Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10835 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2008
IBRRS 2008, 2960OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.08.2008 - 11 Verg 8/08
1. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Vergabestelle in den Bewerbungs- und Angebotsbedingungen ein rechtsverbindlich unterschriebenes Angebot und den Nachweis einer entsprechenden Bevollmächtigung verlangt.
2. Angebote, die dem Erfordernis einer (rechts)verbindlichen Unterschrift nicht genügen und den Nachweis der wirksamen Bevollmächtigung nicht enthalten, sind gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A i.V.m. den Bestimmungen der Bewerbungsbedingungen von der Wertung grundsätzlich zwingend auszuschließen.
3. Die VOB enthält keine allgemeine Aufforderung, hinsichtlich der Nachunternehmer ebenfalls die für den Bieter geforderten Eignungsnachweise vorzulegen.
4. Eine Verpflichtung des Auftraggebers, den• Bewerber zur Nachreichung fehlender Unterlagen aufzufordern, besteht in der Regel nicht, wenn hinsichtlich der Art und des Umfangs der vorliegenden Unterlagen und Nachweise aufgrund der hinreichend klaren und deutlichen Hinweise in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen keine Zweifel angebracht sind.
5. Zu den Voraussetzungen zur Ablehnung von Richtern/Beisitzern.
VolltextIBRRS 2008, 2959
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.03.2008 - Verg 56/07
1. Die Vergabestelle muss sich bereits bei der Vergabebekanntmachung darüber klar geworden sein, ob und welche Nachweise sie von den Bietern verlangen will; in den Verdingungsunterlagen kann sie diese Anforderungen nur konkretisieren.
2. Ein Bieter kann nicht vertraglich daran gehindert werden, Rügen innerhalb des Vergabeverfahrens auszusprechen. Die Grenzen des Rügerechts werden ausschließlich durch das Gesetz gezogen.
3. Ein Nachprüfungsantrag kann nur dann Erfolg haben, wenn auch sämtliche anderen Angebote auszuschließen sind oder aus sonstigen Gründen das Vergabeverfahren neu zu beginnen ist. Entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats ist nicht mehr zu verlangen, dass die anderen Angebote an einem gleichartigen Mangel leidet, sondern ausreichend, dass die anderen Angebote derart mangelbehaftet sind, dass sie zwingend auszuschließen sind.
VolltextIBRRS 2008, 2953
OLG Naumburg, Beschluss vom 09.10.2008 - 1 Verg 8/08
1. Für die Beurteilung des Unterliegens eines Beteiligten im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer i.S.v. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB ist allein der Ausgang des Verfahrens im Verhältnis zu dem von ihm gestellten Antrag bzw. zu den von ihm gestellten Anträgen maßgeblich; dies erfordert eine wertende Betrachtung der Antragsziele des Beteiligten.*)
2. Verfolgt die Antragstellerin im Vergabenachprüfungsverfahren primär das Ziel einer erneuten Wertung ihres bereits vorliegenden (preisgünstigsten) Angebots und begehrt sie daneben ganz allgemein eine Erhaltung einer Chance auf Auftragserteilung im materiellen Beschaffungsvorgang, z. Bsp. durch Einräumung einer Gelegenheit zur Erstellung eines neuen Angebotes, so liegen zwei nicht identische Antragsziele vor, die zueinander in einem Stufenverhältnis, wie Haupt- und Hilfsantrag, stehen.*)
3. Bei einem beiderseitigen teilweisen Unterliegen von Antragstellerin und Antragsgegnerin sind die Kosten nach § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB nach dem Verhältnis des jeweiligen Unterliegens zu verteilen. Im Falle der Zurückweisung des Hauptantrages der Antragstellerin sowie des Erfolgs ihres Hilfsantrages entgegen der von der Antragsgegnerin beantragten vollständigen Zurückweisung des Nachprüfungsantrages ist grundsätzlich eine Kostenaufhebung verhältnismäßig.*)
VolltextIBRRS 2008, 2952
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2008 - 1 Verg 10/08
1. Zum Antragsrecht der Beigeladenen nach § 118 Abs. 1 GWB analog, auch bei Anordnung der Wiederholung der Wertung (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Senats).*)
2. Im Vergabenachprüfungsverfahren kann offen bleiben, ob für die Ausschreibung die Vorschriften der Abschnitte 1 und 3 der VOL/A oder des 4. Abschnitts der VOL/A anwendbar sind, wenn hinsichtlich der beanstandeten bzw. der nach Auffassung der Vergabekammer gebotenen Verhaltensweisen der Vergabestelle die jedenfalls strengeren Vorgaben der Verdingungsunterlagen maßgeblich sind.*)
3. Die Bestimmungen des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A sind auf das Verhandlungsverfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil Gegenstand der Angebotswertung nicht allein das schriftlich abgegebene Angebot ist, sondern grundsätzlich das schriftliche Angebot in seiner Aus- und Umgestaltung durch die - mündlichen - Verhandlungsgespräche. Änderungen und Ergänzungen des Angebots nach Abgabe des sog. indikativen Angebots sowie sogar alternative Angebotsteile sind im Verhandlungsverfahren grundsätzlich zulässig und dürfen vom öffentlichen Auftraggeber in nicht diskriminierender Weise auch initiiert werden. Unvollständig kann ein Angebot im Verhandlungsverfahren grundsätzlich nur dann sein, wenn nach Abschluss der Verhandlungen und regelmäßig einem Aufklärungsversuch noch immer wesentliche Preisangaben fehlen, Angebote nicht unterschrieben sind oder zweifelhafte Inhalte aufweisen.*)
4. Etwas Anderes gilt, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Durchführung des Verhandlungsverfahrens selbst ein formelles Anforderungsprofil für indikative bzw. sonstige schriftliche Angebote definiert und den Bietern vor Angebotsabgabe bekannt gegeben hat.*)
5. Wird die Unterzeichnung durch "rechtsverbindliche Unterschrift" verlangt, nicht jedoch der Nachweis der Vertretungsmacht des Unterzeichners mit dem Angebot, so genügt dieser Anforderung jede Unterschrift eines Erklärenden, der zum Zeitpunkt des Ablaufes der Vorlagefrist tatsächlich bevollmächtigt war. Den Nachweis über seine Vertretungsmacht kann er jederzeit, auch nachträglich, führen.*)
VolltextIBRRS 2008, 2950
OLG Naumburg, Urteil vom 02.10.2008 - 1 U 42/08
1. Verzögert sich der Baubeginn durch ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren, so ist die Leistungszeit in entsprechender Anwendung von § 6 Nr. 1 VOB/B und die Vergütung in entsprechender Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Wenn der öffentliche Auftraggeber eine Vertragsanpassung in der einen oder anderen Hinsicht schon dem Grunde nach ablehnt, steht dem Auftragnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu.*)
2. Äußert ein Auftragnehmer technisch begründete Bedenken gegen die Umsetzbarkeit der Bauausführungsplanung des Auftraggebers, so rechtfertigt dies grundsätzlich eine Kündigung aus wichtigem Grunde, insbesondere wegen eines Vertrauensverlustes, nicht.*)
IBRRS 2008, 2947
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.10.2008 - 15 Verg 9/08
Zur Problematik des Wechsels von Bewerbergemeinschaft zum Einzelbieter.
