Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10834 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2006
IBRRS 2006, 1088OLG München, Beschluss vom 07.04.2006 - Verg 5/06
1. Ist die auf den Ausschluss eines dritten Bieters gerichtete Beschwerde eines Bieters unbegründet, kann ein beigeladener Bieter, der selbst keine Beschwerde eingelegt hat, aus eigenem Recht im Beschwerdeverfahren nicht den Ausschluss des dritten Bieters erreichen.*)
2. Ein diesbezüglicher Antrag des beigeladenen Bieters kann als Nachprüfungsantrag, über den zunächst die Vergabekammer zu entscheiden hat, auszulegen sein.*)
VolltextIBRRS 2006, 1084
VK Hessen, Beschluss vom 20.01.2006 - 69d-VK-92/2005
Gemäß § 7b Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist es Aufgabe des Bewerbers, der Vergabestelle gegenüber seine Leistungsfähigkeit in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2005, Verg 45/04). Ergeben sich aus vorgelegten Unterlagen ernstliche Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, kann er, sofern er dazu in der Lage ist, diese Zweifel durch die Vorlage anderer, aussagekräftiger Unterlagen, wie z. B. der Vorlage von Bürgschaften und Finanzierungsbestätigungen entkräften. Dazu kann auch eine fundierten Stellungnahme eines Steuerberaters zählen.*)
VolltextIBRRS 2006, 1046
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2006 - Verg 6/06
1. Für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags mit Blick auf die Antragsbefugnis ist erforderlich aber auch ausreichend, dass der Antragsteller schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.
2. Der Bieter hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, inwieweit durch die Wahl der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb anstelle eines offenen Verfahrens mit europaweiter Bekanntmachung seine Leistungs- und Angebotsmöglichkeiten eingeschränkt oder negativ beeinflusst worden sein könnten.
VolltextIBRRS 2006, 1045
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2006 - Verg 80/05
1. Das von den Vergabekammern angewandte System der nach Auftragswerten tabellarisch gestaffelten Gebührensätze und die hieran anknüpfende Bemessung der Gebühr im Rahmen der durch § 128 Abs. 1 und 2 GWB gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe ist nicht zu beanstanden.
2. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag vor der Entscheidung der Vergabekammer zurück, trägt das Gesetz in § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB dem Umstand, dass in solchen Fällen in der Regel kein dem Auftragswert äquivalenter Aufwand entsteht, sondern der Erledigungsaufwand typischerweise geringer ist, in der Weise Rechnung, dass die Gebühr pauschal auf die Hälfte zu ermäßigen ist. Unter der "Hälfte der Gebühr" ist die Hälfte der ansonsten angemessenen Ausgangsgebühr zu verstehen. Das bedeutet, dass vor dem Rechenschritt der Halbierung der Gebühr gemäß dem Kostendeckungsprinzip unter dem Gesichtspunkt des personellen und sachlichen Aufwands mögliche Ermäßigungen (aber auch mögliche Erhöhungen) der Gebühr zu prüfen sind.
3. Im Anschluss an die Halbierung der Gebühr nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB kann eine weitere Herabsetzung der Gebühr nur noch aus Gründen der Billigkeit gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB gerechtfertigt sein. Hierbei ist das Verbot zu beachten, dieselben Gesichtspunkte, die schon bei einem früheren Prüfungsschritt zu einer Reduzierung der Gebühr geführt haben, für eine solche Ermäßigung der Gebühr ein weiteres Mal heranzuziehen.
VolltextIBRRS 2006, 1044
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2006 - Verg 4/06
1. Das Formblatt EFB-Preis 1c ist als Bestandteil der Vergabeunterlagen auch von Generalunternehmern abzugeben.
2. Das Formblatt EFB Preis 1 c fordert über die Formblätter 1 a und b hinaus die Angabe von Kalkulationszuschlägen für die Leistungen des Ausbaugewerbes, weshalb es in jedem Falle zusätzlich auszufüllen ist.
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Angebot, das die mit den Formblättern EFB Preis 1 ff geforderten Erklärungen nicht enthält, zwingend auszuschließen.
VolltextIBRRS 2006, 1043
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 85/05
1. Der Streitwert wird vom wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers am Auftrag gebildet. Die Bewertung ist in § 50 Abs. 2 GKG generalisierend mit 5 % der Auftragssumme festgelegt worden. Abstriche davon sind auch dann nicht veranlasst, wenn das Vergabeverfahren über das Stadium des Teilnahmewettbewerbs noch nicht hinausgelangt ist.
2. Im Regelfall erscheint es im Sinne von § 14 Abs. 1 RVG nicht unbillig, wenn der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren vor der Vergabekammer mit mündlicher Verhandlung eine 2,0-fache Geschäftsgebühr ansetzt.
VolltextIBRRS 2006, 1042
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 61/05
1. Die Erstattung der Kosten des Beigeladenen im Falle des Unterliegens des Antragstellers auf Grund einer Sachentscheidung im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren hängt von einer Billigkeitsprüfung in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO ab.
2. Es entspricht im Allgemeinen der Billigkeit, dem im Nachprüfungsverfahren erster Instanz erfolglosen Antragsteller die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn er sich mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat, und wenn sich der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
3. An einem Interessengegensatz fehlt es, wenn im Zeitpunkt der Zustellung des Nachprüfungsantrags der Zuschlag bereits erteilt und der Vertrag mit der Beigeladenen schon wirksam geschlossen worden war.
VolltextIBRRS 2006, 1041
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.2006 - Verg 57/05
1. Die Erstattung der Kosten des Beigeladenen im Falle des Unterliegens des Antragstellers auf Grund einer Sachentscheidung im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren hängt von einer Billigkeitsprüfung in analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO ab.
