Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10834 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
IBRRS 2006, 4326VK Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2006 - VgK-26/2006
1. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A können Angebote, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten, von der Angebotswertung ausgeschlossen werden. Es handelt sich somit um eine fakultative Ausschlussregelung. Im Gegensatz zur entsprechenden zwingenden Regelung in § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A liegt die Entscheidung über Ausschluss und Wertung eines Angebotes mit fehlenden Angaben und Erklärungen daher grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers.
2. Eine Ermessensreduzierung auf Null in Richtung eines Ausschlusses kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Dies ist etwa der Fall, wenn der Auftraggeber die Folge eines zwangsläufigen Ausschlusses bei Nichterbringung der geforderten Nachweise für die Bieter unmissverständlich in den Verdingungsunterlagen zum Ausdruck gebracht hat. Andernfalls ist der Auftraggeber gehalten, fehlende Nachweise im Rahmen von Aufklärungsverhandlungen nach § 24 VOL/A nachzufordern.
3. Wird in den Ausschreibungsbedingungen verlangt, dass die Besonderen und die Zusätzlichen Vertragsbedingungen mit dem Angebot wieder zurückgeschickt werden, so kann dennoch das Angebot eines Bieters, der diese nicht zurückschickt, nicht ausgeschlossen werden, wenn der Bieter durch seine Unterschrift diese Vertragsbedingungen ausdrücklich als Vertragsbestandteile akzeptiert. In diesem Falle können die entsprechenden Formularvordrucke nachgefordert werden, weil keine Manipulationsmöglichkeiten zu Gunsten des Bieters bestehen.
IBRRS 2006, 4324
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.10.2006 - 21.VK-3194-28/06
Die Aufhebung eines Offenen Verfahrens ist nach Beschluss des BGH v. 18.02.2003 - X ZB 43/02 aufgrund der Erweiterung des Primärrechtsschutzes aus europarechtlichen Gesichtspunkten überprüfbar.*)
VolltextIBRRS 2006, 4319
OLG Köln, Urteil vom 16.12.1999 - 7 U 27/99
Ist eine Ausschreibung unklar und legt ein Bieter sie vertretbar anders aus als vom Ausschreibenden beabsichtigt, ist der Ausschreibende zu einer Unterrichtung über den genauen Inhalt des Angebotes verpflichtet.
VolltextIBRRS 2006, 4317
OLG Frankfurt, Urteil vom 22.03.2006 - 4 U 94/05
1. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A, nach dem auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Gesamtpreis der Zuschlag nicht erteilt werden darf, ist nicht bieterschützend.
2. Die Aufklärung über die Ermittlung einzelner Einheitspreise nach § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A dient dem Schutz des Bieters.
3. Schadensersatzansprüche einer Baufirma wegen unklarer Leistungsbeschreibung setzen u. a. eine Pflichtverletzung des Bauherrn und den Nachweis der Firma voraus, dass ihr gerade dadurch ein Schaden entstanden ist.
4. Konkret formulierte Leistungspositionen gehen allgemein gehaltenen Hinweisen auf DIN-Vorschriften in den Vorbemerkungen vor.
5. Weisen einzelne Positionen eine Gerüststandzeit von mehreren Wochen aus, gilt diese auch für eine für den gleichen Zeitraum notwendige Leistung, für die eine Zeitangabe offensichtlich übersehen wurde.
IBRRS 2006, 4316
VK Arnsberg, Beschluss vom 13.06.2006 - VK 15/06
Mindestkriterien für Nebenangebote können auch negativ abgegrenzt sein.*)
VolltextIBRRS 2006, 4722
VK Düsseldorf, Beschluss vom 30.10.2006 - VK-44/2006
1. Auch wenn sich der Auftraggeber bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens der Hilfe eines Dritten bedient, wird nur der Auftraggeber selbst, der letztlich auch Vertragspartner wird, vergaberechtlich verpflichtet, so dass das Nachprüfungsverfahren nur diesem gegenüber durchgeführt werden kann.*)
2. Insbesondere im Rahmen von Sanierungsarbeiten können einzelne Maßnahmen - anders als bei einem Neubau - für sich genommen eine funktionale Einheit bilden, ohne gleichzeitig mit den übrigen Erneuerungen in einem zwingenden technisch funktionalen Zusammenhang zu stehen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4512
OLG Koblenz, Beschluss vom 06.06.2006 - 1 Verg 6/06
1. Lässt das Vorbringen des Antragstellers bei Ausklammerung objektiv unwahrer Behauptungen vernünftigerweise nur den Schluss zu, dass ihm der geltend gemachte Vergaberechtsverstoß viel früher bekannt war als behauptet, ist von einer Rügepräklusion auszugehen.*)
2. Für einen anderen, atypischen Geschehensablauf trägt der Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast.*)
3. Allein die Tatsache, dass die Vergabestelle eine nach ihrer Vorstellung abschließende Vergabeentscheidung getroffen und vorab mitgeteilt hat, lässt die Rügepflicht nicht entfallen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4510
OLG Koblenz, Beschluss vom 06.09.2006 - 1 Verg 6/06
1. Ein Feststellungsantrag nach 114 Abs. 2 S. 2 GWB ist unzulässig, wenn schon der verfahrenseinleitende Nachprüfungsantrag nicht zulässig gewesen ist.*)
