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Sachgebiet: Vergabe

10832 Entscheidungen insgesamt




Online seit 2022

IBRRS 2022, 2183
Mit Beitrag
VergabeVergabe
"Abgeschichtetes" Verhandlungsverfahren ist keine elektronische Auktion!

VK Bund, Beschluss vom 23.12.2021 - VK 1-124/21

1. In Vergabeverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb haben die ausgewählten Teilnehmer in den Vergabeunterlagen erkennbare Vergabeverstöße spätestens bei Abgabe ihres letzten Angebots zu rügen. In einem solchen Fall kommt es nicht auf den Ablauf der "in der Bekanntmachung" benannten Angebotsfrist an, sondern auf den Ablauf der tatsächlichen, den Bietern gegebenenfalls auch erst später mitgeteilten Angebotsfrist an.

2. Ein mithilfe elektronischer Mittel durchgeführtes "abgeschichtetes" Verhandlungsverfahren mit einzelnen Unternehmen ist keine elektronische Auktion.

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IBRRS 2022, 1406
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Verbundene Unternehmen müssen Zweifel an Unabhängigkeit der Angebote ausräumen!

VK Rheinland, Beschluss vom 01.03.2022 - VK 48/21

1. Die Tatsache, dass es sich bei zwei Bietern um verbundene Unternehmen handelt, ist ein Anhaltspunkt, der Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Angebotserstellung aufkommen lässt.

2. Allein die Verbundenheit der Bieterunternehmen ist kein Ausschlussgrund. Vielmehr ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Nachforschungen anzustellen. Die Bieter müssen entsprechend vortragen und die Anhaltspunkte entkräften.

3. Eine getrennte IT-Infrastruktur (getrennte Serverlandschaften und getrennter Einsatz von Softwarelösungen) spricht gegen eine Weitergabe von Informationen zwischen den Unternehmen.

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IBRRS 2022, 2155
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Muss die Preisbewertungsformel bekannt gegeben werden?

OLG Celle, Beschluss vom 07.07.2022 - 13 Verg 4/22

1. Zur Antragsbefugnis im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, wenn nach der Bewertung der Angebote die fehlende Bekanntgabe der - hyperbolischen - Preisbewertungsformel in den Vergabeunterlagen beanstandet wird.*)

2. Zur Frage, ob die gewählte - hyperbolische - Preisbewertungsformel in den Vergabeunterlagen bekannt gegeben werden muss (vgl. EuGH, IBR 2016, 530 - Dimarso).*)

3. Zur Frage, welche Anforderungen an die vom EuGH geforderte Festlegung der Bewertungsmethode vor Angebotsöffnung zu stellen sind, wenn die Preisbewertungsformel durch die vom Auftraggeber verwendete Vergabesoftware fest vorgegeben ist.*)

3. Zum Ausgleich eines Informationsvorsprungs eines Bieters, der in einem in den Stand vor Angebotsabgabe zurückversetzten Vergabeverfahren ein Informationsschreiben gem. § 134 Abs. 1 GWB erhalten hatte, und zur Rügepräklusion in diesem Fall.*)

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IBRRS 2022, 2029
VergabeVergabe
Leistungsansatz als Wertungskriterium: Kein Ausschluss wegen fehlender Auskömmlichkeit!

VK Bund, Beschluss vom 07.06.2022 - VK 2-40/22

1. Bei der Bewertung möglicher Gründe für den niedrigen Angebotspreis ist zu berücksichtigen, dass bei Reinigungsdienstleistungen, die personalintensiv sind, der ganz überwiegende Anteil des Preises auf die Lohnkosten entfällt.

2. Da die Löhne im Gebäudereiniger-Handwerk durch allgemeinverbindliche Tarifverträge geregelt sind, eröffnet die Höhe der Löhne keinen Wettbewerbsspielraum.

3. Ein Angebot mit einem hohen Leistungsansatz ist zwangsläufig günstiger als ein solches mit einem niedrigen Ansatz, da weniger Personal zum Einsatz kommt. Wird aber auf der einen Seite der hohe Leistungsansatz mit Pluspunkten belohnt, kann nicht auf der anderen Seite die zwangsläufige Folge des entsprechend niedrigeren Preises als Kehrseite derselben Medaille zum Ausschluss wegen fehlender Auskömmlichkeit führen.

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IBRRS 2022, 2143
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Kommunale Wohnungsbaugesellschaft ist öffentlicher Auftraggeber!

VK Hessen, Beschluss vom 18.11.2021 - 69d-VK-3/2021

1. Die Beurteilung, ob eine Aufgabe "nichtgewerblicher Art" vorliegt, kann nicht abstrakt festgestellt werden, sondern ist durch Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist der Begriff des öffentlichen Auftraggebers jedoch weit auszulegen.

2. Ob eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nichtgewerblicher Art vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die zur Gründung der betreffenden Einrichtung geführt haben, und der Voraussetzungen, unter denen sie ihre Tätigkeit ausübt, zu beurteilen.

3. Der soziale Wohnungsbau und die soziale Wohnraumförderung stellen als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. In diesem Bereich tätige kommunale Wohnungsbaugesellschaften üben die im Allgemeininteresse liegende Aufgabe regelmäßig auch dann in nichtgewerblicher Art aus, wenn sie daneben in Gewinnerzielungsabsicht unter Marktbedingungen Wohnraum anbieten.

4. Es entspricht dem typischen Bild heutiger kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, dass sie die Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung mit der Tätigkeit eines nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agierenden Wohnungsunternehmens verbinden. Das ändert nichts daran, dass die im Allgemeininteresse liegende besondere Aufgabe der sozialen Wohnraumförderung eine solche nichtgewerblicher Art ist.

5. Um als Rüge zu gelten, muss die fragliche Äußerung des späteren Antragstellers gegenüber der Vergabestelle zwar nur erkennen lassen, dass er einen bestimmten Sachverhalt als Vergaberechtsverstoß ansieht und eine Abhilfe erwartet.

6. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller persönlich - ohne Anwalt - sowohl Rüge als auch das Verfahren vor der Vergabekammer betreiben kann, dürfen an den Wortlaut auch keine hohen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere muss eine Rüge nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden.

7. Ein Schreiben erfüllt nur dann die Anforderungen einer Rüge, wenn nach dem objektiven Empfängerhorizont zumindest durch Auslegung eindeutig erkennbar ist, dass nicht nur eine Anregung zur Optimierung eines Vergabeverfahrens gegeben werden soll, sondern ein Rechtsfehler geltend gemacht wird.

