Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10834 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2007, 0046VK Nordbayern, Beschluss vom 04.12.2006 - 21.VK-3194-39/06
1. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Die Regelung dient dem Schutz des Auftraggebers vor Eingehung eines nicht hinzunehmenden Risikos. Maßgeblich für die Entscheidung ist daher, ob der Auftraggeber nach Überprüfung der eingeholten Auskünfte so erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertragerfüllung haben darf, dass ihm bei objektiver Betrachtung ein Zuschlag wegen der damit verbundenen Risiken nicht zugemutet werden kann.*)
2. Zur Feststellung eines unangemessen niedrigen Angebots sind konkrete Anhaltspunkte dafür zu verlangen, dass der niedrige Preis keinen Wettbewerbspreis darstellt, der Ausdruck der konkreten, betriebsindividuellen Verhältnisse und zugleich Reaktion des Unternehmens auf das wettbewerbliche Umfeld ist. Ein niedriger Preis kann bei einer arbeitsintensiven Tätigkeit auf ein niedrigeres Gehaltsniveau zurückzuführen sein. Hierbei handelt es sich um einen legitimen Preisvorteil des Anbieters.*)
3. Nach § 24 Nr. 1 VOL/A darf mit Bietern verhandelt werden, um Zweifel über die Angebote zu beheben. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Aufklärungsverlangen zulässig und die Aufklärungsfrist zumutbar ist.*)
VolltextIBRRS 2007, 0045
VK Sachsen, Beschluss vom 07.12.2006 - 1/SVK/099-06
1. Eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen liegt immer dann vor, wenn der von der Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen vorformulierte (Abfrage-)Wille durch die aktive Handlung des Bieters verändert wird und einen anderen Inhalt bekommt. Lassen die Angebote im Ergebnis trotz unterschiedlicher Gestaltung noch eine vergleichende willkürfreie Wertung zu, ist eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen nicht gegeben.*)
2. Werden einem Bewerber wichtige Aufklärungen über die geforderte Leistung oder die Grundlagen seiner Preisermittlung gegeben, so sind sie gem. § 17 Nr. 6 Absatz 2 VOL/A auch den anderen Bewerbern gleichzeitig mitzuteilen. Grundlage der Regelung des § 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A wie auch der Parallelregelung in § 17 Nr. 7 Abs. 2 VOB/A ist das Prinzip der Gleichbehandlung aller Teilnehmer an einem Vergabeverfahren. Wichtige Auskünfte in diesem Sinne sind solche Mitteilungen über die geforderte Leistung und über Grundlagen der Preisberechnung, die sich gerade als eine Folge von Unzulänglichkeiten der Leistungsbeschreibung darstellen. Unterlässt es die Vergabestelle diese Mitteilungen anderen Bietern auch zugänglich zu machen, liegt eine Ungleichbehandlung vor, die mangels vergleichbarer Angebote zur Aufhebung oder zur Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand ab Vergabebekanntmachung führt.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber, der im Vorhinein Regeln für die Gewichtung von Zuschlagskriterien aufgestellt hat, ist verpflichtet, nicht nur die Zuschlagskriterien, sondern auch deren Gewichtung in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen mitzuteilen.*)
4. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB ist die Vergabekammer gehalten, die Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Rechtsverletzung zu treffen. Dabei hat die Vergabekammer gem. § 110 Absatz 1 Satz 2 GWB darauf zu achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird.*)
VolltextIBRRS 2007, 0044
VK Sachsen, Beschluss vom 02.10.2006 - 1/SVK/091-06
1. Hat die Vergabekammer im Rahmen eines ersten Vergabenachprüfungsverfahrens die erneute Wertung der Angebote verfügt, ist sie, sofern diese erneute Wertung wiederum Gegenstand eines Vergabenachprüfungsantrags wird, an ihre bereits getroffenen rechtlichen Feststellungen und Entscheidungen gebunden. Soweit bereits abschließend über die von der Antragstellerin gerügten Vergaberechtsverstöße entschieden wurde, ist der Beschluss rechtskräftig. Nur insoweit seinerzeit durch die Vergabekammer Rechtsverletzungen durch die Auftraggeberin festgestellt worden sind, und diesbezüglich eine erneute Wertung angeordnet wurde, kann eine Prüfung durch die Vergabekammer in diesem Vergabenachprüfungsverfahren erneut durchgeführt werden.*)
2. Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Wertung der abgegebenen Angebote ein Beurteilungsspielraum zu, der grundsätzlich nur dahingehend überprüfbar ist, ob bei der Wertung von falschen Tatsachen ausgegangen oder Verfahrensvorschriften nicht eingehalten wurden, der Auftraggeber sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen und/oder allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet hat.*)
VolltextIBRRS 2007, 0029
VG Dessau, Beschluss vom 04.09.2006 - 1 B 187/06
1. Für Streitigkeiten über die Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der Schwellenwerte ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
2. Bei der am Ende des Vergabeverfahrens durch die Erteilung des Zuschlags zu treffenden Auswahlentscheidung handelt es sich um eine (Auswahl-)Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts und somit um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG.
3. Wird auf ein Angebot rechtzeitig und ohne Abänderung der Zuschlag erteilt, so ist damit nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Vertrag abgeschlossen (vgl. § 28 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A). Das gilt selbst dann, wenn eine urkundliche Festlegung für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist.
