Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
IBRRS 2005, 2846VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.07.2005 - 1 VK 39/05
1. Ein unvollständig Hauptangebot ist nicht auszuschließen, wenn die Unvollständigkeit auf unzureichende Auskünfte der Vergabestelle zurückzuführen ist.
2. Erbitten Bieter zusätzliche Auskünfte gem. § 17 Nr. 7 VOB/A, so sind diese nicht nur unverzüglich, sondern auch vollständig zu erteilen.
VolltextIBRRS 2005, 2844
VK Brandenburg, Beschluss vom 10.09.2004 - VK 39/04
1. Eine juristische Person des Privatrechts (GmbH), deren Alleingesellschafter ebenfalls eine juristische Person des Privatrechts ist, ist kein öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 BWG, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht ein Krankenhaus betreibt und nur in ganz untergeordnetem Umfang öffentliche Mittel zur Finanzierung erhält (weniger als 1 % der Gesamtfinanzierung). Sie ist jedoch öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 5 GWB, wenn sie für die Errichtung/Sanierung eines Krankenhauses Fördermittel von über 90 % vom Land erhält.*)
2. Ein Antragsteller hat kein Interesse am Auftrag und ihm fehlt damit die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB, wenn er nach seiner Ansicht bereits über den Zuschlag für den ausgeschriebenen Auftrag verfügt und ein Angebot nur eingereicht hat, um formal am Ausschreibungsverfahren beteiligt zu sein und aus dieser Position heraus ein Nachprüfungsverfahren einleiten zu können. Der Erhalt des Zuschlages im Rahmen der neuen Ausschreibung wird nicht erstrebt, sondern die Vergabe soll verhindert werden. Das ist kein zulässiges Ziel eines Nachprüfungsverfahrens.*)
VolltextIBRRS 2005, 2843
VK Brandenburg, Beschluss vom 21.07.2004 - VK 35/04; VK 38/04
1. Briefkastenfirmen entfalten am Ort ihrer Niederlassung keine eigene Geschäftstätigkeit; die Eignung kann bei einer Briefkastenfirma nicht bejaht werden, wenn nach den zusätzlichen Vertragsbedingungen die Durchführung im eigenen Betrieb gefordert wird.*)
2. Die "Nähe zur Schule" ist kein geeignetes Zuschlagskriterium, da ihre Berücksichtigung eine lokale Beschränkung des Wettbewerbs und somit einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot darstellt.*)
3. Bei wirtschaftlich gleichen Angeboten bietet sich das Losverfahren an.*)
4. Der Anspruch auf Akteneinsicht beinhaltet grundsätzlich keinen Anspruch auf Aktenversendung.*)
VolltextIBRRS 2005, 2842
VK Brandenburg, Beschluss vom 30.08.2004 - VK 34/04
1. Die Beteiligung eines Privatunternehmens an einem gemischwirtschaftlichen Unternehmen ist ausschreibungspflichtig, wenn ein Bezug zur Beschaffung von Leistungen durch einen an diesem Unternehmen beteiligten öffentlichen Auftraggeber besteht, insbesondere die Gründung zu dem Zweck erfolgt, Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber zu erbringen.*)
2. Der auf Aufhebung der Aufhebung der Ausschreibung gerichtete Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Auftraggeber seinen unabänderlichen Willen zum Ausdruck gebracht hat, den ausgeschriebenen Auftrag endgültig nicht mehr zu vergeben.*)
3. Die Anordnung einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens mit dem Ziel einer Zuschlagserteilung kommt bei einer Scheinaufhebung in Betracht, ebenso wenn der Auftraggeber zu Unrecht das Vorliegen mindestens eines ordnungsgemäßen Angebotes verneint hat.*)
4. Ein Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war, ist begründet, wenn im Verhandlungsverfahren die Aufhebungsentscheidung gegen den Wettbewerbsgrundsatz, das Gleichbehandlungsgebot oder das Transparenzgebot verstößt.*)
VolltextIBRRS 2005, 2839
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 08.09.2005 - Rs. C-331/04
1. Die Artikel 36 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG und 34 Absatz 2 der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG verpflichten die Vergabestelle, in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen die Zuschlagskriterien detailliert anzugeben, ohne dass die Vergabekommission befugt wäre, andere Maßnahmen als die Anwendung dieser Kriterien vorzunehmen, da ihr auch vor der Öffnung der Umschläge mit den Angeboten jede Einführung neuer Kriterien verboten ist.*)
2. Erweist es sich als unmöglich, solche Kriterien in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen in absteigender Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung zu bestimmen, erlauben es die genannten Vorschriften der Vergabekommission nicht, dies nachträglich zu tun; sie darf dies auch nicht vor der Öffnung der Umschläge, weil sie sich keine Vorschriften geben darf, um diesen Eingriff zu regeln, und die ursprüngliche Punktevergabe nicht zwischen den verschiedenen Kriterien umverteilen und entsprechend ihrem jeweiligen Wert ordnen darf.*)
VolltextIBRRS 2005, 2838
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 08.09.2005 - Rs. C-226/04; Rs. C-228/04
1. Der in der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG verwendete Ausdruck "seine Verpflichtungen erfüllen" kann dahin ausgelegt werden, dass er so viel bedeutet wie "essere in regola con" seinen Verpflichtungen ["nachkommen"], wie es in der italienischen Umsetzungsvorschrift heißt, da beide Formulierungen denselben Sinn haben.*)
2. Der Ausdruck "seine Verpflichtungen erfüllen" im Sinne von Artikel 29 Buchstaben e und f der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ist dahin auszulegen, dass er die tatsächliche Erfüllung der betreffenden Zahlungsverpflichtungen erfordert, deren Höhe und Fälligkeit sich nach dem nationalen Recht bestimmen, und einer nationalen Vorschrift oder einer Auslegung der nationalen Vorschriften nicht entgegensteht, wonach bei einem Unternehmen, das einen administrativen oder gerichtlichen Rechtsbehelf eingelegt hat, bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung davon auszugehen ist, dass es seine Verpflichtungen erfüllt hat.*)
3. Ein Unternehmen kann bis zum Ablauf der Frist für den Antrag auf Teilnahme an einem Vergabeverfahren nachweisen, dass es die qualitativen Auswahlkriterien für eine Auftragsvergabe gemäß Artikel 29 Buchstaben e und f der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG erfüllt, es sei denn, dass der Auftraggeber die Erfüllung der Auswahlkriterien und die Angebote der Bewerber gleichzeitig prüft, wobei in diesem Fall die anwendbare Frist die für die Einreichung der Angebote ist.*)
VolltextIBRRS 2005, 2835
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.06.2005 - 11 Verg 9/05
Die Entscheidung der Vergabekammer über eine beantragte Beiladung ist unanfechtbar.