VolltextIBRRS 2008, 2946
LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 24.10.2008 - 2 O 326/08
Zur Problematik eines Antrags auf einstweilige Verfügung unterhalb der Schwellenwerte.
VolltextIBRRS 2008, 2945
VK Lüneburg, Beschluss vom 16.10.2008 - VgK-30/2008
1. Grundstücks-Pachtverträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Investoren sind dann als ausschreibungspflichtige Baukonzessionen einzustufen, wenn der Investor nicht nur zur Zahlung eines Pachtzinses, sondern auch zur Realisierung bestimmter Baumaßnahmen verpflichtet wird.
2. Von einer Bauleistung und damit dem Vorliegen einer Baukonzession ist bereits dann auszugehen, wenn die Bauleistung in dem Gesamtvertrag nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Auch wenn die Angabe einer exakten Prozentzahl nicht möglich ist, dürfte eine Baukonzession jedenfalls immer dann gegenüber einer Dienstleistungskonzession nicht von untergeordneter Bedeutung sein, wenn die Bauleistung mindestens 40% des Auftragsvolumens oder mehr beträgt.
3. Beabsichtigt die Vergabestelle die Entwicklung des kommunalen Hafens in einen Sport- und Freizeithafen und sieht ein Bieter bewusst abweichend dazu die Errichtung eines multifunktionalen Vollwerthafens vor, weicht er von den Festlegungen der Verdingungsunterlagen ab und ist entsprechend auszuschließen.
4. Legt der Bieter den geforderten schriftlichen Investitions- und Finanzierungsplan nicht vor, so ist er zwingend wegen fehlender Unterlagen auszuschließen.
5. Weicht die Vergabestelle von ihrem ursprünglichen Ziel, einen kommunalen Hafen in einen Sport- und Freizeithafen zu entwickelt, dahingehend ab, dass sie nunmehr die Errichtung eines multifunktionalen Hafens anstrebt, so liegt darin eine grundlegende Veränderung der Verdingungsunterlagen, die die Auftraggeberin zu einer Aufhebung des Vergabeverfahrens nach § 26 VOB/A berechtigt.
6. Eine Aufhebung ist gemäß § 26 Nr. 1 c VOB/A u. a. dann statthaft, wenn "andere schwerwiegende Gründe bestehen". Derartig schwerwiegende Gründe können gerade auch in schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren liegen. Zu diesen schwerwiegenden rechtlichen Fehlern des Auftraggebers im Vergabeverfahren gehört auch das Unterlassen eines europaweiten Vergabeverfahrens trotz Überschreitung des Schwellenwertes. Dies gilt zumindest dann, wenn die Bieter schon bei ihren Angebotskalkulationen hätten erkennen können und müssen, dass der Schwellenwert deutlich überschritten wird.
VolltextIBRRS 2008, 2921
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.03.2008 - Verg 13/08
Eine Bieterinformation, die den Namen des erfolgreichen Bieters nicht nennt, setzt die Wartefrist des § 13 Satz 2 ff VgV nicht in Gang.
VolltextIBRRS 2008, 2912
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2007 - Verg 20/07
1. Zur Bestimmung materieller Mindestanforderungen für Nebenangebote ist ausreichend, wenn der Auftraggeber unter den für Hauptangebote geltenden Bedingungen für Nebenangebote eine inhaltliche Auswahl trifft.*)
2. Nach § 24 Nr. 3 VOB/A an Nebenangeboten zugelassene Änderungen dürfen nur an einem wertbaren Nebenangebot angebracht werden.*)
3. Der vom Auftraggeber für den Fall, dass bei der Ausführung des Auftrags die Fähigkeiten anderer Unternehmen eingesetzt werden sollen, verlangte Verfügbarkeitsnachweis ist nicht nur dann beizubringen, wenn die Fähigkeiten des anderen Unternehmens (hier bei einem Bauauftrag) bei den eigentlichen Bauleistungen eingesetzt werden. Der Nachweis hat sich auch auf die bei der Ausführung des Auftrags benötigten Hilfsmittel zu erstrecken, ohne deren Einsatz die Bauleistungen nicht erbracht werden können.*)
VolltextIBRRS 2008, 2877
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.04.2008 - Verg 15/08
§ 127 SGB V lässt Zusammenschlüsse auf Nachfrager- wie auf Bieterseite, mithin Konzentrationen, ausdrücklich zu. Auf spezifische Belange des Mittelstandsschutzes nach GWB und VOL/A ist danach keine Rücksicht zu nehmen.