4. Ein Bieter, dessen Angebot abgelehnt werden soll, muss vor Erteilung des Zuschlags angehört werden. Unterlässt der öffentliche Auftraggeber dies, ändert dies jedoch nichts daran, dass mit dem Zuschlag ein bindender Vertrag zu Stande gekommen ist; es sei denn, der öffentliche Auftraggeber unterlässt die Anhörung gerade deshalb, um den Zuschlag "unter bewusster Umgehung vergaberechtlicher Regelungen" erteilen zu können.
VolltextIBRRS 2007, 0021
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.07.2006 - Verg 84/05
Die in einer Bietergemeinschaft vereinten Unternehmen sind im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz zum Vorsteuerabzug berechtigt. Von ihrem Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gegen den unterliegenden Verfahrensbeteiligten ist Umsatzsteuer daher abzusetzen.*)
VolltextIBRRS 2007, 0020
VK Münster, Beschluss vom 15.11.2006 - VK 13/06
1. Die Überprüfung der Höhe des Schwellenwertes erfolgt von Amts wegen. Dabei errechnet sich der Gesamtauftragswert aus der Summe aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Leistungen ohne Umsatzsteuer, allerdings abzüglich der Baunebenkosten der Kostengruppe 700 der DIN 276.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber hat grundsätzlich die Wahl, die beiden Leistungen (Planung und Ausführung) gemeinsam als einen Auftrag auszuschreiben oder getrennt zu vergeben. Nur für den Fall, dass ein Vertrag über beide Leistungen geschlossen wird, berechnet sich der Gesamtauftragswert nach den Planungsleistungen und den Bauleistungen.*)
IBRRS 2007, 0018
VK Nordbayern, Beschluss vom 25.11.2006 - 21.VK-3194-38/06
1. Die Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A erfordert einen wertenden Vergleich der eingereichten Angebote unter Berücksichtigung der aufgestellten Wertungskriterien. Dies setzt einen nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum der VSt voraus, den die Vergabekammer lediglich daraufhin überprüfen kann, ob dessen rechtliche Grenzen eingehalten sind. Diese Grenzen sind überschritten, wenn das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wurde, die VSt von einem nicht zutreffenden oder nicht vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, in die Wertung willkürliche oder sonst unzulässige Erwägungen eingeflossen sind, der Beurteilungsmaßstab sich nicht im Rahmen der Beurteilungsermächtigung hält, insbesondere die einzelnen Wertungsgesichtspunkte objektiv fehlgewichtet wurden oder wenn bei der Entscheidung über den Zuschlag ein sich im Rahmen des Gesetzes und der Beurteilungsermächtigung haltender Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend angewendet wurde.*)
2. Die VSt durfte bei der Bewertung der Preise grundsätzlich auf Bruttopreise abstellen. Der Zuschlag ist gemäß § 25 Nr. 3 VOL/A auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Dies bedeutet, dass der Zuschlag unter den zur Wertung zuzulassenden Angeboten auf das Angebot zu erteilen ist, das unter Berücksichtigung aller im konkreten Fall wesentlichen einzelnen Aspekte das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Für den Auftraggeber ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Endpreis, d.h. der Bruttopreis, relevant. Dass ein Bieter durch eine Befreiung von der Umsatzsteuer eine finanzielle Besserstellung erfährt, bleibt im Vergaberecht bis auf den Sonderfall des § 6 Nr. 7 VOL/A unberücksichtigt. Eine vergaberechtlich relevante Wettbewerbsverzerrung kann in der Wertung von Bruttopreisen dementsprechend nicht gesehen werden.*)
VolltextOnline seit 2006
IBRRS 2006, 4727OLG Koblenz, Beschluss vom 23.08.2006 - 1 Verg 8/06
Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag und das Rechtsmittel mit Zustimmung der Antragsgegnerin zurück, hat er die für die Tätigkeit der Vergabekammer anfallenden Kosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen.
VolltextIBRRS 2006, 4501
VK Sachsen, Beschluss vom 14.12.2005 - 1/SVK/142-05
1. Einem Auftraggeber ist es gestattet, „Unterkriterien der Unterkriterien“ zu bilden.
2. Wird als „Unter“-Unterkriterium ein nicht nachvollziehbares Kriterium benutzt, das für einen objektiven Betrachter nicht nachvollzogen werden kann, ist das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB, im Zusammenhang mit § 18 VOF, verletzt.
3. Wird dem Auftraggeber eine Neubewertung aufgegeben, können weitere „Unter“-Unterkriterien gebildet werden, soweit sie sachlich auch tatsächlich unter das bekannt gemachte Unterkriterium subsumierbar sind und nicht gegen das Transparenzgebot, das Gleichbehandlungsgebot oder das Willkürverbot verstoßen.
4. Wird im Rahmen einer Neubewertung ein Unterkriterium nicht unmittelbar neu definiert und ausgewiesen, kann ein Hinzufügen von Fußnoten den Anforderungen an die Neubewertung Rechnung getragen werden, wenn die Fußnoten einer Einführung von „Unter“-Unterkriterien gleichwertig sind.