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IBRRS 2022, 2125
VergabeVergabe
Kostenverteilung bei nachträglich auf Gebühren beschränkter Beschwerde?

OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2022 - 13 Verg 3/22

1. Zum Gegenstandswert für den Gebührenansatz im Einzelfall.*)

2. Zur Kostenverteilung bei einer nachträglich auf die Gebührenfestsetzung beschränkten Beschwerde.

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IBRRS 2022, 2053
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Im Verhandlungsverfahren sind die Bieter gefordert!

VK Westfalen, Beschluss vom 15.06.2022 - VK 1-10/22

Im Verhandlungsverfahren geht es nicht darum, dass der öffentliche Auftraggeber, der zunächst keinen konkreten Leistungsgegenstand vorgegeben hat - nunmehr die Angebote der Bieter ändert und nach den eigenen Vorstellungen "umschreibt". Die Angebote der Bieter und die darin enthaltenen Lösungsansätze für die Umsetzung der Vorstellungen des Auftraggebers basieren allein auf den Planungsideen der Bieter. Konkretere Vorgaben können den Bietern nicht gemacht werden, weil der Auftraggeber ansonsten gegebenenfalls einem Bieter einen Wettbewerbsvorteil verschafft.*)




IBRRS 2022, 2099
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Einziges Angebot ungeeignet: Verhandlungsverfahren mit nur einem Bieter zulässig?

EuGH, Urteil vom 16.06.2022 - Rs. C-376/21

1. Art. 160 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.07.2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 und Art. 102 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates in der durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Oktober 2015 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie auf von öffentlichen Auftraggebern der Mitgliedstaaten durchgeführte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge selbst dann keine Anwendung finden, wenn diese Aufträge aus Mitteln der europäischen Struktur- und Investitionsfonds finanziert werden.*)

2. Art. 32 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2170 der Kommission vom 24.11.2015 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24 in der durch die Delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung an einen einzigen Wirtschaftsteilnehmer wenden darf, wenn dieses Verfahren die ursprünglichen Auftragsbedingungen, die in einem zuvor eingeleiteten Verfahren genannt waren, das eingestellt worden ist, weil das einzige abgegebene Angebot ungeeignet war, ohne grundlegende Änderungen übernimmt, auch wenn der Gegenstand des fraglichen Auftrags objektiv keine Besonderheiten aufweist, die es rechtfertigen, seine Ausführung nur diesem Wirtschaftsteilnehmer anzuvertrauen.*)




IBRRS 2022, 2084
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Erfahrungen anderer Vergabestellen können in Eignungsprüfung einbezogen werden!

OLG Koblenz, Beschluss vom 16.12.2021 - 12 U 1143/21

1. Bei jeder öffentlichen Ausschreibung ist die Eignung der Bieter zu prüfen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bieten.

2. Die Feststellung, ob ein Bieter die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, ist das Ergebnis einer fachlich-tatsächlichen Prognose, die die Vergabestelle im Rahmen eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums trifft.

3. Der Vergabestelle ist es nicht verwehrt, die Erfahrungen anderer Vergabestellen mit dem betreffenden Bieter in ihre Erwägungen im Zusammenhang mit der zu treffenden Zuschlagsentscheidung einzubeziehen.

4. Ein Bieter kann wegen fehlender Zuverlässigkeit von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn aus Dokumentationen zu anderen von diesem Bieter ausgeführten Arbeiten hervorgeht, dass es zu zahlreichen Mängelrügen und erheblichen Diskussionen (u. a. wegen Bauzeitverzögerungen) gekommen ist.




IBRRS 2022, 2054
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Bieterreihenfolge ändert sich nicht: Wertungsfehler sind unbeachtlich!

VK Sachsen, Beschluss vom 28.03.2022 - 1/SVK/041-21

1. An den Inhalt von Rügen sind im Allgemeinen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der rügende Bieter muss aber grundsätzlich - wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht seiner Einsichtsmöglichkeit entzieht - zumindest Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß.*)

2. Entzieht sich die Wertung des Auftraggebers - zum Zeitpunkt der Rüge - der Einsichtsmöglichkeit des Antragstellers, darf der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines nur beschränkten Informationsstands redlicher Weise für wahrscheinlich oder möglich halten darf.*)

3. Je weniger der Auftraggeber an tatsächlichen Gründen für eine abschlägige Wertung des Angebots in der Bieterinformation preisgibt, desto geringer sind die Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsverletzung.*)

4. Fehler in der Wertung sind unbeachtlich, wenn sich durch diese die Bieterreihenfolge - also die Aussichten auf den Erhalt des Zuschlags - nicht ändert und einem Antragsteller dadurch insoweit kein Schaden entsteht.*)

5. Ein Auftraggeber darf den Angaben eines Bieters, die er in seinem Angeboten gemacht hat, grundsätzlich vertrauen. Nur dann, wenn sich aus dem Angebot Zweifel ergeben, die das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen und/oder Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Bieter die gesetzten Vorgaben möglicherweise nicht einhalten kann, ist der Auftraggeber gehalten, eine Aufklärung herbeizuführen.*)

6. An den Prüfungsumfang der materiellen Eignungsprüfung sind im Fall konkreter Eignungskriterien mit jeweils unterschiedlichen (Mindest-)Anforderungen keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Einer umfassenden wertenden Beurteilung bedarf es nicht, wenn festgestellt wird, dass die gestellten Anforderungen inhaltlich erfüllt wurden.*)




IBRRS 2022, 2049
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Voraussehbare Verzögerungen begründen keine Dringlichkeit!

KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 1/22

1. Auch im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb muss ein Mindestmaß an Wettbewerb gewährleistet sein und es müssen zumindest drei Angebote eingeholt werden.

2. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nichtoffene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind.

3. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen nicht dem öffentlichen Auftraggeber zuzurechnen sein. Das ist anzunehmen, wenn die Verzögerungen voraussehbar waren.




