Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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IBRRS 2006, 4506VK Düsseldorf, Beschluss vom 11.08.2006 - VK-30/2006
1. Der wettbewerbliche Dialog unterliegt vollumfänglich der Nachprüfung durch die Vergabekammer. Die Vergabekammer hat auch bei einem wettbewerblichen Dialog zu entscheiden, ob ein Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und ggfs. geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.*)
2. Bei einem unvollständigen Teilnahmeantrag eines Antragstellers kann die Antragsbefugnis aus dem Recht auf Gleichbehandlung hergeleitet werden, wenn das allein in der Wertung verbliebene Angebot des Beigeladenen oder alle anderen tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote ebenfalls hätten ausgeschlossen werden müssen.*)
3. Eine Verringerung der Zahl der zu erörternden Lösungen in der Dialogphase des wettbewerblichen Dialogs ist nur anhand der mitgeteilten Zuschlagskriterien möglich.*)
4. Während des wettbewerblichen Dialogs ist eine Änderung der bereits mitgeteilten Zuschlagskriterien nicht möglich.*)
5. Für im wettbewerblichen Dialog geforderte Mindestbedingungen gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz.*)
6. So wie Zuschlagskriterien können auch einmal geforderte Mindestbedingungen im wettbewerblichen Dialog nicht mehr geändert werden.*)
7. Verbleibt kein Bieter mehr im Wettbewerb, ist das Vergabeverfahren aufzuheben.*)
VolltextIBRRS 2006, 3894
VK Sachsen, Beschluss vom 10.05.2006 - 1/SVK/037-06
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Vergaberechtsverstoß fehlt, wenn der Antragsteller in einem neu ausgeschrieben Verfahren die Neuausschreibung nicht als verfahrensfehlerhaft rügt, sondern lediglich einen konkreten Vergabeverstoß. Diese einzelne Rüge kann die Antragsbefugnis nicht begründen. Insofern besteht in solchen Fällen eine „doppelte Rügeverpflichtung“.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.
VolltextIBRRS 2006, 3893
VK Sachsen, Beschluss vom 11.08.2006 - 1/SVK/073-06
1. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf "im Vergabeverfahren", aber nicht auf erst "im Nachprüfungsverfahren" erkannte Vergaberechtsverstöße anwendbar. Daher entfällt die Rügeobliegenheit für solche Vergaberechtsfehler, die der antragstellenden Partei erst während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt werden.
2. Entschließt sich der Auftraggeber, zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes für die benannten Zuschlagskriterien ein unterschiedliches Wertungssystem anzuwenden, so muss dieses System mit den Bewertungsmaßstäben des anderen Systems dergestalt kompatibel sein, dass im Ergebnis den einzelnen Kriterien die verlautbarte Gesamtgewichtung zukommt und nicht durch die unterschiedlichen Wertungssysteme eine Verzerrung der ursprünglichen Wichtungsfaktoren entsteht. Dies erfordert, dass sich die unterschiedlichen Wertungssysteme in ein sinnvolles Verhältnis zueinander bringen lassen und eine sachbezogene Ausfüllung zulassen.
3. Wendet der Auftraggeber ein Punktesystem an, das für das Kriterium „Preis“ 500 Maximalpunkte vorsieht, für die jedes Prozent der Differenz zum Preis des günstigen Bieters jedoch Punktabzüge vornimmt, wobei eine Abweichung von 4,96 % z.B. einen Punktabzug von 25 Punkten, eine Abweichung von 5,35 % einen Punktabzug von 26,75 (gerundet 27) Punkten bewirkt, rechnerisch eine Preisdifferenz von 100 % also einem Punktwert von 0 gleichkommt, ist dieser Maßstab sachfremd, da er nicht die branchenüblichen Preisabweichungen widerspiegelt, die üblicherweise bei Ausschreibungen von Wäscheleistungen im Krankenhauswesen anzutreffen sind.
4. Eine Dienstleistungskonzession, die die Übertragung eines Rechts zur Verwertung einer bestimmten Leistung umfasst und dem Konzessionär das wirtschaftliche Nutzungsrisiko auferlegt, scheidet aus, wenn der Konzessionär als Entgelt ausschließlich einen vorher festgelegten Preis erhält.
5. Nur wenn der Auftraggeber bereits vor Veranlassung der Bekanntmachung oder vor Versendung der Verdingungsunterlagen Regeln für die Gewichtung der Wertungskriterien aufstellt, ist er auch verpflichtet, diese in der Vergabebekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.
6. Die Verdingungsunterlagen als Ganzes und in all ihren Teilen sind Grundlage der Angebote der sich beteiligenden Bieter; diese müssen also - um vergleichbar zu bleiben - von dem gleichen unveränderten Text, wie ihn der Auftraggeber aufgrund der VOL/A erarbeitet und an die Bieter verschickt hat, ausgehen.
IBRRS 2006, 3892
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2006 - VK 2-LVwA LSA 1/06
1. Die Übertragung der Durchführung der Rettungsdienste (Notfallrettung und der qualifizierte Krankentransport) nach § 3 Abs. 2 RettDG-LSA stellt keinen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB dar. Die Vergabekammer ist mangels Anwendbarkeit des Vierten Teils des GWB gemäß § 102 GWB sachlich nicht zuständig.
2. Die Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92/50 EWG bzw. die Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, gelten nicht für landesinterne Rettungsdienste, da diese Tätigkeiten i.S.v. Art. 45 Satz 1 EGV i. V. mit Art. 55 EGV dauernd mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.
VolltextIBRRS 2006, 3878
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 7/06
1. Für die Wahrung der Entscheidungsfrist des § 113 Abs. 1 GWB ist es ausreichend, wenn die Entscheidung der Vergabekammer vor Fristablauf vollständig abgesetzt und zur Geschäftsstelle gelangt ist. Hierfür ist nicht erforderlich, dass auch die Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber allen Verfahrensbeteiligten innerhalb der Entscheidungsfrist bereits bewirkt ist.*)
2. Die Anordnung der Fortsetzung der Ausschreibung mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt nicht nur bei irrtümlicher Aufhebung der Ausschreibung in Betracht, sondern auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Absicht, die ausgeschriebene Leistung von Dritten zu beschaffen, unverändert aufrecht erhält und ihm tatsächlich kein sachlicher Grund, insbesondere kein Grund i.S.v. § 26 Nr. 1 VOB/A, für die Aufhebung zur Seite steht bzw. wenn die Aufhebung selbst im Falle des Vorliegens eines sachlichen Grundes nicht verhältnismäßig ist.*)
3. Eine unvollständige Dokumentation des Wertungsprozesses sowie der Grundlagen für die Entscheidung zur Aufhebung einer Ausschreibung kann zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Bieters führen, der geltend macht, dass die Aufhebungsgründe vorgeschoben oder manipuliert sind.*)
4. Zur Feststellung der Unverhältnismäßigkeit der Aufhebung einer Ausschreibung wegen der Besorgnis von Preiserhöhungen aufgrund verzögerter Auftragsvergabe.*)
VolltextIBRRS 2006, 3877
OLG Naumburg, Beschluss vom 13.10.2006 - 1 Verg 12/06
1. Leitet ein öffentlicher Auftraggeber für einen identischen Beschaffungsvorgang, der nur einmal realisiert werden kann und soll, vor Abschluss der ursprünglichen Ausschreibung ein weiteres Vergabeverfahren ein, so verletzt die Doppelausschreibung für diejenigen Bieter, die im ursprünglichen Verfahren ein zuschlagfähiges Angebot abgegeben haben, sowohl deren Recht auf Durchführung eines fairen Wettbewerbs als auch auf Beachtung des Diskriminierungsverbots.