5. Die Ordnungsvorschrift des § 16 Abs. 3 VOF eröffnet zwar ein Wahlrecht, aber zugleich auch eine Verpflichtung vorgibt, alle Auftragskriterien, deren Anwendung vorgesehen ist, anzugeben. Mit Angabe von Auftragskriterien tritt eine Selbstbindung der Auftraggeberin ein. Nach diesem Zeitpunkt ist es vergaberechtswidrig, ein als Auftragskriterium angekündigtes Merkmal wieder fallen zu lassen (vgl. VK Sachsen, Beschluss vom 05.09.2005, Az: 1/SVK/104-05).
VolltextIBRRS 2006, 4500
VK Sachsen, Beschluss vom 09.11.2006 - 1/SVK/095-06
1. Von einem gleichwertigen Mangel in Auslegung der Entscheidung des BGH (Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06) ist dann auszugehen, wenn das Angebot des Bieters auf der gleichen Wertungsstufe auszuschließen ist. Eine Vergabestelle hat in Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes auf jeder Wertungsstufe den gleichen Maßstab an die Wertung der abgegeben Angebote zu legen. Dies stützt auch die Tatsache, dass unterschiedliche Wertungsstufen auch einen unterschiedlichen Maßstab der Bewertung erfordern.*)
2. Ein gleichwertiger Mangel liegt im Umkehrschluss auch dann vor, wenn das Angebot des sich auf die Gleichbehandlung berufenen Bieters auf einer späteren Wertungsstufe auszuschließen ist, Angebote andere Bieter hingegen bereits auf einer vorherigen Wertungsstufe auszuschließen sind. Insofern ist der Begriff gleichwertig als "mindestens" gleichwertig zu definieren.*)
VolltextIBRRS 2006, 4492
OLG Frankfurt, Urteil vom 07.11.2006 - 11 U 53/03 (Kart)
Zum Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz wegen Submissionsabsprachen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4730
OLG Koblenz, Beschluss vom 15.08.2006 - 1 Verg 7/06
Eine Erstattung der der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen außergerichtlichen Kosten findet in Rheinland-Pfalz nicht statt.
VolltextIBRRS 2006, 4507
VK Südbayern, Beschluss vom 27.11.2006 - Z3-3-3194-1-33-10/06
1. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverständnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden.*)
2. Erscheinen Angebote im Verhältnis zu der zu erbringen Leistung ungewöhnlich niedrig, so überprüft der Auftraggeber vor der Vergabe des Auftrags die Einzelposten dieser Angebote. Zu diesem Zweck verlangt er vom Bieter die erforderlichen Belege und berücksichtigt bei der Vergabe das Ergebnis dieser Überprüfung (§ 25 Nr. 2 Abs.2 VOL/A). Abzustellen ist hierbei nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf die Endsumme des Angebots. Der Auftraggeber ist aber trotzdem dazu berechtigt und auch verpflichtet, die Preise für einzelne Leistungspositionen zu prüfen.*)
3. Macht ein Bieter keine, nur pauschale oder keine plausiblen Erklärungen für sein Angebot, ist der Nachweis des Vorliegens eines angemessenen Angebotspreises nicht erbracht und das Angebot nicht in die vierte Wertungsstufe mit einzubeziehen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4489
VK Brandenburg, Beschluss vom 10.11.2006 - 2 VK 44/06
1. Ein „offenbares Missverhältnis“ zwischen Preis und Leistung i.S.v. § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A ist dann gegeben, wenn der Preis von den Erfahrungswerten wettbewerblicher Preisbildung so grob abweicht, dass dies sofort ins Auge fällt (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Mai 2005 - VK 8/05).
2. Ein offenbares Missverhältnis von Preis und Leistung kann nicht allein aus einem möglicherweise im Verhältnis zu den übrigen Bietern sehr niedrigen Preis für eine Leistung geschlossen werden. Dieser kann an besonderen Umständen liegen, die dem Bieter eine von der Vollkostenkalkulation anderer Bieter abweichende, gelegentlich auch deutlich günstigere Kalkulation erlauben. Dies gilt selbst für extreme Abweichungen eines Angebotes vom nächstgünstigsten. Eine über die Nachprüfungspflicht der Vergabestelle hinausreichende Indizwirkung besteht nicht.
3. Zwar hat der Auftraggeber als Antragsteller eines Nachprüfungsantrags grundsätzlich Recht, dass das wirtschaftlichste Angebot auch unter Berücksichtigung anderer Kriterien als des Preises - Qualität, technischer Wert, Kundendienst etc. – zu werten. Solche Kriterien müssen dann aber explizit in den Verdingungsunterlagen genannt werden.
4. Werden derartige Kriterien nicht angeführt, kann das wirtschaftlichste Angebot ohne Verstoß gegen das Vergaberecht auch nur unter Berücksichtigung des Preises ermittelt werden.
5. Bestätigt sich der Anfangsverdacht für eine zunächst „ins Blaue“ erhobene Rüge, so muss die Vergabekammer in Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes des § 110 Abs. 1 GWB den Sachverhalt aufklären, d.h. den Antrag als zulässig annehmen und prüfen, auch wenn sich später dessen Unbegründetheit herausstellt. Eine Zurückweisung des Nachprüfungsantrages in Kenntnis eines möglichen Verstoßes gegen das Vergaberecht zulasten eines Bieters stellte eine unzulässige Verkürzung von dessen Rechtsposition dar.