VolltextIBRRS 2008, 2875
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.09.2008 - 21.VK-3194-44/08
1. Enthält die Mitteilung gemäß § 13 VgV keinen Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots des betreffenden Bieters, entspricht sie nicht den Mindestanforderungen des § 13 Satz 1 VgV. Ein dennoch geschlossener Vertrag ist gemäß § 13 Sätze 5 und 6 VgV nichtig. Ein kraft Gesetzes nichtiger Vertrag kann auch nicht für wirksam erklärt werden.*)
2. Selbst wenn durch Unklarheiten in den Verdingungsunterlagen bei der späteren Vertragsabwicklung Probleme entstehen könnten, so kann dies nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sein, das allein der Wahrung des Primärrechtsschutzes dient.*)
IBRRS 2008, 2874
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.07.2008 - 1 VK LVwA 04/08
Entsprechend der Regelung des § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A sind jene Angebote, die nicht die geforderten Angaben enthalten, auszuschließen. In diesem Zusammenhang hat der BGH (Beschluss vom 18.02.2003 - X ZB 43/02) im Rahmen der Zurückweisung des Antrages auf Divergenzbeschluss festgestellt, dass § 25 Nr. 1 VOB/A dem öffentlichen Auftraggeber kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabung ermöglicht, sondern er vielmehr gezwungen ist, unvollständige Angebote aus der Wertung zu nehmen (s. a. BGH, Urteil vom 24.05.2005 – X ZR 243/02).*)
VolltextIBRRS 2008, 2873
VK Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008 - VK-42/2008-B
1. Bei Antragsrücknahme kann die Vergabekammer auch bei Angelegenheiten von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung eine Reduzierung der Gebühren bis in die Nähe der Mindestgebühr vornehmen.
2. Billigkeitsgründe können der Verfahrensstand und die Beschäftigung der Vergabekammer mit der Sache selbst sein.
VolltextIBRRS 2008, 2872
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2008 - Verg 41/08
1. Von einer unvollständigen Preisangabe kann nur ausgegangen werden, wenn bezüglich sämtlicher oder zumindest einer einzigen Ordnungsziffer(n) des Leistungsverzeichnisses dargelegt wird, dass zwar - wie vom Auftraggeber gefordert - ein Preis angegeben wurde, der aber dem tatsächlich vom Bieter für die Leistung beanspruchten Preis nicht entspricht, und damit die Preisangabe unvollständig ist.
2. Nicht entscheidend ist, ob die im Preisblatt EFB 1 b enthaltenen Angaben im Vergleich zu den Angaben im Preisblatt EGB 2 unrichtig oder unvollständig sind, denn eine solche Abweichung erlaubt nicht ohne Weiteres einen Rückschluss auf die Vollständigkeit der Preisangaben im Angebot.
3. Bei der während der Bauausführung zu erbringenden Eigen- und Fremdüberwachung nach DIN 18331 durch den Auftragnehmer handelt es sich um eine Nebenleistung im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB zur Hauptleistung Betoneinbau; sie dienen der Durchführung und Sicherung der Hauptleistung.
4. Auch eine anerkannte Prüfstelle nach DIN 1045-3 für die Fremd- und Eigenüberwachung ist als Nachunternehmer zu qualifizieren.
5. Muss der Bieter gemäß den Verdingungsunterlagen die Unternehmen angeben, "deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfalle bedienen will", so ist diese Formulierung in Bezug auf die Frage, ob er dementsprechend auch anerkannte Prüfstellen angeben muss, unklar, insbesondere im Hinblick auf die bisher geübte Praxis der Vergabestellen.
IBRRS 2008, 2870
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2008 - 1 VK LVwA 02/08
Das Verhandlungsverfahren, welches einer Freihändigen Vergabe gleicht, ist zwar dem Wettbewerb und der Transparenz auch weiterhin verpflichtet, es bietet dem Auftraggeber im Falle seiner Zulässigkeit jedoch zahlreiche Privilegierungen. Dazu gehört auch die Entbindung von der Verpflichtung einen öffentlichen Submissionstermin durchzuführen.*)
VolltextIBRRS 2008, 2868
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.09.2008 - 21.VK-3194-43/08
1. Bei der Beurteilung der Eignung handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Dem Auftraggeber ist ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Die Vergabekammer kann nur überprüfen, ob Beurteilungsfehler vorliegen, die sich aus der Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens, einer unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhaltsermittlung oder der Einbeziehung sachwidriger Erwägungen in die Entscheidung ergeben.*)
2. Ein Bieter muss nicht von Anfang an sämtliche technischen und personellen Mittel für eine Auftragsdurchführung vorhalten. Es genügt auch die konkrete und berechtigte Erwartung, dass der Bieter aufgrund seiner technischen, organisatorischen und finanziellen Ausstattung bereit und in der Lage ist, den Auftrag zu erfüllen.*)
3. Die materielle Beweislast für das Vorbringen, dass der von einem Konkurrenten angebotene Preis im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht, trägt die Antragstellerin, nicht die Antragsgegnerin.*)