VolltextIBRRS 2005, 2823
OLG Naumburg, Beschluss vom 22.09.2005 - 1 Verg 7/05
1. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen kann nicht durch Angaben eines Bieters zu den Grundlagen seiner Preisermittlung, die keinen Niederschlag im Angebotstext finden, bewirkt werden.*)
2. Ob eine Preisangabe wegen Verlagerung von Preisbestandteilen in eine oder mehrere andere Leistungspositionen unvollständig ist, beurteilt sich nach der internen Preisermittlung des jeweiligen Bieters und ist mithin durch einen Vergleich der Einheitspreisangaben mit den Angaben des Bieters in seiner Kalkulation sowie zur Erläuterung der Grundlagen seiner Preisbildung festzustellen.*)
3. Der Nachweis der Unvollständigkeit eines Angebots ist auch hinsichtlich des Vorliegens von Preisangaben mit Preisverlagerung von der Vergabestelle zu führen, die sich auf das Vorliegen eines zwingenden Ausschlussgrundes nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A beruft.*)
4. Soweit sich aus auffällig hohen bzw. auffällig niedrigen Einheitspreisen im Angebot eines Bieters mit einiger Wahrscheinlichkeit konkrete Vertragsrisiken feststellen lassen, z.Bsp. das Risiko einer nicht einwandfreien Ausführung der Leistung bzw. ein erhöhtes Nachtrags- bzw. Betriebs- und Folgekostenrisiko, kann dies im Rahmen der inhaltlichen Bewertung der Angebote in der dritten und vierten Wertungsstufe Berücksichtigung finden.*)
VolltextIBRRS 2005, 2822
OLG Naumburg, Beschluss vom 22.09.2005 - 1 Verg 8/05
1. Die Ermessensentscheidung über den Ausschluss wegen Verweigerung der Mitwirkung an der Angebotsaufklärung nach § 24 Nr. 2 VOB/A kann grundsätzlich nicht von der Nachprüfungsinstanz getroffen werden.*)
2. Ein Aufklärungsverlangen hinsichtlich der Grundlagen der Preisermittlung eines Bieters ist - insbesondere unter Berücksichtigung des im Vergabeverfahren geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - zulässig, wenn das Angebot inhaltlich bewertet wird und die Vergabestelle einem für die Vergabeentscheidung erheblichen Informationsbedürfnis, d.h. einem im Zusammenhang mit einem konkreten Ausschlussgrund bzw. mit der Prüfung eines zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriteriums stehenden Informationsbedürfnis folgt, wenn die geforderten Angaben geeignet sind, dieses Informationsbedürfnis der Vergabestelle zu befriedigen, und wenn der Vergabestelle die Erlangung dieser Informationen auf einfachere Weise nicht möglich ist, § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A.*)
VolltextIBRRS 2005, 2821
OLG Naumburg, Beschluss vom 08.09.2005 - 1 Verg 10/05
1. Ein Unternehmen besitzt nicht schon dann Kenntnis i.S.v. § 107 Abs. 1 Satz 3 GWB von einer ggf. vergaberechtswidrigen Auswahl eines konkurrierenden Bewerbers als Bieter im Verhandlungsverfahren, wenn es nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbes die Namen der ausgewählten Bieter erfährt und die Möglichkeit gehabt hätte, durch Einholung einer Auskunft beim Handelsregister bzw. bei einer Wirtschaftsauskunftei die Umstände zu ermitteln, auf die es seine spätere Rüge mangelnder Eignung dieses Bewerbers stützt.*)
2. Einem Bieter, der wegen unvollständiger Bewerbungsunterlagen bereits nicht am Verhandlungsverfahren hätte beteiligt werden dürfen und dessen Angebot im Verhandlungsverfahren bereits zwingend von der weiteren Wertung hätte ausgeschlossen werden müssen, fehlt es an einer Antragsbefugnis i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB im Hinblick auf eine vermeintlich vergaberechtswidrige Wertung des Angebots eines konkurrierenden Bieters, weil ihm hieraus kein Schaden entstanden sein bzw. auch kein Schaden drohen kann.*)
3. Wird im Verhandlungsverfahren in einer Verhandlungsrunde von den Bietern die Abgabe eines Angebotes innerhalb einer fest bestimmten Frist und zugleich zwingend verlangt, mit dem Angebot eine bestimmte Erklärung bzw. eine Vertragsunterlage vorzulegen (hier: Vorlage des Entwurfes eines Forfaitierungsvertrages im Rahmen einer Ausschreibung eines Bauvorhabens mit privater Vorfinanzierung), so ist ein Angebot, welches einen solchen Vertragsentwurf nicht enthält, nach § 25 Nr. 7 i.V.m. Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A zwingend von der weiteren Verhandlung und Wertung auszuschließen.*)
VolltextIBRRS 2005, 2800
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.08.2005 - VgK-33/2005
1. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden. Es ist nicht erforderlich, dass ein Antragsteller auch schlüssig dargelegt, dass er bei vergabekonformem Verhalten des Auftraggebers den Zuschlag auch tatsächlich erhalten hätte.
2. Angesichts der Obliegenheit, im Vergabeverfahren erkannte Verstöße stets unverzüglich zu rügen, ist es üblich und nicht gleichsam rechtsmissbräuchlich, parallel zu einer Rüge - soweit möglich - ein Angebot zu erstellen und einzureichen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller in diesem Verfahrensstadium nicht absehen kann, ob ihre Rügen in einem etwaigen Vergabenachprüfungsverfahren Bestätigung finden werden. Ein Antragsteller dokumentiert mit der Abgabe eines bedingungslosen Angebotes also nicht, dass er mit der Ausschreibung einverstanden ist.
3. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Ausreichend für die positive Kenntnis eines Mangels im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist bereits das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf die Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen erlaubt und es bei vernünftiger Betrachtung gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
4. Zu der Frage, wann eine funktionale Ausschreibung zulässig ist.
5. Zu den Voraussetzungen einer Pauschalpreisvereinbarung.
6. Eine transparente und den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes genügende Wertung technischer Nebenangebote wird bereits dadurch gewährleistet, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen gemäß § 9 Nr. 1 VOB/A die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben und gemäß § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A alle für eine einwandfreie Preisermittlung relevanten Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben hat. Die damit zwingend vorgegebene Bekanntmachung und Definition von Eckpunkten des Auftragsgegenstandes bietet bereits eine hinreichende Grundlage für die Wertung von Nebenangeboten, zumal der Bieter nach inzwischen einhelliger Rechtsprechung verpflichtet ist, die Gleichwertigkeit seiner Nebenangebote nachzuweisen.
7. Im Fall einer funktionalen Ausschreibung mit der Intention, das Know-how und die Kreativität der Bieterfirmen für das zu errichtende Brückenbauwerk auszuschöpfen, unterliegen bereits die abzugebenden Hauptangebote einer Situation, die sich sonst im Falle eines Amtsentwurfs für die dabei zugelassenen Nebenangebote ergibt. Bleibt damit also bereits offen, ob überhaupt Raum für die in der Ausschreibung zugelassenen Nebenangebote besteht, ist es unverzichtbar, dass Mindestbedingungen für die Wertung von Nebenangeboten formuliert werden. Es reicht insoweit nicht aus, dass der Auftraggeber für die Nebenangebote auf die gleichen Vorbedingungen technischer und sonstiger Art verweist, die für das Hauptangebot gelten würden. Die Bieter dürfen angesichts der vorliegenden funktionalen Ausschreibung für etwaige Nebenangebote von der Auftraggeberin nicht auf das Gesamtkonzept der Ausschreibung verwiesen werden.