VolltextIBRRS 2006, 4488
VK Lüneburg, Beschluss vom 30.06.2006 - VgK-12/2006
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2006, 4482
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.11.2006 - VK 2-LVwA LSA 33/06
1. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn auch der antragstellende Bieter genau aus den Gründen zwingend ausgeschlossen werden muss, die er gerade rügen möchte.
2. Fehlt ein geforderter Nachweis zur Haftpflichtversicherungsdeckung, so ist das Angebot zwingend auszuschließen.
VolltextIBRRS 2006, 4481
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.10.2006 - VK 2-LvwA LSA 32/06
1. Führt der Auftraggeber rechtswidrig kein Vergabeverfahren durch, sondern will den Auftrag andersweitig vergeben und ist der potenzielle Bieter hierüber unterrichtet, so muss er auch in einem solchen Fall erst gegenüber dem Auftraggeber diese Vorgehensweise rügen, bevor er einen Nachprüfungsantrag stellen kann.
2. Die Rüge hat im Regelfall innerhalb von ein bis fünf Tagen nach Kenntniserlangung zu erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen wird dem Unternehmen nur dann zugebilligt, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und Rechtslage erschwert wird.
VolltextIBRRS 2006, 4480
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2006 - VK 2-LVwA LSA 31/06
1. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, so hat er die Kosten zu tragen.
2. Eine Ermäßigung der Gebühr auf ein Zehntel nach § 128 Abs. 2 Satz 2 GWB scheidet aus, wenn der Antrag erst kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird.
3. Im Falle der Antragsrücknahme findet keine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Vergabestelle oder der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer statt.
VolltextIBRRS 2006, 4479
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.08.2006 - VK 2-LVwA LSA 07/06
Zu Frage der angemessenen Vergütung eines Rechtsanwalts in einem Vergabenachprüfungsverfahren.
VolltextIBRRS 2006, 4475
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.09.2006 - 2 VK 34/06
1. Vergibt der Auftraggeber einen Generalplanervertrag und die örtliche Bauüberwachung/Bauoberleitung getrennt voneinander, kann der Generalplaner nicht zugleich Bauüberwacher/Bauoberleiter sein. Der Generalplaner ist bei der Vergabe der Bauüberwachung/Bauoberleitung wegen der bestehenden Interessenkollision als ungeeignet auszuschließen.
2. Der öffentliche Auftraggeber hat die Verpflichtung, stets dafür zu sorgen, dass ein echter, unverfälschter Wettbewerb hergestellt wird und erhalten bleibt. Dem steht entgegen, dass ein vorbefasster Bieter aufgrund seiner Vorkenntnisse ein Angebot abgeben kann, wie es anderen Mitbewerbern nicht möglich ist.
VolltextIBRRS 2006, 4474
VK Brandenburg, Beschluss vom 25.07.2006 - 1 VK 27/06
1. Die Regel, dass eine Rügeobliegenheit nur dann bestehen kann, wo ein Vergabefehler dem Antragsteller positiv bekannt ist und zudem seine laienhafte rechtliche Beurteilung den Schluss auf eine Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen rechtfertigen, findet eine Ausnahme in Fällen, in denen der Kenntnisstand des Antragstellers einen solchen Grad erreicht hat, dass seine (behauptete) Unkenntnis vom Vergaberechtsverstoß nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor dem Erkennen dieses Rechtsverstoßes gewertet werden kann.
2. Lassen die objektiven Tatsachen eines Falles bei lebensnaher Beurteilung nur den Schluss zu, dass der Antragsteller den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß zu einem bestimmten (früheren) Zeitpunkt erkannt oder sich mutwillig der Erkenntnis verschlossen hat, so obliegt es ihm, dies zu entkräften.
3. Bleibt bei eindeutig für Kenntnis sprechender Faktenlage offen, ob die von der Antragstellerin dagegen vorgebrachten Tatsachen zutreffen oder nicht, ist beim Rügepräklusion anzunehmen.
4. Eine vorsorgliche Rüge, die aufschiebend bedingt eine noch gar nicht vollzogene Vergabemaßnahme beanstandet, geht von vornherein ins Leere.
VolltextIBRRS 2006, 4459
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.09.2006 - 1 VK LVwA 28/06
1. Auch eine mündliche Äußerung kann als Rüge gewertet werden, vor allem wenn der Vertrag des Bieters vom Auftraggeber unwidersprochen bleibt.
2. Dem Nebenangebot sind die in den Mindestbedingungen formulierten Angaben zur Prüfung der Gleichwertigkeit beizufügen. Der Auftraggeber darf sich auf die bloßen Beteuerungen des Bieters hinsichtlich der nach dessen Meinung gegebener Gleichwertigkeit nicht verlassen, vielmehr hat er die Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gleichwertigkeit.
3. Eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Informationsschreibens gemäß § 13 VgV kann nicht mehr stattfinden, wenn dieses erst nach dem regelmäßigen Geschäftsschluss beim Bieter eingeht.
VolltextIBRRS 2006, 4442
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.10.2006 - 1 VK LVwA 14/06
Bei Rücknahme eines Nachprüfungsantrages besteht kein Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners.
VolltextIBRRS 2006, 4441
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2006 - 1 VK LVwA 08/06
1. Bei Inanspruchnahme eines auswärtigen Anwalts werden nur die fiktiven, nicht darüber hinausgehende Reisekosten ersetzt.
