Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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IBRRS 2008, 0423VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.01.2008 - 1 VK LVwA 32/07
1. Entsprechend den Regelungen der §§ 11,12 HwO schließen sich die Mitgliedschaft in der IHK und die Eintragung in die Handwerksrolle nicht aus.*)
2. Ist ein Bieter nur untergeordnet auf dem Gebiet eines Vollhandwerkes tätig und bietet entsprechende Handwerksleistungen an, trifft ihn demnach — wie jeden 100 %igen Handwerksbetrieb — die Verpflichtung, um die Eintragung in die Handwerksrolle nachzusuchen bzw. die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zu beantragen.*)
3. Ein Angebot ist nicht zuschlagsfähig, wenn im EFB-Preisblatt 1 a für Nachunternehmerleistungen ein bestimmter Zuschlag einkalkuliert wurde, während an anderer Stelle des Angebotes ausdrücklich festgestellt wird, dass die Leistung im eigenen Betrieb ohne Nachunternehmereinsatz erbracht wird.*)
4. Ein Angebot ist nicht zuschlagsfähig, wenn im Angebot für eine Leistungsposition unterschiedlich hohe Einheitspreise ausgewiesen sind.*)
5. Die bloße Bestätigung eines Versicherungsmaklers reicht zum Nachweis eines bestehenden Versicherungsschutzes nicht aus.*)
VolltextIBRRS 2008, 0421
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2007 - 1 VK LVwA 28/07
1. Soweit der Versicherungsschutz hinsichtlich der Betriebshaftpflicht für den vom Auftraggeber geforderten Zeitraum nicht hinreichend ausgewiesen ist, reicht auch der Hinweis zur automatisierten Verlängerung des bestehenden Versicherungsschutzes bei Nichtkündigung des Vertrages nicht aus. Es muss nachgewiesen werden, dass die Verlängerungsoption auch tatsächlich eingetreten ist. Notwendig ist ein Beleg des Versicherungsgebers, aus dem die Nichtkündigung des fraglichen Vertrages folgt.*)
2. Ein Angebot ist nicht zuschlagsfähig, wenn im EFB-Preisblatt 1 a für Nachunternehmerleistungen ein bestimmter Zuschlag einkalkuliert wurde, während an anderer Stelle des Angebotes ausdrücklich festgestellt wird, dass die Leistung im eigenen Betrieb ohne Nachunternehmereinsatz erbracht wird.*)
VolltextIBRRS 2008, 0411
VK Nordbayern, Beschluss vom 24.01.2008 - 21.VK-3194-52/07
1. Ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 5 VOB/A nicht sämtliche, zulässig und klar geforderte Erklärungen enthält, ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend auszuschließen. Unter "Erklärungen" sind nicht nur solche Angaben zu verstehen, die die ausgeschriebenen Leistungspositionen selbst betreffen. Vielmehr gehören zu den "Erklärungen" auch sonstige Erklärungen wie Angaben nach den Formblättern EFB-Preis, die Vorlage von Mustern und Aussagen, welche Leistungen der Bieter nicht selbst erbringen, sondern durch Nachunternehmer erbringen lassen will.*)
2. Fehlt es an einer Zuordnung, welche Nachunternehmer welche konkreten Leistungen erbringen, ist das Angebot auszuschließen (Angaben im Formblatt EFB U EG 317 nicht deckungsgleich mit den Nachunternehmerleistungen, welche in der Aufgliederung wichtiger Einheitspreise EFB - Preis 2 angegeben sind).*)
3. Hat die ASt in den beiden Preisblättern EFB-Preis 1a und EFB - Preis 2 unterschiedliche Lohnsätze angesetzt und lassen die Unterlagen deshalb offen, mit welchem konkreten Lohnkostensatz die ASt kalkuliert hat, so ist das Angebot hinsichtlich der angesetzten Lohnkosten unklar und konnte deswegen bei der Wertung unberücksichtigt gelassen werden. Die in den Preisblättern dargestellten Löhne sind wettbewerbserheblich, da sie bei Nachträgen maßgeblich für die zu vereinbarenden Kostensätze sind. Deshalb ist der VSt ein gewichtiges Interesse zuzuerkennen, die genauen Kostenansätze aufzuklären, zumal wenn wegen einer beträchtlichen Verschiebung des angedachten Baubeginns mit Nachforderungen zu rechnen ist.*)
4. Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann.*)
5. Ein Schaden droht einem Antragsteller dann nicht, wenn er ohnehin keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlags hat, weil sein Angebot unabhängig von den geltend gemachten Vergabeverstößen ausgeschlossen werden muss. An der Überprüfung dieser Verfahrensverstöße fehlt das Rechtsschutzinteresse. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann denkbar, wenn alle Bieter zwingend ausgeschlossen werden müssten und deshalb das Vergabeverfahren aufgehoben werden muss. In einem solchen Fall liegt der mögliche Schaden des Bieters darin, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, sich im Falle der Neuausschreibung wiederum am Wettbewerb beteiligen zu können.*)
6. Auch nach Ablauf der Bindefrist kann auf ein Angebot noch der Zuschlag erfolgen. Ein Angebot ist nicht allein deshalb auszuschließen, weil die Bindefrist zwischenzeitlich - ohne eine lückenlose Verlängerung - verstrichen ist. Die Bindefrist kann nachträglich durch Erklärung der Bieter verlängert werden. Der Ablauf der Bindefrist hat lediglich zur Folge, dass der Bieter an sein Angebot nicht mehr gebunden, ein Zuschlag vielmehr als Angebot des Auftraggebers zu werten ist (§§ 148, 150 Abs. 1 BGB). Derartiges ist in § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A ausdrücklich vorgesehen.*)
IBRRS 2008, 0410
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.10.2007 - VK 2 LVwA LSA-17/07
1. Sieht die Leistungsbeschreibung vor, dass bei einem Abweichen vom Leitfabrikat die Gleichwertigkeit durch Katalogunterlagen und technische Beschreibungen nachgewiesen werden muss, so ist ein Angebot, welchem auch nur eine der beiden Unterlagen fehlt, zwingend auszuschließen.
2. Werden einem Angebot nicht alle geforderten Eignungsnachweise beigelegt, so ist das Angebot zwingend auszuschließen.
3. Die unter 1. und 2. aufgeführten Mängel sind vorliegend als gleichwertig einzustufen. Es kommt dabei nicht entscheidend darauf an, dass die zum Ausschluss führenden Mängel unterschiedliche Wertungsstufen (Vollständigkeitsprüfung einerseits / Eignungsprüfung andererseits) betreffen; allein entscheidend ist, dass hinsichtlich aller Angebote gleichermaßen ein zwingender Ausschlussgrund besteht.
VolltextIBRRS 2008, 0409
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.08.2007 - VK 2 LVwA LSA-15/07
1. Die Vergabe hat unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestelle zu erfolgen, die dafür zu sorgen hat, dass die Vergaberegeln eingehalten werden.