4. Der Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnten.*)
IBRRS 2008, 2866
BGH, Beschluss vom 23.09.2008 - X ZB 19/07
Die Geschäftsgebühr für die Vertretung im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bemisst sich für den Rechtsanwalt, der bereits im Vergabeverfahren tätig geworden ist, nach RVG-VV Nr. 2301.*)
VolltextIBRRS 2008, 2863
VK Sachsen, Beschluss vom 25.06.2008 - 1/SVK/029-08
Bietet ein Bieter ein Produkt an, das von den konkreten Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweicht, so liegt darin eine Änderung der Verdingungsunterlagen, die einen zwingenden Ausschluss des Angebotes nach sich zieht. Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass die positionsgenau definierte Leistungsbeschreibung i. S. v. § 8 Nr. 3 Absatz 5 VOL/A eigentlich so auszulegen sei, dass darunter lediglich eine „funktionale Leistungsbeschreibung“ i.S.v. § 8 a Nr. 2 Abs.2 VOL/A zu verstehen sei.*)
VolltextIBRRS 2008, 2862
VK Sachsen, Beschluss vom 10.06.2008 - 1/SVK/026-08
1. Rügen einer Bietergemeinschaft müssen erkennbar im Namen und Auftrag aller Mitglieder der Bietergemeinschaft erhoben sein. Das ist der Fall, wenn alle Mitglieder der Bietergemeinschaft die Rüge unterzeichnen oder dem Rügeschreiben eine Vollmacht aller Mitglieder der Bietergemeinschaft zur rechtsverbindlichen Vertretung auch außerhalb des laufenden Vergabeverfahrens beiliegt. Eine Vollmacht, die Bietergemeinschaft gegenüber dem Auftraggeber rechtsverbindlich zu vertreten und entsprechende Erklärungen abzugeben, ist nicht ausreichend.*)
2. Soweit der Antragsteller erst während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens erhebliche und schwerwiegende Dokumentationsmängel feststellt, kann er diese erfolgreich zum Gegenstand seines Nachprüfungsbegehrens machen, wenn sie sich auf seine Rechtsstellung im laufenden Vergabeverfahren auswirken.*)
VolltextIBRRS 2008, 2861
VK Sachsen, Beschluss vom 08.08.2008 - 1/SVK/039-08
Der Ausschluss eines die HOAI-Mindestsätze preislich unterschreitenden Angebotes kann nach einhelliger oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung in der Regel erst nach Scheitern von Nachverhandlungen über den verordnungswidrigen Angebotsteil erfolgen.*)
IBRRS 2008, 2855
VK Bund, Beschluss vom 09.10.2008 - VK 1-123/08
1. Vermischt die Vergabestelle Eignungs- und Zuschlagskriterien in unzulässiger Weise, ist eine Rüge entbehrlich, wenn der damit einhergehende Vergaberechtsverstoß vom Bieter erst nach anwaltlicher Beratung erkannt worden ist.
2. Die Antragsbefugnis ist in einem solchen Fall selbst dann zu bejahen, wenn das Angebot des Bieters an sich zwingend auszuschließen wäre.
3. Eignungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung verfolgen unterschiedliche Zielrichtungen und sind streng voneinander zu trennen.
4. Eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hat zur Folge, dass die Vergabestelle neue - zulässige - Zuschlagskriterien zu bestimmen hat und das Vergabeverfahren ab der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu wiederholen ist.
VolltextIBRRS 2008, 2854
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.09.2008 - 21.VK-3194-34/08
1. Eine "0" kann innerhalb desselben Angebots für den objektiven Betrachter nicht den gleichen Erklärungswert haben wie ein Schrägstrich. In solch einem Fall kann die VSt die Schrägstriche bei Einheits- und Gesamtpreis als fehlenden Preis werten. Gerade in der Zusammenschau der unterschiedlichen Eintragungen ist davon auszugehen, dass für die VSt völlig unklar ist, ob die Position überhaupt angeboten werden sollte.*)
2. Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist nur ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ein Schaden droht einem Antragsteller dann nicht, wenn er ohnehin keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat, weil sein Angebot unabhängig von den geltend gemachten Vergabeverstößen ausgeschlossen werden muss. An der Überprüfung der Aufhebungsentscheidung der VSt fehlt der ASt dann das Rechtsschutzinteresse.*)
VolltextIBRRS 2008, 2853
VK Arnsberg, Beschluss vom 20.05.2008 - VK 09/08
Die Vergabestelle muss alle Angebote ausschließen, denen ein bestimmter Nachweis fehlt. Sie kann nicht einige ausschließen und andere im Auswahlverfahren belassen.
VolltextIBRRS 2008, 2852
VK Arnsberg, Beschluss vom 19.03.2008 - VK 07/08
1. Der Auftraggeber ist an die von ihm getroffene Auswahl gebunden und muss bei Nichtvorliegen eines Nachweises den Bieter zwingend ausschließen.
2. Auch die Verwendung nicht zuvor bekannt gemachter Unterkriterien ist zulässig, sofern sie die in den Unterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändern, nichts enthalten, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können und nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurden, die einen der Bieter diskriminieren konnten.
