachprüfung eines Vergabeverfahrens unterhalb der sog. Schwellenwerte i.S.v. § 106 GWB erfolgt nach § 19 Abs. 5 Satz 1 und 4 LVG-SA nach dem Veranlasserprinzip, wie es auch in § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 VwKostG-SA normiert ist.*)

2. Bleibt die Nachprüfung durch die Vergabekammer erfolglos, so kann die Erhebung von Kosten im Nachprüfungsverfahren nur mit Erfolg angegriffen werden, wenn es an einer Beanstandung eines Teilnehmers des Vergabeverfahrens i.S.v. § 19 Abs. 2 LVG-SA fehlte.*)

3. Die nach § 19 Abs. 3 LVG-SA eingerichtete (3.) Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt ist auch zur Nachprüfung von vermeintlichen Vergaberechtsverstößen ermächtigt, die sich nicht aus einer Vorabinformation nach § 19 Abs. 1 LVG-SA ergeben, und insbesondere zur Nachprüfung der Wirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit einer Aufhebung der Ausschreibung.*)

4. Auch wenn das Nachprüfungsverfahren des § 19 Abs. 2 LVG-SA dem Primärrechtsschutz des Auftragsinteressenten dient, der durch einen Vergaberechtsverstoß des öffentlichen Auftraggebers in seinen Zuschlagschancen beeinträchtigt wird, ist es seiner rechtlichen Ausgestaltung nach ein spezifisches Verfahren der Rechtsaufsicht.*)

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IBRRS 2022, 0593
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Bauverfahren weicht von Amtsentwurfs ab: Keine Wertung als Nebenangebot!

VK Nordbayern, Beschluss vom 21.12.2021 - RMF-SG21-3194-6-42

1. Weicht die Ausführungsvariante eines Bieters von den Vorgaben des Amtsentwurfs ab, ist dies als Hauptangebot unzulässig. Das Angebot ist wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen nach § 16 EU Nr. 2 VOB/A 2019 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2019 auszuschließen.*)

2. Das Verbot von Änderungen an den Verdingungsunterlagen trägt dem Umstand Rechnung, dass ein echter fairer Wettbewerb nach Angeboten verlangt, die vergleichbar sind. Dies ist nur dann sichergestellt, wenn die Angebote den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Bedingungen entsprechen, die der Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen bestimmt hat, und zu denen er den Vertrag abschließen möchte.*)

3. Zur Ermittlung, ob eine Änderung an den Vergabeunterlagen vorliegt, muss der Inhalt der Vergabeunterlagen bestimmt werden, der mit dem Inhalt des Angebots verglichen wird. Der Inhalt der Vergabeunterlagen ist aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, auszulegen.*)

4. Ein Angebot kann als Nebenangebot nicht gewertet werden, wenn es die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt. Nach § 13 EU Abs. 3 Satz 2 VOB/A 2019 müssen Nebenangebote auf besonderer Anlage erstellt und als solche deutlich gekennzeichnet werden. Nach § 16 EU Nr. 7 VOB/A 2019 sind Nebenangebote auszuschließen, die dem § 13 EU Abs. 3 Satz 2 VOB/A 2019 nicht entsprechen.*)

5. Die Gleichwertigkeit muss mit dem Nebenangebot nachgewiesen werden. Der Bieter hat hierzu die in Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Soweit der Bieter eine Leistung anbietet, deren Ausführung nicht in den Verdingungsunterlagen geregelt ist, hat er im Angebot entsprechende Angaben über die Ausführung dieser Leistung zu machen.*)




IBRRS 2022, 0589
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Sachfremde Erwägungen = fehlerhafte Wertung!