2. Aus dem Vergabevermerk hat hervorzugehen, dass die im Laufe des Vergabeverfahrens nötigen Entscheidungen von der Vergabestelle getroffen und nicht einem privaten Dritten überlassen wurden.
3. Wenn sich die Vergabestelle den Vergabevorschlag eines Dritten zu eigen macht, muss ein entsprechender schriftlicher Zustimmungsvermerk der Vergabestelle selbst ergehen, aus dem die Zustimmung und Verantwortlichkeit der Vergabestelle deutlich wird.
4. Liegt ein ordnungsgemäßer Vergabevermerk nicht vor, so ist das Verfahren ab der Stufe zu wiederholen, ab der der Transparenzmangel vorliegt.
5. Die Vergabestelle hat im Verhandlungsverfahren zu dokumentieren, nach welcher Methode die Punkte im Einzelnen vergeben werden.
6. Nicht ortsansässige Bewerber dürfen nicht benachteiligt werden.
VolltextIBRRS 2008, 0407
EuGH, Urteil vom 14.02.2008 - Rs. C-450/06
Art. 1 Abs. 1 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 Lieferkoordinierungsrichtlinie 93/36/EWG ist dahin auszulegen, dass die Nachprüfungsinstanz im Sinne dieses Art. 1 Abs. 1 die Vertraulichkeit und das Recht auf Wahrung der Geschäftsgeheimnisse im Hinblick auf den Inhalt der ihr von den Verfahrensbeteiligten, u. a. vom öffentlichen Auftraggeber, übergebenen Unterlagen gewährleisten muss, wobei sie Kenntnis von solchen Angaben haben und diese berücksichtigen darf. Es ist Sache dieser Instanz, zu entscheiden, inwieweit und nach welchen Modalitäten die Vertraulichkeit und die Geheimhaltung dieser Angaben im Hinblick auf die Erfordernisse eines wirksamen Rechtsschutzes und der Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten und - im Fall einer Klage oder eines Rechtsbehelfs bei einer Stelle, die ein Gericht im Sinne von Art. 234 EG-Vertrag ist - zu gewährleisten sind, damit in dem Rechtsstreit insgesamt das Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird.*)
VolltextIBRRS 2008, 0405
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.07.2007 - VK 2 LVwA LSA-11/07
Für den Schwellenwert ist der von der Vergabestelle geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer maßgeblich, sofern die Schätzung nicht willkürlich erfolgt. Nicht entscheidend ist demgegenüber, zu welchem Preis der antragstellende Bieter die Leistungen angeboten hat.
VolltextIBRRS 2008, 0404
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.07.2007 - VK 2 LVwA LSA-10/07
1. Zu den Anforderungen an eine transparente Dokumentation und Bewertung.
2. Verfügt die Vergabestelle über ein Raumprogramm, über Angaben zum Kostenrahmen und zur Baugrundbeschaffenheit sowie über ein Nutzungskonzept, so hat sie diese den Bietern mitzuteilen.
VolltextIBRRS 2008, 0403
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2007 - VK 2-LVwA LSA 07/07
1. Aufgrund der kurzen Fristen, die im Vergabeverfahren gelten, muss die Rüge im Regelfall binnen 1 bis 5 Tagen erfolgen, und zwar auf dem schnellstmöglichen Weg, gegebenenfalls per Fax oder Telefon. Eine Rügefrist von 2 Wochen, die in der Rechtssprechung als Obergrenze anerkannt wurde, kann dem Unternehmen lediglich dann eingeräumt werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fach- und rechtskundiger Unterstützung erfordert.
2. Die Rügefrist beginnt, wenn dem Bieter diejenigen Tatsachen bekannt sind, aus denen sich ein tatsächlicher oder vermeintlicher Vergabefehler ergibt.
VolltextIBRRS 2008, 0392
VK Nordbayern, Beschluss vom 10.01.2008 - 21.VK-3194-56/07
1. Wird im Leistungsverzeichnis ein PVC-Boden mit einer Nutzschichtdicke von 1 mm verlangt, so ist ein Angebot, welches nur eine Nutzschichtdicke von 0,7 mm aufweist, zwingend auszuschließen.
2. Gibt das technische Datenblatt eine Nutzschichtdicke von 0,7 mm an, so ist auch von dieser Dicke auszugehen. Die Vergabestelle muss ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass der Bieter nicht die Standardausführung, sondern eine Sonderanfertigung mit einer Nutzschichtdicke von 1 mm anbieten möchte.
VolltextIBRRS 2008, 0387
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.12.2007 - Verg 40/07
1. Die von der Vergabekammer verfügte Einsichtnahme in die Vergabeakten ist selbständig anfechtbar, sofern durch einen Vollzug Rechte des von der Akteneinsicht Betroffenen in einer durch die Hauptsacheentscheidung nicht wieder gutzumachenden Weise beeinträchtigt werden können.*)
2. Will ein Oberlandesgericht in Bezug auf die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen die Gewährung von Akteneinsicht von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen, besteht keine Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 S. 1 GWB.*)
3. § 111 Abs. 2 GWB ist im Lichte von § 72 Abs. 2 S. 4 GWB auszulegen und zu verstehen. Bei einer Gewährung von Akteneinsicht ist die Vorschrift zur Ausfüllung der in § 111 GWB bestehenden Lücke heranzuziehen. Die Erteilung von Akteneinsicht durch die Vergabekammer und das Beschwerdegericht hat denselben rechtlichen Regeln zu folgen. Danach ist die von der Forderung nach einem effektiven Rechtsschutz, dessen Unterstützung das Recht auf Akteneinsicht dient, gesicherte Einhaltung des vergaberechtlichen Gebots eines transparenten und chancengleichen Wettbewerbs gegen die auf dem Spiel stehenden Geheimhaltungsinteressen des von der Akteneinsicht Betroffenen abzuwägen. Ein Beurteilungsspielraum steht der Vergabekammer bei der Abwägung nicht zu.*)
4. Auch der öffentliche Auftraggeber kann Träger von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen sein (im Anschluss an BGH NJW 1995, 2301).*)
5. Ein "in camera"-Verfahren ist in Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich ausgeschlossen.*)
6. Zu einer auf ein Akteneinsichtsgesuch im Einzelfall anzustellenden Interessenabwägung.*)
IBRRS 2008, 0384
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.10.2007 - Verg 32/07
1. Eine in den Vergabeunterlagen enthaltene und für eine Vielzahl von Vergabeverfahren vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierte Bestimmung, dass der Bieter mit einer Rüge präkludiert sei, wenn er nicht innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Zurückweisung der Rüge durch den Auftraggeber ein Nachprüfungsverfahren einleite, ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 107 Abs. 3 GWB unwirksam. Die mit der Klausel bezweckte Verschärfung der materiellen und prozessualen Zugangsvoraussetzungen zum Nachprüfungsverfahren benachteiligt die Bieter unangemessen.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber kann sich in den Vergabeunterlagen das Recht vorbehalten, inhaltliche Anforderungen an die Angebote zurückzunehmen. Eine solche Änderung muss transparent und diskriminierungsfrei erfolgen.*)
3. Weist der öffentliche Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich darauf hin, dass ein Nebenangebot die mit einem Hauptangebot anzubietenden Verträge nur im Rahmen der in bekannt gegebenen Vertragsentwürfen festgelegten inhaltlichen Mindestvorgaben modifizieren und ergänzen kann, sind damit die Bedingungen speziell für Nebenangebote inhaltlich hinreichend beschrieben worden.*)