2. Für juristische Personen beginnt die Rügefrist nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB mit der Kenntnis eines Mitarbeiters, der im konkreten Vergabeverfahren befugt ist, gegenüber der Vergabestelle verbindliche Erklärungen abzugeben. Eine allgemeine Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer, Vorstand, Prokurist o.ä. ist nicht erforderlich.*)
3. Das Vorbringen eines Antragstellers, der seine Behauptungen zur Erfüllung seiner Rügeverpflichtung weniger an den Tatsachen, sondern eher an prozesstaktischen Überlegungen ausrichtet und ungeachtet aller Hinweise durch die Vergabekammer und den Senat versucht, den tatsächlichen Bearbeitungsvorgang in seinem Betrieb und den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem zur Nachprüfung gestellten Vergabeverstoß zu verschleiern, ist unerheblich.*)
VolltextIBRRS 2006, 4233
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.10.2006 - 21.VK-3194-25/06
1. Die Aufhebungsentscheidung der VSt ist eine Entscheidung im Sinne von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 89/665/EWG vom 21.12.1989 in Gestalt von Art. 41 der Richtlinie 92/50/EWG vom 18.06.1992 ("Rechtsmittelrichtlinie"), gegen die die Mitgliedstaaten primären Vergaberechtsschutz zu gewährleisten haben. In diesem Sinn sind die Vorschriften der §§ 102 ff GWB über das Nachprüfungsverfahren auszulegen.*)
2. Eine nicht ausdrücklich im Namen der Bietergemeinschaft erhobene Rüge eines einzelnen Mitglieds einer Bietergemeinschaft ist der Bietergemeinschaft zuzurechnen, wenn das Mitglied mit Erklärung der Arbeitsgemeinschaft ermächtigt wurde, als geschäftsführendes Mitglied die Arbeitsgemeinschaftsmitglieder gegenüber dem Auftraggeber rechtsverbindlich zu vertreten.*)
3. Die Forderung, dass die Bieter nur Angebote auf alle Lose abgeben dürfen, eine losweise Vergabe jedoch vorbehalten bleibt, stellt keinen Widerspruch dar.*)
4. Die Befürchtung, mit einem Nachprüfungsverfahren überzogen zu werden, ist kein "anderer schwerwiegender Grund" für eine Aufhebung.*)
VolltextIBRRS 2006, 4201
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 20.09.2006 - 1 Verg 3/06
Die zumindest im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen zu erbringende Dienstleistung der laborärztlichen Untersuchung kann - trotz weitgehender Offenheit von Lösungsweg und Arbeitsergebnis im Einzelfall - so genau beschrieben werden, dass sie einer öffentlichen Ausschreibung zugänglich ist. Der Ausschluss des § 5 Satz 2 VgV findet unter diesen Voraussetzungen keine Anwendung; stattdessen muss die Vergabe laborärztlicher Untersuchungen gem. § 3 VOL/A öffentlich ausgeschrieben werden.*)
VolltextIBRRS 2006, 4191
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.10.2006 - VgK-23/2006
1. Die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwerts ist eine Anwendungsvoraussetzung des vergaberechtlichen Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens und daher jederzeit von Amts wegen zu prüfen. Diese Prüfung bleibt unbeeinflusst von dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten, insbesondere davon, ob und wann diese zu den tatsächlichen Grundlagen der Schwellenwertberechnung oder zu den fachlichen und rechtlichen Fragen der Berechnung (Vorausschätzung) des voraussichtlichen Auftragswertes (Honorarsumme nach HOAI) im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB Rügen erhoben haben.
2. Steht bei einer öffentlichen Ausschreibung nach § 3 VOB/A nach Mitteilung der Submissionsergebnisse fest, dass die Angebote sämtlicher Bieter weit über den Schwellenwerten liegen, so haben spätestens ab diesem Zeitpunkt alle Bieter positive Kenntnis davon, dass der Auftraggeber gegen seine Pflicht zur Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens verstoßen hat.
3. Bei einem solchen Verstoß liegt keine schwierige Sach- oder Rechtslage vor, so dass eine Rüge innerhalb weniger Tage erfolgen muss.
4. Wird die Wahl der öffentlichen Ausschreibung nach § 3 VOB/A anstelle des gebotenen europaweiten, offenen Verfahrens nicht rechtzeitig beanstandet, erfasst die Präklusionswirkung die spätere Nichteinhaltung solcher Bestimmungen, die gerade nur bei gemeinschaftsweiter Ausschreibung einzuhalten sind. Dies gilt insbesondere für die Nichterteilung der Vorinformation nach § 13 VgV und deren Rechtsfolgen. Der dann - wie im vorliegenden Fall - nach öffentlicher Ausschreibung geschlossene Vertrag ist nicht wegen unterbliebener Vorinformation nichtig.
5. Die Vergabekammer kann gravierende Verstöße, die nicht das individuelle Interesse eines Bieters, sondern vornehmlich auch das öffentliche Interesse an einem fairen und ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigenden Vergabeverfahren im Wege der Amtsermittlung auch dann aufgreifen, wenn diese Verstöße nicht gerügt wurden. Solchen Verstößen darf die Kammer aber nur dann nachgehen, wenn der Nachprüfungsantrag zumindest in Teilen zulässig ist.
6. Das vergaberechtswidrige Unterlassen der Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens, das wegen Erreichens oder Überschreitens des maßgeblichen Schwellenwertes geboten ist, erfüllt nur bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der §§ 107, 109 GWB die Anwendungsvoraussetzungen eines Nachprüfungs- oder Beschwerdeverfahrens.