IBRRS 2022, 2046
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Nein, liebe Bieter, das ist keine Zeitlupe, die arbeiten wirklich so langsam! (frei nach Werner Hansch)

OLG Bremen, Beschluss vom 14.12.2021 - 2 Verg 1/21

1. Zwingende, dringliche Gründe, die eine Beschaffung in regulären Vergabeverfahren nicht zulassen, kommen nicht nur bei akuten Gefahren für Leib und Leben in Betracht, sondern auch bei der Gefährdung der Erfüllung anderer dem Staat obliegenden Aufgaben. Insoweit sind die Bedeutung des bedrohten Rechtsguts einerseits und die vergaberechtliche Verpflichtung zur Durchführung eines wettbewerblichen und transparenten Vergabeverfahrens andererseits gegeneinander abzuwägen (Anschluss an BayObLG, IBR 2022, 196).*)

2. Dem öffentlichen Auftraggeber ist die Dringlichkeit eines Beschaffungsbedarfs zurechenbar - und zugleich der Kausalzusammenhang zwischen unvorhersehbarem Ereignis und Dringlichkeit nicht mehr gegeben -, wenn der Staat unter Berücksichtigung seiner Beschaffungs- und Organisationshoheit bei seiner Aufgabenerfüllung einerseits und des Gebots einer sachgerechten Bedarfsplanung andererseits die Beschaffung eines festgestellten oder offenkundig vorhersehbaren Bedarfs ohne sachlichen Grund hinauszögert.*)

3. Das Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit des öffentlichen Auftrags nach § 135 Abs. 1 GWB entfällt, wenn der dem Auftrag zu Grunde liegende Beschaffungsbedarf unumkehrbar in einem solchen Umfang gedeckt ist, dass eine anderweitige Vergabe nicht mehr in Betracht kommt. Auch in diesem Fall ist die Fortsetzung eines in zulässiger Weise eingeleiteten Nachprüfungs- bzw. Beschwerdeverfahrens gem. § 178 Satz 4, § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB als Fortsetzungsfeststellungsantrag statthaft.*)




IBRRS 2022, 2018
Mit Beitrag
VergabeVergabe
20% Preisabstand löst Aufklärungspflicht aus!

VK Sachsen, Beschluss vom 25.05.2022 - 1/SVK/005-22

1. Wann ein ungewöhnlich niedriger Angebotspreis und mithin eine Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch - unabhängig von anderen konkreten Umständen des Einzelfalls - jedenfalls dann verpflichtet, in die Prüfung der Preisbildung einzutreten, wenn der Abstand zwischen dem Angebot des bestplatzierten und dem Angebot des zweitplatzierten Bieters mindestens 20% beträgt.*)

2. Bezugspunkt für die Berechnung der prozentualen Abweichung der Angebote untereinander ist das nächsthöhere Angebot. Dieses wird mit 100% angesetzt und ausgehend davon der Abstand zum günstigsten Angebot berechnet.*)

3. Die Vergabekammer hat nicht zu bewerten, ob ein Angebot auskömmlich oder unauskömmlich ist, sondern ob die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot als auskömmlich oder unauskömmlich zu bewerten auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhaltes und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei dieser Prognoseentscheidung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher nur einer eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die Vergabekammer unterliegt.*)

4. Der Umstand, dass ein Unternehmen einen anderen Auftrag eines komplexen Gesamtbauvorhabens erhalten hat, führt allein nicht zu einer Vorbefassung i.S.d. § 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A 2019.*)




IBRRS 2022, 1942
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergabeverfahren aufgehoben: Auftragswertschätzung für zweites Verfahren anhand der Angebote!

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.05.2022 - 15 Verg 1/22

1. Der Auftragswertschätzung der Verkehrs-oder Marktwert zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens zugrunde zu legen.

2. Die Angebote, die in einem ersten, dann aber aufgehobenen Vergabeverfahren eingegangen waren, können als Anhaltspunkte für eine Auftragswertschätzung herangezogen werden.




IBRRS 2022, 1993
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Eignungsleihe oder Nachunternehmereinsatz: Was ist der Unterschied?

VK Sachsen, Beschluss vom 24.11.2021 - 1/SVK/032-21

1. Die Vergabestelle muss im Informationsschreiben nach § 134 GWB alle ihr bekannten Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebots benennen, um den effektiven Rechtsschutz des Bieters nicht zu vereiteln. Anderenfalls hätte es die Vergabestelle in der Hand durch taktisches Vorgehen mehrere Rügen des Bieters erforderlich zu machen und zu erreichen, dass der Bieter durch das (versehentliche) Unterlassen einer weiteren Rüge mit seinem Antrag teilweise präkludiert ist.*)

2. Die Eignungsleihe nach § 6d EU VOB/A 2019 ist vom Nachunternehmereinsatz nach § 36 VgV zu unterscheiden. Im Rahmen der Eignungsleihe bedient sich ein Bieter der Kapazitäten dritter Unternehmen, um seine für die Ausschreibung geforderte Eignung nachzuweisen. Unterauftragsvergabe bedeutet, dass ein Unternehmen ein drittes Unternehmen mit der Ausführung des gesamten Auftrags oder von Teilen davon betraut.*)

3. Der Bieter hat im Angebot ausdrücklich oder zumindest konkludent, aber vom Empfängerhorizont her unmissverständlich geltend zu machen, dass er sich zum Nachweis der Eignung einer Eignungsleihe bedienen will. Hieran sind keine hohen Anforderungen zu stellen; der Bieter muss nur irgendwie kenntlich machen, dass er die Eignungsleihe zur Nachweisführung seiner Eignung beabsichtigt, damit der Auftraggeber diesem Aspekt im Rahmen seiner Aufklärungspflichten (hier § 15 EU VOB/A 2019) nachgehen kann.*)

4. Die Aufklärungsmöglichkeit des § 15 EU Abs. 1 VOB/A 2019 erfordert, dass ein klärungsbedürftiger Sachverhalt mit dem Angebot vorgelegt wird, da die Aufklärung anderenfalls zu einer unzulässigen Angebotsänderung führen würde. § 15 EU Abs. 1 VOB/A 2019 muss daher als eng auszulegende Ausnahmevorschrift angesehen werden, deren inhaltliche Reichweite folglich nur in einer klarstellenden Auslegung bzw. ergänzenden Information zum bereits vorgelegten Angebot gesehen werden darf.*)




IBRRS 2022, 1970
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Präqualifikation befreit nicht von geforderten Nachweisen!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 - Verg 19/22

1. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem dient der Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändert nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen ist.

2. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise müssen für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht. Auch bei einem präqualifizierten Bieter hat der öffentliche Auftraggeber daher zu prüfen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise, die im konkreten Verfahren geforderten Eignungsangaben und Nachweise abdecken.

3. Fordert der öffentliche Auftraggeber die Angabe dreier mit der zu vergebenden Leistung vergleichbarer Referenzen, kann nur der Bieter die verlangten Angaben allein mit Verweis auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis leisten, für den dort drei Nachweise über mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Leistungen hinterlegt sind. Die Eintragung ersetzt insoweit lediglich die Eintragung in der Eigenerklärung Eignung.