4. Der öffentliche Auftraggeber ist weder unter dem Gesichtspunkt des Transparenz- noch des Gleichbehandlungsgebots zu einer Bekanntgabe des Nebenangebots eines Bieters und seiner Bewertungsabsicht verpflichtet.*)
VolltextIBRRS 2008, 0353
VK Sachsen, Beschluss vom 07.01.2008 - 1/SVK/077-07
1. Die Teststellung im EDV-Bereich ist einer Bemusterung im allgemeinen Sinne gleichzusetzen, welche nach der Rechtsprechung des BGH und des OLG Düsseldorf in entsprechender Anwendung des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A Bietererklärungen darstellen. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber verlangt, oder sind verlangte Muster unvollständig, ist § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A entsprechend anzuwenden. Mängel einer Teststellung sind einem unvollständigen Muster gleichzusetzen.*)
2. Der rechtzeitige, oder auch ordnungsgemäße Zugang eines Angebotes, d.h. das Übermittlungsrisiko, liegt in der Risikosphäre des Bieters und ist von diesem zu vertreten. Etwaige Transportschäden, die ein Testgerät auf dem Wege zum (Erfüllungs-)Ort des Auftraggebers erlitten hat oder haben könnte fallen hierunter.*)
3. Die Aufhebung eines Offenen Verfahrens kann (kumulativ) auf mehrere Aufhebungsgründe gestützt werden, da an die einzelnen Aufhebungsgründe des § 26 Nr. 1 a-d VOL/A jeweils die gleiche Rechtsfolge geknüpft ist.*)
4. Sowohl aus dem Ausnahmecharakter des Verhandlungsverfahrens, als auch aus den sich gegenseitig ausschließenden Voraussetzungen der Tatbestände des § 3a Nr. 1 Absatz 5a VOL/A und des § 3a Nr. 2a VOL/A, ergibt sich, dass die einzelnen Tatbestände des § 3a VOL/A nicht kumuliert angewendet werden können. Argument hierfür ist, dass die einzelnen Tatbestände unterschiedliche Festlegungen hinsichtlich der im angestrebten Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung zu beteiligenden Bieter treffen.*)
5. Mit der Durchführung des (nachrangigen) Verhandlungsverfahrens ist stets eine Beeinträchtigung des Wettbewerbsprinzips, der Chancengleichheit der Bieter und auch der Transparenz verbunden, weil im Verhältnis zum Offenen Verfahren oder Nichtoffenen Verfahren im Hinblick auf die Verfahrensgestaltung nur wenige formale Anforderungen gelten. Insbesondere aber besteht im Verhandlungsverfahren das Risiko für die Bieter, dass sie vom Auftraggeber unter (Preis-)Druck gesetzt werden.*)
VolltextIBRRS 2008, 0352
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.01.2008 - 21.VK-3194-49/07
1. § 107 Abs. 3 GWB dient der Beschleunigung des Verfahrens. Der VSt soll seitens der Bieter, die Verfahrensfehler erkennen, die Möglichkeit gegeben werden, diese möglichst frühzeitig im Verfahren zu korrigieren. Wer erkannt hat oder bereits bei Anwendung geringer Sorgfalt ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass die andere Seite sich nicht an das geltende Recht hält, kann (später) nicht damit gehört werden, er habe ein mit Recht und Gesetz übereinstimmendes Verhalten der Gegenseite erwartet.*)
2. Wird dem Antragsteller während eines Nachprüfungsverfahrens ein weiterer Vergaberechtsverstoß bekannt, kann er diesen auch dann unmittelbar zum Gegenstand des Verfahrens machen, wenn der Nachprüfungsantrag in seiner ursprünglichen Form unzulässig war.*)
3. Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise. Ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann.*)
4. Die Übernahme von Umrüstkosten stellt eine Änderung des Angebotspreises dar, über welche die Parteien nicht verhandeln dürfen. Auch wenn ein Bieter von sich aus anbietet, das Angebot zu ändern, darf der Auftraggeber darauf nicht eingehen. Denn § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A verbietet Verhandlungen über Angebotsänderungen insgesamt, wenn nicht ein Ausnahmetatbestand eingreift.*)
VolltextIBRRS 2008, 0221
EuGH, Urteil vom 24.01.2008 - Rs. C-532/06
Der öffentliche Auftraggeber darf im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht nachträglich Gewichtungskoeffizienten und Unterkriterien für die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung genannten Zuschlagskriterien festlegen.
VolltextIBRRS 2008, 0217
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.01.2008 - Verg W 16/07
1. Vermutet der Auftraggeber ein Unterschreiten der Mindestsätze der HOAI, kann er das Angebot des betroffenen Bieters nicht sofort ausschließen, sondern muss dem Bieter Gelegenheit zu Nachverhandlungen geben.
2. Derartige Nachverhandlungen haben mit dem Ziel stattzufinden, dass der Bieter sein Angebot preislich anpasst. Erst nach deren Scheitern ist der Auftraggeber berechtigt, den betroffenen Bieter von der Vergabe auszuschließen.
VolltextIBRRS 2008, 0213
OLG München, Beschluss vom 17.01.2008 - Verg 15/07
Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Unterkriterien besteht jedenfalls dann, wenn sich für die Bieter die Kenntnis von den Unterkriterien und deren Gewichtung auf den Inhalt ihrer Angebote auswirken kann (im Anschluss an OLG München vom 19.12.2007 – Verg 12/07).*)
VolltextIBRRS 2008, 0201
BGH, Urteil vom 27.11.2007 - X ZR 18/07
1. Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens in § 126 Satz 1 GWB setzt kein Verschulden beim Verstoß gegen bieterschützende Bestimmungen voraus.*)
2. Ein Angebot hätte i. S. von § 126 Satz 1 GWB eine echte Chance auf den Zuschlag gehabt, wenn es innerhalb des Wertungsspielraums der Vergabestelle gelegen hätte, darauf den Zuschlag zu erteilen.*)
3. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der für die Auftragserteilung vorgesehenen Wertungskriterien und deren Gewichtung, zu denen der öffentliche Auftraggeber ggf. nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen hat, zu prüfen.*)
4. Die vom Auftraggeber vorzunehmende Schätzung des Gesamtauftragswerts i. S. von § 1a VOB/A (§ 3 Abs. 1 VgV) bezieht sich auf die unter Wettbewerbsbedingungen voraussichtlich entstehende Gesamtvergütung.*)
5. Ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Erstattung der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren kann einem Bieter zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens (hier: Schätzung der Gesamtvergütung unterhalb des einschlägigen Schwellenwerts) nicht oder nicht so, wie geschehen, daran beteiligt hätte (Weiterführung von Sen.Urt. v. 27.6.2007 - X ZR 34/04, NZBau 2007, 727, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen).*)
IBRRS 2008, 0200
OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.05.2007 - 11 Verg 12/06
1. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung muss sich unter technischen Gesichtspunkten rechtfertigen lassen und sachlich vertretbar sein. Maßgebend sind hierbei immer nur die Eigenart und Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung und nicht die subjektiven Erwägungen und Überlegungen des öffentlichen Auftraggebers.