VK Nordbayern, Beschluss vom 22.10.2021 - RMF-SG21-3194-6-23

1. Dokumentierte sachfremde Erwägungen eines Jurors betreffend die Präsentation eines Bieters stellen eine fehlerhafte Wertung der Präsentation dar und nicht nur eine unzureichende Dokumentation des Wertungsvorgangs.*)

2. Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gem. § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB ist das Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses. Das notwendige Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern. Ein solches Feststellungsinteresse kann gegeben sein, wenn der Antrag der Vorbereitung einer Schadensersatzforderung dient, eine hinreichend konkrete, an objektiven Anhaltspunkten festzumachende Wiederholungsgefahr besteht oder die Feststellung zur Rehabilitierung des Bieters erforderlich ist, weil der angegriffenen Entscheidung ein diskriminierender Charakter zukommt. Das Feststellungsinteresse ist mit der Umstellung der ursprünglichen Anträge auf den Feststellungsantrag explizit zu begründen.*)




IBRRS 2022, 0578
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Leistungsbeschreibung muss vernünftige Kalkulation ermöglichen!

VK Berlin, Beschluss vom 09.06.2021 - VK B 1-12/20

1. Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig, wenn die Bieter sie ohne große Auslegungsbemühungen verstehen können. Die Vergabeunterlagen müssen so gefasst sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter diese bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können.

2. Die Leistung muss derart erschöpfend beschrieben sein, dass sie alle preisrelevanten Faktoren beinhaltet, mithin Art und Zweck der Leistung, die erforderlichen Teilleistungen, Funktions- und Leistungsanforderungen sowie die Bedingungen, Umstände und sonstigen Anforderungen.

3. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Leistungsbeschreibung so auszugestalten, dass eine vernünftige Kalkulation und die Abgabe vergleichbarer Angebote ermöglicht werden. Eine Grenze bildet insoweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und findet sich im Mach- und Zumutbaren.

4. Auch wenn die vergaberechtlichen Regelungen nicht mehr das Verbot der Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses beinhalten, muss die Leistungsbeschreibung dem Bieter gleichwohl eine vernünftige kaufmännische Kalkulation ermöglichen.

5. Vergaberechtlich nicht zu beanstanden ist es, wenn der Auftraggeber den Bietern die Beschaffung von Informationen überlässt, sofern sich Bieter mit geringem Aufwand fehlende Daten selbst beschaffen können und die Vergleichbarkeit der Angebote bei einer solchen Vorgehensweise nicht gefährdet ist.

6. Eine Aufhebung aus anderen schwerwiegenden Gründen ist nur rechtmäßig, sofern nachträgliche, nicht vorhersehbare oder anfängliche, bei pflichtgemäßer Sorgfalt nicht erkennbare Umstände vorliegen.

7. Dokumentationsmängel stellen keine schwerwiegenden, zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigenden Gründe dar. Wenn der Auftraggeber die Aufhebung des Vergabeverfahrens selbst schuldhaft herbeiführt, liegt eine rechtswidrige Aufhebung vor.




IBRRS 2022, 0550
Mit Beitrag
VergabeVergabe
„Geschlossene EU-Lieferkette" verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2021 - Verg 54/20

1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll, gebietet, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, was voraussetzt, dass die Angebote aller Wettbewerber den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen.

2. Eine Differenzierung nach Herkunftsstaaten, bei denen Bieter, die in bestimmten Herkunftsstaaten produzieren, einen Wirtschaftlichkeitsbonus erhalten, der anderen Bietern allein wegen ihrer Fertigung in einem nicht privilegierten Staat vorenthalten wird, begegnet grundlegenden Bedenken, weil diese Bieter nicht den gleichen Bedingungen unterworfen sind.

3. Eine Ungleichbehandlung allein wegen des Herkunftsstaates gestatten - von einigen Ausnahmen abgesehen - weder das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen noch die für dessen Auslegung relevanten europäischen Richtlinien.




IBRRS 2022, 0567
VergabeVergabe
Finanzierung des Vorhabens der Querung des Fehmarnbelts zwischen DNK und DE

EuGH, Urteil vom 06.10.2021 - C-174/19 P

ohne amtlichen Leitsatz

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IBRRS 2022, 0541
VergabeVergabe
Auch im offenen Verfahren können qualitative Mindeststandards vorgegeben werden!