VolltextIBRRS 2006, 4187
OLG München, Beschluss vom 16.11.2006 - Verg 14/06
1. Hat ein im Nachprüfungsverfahren tätiger Rechtsanwalt den Beteiligten bereits im Vergabeverfahren beraten, bestimmt sich die Abrechnung seiner Gebühren für das Nachprüfungsverfahren nicht nach dem reduzierten Gebührenrahmen der Nr. 2301 (bis 30.6.2006: 2401) VV RVG sondern nach Nr. 2300 (bis 30.6.2006: 2400) VV RVG.*)
2. Bei der Ausfüllung des Rahmens der Nr. 2300 RVG kann sich die Vorbefassung des Rechtsanwalts im Vergabeverfahren gebührenmindernd auswirken.*)
VolltextIBRRS 2006, 4181
OLG München, Beschluss vom 13.11.2006 - Verg 13/06
1. Hat ein im Nachprüfungsverfahren tätiger Rechtsanwalt den Beteiligten bereits im Vergabeverfahren beraten, bestimmt sich die Abrechnung seiner Gebühren für das Nachprüfungsverfahren nicht nach dem reduzierten Gebührenrahmen der Nr. 2301 (bis 30.6.2006: 2401) VV RVG sondern nach Nr. 2300 (bis 30.6.2006: 2400) VV RVG.*)
2. Bei der Ausfüllung des Rahmens der Nr. 2300 RVG kann sich die Vorbefassung des Rechtsanwalts im Vergabeverfahren gebührenmindernd auswirken.*)
VolltextIBRRS 2006, 4177
OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006 - WVerg 13/06
1. Für die Beanstandung eines Bieters, ihm würden mit den Vergabeunterlagen Angaben abverlangt, die objektiv nicht möglich und deshalb vergabewidrig seien, beginnt die Rügefrist des § 107 Abs. 3 GWB spätestens mit dem Beginn der Ausarbeitung des eigenen Angebots, weil der Bieter jedenfalls zu diesem Zeitpunkt den aus seiner Sicht rügbedürftigen Inhalt der Ausschreibung festgestellt hat und ihn dann gegenüber dem Auftraggeber nicht mehr unbeanstandet lassen darf.*)
2. In der Abgabe eines vom Ausschreibungsinhalt abweichenden Angebots liegt nicht ohne weiteres eine durch schlüssiges Verhalten erhobene Rüge, dass die anderslautenden Vorgaben des Auftraggebers vergabewidrig seien.*)
VolltextIBRRS 2006, 4166
OLG Jena, Beschluss vom 30.10.2006 - 9 Verg 4/06
1. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln erlischt nach Ablauf der Bindefrist (§ 19 Abs. 3 VOL/A) das Angebot eines Bieters gem. §§ 146, 148 BGB und ist damit für das Ausschreibungsverfahren nicht mehr existent.*)
2. Die Wertung eines wegen Überschreitung der Bindefrist bereits erloschenen und danach erneut zum Wettbewerb eingereichten - inhaltsgleichen - Angebots ist wegen Überschreitung der Angebotsfrist (§ 18 Abs. 1 S. 1 VOL/A) grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, dass der verspätete Eingang auf nicht vom Bieter zu vertretenden Umständen beruht, § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. e VOL/A.*)
3. Nicht der Bietersphäre im vorgenannten Sinne zuzurechnen ist es, wenn die Vergabestelle mit gleicher Wirkung für alle Bieter und im Einvernehmen mit diesen (vgl. § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A) eine bereits abgelaufene Angebotsfrist nachträglich "verlängert", d.h. die erneute Vorlage der bereits erloschenen Angebote mit deren ursprünglichem Inhalt gestattet.*)
4. Übergeht die Vergabestelle im Rahmen der nachträglichen "Verlängerung" einer bereits abgelaufenen Angebotsfrist einen einzelnen Bieter, so ist diesem aus Gleichbehandlungsaspekten wie den übrigen Bewerbern die erneute Vorlage seines (erloschenen) ursprünglichen Angebots gestattet.*)
VolltextIBRRS 2006, 4152
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.10.2006 - VgK-25/2006
Im Teilnahmeverfahren nach der VOF ist es nicht zulässig, die Abgabe der Ausschreibungsunterlagen an die interessierten Bewerber von einer Kostenerstattung abhängig zu machen.
VolltextIBRRS 2006, 4151
VK Sachsen, Beschluss vom 20.09.2006 - 1/SVK/085-06
1. Hinsichtlich der Eignung der Bewerber im Sinne des § 2 Nr. 2 VOL/A gilt, das jedes Mitglied der Bietergemeinschaft die geforderten Voraussetzungen erfüllen muss. Gemäß § 7 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind Arbeitsgemeinschaften und andere gemeinschaftliche Bewerber Einzelbewerbern gleichzusetzen, d.h., sie dürfen gegenüber Einzelbewerbern weder bevorzugt, noch benachteiligt werden. D.h. ggf. hat jedes Mitglied der Bietergemeinschaft für die jeweiligen Geschäftsführer die entsprechenden Führungszeugnisse vorzulegen, anderenfalls könnte über die Wahl des Rechtskonstruktes der Bietergemeinschaft die Forderung des Auftraggebers nach Eignungsnachweisen unterlaufen werden.*)
2. Die erste Tatbestandsalternative des § 26 Nr. 2 a VOL/A erlaubt nur dann eine Teilaufhebung der Ausschreibung, wenn das wirtschaftlichste Angebot mengenmäßig hinter der Ausschreibung zurückbleibt; geregelt werden mithin Fälle einer quantitativen oder kapazitätsmäßigen Abweichung. Die Teilaufhebung einer Ausschreibung, bezogen auf eines von mehreren Losen, muss aber als milderes Mittel im Vergleich zur Gesamtaufhebung zulässig sein, wenn bspw. für nur ein Los keine annehmbaren Angebote abgegeben wurden. Wenn man aber die Teilaufhebung als Minus zur Vollaufhebung versteht, wäre zu fordern, dass diese zumindest aus den in § 26 Nr. 1 VOL/A abschließend genannten Gründen gerechtfertigt ist, da nur so sichergestellt ist, dass außerhalb des Vergaberechts liegende Umstände außer Betracht bleiben.*)
3. Die Kostenschätzung ist als ein der eigentlichen Ausschreibung vorgeschalteter Vorgang mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet; sie kann nicht an den gleichen Maßstäben wie das Angebot der Teilnehmer am Ausschreibungsverfahren gemessen werden, d.h. sie kann also aus nachträglicher Sicht durchaus unvollkommen sein.*)
4. Die Wertbarkeit des Angebots eines Antragstellers ist zwar logische Vorfrage eines Beschlusses in einem Vergabenachprüfungsverfahren. Die Auffassung der Vergabekammer zu einer solchen Vorfragen erwächst jedoch im Vergabenachprüfungsverfahren so wenig wie nach anderen Verfahrensordnungen in Bestandskraft, sofern diese Defizite im Angebot des Antragstellers von keinem Verfahrensbeteiligten thematisiert und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden.*)
VolltextIBRRS 2006, 4150
VK Sachsen, Beschluss vom 10.08.2006 - 1/SVK/079-06
1. Eine Rüge ist als nicht mehr unverzüglich erfolgt, wenn zwischen Erhalt des § 13 VgV-Schreibens und dem Zugang der Rüge 14 Tage liegen. Eine Kenntnisnahme der Rüge ist nach der Verkehrsanschauung nicht zu erwarten, wenn ein Telefax außerhalb der üblichen Bürozeiten zugeht. Danach ist das Rügeschreiben, welches dem Auftraggeber an einem Freitag, um 19.25 Uhr zugefaxt wird, erst am darauffolgenden Montag zugegangen, da diese Uhrzeit außerhalb der üblichen Bürozeiten liegt.*)
2. Die Entscheidung der Vergabekammer kann gem. § 112 Abs. 1 Satz 3, 2 Alt. GWB bei offensichtlicher Unzulässigkeit des Antrages ohne mündliche Verhandlung ergehen, insbesondere dann, wenn von einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.*)
VolltextIBRRS 2006, 4145
OLG München, Beschluss vom 06.11.2006 - Verg 17/06
1. Beim Fehlen der vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Verpflichtungserklärung für Nachunternehmer ist das Angebot eines Bieters zwingend wegen unvollständiger Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A von der Wertung auszuschließen.*)
2. Das Erfordernis einer solchen Verpflichtungserklärung muss nicht in der Vergabebekanntmachung veröffentlicht werden; es genügt, dass die Vorlage in den Vergabeunterlagen gefordert wird.*)