2. Es entspricht im Allgemeinen der Billigkeit, dem im Nachprüfungsverfahren erster Instanz erfolglosen Antragsteller die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, wenn er sich mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt hat, und wenn sich der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
VolltextIBRRS 2006, 1036
EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - Rs. C-410/04
Die Art. 43, 49 und 86 EG-Vertrag sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der Grundsatz der Transparenz stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile innehat.*)
VolltextIBRRS 2006, 1032
VK Hessen, Beschluss vom 23.01.2006 - 69d-VK-93/2005
Gemäß § 7b Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist es Aufgabe des Bewerbers, der Vergabestelle gegenüber seine Leistungsfähigkeit in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2005, Verg 45/04). Ergeben sich aus vorgelegten Unterlagen ernstliche Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, kann er, sofern er dazu in der Lage ist, diese Zweifel durch die Vorlage anderer, aussagekräftiger Unterlagen, wie z.B. der Vorlage von Bürgschaften und Finanzierungsbestätigungen entkräften. Dazu kann auch eine fundierten Stellungnahme eines Steuerberaters zählen.*)
VolltextIBRRS 2006, 1001
VK Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2005 - VK-30/2005-B
1. Der Antragsgegner vermochte den Nachweis nicht zu führen, dass der Antragstellerin eine schweren Verfehlung im Sinn von § 8 Nr. 5 c VOB/A vorzuwerfen ist. Denn der Antragsgegner stützt sich in seinem Vortrag lediglich auf Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Zustandekommens bzw. der Erfüllung eines Wartungsvertrages sowie des Abnahmezeitpunktes der Leistung in einem Vertragsverhältnis der Niederlassung xxxx des Auftraggebers mit der Antragstellerin. Allein das Vorliegen einer Auseinandersetzung zwischen Vertragsparteien belegt jedoch noch nicht eine schuldhafte Vertragsverletzung der einen Seite, die ggfs. als schwere Verfehlung einzustufen sein könnte.*)
2. Gemäß § 17 a Nr. 3 Abs. 1 i.V.m. § 17 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A muss bei europaweiter Ausschreibung die Bekanntmachung die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bieters (§ 17 Nr. 1 Abs. 2 Buchstabe s VOB/A) enthalten. Selbst der Hinweis in beiden Ausschreibungen auf die Verdingungsunterlagen sowie der pauschale Verweis auf § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/A bezüglich der Eignungsanforderungen kann daher nicht als ausreichend bewertet werden. Ohne eine wirksame Forderung der Eignungsnachweise ist allerdings auch keine Eignungsprüfung möglich, jedenfalls könnte kein Angebot formal als bzgl. der Eignungsnachweise als unvollständig angesehen werden, wenn es die in den Verdingungsunterlagen geforderten Nachweise nicht oder nicht vollständig enthält, da schon die Anforderung nicht wirksam gestellt wurde.*)
VolltextIBRRS 2006, 0981
VK Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2005 - VK-39/2005-L
1. Die Chancenlosigkeit des Angebots der Antragstellerin ergibt sich daraus, dass sie mehrere Preisblätter abgegeben hat. Da die Antragstellerin ohne jeden weiteren Kommentar oder ohne Erläuterung lediglich mehrere Preisblätter ihrem Angebot beigelegt hat, ist für die Antragstellerin nicht eindeutig erkennbar, welches Preisblatt für das Haupt- oder Nebenangebot gelten soll.*)
2. Da vorliegend nicht alle Bieter vom Verfahren aufgrund desselben Mangels auszuschließen waren, kann der Zuschlag auf ein Angebot erteilt werden, das nicht an dem gleichen Mangel leidet wie das Angebot der Antragstellerin, womit der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt wird, eine von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme im obigen Sinne liegt hier nicht vor. Der Umstand, dass die Angebote der beiden in der Wertung verbliebenen Bieter aber an anderen Mängeln leiden, ist nicht geeignet, die Antragsbefugnis wieder aufleben zu lassen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0980
VK Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2005 - VK-29/2005-L
Auch wenn der Antragstellerin zugebilligt wird, dass sie anwaltlichen Rat einholt, bevor sie formell im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB gegen einen Auftraggeber vorgeht, so muss auch die anwaltliche Befassung der Schwierigkeit der Sache angemessen sein und die Beteiligten, der Antragsteller wie sein Anwalt, müssen unverzüglich handeln. Unter diesen Gesichtspunkten ist die auf sieben Werktage ausgedehnte Kontaktaufnahme zwischen der Antragstellerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten bis zur Übermittlung einer Beanstandung nicht mehr als unverzüglich anzusehen. Wenn der Bieter seinerseits bereits die Unrichtigkeit einer Entscheidung der Vergabestelle annimmt und diese Unrichtigkeit an wenigen Dokumenten festmachen kann – Formulierung der Anforderung in den Verdingungsunterlagen, eingereichte Zeichnungen, Inhalt des Ablehnungsschreibens – dann stellt es keine übertriebene Anforderung dar, dem eingeschalteten Anwalt ebenfalls diese Unterlagen so schnell wie möglich zukommen zu lassen, um die letzte als notwendig empfundene Sicherheit zu gewinnen, dass gegen den Auftraggeber vorgegangen werden kann.*)
VolltextIBRRS 2006, 0976
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.03.2006 - VK-SH 02/06
1. Eine Rüge innerhalb von vier Tagen nach Kenntnisnahme vom vermeintlichen Vergaberechtsverstoß kann noch unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 GWB sein.*)
2. Fügt ein Bieter seinem Angebot entgegen der ausdrücklichen Maßgabe der Verdingungsunterlagen den (unterschriebenen) Angebotsvordruck nicht bei, ist das Angebot wegen Ermessensreduzierung auf Null gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A zwingend auszuschließen.*)
3. Die (ausdrückliche) Weigerung eines Bieters, die AGB des Auftraggebers, die VOL/B, die Mindestbedingungen der Leistungsbeschreibung und die Besonderen Vertragsbedingungen anzuerkennen, stellt eine unzulässige Änderung der Verdingungsunterlagen dar, die zum zwingenden Ausschluss des Angebotes gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A führt.*)
4. Nebenangebote bzw. Änderungsvorschläge sind dann nicht zuzulassen, wenn von verbindlichen Festlegungen in den Verdingungsunterlagen abgewichen wird. Mindestanforderungen der Leistungsbeschreibung, die AGB des Auftraggebers und die VOL/B sind auch im Rahmen eines Nebenangebotes nicht disponibel.*)
5. Die Entscheidung über einen Nachprüfungsantrag ist von der Wertungsfähigkeit der Antragstellerofferte abhängig zu machen, ohne die Angebote der übrigen Bieter in den Blick zu nehmen.*)
6. Ein berechtigtes Interesse des Antragstellers, sich trotz eines offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsantrags gemäß § 111 Abs. 1 GWB über die Angebote der anderen Bieter und die Unterlagen der Vergabestelle zu informieren, liegt nicht vor.*)
7. Auf eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 Alt. 3 GWB verzichtet werden, wenn sich die Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags für die Vergabekammer unmittelbar durch Einsicht in das Angebot des Antragstellers ergibt, von einer mündlichen Verhandlung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten wären, die zu einer anderen Bewertung führen können, und nach dem Vorbringen des Antragstellers für diesen unter keinem Gesichtspunkt Erfolgsaussichten bestehen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0975
VK Köln, Beschluss vom 09.03.2006 - VK VOL 34/2005
Die mit der Gründung eines Zweckverbandes verbundene Übertragung von Aufgaben der Verbandsmitglieder (hier Einsammeln und Transportieren von Abfällen) ist kein Beschaffungsvorgang i.s. d. § 99 Abs. 1 GWB sondern ein innerstaatlicher Organisationsakt, der nicht dem Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB unterfällt.*)
VolltextIBRRS 2006, 0968
VK Lüneburg, Beschluss vom 22.03.2006 - VgK-05/2006
1. Die Bewerbungsbedinung:
"Wenn den Verdingungsunterlagen Formblätter zur Preisaufgliederung beigefügt sind, hat der Bieter die seiner Kalkulationsmethode entsprechenden Formblätter ausgefüllt mit seinem Angebot abzugeben. Die Nichtabgabe der ausgefüllten Formblätter kann dazu führen, dass das Angebot nicht berücksichtigt wird."
kann aus dem Bieterhorizont nur so verstanden werden, dass der öffentliche Auftraggeber je nach gewählter Kalkulationsmethode des Bieters entweder Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen (dann: Vordruck EFB-Preis 1a) oder eben Angaben zur Kalkulation über die Endsumme (dann: Formblatt EFB-Preis 1b) verlangte.
2. Gemäß § 30 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Der Anwendungsbereich des § 30 Nr. 1 VOB/A erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und die Begründung der einzelnen Entscheidungen. Der Vergabevermerk ist chronologisch zu fassen und muss sich dabei an der in der VOB vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren. Zu den materiellen Dokumentationspunkten zählen insbesondere die Verfahrensphasen, bei denen die Vergabestelle eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie bei der Prüfung der Angebote, Angaben über Verhandlungen mit Bietern und deren Ergebnis sowie das Ergebnis der Wertung der Angebote. Ebenso sind im Vergabevermerk die Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf das betreffende Angebot anzugeben.
3. Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtnachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung.
4. Findet sich in der Dokumentation lediglich die Wertung des Zuschlagskriteriums „Preis“ und ist dagegen in keiner Weise dokumentiert, ob, in welcher Weise und ggf. mit welchem Ergebnis die übrigen gemäß § 25a VOB/A bekannt gemachten Zuschlagskriterien bei der Angebotswertung berücksichtigt wurden, so ist die Dokumentation rechtsfehlerhaft.
6. Aus dem Urteil des EuGH vom 16.10.2003 (IBR 2003, 683) lässt sich das vom BayObLG und vom OLG Rostock statuierte restriktive Erfordernis einer Definition und Bekanntmachung von gesonderten technischen Mindestanforderungen als zwingende Voraussetzung für die Wertung von Nebenangeboten nicht ableiten. Weder Art. 19 Abs. 1 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37 EWG noch Art. 24 Richtlinie 2004/18/EG verlangen ausdrücklich über formelle Anforderungen an Nebenangebote hinaus die Festlegung auch besonderer technischer Mindestbedingungen.
7. Auch der EuGH hat in seiner zitierten Entscheidung vom 16.10.2003 (IBR 2003, 883) nicht darüber entschieden, welche positiven Anforderungen an die Mindestanforderung zu stellen sind. Er hat lediglich festgestellt, dass es nicht genügt, wenn die Vergabestelle auf eine nationale Rechtsvorschrift verweist, die als Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung sichergestellt ist.
VolltextIBRRS 2006, 0967
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.03.2006 - VgK-06/2006
1. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieterunternehmen allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
2. Werden beim Durcharbeiten der Verdingungsunterlagen Ungenauigkeiten festgestellt, liegt bereits positive Kenntnis vor.
3. Das außergewöhnliche Kündigungsrecht des öffentlichen Auftraggebers aus Haushaltsgründen bedeutet regelmäßig ein vergaberechtswidriges ungewöhnliches Wagnis für den Auftragnehmer i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A. Es ist nicht zu rechtfertigen, dem Auftragnehmer das Haushaltsrisiko des Auftraggebers zu überbürden.
VolltextIBRRS 2006, 0964
VK Lüneburg, Beschluss vom 10.03.2006 - VgK-6/2006
1. Ein außergewöhnliches Kündigungsrecht des Auftraggebers aus Haushaltsgründen beinhaltet grundsätzlich ein vergaberechtswidriges ungewöhnliches Wagnis für den Auftragnehmer. Es ist nicht zu rechtfertigen, dem Auftragnehmer das Haushaltsrisiko des Auftraggebers zu überbürden.
2. Im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten für den öffentlichen Auftraggeber schon wegen des Charakters des Nachprüfungsverfahrens als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren notwendig.
VolltextIBRRS 2006, 0963
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.01.2006 - Verg 96/05
1. Die Entschließung der Vergabekammer im Falle der Ablehnung eines ihrer Mitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit kann nicht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden.
2. Für den Fall der Ablehnung von Vergabekammermitgliedern ist die analoge Anwendung der einschlägigen Vorschriften der VwGO und nicht der des VwVfG angemessen.
3. Von einer die Vorlagepflicht auslösenden Abweichung im Sinne des § 124 Abs. 2 GWB kann nur gesprochen werden, wenn eine Rechtsfrage bei einem im wesentlichen gleichen oder vergleichbar gelagerten Sachverhalt anders entschieden werden soll.
4. Eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung vermag einen nicht statthaften Rechtsbehelf nicht konstitutiv zu begründen.
VolltextIBRRS 2006, 0962
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2006 - Verg 63/05
1. Die Vergabekammer ist nicht berechtigt, den Streitwert für das erstinstanzliche Nachprüfungsverfahren ausdrücklich festzusetzen.
2. Die Streitwerte des erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens sind - soweit es zu keinen streitwertrelevanten Ereignissen gekommen ist - übereinstimmend festzusetzen, wobei § 50 Abs. 2 GKG für das Verfahren vor der Vergabekammer entsprechend oder seinem Rechtsgedanken nach anzuwenden ist.
3. Auf eine Vertragsverlängerung gerichtete Aussichten sind nicht in die Streitwertberechnung einzubeziehen. Lediglich eine Verlängerung durch einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung einer Vertragspartei, eine Option, ist streitwertrelevant.
VolltextIBRRS 2006, 4505
VK Arnsberg, Beschluss vom 17.11.2005 - VK 21/05
Die sehr stringente, aber auch sehr restriktive Rechtsprechung des BGH zum zwingenden Ausschluss von Angeboten bei fehlenden Erklärungen führt dazu, dass Auftraggeber zunehmend gezwungen sind, wirtschaftliche Angebote wegen äußerst marginaler Erklärungslücken auszuschließen. Diese Entwicklung steht im krassen Widerspruch zum wesentlichsten Ziel des Vergaberechts, im – geordneten – Wettbewerb das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Da es nach dieser Rechtsprechung auf die Wettbewerbsrelevanz der Lücken nicht ankommt, ist - neben der Frage der Zumutbarkeit - umso genauer zu prüfen, ob die Erklärungen sich nicht des Angebots ergeben, so dass der Tatbestand einer fehlenden Erklärung nicht auftritt.
VolltextIBRRS 2006, 0951
VK Lüneburg, Beschluss vom 20.03.2006 - VgK-04/2006
1. Aus dem Urteil des EuGH vom 16.10.2003 (IBR 2003, 683) lässt sich das vom BayObLG und vom OLG Rostock statuierte restriktive Erfordernis einer Definition und Bekanntmachung von gesonderten technischen Mindestanforderungen als zwingende Voraussetzung für die Wertung von Nebenangeboten nicht ableiten lässt. Weder Art. 19 Abs. 1 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37 EWG noch Art. 24 Richtlinie 2004/18/EG verlangen ausdrücklich über formelle Anforderungen an Nebenangebote hinaus die Festlegung auch besonderer technischer Mindestbedingungen.
Auch der EuGH hat in seiner zitierten Entscheidung vom 16.10.2003 (IBR 2003, 883) nicht darüber entschieden, welche positiven Anforderungen an die Mindestanforderung zu stellen sind. Er hat lediglich festgestellt, dass es nicht genügt, wenn die Vergabestelle auf eine nationale Rechtsvorschrift verweist, die als Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung sichergestellt ist.
2. Weichen Angebote von den Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses ab, ist der Auftraggeber nicht gehindert diese dennoch zu werten, wenn sie nur unwesentliche Änderungen am Plan erforderlich machen und für sie die zur Planänderung erforderlichen Zustimmungen eingeholt werden können.
3. Weichen mehrere Angebote von den Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses ab und wird nur ein Angebot deswegen ausgeschlossen, so verstößt der Auftraggeber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 19 Abs. 2 GWB.
4. Die an einem Vergabeverfahren beteiligten Bieter haben gemäß § 97 Abs. 7 GWB ein subjektives Recht auf ausreichende Dokumentation des Vergabeverfahrens und insbesondere der wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren.