VK Bund, Beschluss vom 21.01.2022 - VK 2-131/21

1. Auch bei einem offenen Verfahren ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen.

2. Ein Angebot, das die Mindestpunktzahl nicht erreicht, entspricht grundsätzlich nicht den Bedürfnissen des öffentlichen Auftraggebers und muss bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots nicht berücksichtigt werden.

3. Hat der Auftraggeber für die Konzeptbewertung ein Wertungssystem nach Schulnoten aufgestellt, kann er nicht sämtliche denkbaren konzeptionellen Lösungsansätze der Bieter vorhersehen und abstrakt vorab bewerten. Dementsprechend sind das Wertungssystem bzw. die Vorgaben, unter welchen konkreten Bedingungen ein Konzept mit welcher Note zu bewerten ist, zwangsweise nicht abschließend bestimmt.

4. Dass ein Wertungskriterium keinen Bezug zum Auftragsgegenstand hat, ist ein für einen durchschnittlichen Bieter erkennbarer Vergaberechtsverstoß, der rechtzeitig gerügt werden muss, um zulässiger Gegenstand im Nachprüfungsverfahren zu sein.

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IBRRS 2022, 0207
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Finanzielle Situation unklar: Insolventer Bieter kann ausgeschlossen werden!

VK Lüneburg, Beschluss vom 27.08.2021 - VgK-32/2021

1. Öffentliche Aufträge werden an geeignete Unternehmen vergeben. Geeignet sind sie, wenn sie fachkundig und leistungsfähig und nicht ausgeschlossen worden sind.

2. Die Vorschrift des § 124 GWB enthält Ausschlussgründe, die in erster Linie die Zuverlässigkeit eines Bieters oder Bewerbers, aber auch die Leistungsfähigkeit bzw. besondere Situationen, in der sich der Bieter oder Bewerber befindet, betreffen.

3. Im Gegensatz zu den zwingenden Ausschlussgründen in § 123 GWB enthält § 124 GWB eine Auflistung von Tatbeständen, bei deren Vorliegen ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden kann. Es handelt sich um fakultative Ausschlussgründe, so dass der Auftraggeber ein Unternehmen ausschließen kann, wenn ein solcher Ausschlussgrund gegeben ist. Das Vorliegen eines Ausschlusstatbestands indiziert jedoch nicht automatisch den Ausschluss.

4. Wird über das Vermögen eines Bieters das Insolvenzverfahren eröffnet und ist es dem Auftraggeber im Ergebnis nicht möglich, eine positive Prognose zur finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters zu stellen, weil der Bieter widersprüchliche Angaben zu den Umsätzen und zur finanziellen Situation des Inhaberbetriebs nicht zur hinreichenden Gewissheit des Antragsgegners aufklären kann, darf der Auftraggeber den Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen.




IBRRS 2022, 0524
VergabeVergabe
Preisabstand unter 20%: Keine Pflicht zur Preisprüfung!

VK Bund, Beschluss vom 20.01.2022 - VK 2-135/21

1. Es bedarf einer Preisprüfung durch den öffentlichen Auftraggeber, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung dem Auftraggeber ungewöhnlich niedrig erscheinen.

2. Hierfür ist das Überschreiten einer Aufgreifschwelle erforderlich, um den Auftraggeber zu einer entsprechenden Preisaufklärung zu veranlassen. Denn grundsätzlich sind - auch deutliche - Preisabstände zwischen Angeboten einem Vergabewettbewerb immanent.

3. Eine Preisprüfung kommt daher nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine Unauskömmlichkeit bestehen, was der Fall ist, wenn sich einzelne Angebote erheblich von anderen Angeboten oder von der Kostenschätzung des Auftraggebers absetzen. Die Aufgreifschwelle liegt bei einem Abstand von mindestens 20% des betroffenen zum nächsthöheren Angebot.