VolltextIBRRS 2005, 2799
VK Thüringen, Beschluss vom 23.09.2005 - 360-4002.20-007/05-NDH
1. Der Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Feststellungsinteresse voraus, das insbesondere in Bezug auf Schadensersatzansprüche oder wegen einer konkreten Wiederholungsgefahr bestehen kann.
2. Die von den Bewerbern geforderten Angaben zum Nachweis der Eignung müssen bereits in der Bekanntmachung erfolgen; eine nachträgliche Forderung durch die Vergabestelle, z.B in den Verdingungsunterlagen, ist nicht zulässig und führt bei Nichtvorlage mit dem Angebot nicht zum Ausschluss.
3. Die Verwendung eigener Formulare durch den Bieter an Stelle der Formulare des Auftraggebers ohne inhaltliche Änderung stellt keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
4. Gibt es keine Zweifel an unangemessen niedrigen Angebotspositionen, ist der Nachweis, dass keine Mischkalkulation vorliegt, Sache des Bieters.
5. Dem Bieter müssen im Vorfeld des Bietergespräches zu einer sachgemäßen Vorbereitung die Themen des Bietergesprächs mitgeteilt werden.
VolltextIBRRS 2005, 2791
VK Bund, Beschluss vom 21.07.2005 - VK 3-61/05
1. Enthält ein Angebot widersprüchliche Preisangaben, so dass für den Auftraggeber der tatsächlich gewollte Preis nicht erkennbar ist, ist dies dem Fehlen von Preisangaben gleichzustellen, da wegen der Nichterkennbarkeit des tatsächlich gewollten Preises eine vergleichende Wertung mit anderen Angeboten nicht möglich ist.
2. Die Aufklärung von widersprüchlichen Preisangaben kann nicht Gegenstand einer zulässigen Nachverhandlung gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A sein.
VolltextIBRRS 2005, 2790
VK Bund, Beschluss vom 12.07.2005 - VK 3-67/05
1. Ein (möglicher) Schaden einer antragstellenden Bietergemeinschaft kann nicht daraus hergeleitet werden, dass sich die einzelnen Mitglieder dieser Bietergemeinschaft bei einem kleineren Loszuschnitt allein um den Auftrag hätten bewerben können, wenn die einzelnen Mitglieder der Bietergemeinschaft nicht Antragsteller sind.
2. § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A bzw. der insoweit gleichlautende § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A haben grundsätzlich keine bieterschützende Wirkung.
VolltextIBRRS 2005, 2770
OLG Naumburg, Beschluss vom 05.08.2005 - 1 Verg 7/05
Eine Ausschlussentscheidung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A erfordert die Feststellung unvollständiger Preisangaben durch die Vergabestelle, die insoweit nachweispflichtig ist.
VolltextIBRRS 2005, 2769
VK Hessen, Beschluss vom 26.01.2005 - 69d-VK-96/2004
1. Einem Unternehmen, das kein eigenes Angebot abgegeben hat, sondern nur zusammen mit anderen Unternehmen im Rahmen einer Bietergemeinschaft, fehlt die Antragsbefugnis für die Stellung eines Nachprüfungsantrags im eigenen Namen, auch wenn sein Begehren sich auf die Erteilung des Auftrags nicht an sich, sondern an die Bietergemeinschaft richtet (Abweichung von OLG Hamburg, B. v. 10.10.2003 - 1 Verg 2/03). Für ein eigenes Antragsrecht eines jeden einzelnen Mitglieds einer Bietergemeinschaft besteht keine Notwendigkeit und Rechtfertigung.*)
2. Rügen, die von den (späteren) Mitgliedern einer Bietergemeinschaft erhoben wurden, bevor diese gebildet war, wachsen dieser nicht „automatisch“ zu. Vielmehr muss die Bietergemeinschaft sich die von den Einzelmitgliedern erhobenen Rügen gegenüber der Vergabestelle ausdrücklich zu eigen machen und die Rügen konkret bezeichnen, die sie nunmehr als eigene weiterhin aufrechterhalten will.*)
3. Wird das Angebot einer Bietergemeinschaft nicht von allen Mitgliedern unterschrieben, sondern nur von einzelnen Mitgliedern als Vertreter der Bietergemeinschaft, so muss dem Angebot eine eindeutige Vollmacht aller Mitglieder beiliegen.*)
4. Fordert die Vergabestelle die Bieter unter Fristsetzung dazu auf, einer Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, so führt die nicht eindeutige und in sich widersprüchliche Erklärung eines Bieters zum Erlöschen seines Angebots.*)
5. Die Regelung des § 112 Abs. 1 S. 3 GWB (Entscheidung nach Lage der Akten) ist auch anwendbar, wenn z.B. wegen des Vorliegens zwingender Ausschlussgründe der Nachprüfungsantrag keinerlei Erfolg haben kann und daher in Ansehung der aktuellen Rechtsprechung zur Antragsbefugnis nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückzuweisen wäre.*)
VolltextIBRRS 2005, 2768
VK Hessen, Beschluss vom 10.01.2005 - 69d-VK-96/2004
1. Für einen Antrag nach § 115 Abs.3 GWB, der allein darauf gerichtet ist, zu verhindern, dass die für eine Übergangszeit zu erbringende Leistung auf diejenigen Bieter übertragen wird, die nach der (im Hauptsacheverfahren angegriffenen) Zuschlagsentscheidung den Auftrag erhalten sollen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.*)
2. Die Durchführung des freigestellten Schülerverkehrs/ Behindertenfahrdienst liegt generell im Allgemeininteresse.*)
3. Die von der Antragstellerin behauptete fehlende Eignung der für den Auftrag/ Zuschlag und für die Leistungserbringung in der Übergangszeit ausgewählten Bieter kann nicht Gegenstand der Prüfung im Eilverfahren nach § 115 Abs. 3 GWB sein, sondern bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.*)
4. Es gibt keinen Anspruch desjenigen Bieters (= Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren), der die Leistung bisher erbracht hat, mit der vorläufigen Erbringung der ausgeschriebenen Leistung für eine Übergangszeit beauftragt zu werden.*)
5. Eine etwaige (nach der Behauptung der Antragstellerin zu erwartende) Schlechterfüllung der Übergangsleistung durch die vorläufig beauftragten Unternehmen ist nicht geeignet, sich nachteilig auf die Rechtsstellung der Antragstellerin im Primärrechtsschutzverfahren der Hauptsache auszuwirken.*)
6. Der Auftraggeber hat zur Vermeidung einer „Aushöhlung“ des zu vergebenden Auftrags die Dauer der Übergangslösung auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.*)
VolltextIBRRS 2005, 2767
VK Hessen, Beschluss vom 07.10.2004 - 69d-VK-60/2004
1. Fehlende Erklärungen (hier: Typangaben) führen zwingend zum Ausschluss des Angebots (BGH, Beschlüsse v. 18.02.2003 - X ZB 43/02 und v. 18.05.2004 - X ZB 7/04).*)
2. Dieselbe Eintragung eines Bieters als „Typangabe“, die zu verschiedenen Positionen und zu unterschiedlichen Gegenständen des Leistungsverzeichnisses vorgenommen wird und lediglich das Programm oder System, nicht aber das angebotene Produkt selbst konkret bezeichnet, erfüllt nicht die Anforderung nach Angabe des Typs.*)