5. Gemäß § 30 VOB/A ist über die Vergabe ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die Maßnahmen, die Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Der Anwendungsbereich des § 30 Nr. 1 VOB/A erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch materiell auf die Maßnahmen, Feststellungen und die Begründung der einzelnen Entscheidungen. Der Vergabevermerk ist chronologisch zu fassen und muss sich dabei an der in der VOB vorgeschriebenen Reihenfolge orientieren. Zu den materiellen Dokumentationspunkten zählen insbesondere die Verfahrensphasen, bei denen die Vergabestelle eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, wie bei der Prüfung der Angebote, Angaben über Verhandlungen mit Bietern und deren Ergebnis sowie das Ergebnis der Wertung der Angebote. Ebenso sind im Vergabevermerk die Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf das betreffende Angebot anzugeben.
6. Eine fehlende Dokumentation wesentlicher Schritte bis zur Vergabeentscheidung ist daher rechtsfehlerhaft und führt zu einer Nichtnachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung.
7. Findet sich in der Dokumentation lediglich die Wertung des Zuschlagskriteriums „Preis“ und ist dagegen in keiner Weise dokumentiert, ob, in welcher Weise und ggf. mit welchem Ergebnis die übrigen gemäß § 25a VOB/A bekannt gemachten Zuschlagskriterien bei der Angebotswertung berücksichtigt wurden, so ist die Dokumentation rechtsfehlerhaft.
8. Nur in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium "Preis" benannt hat, kann und darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zu Grunde gelegt werden.
IBRRS 2006, 0935
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.03.2006 - 11 Verg 12/05
1. Bei einem offenen Ausgang des Nachprüfungsverfahrens ist regelmäßig die aufschiebende Wirkung zu verlängern, wenn nicht gewichtige Belange der Allgemeinheit einen raschen Abschluss des Vergabeverfahrens erfordern.
2. Ein Nachprüfungsantrag kann zeitgleich mit der Rüge gestellt werden. Eines Zuwartens mit der Stellung des Nachprüfungsantrages bedarf es nicht.
3. Sind an einem Vergabeverfahren nur noch zwei oder wenige Bieter beteiligt, deren Angebote unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden müssen, so liegt ein möglicher Schaden (§ 107 Abs. 2 GWB) des Antragstellers, auch wenn dessen Angebot ebenfalls von vornherein auszuschließen war, darin, dass er sich im Falle einer Neuausschreibung des Auftrags wiederum an dem Vergabeverfahren beteiligen könnte.
4. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und eine Interessenbeeinträchtigung eines Antragstellers ist immer dann zu bejahen, wenn hinsichtlich beider Angebote ein (zwingender) Ausschlussgrund vorliegt, ohne dass es darauf ankommt, ob Gleichartigkeit der Mängel im Rahmen einer bestimmten Position eines Leistungsverzeichnisses oder in anderen, für die Angebotswertung relevanten Bereichen vorliegt.
5. Da es diesbezüglich unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt (etwa OLG Naumburg, IBR 2005, 707) wird im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahren eine Divergenzvorlage an den BGH von Nöten sein.
VolltextIBRRS 2006, 0934
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.03.2006 - 11 Verg 11/05
1. Bei einem offenen Ausgang des Nachprüfungsverfahrens ist regelmäßig die aufschiebende Wirkung zu verlängern, wenn nicht gewichtige Belange der Allgemeinheit einen raschen Abschluss des Vergabeverfahrens erfordern.
2. Ein Nachprüfungsantrag kann zeitgleich mit der Rüge gestellt werden. Eines Zuwartens mit der Stellung des Nachprüfungsantrages bedarf es nicht.
3. Sind an einem Vergabeverfahren nur noch zwei oder wenige Bieter beteiligt, deren Angebote unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden müssen, so liegt ein möglicher Schaden (§ 107 Abs. 2 GWB) des Antragstellers, auch wenn dessen Angebot ebenfalls von vornherein auszuschließen war, darin, dass er sich im Falle einer Neuausschreibung des Auftrags wiederum an dem Vergabeverfahren beteiligen könnte.
4. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und eine Interessenbeeinträchtigung eines Antragstellers ist immer dann zu bejahen, wenn hinsichtlich beider Angebote ein (zwingender) Ausschlussgrund vorliegt, ohne dass es darauf ankommt, ob Gleichartigkeit der Mängel im Rahmen einer bestimmten Position eines Leistungsverzeichnisses oder in anderen, für die Angebotswertung relevanten Bereichen vorliegt.
5. Da es diesbezüglich unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt (etwa OLG Naumburg, IBR 2005, 707) wird im weiteren Verlauf des Nachprüfungsverfahren eine Divergenzvorlage an den BGH von Nöten sein.
VolltextIBRRS 2006, 0933
OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.02.2006 - 11 Verg 18/05
Die Vergabekammer kann die Kosten vollständig der Vergabestelle auferlegen, auch wenn der Antragsteller nur mit seinem Hilfsantrag durchdringt.
VolltextIBRRS 2006, 0932
VK Hessen, Beschluss vom 30.11.2005 - 69d-VK-83/2005
1. Auch wenn Referenzen nur „beispielsweise“ als Nachweis der Leistungsfähigkeit eines Bieters gefordert werden, müssen diese, falls sie vorgelegt werden, den Anforderungen der Vergabebekanntmachung entsprechen, um der Vergabestelle eine Prüfung zu ermöglichen, ob der jeweilige Bieter den Nachweis der Leistungsfähigkeit geführt hat.*)
2. Werden die verlangten fachlichen Eignungsnachweise nicht erbracht, ist das Angebot zwingend nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A auszuschließen und es liegt nicht lediglich ein fakultativer Ausschlussgrund vor. Der Nachweis der Eignung anhand bestimmter Unterlagen fällt nicht unter den Begriff der „Angaben und Erklärungen“ des § 25 Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a VOL/A sondern unterliegt der speziellen Regelung des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A mit der Folge des zwingenden Ausschlusses bei Fehlen der geforderten Nachweise.*)
VolltextIBRRS 2006, 0931
VK Hessen, Beschluss vom 13.10.2005 - 69d-VK-69/2005
1. Einer Ausnahme von der Vorschrift des § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A, wonach bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren oder bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden dürfen, wenn dies durch die Art der geforderten Leitung gerechtfertigt ist, müssen technische oder gestalterischen Anforderungen zugrunde liegen. So sind z. B. im Falle von Sanierungen, Um- und Erweiterungsbauten bestimmte gestalterische Anforderungen hinsichtlich eines einheitlichen Gestaltungsbildes denkbar. Die Festlegung auf einen bestimmten Farbton sowie Technische Daten hinsichtlich Druckfestigkeit, Wasseraufnahme etc. eines Steinfußbodens sind mit den Anforderungen für eine neutrale Leistungsbeschreibung nicht vereinbar.*)
2. Ausgeschriebene Leistungsinhalte dürfen so beschaffen sein, dass einzelne Bieter Kostenvorteile genießen, sofern es für den Bieter vernünftige, etwa wirtschaftlichkeitsbezogene Gründe dafür gibt. Es gibt kein an den Auftraggeber gerichtetes Gebot, bestimmte Wettbewerbsvorteile bereits bei der Entscheidung über die Leistung, die ausgeschrieben werden soll, auszugleichen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0927
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.11.2005 - 2 VK 68/05
1. Bezugspunkt für die Schätzung des Auftragswertes, § 3 VgV, müssen einerseits der geforderte Beratungsaufwand und andererseits das am Markt für vergleichbare Leistungen durchgesetzte Honorar, d. h. der Marktpreis sein. Unbeachtlich ist dagegen, dass für vergleichbare Leistungen auch Angebote mit deutlich höheren Preisen eingereicht werden.*)
2. In der Vergabeakte sind insbesondere bei freiberuflichen Leistungen die Umstände, die bei der Schätzung des Auftragswertes berücksichtigt werden, und eine Begründung des gefundenen Ergebnisses zu dokumentieren.