4. Einen durchschnittlich fachkundigen Bieter als Rahmenvertragspartner des Auftraggebers kann ohne Weiteres nach Kenntnisnahme der Angebotsaufforderung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erkennen, dass er für ein konkretes Angebot anderen kalkulationsrelevanten Vorgaben zu folgen hat, als im Verfahrensleitfaden gemäß Rahmenvereinbarung festgelegt worden ist, und dies rügen.

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IBRRS 2022, 0509
VergabeVergabe
Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein!

OLG Schleswig, Beschluss vom 28.10.2021 - 54 Verg 5/21

1. Die Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein und für die Bieter bzw. die Bewerber muss eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, was von ihnen verlangt wird.

2. Für die Frage, welcher Erklärungswert dem Inhalt von Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen zu entscheiden und dabei auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, abzustellen.

3. Entscheidend ist die Verständnismöglichkeit aus der Perspektive eines verständigen und mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Unternehmens, das über das für eine Angebotsabgabe oder die Abgabe eines Teilnahmeantrags erforderliche Fachwissen verfügt.

4. Der Begriff des Dienstleistungsauftrags ist ein lediglich im (öffentlichen) Vergaberecht verwendeter Begriff. Daher kann ein verständiger Bieter im Kontext der Auftragsbekanntmachung unter dem Begriff des "Dienstleistungsauftrags" lediglich einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag annehmen.

5. ...

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IBRRS 2022, 0496
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Rahmenvertrag wegen Insolvenz übertragen: Wesentliche Vertragsänderung?

EuGH, Urteil vom 03.02.2022 - Rs. C-461/20

Art. 72 Abs. 1 d Ziff. ii Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass bei einem Wirtschaftsteilnehmer, der - nachdem über das Vermögen des ursprünglichen Auftragnehmers das zu dessen Abwicklung führende Konkursverfahren eröffnet wurde - lediglich diejenigen Rechte und Pflichten des ursprünglichen Auftragnehmers übernommen hat, die sich aus einer mit einem öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, davon auszugehen ist, dass er im Sinne dieser Bestimmung im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle des genannten ursprünglichen Auftragnehmers getreten ist.*)




IBRRS 2022, 0488
VergabeVergabe
Auftraggeber muss keine bestimmten Eignungskriterien vorgeben!

VK Bund, Beschluss vom 08.12.2021 - VK 1-122/21

1. Ein Unternehmen ist geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten Kriterien erfüllt.

2. Die Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung aufzuführen.

3. Zwar müssen die Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Eine Erweiterung/Verschärfung der Eignungsanforderungen unter Verweis auf den konkreten Leistungsgegenstand ist jedoch nicht zulässig.

4. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gezwungen, bestimmte Eignungskriterien vorzugeben. Es ist ihm grundsätzlich freigestellt, anhand welcher Kriterien er die Eignung prüfen möchte und welche Nachweise er insoweit fordert.

5. Zum Zwecke der Erweiterung des Bewerberfeldes kann der Auftraggeber davon absehen, möglichst viele oder umfassende Zertifizierungen etc. zu verlangen und sich stattdessen bei der Eignungsprüfung z. B. eher auf Referenzen vergleichbarer Aufträge zu stützen.

6. Das Fehlen eines bestimmten Zertifikats bedeutet nicht automatisch, dass die entsprechende Leistung durch einen Bieter nicht sachgerecht erbracht werden wird.

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IBRRS 2022, 0461
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Konzeptbewertung ist detailliert zu dokumentieren!

VK Lüneburg, Beschluss vom 18.06.2021 - VgK-17/2021

1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.

2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine Bewertungsmethode festgelegt, bekannt gemacht und angewendet wird, nach der das Angebot, das im Vergleich zu den anderen Angeboten die Erwartungen des Auftraggebers am besten erfüllt, die Maximalpunktzahl beim jeweiligen Unterkriterium erhält. Eine relative Bewertungsmethode ist als solche zulässig.