2. Werden in einer Leistungsbeschreibung Produkte - mittelbar - bevorzugt und geht dies mit einer Einschränkung des möglichen Bieterkreises einher, sind die Grundsätze des § 8 Nr.3 Abs.3 VOL/A zu berücksichtigen, d.h. der Anlass hierfür muss von der Vergabestelle um so ausführlicher und tiefgreifender begründet werden, je stärker sich die Einschränkung aus wirkt.
3. Die Reichweite der Zulässigkeit der Angabe von bestimmten Erzeugnissen, Verfahren sowie der Vorgabe von Produktmarken hängt dabei maßgeblich von dem Leistungsgegenstand ab, aber auch von der Verwendung am konkreten Einsatzort. In diesem Zusammenhang steht der Vergabestelle bezüglich der Einschätzung, ob die Nennung und Vorgabe bestimmter Erzeugnisse, Verfahren usw. im konkreten Fall möglich ist (§ 8 Nr. 3 Abs. 3 und Abs. 5 VOL/A), ein Beurteilungsspielraum zu.
4. Ihre Entscheidung muss durch eine lückenlose Dokumentation ihres Prüfungs- und Willensbildungsprozesses erfolgen, aus der sich die Einhaltung ihres Wertungsspielraumes sowie das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalles, aus dem sich das legitime Interesse der Vergabestelle, ein bestimmtes Produkt vorzuschreiben, nachvollziehbar erkennen lässt.
5. Hierzu ist ein fortlaufend geführter Vergabevermerk hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses in seiner vorliegenden Form geführt haben, unerlässlich.
6. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.
VolltextIBRRS 2008, 0196
EuGH, Urteil vom 18.12.2007 - Rs. C-220/06
1. Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, dass es einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die es den öffentlichen Verwaltungen erlaubt, außerhalb der Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge die Erbringung von reservierten Postdiensten, die im Einklang mit der Richtlinie 97/67/EG reserviert sind, einer staatlichen Aktiengesellschaft zu übertragen, deren Kapital vollständig von der öffentlichen Hand gehalten wird und die in diesem Staat Anbieterin des postalischen Universaldienstes ist.*)
2. Die Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es den öffentlichen Verwaltungen erlaubt, außerhalb der Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge die Erbringung von Postdiensten, die im Sinne der Richtlinie 97/67/EG nicht reserviert sind, einer staatlichen Aktiengesellschaft zu übertragen, deren Kapital vollständig von der öffentlichen Hand gehalten wird und die in diesem Staat Anbieterin des postalischen Universaldienstes ist, soweit die Vereinbarungen, auf die diese Regelung Anwendung findet,
- die in Art. 7 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG in der durch die Richtlinie 2001/78 geänderten Fassung vorgesehene Schwelle erreichen und
- schriftliche entgeltliche Verträge im Sinne von Art. 1 Buchst. a der der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG in der durch die Richtlinie 2001/78 geänderten Fassung darstellen,
was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.*)
3. Die Art. 43, 49 und 86 EG-Vertrag sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und der Transparenz sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es den öffentlichen Verwaltungen erlaubt, außerhalb der Bestimmungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge die Erbringung von Postdiensten, die im Sinne der Richtlinie 97/67/EG nicht reserviert sind, einer staatlichen Aktiengesellschaft zu übertragen, deren Kapital vollständig von der öffentlichen Hand gehalten wird und die in diesem Staat Anbieterin des postalischen Universaldienstes ist, soweit die Vereinbarungen, auf die diese Regelung Anwendung findet,
- die in Art. 7 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG in der durch die Richtlinie 2001/78 geänderten Fassung vorgesehene Schwelle nicht erreichen und
- nicht in Wirklichkeit einen einseitigen Verwaltungsakt darstellen, der Verpflichtungen allein für den Anbieter des postalischen Universaldienstes vorschreibt und der erheblich von den normalen Bedingungen des kommerziellen Angebots dieses Anbieters abweicht,
was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.*)
VolltextIBRRS 2008, 0162
OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2007 - 13 W 79/07
1. Bei einem Verstoß gegen Vergabegrundsätze (Vergabeordnungen oder verwaltungsinterne Regelungen mit mittelbarer Außenwirkung) besteht unterhalb der Schwellenwerte grundsätzlich die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 935, 940 ZPO.
2. Anders als in einem Verfahren oberhalb der Schwellenwerte, in dem die Vergabekammer zur Amtsermittlung verpflichtet ist, ist in dem Verfahren unterhalb der Schwellenwerte vor den ordentlichen Gerichten der Bieter für die Behauptung eines Vergabeverstoßes darlegungs- und beweispflichtig.
3. Nur eine Entscheidung der Vergabekammer in einem Verfahren oberhalb der Schwellenwerte kann eine Bindungswirkung für einen nachfolgenden Schadensersatzprozess des Bieters gegen den Auftraggeber (§ 124 GWB) entfalten. Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für ein Nachprüfungsverfahren unterhalb der Schwellenwerte.
VolltextIBRRS 2008, 0149
KG, Urteil vom 05.10.2007 - 21 U 52/07
Der Bauherr muss einer Preisanpassung wegen veränderter Materialkosten zustimmen, wenn diese auf Verzögerungen im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 7 GWB nach Ablauf der ursprünglichen Bindefrist zurückzuführen sind. Diese Verpflichtung folgt aus den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und der die Bauparteien verbindende Pflicht zur Kooperation.*)
VolltextIBRRS 2008, 0122
VK Nordbayern, Beschluss vom 18.12.2007 - 21.VK-3194-47/07
1. Für die Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren ist maßgebend, inwieweit die Umstände des einzelnen Falles die Aussage rechtfertigen, er werde gerade die von ihm angebotenen Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens sind, vertragsgerecht erbringen. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist eine Prognoseentscheidung, die regelmäßig aufgrund des in der Vergangenheit liegenden Geschäftsgebarens des Bewerbers erfolgt. Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfanges, der Intensität, des Ausmaßes und des Grades der Vorwerfbarkeit der Pflichtverletzungen.*)
2. Aus der Tatsache einer mangelhaften Leistung kann nur dann der Rückschluss auf eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers gezogen werden, wenn der Mangel gravierend ist, d.h. der Auftraggeber, in tatsächlicher oder finanzieller Hinsicht deutlich belastet wird und Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche geltend macht. Normale Beanstandungen im Rahmen einer Leistungserbringung stellen keine schweren Verfehlungen i.S.d. § 8 Nr. 5 c VOB/A dar. Auch darf der - präventive - Ausschluss eines Bieters vom Vergabeverfahren keine Sanktion für Probleme in der Vertragsabwicklung in vorangegangenen Vergabeverfahren sein.*)
3. Eine ausbleibende Lieferung des zu verarbeitenden Materials kann nur dann dem Verantwortungsbereich der ASt zugerechnet werden, wenn diese die Lieferverzögerung durch verspätete Bestellung selbst verschuldet hat.*)
VolltextIBRRS 2008, 0118
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 - Verg 10/07
1. Der Bau einer Lärmschutzwand ist als einheitliches Fachlos zu verstehen. Deshalb muss es von den übrigen Straßenbauarbeiten getrennt vergeben werden.