2. Das Verfahren vor der Vergabekammer mag zwar gerichtsähnlich ausgestaltet sein, stellt aber dennoch ein Verwaltungsverfahren dar, welches nach § 114 Abs. 3 Satz 1 GWB mit dem Erlass eines Verwaltungsaktes endet. Die anwaltliche Vertretung im Verfahren vor der Vergabekammer gehört daher richtigerweise zu den außergerichtlichen Tätigkeiten einschließlich der Vertretung in Verwaltungsverfahren, deren Vergütung in Teil 2 des VV geregelt ist.
VolltextIBRRS 2006, 4440
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2006 - 1 VK LVwA 07/06
Bei Rücknahme eines Nachprüfungsantrages besteht kein Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners, zumal § 128 GWB nur Fälle des Obsiegens oder Unterliegens regelt.
VolltextIBRRS 2006, 4438
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.10.2006 - 1 VK LVwA 04/05
Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG gehört es zum Aufgabenbereich der Vergabekammern, über die Festsetzung der Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung bzw. der notwendigen Rechtsverteidigung auf Antrag eines Beteiligten zu befinden. Dabei geht es jedoch ausschließlich um die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Nachprüfungsverfahren angefallen sind. Im Vorfeld eines derartigen Nachprüfungsverfahrens entstandene Kosten können durch die Vergabekammern hingegen nicht festgesetzt werden.
VolltextIBRRS 2006, 4419
VK Sachsen, Beschluss vom 17.11.2006 - 1/SVK/128-04
1. Der Gegenstandswert eines Nachprüfungsverfahrens ist mit 5% der Brutto-Auftrags- oder Angebotssumme anzunehmen.
2. Maßgeblich für die Berechnung des Gegenstandswertes ist das Interesse des Antragstellers am Auftrag.
3. Wird das Einsammeln und Verwerten von Abfall ausgeschrieben, wobei der Unternehmer lediglich durch die Verwertung einen Erlös erzielt, bestimmt sich der Gegenstandswert aus dem Verwertungserlös abzüglich der an den Auftraggeber zu zahlenden Vergütung.
4. Zu der Frage, welcher Gebührensatz des Rechtsanwalts für ein Vergabeverfahren angemessen ist.
VolltextIBRRS 2006, 4418
VK Bund, Beschluss vom 08.06.2006 - VK 2-114/05
Eine Person des privaten Rechts, die einen Beschaffungsvorgang ausschreibt, kann mittelbare Stellvertreterin der öffentlichen Hand sein, wenn der Zweck der Beschaffung im öffentlichen Interesse liegt und die Person für Rechnung des Staates handelt. Die Beschaffung ist dem Staat als öffentlichem Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB zuzurechnen. Die Normen des vierten Teils des GWB sind einzuhalten.
VolltextIBRRS 2006, 4416
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 - Verg 35/06
1. Verträge über die Wartung und Instandsetzung sind hinsichtlich des Bauleistungsanteils genau abzugrenzen.
2. Allein die Tatsache, dass der Instandsetzungsanteil ca. 25% beträgt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die VOB/A Anwendung findet.
3. Wenn der Auftrag neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, findet die VOL/A Anwendung.
4. Die falsche Vergabeart unterliegt überhaupt nur dann der Rügeobliegenheit, wenn sie aus der Vergabebekanntmachung erkannt werden konnte.
5. Die Kenntnis der falschen Vergabeart setzt erst mit Hinzuziehung juristischen Sachverstandes ein.
6. Die geforderten Eignungsnachweise sind in der Vergabebekanntmachung anzugeben.
7. Die Forderung eines bereits länger als zwei Jahre gültigen QM-Zertifikates ist unzulässig.
8. Der Ausschluss eines Angebots, trotz eines individuell gesetzten Vertrauenstatbestandes, ist nicht vergaberechtskonform.