VolltextIBRRS 2006, 5095
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.09.2006 - 1 VK 53/06
1. Eine Dienstleistungskonzession muss nicht nach Abschnitt 2 der VOL/A vergeben werden.
2. Bei einer Dienstleistungskonzession handelt es sich um einen Vertrag, bei dem sich ein Unternehmen gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichtet, diesem gegenüber Dienstleistungen zu erbringen und ist speziell dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenleistung des Auftraggebers nicht in der Zahlung einer Vergütung besteht, sondern in der Verleihung des Rechts, die zu erbringende Dienstleistung entgeltlich zu verwerten, wobei das Verwertungsrisiko im wesentlichen beim Auftragnehmer liegt. Der Auftragnehmer trägt das Risiko, dass seine Leistung am Markt eventuell nicht oder in nicht ausreichendem Maße nachgefragt wird.
3. Die Tatsache, dass der Auftraggeber dem künftigen Betreiber Anlagen zur Nutzung überlässt, stellt nicht die Zahlung einer Vergütung oder einen vergleichbaren geldwerten Vorteil dar.
VolltextIBRRS 2006, 4130
VK Köln, Beschluss vom 11.11.2005 - VK VOL 23/2005
1. Der Umstand, dass das Angebot eines Antragstellers zwingende Ausschlussgründe aufweist, betrifft nicht die Antragsbefugnis eines Antragstellers, sondern allein die Begründetheit seines Nachprüfungsantrages (im Anschluss an BGH - X ZB 7/04).
2. Erklärt ein Bieter, dass ein seinem Angebot beigelegter verschlossener umschlag nur in seiner Gegenwart geöffnet werden darf, so handelt es sich hierbei um eine unzulässige Ergänzung der Verdingungsunterlagen, die zwingend zum Auschluss führt.
VolltextIBRRS 2006, 4129
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.09.2005 - VK 17/05
1. Setzt ein Bieter unterhalb der Überschrift "Zuschlagsposition" aus der Leistungsbeschreibung einen Strich ein und macht an der Stelle, an der der Einheitspreis für die Position prozentual angegeben werden sollte, keinen Eintrag, ist der Preis, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, unvollständig angegeben. Hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung müssen alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind.
2. Ein Feststellungsverfahren ist nur möglich, wenn sich das Nachprüfungsverfahren erledigt hat - etwa durch Zuschlagserteilung.
VolltextIBRRS 2006, 4123
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.02.2006 - VK 46/05
1. Die Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG sieht bei Bauaufträgen eine Berücksichtigung von Nebenangebote nur dann vor, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen entsprechen und diese Mindestanforderungen zuvor in den Verdingungsunterlagen erläutert worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2003, Rs. C-421/01, "Traunfellner"; BayObLG, Beschluss vom 22. Juni 2004, Verg 13/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2005, VII-Verg 106/04: OLG Schleswig, Beschluss vom 5. April 2005, 6 Verg 1/05; OLG München, Beschluss vom 11. August 2005, Verg 12/05).
2. Art. 19 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG ist nicht eingehalten, wenn die Verdingungsunterlagen nur auf eine nationale Rechtsvorschrift verweisen, die einzig das Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung wie derjenigen sichergestellt ist, die Gegenstand der Ausschreibung ist.
3. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Hierfür ist einzig die veröffentlichte Vergabebekanntmachung entscheidend. Auf die weiteren Vergabeunterlagen, die den interessierten Bietern zur Verfügung gestellt werden kommt es nicht an.
4. Besteht die konkrete Möglichkeit, dass das Angebot des betreffenden Bieters doch noch in den Kreis derjenigen Angebote gelangt, die für eine Zuschlagserteilung ernsthaft in Betracht zu ziehen sind, genügt dies für die Antragsbefugnis. Ob ein Angebot im Nachprüfungsverfahren auszuschließen ist, betrifft zumindest in den Fällen, in denen der Ausschluss nicht evident erscheint, nicht die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags, sondern die Begründetheit.