2. Die Anordnung der Aufhebung der Ausschreibung durch die Nachprüfungsinstanzen kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Aufhebung das einzig verhältnismäßige Mittel ist, um die drohende oder bereits eingetretene Rechtsverletzung zu beseitigen.
VolltextIBRRS 2006, 3843
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.04.2006 - 6 A 10145/06
1. Für die Erneuerung von Grundstücksanschlüssen kann eine (Verbands-)Gemeinde auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG nur die Aufwendungen erstattet verlangen, die sie für erforderlich halten darf. Diese Begrenzung der Erstattungspflicht ist nicht gleichbedeutend mit dem beitragsrechtlichen Grundsatz, dass nur der erforderliche Aufwand beitragsfähig ist.*)
2. Werden Maßnahmen zur Erneuerung einer öffentlichen Einrichtung ausgeschrieben, deren Kosten zum Teil von konkret begünstigten Grundstückseigentümern in voller Höhe erstattet verlangt und zum anderen Teil als einmalige Beiträge oder als laufende Entgelte auf eine Solidargemeinschaft umgelegt werden (sollen), ist ein Hinweis darauf in die Verdingungsunterlagen aufzunehmen. Bei der Entscheidung, welches der in die Wertung einzubeziehenden Angebote als das wirtschaftlichste erscheint, ist auf diese unterschiedlichen Kosteninteressen Rücksicht zu nehmen, ggf. müssen sie gegeneinander abgewogen werden. Angesichts des geringeren Spielraums der (Verbands-)Gemeinde bei Kosten, die in voller Höhe von den Grundstückseigentümern erstattet verlangt werden, wird im Zweifel der Zuschlag auf das Angebot zu erteilen sein, das hinsichtlich der Grundstücksanschlüsse das günstigere ist.*)
3. In einem solchen Vergabeverfahren sind Angebote von der Wertung auszuschließen, die den tatsächlichen Preis einer Einzelleistung nicht an ihrer Position des Leistungsverzeichnisses offenlegen, sondern in der Preisangabe einer anderen Position "verstecken" und damit auf einer unzulässigen Mischkalkulation beruhen (im Anschluss an BGHZ 159, 186 = NJW-RR 2004, 1626).*)
VolltextIBRRS 2006, 3810
BGH, Urteil vom 01.08.2006 - X ZR 115/04
1. Die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen für die Angebote sind auch im Verhandlungsverfahren verbindlich, solange sie nicht vom Auftraggeber transparent und diskriminierungsfrei gegenüber allen noch in die Verhandlungen einbezogenen Bietern aufgegeben oder geändert worden sind (Fortführung von Sen.Urt. v. 08.09.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644; v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165).*)
2. Angebote, die eine für die Bieter unzumutbare Vorgabe nicht erfüllen, dürfen nicht ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss kommt danach nicht in Betracht, soweit die Ausschreibungsbedingungen eine technisch unmögliche Leistung verlangen (Fortführung von Sen.Beschl. v. 18.02.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 295 f.).*)
3. Werden an den Inhalt der Angebote unerfüllbare Anforderungen gestellt, so muss die Vergabestelle die Ausschreibung entweder gemäß § 26 Nr. 1 VOB/A aufheben oder diskriminierungsfrei die Leistungsbeschreibung soweit ändern, wie es erforderlich ist, um die unerfüllbaren Anforderungen zu beseitigen.*)
4. Für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter ist entscheidend, ob dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag erteilt werden musste (Fortführung von Sen.Urt. v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, NZBau 2003, 168; Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NJW 2004, 2165).*)
5. Bei einer Ausschreibung mit Leistungsprogramm ist es jedenfalls dann unzulässig, die Preise der Angebote mittels einer Mengenkorrektur zum Zweck der Wertung vergleichbar zu machen, wenn ein Einfluss der angebotenen Mengen auf die Angebotsbewertung nicht transparent gemacht worden ist.*)
IBRRS 2006, 3808
OLG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2003 - 4 U 63/02
1. Werden in einem auszufüllenden Formblatt einzelne Felder nicht ausgefüllt, weil sie auf das Angebot des Bieters nicht zutreffen, so rechtfertigt dies keinen Ausschluss des betreffenden Bieters, wenn aus den konkreten Unständen nicht hergeleitet werden kann, dass in einem solchen Fall diese Felder mit einer Null oder einem Querstrich etc. hätten ausgefüllt werden müssen.
2. Missverständliche Äußerungen im Angebot des Bieters, zu denen auch fehlende ausdrückliche Äußerungen zählen können, sind in den in § 24 VOB/A genannten Fällen aufklärungsfähig und "verhandelbar". Aufklärungen und Verhandlungen sind dagegen unzulässig, wenn hierdurch der Bieter sein Angebot, insbesondere den Angebotspreis, unzulässigerweise nachbessern und damit ändern könnte.
3. Hätte der Auftrag bei ordnungsgemäßer Ausführung der Vergabe an den klagenden Bieter vergeben werden müssen, so steht ihm der Ersatz des entgangenen Gewinns zu.
4. Zur Berechnung des entgangenen Gewinns.
VolltextIBRRS 2006, 3784
VK Sachsen, Beschluss vom 28.12.2005 - 1/SVK/147-05
1. Selbst wenn ein Auftraggeber die Zuschlagskriterien in den Vergabeunterlagen benannt und dazu auch festgelegt hat, dass diese in der Reihenfolge ihrer Nennung gewichtet werden sollen, er jedoch an keiner Stelle dokumentiert hat, mit welchem Anteil nunmehr die genannten Zuschlagskriterien Berücksichtigung finden sollen, stellt dies einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB i.V.m. § 30 VOL/A dar.
2. Weist der Auftraggeber in seinen Vergabeunterlagen auf sein Ermessen hinsichtlich eines Ausschlusses bei Nichtvorlage von Nachweisen hin, ist dennoch nicht ersichtlich, wa-rum bei Fehlen dieser Unterlagen mit Angebotsabgabe für den Auftraggeber eine Ermessensreduzierung auf null eintreten sollte.
3. Der Auftraggeber bindet sich an seine verlautbarten Zuschlagskriterien. Es besteht die Verpflichtung, diese Zuschlagskriterien zur Grundlage der Entscheidung zu machen. Eine Benennung allein von Eignungskriterien als letztendliche Zuschlagskriterien ist unzulässig.
