Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10835 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2010, 3637VK Sachsen, Beschluss vom 22.07.2010 - 1/SVK/022-10
1. Die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens darf nicht dazu führen, dass ein Wettbewerb praktisch nicht möglich wird. Bei Postzustelldienstleistungen verfügt derzeit kaum ein privater Postdienstleister - auch nicht im Wege der Kooperation mit anderen Dienstleistern - über ein flächendeckendes Netz. Bei Nichtbildung von Regionallosen hat der Auftraggeber es dem Bieter zu ermöglichen, die Flächendeckung im Zustelldienst, durch Inanspruchnahme des marktbeherrschenden Unternehmens, das rechtlich verpflichtet ist, Einlieferungen des Bieters zu befördern, herzustellen.*)
2. Fehlt in der Vergabebekanntmachung die Angabe, dass konkrete Nachweise zur Darlegung der Eignung für Nachunternehmer vorzulegen sind, kann ein Angebot nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil für Nachunternehmer keine Eignungsnachweise vorgelegt worden sind. Eine ungeschriebene Pflicht, für jeden Nachunternehmer jeden vom Vertragspartner geforderten Eignungsnachweis gleichfalls zu erbringen, kann nicht angenommen werden.*)
3. Dem Absehen von der Losvergabe hat eine umfassende Interessenabwägung voranzugehen. Die hierfür sprechenden Gründe dürfen nicht lediglich in einer Vermeidung des mit einer Fachlosvergabe typischerweise verbundenen Mehraufwands liegen.*)
VolltextIBRRS 2010, 3636
VK Sachsen, Beschluss vom 11.06.2010 - 1/SVK/016-10
1. Auch in einem VOF Verfahren sind unvollständige Angebote auszuschließen. Ein solcher zwingender Ausschluss formal fehlerhafter Angebote im VOF-Verfahren resultiert dabei aus dem in § 97 Abs. 2 GWB enthaltenen Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot als tragender Grundlage des Vergaberechts.*)
2. Angaben zu vergleichbar erbrachten Projekten vermögen nicht fehlende Angaben zur Qualifikation von Mitarbeitern zu ersetzen. Ein Rückschluss über die jeweils ausgeführten Leistungsphasen bei den vergleichbaren Projekten oder über die Bürozugehörigkeit führt nicht zu einer sicheren Ermittlung der tatsächlich vorliegenden Qualifikation. Es ist nicht Aufgabe des Auftraggebers, die Qualifikation der benannten Personen anhand vergleichbarer Projekte herzuleiten oder durch eigene Nachforschungen zu ermitteln.*)
VolltextIBRRS 2010, 3630
VK Hessen, Beschluss vom 23.08.2010 - 69d-VK-19/2010
1. Eine Rüge neun Tage nach Zugang des Informationsschreibens ist nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, auch wenn dieses noch nach § 13 VgV a.F. erfolgte.
2. Ein nachträglich versandtes Informationsschreiben nach § 101a GWB gleichen Inhalts stellt eine nachträgliche Richtigstellung dar und lässt die Rügemöglichkeit des Antragstellers nicht erneut aufleben.
3. Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist auch unter Berücksichtigung der neuesten EuGH-Rechtsprechung anwendbar.*)
VolltextIBRRS 2010, 3606
OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2010 - Verg W 8/10
1. Die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages, der die Feststellung der Unwirksamkeit eines vom öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrages zum Ziel hat, setzt auf Seiten des Antragstellers ein Interesse am Auftrag, die Geltendmachung der Verletzung eigener Rechte und einen drohenden Schaden durch eine behauptete Verletzung von Vergabevorschriften voraus. An diese Voraussetzungen dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.*)
2. Ein Unternehmen kann die Feststellung der Unwirksamkeit des vom öffentlichen Auftraggeber geschlossenen Vertrages nicht erreichen, wenn ihm der Auftraggeber in nachvollziehbarer Weise die Eignung für die Durchführung dieses Auftrages abgesprochen hat.*)
3. Die Annahme der Unzuverlässigkeit des Auftragnehmers ist gerechtfertigt, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer über die Auslegung eines zwischen ihnen abgeschlossenen Vertrages derartige Meinungsverschiedenheiten entwickelt haben, dass mit der Ausführung der beauftragten Leistungen nicht einmal begonnen werden konnte und die vom Auftraggeber hierbei eingenommene Rechtsposition vertretbar ist.*)
4. Die Mitteilung des Auftragnehmers, dass er von dem von ihm benannten Rohstofflieferanten nicht beliefert werde, rechtfertigt auf Seiten des Auftraggebers die Annahme, dass der Auftragnehmer nicht leistungsfähig sei.*)
IBRRS 2010, 4856
VK Lüneburg, Beschluss vom 15.01.2010 - VgK-74/2009
1. Die Frage, ob ein vertraglich aufgebürdetes Wagnis ungewöhnlich und damit unzulässig ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Umfang der nachgefragten Leistung sowie unter Beachtung des Gesichtspunkt der Branchenüblichkeit zu klären. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A nicht ausschließt, dass die Beteiligten den Rahmen des Zulässigen ausschöpfen.