VolltextIBRRS 2006, 4105
VK Brandenburg, Beschluss vom 02.10.2006 - 2 VK 38/06
1. Auch für die Auftraggeber im Sektorenbereich, insbesondere für das Verhandlungsverfahren, gelten die allgemeinen Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen, dass Aufträge nach einem wirksamen, nicht verfälschten Wettbewerb im Rahmen eines dem Transparenzgebot und dem Gleichbehandlungsgebot folgenden Vergabeverfahren vergeben werden sollen. Das Verhandlungsverfahren eröffnet dem Auftraggeber einen sehr großen Gestaltungsspielraum - und damit auch ein höheres Maß der gestaltenden Verantwortung für die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze eines ordentlichen Vergabeverfahrens.*)
2. Es obliegt dem Auftraggeber im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, zunächst und vorrangig sicherzustellen, dass die Bieter gleiche Chancen im Wettbewerb haben und Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen sind und dann die Bieter nach sachlichen, nachvollziehbaren Kriterien der fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der Anforderungen des konkreten Auftrages auszuwählen.*)
3. Daher kommt es bei der Auswahl der Bieter darauf an, Anhaltspunkte für eine Wettbewerbsverzerrung zur Kenntnis zu nehmen, vor der Entscheidung über die Aufforderung zur Abgabe von Angeboten zu würdigen und auf die Wahl von Unternehmen zu verzichten, zwischen denen ein echter Wettbewerb eher unwahrscheinlich ist, sei es aufgrund von besonderen Vorteilen aus der Bedienung von zwei Marktstufen, sei es aus Konzernverflechtungen und damit der Zugehörigkeit zu einer wettbewerblichen Einheit, sei es aber auch aus Anhaltspunkten für gemeinsame Marktstrategien.*)
4. Eine schwer wiegende Verfälschung des Wettbewerbs droht, wenn das Unternehmen, das auf der vorgelagerten Marktstufe mit der Versorgung der Baustellen mit Asphaltmischgut als alleiniger Lieferant beauftragt worden ist, auch als Bieter für die nachgelagerten Bauleistungen aufgefordert wird, bei denen der Auftraggeber den Bietern und damit dem zukünftigen Auftragnehmer eine Bezugsverpflichtung zu festgelegten Konditionen bei dem Mischgutlieferanten auferlegt hat. Der Mischgut liefernde Bieter hat einen eindeutigen, rechtlich nicht zu beanstandenden Wettbewerbsvorsprung, weil er bei der Kalkulation seines Bauangebotes, anders als die übrigen Bieter, die Erlöse des abgesicherten Asphaltverkaufs zur Reduzierung der Baukosten einsetzen kann.*)
5. Zwar hat die Auftraggeberin bei der Auswahl der Bieter einen weiten Ermessensspielraum, der von der Vergabekammer nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die von der Auftraggeberin angewandten Kriterien, sollten aber den Bewerbern vorher bekannt gemacht sein und müssen aber zumindest vernünftig, in Bezug auf die Anforderungen der Maßnahme schlüssig und sachgerecht angewandt worden sein.*)
VolltextIBRRS 2006, 4078
VK Südbayern, Beschluss vom 10.02.2006 - 57-12/05
1. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden. Dieses Verbot dient dem Ziel, die wirklich seriös kalkulierten Angebote in die letzte Wertungsphase einzubeziehen.*)
2. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A soll in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers dienen, der bei Zuschlagserteilung auf ein Angebot mit einem unangemessenen niedrigen Preis Gefahr läuft, dass der Bieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht.*)
3. Allerdings entfaltet § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A ausnahmsweise dann in Verbindung mit § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A Bieter schützende Wirkung, wenn Unterkostenangebote den Bieter im konkreten Einzelfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht erfüllen kann, oder wenn das Unterkostenangebot in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, dass ein oder mehrere Mitbewerber vom Markt ganz - und nicht nur aus der einzelnen Auftragsvergabe - verdrängt werden.*)
4. Angebote, die in der Absicht abgegeben werden oder die zumindest die Gefahr begründen, andere Marktteilnehmer zu verdrängen oder die erwarten lassen, dass der Anbieter den Auftrag nicht wird durchführen können oder wenn das Angebot von vornherein darauf angelegt ist, den Auftraggeber im Rahmen der Bauausführung zu übervorteilen, schädigen auch die übrigen Bieter, die entweder einem gezielten Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sind oder bei Ausfall des ersten Auftragnehmers nun nicht mehr genügend freie Kapazitäten haben, um den Auftrag zu übernehmen.*)
5. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A beinhaltet deshalb eine Aufklärungs- und Prüfungspflicht der Vergabestelle, wenn ein Angebot ungewöhnlich niedrig kalkuliert scheint (s. hierzu Noch in Müller-Wrede VOL/A Kommentar, 1. Auflage § 25 Rn 72 m. w. N.). Dies bedeutet, die Vergabestelle verfügt hier über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht. Die Aufklärungspflicht setzt somit ein, sobald die Vergabestelle Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis hat. Von einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis ist dann auszugehen, wenn der angebotene (Gesamt-)Preis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im einzelnen erforderlich ist und die Unangemessenheit des Angebotspreises sofort ins Auge fällt. Als Anhaltspunkt sind grundsätzlich die Preisvorstellungen des Auftraggebers (Haushaltsansatz) und die Angebotssummen der anderen Bieter heranzuziehen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4077
VK Südbayern, Beschluss vom 19.01.2006 - 56-12/05
Ausschluss von der Wertung wegen fehlenden Typen- und Fabrikatsangaben.*)
VolltextIBRRS 2006, 4076
VK Südbayern, Beschluss vom 02.12.2005 - 48-10/05
Ein Angebot, das entgegen den klaren Anforderungen in den Verdingungsunterlagen nicht nachvollziehbar darstellt, in welchem Umfang Leistungen durch Nachunternehmer erbracht werden sollen, genügt nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A und ist deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A in der ersten Wertungsstufe auszuschließen.*)
VolltextIBRRS 2006, 4075
BVerfG, Beschluss vom 11.07.2006 - 1 BvL 4/00
1. Bei strittiger gemeinschaftsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Rechtslage gibt es keine feste Rangfolge unter den vom Gericht gegebenenfalls einzuleitenden Zwischenverfahren (Vorabentscheidung nach Art. 234 EG und Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG).*)
2. Die Tariftreueregelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VgG Bln berührt das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG nicht und verletzt nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.*)
IBRRS 2006, 4074
VK Südbayern, Beschluss vom 29.11.2005 - 46-09/05
Zur Frage, wann eine Bauleistung vorliegt.
VolltextIBRRS 2006, 4073
VK Südbayern, Beschluss vom 28.10.2005 - 44-09/05
1. Zwingende Ausschlussgründe sind im 4. Abschnitt der VOB/A nicht geregelt. Allerdings gelten auch hier die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 GWB, also insbesondere das Transparenzgebot (Abs. 1), der Gleichbehandlungsgrundsatz (Abs. 2) sowie das Eignungsprinzip (Abs. 4).*)
2. Kriterien, nach denen der Auftraggeber die Eignung der Bieter im offenen Verfahren prüfen muss, sind insbesondere die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Zu deren Nachweis können entsprechende Angaben gefordert werden, soweit es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist (§ 5 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A-SKR).*)
3. Im Interesse eines transparenten und diskriminierungsfreien Wettbewerbs darf ein Bieter, der bestimmte Nachweise nicht für erforderlich oder vorlagefähig hält, nicht ohne Weiteres auf die Vorlage verzichten und sich ggf. darauf verlassen, die Vergabestelle werde von den eigenen zwingenden Vorgaben absehen und das Nachreichen ermöglichen.*)
4. Welche Vorgaben bei einer Ausschreibung bezüglich der mit dem Angebot geforderten Eignungsnachweise gemacht wurden, ist anhand der Bekanntmachung sowie der in den Vergabeunterlagen (Angebotsaufforderung, Bewerbungsbedingungen) gemachten Angaben festzustellen. Hierbei ist der objektive Erklärungswert unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu ermitteln, wobei nicht auf die Sicht eines einzelnen, sondern aller potentieller Bieter in deren damaligen Situation abzustellen ist. Die Vergabeunterlagen sind daher so zu verstehen, wie sie von einem fachkundigen und mit einschlägigen Aufträgen vertrauten Bieter aufgefasst werden können.*)
VolltextIBRRS 2006, 4071
VK Köln, Beschluss vom 30.08.2006 - VK VOB 27/06
1. Bei der Angebotswertung ist nicht ausschließlich auf formale Gesichtspunkte, sondern auf die Gesamtheit der abgegebenen Erklärungen abzustellen.