3. Dies gilt auch für Unterkriterien zu Auswahl- bzw. Eignungskriterien.
VolltextIBRRS 2008, 2851
VK Arnsberg, Beschluss vom 21.08.2008 - VK 16/08
Die Forderung nach tarifvertraglicher Bezahlung aller Mitarbeiter ist auch dann als europarechtlich unzulässig anzusehen, wenn sie die Wahl des Tarifvertrages freistellt.*)
VolltextIBRRS 2008, 2850
VK Arnsberg, Beschluss vom 04.08.2008 - VK 15/08
Auch die Ergänzung des Angebots um die Haftungsausschlüsse der Produzenten von sog. Freeware, die mit der angebotenen Software geliefert werden soll, stellt eine Abänderung der Verdingungsunterlagen dar.*)
VolltextIBRRS 2008, 2849
VK Arnsberg, Beschluss vom 25.08.2008 - VK 14/08
Eine einjährige Interimsbeauftragung kann im Einzelfall im Bereich der Daseinsvorsorge nach § 3a Nr. 2 d VOL/A /§ 3 Nr. 4 f, ggf. auch § 3 Nr. 4 d VOL/A zulässig sein, so dass eine Nichtigkeit nach § 13 VgV nicht anzunehmen ist.*)
VolltextIBRRS 2008, 2848
VK Arnsberg, Beschluss vom 21.07.2008 - VK 12/08
Keine Bieterstellung und damit keine Antragsbefugnis für Mietinteressenten bei der vergaberechtlichen Überprüfung von Grundstückskaufverträgen.*)
VolltextIBRRS 2008, 2847
VK Arnsberg, Beschluss vom 30.05.2008 - VK 10/08
Unklare Nachunternehmerangaben führen zum Ausschluss des Angebots.*)
VolltextIBRRS 2008, 2846
VK Arnsberg, Beschluss vom 02.05.2008 - VK 08/08
Verhandlungen über die Rücknahme eines Angebotes resp. eines NPA gegen Geld führen zur Feststellung der Unzuverlässigkeit.*)
VolltextIBRRS 2008, 2845
VK Arnsberg, Beschluss vom 15.08.2008 - VK 04/08
Keine Prozesskostenhilfe für vergaberechtlich nicht antragsbefugten Verein.
VolltextIBRRS 2008, 2810
VK Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2008 - VK 7/08
1. Für die Feststellung der überwiegenden Finanzierung ist nicht auf den konkret zu vergebenden Auftrag, sondern auf die Finanzierung der Einrichtung abzustellen, die öffentlicher Auftraggeber sein soll. Dabei können nur finanzielle Leistungen, welche als Finanzmittel ohne spezifische Gegenleistungen die Tätigkeiten der betreffenden Einrichtung finanzieren oder unterstützen, als öffentliche Finanzierung eingestuft werden.
2. Der eindeutige Wortlaut des § 98 Nr. 2 GWB verlangt weder eine tatsächliche besondere Einflussmöglichkeit auf die Tätigkeit der juristischen Person noch einen direkten Einfluss bei der Vergabe eines Auftrages, sondern lässt für die Verbundenheit des Vereins mit dem Staat allein die überwiegende Finanzierung durch öffentliche Auftraggeber genügen.
3. Gemäß § 108 Abs. 2 GWB muss die Begründung eines Nachprüfungsantrags die Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung enthalten. Dies hat zumindest so umfassend zu erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 GWB als auch gegen § 107 Abs. 2 GWB unzulässig.
4. Auch die Rüge hat konkrete Tatsachen zu benennen, die den Vergabeverstoß begründen können. Pauschale Rügen oder Rügen ohne Substanz genügen diesen Anforderungen nicht.
5. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall.
VolltextIBRRS 2008, 2809
OLG Celle, Beschluss vom 02.10.2008 - 13 Verg 4/08
1. Ob ein Angebot aus anderen als den mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuschließen gewesen wäre, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit (BGHZ 169, 131, 142).*)
2. Der Grundsatz, dass beim Fehlen von Preisen und geforderten Erklärungen ein Angebot zwingend auszuschließen ist, gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn die Unvollständigkeit eine unbedeutende und sich auf den Wettbewerb nicht auswirkende Position betrifft und wenn der Auftraggeber selbst bei der Wertung der verschiedenen Angebote zu erkennen gibt, dass es ihm auf die geforderte Angabe in keiner Weise ankommt. Dadurch widerlegt der Auftraggeber die grundsätzliche Annahme, dass den von ihm in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preisangaben und Erklärungen Relevanz für die Vergabeentscheidung zukommt. In einem solchen Ausnahmefall, in dem die geforderte Angabe als reiner Formalismus anzusehen wäre, stellt sich der Ausschluss eines Angebots, das diese Angaben nicht enthält, durch den Auftraggeber als Verstoß gegen den auch im Vergabeverfahren geltenden Grundsatz von Treu und Glauben dar.*)
3. Fordert der Auftraggeber Nachunternehmer namentlich zu benennen und die jeweils zu erbringende Teilleistung durch Angabe der Ordnungsziffer so wie einer verbalen Umschreibung der Tätigkeit zu bezeichnen, muss sich der genaue Umfang der beabsichtigten Nachunternehmerleistung zumindest aus dem Zusammenspiel zwischen der ziffernmäßigen Bezeichnung der Teilleistung und ihrer konkreten Tätigkeitsbeschreibung so eindeutig bestimmen lassen, dass dem Auftraggeber eine konkrete Zuordnung jeder einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zu einem bestimmten Nachunternehmer möglich ist.*)
IBRRS 2008, 2808
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 28.08.2008 - Fall 1548
Zur Problematik der Ausschreibung einer Bauleistung für eine Pauschalsumme.
VolltextIBRRS 2008, 2799
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.10.2008 - Verg 25/08
Dem EuGH werden zur Vorabentscheidung folgende Fragen vorgelegt:
1. Setzt ein öffentlicher Bauauftrag nach Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.3.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge konstitutiv voraus, dass die Bauleistung in einem gegenständlich oder körperlich zu verstehenden Sinn für den öffentlichen Auftraggeber beschafft wird und ihm unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt?
2. Sofern nach der Begriffsbestimmung des öffentlichen Bauauftrags in Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG auf das Element der Beschaffung nicht verzichtet werden kann: Ist nach der zweiten Variante der Vorschrift eine Beschaffung anzunehmen, wenn das Bauvorhaben für den öffentlichen Auftraggeber eine bestimmte öffentliche Zweckbestimmung erfüllen (zum Beispiel der städtebaulichen Entwicklung eines kommunalen Ortsteils dienen) soll und der öffentliche Auftraggeber kraft des Auftrags mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet ist sicherzustellen, dass der öffentliche Zweck erreicht wird und das Bauwerk dafür künftig zur Verfügung steht?
3. Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der ersten und zweiten Variante des Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG, dass der Unternehmer direkt oder indirekt zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet wird? Muss es sich gegebenenfalls um eine einklagbare Verpflichtung handeln?
4. Erfordert der Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG, dass der Unternehmer zu Bauleistungen verpflichtet wird oder solche den Gegenstand des Auftrags bilden?
5. Unterfallen Aufträge, durch die mittels der vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse gewährleistet werden soll, dass das herzustellende Bauwerk für einen bestimmten öffentlichen Zweck zur Verfügung steht, und durch die dem Auftraggeber (kraft vertraglicher Abrede) zugleich die rechtliche Befugnis gegeben wird, (im mittelbaren Eigeninteresse) die Verfügbarkeit des Bauwerks für die Öffentliche Zweckbestimmung sicherzustellen, dem Begriff des öffentlichen Bauauftrags nach der dritten Variante des Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG?
6. ist der Begriff der "vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernisse" nach Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG erfüllt, wenn die Bauleistungen nach vom öffentlichen Auftraggeber geprüften und gebilligten Plänen erbracht werden sollen?
7. Ist nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG eine öffentliche Baukonzession abzulehnen, wenn der Konzessionär Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bauwerk errichtet werden soll, ist oder wird oder die Baukonzession unbefristet erteilt wird?
8. Ist die Richtlinie 2004/18/EG - mit der Rechtsfolge einer Ausschreibungspflicht für den öffentlichen Auftraggeber - auch dann anzuwenden, wenn ein Grundstücksverkauf durch einen Dritten und die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags zeitversetzt erfolgen, und bei Abschluss des Grundstücksgeschäfts der öffentliche Bauauftrag noch nicht erteilt worden ist, aber im letztgenannten Zeitpunkt auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers die Zielsetzung bestanden hat, einen solchen Auftrag zu erteilen?
9. Sind die voneinander verschiedenen, aber zusammenhängenden Geschäfte über eine Grundstücksveräußerung und einen öffentlichen Bauauftrag vergaberechtlich als eine Einheit zu bewerten, wenn die Erteilung eines öffentlichen Bauauftrags im Zeitpunkt der Eingehung des Grundstücksvertrages beabsichtigt war, und die Beteiligten bewusst eine in sachlicher - und gegebenenfalls auch in zeitlicher - Hinsicht enge Verknüpfung zwischen den Verträgen hergestellt haben (im Anschluss an EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - C-29/04, Rechtssache Stadt Mödling)?
VolltextIBRRS 2008, 2797
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.09.2008 - VK-SH 10/08
1. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Bei einer gegenseitigen Bestellung zweier Bieter als Nachunternehmer ist jedenfalls dann von einer unzulässigen wettbewerbswidrigen Abrede gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 f i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszugehen, wenn die jeweiligen Verpflichtungserklärungen von einer Person für beide Bieter ausgefüllt werden, der Firmenstempel eines Bieters auf der Verpflichtungserklärung des anderen erscheint und ein Bieter die Preise bei einem Zulieferers aushandelt, die dieser dann auch dem zweiten Bieter „in etwa“ zugesteht.*)
3. Eine „verdeckte Bietergemeinschaft“ führt aufgrund einer zweifachen Bewerbung um den Auftrag zum Ausschluss beider Angebote.*)
VolltextIBRRS 2008, 2795
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 28.08.2008 - Fall 1544
Ist vereinbart, dass der Auftraggeber den einzubauenden Boden zu Verfügung stellt und macht er dies nicht, so kann der Auftragnehmer gemäß § 642 BGB eine angemessene Entschädigung verlangen.
IBRRS 2008, 2794
VOB-Stelle Niedersachsen, Entscheidung vom 20.02.2008 - Fall 1527
Ist in einem Leistungsverzeichnis bzgl. des Baugrubenverbaus die Belastung aus einer Böschung nicht angegeben, so steht dem Auftragnehmer eine geänderte Vergütung für die veränderte Bemessung des Verbaus auf der einen Uferseite zu, weil die Belastung der Böschung aufgefangen werden muss.
VolltextIBRRS 2008, 2787
VG Köln, Beschluss vom 29.08.2008 - 7 L 1205/08
1. Das Verfahren und die Entscheidung über die Auswahl unter den Bewerbern für die Übertragung von rettungsdienstlichen Tätigkeiten im Rahmen des § 13 RettG NRW unterliegt den Sondervorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) über die Vergabe öffentlicher Aufträge, die als spezielle Regelungen gegenüber den allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechts vorrangig anzuwenden sind.
2. Eine aus Art. 55, 45 EG-Vertrag abzuleitende vergaberechtliche Bereichsausnahme, die die Anwendung des Wettbewerbsrechts ausschließen würde, liegt nicht vor, weil der Leistungserbringer bei der Wahrnehmung der Aufgaben des Rettungsdienstes keine hoheitlichen Befugnisse ausübt.
3. Bei der Durchführung lebensrettender Maßnahmen am Notfallort, der Herstellung der Transportfähigkeit und der Beförderung in ein geeignetes Krankenhaus mit Notarzt- oder Rettungswagen, vgl. § 2 RettG, handelt es sich um ein sog. schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln.