3. Mangels einer dokumentierten Schätzung des Auftragswertes des Auftraggebers ist die Vergabekammer zur Bestimmung ihrer Zuständigkeit zur eigenständigen Wertermittlung verpflichtet und berechtigt. Dabei muss sie sich an nachprüfbaren, plausiblen Kriterien orientieren, aber auch die Erwägungen der Antragstellerin berücksichtigen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0925
VK Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2005 - 2 VK 62/05
1. Ein Aufklärungsgespräch zum Inhalt der Ausschreibung mit nur einem Bieter stellt keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn alle übrigen Bieter die Ausschreibung im Sinne des Auftraggebers verstanden haben.*)
2. Aus welchen besonderen Umständen ein Bieter eine Leistung preisgünstiger, auch unter den am Markt üblichen Beschaffungskosten anbieten kann, ist unerheblich und das Ergebnis des gewollten Wettbewerbs, solange das Angebot ernst gemeint ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit im Falle der Auftragserteilung wie angeboten, durchgeführt werden kann.*)
3. Werden vom Auftraggeber bestimmte Qualitätsanforderungen gestellt, kann er auch angebotene Produkte akzeptieren, die für die Zertifizierung erfolgreich geprüft, für die aber die Zertifikate zum Zeitpunkt des Angebotes noch nicht ausgestellt sind.*)
VolltextIBRRS 2006, 0924
VK Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2005 - 2 VK 56/05
1. Gerade bei Ausschreibungen, bei denen es nicht um grundlegende technische Varianten geht, sondern bei denen ein Nebenangebot abgegeben wird, wenn anstelle des im Leistungsverzeichnis genannten Leitproduktes ein gleichartiges Produkt eines anderen Herstellers angeboten werden soll, werden zusätzliche Mindestanforderungen mehr Leerformel sein.*)
2. Rechtlich bedenklich ist, dass sich der Auftraggeber auf das Gebot der Mindestanforderungen im Sinne der EuGH-"Traunfellner"-Entscheidung beruft, um den Ausschluss eines preiswerteren Angebotes und seinen Vergabevorschlag zu rechtfertigen. Er allein hätte die Mindestanforderungen formulieren können.*)
3. Konzentriert sich die Problematik eines Nachprüfungsverfahrens auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazugehörigen Vergaberegeln, spricht im Allgemeinen mehr für die Annahme, dass der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren keines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf. Erschöpfen sich die aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darin, ob die Beteiligten das ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht beachtet haben, ist ein Kernbereich auftraggeberischer Tätigkeit betroffen, dessen Kenntnis und Bewertung auch einem Auftraggeber, welcher mehr oder weniger regelmäßig öffentliche Aufträge vergibt, grundsätzlich ohne anwaltlichen Beistand zumutbar ist.*)
VolltextIBRRS 2006, 0919
VK Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2005 - 2 VK 64/05
1. Wird der Ausschluss eines Angebotes wegen unvollständiger Produktangaben beantragt, so muss auch die Antragstellerin diesen Maßstab gegen sich gelten lassen.*)
2. Sind alle Angebote unvollständig, kann der Auftraggeber die Ausschreibung aufheben oder unter strikter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes das Vergabeverfahren fortführen. Dabei ist allen Bietern Gelegenheit zu geben, fehlende Nachweise und Erklärungen nachzureichen.*)
3. Der Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf Einsicht in die Vergabeakten und die Angebote der Konkurrenz hängt davon ab, dass der Beteiligte darlegt, dass mögliche Informationen für die Vertretung seiner Rechtsposition erforderlich sind. Im Übrigen hat der Schutz der Geschäftsgeheimnisse der Mitbieter Vorrang.*)
VolltextIBRRS 2006, 0861
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2006 - 11 Verg 16/05
1. Tochterunternehmen öffentlicher Auftraggeber unterfallen grundsätzlich ebenfalls dem Vergaberecht.
2. § 11 VOF regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen Bewerber von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen sind. Ein darüber hinausgehender zwingender Ausschluss formal unvollständiger Angebote würde dem Grundsatz der weitgehendfreien Verhandelbarkeit von Angeboten freiberuflicher Leistungen widersprechen.
3. Aus dem Gebot der Gleichbehandlung und Transparenz kann nicht abgeleitet werden, dass jedes unvollständige Angebot zwingend auszuschließen ist. Die anderslautende Rechtsprechung des BGH beruht auf den besonderen Regelungen in den §§ 21 und 25 VOB/A und kann deshalb nur in solchen Verfahren zur Anwendung kommen, die im Anwendungsbereich der VOB/A stattfinden.
4. Berechnet der Bieter zwei Positionen pauschal und berücksichtigt weitere Positionen pauschal in der Grundleistung Planung bzw. Bauüberwachung, so liegt keine zum Ausschluss führende Mischkalkulation vor.
5. Gibt der Auftraggeber die Vergabekriterien in der Bekanntmachung an, so bindet er sich für das weitere Vergabeverfahren selbst. Eine Abweichung von den Vorgaben ist dann - jedenfalls in erheblichem Umfang - nicht mehr möglich.
6. Die Eignungskriterien Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind nach Durchschreiten der Eignungsprüfung gem. §§ 10, 12 und 13 VOF für das abschließende Auswahlverfahren nach § 16 VOF verbraucht.
7. Es ist grundsätzlich unzulässig, wenn der Auftraggeber die Zahl der Referenzen über die von den Bietern anderen Kunden angebotenen Produkte nicht als Kriterium für die Prüfung der fachlichen Eignung, sondern als Zuschlagskriterium berücksichtigt.
8. Eine Rüge muss zum Ausdruck bringen, dass der Bieter dem Auftraggeber vor Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit zur Selbstkorrektur geben möchte. Ob dies in einer bloßen Anregung eines Verhandlungsgesprächs deutlich genug zum Ausdruck kommt, erscheint zweifelhaft.
9. Im Einzelfall kann eine Rüge noch unverzüglich sein, wenn sie innerhalb von 2 Wochen ab Kenntniserlangung erhoben wird. Dabei handelt es sich jedoch um eine Maximalfrist, deren Ausschöpfung nur bei extrem schwieriger Sach- und Rechtslage gerechtfertigt erscheinen kann.
10. Ist ein Auftrag nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten und ist darin ein zwingender Rahmen vorgesehen, darf der Preis nur innerhalb dieses Rahmens Berücksichtigung finden (§ 16 Abs. 2 Satz 2 VOF). Ein Angebot, dessen Preis sich nicht im durch die Gebühren- oder Honorarordnung vorgegebenen Rahmen hält, insbesondere unterhalb der vorgeschriebenen Mindestsätze liegt, darf nicht zum Zuge kommen, auch wenn es im übrigen die Zuschlagskriterien erfüllt.