2. Eine ausnahmsweise Abweichung hiervon unterliegt der Einschätzung der Vergabestelle.
3. Erhöhter Aufwand zur Koordinierung der Bauarbeiten kann im Einzelfall beachtlich sein.
IBRRS 2008, 0116
VK Nordbayern, Beschluss vom 13.12.2007 - 21.VK-3194-46/07
Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ist ein Angebot zwingend von der Wertung auszuschließen, das Änderungen an den Verdingungsunterlagen enthält (§ 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A). Abweichungen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen ändern nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Verdingungsunterlagen in unzulässiger Weise, ein derartiges Angebot muss schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es wegen der sich nicht deckenden Willenserklärungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nicht zu dem beabsichtigten Vertragsabschluss führen kann. Der Bieter muss davon ausgehen, dass der Auftraggeber die Leistung regelmäßig in der von ihm vorgegebenen Ausstattung ausgeführt haben will. Nur dann ist eine erschöpfende, vergleichende Wertung der einzelnen Angebote möglich und ein transparenter, chancengleicher Bieterwettbewerb i.S.d. § 97 Abs. 1 u. 2 GWB, §§ 2 Nr. 2 und 8 Nr. 1 VOB/A gewährleistet.*)
VolltextIBRRS 2008, 0114
OLG Celle, Beschluss vom 10.01.2008 - 13 Verg 11/07
1. Eine Rüge im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB muss erkennen lassen, dass von der Vergabestelle die Beseitigung des angesprochenen Vergaberechtsfehlers gefordert wird.*)
2. "Nachgeschobene" Rügen aufgrund erst im Nachprüfungsverfahren erkannter Vergaberechtsverstöße müssen so rechtzeitig vorgetragen werden, dass sie nicht zu einer Verzögerung des Nachprüfungsverfahrens führen. Ihre Zulässigkeit setzt ferner voraus, dass der betreffende Vergaberechtsverstoß unverzüglich vor der Vergabekammer/dem Vergabesenat geltend gemacht wird. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
VolltextIBRRS 2008, 0108
VK Hessen, Beschluss vom 10.09.2007 - 69d-VK-37/2007
1. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, nur um dem allgemeinen Ziel der Mittelstandsförderung zu dienen, ihre berechtigten Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterzuordnen und eine Leistung losweise auszuschreiben. Wenn eine solche losweise Aufteilung der einzelnen Leistungen unzweckmäßig ist und die Vergabestelle dies nachvollziehbar begründen kann, kann sie nicht zu einer Aufteilung in Lose gezwungen werden.*)
2. Es ist vom Grundsatz her allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Dienstleistungen sie im Wege öffentlicher Ausschreibungen beschaffen möchte und sie ist nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer angebotsfähig sind.*)
3. Die Grenzen dieser prinzipiell gegebenen vergaberechtlichen Dispositionsfreiheit der Vergabestelle sind erst dann überschritten, wenn durch die Art der Beschaffung die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und die des fairen Wettbewerbs beeinträchtigt sind.*)
4. Gibt die Vergabestelle in ihrer Leistungsbeschreibung mittelbar einen bestimmten Anbieter vor, sind die Grundsätze des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL / A zu berücksichtigen. Zwar kann eine Ausschreibung grundsätzlich auch in dieser Form durchgeführt werden; hierfür muss jedoch ein berechtigter Anlass bestehen welcher durch die Vergabestelle im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren ist.*)
5. Ein öffentlicher Auftraggeber darf gemäß der Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A, bestimmte Verfahren oder Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorschreiben, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Denn im Interesse des technischen und kaufmännischen Wettbewerbs sollen grundsätzlich offene Leistungsbeschreibungen erfolgen; dies bedeutet auch, dass kein Unternehmen diskriminiert werden darf (§ 2 Nr.2 VOL/A). Eine "produktbezogene" Ausschreibung muss durch die Art der zu vergebenden Leistung begründet sein. Maßgebend für die Vorgabe von bestimmten Verfahrensweisen müssen objektive und sachgerechte Erwägungen sein, die ggf. auch auf technischen Notwendigkeiten beruhen.*)
6. Die die Entscheidungen der Vergabestelle tragenden Erwägungen bedürfen der ausreichenden Dokumentation in einem fortlaufend geführten Vergabevermerk, der hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisse in der vorliegenden Form geführt haben, Aufschluss über den Entscheidungsprozess gibt.*)
7. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.*)
VolltextIBRRS 2008, 0106
VK Hessen, Beschluss vom 10.09.2007 - 69d-VK-29/2007
1. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, nur um dem allgemeinen Ziel der Mittelstandsförderung zu dienen, ihre berechtigten Zweckmäßigkeitsüberlegungen unterzuordnen und eine Leistung losweise auszuschreiben. Wenn eine solche losweise Aufteilung der einzelnen Leistungen unzweckmäßig ist und die Vergabestelle dies nachvollziehbar begründen kann, kann sie nicht zu einer Aufteilung in Lose gezwungen werden.*)
2. Es ist vom Grundsatz her allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Dienstleistungen sie im Wege öffentlicher Ausschreibungen beschaffen möchte und sie ist nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer angebotsfähig sind.*)
3. Die Grenzen dieser prinzipiell gegebenen vergaberechtlichen Dispositionsfreiheit der Vergabestelle sind erst dann überschritten, wenn durch die Art der Beschaffung die Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und die des fairen Wettbewerbs beeinträchtigt sind.*)
4. Gibt die Vergabestelle in ihrer Leistungsbeschreibung mittelbar einen bestimmten Anbieter vor, sind die Grundsätze des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL / A zu berücksichtigen. Zwar kann eine Ausschreibung grundsätzlich auch in dieser Form durchgeführt werden; hierfür muss jedoch ein berechtigter Anlass bestehen welcher durch die Vergabestelle im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen und zu dokumentieren ist.*)
5. Ein öffentlicher Auftraggeber darf gemäß der Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A, bestimmte Verfahren oder Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorschreiben, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Denn im Interesse des technischen und kaufmännischen Wettbewerbs sollen grundsätzlich offene Leistungsbeschreibungen erfolgen; dies bedeutet auch, dass kein Unternehmen diskriminiert werden darf (§ 2 Nr.2 VOL/A). Eine "produktbezogene" Ausschreibung muss durch die Art der zu vergebenden Leistung begründet sein. Maßgebend für die Vorgabe von bestimmten Verfahrensweisen müssen objektive und sachgerechte Erwägungen sein, die ggf. auch auf technischen Notwendigkeiten beruhen.*)
6. Die die Entscheidungen der Vergabestelle tragenden Erwägungen bedürfen der ausreichenden Dokumentation in einem fortlaufend geführten Vergabevermerk, der hinsichtlich Planung, Vorbereitung von Entscheidungsphasen und insbesondere der tragenden Ermessenserwägungen, die zu der Aufstellung des Leistungsverzeichnisse in der vorliegenden Form geführt haben, Aufschluss über den Entscheidungsprozess gibt.*)
7. Liegen die o. g. Voraussetzungen nicht vor, ist von der erkennenden Vergabekammer mit der Maßnahme, die von ihr nach § 114 Abs. 2 GWB zu treffen ist, festzustellen, dass die Vergabestelle das Verfahren auf der Grundlage der bisherigen Ausschreibungsunterlagen nicht fortführen und keinen Zuschlag erteilen darf, um Rechtsbeeinträchtigungen der Bieter zu verhindern.*)
VolltextIBRRS 2008, 0102
VK Düsseldorf, Beschluss vom 18.06.2007 - VK-14/2007-L
1. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn die Vergabestelle nicht öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB ist ( An-Institut einer Universität).*)
2. Für die zutreffende Berechnung des Anteils der öffentlichen Finanzierung einer Einrichtung sind alle Mittel zu berücksichtigen, über welche die Einrichtung verfügt.*)
3. Die Einstufung einer Einrichtung als öffentlicher Auftraggeber ist auf jährlicher Basis vorzunehmen. Das Haushaltsjahr, in dem die Ausschreibung des Verfahrens zur Vergabe eines bestimmten Auftrags erfolgt ist, ist der für die Berechnung der Finanzierung am besten geeignete Zeitpunkt.*)
VolltextIBRRS 2008, 0092
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2007 - 5 U 4/06
1. Nach dem Gebot der Produktneutralität dürfen Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren (z. B. Markennamen, Warenzeichen, Patente) nur ausnahmsweise mit dem Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwendet werden, wenn eine Beschreibung durch hinreichend genaue, allgemein verbindliche Bezeichnungen nicht möglich ist.