IBRRS 2006, 4412
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.11.2006 - VK-SH 25/06
1. Ob die Voraussetzungen des als Ausnahmetatbestand eng auszulegenden § 100 Abs. 2 lit. d) GWB vorliegen, ist durch die Vergabekammer von Amts wegen zu prüfen.*)
2. Auch für eine zulässige Beanstandung der gewählten Verfahrensart fehlt die Antragsbefugnis, wenn der Antragsteller nicht darlegen kann, dass ihm durch diesen Umstand ein Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB entstanden ist oder zu entstehen droht.*)
3. Es ist grundsätzlich allein Sache der Vergabestelle zu entscheiden, welche Leistung sie ausschreibt; sie ist auch nicht verpflichtet, ihren Bedarf so auszurichten, dass möglichst alle auf dem Markt agierenden Teilnehmer leistungs- und angebotsfähig sind. Die Vergabestelle ist auch nicht berechtigt und schon gar nicht verpflichtet, unabhängig von der konkreten Ausschreibung bestehende Wettbewerbsvorteile und -nachteile potentieller Bieter durch die Gestaltung der Vergabeunterlagen "auszugleichen".*)
4. Vom Gebot der Produktneutralität darf dann abgewichen werden, wenn dies ausnahmsweise durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist; zu einer solchen Rechtfertigung bedarf es dann objektiver, in der Sache selbst liegender Gründe, die sich zum Beispiel aus der besonderen Aufgabenstellung des Auftraggebers, aus technischen oder gestalterischen Anforderungen oder auch aus der Nutzung der Sache ergeben können.*)
5. Die Eignung eines Bieters kann - auch im Rahmen des § 7a Nr. 3 VOL/A - grundsätzlich nur im Rahmen einer Prognoseentscheidung beurteilt werden, für die der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, welcher von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüft werden kann.*)
6. Hinsichtlich des Nachweises seiner Eignung obliegt die Darlegungspflicht dem Bieter. Mangelnde Nachweise bzw. Erklärungen des Bieters können den Auftraggeber insoweit nicht in Beweisnot bringen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4403
VK Nordbayern, Beschluss vom 26.10.2006 - 21.VK-3194-32/06
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. d VOL/A sind Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden sind, zwingend auszuschließen (hier: Vorlage von eigenen Verkaufs-, Liefer- und Zahlungsbedingungen mit dem Angebot).*)
2. Nach § 25 Nr. 3 VOL/A ist der Zuschlag auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Der niedrigste Angebotspreis allein ist nicht entscheidend. Der Beurteilungsspielraum des Auftraggebers ist einer nachträglichen Kontrolle durch die Vergabekammer nur eingeschränkt zugänglich. Es kann nur überprüft werden, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten worden sind.*)
VolltextIBRRS 2006, 4391
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006 - Verg 23/06
1. Liegen neben einer Unternehmensverbindung im Sinne von §§ 17, 18 AktG, § 36 Abs. 2 GWB, auch personelle, räumliche und infrastrukturelle Verflechtungen sowie Übereinstimmungen bei den abgegebenen Angeboten vor, sind die Angebote der betroffenen Bieter wegen unzulässiger Doppelbewerbung auszuschließen.
2. Die Bieter müssen bereits mit Angebotsabgabe nachweisen, dass und aufgrund welcher besonderen Vorkehrungen der Geheimwettbewerb bei der Angebotserstellung gewährleistet war, denn die Vergabestelle ist zu Aufklärungsmaßnahmen zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet.
VolltextIBRRS 2006, 4390
VK Thüringen, Beschluss vom 15.06.2006 - 360-4002.20-006/06-ESA-S
1. Trotz seiner gerichtsähnlichen Ausgestaltung handelt es sich bei dem Verfahren vor der Vergabekammer um ein Verwaltungsverfahren. Daher ist es nicht sachwidrig, das Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden, auch wenn sich insoweit Unterschiede zum prozessualen Streitverfahren ergeben.
2. Ein Nachprüfungsantrag kann gemäß § 22 ThürVwVfG bis zum Ende der mündlichen Verhandlung ohne Zustimmung der sonstigen Beteiligten zurückgenommen werden.
3. Im Nachprüfungsverfahren der Vergabekammer des Freistaates Thüringen kommt im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 128 Abs. 4 S. 2 und 3 GWB, § 80 Abs. 1 Satz 6 ThürVwVfG grundsätzlich auch ein Anspruch der Vergabestelle auf Erstattung ihrer Auslagen gegen die Antragsteller in Betracht.
VolltextIBRRS 2006, 4389
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2006 - Verg 79/04
1. Die anwaltliche Verfahrensgebühr für das Verfahren über einen Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB (Nr. 3300 VV zum RVG) und die Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren (Nr. 3200 VV) sind nicht aufeinander anzurechnen (Abweichung von KG, Beschl. v. 14.2.2005 - 2 Verg 13/04, VergabeR 2005, 402 und des BayObLG, Beschl. v. 19.1.2006 - Verg 22/04).*)
2. Bündeln mehrere Auftraggeber ihren Beschaffungsbedarf und schließen sie sich für die Dauer und die Durchführung des Vergabeverfahrens zu einer Auftraggebergemeinschaft zusammen, sind sie kostenrechtlich wie ein Auftraggeber zu behandeln. Eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV zum RVG ist in solchen Fällen ausgeschlossen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4388
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2006 - Verg 16/06
Nach § 7 Nr. 6 VOL/A sind von einem Ausschluss nur solche Einrichtungen betroffen, die - unmittelbar oder mittelbar - in staatlicher oder kommunaler Trägerschaft stehen. Kreishandwerkerschaften i.S.d. §§ 86 ff. HandwO und deren Berufsbildungseinrichtungen unterliegen keiner derartigen Trägerschaft.
VolltextIBRRS 2006, 4387
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2006 - Verg 14/06
1. Für die Auslegung einer Bekanntmachung (ebenso wie für Auslegung von Vergabe- und Verdingungsunterlagen) gilt nach ständiger Rechtsprechung ein objektivierter Maßstab: maßgebend ist die Sicht eines vernünftigen, mit öffentlichen Vergaben vertrauten Bieters.
2. Für die Auslegung der Bekanntmachung ist unerheblich, welchen Inhalt die später den Bietern übersandten Verdingungsunterlagen hatten; auslegungsrelevant sind nur solche die Umstände, die bis zur Veröffentlichung gegeben waren.
3. Schreibt der Auftraggeber einen Abschleppvertrag für mindestens 36 Monate aus und fordert er entsprechende Eignungsnachweise (Angabe des Betriebs- und Verwahrgeländes und als Verfügbarkeitsnachweis die Vorlage eines Grundbuchauszugs oder Mietvertrags sowie die Erlaubnis nach § 3 GüKG), so müssen die Nachweise auch ohne besondere Erwähnung den gesamten Vertragszeitraum abdecken.