IBRRS 2006, 0859
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2006 - 11 Verg 15/05
1. Tochterunternehmen öffentlicher Auftraggeber unterfallen grundsätzlich ebenfalls dem Vergaberecht.
2. § 11 VOF regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen Bewerber von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen sind. Ein darüber hinausgehender zwingender Ausschluss formal unvollständiger Angebote würde dem Grundsatz der weitgehendfreien Verhandelbarkeit von Angeboten freiberuflicher Leistungen widersprechen.
3. Aus dem Gebot der Gleichbehandlung und Transparenz kann nicht abgeleitet werden, dass jedes unvollständige Angebot zwingend auszuschließen ist. Die anderslautende Rechtsprechung des BGH beruht auf den besonderen Regelungen in den §§ 21 und 25 VOB/A und kann deshalb nur in solchen Verfahren zur Anwendung kommen, die im Anwendungsbereich der VOB/A stattfinden.
4. Berechnet der Bieter zwei Positionen pauschal und berücksichtigt weitere Positionen pauschal in der Grundleistung Planung bzw. Bauüberwachung, so liegt keine zum Ausschluss führende Mischkalkulation vor.
5. Gibt der Auftraggeber die Vergabekriterien in der Bekanntmachung an, so bindet er sich für das weitere Vergabeverfahren selbst. Eine Abweichung von den Vorgaben ist dann - jedenfalls in erheblichem Umfang - nicht mehr möglich.
6. Die Eignungskriterien Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind nach Durchschreiten der Eignungsprüfung gem. §§ 10, 12 und 13 VOF für das abschließende Auswahlverfahren nach § 16 VOF verbraucht.
7. Es ist grundsätzlich unzulässig, wenn der Auftraggeber die Zahl der Referenzen über die von den Bietern anderen Kunden angebotenen Produkte nicht als Kriterium für die Prüfung der fachlichen Eignung, sondern als Zuschlagskriterium berücksichtigt.
8. Eine Rüge muss zum Ausdruck bringen, dass der Bieter dem Auftraggeber vor Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit zur Selbstkorrektur geben möchte. Ob dies in einer bloßen Anregung eines Verhandlungsgesprächs deutlich genug zum Ausdruck kommt, erscheint zweifelhaft.
9. Im Einzelfall kann eine Rüge noch unverzüglich sein, wenn sie innerhalb von 2 Wochen ab Kenntniserlangung erhoben wird. Dabei handelt es sich jedoch um eine Maximalfrist, deren Ausschöpfung nur bei extrem schwieriger Sach- und Rechtslage gerechtfertigt erscheinen kann.
10. Ist ein Auftrag nach einer gesetzlichen Gebühren- oder Honorarordnung zu vergüten und ist darin ein zwingender Rahmen vorgesehen, darf der Preis nur innerhalb dieses Rahmens Berücksichtigung finden (§ 16 Abs. 2 Satz 2 VOF). Ein Angebot, dessen Preis sich nicht im durch die Gebühren- oder Honorarordnung vorgegebenen Rahmen hält, insbesondere unterhalb der vorgeschriebenen Mindestsätze liegt, darf nicht zum Zuge kommen, auch wenn es im übrigen die Zuschlagskriterien erfüllt.
IBRRS 2006, 0852
VK Brandenburg, Beschluss vom 21.09.2005 - 2 VK 54/05
1. Ist ein Bieter der Auffassung, dass die Leistungsanforderungen des Auftraggebers bezogen auf den Zweck der Maßnahme nicht optimal sind und das Vorhaben anders und preisgünstiger verwirklicht werden kann, hat er die Möglichkeit, neben oder auch anstelle des Hauptangebotes ein Nebenangebot abzugeben und bereits mit der Abgabe des Angebotes die technische Gleichwertigkeit darlegen.*)
2. Der dem Auftraggeber zustehende subjektive und objektive Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung der Gleichwertigkeit der Gebrauchstauglichkeit kann ihm nicht durch den Bieter genommen werden, selbst wenn dessen Vorschläge möglicherweise dem gedachten Verwendungszweck genauso gut oder besser dienen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0851
VK Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2005 - 2 VK 44/05
1. Durch das nicht bekannt gemachte, nachträgliche Einbeziehen von Umständen - hier der erhöhten Hygieneanforderungen wegen der mehrfachbehinderten Schüler - in die Bewertung der ohne diesen Hinweis erstellten Angebote benachteiligt die Auftraggeberin gerade die Bieter, die ihre Arbeitsstunden besonders sparsam an den von der Auftraggeberin mitgeteilten Regelwerken orientiert haben.*)
2. Zur Klarheit der Ausschreibung hätte beitragen können, wenn die Auftraggeberin schon darin ihre Mindestarbeitszeitkalkulation mitgeteilt und den Bietern die Möglichkeit eröffnet hätte, im Wege von Nebenangeboten auch geringere Arbeitszeiten mit dem gleichen Reinigungseffekt anzubieten.*)
VolltextIBRRS 2006, 0850
VK Brandenburg, Beschluss vom 09.08.2005 - 2 VK 38/05
1. Als geeigneter Nachweis für die gewerbsmäßige Tätigkeit auf einem bestimmten Gebiet kann bei Handwerksbetrieben die Eintragung in die Handwerksrolle angesehen werden, nicht aber für einen industriellen Betrieb die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer, sondern nur die Eintragung im Gewerbezentralregister.*)
2. Im Einzelnen ungenannte "erhebliche Zweifel" an der Zuverlässigkeit eines Bieters können den Ausschluss seines Angebotes gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A nicht rechtfertigen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0847
VK Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2005 - VK 20/05
1. Verlangt der Auftraggeber in der Ausschreibung die Nennung von Fabrikats- und Typenangaben und nennt der Bieter nur das Fabrikat und den Gegenstand, weil eine den Anforderungen entsprechende Sonderanfertigung angeboten wird, so sollte der Bieter in seinem Angebot diesen Sachverhalt erklären. Fehlt diese Erklärung, ist aber der Ausschluss des Angebotes nicht gerechtfertigt, wenn durch eine nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A zulässige Rückfrage der Grund für das Fehlen der Typenangabe geklärt werden kann.*)
2. Auch ein Fehler im Leistungsverzeichnis, der dazu führt, dass kein Bieter ein der Leistungsbeschreibung entsprechendes Angebot abgegeben hat, zwingt nicht zur Aufhebung der Ausschreibung, wenn es sich dabei um ein untergeordnetes Detail eines einzelnen Gerätes im Rahmen einer umfangreichen Ausschreibung handelt.*)
VolltextIBRRS 2006, 0846
VK Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2005 - VK 18/05
1. Hat sich der ursprüngliche Antrag auf Nachprüfung durch die Erteilung des Zuschlages, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder - wie hier - in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat, § 114 Abs. 2 GWB. Ein weitergehendes Feststellungsinteresse des Antragstellers - etwa um darauf einen Schadensersatzprozess gegen den Auftraggeber zu stützen - ist nicht erforderlich.*)
2. In dem Verzicht auf die Mitteilung nach § 13 VgV an die Bieter liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen die Regeln eines ordentlichen Vergabeverfahrens. Diese Benachrichtigung ist ein zentrales Element des Vergabeverfahrens, weil sie die Bieter über den Erfolg ihrer Beteiligung an dem Vergabeverfahren informiert und Grundlage für eine Prüfung ist, ob die Rechte eines Bieters im Vergabeverfahren verletzt worden sind.*)
VolltextIBRRS 2006, 0845
VK Thüringen, Beschluss vom 30.01.2006 - 360-4003.20-055/05-EF-S
Vermutet der öffentliche Auftraggeber einen unangemessen niedrigen Angebotspreis und ersucht er den Bieter daher um Erläuterung seiner Kalkulation, muss der Bieter die Anfrage des Auftraggebers widerspruchsfrei, nachvollziehbar und fristgerecht beantworten. Andernfalls ist das Angebot zwingend auszuschließen.