3. Der öffentliche Auftraggeber muss aber nach Eröffnung der Angebote seine maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten Details des jeweiligen Konzepts ausschlaggebend für die Punktevergabe gewesen sind. Die Begründung muss dazu alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des Auftraggebers nachvollziehen zu können.

4. ...




IBRRS 2022, 0452
VergabeVergabe
Vertrag auf ein Unternehmen "zugeschnitten": Wann ist das Nachprüfungsverfahren zulässig?

VK Bund, Beschluss vom 02.12.2021 - VK 1-104/21

1. Die Geltendmachung der Unwirksamkeitsfeststellung im Rahmen des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens setzt einen zulässigen Nachprüfungsantrag voraus. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der antragstellende Bieter kein eigenes Interesse am Auftrag geltend machen kann.

2. Wird ein öffentlicher Auftrag zulässiger Weise auf ein bestimmtes Unternehmen "zugeschnitten" und der Vertrag mit diesem Unternehmen ohne vorgeschaltetes Vergabeverfahren geschlossen, muss der Antragsteller plausibel darlegen, dass er sich im Fall einer vorherigen Bekanntmachung auf diesen Auftrag beworben hätte.

3. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht dazu verpflichtet, im Rahmen der Beschaffung von IT-Supportdienstleistungen die Beschaffung anderer Software in Betracht zu ziehen.

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IBRRS 2022, 0416
VergabeVergabe
Im Vorabgestattungsverfahren unterlegen: Auftraggeber muss Kosten tragen!

VK Berlin, Beschluss vom 05.01.2022 - VK B 2-8/21

1. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, ist das Verfahren einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt bei einer Rücknahme des Antrags vor einer Entscheidung der Vergabekammer nach billigem Ermessen.

2. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens in der Hauptsache aufzuerlegen, wenn er bei summarischer Prüfung voraussichtlich unterlegen wäre. Dem Antragsteller sind die Kosten aber auch aufzuerlegen, wenn er sich durch die erfolgte Rücknahme des Nachprüfungsantrags bei unveränderter Sachlage freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat.

3. Dem Auftraggeber sind hingegen die durch das Vorabgestattungsverfahren verursachten Kosten aufzuerlegen, über die als Teil des Nachprüfungsverfahrens mit der Hauptsache zu entscheiden ist, wenn er mit seinem Vorabgestattungsantrag unterlegen ist, sodass es einer gesonderten Ausweisung der dadurch verursachten Kosten bedarf.

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IBRRS 2022, 0417
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auftraggeber darf abgegebenem Leistungsversprechen vertrauen!

VK Bund, Beschluss vom 22.12.2021 - VK 2-125/21

1. Der Auftraggeber darf bei einem Fachunternehmen auf das mit dem Angebot abgegebene Leistungsversprechen, den Auftrag nach den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses auszuführen, vertrauen.

2. Selbst wenn das Standardprodukt eines Bieters bestimmte Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllt, ist eine individuelle Anpassung an die Vorgaben des konkreten Auftrags durch ein Fachunternehmen zur anforderungskonformen Leistungserbringung möglich.

3. Kennt ein Bieter die Produktpalette der Konkurrenz und ist er deshalb der Meinung, das Angebot eines Mitwerbers könne nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses entsprechen, ist seine diesbezügliche Rüge kein "Schuss ins Blaue".

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IBRRS 2022, 0412
VergabeVergabe
Auftraggeber setzt Vergabeverfahren zurück: Wer trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens?

VK Berlin, Beschluss vom 12.11.2021 - VK B 2-60/20

1. Wer die Kosten bei einer Erledigung des Antrags vor einer Entscheidung der Vergabekammer zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen.