VolltextIBRRS 2006, 3783
VK Sachsen, Beschluss vom 19.07.2006 - 1/SVK/059-06
1. Bietergemeinschaften sind vor allem dann unzulässig i.S.v. § 1 GWB, wenn sich Unternehmen zusammenschließen, die als Einzelunternehmen den Auftrag allein hätten ausführen können, weil sie über die geforderten Kapazitäten, technischen Ausrüstungen und fachlichen Kenntnisse verfügen.
2. Erweist sich die unternehmerische Entscheidung gegen die Alleinbewerbung nach diesem Maßstab als nachvollziehbar, so ist von der Zulässigkeit einer Bewerbergemeinschaft auszugehen.
3. Für eine fortwährend behauptete wettbewerbsbeschränkende Abrede muss ein gesicherter Nachweis existieren, woran hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine reine Vermutung kann für einen Ausschluss nicht genügen.
4. Fehlt es an der erforderlichen Vorlage von Eignungsnachweisen, liegt kein Anwendungsfall von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A vor, in dem das Fehlen geforderter „Angaben und Erklärungen“ nur nach pflichtgemäßem Ermessen des Auftraggebers zu einem Ausschluss des Angebots führt. Eignungsnachweise unterfallen nicht dem Begriff der „Angaben und Erklärungen“ im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A.
5. Die aus § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A folgende Konsequenz, wonach Angebote, in denen die Eignung nicht belegt ist, von der Wertung auszunehmen sind, ist im Rechtsinn zwingend.
VolltextIBRRS 2006, 3782
VK Sachsen, Beschluss vom 08.06.2006 - 1/SVK/047-06
1. Ein Bieter kann im Angebot nur das "erklären", was er selbst in der Hand hat. Dazu gehört nicht die Höhe gesetzlich bestimmter Steuersätze zum Zeitpunkt des "Bewirkens der Leistung" bzw. zum (ebenfalls gesetzlich bestimmten) Zeitpunkt des Entstehens der Steuer, da sich der jeweils zutreffende Steuersatz aus dem Gesetz und nicht aus einer Bietererklärung ergibt.
2. Durch eine privatrechtliche Vereinbarung oder auch durch eine im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebene Formulierung, kann weder der Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs verschoben noch die rechtlich zutreffende Subsumtion unter den Steuertatbestand verändert werden.
VolltextIBRRS 2006, 3781
VK Sachsen, Beschluss vom 09.05.2006 - 1/SVK/035-06
1. Einem gegen die Aufhebung einer Ausschreibung gestellten, auf die Fortführung des aufgehobenen Verfahrens gerichteten Nachprüfungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn vor Antragstellung die Vergabestelle den Auftrag neu ausgeschrieben hat, der Antragsteller die Neuausschreibung aber nicht als verfahrensfehlerhaft rügt und dementsprechend auch nicht mit einem Nachprüfungsantrag beanstandet.
2. Eine solche Vorgehensweise (Verzicht auf vorherige Rüge) ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller während des bereits anhängigen Vergabenachprüfungsverfahrens von Tatsachen Kenntnis erlangte, die ihr vor Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens nicht bekannt waren.
3. Die Rüge in einem zwischenzeitlich im „Zweitverfahren“ neu ausgeschriebenen Vergabeverfahren („Erstverfahren“) hat dann Bestand, wenn der Antragsteller, der in dem erneuten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben hat, bei Abgabe seines Angebotes ausdrücklich betont, dass seine Rüge zur Aufhebung der Ausschreibung weiter Gültigkeit haben soll.
VolltextIBRRS 2006, 3780
VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2006 - 1/SVK/031-06
1. Das Ermessen der Vergabestelle reduziert sich auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Grundsätzlich darf der Auftraggeber frei wählen, welche Eignungsnachweise er fordern möchte. Fordert er jedoch bestimmte Nachweise und Erklärungen, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Nachweise einer Selbstbindung.
3. Werden Unterauftragnehmer einbezogen, sind solche Nachweise und Erklärungen auch für jeden von ihnen vorzulegen.
4. Die Nachweis- und Erklärungspflicht für Unterauftragnehmer entfällt, soweit als Unterauftragnehmer ein Postunternehmen tätig wird, das selbst bundesweit flächendeckend Universaldienstleistungen i. S. v. § 11 Postgesetz erbringt.
5. Kennt der Auftraggeber aus früheren Vertragsbeziehungen einen Bewerber bereits, darf aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes dennoch nicht auf dessen Eignungsnachweise verzichtet werden.
VolltextIBRRS 2006, 3779
VK Sachsen, Beschluss vom 05.04.2006 - 1/SVK/027- 06
1. Ein Angebot kann bei Fehlen geforderter Angaben und Erklärungen gem. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A ausgeschlossen werden. Es handelt sich hierbei zunächst um eine Bestimmung, die den Ausschluss des Bieters - anders als beispielsweise in § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A - in das Ermessen der Vergabestelle stellt. Allerdings reduziert sich das Ermessen der Vergabestelle auf Null, wenn die Ergänzung der zunächst fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändern würde.
2. Der Auftraggeber geht zu Recht von einer Änderung der Verdingungsunterlagen i.S.d. § 21 Nr. 1 Absatz 3 VOL/A bzw. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A aus, wenn eine Leistung angeboten wurde, die von einer geforderten Punktlagegenauigkeit abweicht und damit eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet.
3. Änderungen können in Ergänzungen und Streichungen bestehen; sie können sich aber auch auf den (technischen) Inhalt der Leistungen beziehen.
4. Bei der Bestimmung der Unverzüglichkeit i.S.v. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist dem Antragsteller auch bei einfach gelagerten tatsächlichen oder rechtlichen eine Überlegungsfrist zuzubilligen, ob er taktisch gegen den Auftraggeber überhaupt vorgehen will oder nicht.
5. Eine Nachverhandlung ist dem Auftraggeber ausschließlich als eine Aufklärungsmaßnahme im engeren Sinne gestattet. Sie darf nicht dazu dienen, dem Bieter eine inhaltliche Änderung oder Ergänzung seines Angebots zu ermöglichen.
6. Die Wertung von technischen Lösungswegen - gerade bei innovativen oder unüblichen Methoden - ist immer von einer gewissen Restunsicherheit geprägt, die jedoch vom Beurteilungsspielraum des Auftraggebers gedeckt ist. Die Vergabekammer darf insoweit nur prüfen, ob die Vergabestelle die Grenzen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums durch Fehlgebrauch, Überschreitung oder Unterschreitung oder durch Berücksichtigung sachfremder Erwägungen verletzt hat.
VolltextIBRRS 2006, 3778
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.10.2006 - 21.VK-3194-30/06
1. Beim Fehlen geforderter Erklärungen (hier: „Verpflichtungserklärungen“ von Nachunternehmern) ist ein Angebotsausschluss zwingend, wenn die Erklärung zumutbar gefordert, klar verlangt und nicht unbedeutend war.*)
2. Die Vergabestelle darf von den Bietern den Nachweis verlangen, dass ihnen die erforderlichen Mittel der benannten Nachunternehmen zur Verfügung stehen.