IBRRS 2006, 0838
VK Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2005 - VK 14/05
1. Die angebotenen Preise müssen wahre bzw. echte Preise sein, die vollständig, transparent und damit geeignet sein, die unterschiedlichen Angebote - nicht nur in der Endsumme, sondern auch nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 18.05.2004 - X ZB 7/04) in den Einzelpositionen - zu vergleichen. Davon kann ausgegangen werden, wenn die Preise auf einer Kalkulation beruhen, die die zur Erstellung der Leistung erforderlichen, tatsächlichen, ggf. individuell unterschiedlichen Kosten wiedergeben. Die Vergleichbarkeit der Preise verlangt nicht, dass alle Bieter die gleichen Kostenelemente berücksichtigen müssen. Vielmehr sollen im Wettbewerb alle Vorteile eines Bieters in Bezug auf die zu erstellende Leistung Berücksichtigung finden.*)
2. Von einer Mischkalkulation ist dann auszugehen, wenn die Einheitspreise zu einzelnen Positionen im Angebot des Bieters im Verhältnis zur geforderten Leistung teilweise unter- und an anderer Stelle überpreist sind, wie dies aus extrem niedrigen Einheitspreisen, aus nicht plausiblen, erheblichen Preisunterschieden bei gleichen oder ähnlichen Leistungsforderungen beim Bieter oder bei dem selben Nachunternehmer, aus gegenüber den Marktpreisen für gleichartige Leistungen deutlich überhöhten oder untersetzten Einheitspreisen oder gegenüber den Mitbietern deutlich überhöhten Preisen abgeleitet werden kann.*)
3. Für das Vorliegen einer Mischkalkulation ist der Auftraggeber darlegungspflichtig. Unmöglich und daher nicht erforderlich ist dagegen der Nachweis durch den Auftraggeber, wo die fehlenden Kosten in einer bestimmten Position in einer anderen "versteckt" sind. Der begründete Anschein einer Mischkalkulation erlegt dem Bieter aber eine höhere Erläuterungs- und Begründungspflicht auf. Voraussetzung für die Annahme einer Mischkalkulation ist jedoch nicht das Zugeständnis des Bieters, dass er seinem Angebot eine Mischkalkulation zugrunde gelegt hat.*)
4. Die Pflicht zur Aufklärung des genauen Inhaltes des Angebotes nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A beschränkt sich nicht auf den Verweis auf den angebotenen Gesamtpreis mit der Erklärung, dass der Bieter dazu stehe. Zu der gebotenen Erläuterung und Begründung der Einheitspreise reicht es nicht aus, auf im Allgemeinen Sinne plausible Umstände zu verweisen, sondern der Bieter muss seine Kalkulationsansätze offen legen und ggf. durch entsprechende Belege, einschließlich der Angebote der Nachunternehmer, oder Erklärungen glaubhaft machen.*)
VolltextIBRRS 2006, 0837
VK Hessen, Beschluss vom 24.10.2005 - 69d-VK-62/2005
1. Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass dem Antrag auf Aufhebung der Aufhebung der Ausschreibung stattgegeben werden kann, ist die Wertbarkeit des Angebots des Antragstellers. Hieran fehlt es, wenn sein Angebot wegen des Fehlens geforderter Erklärungen auszuschließen ist.*)
2. Ist im Leistungsverzeichnis die Angabe eines Typenbezeichnung verlangt, muss bei Fehlen dieser Angabe das Angebot nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst b) VOB/A ausgeschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn der geforderte Qualitätsstandard auch durch die detaillierten Vorgaben des Leistungsverzeichnisses definiert ist, exakte Typenangaben daher entbehrlich sind, denn die Vergabestelle hat diese exakten Angaben verlangt, um prüfen zu können, ob die angebotenen Produkte den ausgeschriebenen Erfordernissen gerecht werden.*)
VolltextIBRRS 2006, 0817
VK Hessen, Beschluss vom 24.11.2005 - 69d-VK-47/2005
1. Wird die Wertung der Teilnahmeanträge im Verfahren nach VOF nicht entsprechend der von der Vergabestelle selbst aufgestellten Kriterien durchgeführt, liegt ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 97 GWB in Verb. mit § 4 Abs. 2 VOF vor, durch welchen der Antragsteller in seinen Rechten verletzt wird.*)
2. Die von der Vergabestelle getroffene Auswahlentscheidung muss anhand des Vergabevermerks, der eingegangenen Bewerbungen und der vorliegenden Akten insgesamt nachvollziehbar sein. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen § 18 VOF sowie das vergaberechtliche Transparenzgebot vor, das den Antragsteller in seinem Anspruch aus § 97 Abs. 7 GWB auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren verletzt.*)
3. Die Vergabekammer darf nur diejenigen Maßnahmen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um den festgestellten Vergaberechtsverstoß zu beseitigen und die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens zu gewährleisten.*)
VolltextIBRRS 2006, 0816
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2006 - Verg 86/05
1. Gemäß § 117 Abs. 1 GWB beginnt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde mit der Zustellung der Entscheidung. Die vereinfachte Zustellung an einen Rechtsanwalt gemäß §§ 114 Abs. 3 S. 3, 61 GWB in Verbindung mit § 5 Abs. 2 VwZG erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem der Rechtsanwalt durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses den Willen äußert, das Schriftstück als zugestellt entgegen zu nehmen
2. Der unterliegende Antragsteller hat in entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO aus Gründen der Billigkeit die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen, wenn sich der Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zum Beigeladenen gestellt und der Beigeladene sich darüber hinaus aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat, indem er Anträge nebst Begründungen hierfür gestellt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
VolltextIBRRS 2006, 0815
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2006 - Verg 84/05
Für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Vergabekammerverfahren fällt zwar eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG an. Der Gebührenrahmen richtet sich jedoch nach Nr. 2401 VV RVG, wenn der Rechtsanwalt schon in dem vorausgegangenen Vergabeverfahren für den Mandanten tätig geworden ist.
VolltextIBRRS 2006, 0814
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.01.2006 - Verg 92/05
1. Die Eignung der Bewerber ist beim nicht offenen Verfahren vor der Angebotsabgabe zu prüfen.
2. Es ist vergaberechtlich zulässig, dass der öffentliche Auftraggeber mit der Bekanntmachung zum Beleg der Eignung der Bewerber von diesen den Nachweis der Eintragung im Handelsregister verlangt.
3. Die Fotokopie des Ausdrucks einer vom zuständigen Amtsgericht erstellten pdf-Datei des Handelsregisterblattes ist zwar als Beweismittel grundsätzlich geeignet, den Nachweis der Tatsache der Eintragung in das Handelsregister zu führen. Der Nachweis der Eintragung setzt aber voraus, dass sich aus der Fotokopie des Ausdrucks ergibt, dass der Bewerber unter seiner Firma im Handelsregister tatsächlich eingetragen ist.