IBRRS 2022, 1906
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Nochmal: Geschwärzter Vortrag wird nicht berücksichtigt!

KG, Beschluss vom 18.05.2022 - Verg 7/21

Schriftsätze und sonstige Unterlagen, die Beteiligte im Vergabenachprüfungsverfahren mit der Maßgabe zu den Akten reichen, dass sie ganz oder teilweise den übrigen Beteiligten oder einem Teil von ihnen nicht zur Kenntnis gelangen sollen (sog. "geschwärzte" Unterlagen), werden insoweit weder Gegenstand der Akten der Vergabekammer noch Bestandteil der Gerichtsakten, welcher Entscheidung und Verhandlung zugrunde gelegt erklärten Willen des Beteiligten, der sie eingereicht hat, Einsicht in diese Unterlagen zu gewähren. Im Hinblick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der übrigen Beteiligten bleiben diese Unterlagen bei der Verhandlung und Entscheidung der Nachprüfungsinstanzen unberücksichtigt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 01.07.2020 - Verg 1001/20, IBRRS 2020, 3839 = VPRRS 2020, 0378).*)




IBRRS 2022, 1930
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Nur die bekannt gemachten Eignungskriterien zählen!

KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 2/22

1. Maßgeblich für die Eignungsprüfung nach § 57 Abs. 1 VgV sind alleine die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise (§ 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, § 48 Abs. 1 VgV). Gefordert werden kann danach nur, was sich der Ausschreibung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) nach dem Empfängerhorizont der angesprochenen Unternehmen entnehmen lässt.*)

2. Die vergaberechtswidrige Erteilung eines Interimsauftrag über Leistungen, die Gegenstand eines Vergabeverfahrens sind, zu dem ein Vergabenachprüfungsverfahren anhängig ist, stellt einen Verstoß gegen das Zuschlagsverbot aus § 169 Abs. 1 GWB dar und kann in dem laufenden Nachprüfungsverfahren gerügt werden. Erledigt sich das Vergabeverfahren, das Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens war, ist die Verletzung des Zuschlagsverbotes durch die vergaberechtswidrige Interimsvergabe auf Antrag eines Beteiligten nach Maßgabe der § 168 Abs. 2 Satz 2, § 178 Satz 3 GWB festzustellen.*)




IBRRS 2022, 1905
VergabeVergabe
Geschwärzter Vortrag wird nicht berücksichtigt!

KG, Beschluss vom 11.05.2022 - Verg 5/21

1. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr durch die Vergabekammer nach § 182 Abs. 1, 2 GWB kann von den Beteiligten mit der sofortigen Beschwerde nach § 171 Abs. 1 Satz 1 GWB selbständig angefochten werden.*)

2. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr ist im Beschwerdeverfahren auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen. Nicht vertretbar ist die Festsetzung, wenn die Vergabekammer nicht alle hierfür maßgeblichen Tatsachen berücksichtigt hat. Die Festsetzung ist dann vom Vergabesenat entsprechend abzuändern.*)

3. Geschwärztes und damit nicht ordnungsgemäß in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführtes Vorbringen ist im Hinblick auf das Verfahrensbeteiligten nicht bei der Entscheidung zu berücksichtigen.*)

4. Die auftragswertbezogene Festsetzung der Verfahrensgebühr unter Verwendung der von den Vergabekammern des Bundes entwickelten Gebührentabelle verstößt weder gegen § 182 Abs. 1, 2 GWB noch gegen unionsrechtliche Vorgaben.*)

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IBRRS 2022, 1904
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Was sind „technische Fachkräfte"?

KG, Beschluss vom 10.05.2022 - Verg 2/21

1. "Technische Fachkräfte" i.S.d. § 46 Abs. 3 Nr. 2 VgV sind Fachkräfte, deren Leistungen eine durch Qualifikationen und Berufserfahrung belegbare besondere Fachkunde erfordern.*)

2. Maßgeblich für die Eignungsprüfung nach § 57 Abs. 1 VgV sind alleine die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise (§ 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, § 48 Abs. 1 VgV). Gefordert werden kann danach nur, was sich der Ausschreibung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) aus Sicht der angesprochenen Unternehmen entnehmen lässt.*)

3. Der im Vergabenachprüfungsverfahren gewährte Rechtsschutz ist rügebezogen. Es ist den Nachprüfungsinstanzen daher verwehrt, nicht gerügte Rechtsverletzungen von Amts wegen in das Verfahren einzuführen. Macht ein Beteiligter eine solche Rechtsverletzung zum Gegenstand seiner Rüge, ist sie aber, soweit zulässig und insbesondere nicht präkludiert (§ 160 Abs. 3 GWB), zu berücksichtigen.*)




IBRRS 2022, 1900
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wettbewerbsvorsprung des Vorauftragnehmers muss nicht ausgeglichen werden!

VK Bund, Beschluss vom 19.01.2022 - VK 1-138/21

1. Grundsätzlich entspricht es der normalen Rollen- und Risikoverteilung im Wettbewerb, wenn sich ein Vorauftragnehmer an der Ausschreibung eines Folgeauftrags beteiligt.

2. Wettbewerbsvorsprünge eines Bieters, der sich aufgrund der Ausführung eines Vorauftrags bereits auf die Besonderheiten des Auftraggebers eingestellt hat, bedürfen anders als die Mitwirkung eines sog. Projektanten an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens keines Ausgleichs durch den Auftraggeber.




IBRRS 2022, 1855
VergabeVergabe
Eignungsanforderungen herabgesetzt: Alle Bieter sind zu informieren!

VK Bund, Beschluss vom 25.03.2022 - VK 2-10/22

1. Die Herabsetzung bekannt gemachter formeller Eignungsanforderungen ist auch im laufenden Vergabeverfahren grundsätzlich zulässig.

2. Die Abschwächung von Eignungsanforderungen ist der Sache nach eine Teilaufhebung, die rechtlich nach den Grundsätzen der Aufhebung zu bewerten ist.

3. Für die Wirksamkeit der Teilaufhebung ist erforderlich, dass der Auftraggeber einen sachlichen Grund für die Zurückversetzung hat und dass diese nicht in diskriminierender Weise erfolgt.

4. Eine Teilaufhebung muss in verfahrenstechnischer Hinsicht gleichheitskonform durchgeführt werden. Alle am Vergabewettbewerb teilnehmenden Bieter müssen unter angemessener Verlängerung der Angebotsfrist über die Herabsetzung der Eignungsanforderungen informiert werden.