2. Jedem Vertrag wohnen gewisse Risiken inne, die der Auftragnehmer bei der Ausführung der Leistung zu tragen hat. Hier finden die allgemeinen zivilrechtlichen Gefahrtragungsregeln Anwendung. Risiken, die der Unternehmer nach der im jeweiligen Vertragstyp üblichen Wagnisverteilung grundsätzlich zu tragen hat - die z.B. mit der Beschaffung oder Finanzierung von Materialien oder technischen Schwierigkeiten bei der Ausführung der Leistung zusammenhängen - sind gerade keine ungewöhnlichen Wagnisse.
3. Die Frage, ob eine Rüge noch unverzüglich nach positiver Kenntniserlangung erfolgt, hängt vom Einzelfall ab. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich innerhalb von einem bis drei Tagen erfolgen. Auch bei einer ggf. notwendigen Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfüllt ein Rügezeitraum von mehr als einer Woche das Zeitkriterium des § 107 Abs. 3 GWB regelmäßig nicht.
4. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
VolltextIBRRS 2010, 3599
OLG München, Beschluss vom 23.09.2010 - Verg 18/10
Unterliegt der öffentliche Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer, hat er die notwendigen Aufwendungen der beigeladenen Bieter, welche die geplante Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers verteidigen, nicht zu tragen.*)
VolltextIBRRS 2010, 3586
OLG München, Beschluss vom 21.09.2010 - Verg 15/10
Die Rücknahme der sofortigen Beschwerde ähnelt wegen der Gestaltung der sofortigen Beschwerde als Rechtsmittel der Rücknahme einer Berufung, auch wenn das Verfahren vor der Vergabekammer kein erstinstanzliches Verfahren darstellt.
VolltextIBRRS 2010, 3571
VK Nordbayern, Beschluss vom 17.08.2010 - 21.VK-3194-31/10
Zur Rügepräklusion des § 107 Abs. 3 GWB.*)
VolltextIBRRS 2010, 3559
VK Bund, Beschluss vom 21.06.2010 - VK 2-53/10
1. Anspruch auf eine Preisgleitklausel haben Auftragnehmer nur, wenn das Ermessen des Auftraggebers in § 15 Nr. 2 VOL/A 2006 ausnahmsweise auf Null reduziert ist, beispielsweise weil dem Auftragnehmer ohne Preisgleitklausel ein ungewöhnliches Wagnis im Sinne von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 aufgebürdet wird.
2. Bei einer Rahmenvereinbarung über das Leasing von Fahrzeugen stellt es kein ungewöhnliches Wagnis dar, dass der Auftragnehmer das Zins- und Restwertrisiko zu tragen hat.
VolltextIBRRS 2010, 3556
VK Arnsberg, Beschluss vom 09.09.2010 - VK 18/10
Die Eingrenzung der angebotenen Leistung durch die Herausnahme bestimmter Schadensursachen aus einem Vertrag, der den Leistungsumfang ursachenunabhängig über Zustandsbeschreibungen definiert, erfüllt den Tatbestand des § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A 2006.*)
VolltextIBRRS 2010, 3555
VK Nordbayern, Beschluss vom 08.07.2010 - 21.VK-3194-22/10
Ausschluss wegen fehlender, aber geforderter Erklärungen.
VolltextIBRRS 2010, 3544
OLG München, Beschluss vom 09.09.2010 - Verg 10/10
1. Werden Klappsitze mit einem aus poliertem Aluminium-Druckguss bestehenden Sitzträger ausgeschrieben, so ist ein Angebot, welches Sitzträger aus Stahl anbietet, auszuschließen.
2. Dem Bieter hilft auch nicht das Argument der Gleichwertigkeit weiter, wenn der Ausschreibung zu entnehmen ist, dass der Sitzträger aus Aluminium-Druckguss ein gestalterisches und funktionales Element darstellt, welches unbedingt zwingend im Angebot enthalten sein muss.
3. Es kann von einem Bieter nicht mehr verlangt werden, als dass er das vom Auftraggeber vorgestellte Produkt auch anbietet. Sollte das vom Auftraggeber gewünschte Produkt Mängel haben, erweist sich dies als Defizit der Ausschreibung und nicht des Angebots.
VolltextIBRRS 2010, 3530
OLG München, Beschluss vom 13.08.2010 - Verg 10/10
Es bleibt offen, ob § 101b Abs. 2 GWB eine den § 107 Abs. 3 GWB verdrängende Sonderregelung darstellt.*)
VolltextIBRRS 2010, 3529
OLG München, Beschluss vom 09.09.2010 - Verg 16/10
1. Die mangelnde Erfolgsaussicht des Nachprüfungsantrags kann für sich genommen, ohne dass ein besonderes Beschleunigungsinteresse des Auftraggebers hinzutritt, die vorzeitige Gestattung des Zuschlags gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht rechtfertigen.*)
2. Unabhängig vom Ausgang des Nachprüfungsverfahrens hat der unterlegene Auftraggeber die Kosten des Verfahrens nach § 115 Abs. 2 Satz 5 GWB analog zu § 96 ZPO zu tragen.*)
VolltextIBRRS 2010, 3524
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 09.09.2010 - Rs. C-274/09
Das Fehlen einer unmittelbaren Vergütung des Dienstleistungserbringers durch die öffentliche Stelle, die die betreffende Dienstleistung an ihn vergeben hat, stellt ein hinreichendes Kriterium für die Qualifizierung eines Vertrags als Dienstleistungskonzession im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG dar. Von nur geringer Bedeutung ist insoweit erstens, wer die aufgrund der erbrachten Dienstleistung geschuldete Vergütung leistet, vorausgesetzt, es handelt sich um eine von der öffentlichen Stelle, die die fragliche Dienstleistung vergeben hat, hinreichend verschiedene und unabhängige Einrichtung, zweitens, nach welchen Modalitäten sich die Vergütung richtet, und drittens, ob das mit der fraglichen Dienstleistung verbundene Betriebsrisiko von vornherein beschränkt ist.