3. Es genügt, wenn diese Verpflichtungserklärung der Nachunternehmer erst in den Verdingungsunterlagen gefordert wird.
4. Legt ein Bieter die geforderte Verpflichtungserklärung der Nachunternehmer nicht vor, so ist sein Angebot unvollständig und zwingend von der Wertung auszuschließen.
5. Der Einwand, dass eine Verpflichtungserklärung nicht notwendig sei, wenn die Bieter nur untergeordnete Teilleistungen weitervergeben wollen und deshalb die Nachunternehmerleistungen für den Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters nicht maßgebend seien, ist irrelevant. Die Eignungsprüfung ist nicht Gegenstand der formalen Angebotswertung im ersten Wertungsschritt nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A.
6. Fehlende Erklärungen können mit einer Aufklärung des Angebotsinhalts nach § 24 VOB/A nicht nachgereicht werden. § 24 VOB/A enthält eine abschließende Aufzählung der zulässigen Verhandlungsgründe. Hiernach sind Verhandlungen nur erlaubt, soweit sie sich auf das rein Informatorische beschränken.
VolltextIBRRS 2006, 3777
VK Sachsen, Beschluss vom 18.08.2006 - 1/SVK/077-06
1. Die Überprüfung der Entscheidung über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens muss in einem Nachprüfungsverfahren zulässig sein.
2. Eine Scheinaufhebung liegt dann vor, wenn der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung gesetzt hat, mit dessen Hilfe er dem ihm genehmen Bieter, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte, den Auftrag zuschieben will.
3. Die Aufzählung in § 26 Nr. 1 VOL/A ist als abschließend zu betrachten.
4. Für eine Aufhebung können nur Gründe angeführt werden, die dem Ausschreibenden nicht bereits vor Einleitung des Verfahrens bekannt waren. Erst nachträglich, das heißt nach Beginn der Ausschreibung bekannt gewordene Gründe berechtigen zur Aufhebung wegen der Notwendigkeit einer grundlegenden Änderung der Verdingungsunterlagen.
5. Von einer Berechtigung zur Aufhebung i.S.v. § 26 Nr. 1 lit. d VOL/A ist zumindest dann auszugehen, wenn auf der Grundlage der eingegangenen Angebote eine ordnungsgemäße Vergabe nicht möglich wäre. Ein solcher Fall ist zumindest dann gegeben, wenn ohne die Aufhebung das Wettbewerbsprinzip, das Gleichbehandlungsgebot oder das Diskriminierungsverbot verletzt werden würde oder aber eine sachgerechte Wertung der Angebote mangels Vergleichbarkeit nicht möglich ist.
6. Sind die Verdingungsunterlagen in sich widersprüchlich und insgesamt unklar gefasst, sind sie letztlich gar nach der Intention des Auftraggebers und dem Verständnis objektiver Dritter insbesondere darauf ausgerichtet, etwas auszuschreiben, was es so ab dem 01.09.2006 nicht mehr geben wird, so ist damit die Leistungsbeschreibung entgegen der Forderung in § 8 Nr. 1 Absatz 1 VOL/A gerade nicht so eindeutig beschrieben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen mussten und die Angebote miteinander verglichen werden konnten. Insoweit ist ein schwerwiegender Aufhebungsgrund i. S. d. § 26 Abs. 1 lit. d VOL/A gegeben.
VolltextIBRRS 2006, 3679
VK Saarland, Beschluss vom 11.05.2006 - 1 VK 06/2005
Ein anwaltlicher Gebührenansatz ist unbillig, wenn er, ohne dass insoweit besondere Gründe vorgetragen wurden, den nach Auffassung der Vergabekammer für die juristische Unterstützung im konkreten Vergabenachprüfungsverfahren angemessenen Gebührensatz um mehr als 20 % übersteigt. Wird danach die Toleranzgrenze von 20 % überschritten, so ist die anwaltliche Bestimmung unbillig und damit völlig unverbindlich. Die Vergabekammer setzt die Gebühr nicht herab, sondern vollständig neu fest, wobei sie ihren eigenen Maßstab anlegen darf und nicht etwa gezwungen ist, den höchsten, gerade noch nicht unbilligen Betrag, anzunehmen.*)
VolltextIBRRS 2006, 3678
VK Saarland, Beschluss vom 11.05.2006 - 1 VK 05/2004
In Fällen, bei denen sich das Verfahren vor der Vergabekammer ohne Entscheidung zur Sache erledigt, findet eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten nicht statt.*)
Eine analoge Anwendung prozessualer Vorschriften über die Kostenentscheidung bei Erledigung der Hauptsache (§§ 91 a Abs. 1 ZPO, 161 Abs. 2 VwGO) kommt nicht in Betracht, denn nach dem in § 128 Abs. 3 Satz 2 u. 3 GWB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages vor dessen Erledigung an.*)
VolltextIBRRS 2006, 3664
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.04.2006 - VK 2-LVwA LSA 7/06
1. Wird nur der Preis als relevantes Zuschlagskriterium im Vergabevermerk angeführt, während in der Aufforderung zur Angebotsabgabe außer dem Preis noch weitere Zuschlagskriterien vermerkt waren, fällt der Vergabestelle eine Vergabeverstoß zur Last. Sie hat bei ihrer Wertung alle Kriterien, die sie in der Angebotsaufforderung genannt hat, zu berücksichtigen und entsprechend zu dokumentieren.
2. Können dem antragstellenden Bieter im Nachprüfungsverfahren unabhängig von den geltend gemachten Vergaberechtsverstößen ersichtlich von vornherein keine Aussichten auf den Zuschlag zugebilligt werden, so fehlt es an einem Rechtschutzbedürfnis.
3. Die Rügeobliegenheit besteht nicht erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt. Es genügt insoweit vielmehr die Kenntnis eines Sachverhaltes, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
4. Werden die vorgebrachten Vergabeverstöße erst mehrere Monate nach Kenntniserlangung gerügt, ist dies weder nach der im Regelfall angewandten dreitägigen Rügefrist, noch nach der von der Rechtsprechung im Einzelfall bei schwieriger Sach- oder Rechtslage und daher nötiger Konsultation von Sachverständigen zuerkannten zweiwöchigen Höchstfrist rechtzeitig.
5. Werden Preisabsprachen als Vergaberechtsverstoß gerügt, kann diese Rüge nicht auf alle denkbaren wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen ausgedehnt werden. Die dabei relevanten Lebenssachverhalte sind nicht deckungsgleich, weshalb nach § 107 Abs. 3 Satz 1 jeder behaupteter Vergabeverstoß einzeln zu rügen ist.
VolltextIBRRS 2006, 3663
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.03.2006 - VK 2-LVwA LSA 3/06
1. Werden in den Verdingungsunterlagen durch die Vergabestelle Erklärungen nach den Formblättern EFB-Formblatt 1 bzw. 2 in zulässiger Weise gefordert, dann sollen diese Erklärungen für die Vergabeentscheidung relevant sein, so dass die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot zwingend zum Ausschluss von der Wertung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A führt.