4. Eine Verweisung des Rechtsstreits durch das Verwaltungsgericht an den Vergabesenat scheidet im einstweiligen Rechtsschutzverfahren deswegen aus, weil das spezifische Rechtsschutzverfahren nach dem GWB ein selbständiges Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das dem Verfahren gemäß § 123 VwGO vergleichbar wäre, nicht vorsieht. Vielmehr findet dort in der Hauptsache eine Nachprüfung durch die Vergabekammer, die nicht als Gericht zu qualifizieren ist, und eine Überprüfung dieser Entscheidung im Wege der sofortigen Beschwerde durch das Oberlandesgericht statt, §§ 107, 116 GWB. Eine Verweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann aber nicht zu einer Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens mit bindender Wirkung führen, zumal diese unter Umständen im Widerspruch zu den Anforderungen an die Zulässigkeit des Rechtmittels der sofortigen Beschwerde stehen würde.
VK Bund, Beschluss vom 08.02.2008 - VK 2-156/07
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2008, 2781
OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2008 - 1 Verg 3/08
1. Positive Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB liegt bereits vor, wenn der unzureichende Informationsgehalt der in den Verdingungsunterlagen mitgeteilten Gewichtung von Zuschlagskriterien für den Bieter ohne Weiteres erkennbar ist und dieser sein Angebot erstellt, ohne eigenen Bedenken z. Bsp. gegen ein zu hohes Gewicht des Preiskriteriums weiter nachzugehen. Soweit ein Bieter bei „Ca.“-Angaben zu den Produktabmessungen in der Leistungsbeschreibung die Angabe von Toleranzgrenzen vermisst, weil er für die Erstellung seines eigenen Angebotes auf eine eigenmächtige Definition zurückgreifen und damit den Ausschluss seines Angebots besorgen muss, liegt ein möglicher Vergabeverstoß aus seiner Sicht auf der Hand und begründet eine Rügeobliegenheit.*)
2. Nach Aufhebung eines Offenen Verfahrens mit der Begründung, dass ausschließlich unvollständige bzw. von den Verdingungsunterlagen abweichende und daher nach § 25 Nr. 1 VOB/A auszuschließende Angebote eingegangen waren, kann der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne (erneute) Vergabebekanntmachung auch unter Einbeziehung weiterer Unternehmen als der Bieter des vorangegangenen Offenen Verfahrens durchführen (§ 3a Nr. 6 lit. b) VOB/A). Für die Zulässigkeit seiner Wahl der Vergabeart ist es unerheblich, ob er sich von Anfang rechtlich darüber im Klaren war, auf welche Rechtsnorm er diese Wahl stützen kann.*)
3. Die Vorschriften des § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VOB/A – Bieteröffentlichkeit des Angebotseröffnungstermins – sowie des § 24 Nr. 3 VOB/A – Verbot von Vertragsverhandlungen nach Ablauf der Angebotsfrist – gelten im Verhandlungsverfahren nicht.*)
4. Werden bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote nicht alle bekannt gemachten Zuschlagskriterien berücksichtigt und findet trotz Bekanntmachung eines Punktesystems eine vollständige Punktberechnung für die Angebote nicht statt, so verstößt die Wertung gegen §§ 25 Nr. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 sowie 25a Nr. 1 VOB/A.*)
5. Die subjektiven Rechte eines Bieters i.S.v. § 97 Abs. 7 GWB sind bereits dann verletzt, wenn eine Verschlechterung seiner Zuschlagschancen nicht ausgeschlossen werden kann.*)
5.1. Ein Bieter hat zwar im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung nach einem Punktesystem keinen Anspruch auf den richtigen Punktwert; er ist regelmäßig durch eine ihn übergehende Vergabeentscheidung nicht selbst betroffen, wenn die Auswahl des Zuschlagsaspiranten im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, weil der Wertungsvorgang grundsätzlich nur der Auswahl eines Angebotes als wirtschaftlichstes Angebot dient und die nachfolgende Platzierung unerheblich ist.*)
5.2. Ist jedoch nicht ersichtlich, wie eine nachvollziehbare Wertung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien ohne vorherige Bekanntgabe von Unterkriterien bzw. ohne Verlangen der Abgabe von Erklärungen der Bieter bzw. Fremdnachweisen über aussagekräftige Umstände hätte erfolgen sollen, und kommt deshalb als geeignete und zugleich verhältnismäßige Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung zum Nachteil des Bieters lediglich die Wiederholung des Vergabeverfahrens ab dem Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe in Betracht, so ist eine Verbesserung der Zuschlagschancen des Bieters regelmäßig nicht auszuschließen.*)
6. Im Beschwerdeverfahren ist eine von der Kostenentscheidung in der Hauptsache getrennte Kostenentscheidung für das Verfahren auf Anordnung der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO zulässig und jedenfalls dann geboten, wenn der Antrag eines Beteiligten im Eilrechtsschutz abgewiesen wird, sein Antrag in der Hauptsache aber (teilweise) Erfolg hat.*)
VolltextIBRRS 2008, 2780
OLG Naumburg, Beschluss vom 04.09.2008 - 1 Verg 4/08
1. Ist eine Leistungsposition eines Bauauftrages objektiv auf eine finanzielle Leistung gerichtet (hier: Übernahme der Kosten von Autowäschen), so besteht für den Auftraggeber kein Anlass, an der Angabe eines Bieters, diese Leistung als Eigenleistung zu erbringen, zu zweifeln. Auch wenn ein Positionstext im Leistungsverzeichnis aus Empfängersicht mehrdeutig ist und nach einer von mehreren Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommt, dass der Einsatz von anderen Unternehmen unumgänglich ist, ist das Angebot eines Bieters vollständig, der die Leistung – „zufällig zutreffend“ – als Eigenleistung anbietet und daher keine Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen vorlegt.*)