VolltextIBRRS 2010, 3523
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 14.09.2010 - Rs. C-568/08
1. Die Art. 1 Abs. 1 und 3 und Art. 2 Abs. 1 und 6 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der zum Erhalt einer vorläufigen Maßnahme nur ein Verfahren zur Verfügung steht, das dadurch gekennzeichnet ist, dass es grundsätzlich auf eine schnelle Maßnahme gerichtet ist, es keinen Schriftsatzwechsel zwischen Anwälten gibt, in der Regel nur schriftliche Beweise erhoben werden und die gesetzlichen Beweisregeln nicht zur Anwendung kommen, unabhängig davon, dass das Urteil nicht zu einer endgültigen Festlegung der Rechtsverhältnisse führt und auch nicht Teil eines Entscheidungsfindungsprozesses ist, der zu einer solchen rechtskräftigen Entscheidung führt oder nur die Prozessparteien bindet.
2. Die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG steht eventuellen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Richter im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und dem Gericht des Hauptsacheverfahrens nicht entgegen, sofern nicht die von der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG vorgegebenen Ergebnisse beeinträchtigt werden, insbesondere die drei Garantien des Art. 1 Abs. 2 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof.
3. Im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG sind die Kriterien für die Feststellung und den Umfang des zu ersetzenden Schadens, der sich aus einer Verletzung des Vergaberechts der Europäischen Union ergibt, nach nationalem Recht zu bestimmen - wobei der Grundsatz der Effektivität des Rechts der Union verlangt, dass die Anforderungen an den Nachweis des Schadens nicht derart streng sein dürfen, dass er so erschwert wird, dass seine Wirksamkeit beeinträchtigt wird -, dass Zinsen zuzuerkennen sind und dass die Möglichkeit der Berücksichtigung des entgangenen Gewinns nicht ausgeschlossen ist.
VolltextIBRRS 2010, 3490
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.07.2010 - Verg 30/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2010, 3489
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2010 - Verg 26/10
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2010, 0443
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.06.2010 - 1 VK 23/10
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2010, 3474
OLG München, Beschluss vom 31.08.2010 - Verg 12/10
Ein Ausschluss von Angeboten wegen bei Angebotsabgabe nicht vorgelegter Eignungsnachweise kann nur dann erfolgen, wenn die Vorlage unmissverständlich entweder in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen gefordert worden ist. Verlangt der öffentliche Auftraggeber wegen der Unklarheit der Vergabeunterlagen nach Angebotsabgabe innerhalb einer bestimmten Frist die Vorlage von Eigenerklärungen zur technischen Leistungsfähigkeit, sind nach dieser Frist vorgelegte Eigenerklärungen grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen.*)
VolltextIBRRS 2010, 3467
VK Bund, Beschluss vom 24.11.2009 - VK 2-204/09
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2010, 3466
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.02.2010 - VK 5/10
1. Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als "offensichtlich unbegründet" sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vorneherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint, etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass es die von der Antragstellerin behaupteten Vergaberechtsverstöße tatsächlich nicht gibt.
2. Ein Angebot ist dann nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn der Bieter Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat.
3. Da der Auftraggeber den Vertragsinhalt in den Angebotsunterlagen vorgegeben hat, ist es sein anerkennenswertes Interesse zu verhindern, dass über die Geltung von Vertragsbedingungen nachträglich Streit entsteht, und den Prüfungsumfang im Vergabeverfahren im Interesse einer schnellen und reibungslosen Umsetzung der Auftragsvergabe nicht ausufern zu lassen. Eine derartige materielle Prüfung der Leistungen kann dem Auftraggeber und den weiteren Bietern nicht zugemutet werden. Eine Abweichung von den Verdingungsunterlagen liegt daher bereits dann vor, wenn ein Leistungsverzeichnis des Bieters formell in das Angebot einbezogen wird und daher inhaltlich bei der Feststellung des Vertragsinhaltes Berücksichtigung finden muss.
VolltextIBRRS 2010, 3465
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 55/09
1. Auch das Zustandekommen des zur Nachprüfung durch die Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellten Vertragsschlusses unterliegt dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nach § 102 GWB.
2. Bereits die Entscheidung, kein geregeltes Vergabeverfahren durchzuführen, muss der Nachprüfung zugänglich sein.
3. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Auftraggeber mit einem anderen Anbieter einen wirksamen Vertrag über die streitige Leistung geschlossen hat.