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IBRRS 2022, 1854
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Korrektur von Vergaberechtsfehlern ist sachlicher Aufhebungsgrund!

VK Bund, Beschluss vom 13.06.2022 - VK 2-52/22

1. Unabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund vorliegt, kann ein öffentlicher Auftraggeber von einem Vergabeverfahren grundsätzlich Abstand nehmen.

2. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Aufhebung der Ausschreibung aufgrund Fehlens eines sachlich gerechtfertigten Grunds willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zum Schein und tatsächlich zu dem Zweck erfolgt, einen Bieter gezielt zu diskriminieren.

3. Die Korrektur von Vergaberechtsfehlern ist ein sachlicher Aufhebungsgrund, wenn eine Manipulation des Vergabeverfahrens hierdurch ausgeschlossen ist. Das gilt insbesondere auch für Aufhebungen, die nach unzureichender Bekanntmachung der Eignungskriterien eine regelrechte Eignungsprüfung der Bieter ermöglichen sollen.

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IBRRS 2022, 1845
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Unterauftragnehmer ist nicht antragsbefugt!

VK Bund, Beschluss vom 26.04.2022 - VK 2-34/22

1. Antragsbefugt im Vergabenachprüfungsverfahren ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht.

2. Die Antragsbefugnis setzt ein Interesse des jeweiligen Antragstellers am Auftrag voraus. Dieses Auftragsinteresse muss in Bezug auf den Antragsteller selbst gegeben sein.

3. Fallen Antragsteller und Teilnehmer am Wettbewerb auseinander, ist das für die Antragsbefugnis geforderte Auftragsinteresse des Antragstellers nicht gegeben.

4. Unterauftragnehmer haben zwar ein indirektes wirtschaftliches Interesse daran, dass der Teilnehmer am Wettbewerb, also der - im Fall der Auftragserteilung - zukünftige Auftraggeber und Vertragspartner der Unterauftragnehmer den Auftrag erhält. Dies begründet aber mangels eigenem Interesse an dem zur Vergabe anstehenden und im Nachprüfungsverfahren streitig gestellten Auftrag keine Antragsbefugnis.

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IBRRS 2022, 1836
VergabeVergabe
Keine Übernahme von Inhouse-Auftrag durch börsennotierte AG!

EuGH, Urteil vom 12.05.2022 - Rs. C-719/20

Die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift oder Praxis entgegensteht, nach der die Ausführung eines öffentlichen Auftrags, der ursprünglich ohne Ausschreibung an eine Inhouse-Einrichtung vergeben wurde, über die der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen eine ähnliche Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübte, automatisch von dem Wirtschaftsteilnehmer fortgesetzt wird, der diese Einrichtung nach einer Ausschreibung übernommen hat, wenn der öffentliche Auftraggeber über diesen Wirtschaftsteilnehmer keine solche Kontrolle ausübt und auch nicht an dessen Kapital beteiligt ist.*)

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IBRRS 2022, 1709
VergabeVergabe
Baugleiches Produkt ≠ evaluiertes Produkt!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.06.2021 - 1 VK 30/21

1. Angebote sind von der Wertung auszuschließen, wenn Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind. Dies beinhaltet auch den Ausschluss von Angeboten, die etwas anderes als nach der Leistungsbeschreibung gefordert, anbieten.

2. Enthält die Leistungsbeschreibung die Anforderung, dass eine bestimmte Evaluierung zu berücksichtigen ist, genügt es nicht, dass das angebotene Produkt baugleich zu einem evaluierten Produkt ist.

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IBRRS 2022, 1713
VergabeVergabe
Referenz ist nur die eigene Leistung!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.08.2021 - 1 VK 42/21

1. An die Bejahung der Eignung eines Bieters in einem früheren Stadium eines Offenen Vergabeverfahrens ist die Vergabestelle nicht gebunden. Eine Regelung für den Schutz des Vertrauens der Bieter auf den Bestand der Beurteilung ihrer Eignung durch die Vergabestelle ist gesetzlich nicht vorgesehen.

2. Revidiert sie ihre Eignungsbeurteilung zum Nachteil eines Bieters, insbesondere nachdem dieser einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, kann dies lediglich Anlass geben, besonders kritisch zur prüfen, ob diese Entscheidung eine im Interesse eines verantwortungsvollen Einsatzes öffentlicher Mittel gebotene Korrektur einer Fehleinschätzung darstellt oder von sachfremden Erwägungen getragen sein könnte.

3. Dient die erneute Beurteilung der Eignung der eigenen Fehlerkorrektur des Auftraggebers, liegt kein sachfremder Grund vor.

4. Referenzen müssen sich stets auf eine eigene Leistung des Bieters beziehen.

5. War ein Bieter nicht Auftragnehmer und Vertragspartner des Referenzgebers, ist für jede Referenz die Offenlegung erforderlich, welche konkrete Tätigkeit über welchen Zeitraum in welcher Funktion erbracht wurde oder ob eine Eignungsleihe vorliegt.

6. Referenzen für Leistungen, die beispielsweise als Nachunternehmer für den Auftragnehmer erbracht worden sind, können die technische und berufliche Leistungsfähigkeit ausschließlich für die durch den Bieter selbst erbrachte Nachunternehmerleistung belegen.

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IBRRS 2022, 1702
VergabeVergabe
Preisangabe unzutreffend: Ausschluss auch bei Sektorenvergabe!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.04.2021 - 1 VK 8/21

1. Auch wenn in der SektVO der Ausschluss von Angeboten, die nicht die erforderlichen Preisangaben enthalten, nicht ausdrücklich vorgesehen ist, sind bei Vergabeverfahren, die in den Anwendungsbereich der SektVO fallen, die grundlegenden Prinzipien des Vergaberechts zu beachten.

2. Ein transparentes, alle Bieter gleichbehandelndes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich vergleichbare Angebote gewertet werden, was voraussetzt, dass die Angebote die erforderlichen Preisangaben enthalten.

3. Ein Angebot enthält die erforderlichen Preisangaben nicht, wenn eine Preisangabe fehlt oder der angegebene Preis unzutreffend ist.

4. Eine Preisangabe ist unzutreffend, wenn nicht der Betrag angegeben wird, der für die betreffende Leistung auf Grundlage der Urkalkulation tatsächlich beansprucht wird.