2. Dass die Bestimmung des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist, bezieht sich lediglich darauf, dass das Angebot keine weiteren als die geforderten Erklärungen enthält. Der Auftraggeber hat jedoch bei Nichtvorliegen der verlangten Erklärungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Verfahrensweise. Dies gilt nach dem Wortlaut des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A ohne jede Einschränkung.
3. Ist das Angebot des Antragstellers auszuschließen, kann der Fortgang des Vergabeverfahrens grundsätzlich weder seine Interessen berühren, noch kann er durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Vorschriften in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein. Dies gilt auch dann, wenn ein von der Vergabestelle vergaberechtswidrig zugelassenes mangelhaftes Angebot zwingend weiter nicht zu berücksichtigen ist.
VolltextIBRRS 2006, 3662
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.03.2006 - VK 2-LVwA LSA 2/06
1. Das Wettbewerbsprinzip gebietet grundsätzlich, dass der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren möglichst wettbewerbsoffen zu gestalten hat. Er hat die tatsächlichen Vorraussetzungen dafür zu schaffen, dass Wettbewerb zwischen den Unternehmen möglich ist. Dies hat der Auftraggeber bei der Auswahl von Kriterien zum Nachweis der Eignung der Unternehmen für die Realisierung der ausgeschriebenen Leistung zu beachten. Auch die Vorgaben der Leistungsbeschreibung sind so abzufassen, dass sie in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung einen größt möglichen Wettbewerb ermöglichen. Der Auftraggeber hat weiterhin wettbewerbsbeeinträchtige Verhaltensweisen der Bewerber zu unterbinden.
2. Nach § 10 Abs. 2 VOF darf die Zahl der zur Verhandlung aufgeforderten Bewerber bei hinreichender Anzahl geeigneter Bewerber nicht unter drei liegen. Hieraus ergibt sich jedoch im Umkehrschluss, dass diese Zahl auch unterschritten werden darf, wenn es an einer entsprechenden Anzahl von Bewerbern fehlt, die ihre Eignung im Sinne des § 10 Abs. 1 VOF nachgewiesen haben.
3. Die Vergabestelle hat die von ihr geltend gemachten Unzulänglichkeiten im Angebot des Bieters in die Auftragsgespräche einzubeziehen und dem Bieter Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Solche Gespräche sind in einem Verhandlungsverfahren nur dann unzulässig, wenn hierdurch die Identität der ausgeschriebenen Leistung nicht gewahrt wird.
4. Die Vergabekammer ist grundsätzlich auch gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB befugt, die Vergabestelle bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zu verpflichten, den Verzicht auf eine Vergabe rückgängig zu machen. Der unterlegene Bieter hat nach § 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf, dass die Vergabestelle die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Hierzu gehören auch die Vorschriften über einen Verzicht auf die Vergabe im Zusammenhang mit den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen.
VolltextIBRRS 2006, 3661
VK Nordbayern, Beschluss vom 02.08.2006 - 21.VK-3194-22/06
Eine Dienstleistungskonzession unterliegt nicht dem Vergaberecht.*)
VolltextIBRRS 2006, 3647
OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2006 - 1 Verg 10/06
1. Die Vorabinformationspflicht nach § 13 VgV besteht auch im Verhandlungsverfahren nach VOF. Sie ist nicht nur gegenüber den Bietern begründet, die zur Durchführung von Auftragsverhandlungen ausgewählt worden sind, sondern auch gegenüber einem Bewerber, der objektiv zu Unrecht nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert worden ist.*)
2. Fordert der öffentliche Auftraggeber in den Bewerbungsbedingungen zur Prüfung der Leistungsfähigkeit der Bewerber und ihrer Nachunternehmer für jeden Leistungsausführenden eine Erklärung über dessen Gesamtumsatz der letzten drei Geschäftsjahre sowie über den jeweiligen Teilumsatz mit denjenigen Leistungen, deren Ausführung der Erklärende übernehmen soll, so ist eine Erklärung über den "Gesamtumsatz der entsprechenden Leistungen" jedenfalls unvollständig.*)
VolltextIBRRS 2006, 3646
OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2006 - 1 Verg 8/06
1. Ein Bieter kann die Vergabekammer auch dann noch in zulässiger Weise anrufen und geltend machen, dass er durch den Verzicht auf die Fortführung eines Verhandlungsverfahrens nach VOF in seinen subjektiven Rechten verletzt ist, wenn der öffentliche Auftraggeber den Verzicht auf die Fortführung bereits bekannt gegeben hat.*)
2. Zur tatsächlichen Feststellung einer vorgetäuschten Auftragsverhandlung und eines sachlich nicht gerechtfertigten Verzichts auf Fortführung des Verhandlungsverfahrens sowie der fiktiven Aussicht eines Bieters auf Auftragserteilung bei vergaberechtlich beanstandungsfreier Durchführung des Verhandlungsverfahrens.*)
VolltextIBRRS 2006, 3634
OLG Schleswig, Beschluss vom 08.09.2006 - 1 Verg 6/06
1. Nach § 26 Nr. 1 a kann die Ausschreibung aufgehoben werden, wenn kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht. Das ist u. a. dann der Fall, wenn sämtliche eingegangenen Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen sind.
2. Die nach § 7 a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A in der Bekanntmachung geforderten Nachweise darf die Vergabestelle nicht (nachträglich) durch zusätzliche oder andere Erklärungen bzw. Vorlage von Erklärungen verändern.
3. Verlangt die Leistungsbeschreibung vom "Auftragnehmer" u. a. die Versicherung, die "Entgeltgenehmigung für vorstehende Preise erhalten zu haben" so ist dieses Verlangen kein Angebotskriterium, sondern eine Voraussetzung für den Vertragsschluss. Dafür spricht bereits die Verwendung des Wortes "Auftragnehmer" (statt Bieter), die auf eine Geltung bei Auftragserteilung hinweist.
4. Eine Genehmigung des Angebotspreises durch die Regulierungsbehörde muss erst im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung vorliegen.
5. Fehlt ein die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigender Grund i.S.d. § 26 Nr. 1 VOL/A, ist die Aufhebung rückgängig zu machen. Die Vergabestelle hat anschließend das Vergabeverfahren mit dem Ziel einer Zuschlagerteilung fortzusetzen.
VolltextIBRRS 2006, 3631
VK Thüringen, Beschluss vom 06.07.2006 - 360-4003.20-010/06-HIG
1. Das Angebot einer teilweisen Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen stellt eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen dar, wenn diese eine Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft vorsehen.
2. Ein Angebot, in dem Teile der geforderten Leistung fehlen, ist wegen Unvollständigkeit auszuschließen.
VolltextIBRRS 2006, 3585
VK Thüringen, Beschluss vom 15.06.2006 - 360-4002.20-024/06-J-S
1. Absolute Obergrenze der Rügefrist sind je nach Einzelfall bis zu 14 Tage entsprechend § 121 BGB.
2. Eine Zeitspanne von fünf Tagen zwischen Information durch die Vergabestele und Rüge des Antragstellers kann als unverzüglich erachtet werden.