4. Eine wirksame Zuschlagserteilung ist für den Fall zu verneinen, dass die Vergabestelle ihrer Pflicht zur Information der erfolglosen Bieter aus § 13 Satz 1 VgV nicht nachgekommen ist.
5. Der Vortrag, es liege in der Natur der Sache, dass der bisherige Vertragspartner weiterhin ein Interesse habe, im Falle der Neuvergabe den Zuschlag zu erhalten, genügt ebenso wenig, wie gelegentlich und beiläufig geäußerte Interessenbekundungen, ohne dass diesen ein konkretes Beschaffungsvorhaben zugeordnet werden könnte.
6. Bei einem sittenwidrigen Verhalten gegenüber der Allgemeinheit oder gegenüber einem Dritten ist § 138 BGB nur anwendbar, wenn alle Beteiligten des streitigen Rechtsgeschäftes subjektiv sittenwidrig zum Nachteil des Betroffenen handeln. Das Bewusstsein von Sittenwidrigkeit ist bei den Handelnden nicht erforderlich; es genügt, dass der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt.
7. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte des Antragstellers aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist.
VolltextIBRRS 2010, 3464
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 51/09
1. Grundsätzlich schadet eine fehlerhafte Bezeichnung des Auftraggebers als Adressat eines Nachprüfungsantrages nicht und führt - wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrages gemeint ist - auch nicht dazu, dass sich ein Nachprüfungsantrag gegen den falschen, nicht passiv prozessführungsbefugten Antragsgegner richtet. Der Antrag könnte dann entsprechend ausgelegt und im Passivrubrum berichtigt werden.
2. Der Vergabekammer ist es verwehrt, von einer verfahrensrechtlich unschädlichen Falschbezeichnung der Auftraggeberin auszugehen, wenn der Antragsteller ausdrücklich sämtliche Nachprüfungsanträge in der in Rede stehenden Vertragsangelegenheit aufrechterhält und Parallelverfahren betreibt.
VolltextIBRRS 2010, 3463
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2010 - VK 50/09
1. Grundsätzlich schadet eine fehlerhafte Bezeichnung des Auftraggebers als Adressat eines Nachprüfungsantrags nicht und führt - wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrages gemeint ist - auch nicht dazu, dass sich ein Nachprüfungsantrag gegen den falschen, nicht passiv prozessführungsbefugten Antragsgegner richtet.
2. Der Vergabekammer ist es verwehrt, von einer verfahrensrechtlich unschädlichen Falschbezeichnung des Auftraggebers auszugehen, wenn der Antragsteller sämtliche Nachprüfungsanträge ausdrücklich aufrechterhält und in der in Rede stehenden Vertragsangelegenheit gegen den wirklichen Auftraggeber ein Parallelverfahren betreibt.
VolltextIBRRS 2010, 3462
VK Brandenburg, Beschluss vom 18.11.2009 - VK 41/09
1. Alles, was der Herstellung und späteren bestimmungsgemäßen Nutzung (Funktion) einer baulichen Anlage dient, ist als Bauleistung anzusehen und dementsprechend auszuschreiben.
2. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob ein öffentlicher Bauauftrag vorliegt, ist die Erreichung des im Vertrag geregelten Vertragsziels. Zu den Bauleistungen zählen insbesondere auch die Lieferung und Montage der für eine bauliche Anlage erforderlichen maschinellen und elektrotechnischen Anlagen und Anlagenteile sowie von Kommunikations- und fernmeldetechnischen Vermittlungs- und Übertragungseinrichtungen. Entscheidend ist, dass das Bauwerk ohne diese Anlagen noch nicht als vollständig fertig gestellt anzusehen ist. Unerheblich ist dagegen, ob sie wesentliche Bestandteile des Bauwerkes werden.
3. Die Montage elektrotechnischer und elektronischer Anlagen stellt nur dann keine Bauleistung dar, wenn die technische Anlage lediglich in dem Bauwerk untergebracht ist, das Bauwerk aber auch ohne sie nach seiner Zweckbestimmung funktionsfähig ist.
VolltextIBRRS 2010, 3431
LG Duisburg, Urteil vom 06.07.2010 - 24 O 125/09
Eine für den Abschluss eines Kaufvertrages wesentliche Vermittlungs- oder Nachweistätigkeit eines Maklers liegt nicht vor, wenn der Erwerb des Grundstückes erst Jahre später und nach Teilnahme und Erfolg einer Offenen Ausschreibung der öffentlichen Hand erfolgt.
VolltextIBRRS 2010, 3430
VK Brandenburg, Beschluss vom 19.05.2010 - VK 15/10
1. Das Erreichen bzw. Überschreiten des Schwellenwerts ist als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens jederzeit von Amts wegen zu prüfen.
2. Nach § 3 Abs. 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts von der geschätzten Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen. Maßgebend ist dabei die Perspektive eines potentiellen Bieters. Bei der Gesamtvergütung handelt es sich um den Verkehrs- oder Marktwert, zu dem eine bestimmte Leistung zum maßgebenden Zeitpunkt eingekauft werden kann. Der geschätzte Auftragswert muss auf einer pflichtgemäßen und sorgfältigen Prüfung der Marktlage beruhen. Er soll den Marktwert widerspiegeln.