2. Begibt sich der Auftraggeber durch eine erfolgte Abhilfeentscheidung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen, entspricht es billigem Ermessen, ihm und dem Beigeladenen die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen, wenn der Beigeladene die Abänderung der Auswahlentscheidung durch den Auftraggeber ohne Gegenvortrag hingenommen und insoweit auch kein eigenes Nachprüfungsverfahren angestrengt hat.

3. Dass der ursprünglich beigeladene Bieter während des Nachprüfungsverfahrens als Gesellschaft erloschen ist, hindert nicht die Fortsetzung und den Abschluss des Nachprüfungsverfahrens.

4. Aufgrund der offenbaren Unrichtigkeit ist das Rubrum von Amts wegen dahingehend zu berichtigen, dass es nunmehr der Rechtsnachfolger der erloschenen Gesellschaft ausweist.

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IBRRS 2022, 0413
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb: Zuschlag trotz fehlerhafter Bieterauswahl wirksam!

BayObLG, Beschluss vom 20.01.2022 - Verg 7/21

1. Durfte die Vergabestelle einen Auftrag in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb und somit ohne europaweite Bekanntmachung vergeben, da ein Fall der äußersten Dringlichkeit i.S.d. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV vorlag und hat sie für einen ausreichenden Wettbewerb gesorgt, indem sie (mindestens) drei Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert hat, führt die bloße fehlerhafte Auswahl der Bieter nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB.*)

2. In einem solchen Fall kann die Nachprüfungsinstanz entsprechend § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB als Minus zum Antrag auf Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrags feststellen, dass der Antragsteller, der sich zulässigerweise mit einem Nachprüfungsantrag gegen den erteilten Zuschlag gewandt hat, durch die fehlerhafte Bieterauswahl in seinen Rechten verletzt ist.*)




IBRRS 2021, 3686
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergaberechtsberatung nur gemäß Rechtsdienstleistungsgesetz!

LG Magdeburg, Urteil vom 15.09.2021 - 7 O 1109/21

1. Die Begleitung von Vergabeverfahren durch Rechtsanwendung ist von der Rechtsberatung in Vergaberechtsfragen abzugrenzen.

2. Die Zulässigkeit von Rechtsberatung in Vergabeverfahren richtet sich nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz und den hiermit verbundenen Öffnungsklauseln.

3. Auftragsberatungsstellen von Kammern dürfen Leistungen für Vergabeverfahren nur anbieten oder sich um diese bewerben, soweit dies vom gesetzlichen Auftrag gedeckt ist.




IBRRS 2022, 0211
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Mindestens „Wettbewerb light“ muss sein!

OLG Rostock, Beschluss vom 11.11.2021 - 17 Verg 4/21

Auch in den Fällen der sog. Notvergabe gem. § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV hat der öffentliche Auftraggeber so viel Wettbewerb wie jeweils möglich sicherzustellen; er muss daher regelmäßig mehrere Angebote einholen und so mindestens "Wettbewerb light" initiieren. Tut er dies nicht, liegt ein Ermessensfehler vor. Der solchermaßen ermessensfehlerhaft ohne jeden Wettbewerb dem einzig angesprochenen Bieter erteilte Direktauftrag ist gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam (Festhaltung an dem Senatsbeschluss vom 09.12.2020 - 17 Verg 4/20, IBR 2021, 88 = VPR 2021, 66).*)




IBRRS 2022, 0187
VergabeVergabe
Aufgestellte Parameter nicht eingehalten: Angebot wird ausgeschlossen!

VK Berlin, Beschluss vom 03.12.2021 - VK B 2-35/21

1. Eine Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Das ist der Fall, wenn sämtliche Angebote vom Auftraggeber wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden.

2. Angebote auf der Grundlage der Vergabeunterlagen zu erstellen und Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig. Eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen liegt vor, wenn ein Unternehmen nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht.

3. Eine Abweichung von den Vergabeunterlagen liegt vor, das Angebot nicht die im Exposé aufgestellten Parameter einhält.

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IBRRS 2022, 0184
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Das Bessere ist des Guten Feind (Voltaire)!