3. Ein Nachlass, der nicht an der vom Auftraggeber bezeichneten Stelle eingetragen ist, darf nicht gewertet werden.
4. Lässt der Auftraggeber Nachlässe ohne Bedingung nur als Vomhundertsatz auf die Abrechnungssumme zu, können Pauschalpreisnachlässe nicht gewertet werden.
VolltextIBRRS 2006, 3580
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.08.2006 - VK-SH 20/06
1. Einzelaufträge sind als Lose einer Gesamtmaßnahme anzusehen (und daher bei der Schätzung des Auftragswertes gemäß § 3 VgV zu addieren), wenn zwischen den verschiedenen Bauabschnitten ein zwingender technischer Zusammenhang besteht, weil einzelne Abschnitte ohne die anderen keine sinnvollen Funktionen erfüllen können.*)
2. Ist für einen Bieter aufgrund der Ausschreibungsbedingungen nicht erkennbar, dass der Auftraggeber den Wert eines objektiv oberhalb des Schwellenwertes liegenden Gesamtbauvorhabens (zwecks vergaberechtswidriger Verkürzung des Rechtsschutzes der Bieter) „künstlich klein rechnen“ wollte, besteht insoweit keine Rügepflicht.*)
3. Eine teleologische Einschränkung der „scharfen“ Rechtsfolge des Angebotsausschlusses gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn ersichtlich ist, dass die Eignung des betreffenden Bieters gegeben ist und durch eine Nachreichung nach Angebotsabgabefrist zwischen den Bietern wettbewerblich nichts „verschoben“ würde. Entsprechen die Feststellungen des Auftraggebers zur Vollständigkeit einzelner Angebote insoweit objektiv nicht den Tatsachen, ist der Ausschluss des betreffenden Angebotes zu verfügen.*)
4. Hinsichtlich des Vorliegens abzugebender Erklärungen (hier: vorgesehener Personaleinsatz und Referenzliste) wird nur ein materielles Verständnis dem mit der Forderung verbundenen Zweck (hier: Beurteilung der Eignung) gerecht.*)
5. Der zwingende Ausschluss nimmt einem Bieter ohne Rücksicht auf die Wertungsfähigkeit anderer Angebote den Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 97 Abs. 2 GWB.
6. Es ist zweifelhaft, ob lediglich in Aussicht gestellte gerichtliche lizenz- oder patentrechtliche Streitigkeiten überhaupt Gegenstand eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens sein können.*)
7. Eine Verpflichtung des Antragsgegners, die Angebotswertung gemäß § 25 VOB/A zu wiederholen, scheidet aus, wenn die fehlerhafte Angebotswertung nicht ursächlich für die Nichtberücksichtigung der Antragstellerofferte (hier: Ausschluss wegen Unvollständigkeit) ist.*)
8. Ein Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag nur dann auf Dokumentationsmängel stützen, wenn sich diese gerade nachteilig auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren ausgewirkt haben können.*)
VolltextIBRRS 2006, 3578
OLG Celle, Beschluss vom 14.09.2006 - 13 Verg 2/06
Ein vergaberechtsfreies In-house-Geschäft scheidet grundsätzlich aus, wenn das für den Auftrag vorgesehene Unternehmen nur 92,5 % seines Umsatzes aus Geschäften mit den Gebietskörperschaften erzielt, denen das Unternehmen gehört.*)
VolltextIBRRS 2006, 3576
OLG Celle, Beschluss vom 14.09.2006 - 13 Verg 3/06
1. Öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB kann auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein.*)
2. Zu den Voraussetzungen einer "im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nichtgewerblicher Art" im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB.*)
3. Vergibt der öffentliche Auftraggeber einen den Schwellenwert übersteigenden Liefer- und Dienstleistungsauftrag unmittelbar an ein Unternehmen ohne förmliches Vergabeverfahren, so ist der Vertrag entsprechend § 13 VgV nichtig, wenn der Auftraggeber von dem Interesse eines weiteren Unternehmens Kenntnis erlangt hat und diesem Unternehmen die Vorabinformation über die beabsichtigte Vergabe nicht erteilt hat, obwohl es ihm möglich gewesen wäre. Dass das am Auftrag interessierte Unternehmen ein konkretes Angebot abgegeben hat, ist nicht erforderlich.*)
VolltextIBRRS 2006, 3561
VK Hessen, Beschluss vom 26.04.2006 - 69d-VK-15/2006
1. Eine Religionsgemeinschaft (hier evangelischer Stadtkirchenkreis) ist als Verwaltungs- und Nutzungsberechtigte von (überwiegend im Eigentum der Kirche stehenden) Friedhöfen kein öffentlicher Auftraggeber (hier: Vergabe von Rasenschnittarbeiten).*)
2. Der Nachprüfungsantrag eines berufsständischen Interessenverbandes (hier: Gärtnereiverband) ist mangels Antragsbefugnis (fehlendes Interesse am Auftrag) unzulässig.*)
VolltextIBRRS 2006, 3560
VK Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2006 - VK-16/2006-L
1. Bei Fehlen der Unterschrift sind Angebote nach §§ 25 Nr.1 Abs. 1 lit. b i.V.m. 21 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen. Hinsichtlich der Rechtsfolge besteht kein Ermessen der Vergabestelle.*)
2. Wenn die Vergabestelle Angebote trotz fehlender Unterschrift wertet, sind Mietbieter, die sich an die Vorschrift des § 21 Nr.1 Abs. 2 Satz 1 VOL/A gehalten haben, in ihrem subjektiven Recht aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.*)
VolltextIBRRS 2006, 3559
VK Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2006 - VK-12/2006-L
1. Sofern es zumindest möglich erscheint, dass ein Vertrag gemäß § 13 Satz 6 VgV nichtig ist, steht dieser Vertrag der Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht entgegen. Ob der Vertrag tatsächlich nichtig ist, ist eine Frage der Begründetheit.*)
2. Eine innerhalb von drei Werktagen platzierte Rüge ist regelmäßig "unverzüglich", eine noch kürzere Frist wäre schlichtweg nicht mehr praktikabel.*)
3. § 13 Satz 6 VgV ist analog anzuwenden, sofern es im Anwendungsbereich der §§ 97 ff GWB bei der Beschaffung von Dienstleistungen zur Beteiligung mehrerer Unternehmen gekommen ist, die Angebote abgegeben haben, und der öffentliche Auftraggeber eine Auswahl unter diesen Unternehmen trifft (BGH Beschl. v. 01.02.2005, Az: X ZB 27/04).*)
VolltextIBRRS 2006, 3558
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.08.2006 - 15 E 880/06
Für die gerichtliche Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge, auf die gemäß § 100 GWB die §§ 97 ff. GWB nicht anwendbar sind, ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben (wie OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.5.2005 - 7 B 10365/05 -, DVBl. 2005, 988; OVG Bautzen, Beschluss vom 13.4.2006 - 2 E 270/05 -; a.A. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14.7.2006 - 1 B 26/06 - 7 OB 105/06).*)
VolltextIBRRS 2006, 3547
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.08.2006 - 1 Verg 2/06
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer stellt eine selbständig anfechtbare Entscheidung dar, gegen die das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. den §§ 116 ff. GWB zum Vergabesenat gegeben ist.