3. Für das Verständnis von Bieterangaben ist auf den „objektiven Empfängerhorizont“ aus der Sicht der Vergabestelle abzustellen. Es ist Sache des Bieters, eindeutige und vollständige Angaben zu machen. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sich seinerseits so lange um Aufklärung zu bemühen, bis alle Zweifel oder Unklarheiten ausgeräumt sind.*)
4. Es liegt kein Verstoß gegen das Nachverhandlungsverbot vor, wenn die Vergabestelle in einem Verhandlungsverfahren, in dem nur mangelhafte und zwingend auszuschließende Angebote abgegeben wurden, allen Bietern die Möglichkeit der Mängelbehebung einräumt und dann das Verhandlungsverfahren fortsetzt, anstatt es formal zu beenden und erneut einzuleiten.*)
5. Eine zulässige Aufklärung nach § 24 VOB/A bedeutet nicht, dass die Vergabestelle sich ausschließlich an den Bieter wenden muss; sie kann im Einzelfall auch andere Erkenntnisquellen nutzen (hier: direkte Nachfrage beim Hersteller des vom Bieter angegebenen Produkts).*)
6. Dokumentationsmängel führen nicht „per se“ zu einer Verletzung subjektiver Bieterrechte. Sie ist ausreichend, wenn sie sich mit allen wesentlichen (Wertungs-) Aspekten nachvollziehbar auseinandersetzt, auch wenn sie diese nicht in „größtmöglicher Vollkommenheit“ darstellt.*)
VolltextIBRRS 2005, 2766
VK Hessen, Beschluss vom 30.05.2005 - 69d-VK-10/2005
1. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A hat grundsätzlich keine Bieter schützende Wirkung. Die Regelung entfaltet eine Bieter schützende Wirkung jedoch ausnahmsweise, wenn ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis den Bieter im konkreten Einzelfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht erfüllen kann, oder wenn es in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, dass ein oder mehrere Mitbewerber vom Markt ganz – und nicht nur aus der einzelnen Auftragsvergabe – verdrängt werden.*)
2. § 121 Abs. 1 und 8 HGO ist eine Bieter schützende Vorschrift. Die Regelung soll Drittschutzwirkung für private Anbieter entfalten und diese in die Lage versetzen, die Verletzung eigener Rechte geltend zu machen.*)
3. Zweck des § 121 Abs. 1 und 8 HGO ist der Schutz privater Mitbieter vor einem öffentliche subventionierten Wettbewerb kommunaler Unternehmen, nicht der Schutz vor einem Wettbewerb kommunaler Unternehmen schlechthin.*)
VolltextIBRRS 2005, 2765
VK Hessen, Beschluss vom 14.02.2005 - 69d-VK-90/2004
1. Die Antragsbefugnis und damit die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags werden nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Angebot des Antragstellers möglicherweise wegen eines vorhandenen Ausschlussgrundes nicht gewertet wird.*)
2. Erklärungen über „Zuwendungen der öffentlichen Hand“, die ein Bieter mit dem Angebot abzugeben hat, sind preisrelevante Angaben. Fehlen sie, ist das Angebot wegen Fehlens wesentlicher Preisangaben von der Wertung auszuschließen.*)
3. Ein Angebot ist auch dann von der Wertung auszuschließen, wenn die fehlenden Preisangaben noch vor dem Eröffnungstermin nachgereicht werden. Entscheidend ist die bloße Möglichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung.*)
VolltextIBRRS 2005, 2764
VK Hessen, Beschluss vom 30.05.2005 - 69d-VK-16/2005
1. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A hat grundsätzlich keine Bieter schützende Wirkung. Die Regelung entfaltet eine Bieter schützende Wirkung jedoch ausnahmsweise, wenn ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis den Bieter im konkreten Einzelfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, so dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht erfüllen kann, oder wenn es in der zielgerichteten Absicht abgegeben wird oder zumindest die Gefahr begründet, dass ein oder mehrere Mitbewerber vom Markt ganz – und nicht nur aus der einzelnen Auftragsvergabe – verdrängt werden.*)
2. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Angebotspreis unangemessen niedrig ist, ist nicht das Verhältnis des günstigsten Angebots zu den Preisen der Mitbewerber, sondern das Verhältnis zwischen Preis und angebotener Leistung unter Berücksichtigung der konkreten Angebotssituation.*)
VolltextIBRRS 2005, 2763
VK Bund, Beschluss vom 06.06.2005 - VK 3-43/05
1. Änderungen an den Verdingungsunterlagen sind gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A unzulässig. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn das Angebot eines Bieters nicht deckungsgleich mit der Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers ist, zu welchen Bedingungen er einen Vertrag abschließen möchte; der ausgeschriebene Vertrag kann durch den Zuschlag dann nämlich nicht so wie von dem Auftraggeber nachgefragt zustande kommen.
2. Ein transparentes und auf Gleichbehandlung bedachtes Vergabeverfahren i.S.d. § 97 Abs. 1, 2 GWB, § 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2, § 8 Nr. 1 VOB/A ist nämlich nur zu erreichen, wenn ausschließlich solche Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbar sind. Dementsprechend muss ein Angebot nicht erst dann zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden, wenn es tatsächlich bzw. im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Vielmehr zwingt jede Abweichung von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen zum Ausschluss des betreffenden Angebots, ohne Rücksicht auf die wettbewerbliche Relevanz der in Rede stehenden Abweichung oder Änderung von den Verdingungsunterlagen.
3. Ein Angebot ist von der Wertung auszuschließen, wenn es die vom Auftraggeber erbetenen Preisangaben nicht enthält. In einem solchen Fall hat der Ausschluss des betreffenden Angebots zwingend und unabhängig davon zu erfolgen, ob der Bieter auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist, da anderenfalls ein transparenter und chancengleicher Bieterwettbewerb nicht möglich ist.
4. Ist das Angebot des Antragstellers zwingend auszuschließen, kann der Fortgang des Vergabeverfahrens seine Interessen nicht mehr berühren und er kann auch nicht durch eine etwaige Nichtbeachtung von Vorschriften der VOB/A durch den Auftraggeber in seinen Rechten nach § 107 Abs. 2, § 114 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 7 GWB verletzt werden Der ASt hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens - unabhängig davon, ob das Angebot des Beigeladenen nach vergabeverfahrensrechtlichen Grundsätzen ebenfalls hätte ausgeschlossen werden müssen oder sonstige Vergabefehler vorliegen.
5. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beigeladenen aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO analog)wenn sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu dem Beigeladenen gestellt hat, indem er sein Nachprüfungsbegehren darauf stützt, dass der Beigeladene ungeeignet und die Wertung dessen Angebots vergabefehlerhaft erfolgt sei und die erforderliche weitere Voraussetzung für die Erstattungspflicht der Auslagen des Beigeladenen nicht erfüllt ist, weil dieser sich nicht aktiv durch die Stellung von Anträgen - am Nachprüfungsverfahren beteiligt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
6. Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten ist erforderlich, um eine erforderliche "Waffengleichheit" gegenüber einem anwaltlich vertretenen Antragsteller herzustellen, insbesondere wenn nicht erkennbar ist, dass der Antragsgegner sich im Regelfall nicht mit Fragen der öffentlichen Beschaffung befasst und in seinem Justitiariat nicht über juristisch hinreichend geschultes Personal - und zwar auch in einem "Waffengleichheit" sichernden Maß - zur Bearbeitung der in diesem Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen verfügt.
VolltextIBRRS 2005, 2762
VK Bund, Beschluss vom 17.03.2005 - VK 2-09/05
1. Ein Nachprüfungsantrag ist gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes erfordert nicht nur die Kenntnis der einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen, sondern gleichermaßen die wenigstens laienhafte und durch vernünftige Beurteilung hervorgebrachte rechtliche Wertung und Vorstellung des Antragstellers, dass der betreffende Vergabevorgang rechtlich zu beanstanden sei. Bloße Vermutungen oder ein Verdacht lösen hingegen ebenso wenig wie grob fahrlässige Unkenntnis eine Rügeobliegenheit aus. In der Regel ist ein Bewerber, der einen Vergaberechtsverstoß vermutet, genauso wenig gehalten, seine in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht ungenügenden Kenntnisse zu vervollständigen, insbesondere rechtlichen Rat einzuholen. Von diesen Grundsätzen ist nur dann eine Ausnahme geboten, wenn der Kenntnisstand des Bewerbers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass seine Unkenntnis vom Vergaberechtsverstoß nur als mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieses Vergaberechtsverstoßes verstanden werden kann. Hieran sind strenge und vom Auftraggeber darzulegende Anforderungen zu richten. Sinn und Zweck der Rügepflicht und der damit einhergehenden Präklusionsregelung ist aber, dass Auftraggeber und Bieter eine Vertrauensgemeinschaft mit wechselseitigen Rechten und Pflichten bilden. Wenn ein Antragsteller gerade wegen der langjährigen geschäftlichen Kontakte zunächst keine Zweifel an dem Vorhandensein einer mindestens 5-jährigen Berufspraxis hatte, lässt sich nicht widerlegen. Der Nachteil der Unerweislichkeit geht prozessual zu Lasten des Auftraggebers und des Beigeladenen.
2. Eine Vermischung verschiedener Anforderungskategorien in ein und derselben Wertungsmatrix ist zulässig. Eine Vergleichbarkeit sämtlicher Wertungspunkte wird dadurch gewährleistet, dass bei einer Ja/Nein-Anforderung die Bewertung mit der Höchst- bzw. der Niedrigstpunktzahl bewertet und in der Gesamtwertung entsprechend berücksichtigt wird. Problematisch kann die vielfache Verwendung von Ja/Nein-Kriterien innerhalb einer Wertung aus Sicht der Kammer aber dann werden, wenn hierdurch alle Bieter gleich hohe Wertungspunkte erhalten und hierdurch letztendlich nur nach dem Preis entschieden wird. Damit würden die in der Bekanntmachung vorgegebenen Zuschlagskriterien faktisch entwertet. Die Vergabestelle ist aber an die bekannt gemachten Kriterien gebunden. Aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) darf sie in ihrer Vergabeentscheidung hiervon nicht abweichen.
3. Für die Wertungsentscheidung bei der Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebotes gem. § 11 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A-SKR muss dem Auftraggeber ein gewisser seiner Autonomie unterliegender Beurteilungsspielraum eingeräumt werden. Es ist dem Auftraggeber allerdings verwehrt, Kriterien der Eignung, die gem. § 5 VOL/A-SKR bereits bei der Auswahl der Bieter im Teilnahmewettbewerb festgestellt wurden, nochmals zu berücksichtigen. Die Vergabestelle ist gehindert, beim Zuschlag ein "Mehr an Eignung" anzuführen, es sei denn, es hätten sich nach Aufforderung zur Angebotsabgabe Zweifel an der Eignung eines Bieters ergeben.
VolltextIBRRS 2005, 2740
OLG Frankfurt, vom 16.11.2004 - 11 Verg 22/04; 11 Verg 23/04
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2005, 2739
OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.11.2004 - 11 Verg 16/04
1. Erfährt der Bieter von einem (vermeintlichen) Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erst während der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer, ist diese Rüge im Beschwerdeverfahren jedoch ausgeschlossen, weil sein Vorbringen gegen das im Nachprüfungsverfahren geltende Beschleunigungsgebot verstößt.
2. Das sukzessive Ausscheiden einzelner Verhandlungspartner gehört zum Wesen des Verhandlungsverfahrens und stellt noch keine Diskriminierung oder einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
VolltextIBRRS 2005, 2736
VK Lüneburg, Beschluss vom 07.09.2005 - VgK-38/2005
1. Bei der Ermittlung und Definition des zu deckenden Bedarfs ist der öffentliche Auftraggeber vergaberechtlich weitgehend frei. Das Vergaberecht regelt grundsätzlich nicht das "Ob" oder "Was" einer Beschaffung, sondern lediglich das "Wie".
2. Sofern an die Beschaffenheit der Leistung im Sinne des § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOL/A keine ungewöhnlichen Anforderungen gestellt werden, ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber mit der bisherigen Bedarfsdeckung zufrieden ist und daher den nunmehr zu vergebenden neuen öffentlichen Auftrag unter Verwendung ähnlicher oder gleicher Bedingungen dem Wettbewerb unterstellt.
3. Die Verwendung des Ausschreibungsmusters "Gebäude- und Inhaltsversicherung für Kommunen" des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes ist nicht per se vergaberechtswidrig.
4. Die Mitwirkung eines Unternehmens an der Erstellung eines Leitfadens oder eines Ausschreibungsmusters ist keine Mitwirkung an Entscheidungen in einem Vergabeverfahren im Sinne des § 16 Abs. 1 VgV.
5. Der "böse Schein" eines Interessenskonflikts genügt nicht zum Ausschluss einer Person von einem Vergabeverfahren.
6. Eine erschöpfende Leistungsbeschreibung bei der Ausschreibung von Gebäudeschadensversicherungsleistungen erfordert zwingend die Angabe der Gebäudewerte. Dabei kann auch auf ältere Daten zurück gegriffen werden.
7. Die Forderung nach einer Terrorversicherung bürdet den sich an einer Ausschreibung beteiligenden Versicherungsunternehmen kein ungewöhnliches Wagnis auf.