3. An die Schätzung selbst dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.
4. Ist die Kostenschätzung des Auftraggebers mangelhaft und unzureichend dokumentiert, kann die Vergabekammer sie durch eigene Ermittlungen ersetzen. Liegt ein Wettbewerbsergebnis vor, kann dieses entsprechend zur Schwellenwertbestimmung herangezogen werden.
5. Die Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB kann nicht dadurch hergestellt werden, dass der Auftraggeber parallel zur nationalen Öffentlichen Ausschreibung auch europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben hat.
7. Einem Antragsteller ist nicht deshalb Primärrechtsschutz nach den §§ 97 ff GWB zu gewähren, weil der Auftraggeber - indem er den Weg des Offenen Verfahrens mit europaweiter Bekanntmachung gewählt hat - auch in Bezug auf die Rechtsschutzmöglichkeit einer Selbstbindung unterliegt.
8. Aus dem unzutreffenden Hinweis auf den Rechtsweg zu den Vergabekammern gemäß §§ 102 ff GWB folgt nicht die Zulässigkeit dieses vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Rechtsweges; weder die irrtümliche noch die freiwillige Unterwerfung der Vergabestelle unter die Bestimmungen des GWB hat Einfluss auf den gesetzlich festgelegten Rechtsweg.
VolltextIBRRS 2010, 3429
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.06.2010 - VgK-26/2010
1. Maßstab für die Erkennbarkeit i. S. des § 107 Abs. 3 Nr. 2 u. 3 GWB ist die Erkenntnismöglichkeit für das Unternehmen bei Anwendung üblicher Sorgfalt. Die Erkennbarkeit muss sich dabei nicht nur auf die den Verstoß begründenden Tatsachen, sondern auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen.
2. Erscheinen dem Auftraggeber Angebote im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, so hat der Auftraggeber gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A vor der Vergabe des Auftrages Einzelposten dieser Angebote zu überprüfen.
3. Zu diesem Zweck muss er in Textform vom Bieter die erforderlichen Belege verlangen und bei der Vergabe das Ergebnis dieser Überprüfung berücksichtigen.
4. Die Frage, ab welchem Preisabstand der Auftraggeber Anlass zu Zweifeln der Angemessenheit des Preises haben muss, hängt vom Einzelfall, insbesondere vom Auftragsgegenstand und von der Marktsituation ab. Für Liefer- und Dienstleistungen im Sinne der VOL/A gibt es eine keine verbindliche Aufgreifschwelle. Rechtsprechung und Schrifttum orientieren sich zumindest für den Liefer- und Dienstleistungsbereich mehrheitlich an einer 20 %-Schwelle.
5. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht verpflichtet, nur "auskömmliche" Angebote anzunehmen.
VolltextIBRRS 2010, 3428
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.06.2010 - VgK-28/2010
1. Die in Deutschland geltende Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (IBR 2010, 159) nach wie vor grundsätzlich anwendbar.
2. Im Gegensatz zum irischen Recht und zum britischen Recht regelt § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht die Ausschlussfrist für das Nachprüfungsverfahren selbst, sondern nur die Anforderungen an die Rügeobliegenheit als Zulässigkeitsvoraussetzung und damit, ob die Zulässigkeitsvoraussetzung vorliegt oder nicht. Entscheidend aber ist, dass der Begriff der Unverzüglichkeit im deutschen Recht eindeutig definiert ist, nämlich als "ohne schuldhaftes Zögern" im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, was zu dem aufgrund einer ausgeprägten Rechtsprechung zu § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bzw. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. auch für das Vergaberecht weitergehend konkretisiert worden ist.
VolltextIBRRS 2010, 3427
VK Lüneburg, Urteil vom 25.02.2010 - VgK-82/2009
1. Die Frage, ob Merkmale des § 98 Abs. 2 GWB konkret erfüllt sind, ist anhand einer Einzelfallbetrachtung zu entscheiden. Eine Aufgabe im Allgemeininteresse liegt u. a. dann vor, wenn die Aufgabe nicht nur die Förderung des privaten Interesses eines Einzelnen oder einer Gruppe von Personen, sondern das Interesse der Gesamtheit der Bevölkerung zum Gegenstand hat. Entscheidend ist dabei letztlich, ob Gemeinwohlbelange gefördert werden sollen. Bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Sanierungsgesellschaften ergibt sich das Merkmal des Allgemeininteresses in der Regel aus den rechtlichen Rahmenbedingungen der Einrichtung, die regelmäßig auf die Deckung des Wohnungsbedarfs schwächerer Bevölkerungsschichten ausgerichtet sind.
2. Es gibt keine abschließenden Merkmale, anhand derer die Nicht-Gewerblichkeit verbindlich festzustellen ist, sondern lediglich von der Rechtssprechung festgestellte und hervorgehobene Indizien.