2. Die Durchführung von Autowäschen ist keine Nachunternehmerleistung bei einem Auftrag über Straßenbauleistungen. Es kann offen bleiben, ob die Verdingungsunterlagen dahin auszulegen sind, dass Verfügbarkeitsnachweise nicht nur für Nachunternehmer, sondern auch für jegliche Hilfsleistungen anderer Unternehmen vorzulegen sind.*)
3. Erklärt ein Bieter, dass er alle Leistungen eines Titels von einem Nachunternehmer erbringen lassen werde, und bezieht sich die Verpflichtungserklärung des bezeichneten Nachunternehmers aber nur auf einige einzelne, ausdrücklich mit ihren Ordnungsziffern aufgeführte Leistungspositionen dieses Titels, so ist diese Abweichung als ein unvollständiger Verfügbarkeitsnachweis zu bewerten.*)
4. Fordert die Vergabestelle mit Angebotsabgabe Angaben zum beabsichtigten Bauablauf und im Falle der Auftragserteilung die Anfertigung eines mit dem Auftraggeber abgestimmten Bauzeitenplans, so ist der Bieter verpflichtet, innerhalb der Angebotsfrist seine Vorstellungen zur beabsichtigten Reihenfolge bei der Ausführung der Bauarbeiten darzustellen. Die Form der Darstellung steht ihm – mangels anderweitigen Verlangens der Vergabestelle – frei.*)
5. Zum Inhalt des Vergabevermerks bei Verwendung eines Punktesystems im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote.*)
IBRRS 2008, 2779
OLG Naumburg, Beschluss vom 29.08.2008 - 1 Verg 1/08
Unangemessenheit einer 2,5-fachen Gebühr und Festsetzung einer 2,0-fachen Gebühr nach VV Nr. 2300 RVG für ein Nachprüfungsverfahren, betreffend die Vergabe der kaufmännischen und technischen Betriebsführung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung sowie der Besorgung laufender Verbandsgeschäfte eines Abwasserzweckverbandes für maximal zwanzig Jahre.*)
VolltextIBRRS 2008, 2778
OLG Naumburg, Beschluss vom 15.07.2008 - 1 Verg 5/08
Zurückweisung des Antrags auf Anordnung der Verlängerung des prozessualen Zuschlagverbots nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB, weil auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats keine Erfolgsaussicht des Rechtsmittels besteht (d.h. kein Zugang zum Nachprüfungsverfahren für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen) und selbst im Falle einer künftigen Änderung der Rechtsprechung (im Hinblick auf eine erfolgte Divergenzvorlage eines anderen Oberlandesgerichts an den Bundesgerichtshof) ausnahmsweise das Interesse der Allgemeinheit am raschen Abschluss des Vergabeverfahrens das Interesse des Antragstellers am effektiven Rechtsschutz überwiegt.*)
VolltextIBRRS 2008, 2774
EuGH, Urteil vom 02.10.2008 - Rs. C-157/06
1. Beim Erwerb von Ausrüstungsgegenständen, deren Nutzung für militärische Zwecke ungewiss ist, müssen zwingend die Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge beachtet werden.
2. Die Notwendigkeit, eine Geheimhaltungspflicht vorzusehen, hindert keineswegs an einer Auftragsvergabe im Ausschreibungsverfahren.
VolltextIBRRS 2008, 2761
VK Lüneburg, Beschluss vom 04.09.2008 - VgK-29/2008
1. Gibt die Auftraggeberin keinerlei Zuschlagskriterien bekannt, ist der Preis einziges Wertungskriterium.
2. Entscheidet die Auftraggeberin nach Öffnung der Angebote, 3 der 4 abgefragten Preiskomponenten nicht in die Wertung mit einzubeziehen, so gewichtet sie das Zuschlagskriterium „Preis“ anders, als dies nach dem Leistungsverzeichnis zu erwarten war, und handelt damit willkürlich. Das Vergabeverfahren muss aufgehoben werden.
VolltextIBRRS 2008, 2759
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.05.2008 - Verg 27/08
1. Ein Grundstückskaufvertrag, der eine Bauverpflichtung enthält, unterliegt dem Vergaberecht. Ob eine Bauverpflichtung gegeben ist, ergibt sich aus einer Gesamtschau der Vertragsvereinbarungen.
2. Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens kann lediglich der (potentielle) Auftragnehmer sein. Sonstige - mittelbar - an dem Auftrag interessierte Unternehmen (z.B. Subunternehmer, Berater, potentielle Mieter) sind demgegenüber nicht antragsbefugt.
3. Die Absicht, sich das "Klagerecht" abkaufen zu lassen, führt zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags.
4. Gemäß Art. 34 EGBGB sind auf die Vergabe durch deutsche öffentliche Auftraggeber die Vorschriften des deutschen Vergaberechts anzuwenden, mag für den Vertrag selbst dann auch ausländisches Recht gelten.
VolltextIBRRS 2008, 2757
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2008 - Verg 14/08
Zur Kostentragungspflicht im Verfahren vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren.
VolltextIBRRS 2008, 2756
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.09.2008 - VK-SH 10/08
1. Gesetzliche Krankenkassen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Bei einer gegenseitigen Bestellung zweier Bieter als Nachunternehmer ist jeden falls dann von einer unzulässigen wettbewerbswidrigen Abrede gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) i.V.m. § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A auszugehen, wenn die jeweiligen Verpflichtungserklärungen von einer Person für beide Bieter ausgefüllt werden, der Firmenstempel eines Bieters auf der Verpflichtungserklärung des anderen erscheint und ein Bieter die Preise bei einem Zulieferers aushandelt, die dieser dann auch dem zweiten Bieter "in etwa" zugesteht.*)
3. Eine "verdeckte Bietergemeinschaft" führt aufgrund einer zweifachen Bewerbung um den Auftrag zum Ausschluss beider Angebote.*)
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