VolltextIBRRS 2006, 0812
OLG Dresden, Urteil vom 27.01.2006 - 20 U 1873/05
1. Hat ein öffentlicher Auftraggeber Bauleistungen nach VOB/A öffentlich ausgeschrieben, sich dementsprechend als Adressaten der abzugebenden Angebote bezeichnet und einen Vertragsschluss im eigenen Namen angekündigt, so ist er für einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Vergabe auch dann der richtige Beklagte, wenn der Bauvertrag mit dem ausgewählten Bieter über das ausgeschriebene Vorhaben mit Wissen und Wollen des Auftraggebers im Namen eines Dritten geschlossen wird, der dem Auftraggeber intern für die Beschaffung der Bauleistung einzustehen hat.*)
2. Ein Auftraggeber kann sich gegenüber dem Schadensersatzanspruch eines Bieters nach Treu und Glauben nicht auf die Unvollständigkeit von dessen Angebot berufen, wenn er dieses Angebot von einem konkurrierenden Mitbieter hat ausführen lassen, der seinerseits in der Angebotsfrist ein der tatsächlichen Leistung nicht entsprechendes Angebot abgegeben hatte und dessen nachgereichtes Angebot jedenfalls z. T. an den nämlichen formalen Mängeln leidet wie die Offerte des unberücksichtigt gebliebenen Bieters.*)
VolltextIBRRS 2006, 0811
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.01.2006 - Verg 93/05
1. Die Kampfmittelbeseitigung stellt einen Dienstleistungsauftrag dar, soweit nicht konkrete Bauvorhaben, bezüglich deren Ausführung oder Planung die ausgeschriebenen Kampfmittelräumungsmaßnahmen gleichzeitig erfolgen sollen, vorliegen.
2. Kann ein Bieter - als newcomer - mit dem Teilnahmeantrag geforderte Eignungsnachweise nicht vorlegen, ist der Teilnahmeantrag zwingend auszuschließen.
3. Fordert der Auftraggeber Referenzen über durchgeführte vergleichbare Leistungen, genügt die Angabe von Rahmenverträgen als Referenz nicht. Allein der Abschluss von Rahmenverträgen belegt nicht, dass ein Bieter über die notwendige Fachkunde, Erfahrung und Zuverlässigkeit zur Ausführung von konkreten ausgeschriebenen Aufträgen verfügt.
VolltextIBRRS 2006, 0810
VK Thüringen, Beschluss vom 03.03.2006 - 360-4002.20-004/06-ABG
1. Die Angabe von unverbindlichen Richtpreisen anstelle von geforderten festen Einheitspreisen bedeutet eine unzulässige Änderung an den Verdingungsunterlagen und führt zum zwingenden Ausschluss des Angebots.
2. Fehlende Fabrikatsangaben führen trotz Nennung von Leitfabrikaten und der Klausel, dass dann, wenn der Bieter keine Fabrikatsangabe macht, das Leitfabrikat als angeboten gilt, zum zwingenden Ausschluss des Angebots.
VolltextIBRRS 2006, 0795
OLG Schleswig, Beschluss vom 10.03.2006 - 1 (6) Verg 13/05
1. Die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB und (damit) der Zugang zum vergaberechtlichen Primärrechtsschutz entfällt nur, wenn eindeutige und zwingende Ausschlussgründe vorliegen, die die Chance auf Zuschlagserteilung zunichte machen.
2. Ein Prüfzeugnis kann auch nachgereicht werden, weil damit gemäß § 24 VOB/A nur aufgeklärt wird, ob das angebotene Produkt die Anforderungen der DIN EN 1317-2 erfüllt. Der Angebotsinhalt wie auch der Bieterwettbewerb werden dadurch nicht nachträglich verändert.
3. Grundsätzlich gilt, dass ein Angebot ohne die (geforderte) Angabe, in welchem Umfang Leistungen an Nachunternehmer vergeben werden sollen, nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A entspricht und deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A auf der ersten Stufe aus der Angebotswertung auszuschließen ist.
4. Allein die fehlende Angabe von Leistungsbereichen und Ordnungsziffern in der Nachunternehmererklärung begründet keinen Ausschlussgrund, wenn eine hinreichend klare gegenständliche Zuordnung der “schlagwortartig” bezeichneten Nachunternehmerleistungen möglich ist.
5. Die - im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A "geforderten" - Erklärungen sind solche, die für eine wettbewerbliche und transparente Angebotswertung und Vergabeentscheidung erforderlich sind. Die Erklärungen der Bieter sind insofern kein Selbstzweck, sondern Wettbewerbshandeln. Dementsprechend greift die "scharfe" Sanktion eines zwingenden Angebotsausschlusses nur beim Fehlen solcher Erklärungen oder Erklärungsteile, die kalkulationserheblich sind und sich im Wettbewerb auswirken.
6. Ob eine “geforderte Erklärung” so, wie sie von der Vergabestelle für einen transparenten und dem Gleichbehandlungsgebot entsprechenden Angebotsvergleich benötigt wird, abgegeben worden ist, ist inhaltlich danach zu prüfen, ob die Vergabestelle sich über die Erfüllung der maßgeblichen Kriterien der Vergabeentscheidung hinreichende Gewissheit verschaffen kann. Daraus folgt, dass sich die Anwendung der § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3, § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A nicht darin erschöpfen kann, eine schematische "Vollständigkeitskontrolle" der Bietererklärungen vorzunehmen.
7. Im Fall einer Nachunternehmererklärung geht es der Vergabestelle um die Gewinnung von Grundlagen zur Beurteilung der Eignung und der Zuverlässigkeit des Bieters (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A), weiter kann es um die Feststellung der "Selbstausführungsquote" (vgl. § 4 Nr. 8 Abs. 1 S. 1 VOB/B) und der Wirtschaftlichkeit des Angebots i. S. d. § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A gehen. Werden diese Anforderungen erfüllt, sind verbleibende geringfügige Unschärfen in der Nachunternehmererklärung hinzunehmen, soweit sie nicht wesentliche Teilleistungen betreffen. Ansonsten geriete die Angebotsprüfung zu einem "überspitzten Formalismus, der dem Wettbewerb nicht dienlich" ist.
VolltextIBRRS 2006, 0765
OLG Naumburg, Beschluss vom 02.03.2006 - 1 Verg 1/06
1. Zur Zulässigkeit eines Feststellungsantrages nach endgültiger Abstandnahme des öffentlichen Auftraggebers von der Vergabe eines Dienstleistungsauftrages (hier: bei ursprünglicher Absicht einer Direktvergabe).*)
2.1. Auch in Fällen der Nichtbeachtung einer vermeintlichen Ausschreibungspflicht besteht grundsätzlich die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Eine Rüge kann ausnahmsweise auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls entbehrlich sein.*)
2.2. Eine Rügeobliegenheit kann frühestens mit dem Begehen des Vergaberechtsverstoßes entstehen, d.h. mit einer Willensäußerung des öffentlichen Auftraggebers, die Rechtswirkungen entfalten kann (hier: Beschluss der Verbandsversammlung eines Zweckverbandes).*)
2.3. Zur Unverzüglichkeit einer Rüge innerhalb von vier Werktagen ab Kenntnis vom Verbandsversammlungsbeschluss.*)
3. Der Abschluss einer Zweckvereinbarung zwischen zwei Abwasserzweckverbänden, der auf eine mandatierende Übertragung der kaufmännischen und technischen Betriebsführung der Abwasserbeseitigung gerichtet ist, unterfällt nach bislang einhelliger Rechtsprechung der Ausschreibungspflicht im Verfahren nach §§ 97 ff GWB.*)
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