VolltextIBRRS 2010, 3423
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.2010 - Verg 7/10
1. Bei der Eignungsprüfung anhand von Referenzen ist in zwei Stufen vorzugehen:
- Formale Prüfung: Genügen die vorgelegten Referenzen formell den Anforderungen?
- Materielle Prüfung: Lassen die vorgelegten Referenzen eine einwandfreie Ausführung des Auftrages erwarten?
2. Die Frage, ob die in den Referenzen aufgeführten Arbeiten "gleichwertig" sind (sofern in den Anforderungen an die Referenzen auch "gleichwertige" Arbeiten zugelassen sind), gehört zur materiellen Prüfung.
IBRRS 2010, 3415
OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2010 - WVerg 8/10
Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung im Verfahren vor der Vergabekammer eröffnet § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung sowohl für die Kosten der Vergabekammer als auch die Kosten der Beteiligten.*)
VolltextIBRRS 2010, 3414
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2010 - Verg 18/10
1. Drittunternehmen im Sinne der Art. 25, 45 ff Richtlinie 2004/18/EG, § 7a Nr. 3 Abs. 6, § 10 VOL/A sind auch konzernangehörige Unternehmen.
2. Die Vergabebekanntmachung muss die vorzulegenden Unterlagen selbst bezeichnen und darf sich nicht damit begnügen, auf die Verdingungsunterlagen zu verweisen; letztere können die Angaben in der Vergabebekanntmachung lediglich in bestimmtem Umfange konkretisieren.
VolltextIBRRS 2010, 3396
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.06.2010 - Verg 14/10
1. Als unbestimmte Rechtsbegriffe unterliegen die Eignungskriterien des § 97 Abs. 4 GWB einer lediglich eingeschränkten Nachprüfung der Nachprüfungsinstanzen auf Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraums, insbesondere darauf, ob von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist und allgemeine Wertungsgrundsätze beachtet worden sowie keine sachwidrigen Erwägungen in die Wertung eingeflossen sind.
2. Im Rahmen der Eignungsbewertung hat der öffentliche Auftraggeber auch bei Vorliegen der in § 7 Nr. 5 VOL/A nur typisierend genannten Tatbestandsmerkmale im Einzelfall zu überprüfen, ob das betroffene Unternehmen dennoch genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, um die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Eignungsanforderungen zu erfüllen und ob es davon ausgehend die notwendigen Sicherheiten bietet, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.
3. Hat ein öffentlicher Auftraggeber in Ausübung seines Beurteilungsspielraums die Eignung bejaht, ist er daran grundsätzlich gebunden und bei unveränderter Sachlage im Allgemeinen gehindert, von seiner ursprünglichen Beurteilung abzurücken und die Eignung eines Bieters nunmehr zu verneinen. Neu auftretende oder bekannt werdende Umstände, die seine Entscheidung in Frage stellen könnten, hat er allerdings auch nach bereits positiv abgeschlossener Wertung der Eignung eines Bieters in jeder Phase des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen.
4. Ist der Antragsteller über einen langen Zeitraum seiner Verpflichtung zur Zahlung von Tariflöhnen sowie zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen in erheblichem Umfang nicht nachgekommen und legt er diese Vorgänge - obwohl verlangt - nicht offen, sondern versichert er, gegenwärtig und auch in der Vergangenheit seine diesbezüglichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein, so liegen nicht ausräumbare Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers vor.
IBRRS 2010, 3395
VK Lüneburg, Beschluss vom 25.03.2010 - VgK-07/2010
1. Die Grundsätze über die Losvergabe dienen nicht ausschließlich der Förderung mittelständischer Interessen. Vielmehr sind diese Grundsätze auch Ausprägung des Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 97 Abs. 1 und Abs. 5 GWB.
2. Grundsätzlich steht es jeder Vergabestelle frei, die auszuschreibende Leistung nach ihren individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in dieser, den autonom bestimmten Zwecken entsprechenden Gestalt dem Wettbewerb zu öffnen.
3. Zwar ist angesichts des eindeutigen Regel-Ausnahme-Prinzips des § 97 Abs. 3 GWB zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber grundsätzlich einen erhöhten Koordinierungsaufwand aufgrund der mittelstandsfördernden Entscheidung des Gesetzgebers zu Gunsten des Vorrangs der Losvergabe hinzunehmen hat, führt die Koordinierung jedoch zu einem erheblichen Mehraufwand, kann nach wie vor ein (wirtschaftlicher) Grund für eine zusammengefasste Vergabe gegeben sein. Dem öffentlichen Auftraggeber steht insoweit nach wie vor eine Einschätzungsprärogative zu.
VolltextIBRRS 2010, 3368
VK Lüneburg, Beschluss vom 16.04.2010 - VgK-10/2010
1. Aus den Entscheidungen des EuGH, der sich mit der Rechtswirksamkeit von Präklusionsregeln in irischen und englischen Vorschriften befasst hat, kann nicht der Rückschluss auf eine Europarechtswidrigkeit des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB gezogen werden.
2. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A enthalten, ausgeschlossen werden. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Bewertung ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser Spielraum engt sich jedoch dann ein, wenn der Auftraggeber selbst dieses weite Ermessen durch Angabe von zulässigen Mindestvoraussetzungen erklärt. Er ist dann an diese Voraussetzungen gebunden und darf nicht nachträglich von ihnen abweichen.