5. Eine (Preis-)Aufklärung darf nicht zur Änderung des Angebots führen.

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IBRRS 2022, 1707
VergabeVergabe
Angebot kann über fremdes Benutzerkonto hochgeladen werden!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2021 - 1 VK 14/21

1. Lässt sich die Identität des Bieters bei einem elektronischen Angebot eindeutig feststellen, darf es nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil es über ein fremdes Benutzerkonto hochgeladen wurde.

2. Von einer Vergabeplattform aufgestellte Nutzungsbedingungen, die die Nutzung eines fremden Accounts verbieten, sind keine Formvorgaben der Vergabestelle.

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IBRRS 2022, 1706
VergabeVergabe
Einkaufsgesellschaft ist keine zentrale Beschaffungsstelle!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.05.2021 - 1 VK 11/21

1. Ausnahmsweise können öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren durchzuführen.

2. Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit)

3. Ein Unternehmen, dass satzungsgemäß Einkaufsdienstleistungen für Universitätskliniken, Krankenhäuser und andere Einrichtungen im Gesundheitswesen unter Wettbewerbsbedingungen erbringt, ohne über eine marktbezogene Sonderstellung zu verfügen, handelt gewerblich und ist kein öffentlicher Auftraggeber.

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IBRRS 2022, 1711
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Was sind "Grundanforderungen"?

VK Bund, Beschluss vom 02.05.2022 - VK 2-30/22

1. Ein Angebot, das sämtliche Vorgaben aus Gesetz und Vergabeunterlagen einhält, kann mit 0 Punkten bewertet werden. Das schlichte Einhalten dieser Anforderungen kann keine Zusatzpunkte rechtfertigen.

2. Der Begriff der "Grundanforderungen" muss nicht definiert werden. "Grundanforderung" ist dasjenige, was aus Sicht eines fachkundigen Bieters als Mindestmaß an Leistung gefordert ist, um sämtliche in den Vergabeunterlagen von Gesetzes wegen zwingend geforderten Maßstäbe einzuhalten.

3. Haben die Bieter ein gefordertes auftragsbezogenes Konzept zur Einhaltung der Termine in zusammenhängender Form darzustellen, ist das nicht so zu verstehen, dass in jedem Fall eine umfassende textliche Beschreibung zu erfolgen hat.




IBRRS 2022, 1700
VergabeVergabe
Noten müssen (nur) plausibel vergeben werden!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.03.2021 - 1 VK 1/21

1. Ein öffentlicher Auftraggeber verfügt bei der Angebotswertung über einen Beurteilungsspielraum, da diese anhand der von ihm festgelegten und damit für ihn bindenden Zuschlagskriterien eine Gesamtschau zahlreicher Einzelumstände beinhaltet.

2. Die Bewertungsentscheidung eines öffentlichen Auftraggebers ist auch in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten, daraufhin zu überprüfen, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

3. Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen soll.

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IBRRS 2022, 1689
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen: Verzicht auf Vergabeverfahren zulässig?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.08.2021 - Verg 51/20

1. Die EU-Mitgliedstaaten haben einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Maßnahmen, die sie für den Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen für erforderlich halten.

2. Für die Festlegung wesentlicher Sicherheitsinteressen genügt die begründete Annahme einer Gefahr der äußeren oder inneren Sicherheit.

3. Die EU-Mitgliedstaaten sind in ihrer Entscheidung, einen bestimmten Beschaffungsauftrag von den Regeln des Binnenmarkts auszunehmen, nicht uneingeschränkt frei. Vielmehr muss der Mitgliedstaat, der sich auf die Ausnahme des Art. 346 AEUV berufen will, nachweisen, welche Sicherheitsinteressen betroffen sind und welcher Zusammenhang zwischen diesen Sicherheitsinteressen und der konkreten Beschaffung besteht.

4. Eine pauschale oder floskelhafte Bezugnahme auf ein nicht näher spezifiziertes Sicherheitsinteresse reicht für den Nachweis nicht aus.

5. Die Bewahrung wehrtechnischer Kernfähigkeit im Inland stellt grundsätzlich ein von Art. 346 Abs. 1 b AEUV gedecktes Sicherheitsinteresse dar. Rein wirtschaftspolitisch motivierte Maßnahmen ohne Rückwirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der eigenen oder der verbündeten Streitkräfte erfahren indes keine Rechtfertigung.

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IBRRS 2022, 1657
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wie sind qualitative Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs zu bewerten?

VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022 - VK 2-24/22

1. Die Angebotswertung muss anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und nachvollziehbar sein. Dies gilt insbesondere auch bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs.

2. Bei einem Konzeptwettbewerb wird den Bietern ein kreativer Freiraum zum Wettbewerb um bestmögliche Lösungsansätze eröffnet. Zur Gewährleistung vergleichbarer Angebote bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen, die vom Auftraggeber im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung vorzusehen sind und die bei der Angebotswertung im Rahmen einer Gesamtschau der Zuschlagskriterien und der übrigen Vergabeunterlagen zu berücksichtigen sind.

3. Der Auftraggeber kann nicht sämtliche denkbaren konzeptionellen Lösungsansätze der Bieter vorhersehen und abstrakt vorab bewerten. Entsprechend sind das Wertungssystem bzw. die Vorgaben, unter welchen konkreten Bedingungen ein Konzept mit welcher Note zu bewerten ist, systemimmanent nicht abschließend bestimmbar und daher kann ein Bieter auch seine Benotung nicht konkret vorhersagen.

4. Aufgrund dieser einem Konzeptwettbewerb immanenten Offenheit für die konzeptionellen Angebote der Bieter ist es auch nicht zu beanstanden, sondern geboten, dass eine relativ vergleichende Bewertung der von den Bietern eingereichten Konzepte nach den bekannt gemachten Bewertungsmaßstäben gleichmäßig vorgenommen wird.

5. Voraussetzung für einen Konzeptwettbewerb mit einer Bewertung anhand eines abstrakt formulierten, offenen Bewertungsmaßstab ähnlich Schulnoten ist, dass die Bieter anhand der Vorgaben der Vergabeunterlagen, insbesondere der Leistungsbeschreibung, erkennen können, worauf der Auftraggeber Wert legt.




IBRRS 2022, 1667
VergabeVergabe
Leistungsbezogene Unterlage betrifft Wirtschaftlichkeitsbewertung: Nachforderung unzulässig!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.04.2021 - 1 VK 10/21

1. Angebote von Unternehmen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten, sind von der Wertung auszuschließen.