VolltextIBRRS 2006, 4386
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.05.2006 - Verg 19/06
1. Das Erfordernis, jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung verlangt wird, soll die Vergleichbarkeit der Angebote auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage sicherstellen. Fehlen Preisangaben oder sind gemachte Preisangaben unzutreffend, hat der öffentliche Auftraggeber kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, sondern ist gezwungen, das betreffende Angebot von der Wertung auszunehmen.
2. Ein Bieter, der eine Mischkalkulation und damit unzutreffende Preisangaben des Nachunternehmers unberichtigt übernimmt, macht diese zum Gegenstand seines Angebots; dies jedenfalls dann, wenn die Nachunternehmerleistungen im Angebotsblankett nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses aufgegliedert werden. Die Angebotspreise sind in diesen Fällen unvollständig und unzutreffend, mit der Folge, dass das Angebot einem zwingenden Wertungsausschluss unterliegt.
3. Ist das Angebot des Antragstellers von der Wertung auszuschließen, kann der weitere Fortgang des Vergabeverfahrens grundsätzlich weder seine Interessen berühren, noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.
4. Das Gebot, die Bieter gleich zu behandeln (§ 97 Abs. 2 GWB), verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, solche Angebote, die vergaberechtlich an demselben oder einem gleichartigen Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln, d.h. aus dem übereinstimmend vorliegenden Mangel jener Angebote vergaberechtlich dieselben Konsequenzen zu ziehen.
IBRRS 2006, 4385
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2006 - Verg 12/06
1. Erwirbt ein Unternehmen von einer Kommune ein Grundstück und verpflichtet sich der Erwerber, auf dem Grundstück eine in seinem Eigentum stehende Feuerbestattungsanlage zu bauen und zu betreiben, handelt es sich um eine Dienstleistungskonzession.
2. Eine Dienstleistungskonzession unterfällt gemäß Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge nicht dieser Richtlinie und damit auch nicht dem Vergaberecht des GWB, denn dessen Anwendungsbereich geht nicht über den der einschlägigen europäischen Richtlinie hinaus.
3. Dienstleistungskonzessionen unterliegen den Grundregeln des EG-Vertrages (u.a. Gleichbehandlungsgrundsatz und Verbot der Diskriminierung). Die Einhaltung dieser Grundregeln kann im Sekundärrechtsschutz überprüft werden.
VolltextIBRRS 2006, 4503
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.09.2006 - 1 VK 52/06
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2006, 4382
VK Bremen, Beschluss vom 31.05.2006 - VK 2/06
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2006, 4381
VK Bremen, Beschluss vom 15.11.2006 - VK 2/06
Ob Gleichwertigkeit vorliegt, ist anhand der allgemeinen Leistungsbeschreibung und der Tauglichkeit des Alternativprodukts zu dem von der Vergabestelle vorgesehenen Gebrauch zu ermitteln. Maßgebend ist eine funktionale und nicht formale Betrachtungsweise, da ansonsten fast nie Gleichwertigkeit vorliegen und faktisch ein Zwang zur Verwendung bestimmter Produkte entstehen würde. Erfüllt ein Alternativprodukt solche Merkmale des in der Leistungsbeschreibung genannten Produkts nicht, die für den geplanten Einsatz nicht von Relevanz sind, so ist es gleichwertig.
VolltextIBRRS 2006, 4380
VK Bremen, Beschluss vom 01.02.2006 - VK 1/06
1. Öffentliche Rundfunkanstalten sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB.
2. Stellt ein Bieter die Zuschlagsfähigkeit seines Angebots zur Überprüfung, so kann ihm der Zugang zum Nachprüfungsverfahren nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als den von ihm zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen.
3. Fordert der Auftraggeber freie Farbtonwahl bei der Lieferung der Heizkörper und bietet der Bieter lediglich weiße Heizkörper an, die nachträglich den gewünschten Farbton erhalten könnten, so ist dieses Angebot wegen fehlender Eindeutigkeit zwingend auszuschließen, sofern sich dem Angebot nicht entnehmen lässt, ob und ggf. wie sich die nachträgliche Änderung des Farbtons preislich niederschlagen kann.
VolltextIBRRS 2006, 4379
VK Bremen, Beschluss vom 12.10.2006 - VK 04/06
1. Ein zwingender Ausschlussgrund ist vom Auftraggeber bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens - d.h. bis zur rechtswirksamen Zuschlagserteilung - zu beachten. Selbst wenn der Auftraggeber zunächst die Eignung des betreffenden Bieters bejaht und das Angebot zu Unrecht in die engere Wahl für den Zuschlag genommen hatte, ist das Vertrauen auf dieses vergaberechtswidrige Verhalten des Auftraggebers rechtlich nicht schützenswert.
2. Fehlen in der Leistungsbeschreibung geforderte Angaben, so ist das Angebot zwingend auszuschließen.
VolltextIBRRS 2006, 4378
OLG Bremen, Beschluss vom 31.07.2006 - Verg 2/2006
Reine Mutmaßungen rechtfertigen noch keine Rügeobliegenheit.