VolltextIBRRS 2005, 2735
VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 13/05
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)
VolltextIBRRS 2005, 2734
VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 14/2005
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)
VolltextIBRRS 2005, 2733
VK Arnsberg, Beschluss vom 16.08.2005 - VK 13/2005
1. Hinsichtlich der nach Art. 24 der Koordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 geforderten Mindestanforderungen für Nebenangebote ist auf den Inhalt der gesamten Vergabeunterlagen abzustellen, da der rechtliche Charakter einer Mindestanforderung durch ihren objektiven Erklärungsgehalt und nicht durch die Bezeichnung oder die Fundstelle (z. B. Richtlinie) bestimmt wird.*)
2. Keine Mindestanforderungen ergeben sich aus dem nur für den Amtsvorschlag geltenden Text des Leistungsverzeichnisses.*)
VolltextIBRRS 2005, 2732
VK Thüringen, Beschluss vom 08.09.2005 - 360-4002.20-028/05-SLF
Fehlen bei einem Angebot ausdrücklich geforderte Nachweise und Erklärungen (Handelsregisterauszug, Eigenerklärungen zur Eignung, Fabrikats- und Typenangaben), ist das Angebot zwingend auszuschließen.
VolltextIBRRS 2005, 2731
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.08.2005 - 320.VK-3194-27/05
1. Ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht sämtliche von der Vergabestellet geforderten Erklärungen enthält, ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend auszuschließen. Ein Angebot, das entgegen den klaren Anforderungen in den Verdingungsunterlagen nicht nachvollziehbar darstellt, in welchem Umfang Leistungen durch Nachunternehmer erbracht werden sollen, genügt nicht den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A.*)
2. Nachverhandlungen über die sich aus dem Angebot ergebenden Unklarheiten zum Nachunternehmereinsatz sind nicht statthaft (§ 24 Nr. 3 VOB/A), weil die Verschiebung der Leistungsanteile zwischen Haupt- und Nachunternehmer einen tiefgehenden Eingriff in die Angebotsgestaltung darstellt.*)
VolltextIBRRS 2005, 2728
VK Thüringen, Beschluss vom 09.09.2005 - 360-4002.20-009/05-SON
1. Enthält das Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, welches mit dem Angebot abzugeben ist, u.a. eine Spalte, in der für die jeweiligen Nachunternehmerleistungen der „vorgesehene Nachunternehmer“ einzutragen ist, bringt die Vergabestelle ihr Verlangen zum Ausdruck, dass der vorgesehene Nachunternehmer bereits mit dem Angebot anzugeben ist.
2. Verlangt der Auftraggeber mit dem Angebot ein Geräteverzeichnis, das die Eintragung der vom Auftragnehmer für die Leistungsausführung vorgesehenen Geräte nach Anzahl, Bezeichnung, Kenngröße verlangt und gibt der Bieter insoweit nur eine allgemeine Angabe ab, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
3. Verlangt der Auftraggeber mit dem Angebot eine Referenzliste und gibt der Bieter eine solche Liste nicht ab, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
4. Besteht eine Vermutung für das Vorliegen eines unangemessen niedrigen Einheitspreises und liefert der Bieter keine nachvollziehbaren, tatsächlich die niedrigen Einheitspreise rechtfertigenden Begründungen, ist das Angebot auszuschließen.
5. Im Fall von geänderten Mengenansätzen im Kurz-Leistungsverzeichnis sind diese als Teil des Leistungsverzeichnisses auf die Menge des Lang-Leistungsverzeichnisses zu korrigieren. Auch für den Fall des Widerspruches von Angaben im Leistungstext des Kurz-Leistungsverzeichnisses sind diese unerheblich. Dies setzt aber jeweils voraus, dass der Text des Lang-Leistungsverzechnisses als verbindlich erklärt wird.
6. Eine Veränderung der Verdingungsunterlagen in Verbindung mit der Abgabe eine Kurz-Leistungsverzeichnisses liegt nur dann vor, wenn der Bieter im Lang-Leistungsverzeichnis ausdrücklich Änderungen vornimmt oder in Ergänzung zum Kurz-Leistungsverzeichnis die ausdrücklich abgegebene Anerkennung des Langtextes durch zusätzliche Erklärungen einschränkt, abändert oder in Frage stellt.
VolltextIBRRS 2005, 2727
VK Hessen, Beschluss vom 28.06.2005 - 69d-VK-07/2005
1. Veränderungen in der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft in der Zeit von der Angebotsabgabe bis zur Zuschlagserteilung sind unstatthaft, es sei denn, dass durch die Veränderung in der Bietergemeinschaft deren rechtliche Identität erhalten bleibt. Dann muss die Vergabestelle allerdings prüfen, ob die Bietergemeinschaft weiterhin für den Auftrag geeignet ist.*)
2. Ein Bieter darf nicht nur von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen werden, wenn er vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf seine Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit abgegeben hat. Das Gleiche gilt auch, wenn er solche Angaben aufrechterhalten bzw. nicht korrigiert hat.*)
3. Ein Antragsteller, dessen Angebot von der Wertung ausgeschlossen wurde, kann dann nicht mit seinem Nachprüfungsantrag erfolgreich sein, wenn zwar bezüglich der anderen Angebote auch Ausschlussgründe vorliegen, aber jedenfalls ein Angebot in der Wertung verbleibt.*)
VolltextIBRRS 2005, 2726
VK Bund, Beschluss vom 01.08.2005 - VK 3-79/05
1. Leitet ein Bieter in einem noch nicht durch Zuschlagserteilung abgeschlossenen Vergabeverfahren ein Nachprüfungsverfahren ein, kommt ihm somit kein schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschriften des § 13 VgV zu.
2. Bei der Wertung der abgegebenen Angebote steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, der grundsätzlich einer Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen nicht zugänglich ist.
VolltextIBRRS 2005, 2725
VK Bund, Beschluss vom 29.07.2005 - VK 3-76/05
1. Der Nachprüfungsantrag eines Bieters, dessen Angebot zwingend ausgeschlossen werden muss, ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Dies gilt auch dann, wenn sich erst im Nachprüfungsverfahren herausstellt, dass das Angebot von der Wertung auszuschließen ist.
2. Der Nachweis der Eignung anhand bestimmter Unterlagen fällt nicht unter den Begriff der „Angaben und Erklärungen“ des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a) VOL/A, sondern unterliegt der unbedingt formulierten speziellen Regelung des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A.
3. Fordert der Auftraggeber Referenzen, die u.a. Angaben zur Leistungszeit und zum Rechnungswert enthalten, und sind diese Angaben aus dem Angebot nicht ersichtlich, ist das Angebot zwingend auszuschließen.
4. Die Darlegungs- und Beweislast für die Abgabe eines vollständigen Angebots trägt der Bieter.
5. Einem unterliegenden Antragsteller sind aus Gründen der Billigkeit die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen eines Beigeladenen aufzuerlegen, wenn sich der Beigeladene aktiv durch die Stellung von Anträgen und deren Begründung am Nachprüfungsverfahren beteiligt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
VolltextIBRRS 2005, 2724
OLG München, Beschluss vom 12.09.2005 - Verg 20/05
Nebenangebote, welche die Berechnung eines vom Auftraggeber geforderten Gesamtpreises nicht zulassen, sind einer vergleichenden Wertung nicht zugänglich und können deshalb nicht in die Wertung miteinbezogen werden.*)
VolltextIBRRS 2005, 2722
VK Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2005 - 1 VK 47/05
1. Stellt der Auftraggeber Bedingungen auf, die ein unverbindliches Angebot im Vorfeld der Verhandlungsphase erfüllen muss, so muss er auch hierbei streng den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Anforderungen, die nur vage formuliert sind oder in den Verhandlungsgesprächen noch ohne weiteres abgeändert werden können, können den Ausschluss eines Bewerbers nicht rechtfertigen.