VK Lüneburg, Beschluss vom 02.12.2021 - VgK-42/2021

1. Die Schulnotenrechtsprechung des BGH (IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121) erfordert keine konkrete einzelfallbezogene Darstellung der Anforderungen für Best- und Mittelbewertungen. Es ist zulässig, vorab abstrakte Leistungsanforderungen zu setzen, die in der Dokumentation der Wertung konkret zugeordnet werden.

2. Ein Angebot, das die Anforderungen des Lastenhefts vollständig erfüllt, kann in der vergleichenden Bewertung gegenüber mehreren anderen Angeboten abfallen, weil die Angebote der Konkurrenten das Angebotsniveau insgesamt anheben, und zwar über das Lastenheft hinaus.

3. Die Bewertung des Angebots durch den öffentlichen Auftraggeber erfolgt auf der Grundlage, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

4. ...




IBRRS 2022, 0179
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Abweichung von den Vergabeunterlagen ja oder nein?

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.12.2021 - RMF-SG21-3194-6-36

1. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren sichergestellt werden soll, kann die Antragsbefugnis nur einem Antragsteller abgesprochen werden, bei dem eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht gegeben ist. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist insoweit die schlüssige Behauptung der Rechtsverletzung erforderlich, aber regelmäßig auch ausreichend.*)

2. Grundsätzlich liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist hinsichtlich der Vergabeunterlagen der Empfängerhorizont der potentiellen Bieter.*)




IBRRS 2022, 0160
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auch Unterkriterien sind bekannt zu machen!

VK Lüneburg, Beschluss vom 15.10.2021 - VgK-36/2021

1. Die Schulnotenrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (IBR 2017, 387 = VPR 2017, 121) erlaubt es, vorab abstrakte Leistungsanforderungen zu setzen, die in der Dokumentation der Wertung konkret zugeordnet werden. Dadurch erhält der Auftraggeber die Möglichkeit, bei den Zuschlagskriterien vorab nur allgemeine Anforderungen zu setzen. Die damit entstehenden Unwägbarkeiten muss er in der Dokumentation ausgleichen.

2. Es ist unzulässig, konkrete Unterkriterien inhaltlich offen zu lassen. Das gilt erst recht, wenn die Unterkriterien überhaupt nicht gegenüber den Bietern benannt werden. Der öffentliche Auftraggeber muss die Zuschlagskriterien einschließlich der Unterkriterien in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufführen.

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IBRRS 2022, 0170
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Aufhebungsvertrag ist kein Zuschlag: Kein Anspruch auf entgangenen Gewinn!

BGH, Urteil vom 23.11.2021 - XIII ZR 20/19

Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns besteht nicht, wenn der öffentliche Auftraggeber ein mit einer Aufhebung des ersten Vergabeverfahrens und einer fehlerfreien Neuvergabe wirtschaftlich und wertungsmäßig entsprechendes Ergebnis herbeiführt, indem er mit demjenigen, der den Zuschlag zu Unrecht erhalten hat, einen Aufhebungsvertrag schließt und sodann in Bezug auf den gleichen Auftrag ein neues Vergabeverfahren durchführt.*)




IBRRS 2022, 0147
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nicht nur mit einem Bieter!

VK Berlin, Beschluss vom 18.01.2022 - VK B 1-52/21

1. Der öffentliche Auftraggeber hat grundsätzlich mehrere Bieter zur Angebotsabgabe aufzufordern. Das gilt für alle Verfahrensarten und somit auch für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb.

2. Der Begriff des Auftrags in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV ist weit zu verstehen und beinhaltet nicht nur zivilrechtliche Verträge. Jegliche rechtliche Verbindung, die Rückschlüsse auf die berufliche und technische Leistungsfähigkeit zulässt, unabhängig vom Vorliegen eines Vertrags oder der zivil- oder öffentlich-rechtlichen Natur, ist ein Auftrag i.S.d. § 46 Abs. 3 Nr. 1 GWB.