2. Daher bleibt es folgenlos, wenn der Bieter statt des Angebotsformblattes das Formblatt " Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes" beifügt, im übrigen jedoch alle geforderten Anlagen und Unterlagen mit dem Angebot vorgelegt werden.
VolltextIBRRS 2006, 4030
VK Südbayern, Beschluss vom 24.11.2005 - Z3-3-3194-1-42-09/05
Die Vorschrift des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A lässt insoweit keinen Spielraum zu, etwa auch nicht, wenn ein Bieter die Rechtsfolge (zwingender Ausschluss des Angebots) bei Angebotsabgabe z. B. mangels Angabe in den Verdingungsunterlagen nicht kannte (vgl. Urteil des BGH vom 8. September 1998, X ZR 85/97). Der zwingende Ausschluss muss sogar dann erfolgen, wenn die Vergabestelle zunächst die Eignung des betreffenden Bieters bejaht hat und das Angebot zu Unrecht in die engere Wahl für den Zuschlag genommen hat.*)
VolltextIBRRS 2006, 4029
VK Südbayern, Beschluss vom 07.11.2005 - Z3-3-3194-1-40-09/05
1. Ein Angebot ist zwingend von der Wertung auszuschließen, wenn die Formblätter EFB-Preis 1 d und 2 bei Angebotsabgabe unstreitig nicht ausgefüllt waren. Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b VOB/A sind Angebote, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen.*)
2. Änderung der Verdingungsunterlagen sind nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A unzulässig. Sie bestehen darin, Unterlagen zu entfernen oder Zusätze zu machen, aber auch technische Anforderungen oder vertragliche Ansprüche zu ändern. Ein klarstellender Vermerk, durch den die Verdingungsunterlagen nicht verändert werden, ist unschädlich.*)
3. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Nach Satz 2 ist sie hierbei nicht an Anträge gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Hieraus folgt zwar, dass die Vergabekammer grundsätzlich ungeachtet vom Antragsbegehren des Antragstellers (wenngleich nicht unabhängig vom Erfolg des Nachprüfungsantrags) dazu ermächtigt ist, die in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens gebotenen Anordnungen zu treffen. Dennoch darf die Vergabekammer von der durch § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB geschaffenen Ermächtigung nur unter zwei wichtigen Einschränkungen Gebrauch machen:
Erstens muss der Nachprüfungsantrag zulässig sein und zweitens darf die Vergabekammer die Ermächtigungsnorm des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB nicht dazu heranziehen, ungeachtet einer Rechtsverletzung des Antragstellers auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken. Die Vorschrift ermächtigt die Vergabekammer zu keiner allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle. Vielmehr müssen diejenigen Vergaberechtsverstöße, welche die Vergabekammer zum Anlass nimmt, unabhängig von den Anträgen des Antragstellers, mithin amtswegig, die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens sicherzustellen, zugleich den Antragsteller betreffen und ihn in seinen Rechten verletzen. Dagegen darf die Vergabekammer auf den Nachprüfungsantrag des Antragstellers solche Vergaberechtsverstöße, durch die der Antragsteller in eigenen Bieterrechten nicht betroffen und verletzt ist, nicht zum Anlass nehmen, auf das Vergabeverfahren einzuwirken. In solchen Fällen ist die Vergabekammer zu einem Eingriff in das Vergabeverfahren nur befugt, wenn die vom Rechtsverstoß Betroffenen selbst einen Nachprüfungsantrag gestellt haben. Diese Auslegung von § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB findet sich im Wortlaut der Norm bestätigt. Die Bestimmung löst die Befugnis der Vergabekammer, auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken, nämlich nicht von der Feststellung einer Rechtsverletzung des Antragstellers und von der Zweckbindung, die zur Beseitigung einer Rechtsverletzung geeigneten Maßnahmen zu ergreifen (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB). Sie befreit die Vergabekammer ausdrücklich nur von der Bindung an die Sachanträge, mit der Folge, dass sie zum Beispiel bestimmte Maßnahmen auch anordnen darf, wenn der Antragsteller keinen konkreten Antrag gestellt oder die Anordnung anderer Maßnahmen beantragt hat. Dadurch wird also die Bestimmung in § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB, wonach die Vergabekammer über eine Rechtsverletzung des Antragstellers entscheidet und diejenigen Maßnahmen ergreift, die dazu geeignet sind, eine Rechtsverletzung zu beseitigen, nicht außer Kraft gesetzt. Sie gilt im Sinn einer Voraussetzung und Begrenzung der zu treffenden Maßnahmen selbstverständlich auch im Fall des § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB, in dem die Vergabekammer bestimmte Maßnahmen unabhängig von den gestellten Anträgen ergreifen darf.*)
VolltextIBRRS 2006, 4027
VK Münster, Beschluss vom 19.09.2006 - VK 12/06
1. Bereits geschlossene Verträge stehen der Nachprüfung nicht entgegen, wenn der Zuschlag wegen Verstoßes gegen § 13 VgV nicht wirksam erteilt wurde.*)
2. Eine Vergabestelle, die lediglich eine beschränkte Ausschreibung durchführt, obwohl eine europaweite Ausschreibung erforderlich war, führt kein geregeltes förmliches Vergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB durch. Bei diesen sogenannten de facto Vergaben obliegt dem Bieter keine Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
3. Die Vergabekammern können allein das Unterlassen einer europaweiten Ausschreibung nicht zum Anlass für eine Rechtmäßigkeitskontrolle nehmen. Vielmehr muss der Antragsteller darlegen, dass er durch diesen Vergaberechtsverstoß tatsächlich in seinen Rechten gemäß § 114 Abs. 1 GWB verletzt ist.*)
4. Wenn die Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen bestimmte Erklärungen als Mindestanforderungen fordert, dann hat sie sich bereits im Vorfeld gegenüber den Interessenten festgelegt und ihr Ermessen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A entsprechend ausgeübt. Auch im Anwendungsbereich der VOL/A sind somit solche Angebote, die die vom Auftraggeber geforderten Erklärungen nicht vollständig enthalten, unter den vergaberechtlichen Geboten des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung von der Wertung genauso zwingend auszuschließen, wie dies unter der Geltung der VOB/A geboten ist.*)
VolltextIBRRS 2006, 4514
VK Bund, Beschluss vom 06.07.2006 - VK 3-54/06
Die Nichtvorlage geforderter Nachweise (hier: Erklärungen über den Umsatz) hat zur Folge, dass der Bieter seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nicht nachgewiesen hat. Dies führt zwingend zum Ausschluss des Teilnahmeantrags von der Wertung.