3. Werden Erklärungen oder Nachweise nicht eindeutig gefordert, so kann ihr Fehlen bei Angebotsabgabe nicht zur Begründung eines Angebotsausschlusses nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A herangezogen werden.
VolltextIBRRS 2010, 3366
VK Südbayern, Beschluss vom 29.07.2010 - Z3-3-3194-1-39-06/10
1. Grundsätzlich darf nur in besonderen Ausnahmefällen eine Gestattung des Zuschlags erfolgen, wenn ein dringendes Interesse besteht, welches deutlich das Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Nachprüfungsverfahrens übersteigt.
2. Mehrkosten, die durch ein Nachprüfungsverfahren entstehen können, sind dann ein Argument für die Gestattung des Zuschlags, wenn sie in erheblicher Höhe anfallen.
VolltextIBRRS 2010, 3365
BGH, Urteil vom 22.07.2010 - VII ZR 129/09
Ein Zuschlag in einem durch ein Nachprüfungsverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen erfolgt im Zweifel auch dann zu den ausgeschriebenen Fristen und Terminen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können und der Auftraggeber daher im Zuschlagsschreiben eine neue Bauzeit erwähnt.*)
VolltextIBRRS 2010, 3359
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.06.2010 - VgK-17/2010
1. Bei den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Da die Prüfung der Eignung eines Unternehmens ein wertender Vorgang ist, in den zahlreiche Einzelumstände einfließen, ist den Auftraggebern ein Beurteilungsspielraum einräumen, der nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen zugänglich ist. Die Vergabekammer kann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabestelle über die Eignung eines Unternehmens folglich nur daraufhin überprüfen, ob die rechtlichen Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes überschritten sind. Eine Überschreitung dieses Beurteilungsspielraumes ist regelmäßig (nur) anzunehmen, wenn
- das vorgeschriebene Vergabeverfahren nicht eingehalten wird,
- nicht von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wird,
- sachwidrige Erwägungen einbezogen werden oder wenn der sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wird
2. Die Anforderung von Referenzen stellt eine geeignete und vergaberechtskonforme Maßnahme dar, die es dem Auftraggeber erleichtert, die Eignungsprüfung im Rahmen der Angebotswertung oder - wie im vorliegenden Fall - im Zuge der Bewerberauswahl im Verhandlungsverfahren durchzuführen.
VolltextIBRRS 2010, 3345
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2010 - Verg 59/09
1. Ein Flughafenbetreiber ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a.F.
2. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nicht der Flughafenbetreiber selbst, sondern ein Tochterunternehmer die Auftragsvergabe durchführt.
3. Bei der Vergabe eines Abschleppauftrags darf kein Nachweis der Inkassoberechtigung verlangt werden, weil dies nicht durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
4. Vergaberechtswidrig ist die Wahl des Zuschlagskriteriums "konkret für die Auftragserfüllung vorgesehene technische Ausstattung", weil damit eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorgenommen wird.
VolltextIBRRS 2010, 3343
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2010 - Verg 58/09
1. Ein Flughafenbetreiber ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 4 GWB a.F.
2. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nicht der Flughafenbetreiber selbst, sondern ein Tochterunternehmer die Auftragsvergabe durchführt.
3. Bei der Vergabe eines Abschleppauftrags darf kein Nachweis der Inkassoberechtigung verlangt werden, weil dies nicht durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist.
4. Vergaberechtswidrig ist die Wahl des Zuschlagskriteriums "konkret für die Auftragserfüllung vorgesehene technische Ausstattung", weil damit eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorgenommen wird.
VolltextIBRRS 2010, 3338
OLG München, Beschluss vom 10.08.2010 - Verg 7/10
In Anbetracht des klaren Wortlautes von § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB ist es nicht möglich, einen Antragsteller von der Tragung der "außergerichtlichen" Kosten des Antragsgegners (hier: der Vergabestelle) im Verfahren vor der Vergabekammer freizustellen, obwohl dieser seinen Nachprüfungsantrag unterstützt hat und damit sozusagen im Lager des Antragstellers stand.*)
VolltextIBRRS 2010, 3337
OLG München, Beschluss vom 09.08.2010 - Verg 13/10
Antrag und Vorbringen des antragstellenden Bieters bilden den Rahmen der Sachverhaltserforschung und der Rechtmäßigkeitskontrolle, zu der die Vergabekammer befugt ist. Diese Befugnisse werden überschritten, wenn trotz der Feststellung, dass der Antragsteller den Zuschlag aus Rechtsgründen nicht erhalten kann, in Bezug auf die Abwicklung des Vergabeverfahrens Anordnungen durch die Vergabekammer getroffen werden.*)
VolltextIBRRS 2010, 3335
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2010 - VK-SH 11/10
1. § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB beinhaltet im Gegensatz zu Nr. 1 der Vorschrift nicht das Merkmal der Unverzüglichkeit, so dass für Vergaberechtsverstöße, die bereits in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, eine Rüge bis zum Ablauf der Angebotsfrist ausreichend ist.*)
2. Eines Nachweises anhand von Produktblättern o.ä. dafür, dass die von einem Bieter angebotene Leistung den im Leistungsverzeichnis aufgeführten Positionen den Anforderungen genügt, bedarf es nur dann, wenn der Auftraggeber diesen Nachweis eindeutig gefordert hat.*)
VolltextIBRRS 2010, 3334
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.04.2010 - VK-SH 3/10
1. Gibt ein Bieter bei der Position "Vertriebskosten" eines zwingend mit dem Angebot vorzulegenden und vollständig auszufüllenden Kalkulationsschemas den Wert Null an und teilt dieser auf Nachfrage des Auftraggebers mit, er habe zwar Vertriebskosten kalkuliert, diese aber in die Position "Verwaltungskosten" einfließen lassen, ist diese falsche Erklärung -ausgehend von der entsprechenden Rechtsprechung zu den Preisangaben- mit einer fehlenden Erklärung gleichzusetzen, was zum Ausschluss der Angebots führen muss.