2. Es ist allein Sache des Bieters, den Nachweis der Gleichwertigkeit zu erbringen; er trägt hierfür die volle Beweislast.
3. Als geeignete Form des Nachweises können technische Beschreibungen des Herstellers oder Prüfberichte einer anerkannten Stelle dienen.
VolltextIBRRS 2008, 0091
OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.12.2007 - Verg W 21/07
Die Prognoseentscheidung, ob die Zuverlässigkeit des Bieters ungewiss erscheint, ist unter Würdigung aller Umstände zu treffen. Wesentlichen Einfluss auf diese Prognoseentscheidung hat der Umstand, ob das Unternehmen geeignete Maßnahmen ergriffen hat, die eine Wiederherstellung der Zuverlässigkeit des Unternehmens dauerhaft gewährleisten.
VolltextIBRRS 2008, 0088
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.11.2007 - 1 VK LVwA 24/07
1. Ausweislich § 25b Nr. 1 Abs. 1, S. 4 VOL/A kann der Auftraggeber nur auf die Angabe der genauen Gewichtung der Wertungskriterien ausnahmsweise verzichten, wenn er aus nachvollziehbaren Gründen nicht in der Lage ist. Dies ist zwingend im Vergabevermerk hinreichend zu dokumentieren.*)
2. Auch bei einem Verhandlungsverfahren muss die durch den Auftraggeber erdachte und gegenüber den Bietern abgefragte Leistung über den gesamten Zeitraum des Verfahrens Bestand haben.*)
VolltextIBRRS 2008, 0084
VK Münster, Beschluss vom 15.08.2007 - VK 13/07
Die Änderung von Verdingungsunterlagen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A kann auch durch die Beifügung von Unterlagen und Begleitschreiben (hier ein nicht geforderter Bauzeitenplan) entstehen, wenn damit von den in den Verdingungsunterlagen vorgegebenen Vorgaben abgewichen wird.*)
VolltextIBRRS 2008, 0066
VK Sachsen, Beschluss vom 17.12.2007 - 1/SVK/073-07
1. Das Verhandlungsverfahren hat, insbesondere ohne öffentliche Bekanntmachung, Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung gelangen. Die entsprechenden Ausnahmen sind eng auszulegen. Die Mitgliedstaaten können weder Tatbestände für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens schaffen, die in Richtlinie 2004/18/EG nicht vorgesehen sind, noch die ausdrücklich in diesen Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten Verfahrens erleichtern.*)
2. § 3a Nr. 6 a VOB/A erachtet in Auslegung des Art. 30 Richtlinie 2004/18/EG das Verhandlungsverfahren als zulässig ohne Öffentliche Vergabebekanntmachung, wenn bei einem Offenen Verfahren oder Nichtoffenen Verfahren keine annehmbaren Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Verdingungsunterlagen nicht grundlegend geändert werden und in das Verhandlungsverfahren nur alle Bieter aus dem vorausgegangenen Verfahren einbezogen werden, die fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig sind.*)
3. Beim Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung sind die Grundsätze des § 97 GWB zu beachten. § 101 Abs. 4 GWB bestimmt, dass der Auftraggeber sich an ausgewählte Unternehmen wendet. Diese Auswahl steht zwar bei Durchführung des Verhandlungsverfahrens nach § 3a Nr. 6 b VOB/A im Ermessen des Auftragsgebers, jedoch ist diese Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei durchzuführen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Transparenz erfordert, dass der Auftraggeber sich nach nachvollziehbaren, diskriminierungsfreien Kriterien an verschiedene Unternehmen wendet. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)
4. § 3a Nr. 6 b VOB/A dient dazu, von einer voraussichtlich mangels geeigneter Angebote erfolgslosen erneuten offenen Ausschreibung Abstand zu nehmen, um ohne öffentliche Bekanntmachung mögliche Bieter auszusuchen und auszuwählen. Dem öffentlichen Auftraggeber bleibt es unbenommen, im Wege der Vergabebekanntmachung den Auftrag erneut auszuschreiben. Demzufolge ist es gerade nicht die Intention der Ausnahmevorschrift des § 3a Nr. 6 b VOB/A einer besonderen Dringlichkeit der Auftragsvergabe Rechnung zu tragen. Für den Fall der besonderen Dringlichkeit der Auftragsvergabe ist eine andere Vorschriftsalternative, nämlich die des § 3a Nr. 6 d VOB/A einschlägig, die das Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Bekanntmachung an andere Voraussetzungen knüpft.*)
5. Auch im Verhandlungsverfahren können nur Angebote in der weiteren Wertung berücksichtigt werden, wenn diese im Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Mindestanforderungen erfüllen. Auch das Verhandlungsverfahren unterliegt den wesentlichen Prinzipien des Vergaberechts, insbesondere dem Grundsatz des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung aller Bieter und dem Transparenzgebot.*)
6. Auch im Verhandlungsverfahren dürfen Nachverhandlungen nicht dazu führen, dass einem im Sinne der Leistungsbeschreibung unzureichenden Angebot durch nachträgliche Ergänzung zur Annahmefähigkeit verholfen wird.*)
7. Der Ausschluss eines Angebots wegen unzulässiger Mischkalkulation setzt die Feststellung voraus, dass der betroffene Bieter in seinem Angebot Preisverlagerungen, d.h. in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses Abpreisungen und an anderer Stelle kompensatorische Aufpreisungen mit dem Ergebnis vorgenommen hat, dass die in den jeweiligen Positionen angegebenen Preise von den ohne Berücksichtigung der Preisverschiebung tatsächlich geforderten Preisen abweichen.*)
VolltextIBRRS 2008, 0063
EuGH, Beschluss vom 04.10.2007 - Rs. C-492/06
Art. 1 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der eines der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung allein gerichtlich nachprüfen lassen kann.*)
IBRRS 2008, 0062
EuGH, Urteil vom 11.10.2007 - Rs. C-237/05
Eine Vertragsverletzungsklage ist unzulässig, wenn bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist alle Wirkungen des betreffenden Vertrags bereits erschöpft waren.