VolltextIBRRS 2006, 3983
BGH, Urteil vom 01.08.2006 - X ZR 146/03
1. An einer echten Chance im Sinne von § 126 GWB fehlt es, wenn die Leistungsbeschreibung fehlerhaft war und deshalb mangels Vergleichbarkeit die abgegebenen Angebote nicht gewertet werden können.*)
2. Ist dem Bieter bekannt, dass die Leistungsbeschreibung fehlerhaft ist, und gibt er gleichwohl ein Angebot ab, steht ihm wegen dieses Fehlers der Ausschreibung ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Ersatz des Vertrauensschadens nicht zu.*)
VolltextIBRRS 2006, 3981
VK Bund, Beschluss vom 14.08.2006 - VK 2-80/06
Fehlt in einem Angebot die Bestätigung, dass dem Bieter die erforderlichen Mittel für die genannten Nachunternehmer zur Verfügung stehen, ist das Angebot unvollständig und muss zwingend ausgeschlossen werden.
VolltextIBRRS 2006, 3973
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.05.2006 - VK 2-LVwA LSA 17/06
1. Die vermuteten Nachtragsrisiken aus einer verzögerten Vergabe sowie der Ablauf der Bindefrist stellen keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 26 Nr. 1 c dar, die eine Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen könnten.
2. Zu der Frage, wann eine Ausschreibung aufgrund von Mengenänderungen aufgehoben werden kann.
3. Die Vergabekammer kann die Vergabestelle anweisen, eine Aufhebung der Ausschreibung rückgängig zu machen. Im Einzelfall kann gleichwohl eine derartige Weisung ausgeschlossen sein. Dies setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr vergeben will und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung veranlasst hat. In diesem Falle kann die Vergabestelle nicht zu einem Vertragsschluss gezwungen werden.
VolltextIBRRS 2006, 3972
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.05.2006 - VK 2-LVwA LSA 16/06
1. Zu der Frage, wann eine Ausschreibung aufgrund von Mengenänderungen aufgehoben werden kann.
2. Kommt es aufgrund diverser Nachprüfungsanträge zu zeitlichen Verzögerungen, so rechtfertigt dies keine Aufhebung der Ausschreibung, um einzelne Leistungen herauszulösen und anderweitig zu vergeben.
3. Die vermuteten Nachtragsrisiken aus einer verzögerten Vergabe sowie der Ablauf der Bindefrist stellen keine schwerwiegenden Gründe im Sinne des § 26 Nr. 1 c dar, die eine Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen könnten.
4. Die Vergabekammer kann die Vergabestelle anweisen, eine Aufhebung der Ausschreibung rückgängig zu machen. Im Einzelfall kann gleichwohl eine derartige Weisung ausgeschlossen sein. Dies setzt jedoch voraus, dass der öffentliche Auftraggeber den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr vergeben will und deshalb die Aufhebung der Ausschreibung veranlasst hat. In diesem Falle kann die Vergabestelle nicht zu einem Vertragsschluss gezwungen werden.
VolltextIBRRS 2006, 4725
VK Hessen, Beschluss vom 15.05.2006 - 69d-VK-22/2006
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2006, 4724
OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.08.2006 - 11 Verg 3/06
1. Gemäß § 8 Abs. 1 VOF ist die Aufgabenstellung so zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinn verstehen können. Deshalb ist es zunächst Sache des Auftraggebers zu entscheiden, welche Planungsaufgabe verwirklicht werden soll.
2. Bei der Aufgabenbeschreibung sind die Anforderungen an die Qualität der Leistung so zu stellen, dass die Grundsätze der Vergabe nach § 4 VOF konsequent umgesetzt werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bewerber ihre Bewerbung mit dem Ziel der bestmöglichen und möglichst gut vergleichbaren Darstellung ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit formulieren können.
VolltextIBRRS 2006, 3969
VK Südbayern, Beschluss vom 23.10.2006 - 30-09/06
1. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A sind Angebote zwingend von der Wertung auszuschließen, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen.
2. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A bestimmt, dass Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten sollen.
3. Der als Soll-Vorschrift formuliert § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ist im Kontext mit § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A so auszulegen, dass das Angebot alle geforderten Preise und Erklärungen enthalten muss.
4. Zu den geforderten Erklärungen gehört auch die Verpflichtungserklärung von Nachunternehmern nach EVM (B) BwB/E EG 212EG, dass der Bieter über die Leistung des Nachunternehmers verfügen kann.