2. Leistungsbezogene Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, können nicht nachgefordert werden.

3. Das Recht auf Akteneinsicht ist durch den Verfahrensgegenstand des Nachprüfungsverfahrens beschränkt. Den entscheidungsrelevanten Sachverhalt bestimmt der Antragsteller durch die "Themen", die er in seiner Antragsschrift benennt.

4. Ist Verfahrensgegenstand der Ausschluss des Angebots des Antragstellers wegen der Nichtvorlage einer Eigenerklärung, bedarf es zur Durchsetzung seiner Rechte im Nachprüfungsverfahren keiner Akteneinsicht.

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IBRRS 2022, 1646
VergabeVergabe
Wer Gefährdungsbeurteilung unterlässt, darf ausgeschlossen werden!

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2021 - 1 VK 31/21

1. Öffentliche Auftraggeber können ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn es bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial-, oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat.

2. Eine solche zum Ausschluss berechtigende Verfehlung liegt vor, wenn ein Unternehmen entgegen der gesetzlichen Verpflichtung Arbeiten an Flachdächern durch seine Beschäftigten trotz bekannter PAK-Belastung ohne vorherige Durchführung und Dokumentation einer Gefährdungsbeurteilung aufnehmen ließ.

3. Auch auf Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, und nach der Baustellenverordnung ein Koordinator zu bestellen ist, der bei Ausführung besonders gefährlicher Arbeiten einen Sicherheitsplan auszuarbeiten hat, bleibt der einzelne Arbeitgeber für die Erfüllung seiner Arbeitsschutzpflichten - worunter die Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung fällt - selbst verantwortlich.

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IBRRS 2022, 1629
VergabeVergabe
Bloße Behauptung "vertraulicher Informationen" bindet Auftraggeber nicht!

Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 12.05.2022 - Rs. C-54/21

Art. 21 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist wie folgt auszulegen:

1. Der öffentliche Auftraggeber ist an die bloße Behauptung eines Wirtschaftsteilnehmers, dass die mit seinem Angebot übermittelten Informationen vertraulich seien, nicht gebunden.*)

2. Ein Mitgliedstaat kann die Vertraulichkeit auf Geschäftsgeheimnisse beschränken, solange das Unionsrecht beachtet wird und die Informationen, die offengelegt werden, weil sie nicht unter diesen Begriff fallen, nicht verwendet werden können, um berechtigte Interessen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers zu beeinträchtigen oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen zu verfälschen.*)

3. Der öffentliche Auftraggeber, bei dem ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt hat, Informationen als vertraulich zu behandeln, muss prüfen und eingehend begründen, ob es unerlässlich ist, dem Recht dieses Wirtschaftsteilnehmers auf Schutz seiner Informationen Vorrang vor dem Recht der Wettbewerber einzuräumen, von ihnen Kenntnis zu erlangen, um gegebenenfalls die Zuschlagsentscheidung anzufechten.*)

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IBRRS 2022, 1487
VergabeVergabe
Sicherheitsdienstleistungen oder verwaltungstechnische Tätigkeiten?

VK Hessen, Beschluss vom 17.09.2021 - 69d-VK-11/2021

1. Der Begriff Sicherheitsdienstleistungen umfasst jegliche Dienstleistungen von Sicherheitsdiensten, insbesondere Bewachungsdienste sowie Überwachungsdienste.

2. Bewachungsdienste haben die Aufgabe, Objekte oder Personen vor Gefahren von außen zu schützen. Überwachungsdienste schützen Personen oder Sachen vor Gefahren von Personen innerhalb des Objekts.

3. Enthält die Aufgabenbeschreibung auch Verwaltungstätigkeiten und eine Reihe von Tätigkeiten zur Prävention von Gefahren, wie Maßnahmen zur Rettung oder Konfliktlösung, ist für die Einordnung als Wach- und Sicherheitsleistungen entscheidend, dass ein spezifischer Bedarf an der Gewährleistung innerer Sicherheit und Ordnung vorliegt, der über die Erbringung rein verwaltungstechnischer Tätigkeiten hinausgeht.

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IBRRS 2022, 1587
VergabeVergabe
Nachprüfung auch für vorgeschalteten Planungswettbewerb möglich!

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2021 - 15 Verg 10/21

1. Wettbewerbe sind keine Vergabeverfahren, sondern Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

2. Allerdings unterliegen nicht nur Beschaffungsmaßnahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens der Nachprüfung, sondern jedes materielle Beschaffungsverfahren des öffentlichen Auftraggebers.

3. Ist in einem Realisierungswettbewerb der Planungswettbewerb dem Verhandlungsverfahren vorgelagert, kann daher bereits im Rahmen des Planungswettbewerbs eine Nachprüfung erfolgen.

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IBRRS 2022, 1504
VergabeVergabe
Auf Angaben zur Eignung verzichtet: Referenzen der Präqualifikation genügen!

VK Bund, Beschluss vom 06.04.2022 - VK 2-26/22

1. In der Auftragsbekanntmachung ist transparent anzugeben, welche Eignungsanforderungen ein Bieter zu erfüllen hat.

2. Wird mittels Direktlink auf ein Formular "Eigenerklärung Eignung" verwiesen, das unter dem Punkt "verpflichtende Eignungsnachweise" darauf hinweist, dass Angaben nur dann vorzunehmen sind, soweit das Unternehmen nicht präqualifiziert ist, folgt daraus, dass für präqualifizierte Bieter die Nachweise aus der Präqualifikation ausreichen.

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IBRRS 2022, 1576
VergabeVergabe
Vergabe von Frequenzen

BVerwG, Beschluss vom 06.11.2020 - 6 B 32.20

1. Sind Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochene Frage sich in einem Revisionsverfahren stellen könnte, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, so kann die Revision mangels Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden.

2. Für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ist aufzuzeigen, welche tatsächlichen Feststellungen im Falle der Beweiserhebung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können; wird die Ablehnung eines Beweisantrags auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit allen die Ablehnung des Beweisantrags tragenden Erwägungen geboten.

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IBRRS 2022, 1573
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Ausführungszeit verschiebt sich massiv: Grund für Aufhebung der Ausschreibung?

OLG Naumburg, Beschluss vom 17.12.2021 - 7 Verg 3/21

Eine Aufhebung der Ausschreibung wegen grundlegender Änderung der Vergabeunterlagen nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2019 kann ausnahmsweise auch bei einer massiven Verschiebung der Ausführungszeit des Bauauftrags gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände hinzutreten.*)




IBRRS 2022, 1547
ProzessualesProzessuales
Anhörungsrüge dient nicht zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit!