2. Über Beschwerden gegen Nebenentscheidungen der Vergabekammern wie Entscheidungen über die Kosten und die Auslagen, selbst wenn sie isoliert getroffen werden, kann generell ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
3. Im Regelfall erscheint es im Sinne von § 14 Abs. 1 RVG nicht unbillig, wenn der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren vor der Vergabekammer mit mündlicher Verhandlung eine 2,0-fache Geschäftsgebühr ansetzt.
4. Die volle Ausschöpfung des Gebührensatzrahmens oder eine über den Satz von 2,0 hinausgehende Festlegung setzt besondere Anforderungen an die anwaltliche Tätigkeit voraus, die allein mit der Mehrbeanspruchung durch eine mündliche Verhandlung noch nicht gegeben ist.
VolltextIBRRS 2006, 3534
KG, Beschluss vom 27.07.2006 - 2 Verg 5/06
1. Beauftragt ein öffentlicher Auftraggeber ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem er selbst zur Hälfte beteiligt ist, ohne Durchführung eines den Anforderungen des Vierten Teils des GWB und der VgV genügenden Vergabeverfahrens mit ausschreibungspflichtigen Dienstleistungen (hier: Facility Management) und will das Gemeinschaftsunternehmen dazu gehörende Teilleistungen (hier: Abfallentsorgung), die als solche dem GWB-Vergaberegime unterfallen, in der Folge nachunternehmerähnlich weiter vergeben, ist es gegenüber einem daran interessierten Unternehmen zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen über das Vergabeverfahren der VgV und der VOL/A gleichermaßen verpflichtet, wie es der öffentliche Auftraggeber selbst ohne Einschaltung des Gemeinschaftsunternehmens gewesen wäre.*)
2. Zur Auftraggebereigenschaft einer Messegesellschaft.*)
VolltextIBRRS 2006, 3476
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2006 - 1 Verg 6/05
1. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Fortsetzungsfeststellungsantrags ist ein Feststellungsinteresse, beispielsweise die nicht auszuschließende Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches des Bieters oder eine drohende Wiederholungsgefahr.
2. Zur Abgrenzung zwischen einem ernsthaften Nachverlangen von Eignungsnachweisen und einer bloßen Nachfrage.
3. In einer Ausschreibung kann nicht gefordert werden, dass der Bieter bereits zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots über das nötige Personal, Material etc. verfügt. Er muss jedoch darlegen, dass er sich für den Fall der Beauftragung die nötigen Mittel verschaffen kann.
4. Zu der Frage, wie ein solcher Nachweis geführt werden muss.
VolltextIBRRS 2006, 3475
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 05.07.2006 - 1 Verg 1/06
1. Enthält das Angebot eines Bieters nicht - insgesamt - die geforderten Preisangaben, ist das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 a VOL/A von der Wertung auszuschließen.
2. Gleiches gilt auch, wenn das Angebot einen Vergütungsvorbehalt in Form einer Gleitklausel enthält, denn hierdurch werden die Preisangaben, soweit sie zukünftig zu erbringende Leistungen betreffen, relativiert, da insoweit keine konkrete Festlegung erfolgt.
3. Die Prüfungspflicht der Vergabekammer ist nicht durch den Antrag des Antragstellers beschränkt, sie muss jedoch im Rahmen des auf Nachprüfung gerichteten Antrags des Antragstellers liegen.
4. Es ist unerheblich, in welchem Stadium der Angebotswertung der zwingende Ausschlussgrund "auffällt"; er kann und muss jederzeit berücksichtigt werden.
VolltextIBRRS 2006, 3473
OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2006 - 1 Verg 3/06
1.) Lässt der Auftraggeber Nebenangebote zu, muss er den Bietern dazu in den Verdingungsunterlagen bestimmte Vorgaben an Hand geben und darf Nebenangebote in der Wertung nur berücksichtigen, wenn sie diesen Vorgaben gerecht werden.*)
2.) Das Aufstellen rein formaler Wertungsvoraussetzungen für Nebenangebote reicht nicht aus, erforderlich sind leistungsbezogene, d.h. sachlich-technische Vorgaben.*)
3.) Fehlt die Vorgabe solcher Mindestanforderungen dürfen abgegebene Nebenangebote nicht gewertet werden, und zwar selbst dann nicht, wenn sie in der Ausschreibung für zulässig, bzw. nicht für unzulässig erklärt worden sind.*)
4.) Ein Beigeladener als Beschwerdeführer kann nicht im Beschwerdeverfahren erstmals Eingriffe in das Vergabeverfahren verlangen, die einzig und allein der Durchsetzung seiner subjektiven Rechte als Bieter dienen sollen und zugleich im Widerspruch zu den subjektiven Rechten des Antragstellers stehen.*)
VolltextIBRRS 2006, 3471
OLG Koblenz, Beschluss vom 13.02.2006 - 1 Verg 1/06
1.) Eine Beschwerdebegründung, die jeglicher Tatsachendarstellung entbehrt und sich auf Angriffe gegen die im angefochtenen Beschluss geäußerte Auffassung der Vergabekammer beschränkt, ist unzulässig; auch eine ausdrückliche oder konkludente Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen und den Inhalt der Vergabeakten ersetzt die geforderte Angabe von Tatsachen und Beweismitteln nicht.*)
2.) Enthält die nach den Bewerbungsbedingungen abzugebende Nachunternehmererklärung nicht die geforderten Angaben zu den Teilleistungen, die auf den Nachunternehmer übertragen werden sollen, ergibt sich daraus ein zwingender Ausschlussgrund; eine Verweisung auf die entsprechende Ordnungsziffer im Leistungsverzeichnis ersetzt die fehlenden Angaben nicht, wenn die Leistungsposition verschiedene Leistungen umfasst.*)
3.) Soweit § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A den Ausschluss eines unvollständigen Angebots in das Ermessen der Vergabestelle stellt, tritt bei Fehlen oder Unvollständigkeit der geforderten Angaben und Erklärungen eine Ermessensreduzierung auf Null ein.*)
VolltextIBRRS 2006, 3470
OLG Koblenz, Beschluss vom 05.04.2006 - 1 Verg 1/06
Werden in der Beschwerdebegründung entgegen § 117 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 GWB die Tatsachen und Beweismittel nicht angegeben, muss dieser Formfehler nicht sogleich zur Verwerfung des Rechtsmittels führen. Er gibt zunächst nur Anlass, den Beschwerdeführer auf die Unvollständigkeit seiner Beschwerdebegründung hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung zu geben. Eine Vervollständigung kann jedoch nur innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1 GWB erfolgen. Schöpft der Beschwerdeführer die Frist mit Einlegung des Rechtsmittels nahezu vollständig aus und ist deswegen die Erteilung eines Hinweises und eine ihm folgende Nachbesserung innerhalb der Beschwerdefrist nicht mehr möglich, ist eine formwidrige Beschwerde ohne weiteres als unzulässig zu verwerfen.*)
VolltextIBRRS 2006, 3467
OLG Schleswig, Beschluss vom 01.09.2006 - 1 (6) Verg 8/05
1. Im Rahmen der §§ 107, 116 ff GWB ist nicht zu prüfen, ob eine bereits erfolgte Vergabe "fortbesteht" und daher eine anderweitige Vergabe nicht mehr möglich ist.