VolltextIBRRS 2006, 3935
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 11/06
1. Leitet ein öffentlicher Auftraggeber für einen identischen Beschaffungsvorgang, der nur einmal realisiert werden kann und soll, vor Abschluss der ursprünglichen Ausschreibung ein weiteres Vergabeverfahren ein, so verletzt die Doppelausschreibung für diejenigen Bieter, die im ursprünglichen Verfahren ein zuschlagfähiges Angebot abgegeben haben, sowohl deren Recht auf Durchführung eines fairen Wettbewerbs als auch auf Beachtung des Diskriminierungsverbots.*)
2. Die Anordnung der Aufhebung der Ausschreibung durch die Nachprüfungsinstanzen kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Aufhebung das einzige geeignete Mittel ist, um die drohende oder bereits eingetretene Rechtsverletzung zu beseitigen.*)
VolltextIBRRS 2006, 3923
BVerfG, Beschluss vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03
1. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet staatliche Stellen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.*)
2. Die in der Rechtsordnung dem übergangenen Konkurrenten eingeräumten Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit Auftragssummen unterhalb der Schwellenwerte genügen den Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG).*)
3. Es verletzt nicht den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen.*)
IBRRS 2006, 3922
OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.03.2006 - 2 LB 9/05
1. Ein mit der Erhebung von Benutzungsgebühren beauftragter Privater ist als Verwaltungshelfer nicht befugt, Verwaltungsakte im Namen des Einrichtungsträgers (Gebührengläubigers) zu erlassen.*)
2. Eine an den Verwaltungshelfer zu zahlende Pauschale zählt zu den Kosten der laufenden Leistungserbringung und kann nicht mit einer Grundgebühr abgedeckt werden.*)
3. Zur Kostenverteilung bei der Mitbenutzung zentraler Abwasseranlagen durch Umlandgemeinden.*)
VolltextIBRRS 2006, 3919
BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06
1. Legt ein Bieter die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften dar und kommt danach als vergaberechtsgemäße Maßnahme die Aufhebung der Ausschreibung in Betracht, weil alle anderen Angebote unvollständig sind, ist der Bieter regelmäßig unabhängig davon im Nachprüfungsverfahren antragsbefugt, ob auch sein Angebot an einem Ausschlussgrund leidet.*)
2. Fehlen Muster, deren Vorlage der öffentliche Auftraggeber verlangt, oder sind verlangte Muster unvollständig, ist § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A entsprechend anzuwenden.*)
3. Wenn der öffentliche Auftraggeber in Anwendung von § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A das Angebot eines Bieters wegen Unvollständigkeit nicht wertet, muss er jedenfalls auch diejenigen Angebote anderer Bieter ausschließen, die gleichfalls an dem beanstandeten oder einem gleichwertigen Mangel leiden.*)
4. Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von der Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt.*)
5. Der öffentliche Auftraggeber und der ihn unterstützende Beigeladene haften als Teilschuldner für die Erstattung der Aufwendungen des obsiegenden Antragstellers im Verfahren vor der Vergabekammer.*)
IBRRS 2006, 3908
VK Lüneburg, Beschluss vom 25.09.2006 - VgK-19/2006
§ 4 Nr. 5 VOF verpflichtet den Auftraggeber nicht, kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger am Verhandlungsverfahren zu beteiligen.
VolltextIBRRS 2006, 4509
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.08.2006 - VK-38/2006
Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber. Krankenkassen sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Im Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen sie weitestgehend nicht. Ihnen obliegt die Sicherstellung der notwendigen Gesundheitspflege ihrer Mitglieder (§ 1 SGB V). Ihre enge Verbindung zu Auftraggebern gemäß § 98 Abs. 1 GWB ergibt sich aus ihrer Finanzierung (§ 98 Abs. 2 Satz 1), die durch Gesetz geregelt ist (§ 22, 28i SGB IV, § 5 SGB V). Diese stellt sich zwar nicht als eine direkte Staatsfinanzierung dar. Die Versicherten, soweit sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sind jedoch gesetzlich verpflichtet, durch ihre Beiträge die Versicherungen zu finanzieren. Dem stünde es gleich, wenn staatliche Stellen – in Form von Steuern o.ä. – die Geldmittel einzögen, um sie dann den Krankenkassen zu übergeben.
VolltextIBRRS 2006, 3907
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 6/06
1. Für die Wahrung der Entscheidungsfrist des § 113 Abs. 1 GWB ist es ausreichend, wenn die Entscheidung der Vergabekammer vor Fristablauf vollständig abgesetzt und zur Geschäftsstelle gelangt ist. Hierfür ist nicht erforderlich, dass auch die Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber allen Verfahrensbeteiligten innerhalb der Entscheidungsfrist bereits bewirkt ist.*)
2. Die Anordnung der Fortsetzung der Ausschreibung mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt nicht nur bei irrtümlicher Aufhebung der Ausschreibung in Betracht, sondern auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, die ausgeschriebene Leistung von Dritten zu beschaffen, unverändert aufrecht erhält und ihm tatsächlich kein sachlicher Grund, insbesondere kein Grund i.S.v. § 26 Nr. 1 VOB/A, für die Aufhebung zur Seite steht bzw. wenn die Aufhebung selbst im Falle des Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht verhältnismäßig ist.*)
3. Eine unvollständige Dokumentation des Wertungsprozesses sowie der Grundlagen für die Entscheidung zur Aufhebung einer Ausschreibung kann zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Bieters führen, der geltend macht, dass die Aufhebungsgründe vorgeschoben oder manipuliert sind.*)
4. Mengenänderungen in einzelnen Leistungspositionen, die nicht auf einer willentlichen Neubestimmung des Beschaffungsbedarfs, sondern auf einer veränderten Prognose des erforderlichen Leistungsumfangs beruhen, rechtfertigen regelmäßig keine Aufhebung einer Ausschreibung, deren Gegenstand ein Einheitspreisvertrag nach VOB/B ist.*)
5. Wird von einem Auftrag ein Teil der Leistungspositionen nachträglich herausgenommen, so liegt faktisch eine Teilaufhebung der Ausschreibung vor, die einer eigenen sachlichen Rechtfertigung bedarf.*)
6. Soll eine Aufhebung auf die fehlende Zuschlagfähigkeit der in der Wertung verbliebenen Angebote wegen ihrer Preisrisiken, insbesondere des Preisrisikos wegen verzögerter Auftragsvergabe, gestützt werden, so ist dieses Risiko im Hinblick auf das konkrete Angebot zu prüfen und sein Ausmaß zu quantifizieren. Als Aufhebungsgrund können regelmäßig nur solche Preisrisiken in Betracht kommen, die im Rahmen einer Neuausschreibung vermeidbar sind.*)
IBRRS 2006, 3906
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.09.2006 - 2 B 11024/06
Für Streitigkeiten über Auftragsvergaben unterhalb des Schwellenwertes nach § 100 Abs. 1 GWB durch eine von einer kommunalen Gebietskörperschaft beherrschte juristische Person des privaten Rechts i. S. d. § 98 Satz 1 Nr. 2 GWB ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben (im Anschluss an OVG RP, AS 32, 216 = IBR 2005, 386 = DVBl. 2005, 988 = DÖV 2006, 129).*)
Volltext