2. An seine im Teilnahmewettbewerb getroffene Entscheidung, dass ein Bieter für geeignet gehalten wird, ist der Auftraggeber auch in der Verhandlungsphase gebunden.
VolltextIBRRS 2005, 2721
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.08.2005 - 320.VK-3194-25/05
1. Hinsichtlich der Mindestbedingungen für Nebenangebote muss zumindest für alle Bieter ersichtlich sein, welche Anforderungen von der Vergabestelle an die Erstellung von Nebenangeboten vorgegeben werden.*)
2. Ein Nebenangebot, das die vorgegebenen Mindestbedingungen nicht erfüllt, darf nicht gewertet werden.*)
VolltextIBRRS 2005, 2720
EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - Rs. C-129/04
1. Artikel 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner.*)
2. Das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird.*)
VolltextIBRRS 2005, 2716
VK Bund, Beschluss vom 13.07.2005 - VK 1-59/05
1. Für die Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller schlüssig darlegt, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurück zuführen ist. Nicht erforderlich ist, dass bereits festgestellt werden kann, dass der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist.
2. Gemäß dem Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A ("ausgeschlossen werden") hat der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe, sondern ist gezwungen, das betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Der Ausschlusstatbestand ist daher auch nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden können.
3. Lässt man eine Modifizierung von wesentlichen Preisangaben eines Angebots in einer Nachverhandlung zu, so eröffnet man dem jeweiligen Bieter einen unkontrollierbaren Spielraum zur nachträglichen Manipulation von wertungsrelevanten Positionen. Dies ist nicht mehr von § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, der als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, gedeckt. Davon abgesehen steht es im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, ob er eine Zweifelsverhandlung gemäß § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A durchführen will oder nicht.
VolltextIBRRS 2005, 2707
OVG Hamburg, Beschluss vom 30.06.2005 - 1 Bs 182/05
Die Beschäftigungsbehörde kann die Bestellung eines Mitglieds der Vergabekammer nicht wegen Befangenheit widerrufen. Die besondere unabhängige Stellung der Mitglieder der Vergabekammer bedingt, dass nur die Vergabekammer entsprechend den §§ 21 Abs. 2, 20 Abs. 4 HmbVwVfG über die Befangenheit entscheidet. Eine derartige Ausschlussentscheidung kann die Vergabekammer auch außerhalb eines konkreten Vergabeverfahrens treffen, wenn zu besorgen ist, das ihr Mitglied in allen denkbaren Vergabeverfahren befangen ist.*)
VolltextIBRRS 2005, 2706
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.08.2005 - 1 Verg 4/05
1. Hat die Vergabekammer im Kostenfestsetzungsverfahren unzulässigerweise eine isolierte Festsetzung des Gegenstandswertes vorgenommen, so kann der Vergabesenat im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen diese Entscheidung die gesamte Kostenfestsetzung an sich ziehen, wenn die Beteiligten einer solchen Entscheidung nicht widersprechen.*)
2. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Auftragssumme in § 50 Abs. 2 GKG ist dahin auszulegen, dass auf die geprüfte Bruttoangebotssumme desjenigen Angebots des Antragstellers abzustellen ist, welches eine Chance auf Zuschlagerteilung haben soll. Liegt ein Angebot des Antragstellers noch nicht vor, so ist auf die fiktive Angebotssumme bzw. - soweit hierfür individuelle Anhaltspunkte fehlen - auf den objektiven Wert der zu vergebenden Leistungen abzustellen. Hierfür bieten regelmäßig insbesondere die Schätzungen des Auftraggebers im Hinblick auf eine Überschreitung bzw. Unterschreitung des Schwellenwertes einen hinreichenden Anhaltspunkt. Bei einem inzwischen fortgeschrittenen Vergabeverfahren können auch die in der späteren Angebotsphase von anderen Bietern erklärten Angebotspreise einen gewichtigen Anhaltspunkt für den Wert des zu vergebenden Auftrags darstellen.*)
3. Zur Unbilligkeit der Bestimmung des Höchstgebührenansatzes von 2,5-fachen Gebühren in einem Nachprüfungsverfahren mit mündlicher Verhandlung vor der Vergabekammer.*)
4. Im Kostenfestsetzungsverfahren kann eine Rahmengebühr nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG festgesetzt werden, ohne dass zuvor ein Gutachten des Vorstandes der zuständigen Rechtsanwaltskammer eingeholt werden muss.*)
VolltextIBRRS 2005, 2705
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.08.2005 - 1 Verg 6/05
1. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Auftragssumme ist in denjenigen Vergabeverfahren, in denen ein Angebot des Antragstellers nicht vorliegt, dahin zu verstehen, dass auf den objektiven Wert des Auftrages, dessen Vergabe beabsichtigt ist, abzustellen ist. Hierfür bieten regelmäßig insbesondere die Schätzungen des Auftraggebers, bei einem fortgeschrittenen Verfahren jedoch auch die in der späteren Angebotsphase von anderen Bietern erklärten Angebotspreise einen gewichtigen Anhaltspunkt für den Wert des zu vergebenden Auftrages.
2. Aufgrund der Besonderheiten im Vergabeverfahren ist dem Rechtsanwalt regelmäßig ein überdurchschnittlicher Gebührenansatz zuzubilligen.
3. Ein überdurchschnittlicher Gebührenansatz ist schon jeder Gebührenansatz über der gesetzlich vorgegebenen Kappungsgrenze in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr. Ein quasi fixer Ansatz von 2,5-fachen Gebühren in jedwedem Fall mündlicher Verhandlung vor der Vergabekammer - dem in § 112 Abs. 1 GWB gesetzlich vorgesehenen Regelfall - würde den vom Gesetzgeber mit Nr. 2400 VV RVG intendierten Spielraum unzulässig verengen.
VolltextIBRRS 2005, 2690
OLG Celle, Urteil vom 23.06.2005 - 14 U 25/05
1. Ein Nebenangebot, mit dem ein Bieter statt der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Herstellung eine preiswertere, unter Verwendung von mehr Altmaterial, anbietet, kann unter der Bedingung stehen, dass das Altmaterial in dem vom Nebenangebot umfassten Umfang geeignet ist.
2. Hat ein Auftragnehmer sein Angebot von der Eignung vorhandenen Altasphalts zur Wiederverwertung abhängig gemacht und stellt sich dies als nicht zutreffend heraus, steht ihm eine Vergütung auf der Grundlage der Einheitspreise zu.