2. Zwar kann ein Architektenvertrag konkludent geschlossen werden. Wenn allerdings - wie hier - ein Verhandlungsverfahren durchgeführt wird, das auf eine (Gesamt-)Vergabe aller für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen Leistungsphasen abzielt, liegt in der Entgegennahme von Teilleistungen, um "keine Zeit zu verlieren", nicht bereits die konkludente Vergabe des Gesamt-Architektenauftrages.
3. Der Bieter kann nicht beanspruchen, dass die Vergabestelle eine einmal begonnene Verhandlungsphase mit ihm gleichsam "um jeden Preis" zum Abschluss führt.
4. Wenn der Bewerber schon unmissverständlich, eindeutig und abschließend mündlich informiert worden ist und er diese mündliche Information so ernst nimmt, dass er den vermeintlichen Vergabefehler formgerecht rügt, ist die Textform des § 13 VgV nicht mehr erforderlich, um den Primärrechtsschutz sicherzustellen.
VolltextIBRRS 2006, 3409
BGH, Urteil vom 06.07.2006 - I ZR 175/03
1. Der Begriff des Erlasses in § 5 Abs. 1 UrhG ist kein verwaltungsrechtlicher, sondern ein urheberrechtlicher Begriff, der entsprechend dem Zweck der Vorschrift auszulegen ist. Zu den amtlichen Erlassen gehören deshalb auch allgemeine Regelungen, die zwar formal nur an andere Behörden gerichtet sind, denen aber zumindest eine gewisse Außenwirkung zukommt.*)
2. Wegen des durch § 5 Abs. 1 UrhG geschützten Publizitätsinteresses der Allgemeinheit kann die Vorschrift auch eingreifen, wenn das Werk im urheberrechtlichen Sinn, das der Hoheitsträger zum Inhalt seiner - vom Gesetz als "amtliches Werk" bezeichneten - Willensäußerung gemacht hat, nicht aus dem Amt selbst herrührt und von dessen Mitarbeitern im dienstlichen Auftrag geschaffen worden ist, sondern von Mitarbeitern eines anderen Amtes oder privaten Urhebern. Entscheidend ist, ob und inwieweit die Verlautbarung dem Hoheitsträger als eigenverantwortliche Willensäußerung zuzurechnen ist.*)
3. Nach dem Regelungszweck des § 5 Abs. 1 UrhG kommt es nicht darauf an, ob die von dem Hoheitsträger als amtlicher Erlass getroffene Regelung rechtlich zulässig und wirksam ist, sofern sie nur nach seinem Willen die Verwaltungspraxis bestimmen soll.*)
VolltextIBRRS 2006, 3368
OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.10.2004 - 20 W 370/03
1. Das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung steht grundsätzlich dem im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer zu. Auf aus dem Grundbuch nicht ersichtliche gesellschaftsrechtliche Bindungen einzelner Wohnungseigentümer kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.*)
2. Ein Verstoß gegen eine Bindung im Rahmen eines Stimmrechtsvertrages ist für die Bewertung der Stimmabgabe in der Wohnungseigentümerversammlung zunächst ohne Bedeutung.*)
3. Legt ein Beteiligter gegen einen den Wohnungseigentümerbeschluss für ungültig erklärenden amtsgerichtlichen Beschluss keine Erstbeschwerde ein, so fehlt ihm für die sofortige weitere Beschwerde die Beschwerdeberechtigung.*)
VolltextIBRRS 2006, 3284
BVerwG, Beschluss vom 08.08.2006 - 6 B 65.06
1. Wird die Beschwerde gemäß § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG zugelassen, so ist das BVerwG zwar an diese Zulassungsentscheidung gebunden, es darf jedoch die weiteren Zulassungsvoraussetzungen prüfen.
2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Zurückweisung der Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Beschluss, durch den der Rechtsweg in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren für unzulässig erklärt worden ist, unterliegt nicht der (weiteren) Beschwerde an das BVerwG.
3. Die Frage der Klärung des Rechtswegs bei Klagen gegen Vergabeentscheidungen für öffentliche Aufträge unterhalb der Schwelle des § 100 Abs. 1 GWB i.V. mit § 2 VgV muss daher einer Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben.
VolltextIBRRS 2006, 3273
LG Münster, Urteil vom 18.05.2006 - 12 O 484/05
Unterlässt der Geschäftsführer einer GmbH eine öffentliche VOB/A-Ausschreibung, obwohl eine solche zwingend in den der Subventionsbewilligung zu Grunde liegenden Nebenbestimmungen vorgesehen ist, so haftet er der GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG für den aus seiner Obliegenheitsverletzung folgenden Schaden.
VolltextIBRRS 2006, 3267
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.03.2006 - 1 VK LVwA 44/05-K
1. Bei einer Sachentscheidung ohne mündliche Verhandlung ist höchstens eine 1,8-fache Wertgebühr angemessen.*)
2. Im vorliegenden Fall rechtfertigt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände ein besonders hoher terminlicher Druck im Kammerverfahren keine Erhöhung der Wertgebühr.*)
3. Eine gesonderte Gebühr wird durch den Antrag gem. § 115 Abs. 2 S. 1 GWB nicht ausgelöst.*)
VolltextIBRRS 2006, 3266
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.07.2006 - 1 L 59.06
1. Die Vergabeentscheidung bei staatlicher Auftragsvergabe ist nicht öffentlich-rechtlicher Art, so dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet ist.
2. Für Streitigkeiten in Vergabeverfahren, die Aufträge unterhalb der Schwellenwerte betreffen, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
IBRRS 2006, 3265
OLG Koblenz, Urteil vom 19.05.2006 - 8 U 69/05
1. Ein Bieter darf die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung im Zweifelsfalle so verstehen, dass sie den Anforderungen der VOB/A entspricht.*)
2. Maßgebend für die Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont. Da der Empfängerkreis abstrakt ist, kommt dem Wortlaut der Ausschreibung große Bedeutung zu.*)
3. Zur Feststellung, wie die beteiligten Fachkreise die in der Ausschreibung verwendete Terminologie üblicherweise im speziellen fachlichen Sinne verstehen, kann ein Sachverständiger herangezogen werden.*)
4. Bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung ist zunächst von der auf die konkrete Leistung bezogenen Positionen auszugehen. Die dort enthaltenen Angaben sind jedoch in Verbindung mit den sonstigen Angaben des Leistungsverzeichnisses und anderen vertraglichen Unterlagen als sinnvolles Ganzes auszulegen.*)
Volltext