VolltextIBRRS 2006, 4349
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2006 - Verg 18/06
Gemäß § 4 Abs. 4 VgV kann sich ein Auftragnehmer bei der Erfüllung der Leistung der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen. Für die Zeit vor Geltung der Richtlinie 2004/18/EG ist die Vorschrift im Lichte der zur Richtlinie 92/50/EG ergangenen EuGH-Rechtsprechung dahin auszulegen, dass ein Bieter wegen der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf verbundene Unternehmen verweisen kann. Ein im Streitfall weder bestimmter noch bestimmbarer "Kern" an eigener Leistungsfähigkeit darf nicht gefordert werden.
VolltextIBRRS 2006, 4347
VK Nordbayern, Beschluss vom 10.11.2006 - 21.VK-3194-33/06
1. Die Antragstellerin kann das Versäumen ihrer Rügeobliegenheit (§ 107 Abs. 3 GWB) nicht durch urlaubsbedingte Abwesenheit der zuständigen Person rechtfertigen.*)
2. Ein Angebot ist gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung zwingend auszuschließen, wenn verlangte Typenbezeichnungen fehlen.*)
3. Nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A darf der Auftraggeber mit den Bietern Verhandlungen führen, um Zweifel über das Angebot zu beheben. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben ( § 24 Nr. 2 VOB/A ).*)
4. Die Vergabestelle ist nicht verpflichtet, die von der Antragstellerin mitgeteilten Werte einer Geräteliste auf Plausibilität zu überprüfen. Es ist allein Sache des Bieters, seine Erklärungen auf Schreibfehler zu kontrollieren. Aus Gründen des nach § 97 Abs. 2 GWB festgelegten Gleichbehandlungsgrundsatzes kann ein Schreibfehler im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nicht mehr korrigiert werden.*)
VolltextIBRRS 2006, 4346
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.10.2006 - 21.VK-3194-31/06
1. Der Vergabestelle ist es verwehrt, nach der Angebotsfrist eine Veränderung der Mengenansätze des Leistungsverzeichnisses vorzunehmen. Dies käme einer unstatthaften Änderung der Angebote i.S.d. § 24 Nr. 3 VOB/A gleich. Für eine nachträgliche Änderung der Mengenansätze und eine sich darauf stützende Angebotswertung lässt die VOB keinen Raum. Nur für die im Leistungsverzeichnis angesetzten Mengen liegen gültige Angebote vor. Die Bieter können darauf vertrauen, dass die Angebotswertung mit diesen Mengenansätzen durchgeführt wird und konnten ihre Preiskalkulation darauf aufbauen. Jedes nachträgliche Abweichen vom Leistungsverzeichnis würde dem Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz nach § 97 Abs. 1 GWB zuwiderlaufen.*)
2. Bedarfspositionen sind zwingend zu berücksichtigen, wenn ihre Wertung in der Angebotsaufforderung festgelegt wurde. Ist die grundsätzliche Wertung der Bedarfspositionen aus der Angebotsaufforderung ersichtlich, ist die Vergabestelle an diese Vorgabe gebunden.*)
VolltextIBRRS 2006, 4345
OLG Dresden, Beschluss vom 17.10.2006 - WVerg 15/06
1. Gemäß § 7 Nr. 4 VOL/A zulässigerweise geforderte, aber mit dem Angebot nicht abgegebene Nachweise zur Zuverlässigkeit eines Bieters führen dazu, dass dieses Angebot von der Wertung zwingend auszuschliessen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Auftraggeber sich insoweit ein Ausschlussermessen vorbehalten oder sich, gleich in welchem Stadium der Wertung, auf diesen Ausschlussgrund berufen hat.*)
2. Ein dem Auftraggeber nach dem Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 2a VOL/A zustehendes Ausschlussermessen wird jedenfalls dann regelmäßig auf Null reduziert sein, wenn Erklärungsdefizite eines Angebots für die Position eines Bieters im Wettbewerb von Belang sind.*)
3. Die Rechtskraft einer Vergabenachprüfungsentscheidung, die als Vorfrage das Angebot des damaligen Antragstellers als vollständig behandelt hat, steht der nachträglichen Feststellung der Unvollständigkeit dieses Angebots nicht entgegen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4331
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.07.2006 - Verg 13/06
Auch eine mittelbare Finanzierung ist eine "Finanzierung durch den Staat" im Sinne des Art. 1 Abs. 9, 2. Unterabsatz, lit. c), 1. Alternative der Richtlinie 2004/18/EG (Vorlage an den EuGH).
VolltextIBRRS 2006, 4330
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.07.2006 - Verg 21/06
Hebt der öffentliche Aufraggeber ein Offenes Verfahren auf, weil keines der Angebote den Ausschreibunsgbedingunegnentsprechen, so kann er die zum vorangegangenen Offenen Verfahren eingegangen Angebote als die (ersten) zum nachfolgenden Verhandlungsverfahren eingereichten Angebote behandeln, sofern er den Bietern diese Absicht vor Abgabe eines im Verhandlungsverfahren anzubringenden und eine erste Verhandlungsrunde eröffnenden Angebots unzweideutig bekannt gibt. Dem Erfordernis der Transparenz ist in diesem Fall genügt. Das Verhandlungsverfahren kennt nicht die Formenstrenge des Offenen Verfahrens (und auch noch des Nicht Offenen Verfahrens).
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