VolltextOnline seit 2007
IBRRS 2007, 5275VK Bund, Beschluss vom 26.04.2007 - VK 1-29/07
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2007, 5283
VK Brandenburg, Beschluss vom 31.07.2007 - VK 28/07
1. Von einem sachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er nach Eingang der Verdingungsunterlagen diese auf Verständlichkeit und Vollständigkeit prüft.
2. Vermeintliche Ungereimtheiten in der Leistungsbeschreibung, wozu hier die Zuschlagskriterien gehören, dürfen nicht einfach hingenommen werden. Ergeben sich aus den Verdingungsunterlagen Zweifelsfragen, muss der Bieter diese vor Abgabe seines Angebotes klären.
3. Die Rügeobliegenheit i.S.d. § 107 Abs. 3 S. 1 GWB entsteht nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Bieter Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt; ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der aus subjektiver Sicht des Bieters den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt, und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
VolltextIBRRS 2007, 5280
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.11.2007 - VK 43/07
1. Der Antragsteller, der selbst ein ausschlussreifes Angebot abgegeben hat, kann Konkurrenzangebote, die ebenfalls an einem zwingenden Ausschlussgrund leiden, durch die Vergabekammer überprüfen lassen.*)
2. Fehlende Preisangaben führen zum zwingenden Angebotsausschluss.*)
3. In der IT-Branche ist wegen des stetigen technischen Wandels eine funktionale Betrachtung von geforderten Eignungsmerkmalen angezeigt.*)
VolltextIBRRS 2007, 5279
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2007 - Verg 28/07
1. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, kann das Beschwerdegericht gemäß auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf verlängern.
2. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu berücksichtigen.
3. Es lehnt den Antrag ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen.
VolltextIBRRS 2007, 5278
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2007 - Verg 28/07
Hat ein Bieter die ausweislich der Verdingungsunterlagen geforderten Erklärungen zwar nicht an der dafür vorgesehenen Stelle, aber dennoch inhaltlich unmissverständlich und eindeutig abgegeben, scheidet ein Ausschluss wegen der Unvollständigkeit der in Rede stehenden Angaben aus.
VolltextIBRRS 2007, 5068
VK Saarland, Beschluss vom 26.09.2007 - 3 VK 6/2007
Nimmt der Antragsteller den Vergabenachprüfungsantrag zurück, so hat er nach Maßgabe von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz die Verfahrenskosten vor der Vergabekammer zu tragen. Auch eine Erstattung von (zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen) Auslagen, die die Beteiligten im Verfahren vor der Vergabekammer gehabt haben, sieht das Gesetz für den Fall, dass das Nachprüfungsverfahren durch Rücknahme des Antrags und anschließende Einstellung geendet hat, nicht vor. Die Beteiligten haben diese Auslagen vielmehr jeweils selbst zu tragen.*)
VolltextIBRRS 2007, 5067
VK Saarland, Beschluss vom 23.04.2007 - 3 VK 2/2007, 3 VK 3/2007
1. Hat die Vergabestelle mit einer EG-Vorinformation von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Fristen für den Eingang der Gebote zu verkürzen, beurteilt sich Zuständigkeit der Vergabekammer nach dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Schwellenwert.*)
2. Nachweise können nach der unmittelbar geltenden Vergabekoordinierungsrichtlinie sowohl in der Bekanntmachung als auch erst in den Vergabeunterlagen gefordert werden.*)
3. Bei der Auslegung von Formularen, deren Verwendung von der Vergabestelle vorgegeben und von ihr teilweise ergänzt worden sind, ist auf den Horizont und die Verständnismöglichkeiten der Bieter abzustellen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Vergabestelle. Eine von der Vergabekammer festgestellte Unklarheit muss sich den Bietern bei Abgabe der Angebote noch nicht aufdrängen und sie daher nicht zu einer entsprechenden Rüge veranlassen.*)
4. Die Verwendung der Formblätter des VHB 2002 gewährleistet bei vollständiger und ordnungsgemäßer Bearbeitung im Regelfall eine ausreichende Dokumentation und Begründung der einzelnen Verfahrensschritte. Bedient sich die Vergabestelle bei der Fertigung des Vergabevermerks der Hilfe eines Dritten, wird erst mit der Unterschrift der zuständigen Personen der Vergabestelle auf dem Vergabevermerk dokumentiert, dass dem Vergabevorschlag des Dritten zugestimmt worden ist und die Vergabestelle in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit entschieden hat. Spätestens wenn die Bieter gemäß § 13 VgV informiert werden, muss der Vergabevermerk die erforderliche Zustimmungserklärung der Vergabestelle enthalten.*)
VolltextIBRRS 2007, 5066
VK Saarland, Beschluss vom 01.10.2007 - 1 VK 2/2007
1. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Aufhebungsgrundes nach § 26 Nr. 1 b VOB/A ist für die Frage der Wirksamkeit der Aufhebung irrelevant und daher nicht zu prüfen. Eine vergaberechtswidrige Aufhebung hat zwar grundsätzlich keine Erledigungswirkung, jedoch stellt eine gleichwohl erfolgte wirksame Abstandnahme vom Vergabeverfahren eine Erledigung in sonstiger Weise dar. Dies folgt aus § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB, der besagt, dass, für den Fall, dass sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt hat, die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten feststellt, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. Ist aber das Vergabeverfahren durch Aufhebung, Einstellung oder in sonstiger Weise schon abgeschlossen, macht ein Vergabenachprüfungsverfahren, das dem Primärrechtsschutz des einzelnen Antragstellers dient, keinen Sinn mehr. In einem solchen Fall muss der Antragsteller seinen Antrag vom Primärrechtsschutz auf den Sekundärrechtsschutz umstellen. Macht der Antragsteller davon keinen Gebrauch, so ist sein Nachprüfungsantrag zurückzuweisen, weil er sich in sonstiger Weise erledigt hat.*)
2. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen solchen Feststellungsantrag (Antrag auf Sekundärrechtsschutz) liegt nur dann vor, wenn der ursprünglich als Nachprüfungsantrag gestellte Antrag begründet gewesen wäre. Ein Angebot, das ausweislich der Urkalkulation entgegen den eindeutigen Vorgaben des Auftraggebers im Leistungsverzeichnis in die Position „Baustelle einrichten“ zeitabhängige Kosten wie „Reinigen/Winterdienst (Kehrmaschine)“, „Eigenüberwachungsleistung“ und „Geschäftsführung ArGe (Projektleitung, Kaufmännische Abwicklung)“ einrechnet, ist zu Recht wegen unzulässiger Kostenverlagerung nach Maßgabe von § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A sowie objektiv nicht vollständig abgegebener geforderter Erklärungen vom Vergabeverfahren auszuschließen. Dabei kommt es auf die subjektiven Beweggründe, die die Bieterin/Antragstellerin zu der unrichtigen Preisangabe veranlasst haben, nicht an; maßgeblich ist allein der objektive Erklärungsgehalt.*)
VolltextIBRRS 2007, 5065
VK Saarland, Beschluss vom 20.08.2007 - 1 VK 1/2007
1. Von dem Kostengrundsatz des § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungskostengesetz, wo grundsätzlich den Antragsteller die Kostenlast trifft, da er durch Stellung des Nachprüfungsantrags das Verfahren in Gang gesetzt hat, ist hier eine Ausnahme zu machen. Eine differenzierende Beurteilung ist wegen der besonderen Fallkonstellation nach Auffassung der Kammer geboten: Die Antragstellerin ist durch das offensichtliche Fehlverhalten der Auftraggeberin und Antragsgegnerin zur Einreichung und Aufrechterhaltung des Vergabenachprüfungsantrags veranlasst worden.*)
2. Der Ermessensnichtgebrauch ist ein von der Vergabekammer überprüfbarer Beurteilungsfehler. Die Vergabestelle hat bei der Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A) anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden. Erforderlich ist eine umfassende Abwägung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs, der Intensität, des Ausmaßes und des Grads der Vorwerfbarkeit. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Bieters ist dabei stets die Frage zu stellen, inwieweit die zur Beurteilung von Bedeutung stehenden Gesichtspunkte geeignet sind, eine ordnungsgemäße und vertragsgerechte Erbringung gerade der ausgeschriebenen und vom Antragsteller angebotenen Leistung in Frage zu stellen. Lässt die Entscheidung der Auftraggeberin eine derart umfassende Ermittlung und vor allen Dingen Würdigung der ermittelten Gesichtspunkte vermissen, ohne die neuerlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der von der Antragstellerin durchgeführten Selbstreinigungsmaßnahmen zu berücksichtigen, hat sie vielmehr überhaupt keine aktuelle Zuverlässigkeitsprüfung bezogen auf die konkret anstehende Auftragsvergabe durchgeführt, so liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs vor; hier handelt es sich um einen von der Vergabekammer voll überprüfbaren Beurteilungsfehler.*)
3. Der Auftraggeber kann sich der aus diesem Ermessensfehler resultierenden Kostenlast auch nicht dadurch entziehen, dass er das Vergabeverfahren aufhebt und die Hauptsache für erledigt erklärt.*)
VolltextVPRRS 2007, 0446
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2007 - VK-31/2007
1. In der Regelung in § 130a Abs. 9 SGB V kann nicht der Wille des Gesetzgebers erkannt werden, die spezifische Zuständigkeit der Nachprüfungsstellen nach § 104 GWB in einer Bereichsausnahme aufzuheben. Wäre dies gewollt, hätte der Gesetzgeber den Rechtsschutz nach dem SGG weiter ausgestalten müssen. Da dies nicht erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a SGB V als reglementierte Vergabe angesehen hat und folglich kann auch die Rechtswegzuweisung nicht als vorrangig vor § 104 GWB gelten.*)
2. Die Verletzung der Vorschrift aus § 1 GWB ist vor den Kartellgerichten geltend zu machen. Die Vergabekammern haben es auch nicht als „Vorfrage“ zu prüfen, ob eine im Vergabeverfahren relevante Wettbewerbsbeschränkung für die Bieter (§ 97 Abs. 7 GWB) gerade in der Bildung einer Einkaufsgemeinschaft liegt. Dies würde ebenfalls auf eine kartellrechtliche Prüfung des Zusammenschlusses unter anderer Bezeichnung hinauslaufen, ohne die im Kartellverfahren notwendige Prüfungstiefe zu erreichen.*)
3. Zur Entscheidung über Vergabeverfahren der Allgemeinen Ortskrankenkassen sind die Vergabekammern der Länder, nicht die des Bundes, zuständig.*)
4. Der Abschluss von Rabattierungsverträgen ist als öffentlicher Auftrag anzusehen. Die Beschaffungskette im vergaberechtlichen Sinn wird durch die Einschaltung der Apotheken nicht unterbrochen, da es die Krankenkassen sind, die - rechtlich gesehen – die Medikamente bei der Stelle kaufen, die allein dazu berechtigt ist, jedoch in den hier zu beurteilenden Fällen die Preise nicht mit der Apotheke, sondern direkt mit den Herstellern aushandeln. Das vergaberechtlich relevante Marktgeschäft ist nicht das Umsatzgeschäft mit der Apotheke, sondern die kassenfinanzierte Abnahme eines Medikamentes eines bestimmten Herstellers.*)
5. Die Antragsgegnerinnen haben gegen das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, indem sie das Kriterium der Produktbreite aufgestellt und gewertet haben, welches Daten beinhaltet, die für die Bieter sowohl vor Erstellung ihres Angebotes wie nach Auswertung nicht zugänglich gemacht wurden.*)
VolltextIBRRS 2007, 5064
OLG München, Beschluss vom 19.12.2007 - Verg 12/07
Zur Ausschreibung von preisgebundenen und preisungebundenen Schulbüchern.*)
VolltextIBRRS 2007, 5062
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2007 - Verg 30/07
Eine Kommune, die städtische Grundstücke mit einer Bauverpflichtung verkauft, muss die Vorschriften des Vergaberechts einhalten.
VolltextIBRRS 2007, 5060
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2007 - Verg 51/07
Vergaberecht gilt auch für Pharma-Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V.
VolltextVPRRS 2007, 0460
VK Bund, Beschluss vom 18.12.2007 - VK 3-139/07
1. Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Diese Voraussetzungen treffen auf Rabattverträge insofern nicht zu, als der Rabattvertrag als solcher keine synallagmatische Austauschbeziehungen zwischen den beiden Vertragsparteien, also dem Auftraggeber auf der einen und den Herstellern der Festbetragsarzneimittel auf der anderen Seite begründet.
2. Gemäß § 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A sind allerdings auch Rahmenvereinbarungen als öffentlicher Auftrag zu qualifizieren, obwohl sie selbst noch nicht den eigentlichen Austauschvertrag (hier: einen Kaufvertrag über Arzneimittel) beinhalten, sondern lediglich Bedingungen für Einzelverträge regeln, die zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden.
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