3. Wird in einem Nebenangebot, auf das der Zuschlag erteilt wird, statt der im Leistungsverzeichnis des Hauptangebots vorgesehenen Herstellung einer neuen Asphalttragschicht unter Mitverwendung von Asphaltgranulat bis max. 30 % eine Beimischung von 70 % angeboten, wobei das Asphaltgranulat ausschließlich aus den Trag und Bindeschichten der alten, aufzubrechenden Fahrbahn gewonnen werden sollte und den Vertragsparteien die Qualität des Altasphalts nicht bekannt war, und stellt sich später während der Bauausführung heraus, dass das Ausbaumaterial nur wie im Hauptangebot vorgesehen zu verwenden ist, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Zahlung der Mehrkosten zu, die sich aus dem Leistungsverzeichnis zum Hauptangebot ergeben. Denn in diesem Fall durfte der Auftraggeber das Angebot nur so verstehen, dass der Auftragnehmer das Asphaltgranulat der alten Fahrbahn (lediglich) so weit wie tatsächlich möglich wiederverwenden wollte, um so den im Leistungsverzeichnis des Hauptangebots angebotenen Einheitspreis zu reduzieren.*)
VolltextIBRRS 2005, 2687
LG Mannheim, Urteil vom 01.04.2005 - 7 O 404/04
1. Eine Wettbewerbshandlung liegt in jeder Handlung, die mit dem Ziel vorgenommen wird, zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern.
2. Bei der Beurteilung des Nachfrageverhaltens der öffentlichen Hand ist zu unterscheiden zwischen erwerbswirtschaftlicher Betätigung, bei der ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs bejaht wird, und reinen Nachfragetätigkeiten, die nur dazu dienen, den Bedarf zu decken, der die öffentliche Hand in die Lage versetzt, die ihr übertragenen öffentlichen Aufgaben zu erfüllen.
3. Bei der Vergabe von Bauaufträgen für öffentliche Einrichtungen fehlt es in der Regel an einer Wettbewerbshandlung, denn die Kommunen verfolgen hierbei nicht das Ziel, fremden Wettbewerb zu fördern.
4. Eine Wettbewerbshandlung liegt jedoch vor, wenn die Absicht besteht, einen bestimmten Anbieter aus unsachlichen Gründen zu bevorzugen oder zu benachteiligen.
VolltextIBRRS 2005, 2678
VK Nordbayern, Beschluss vom 26.07.2005 - 320.VK-3194-26/05
1. Nach DIN 276 dient die Kostenschätzung lediglich einer überschlägigen Ermittlung der Kosten. An die Schätzung dürfen keine übertriebene Anforderungen gestellt werden (§ 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 4 VgV, §§ 3 u. 1 VgV). Eine Abschätzung nach dem Kostenrichtwert der Bayerischen Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben ist dafür untauglich. Kostenrichtwerte für Abwasseranlagen dienen der Ermittlung einer Kostenpauschale bei Fördermaßnahmen im Bereich der Wasserwirtschaft und geben lediglich einen Anhaltspunkt über die durchschnittlich zu erwartenden Kosten von Kläranlagen in Bayern. Im Kostenrichtwert ist lediglich die Größe einer Kläranlage (Einwohnerwerte ) berücksichtigt. Konkret projektbezogene Kostenfaktoren - wie z.B. ortsübliche Preise, konjunkturelle Einflüsse, Erreichbarkeit der Baustelle, Verwirklichungszeitraum, etc. - werden von Kostenrichtwerten nicht erfasst.*)
2. Der zu schätzende Gesamtauftragswert errechnet sich bei Bauaufträgen aus der Summe der Auftragswerte aller für die Erstellung der baulichen Anlage erforderlichen Bauleistungen. Von der Bauleistung getrennt zu vergebende Planungskosten sind bei der Berechnung des Bauauftragwertes nicht zu berücksichtigen.*)
VolltextIBRRS 2005, 2677
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.07.2005 - 6 W 35/05
1. Ein Vertrag, der der Finanzierung von Buslinien, die auf der Grundlage von personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen betrieben werden, dient, hat keine Beschaffung einer Dienstleistung zum Gegenstand.
2. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn ein Vorgang der öffentlichen Bedarfsdeckung vorliegen würde. In diesem Fall wäre dann eine Dienstleistungskonzession gegeben, weil der Bieter, der den Zuschlag bekommen soll, durch die Zuschüsse nicht abgesichert ist, sondern darauf angewiesen ist, seine Kosten durch das Entgelt der Fahrgäste zu decken.
3. Für einen Vertrag zur Finanzierung von Schienen-Personen-Nahverkehr gilt das Gleiche.
VolltextIBRRS 2005, 2676
VK Bund, Beschluss vom 20.07.2005 - VK 1-62/05
1. Dem Auftragnehmer soll gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A nicht jedes, sondern nur ein nach Art oder Umfang nicht ungewöhnliches Wagnis zugemutet werden können. Dennoch darf ein in den Verdingungsunterlagen enthaltener Vertragstext eine einseitige, einmalige Verlängerungsmöglichkeit um eine weitere zwölf Monate zu Gunsten des Auftraggebers enthalten. Vertragsverlängerungsoptionen sind im geschäftlichen Verkehr nicht ungewöhnlich und werden auch im Vergaberecht von der Rechtsprechung generell für zulässig gehalten, wenn sie hinsichtlich von Laufzeit und Anzahl hinreichend bestimmt sind.
2. Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ist im wesentlichen auf die Hauptleistung im Verhältnis zu den Verlängerungsoptionen abzustellen. Dies folgt aus dem Gebot, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen.
3. Der Auftrageber hat bei der Bestimmung der Wertungskriterien und der Wertung der Angebote einen weiten Beurteilungsspielraum, der von den nachprüfenden Instanzen nur auf das Zugrundeliegen eines falschen Sachverhaltes, auf Nichteinhaltung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe, auf Ungleichbehandlung, Willkür oder sachfremde Erwägungen überprüft wird.
VolltextIBRRS 2005, 2671
VK Bund, Beschluss vom 12.07.2005 - VK 3-70/05
1. Die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots i.S.d. § 25 Nr. 3 VOL/A erfordert einen wertenden Vergleich der eingereichten Angebote unter Berücksichtigung der aufgestellten und bekannt gemachten Wertungskriterien. Die Vergabestelle hat dabei einen Beurteilungsspielraum, der von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt, d.h. hinsichtlich der Einhaltung der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums, überprüft werden kann. Diese Grenzen sind dann überschritten, wenn die Vergabestelle das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten hat, ihrer Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, bei der Bewertung allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht eingehalten werden oder die Entscheidung auf Ungleichbehandlung, Willkür oder sachfremden Erwägungen beruht.
2. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller entsprechend §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen eines Beigeladenen aufzuerlegen, wenn sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu dem Beigeladenen stellt.
VolltextIBRRS 2005, 2668
VK Arnsberg, Beschluss vom 07.03.2005 - VK 2/2005
Auch im Rahmen eines PPP-Verfahrens sind alle Teile eines Vertrages inhaltlich und rechnerisch bei der Ermittlung des Schwellenwertes bzw. der geschätzten Auftragssumme einzubeziehen, so auch Finanzierungsleistungen und Optionen für Wartungsangebote. *)
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