2. Die Entscheidung über die Beiladung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Befindet sich das Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer noch in einem Stadium, in dem die Interessen des betreffenden Bieters durch die Entscheidung der Vergabekammer nicht im Sinne von § 109 GWB schwerwiegend berührt werden können, ist angesichts der mit einer Beiladung verbundenen Zeitverzögerungen und Kosten von einer Beiladung abzusehen.
VolltextIBRRS 2010, 3333
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.05.2010 - VK-SH 1/10
1. Für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags nach § 101b Abs. 1 Satz 2 GWB müssen mit Ausnahme der Rügepflicht die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.*)
2. Der vorzeitig erklärte Verzicht auf eine Kündigungsoption nach einem unbefristeten Dienstleistungsvertrag stellt keinen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB, sondern als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung lediglich die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Gestaltungsrechts dar. Die Rücknahme oder Nichtigkeit einer Kündigungserklärung führt nicht zu einem neuen Vertragsverhältnis, sondern setzt den alten Vertrag lediglich fort.*)
3. Mit der rechtlichen Pflicht des Entsorgungsträgers, die zur Beseitigung überlassenen Abfälle ausschließlich in bestimmten Anlagen zu entsorgen, geht nicht ein ausschließliches Recht des Betreibers der betreffenden Anlagen zur Leistungserbringung einher. Die Befugnis zur Entsorgung erlangt der Betreiber erst aus dem privatrechtlich geschlossenen Entsorgungsvertrag.*)
VolltextIBRRS 2010, 3298
OLG Naumburg, Beschluss vom 21.06.2010 - 1 Verg 12/09
1. Ein Beigeladener ist im Vergabenachprüfungsverfahren dann materiell beschwert, wenn er geltend machen kann, dadurch unmittelbar in subjektiven Rechten, also nicht lediglich in wirtschaftlichen Interessen verletzt zu sein.*)
2. Hat er sich angesichts dessen, dass die Vergabestelle eine europaweite Neuausschreibung beabsichtigt, auf eine Interimsbeauftragung eingelassen, so kann er nicht geltend machen, durch die Verpflichtung zur Neuausschreibung in einer subjektiven Rechtsposition verletzt zu werden.*)
3. Setzt der öffentliche Auftraggeber die Entscheidung der Vergabekammer vor Beendigung des Nachprüfungsverfahrens um, indem er den gerügten Vergabeverstoß behebt, liegt eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens "in sonstiger Weise" vor.*)
4. Die Erledigung tritt zwischen den Hauptbeteiligten des Nachprüfungsverfahrens (Antragsteller und Antragsgegner) ein und ist vom Beigeladenen prozessual hinzunehmen.*)
VolltextIBRRS 2010, 3297
OLG Naumburg, Beschluss vom 24.06.2010 - 1 Verg 4/10
Mit dem Diskriminierungsverbot des § 97 GWB ist es nicht zu vereinbaren, wenn eine Ausschreibung von Anfang an so angelegt ist, dass letztlich nur ein Bieter die Kriterien erfüllen kann (hier bei Postdienstleistungen).*)
IBRRS 2010, 3293
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.07.2010 - Verg W 4/09
1. War der ursprünglich Nachprüfungsantrag unzulässig, so ist auch ein Feststellungsantrag gemäß § 123 Satz 3, § 114 Abs. 2 GWB unzulässig.
2. § 13 Satz 6 VgV a.F. findet bei einer de-facto-Vergabe nur dann entsprechende Anwendung, wenn die Beschaffung einer Dienstleistung zu Angeboten verschiedener Bieter geführt und eine Auswahl unter diesen stattgefunden hat, so dass ein dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 13 Satz 6 VgV a.F., dem Verfahren zur Auftragsvergabe, vergleichbarer Fall gegeben ist.
3. Ist ein Auswahlverfahren unter mehreren Bietern gegeben, ist nur derjenige Interessent durch § 13 Satz 6 VgV a.F. geschützt, der "Bieter" in diesem Auswahlverfahren war und daher entsprechend § 13 Satz 6 VgV a.F. über die Auftragsvergabe hätte informiert werden müssen.
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