OVG Saarland, Beschluss vom 02.05.2022 - 2 B 69/22

1. Die Annahme einer Verletzung der Pflicht des Gerichts zur Kenntnisnahme des Beteiligtenvorbringens ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn in der angefochtenen Entscheidung auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Das Gericht ist weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen. Es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind.*)

2. Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar und dient auch nicht dazu, das Gericht zur Erläuterung oder Ergänzung derselben zu veranlassen.*)

3. Auf das Vorbringen, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen, kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden, da es sich hierbei um Fragen der tatrichterlichen Würdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit der materiellen Richtigkeit der Entscheidung handelt.*)

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IBRRS 2022, 1560
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Für Eigenschaft als "öffentlicher Auftraggeber" gilt aktuelle Tätigkeit!

LG Halle, Urteil vom 14.04.2022 - 4 O 249/20

1. Ob ein Unternehmen ein öffentlicher Auftraggeber ist, richtet sich nach der tatsächlichen Tätigkeit zum aktuellen Zeitpunkt, nicht nach dem ursprünglichen Gründungszweck.

2. Die Abgrenzung zwischen einer nichtgewerblichen und einer gewerblichen Wahrnehmung von Allgemeininteressen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wird danach getroffen, ob das Unternehmen auch insoweit mit Gewinnerzielungsabsicht handelt und die mit der Tätigkeit verbundenen wirtschaftlichen Risiken selbst trägt.

3. Diese Auslegung gilt gleichermaßen für Vergaben oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte.




IBRRS 2022, 1546
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auch Unterkriterien sind mit Gewichtung transparent bekannt zu geben!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.04.2022 - 11 Verg 11/21

Auch Unterkriterien und ihre Gewichtung sind aus Transparenzgründen bekanntzugeben. Eine Veröffentlichung der Bewertungsmethode ist dagegen, soforn die vom EuGH (Urteil vom 14.07.2016 - Rs. C-6/15 - Dimarso, VPRRS 2016, 0281) aufgezeigten Grenzen eingehalten werden, unabhängig vom Vorliegen einer funktionalen Ausschreibung nicht erforderlich.*)




IBRRS 2022, 1527
VergabeVergabe
Wann besteht Anspruch auf Akteneinsicht im Unterschwellenbereich?

LG Bonn, Urteil vom 29.10.2021 - 1 O 221/21

1. Ein Anspruch auf Akteneinsicht setzt voraus, dass Anhaltspunkte für einen Vergabefehler vorliegen, das Ziel Fehlerquellen zu ermitteln genügt nicht.

2. Ein Akteneinsichtsrecht scheidet aus, wenn der Bieter die verlangten Informationen bereits vom Auftraggeber erhalten hat.

3. Aus § 46 Abs. 1 UVgO kann kein Anspruch auf Einsicht in ein Submissions- oder Eröffnungsprotokoll hergeleitet werden.

4. Es genügt, dem unterlegenen Bieter in Stichworten die Gründe seiner Nichtberücksichtigung mitzuteilen. Aus Datenschutz- und Vertraulichkeitsgründen dürfen die Vorteile und Merkmale des erfolgreichen Angebots abstrakt mitgeteilt, jedoch keine preislichen oder technischen Details bekannt gegeben werden.

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IBRRS 2022, 1484
VergabeVergabe
Vertragsklauseln müssen kaufmännisch vernünftige Kalkulation ermöglichen!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2021 - Verg 1/20

1. Vertragsklauseln werden von den Vergabenachprüfungsinstanzen grundsätzlich nicht auf ihre zivilrechtliche Wirksamkeit geprüft, da sie keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind.

2. Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße können ausnahmsweise nur dann zum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemacht werden, wenn es eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm gibt, die im Nachprüfungsverfahren entscheidungsrelevant ist.

3. Eine solche Anknüpfungsnorm ist das aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz herzuleitende Verbot der Unzumutbarkeit einer für den Bieter oder Auftragnehmer kaufmännisch vernünftigen Kalkulation.

4. Unzumutbar ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß, das Bietern typischerweise obliegt, hinausgehen.

5. Ob eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation gemessen an diesen Maßstäben unzumutbar ist, bestimmt sich nach dem Ergebnis einer Abwägung aller Interessen der Bieter bzw. Auftragnehmer und des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall.

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IBRRS 2022, 1471
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Forderung nach „mehrheitlicher“ Leistungserbringung durch einen BIEGE-Partner zulässig?

EuGH, Urteil vom 28.04.2022 - Rs. C-642/20

Art. 63 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das bevollmächtigte Unternehmen einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern, die an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt ist, mehrheitlich die in der Vergabebekanntmachung vorgesehenen Kriterien erfüllen und die Leistungen dieses Auftrags erbringen muss.*)




IBRRS 2022, 1469
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wann darf eine Ausnahme vom Gebot der Fachlosvergabe gemacht werden?

VK Bund, Beschluss vom 10.03.2022 - VK 1-19/22

1. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben.

2. Welche Teilleistung als ein Fachlos angesehen werden kann, bestimmt sich zunächst nach gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemeinen oder regional üblichen Abgrenzung. Dabei ist auch von Belang, ob sich für spezielle Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat.

3. Das Drucken/Kuvertieren und der anschließende Postversand von Briefen sind Leistungen getrennter Märkte, die grundsätzlich in getrennten Fachlosen auszuschreiben sind.

4. Da die losweise Vergabe grundsätzlich vorrangig ist, hat sich der öffentliche Auftraggeber, wenn ihm eine Ausnahme von diesem Grundsatz aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen.

5. Der Auftraggeber hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründe nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.

6. Im Rahmen dieser Abwägung sind der mit einer Fachlosvergabe allgemein verbundene typische Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen nicht zu berücksichtigen. Dem Auftraggeber steht jedoch ein Beurteilungsspielraum zu.




IBRRS 2022, 1459
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wahl der falschen Verfahrensart ist kein Aufhebungsgrund!

VK Bund, Beschluss vom 02.03.2022 - VK 1-13/22

Legt der Auftraggeber bei Einleitung des Vergabeverfahrens das Verhandlungsverfahren als Vergabeverfahrensart in der Bekanntmachung fest, obwohl er eigentlich ein nicht-offenes Verfahren mit Teilnahmewettbewerb durchführen wollte, liegt ein vermeidbarer Fehler aus der eigenen Sphäre vor, der den Auftraggeber nicht zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt.