Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2005, 1936VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.05.2004 - 1 VK LVwA 14/04
1. Ein Bieter ist wegen fehlender geforderter Erklärungen gem. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A, § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A auszuschließen.*)
2. Bereits das Fehlen der Eignungsnachweise bzw. nicht differenzierte Angaben gem. § 8 Nr. 3 (1) a-g VOB/A führt zum Ausschluss des Angebotes des Bieters, da diese Nachweise für die Eignungsprüfung unverzichtbar sind.*)
3. Ausweislich § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 4 VOB/A haben die Eintragungen der Bieter eindeutig zu sein. Zweifel an der Eindeutigkeit der Preise bestehen vor allem bei Durchstreichungen, bei „berichtigten“ Zahlen (wie z. B. durch Gebrauch von „Blanko- fluid“) sowie bei Änderungen an vom Bieter geforderter Erklärungen.*)
VolltextIBRRS 2005, 1935
EuGH, Urteil vom 16.06.2005 - Rs. C-462/03; Rs. C-463/03
Beabsichtigt ein Auftraggeber, der eine der in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor speziell erwähnten Tätigkeiten ausübt, in Ausübung dieser Tätigkeit einen Dienstleistungs-, Bau- oder Lieferauftrag zu vergeben oder einen Wettbewerb durchzuführen, so gelten für diesen Auftrag oder diesen Wettbewerb die Bestimmungen dieser Richtlinie.*)
VolltextIBRRS 2005, 1932
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.04.2004 - 1 VK LVwA 13/04
Nach § 25 Nr. 1 Abs.2 a) VOL/A können Angebote ausgeschlossen werden, die nicht die geforderten Erklärungen enthalten (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A). Die Entscheidung über den Ausschluss steht im pflichtgemäßen Ermessen des Auftragsgebers. Das auszuübende Ermessen ist auf Null reduziert, wenn der Auftraggeber konkret den Zeitpunkt zur Vorlage der Bewerbererklärung festlegt und bestimmt, dass unvollständige Angebote nicht berücksichtigt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1931
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.04.2004 - 1 VK LVwA 12/04
1. Ein Angebot mit zweifelhaften Änderungen darf in die Wertung nicht einbezogen werden.*)
2. Eine vergaberechtskonforme Anerkennung der Gleichwertigkeit eines niedrigeren Angebotsniveaus würde stets als gesichert voraussetzen, dass nicht ein anderer Anbieter in Kenntnis des Umstandes des abänderbaren Leistungsstandards, ein noch günstigeres Angebot abgegeben hätte. Die Bieter wären der Willkür des Auftraggebers ausgeliefert, wenn dieser nachträglich die als bindend festgelegten Anforderungen des Leistungsverzeichnisses ändern könnte.*)
3. Ein nachträgliches Einholen fehlender Preise bzw. Ändern der Preise ist nicht statthaft.*)
VolltextIBRRS 2005, 1930
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.04.2005 - 1 VK LVwA 17/05
Die Bewerbererklärung ist eine Erklärung, die der Auftraggeber im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A mit Abgabe der Angebotsunterlagen forderte. Fehlt bei der Angebotseröffnung diese kalkulationserhebliche Bewerbererklärung, welche bestimmte Verpflichtungen enthält, muss das Angebot ausgeschlossen werden.*)
VolltextIBRRS 2005, 1928
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2005 - Verg 6/04
1. Wurde eine Kälteerzeugungsanlage mit sechs Leistungsstufen angeboten, obwohl im Leistungsverzeichnis eine stufenlose Leistungsregelung vorgegeben worden war, so musste das Angebot wegen der Änderung an den Verdingungsunterlagen von zurecht der Wertung ausgeschlossen werden.
2. Wertet die Vergabestelle ein Angebot richtig, verfügt sie über die für eine sachgerechte Behandlung des Nachprüfungsantrags erforderlichen Rechtskenntnisse im eigenen Geschäftsbereich und bedarf nicht "notwendig" eines anwaltlichen Bevollmächtigten.
VolltextIBRRS 2005, 1922
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2005 - Verg 28/05
Eine Änderung in der Person des Bieters nach Abgabe des Angebots und vor Zuschlagserteilung führt zwingend zum Ausschluss.
VolltextIBRRS 2005, 1920
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.05.2004 - Verg 28/04
1. Bei weitgehender Identität von in mehreren Nachprüfungsverfahren durch verschiedene Bieter erhobenen Beanstandungen ist für die Vergabekammer jedes einzelne Nachprüfungsverfahren mit einem - gegenüber der Bearbeitung eines isolierten Einzelfalles - geringeren Sach- und Personalaufwand verbunden. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass für alle betreffenden Nachprüfungsverfahren die Gebühr aus der Gebührenstaffel angemessen reduziert wird.
2. Im Falle einer bloß summarischen Überprüfung, ob das Nachprüfungsbegehren offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, muss sich der daraus resultierende verminderte (personelle und sachliche) Aufwand der Vergabekammer in einer angemessenen Herabsetzung der Gebühr aus der Gebührenstaffel niederschlagen.
VolltextIBRRS 2005, 1909
VK Nordbayern, Beschluss vom 14.04.2005 - 320.VK-3194-09/05
1. Besteht Streit, wer als Bieter eines bestimmten Angebots anzusehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, wer das Angebot abgegeben hat. Dabei ist auf den "objektiven Empfängerhorizont" abzustellen; entscheidend ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalles vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.*)
2. Einzelnen Mitgliedern von Bietergemeinschaften fehlt die Antragsbefugnis für die Bietergemeinschaft, die nur als solche am Vergabeverfahren teilnimmt.*)
3. Eine Änderung der Zusammensetzung der Bietergemeinschaft nach Angebotsabgabe ist nicht statthaft. Das Verbot einer Änderung des Angebots erstreckt sich auch auf die Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft. Bietergemeinschaften können nur bis zur Angebotsabgabe gebildet oder geändert werden.*)
4. Eine Bietergemeinschaft als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts löst sich gemäß § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters auf.*)
VolltextIBRRS 2005, 1908
VK Nordbayern, Beschluss vom 08.03.2005 - 320.VK-3194-05/05
1. Ein Angebot, das entgegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht sämtliche, zulässig und klar geforderte Erklärungen (hier: Angaben zum Nachunternehmereinsatz) enthält, ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend auszuschließen.*)
2. Die Angaben zum geplanten Nachunternehmereinsatz müssen vollständig und damit klar sein. Der Auftraggeber muss wissen, für welche Leistungspositionen in welcher Höhe Nachunternehmer angeboten werden. Art und Umfang eines geplanten Nachunternehmereinsatzes gehören zu den relevanten und kalkulationserheblichen Erklärungen.*)
3. Für den Bieter ist bei der Angebotskalkulation von erheblicher Bedeutung, welche Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt und welche z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder -technischen Gründen auf Nachunternehmen übertragen werden. Wegen dieser Preiswirksamkeit ist deshalb bereits im Angebot die Art und der Umfang des Nachunternehmereinsatzes verbindlich zu erklären. Deshalb kann ein beabsichtigter Nachunternehmereinsatz nicht nach Angebotsabgabe geklärt werden (§ 24 VOB/A).*)
4. Ohne Anhaltspunkte im Angebot muss die Vergabestelle nicht davon ausgehen, dass in einer Nachunternehmerliste aufgeführte Leistungen durch konzernverbundene Unternehmen erbracht werden sollen. Auch die Versicherung des Bieters, den geforderten Eigenleistungsanteil ( hier: 30 % der Gesamtleistung ) im eigenen Betrieb zu erbringen, ändert daran nichts.*)
VolltextIBRRS 2005, 1879
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 02.06.2005 - Rs. C-525/03
1. Waldbrände sind in Südeuropa im Sommer vorhersehbar, so dass sich normalerweise die Behörden nicht darauf berufen können, wegen akuter Waldbrandgefahr Dienstleistungen und Ausrüstungen der Brandbekämpfung im Verhandlungsverfahren zu erwerben.
2. Treten jedoch außergewöhnliche metereologische Verhältnisse auf, die so außergewöhnlich intensiv und umfangreich sind, dass sie berechtigterweise als unvorhersehbar angesehen werden können, und die zu Dürre und einer erhöhten Waldbrandgefahr führen, so kann dies den Erwerb in einem Verhandlungsverfahren rechtfertigen.
VolltextIBRRS 2005, 1874
VK Nordbayern, Beschluss vom 27.04.2005 - 320.VK-3194-13/05
Handelt es sich bei den in mehreren Losen ausgeschriebenen Aufträgen (hier: Objektplanung einer Freianlage, Tragwerksplanung, Baugrund- und Gründungsberatung) nicht um Teilaufträge derselben freiberuflichen Leistung (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VOF), sondern werden Ingenieurleistungen nachgefragt, die verschiedenen Fachbereichen der HOAI zuzuordnen sind, so ist für die Ermittlung des Schwellenwerts der konkrete Auftrag für das einzelne Los maßgeblich.*)
VolltextIBRRS 2005, 1873
VK Halle, Beschluss vom 23.06.2003 - VK Hal 06/03
1. Die rechtliche Bewertung von Tatsachen im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 b)i.V.m. § 7 Nr. 5 VOL/A ist nicht mit dem Begriff der Tatsachenkenntnis gleichzusetzen.
2. Ein Rückgriff auf das Nichtvorliegen von Eignungskriterien ist auch im Verhandlungsverfahren möglich, wenn der Auftraggeber hinsichtlich der Feststellung der Ungeeignetheit kein Ermessen zukommt.
3. § 107 GONW kommt keine drittschützende Wirkung im Wettbewerb zu. Die Verletzung einer Marktzutrittsregelung ist nicht mit einem unlauteren Verhalten am Markt gleichzusetzen.
4. Wettbewerbsbeeinflussung ist ungleich Wettbewerbsbeeinträchtigung.
VolltextIBRRS 2005, 1872
VK Halle, Beschluss vom 18.07.2003 - VK Hal 11/03
1. Es kann dahinstehen, ob seitens der Antragstellerin ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung ihrer Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
2. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen die Angebote die in der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen geforderten Erklärungen enthalten. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten müssen. Angebote, die dieser Anforderung nicht entsprechen, sind unvollständig und müssen deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden.
3. § 5 HwO dient dazu, einem Handwerksbetrieb das Anbieten notwendiger Leistungen aus einer Hand zu ermöglichen, wenn bei der Ausführung von Aufträgen einzelne Verrichtungen aus dem Bereich angrenzender Handwerke mitzuerledigen sind und ein Verbot derartiger aus wirtschaftlichen Gründen dringend gebotener Arbeiten in fremden Handwerken zu unvernünftigen und lebensfremden Ergebnissen führen würde. Der Schwerpunkt der Arbeiten muss jedoch immer im eigenen Handwerk liegen.
4. Der Wortlaut des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ("ausgeschlossen werden") weist aus, dass der öffentliche Auftraggeber bei Vorliegen der dort aufgestellten Voraussetzungen kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabe hat, sondern gezwungen ist, dass betreffende Angebot aus der Wertung zu nehmen. Im Falle des Fehlens geforderter Erklärungen ändert es auch nichts, dass § 21 Nr. 1 S. 2 VOB/A nur als Sollvorschrift formuliert ist. Die durch § 97 Abs. 2 GWB geforderte Gleichbehandlung aller Bieter ist nur gewährleistet, soweit die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten.
5. Grundsätzlich ist das Hauptangebot ein Angebot im Sinne der §§ 9 und 10 Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 2 bis 4 VOB/A und wird entsprechend § 22 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 VOB/A im Eröffnungstermin verlesen. Sofern eigenständig Alternativpositionen durch den Bieter angeboten werden, liegt ein Änderungsvorschlag bzw. Nebenangebot vor, welcher(s) nach § 25 Nr. 5 VOB/A zu werten ist. Ein Alternativangebot im eigentlichen Sinne liegt nur vor, wenn der Auftraggeber selbst im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung oder auf Grund einer ausdrücklichen Aufforderung Wahlmöglichkeiten verlangt.
VolltextIBRRS 2005, 1871
VK Halle, Beschluss vom 28.07.2003 - VK Hal 12/03
1. Es kann dahinstehen, ob seitens des Antragstellers ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung seiner Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
2. Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A müssen die Angebote neben den Preisen auch die sonstigen Angaben und Erklärungen enthalten. Fehlen diese, so führt das nicht automatisch zum Ausschluss des jeweiligen Angebotes nach § 25 VOL/A. Die Entscheidung über den Ausschluss liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Entscheidendes Kriterium für die Ermessensausübung ist dabei, ob das Ergänzen der fehlenden Angaben die Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters ändert. Darüber hinaus kann sich der Auftraggeber bereits vorab in der Ausübung des Ermessens gebunden haben, wenn diese Festlegungen zur Behandlung betreffender Angebote bereits in den Verdingungsunterlagen bekannt gemacht hat.
3. § 24 VOL/A räumt lediglich die Möglichkeit ein, Zweifel hinsichtlich der Eindeutigkeit der Angebote oder die Bieter zu beheben.
VolltextIBRRS 2005, 1870
OLG München, Beschluss vom 08.06.2005 - Verg 3/05
Setzt die Vergabestelle anstelle eines Rechtsanwalts einen ihrer Beamten ein, um im Verfahren vor der Vergabekammer Schriftsätze zu erstellen oder Besprechungen durchzuführen, so können für dessen Arbeitszeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens keine anteiligen oder fiktiven Personalkosten geltend gemacht werden, auch wenn es sich um einen Beamten mit der Befähigung zum Richteramt handelt.*)
VolltextIBRRS 2005, 1869
VK Halle, Beschluss vom 20.03.2003 - VK Hal 07/03
Eine Vergabekammer ist auf Grund der Bindungswirkung ihres Beschlusses an einer erneuten Entscheidung über den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens eines der Beteiligten jenes vorangegangenen Nachprüfungsverfahrens gehindert, wenn sich der nunmehr gestellte Antrag inhaltlich ausschließlich auf tatsächliche Feststellungen und rechtliche Wertungen der Kammer im vorhergehenden Verfahren und nicht auf ein davon abweichendes Verhalten des Auftraggebers bezieht. In letzterem Falle wäre die Möglichkeit der Zulässigkeit eines Antrages auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens durch einen Beteiligten eines bereits vorausgegangenen Nachprüfungsverfahren grundsätzlich gegeben.
VolltextIBRRS 2005, 1868
VK Halle, Beschluss vom 08.05.2003 - VK Hal 03/03
1. Eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB bedingt eine Staatsgebundenheit, welche sich durch Beherrschung oder überwiegende Finanzierung durch eine Gebietskörperschaft ausdrückt. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleiniger Gesellschafter Bundesland ist, ist allein durch die bei einer Gebietskörperschaft liegenden Anteile von über 50 v.H. davon auszugehen, dass die Einrichtung überwiegend durch eine Gebietskörperschaft finanziert wird und daher einem entsprechenden Staatseinfluss unterliegt.
2. Eine Tätigkeit ist auch dann als eine nichtgewerbliche i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB zu bezeichnen, wenn eine Aufgabenerfüllung nach unternehmerischen Grundsätzen erfolgt. Eine Aufgabenerfüllung nach unternehmerischen Grundsätzen kann nicht alleine dazu führen, kein dem Vergaberecht unterliegender Auftraggeber zu sein. In diesem Falle wäre durch Wahl der Organisationsform die Umgehung der Verpflichtung zur Ausschreibung denkbar. Daher ist das Kriterium "nichtgewerblicher Art" nach Rechtsprechung des EuGH als Tatbestandsmerkmal zur Präzisierung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu sehen. Weiter ist von Bedeutung, ob die betreffende juristische Person in ihrem Bereich im Wettbewerb steht und ob die Möglichkeit besteht, bei miserablem Wirtschaften in Konkurs zu gehen. Es kann nicht darauf ankommen, ob nach kaufmännischen Grundsätzen gewirtschaftet und mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt wird, sondern ob in Ausnutzung einer staatlich herbeigeführten Sonderstellung Leistungen für den Markt ohne ausreichenden Wettbewerb erbracht werden.
3. Es kann dahinstehen, ob seitens des Antragstellers ein Interesse am Auftrag gegeben ist und eine Verletzung seiner Rechte vorliegt, wenn es an einem bereits eingetretenen oder drohenden Schaden mangelt. Ein drohender Schaden liegt jedenfalls nicht vor, wenn der antragstellende Bieter selbst dann evident keine Aussicht auf Erteilung des Zuschlages hat, wenn der geltend gemachte Vergabeverstoß ausgeräumt würde.
4. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A werden Angebote ausgeschlossen, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote die geforderten Erklärungen enthalten müssen. Angebote, die dieser Anforderung nicht entsprechen sind unvollständig und müssen deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A von der Wertung ausgeschlossen werden. § 25 Nr.1 VOB/A ermöglicht dem öffentlichen Auftraggeber kein Recht zu einer wie auch immer gearteten großzügigen Handhabung, sondern er ist vielmehr gezwungen, unvollständige Angebote aus der Wertung zu nehmen. Der Ausschlusstatbestand ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot im Ergebnis nicht mit den anderen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes auf die Gleichbehandlung aller Bieter gerichtetes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden können. Dies erfordere, dass bezüglich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter (entsprechend der Abforderung) bekannt sind. In jedem Falle müsse die Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation ausgeschlossen werden.
VolltextIBRRS 2005, 1867
VK Hamburg (BSU), Beschluss vom 04.05.2005 - VK BSU-2/05
1. Soweit ein Antragsteller die Rücknahme des Nachprüfungsantrages erklärt, hat er die Kosten zu tragen.
2. Ist der sachliche und personelle Verwaltungsaufwand bei der Vergabekammer als unterdurchschnittlich anzusehen, weil die Antragsrücknahme vor der Erstellung und Verkündung der Entscheidung erfolgte, kann die Gebühr aus Gründen der Billigkeit ermäßigt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1866
VK Hamburg (BSU), Beschluss vom 22.04.2005 - VK BSU-2/05
1. Soweit sich die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags ohne weiteres ergibt, sind auch die Erfolgsaussichten des Antrags in der Hauptsache in die Abwägung über die Gestattung des Zuschlags einzubeziehen.
2. Der effektive Primärrechtsschutz darf nur dann ausnahmsweise durch Gestattung der Erteilung des Zuschlags durchbrochen werden, wenn das Interesse des Auftraggebers und der Allgemeinheit an einer sofortigen Erteilung des Zuschlags das gesetzlich festgeschriebene Interesse an der Zuschlagssperre deutlich überwiegt.
3. Bei der Fristberechnung für eine Investitionsmaßnahme hat der Auftraggeber ein Nachprüfungsverfahren einzukalkulieren. Die zwangsläufig eintretende Verzögerung des Zuschlags durch ein etwaiges Nachprüfungsverfahren ist grundsätzlich in Kauf zu nehmen.
VolltextIBRRS 2005, 1865
VK Hamburg (BSU), Beschluss vom 21.03.2005 - VK BSU-1/05
1. Soweit ein Antragsteller die Rücknahme des Nachprüfungsantrages erklärt, hat er die Kosten zu tragen.
2. Ist der sachliche und personelle Verwaltungsaufwand bei der Vergabekammer als unterdurchschnittlich anzusehen, weil die Antragsrücknahme vor der mündlichen Verhandlung erfolgte und ist ferner der Umfang der Schriftsätze der Beteiligten gering, kann die Gebühr aus Gründen der Billigkeit ermäßigt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1864
OLG München, Beschluss vom 17.05.2005 - Verg 9/05
Untersagt die Vergabekammer der Vergabestelle die Erteilung des Zuschlags auf das Angebot eines Beigeladenen, ist ein Antrag des Beigeladenen auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung seiner sofortigen Beschwerde entsprechend § 118 Abs.1 Satz 3 GWB unzulässig, weil auch in diesem Fall das gesetzliche Zuschlagsverbot nach § 118 Abs. 3 GWB besteht.*)
VolltextIBRRS 2005, 1863
VK Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2005 - VgK-14/2005
1. Es ist eine nach § 30 Nr. 1 VOB/A zwingende Pflicht des Auftraggebers, die Auswahlentscheidung als wesentliche Entscheidung in nachvollziehbarer Weise zu dokumentieren, um für den Bewerber die erforderliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten.
2. Mit der EU-weiten Ausschreibung eines Loses einer Bauleistung bindet der Auftraggeber sich dahin, dass er dieses Los nicht dem 20%-Kontingent nach § 2 Nr. 7 VgV zuordnet, für welches das Nachprüfungsverfahren nicht eröffnet ist.
3. Für die Wertung der Angebote hat sich der deutsche Gesetzgeber ausdrücklich dafür entschieden, dem Kriterium „wirtschaftlichstes Angebot“ den Vorzug vor dem ebenfalls zulässigen Kriterium „niedrigster Preis“ zu geben.
4. Nur in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien nicht bekannt gemacht hat oder ausdrücklich nur das Kriterium „Preis“ benannt hat, kann und darf ausschließlich der niedrigste Preis als Zuschlagskriterium bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes zugrunde gelegt werden.
5. Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht ableiten, dass die Definition und Bekanntmachung von technischen Mindestanforderungen zwingende Voraussetzung für die Wertbarkeit von Nebenangeboten ist.
6. Wird bei Vorgabe eines Leitfabrikats dieses Leitfabrikat oder ein gleichwertiges Fabrikat angeboten, kann die fehlende Festlegung durch eine Angebotsaufklärung nachgeholt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1862
VK Lüneburg, Beschluss vom 12.05.2005 - VgK-15/2005
1. Die Antragsbefugnis liegt auch ohne Abgabe eines Angebots vor, wenn der Antragsteller vorträgt, dass er sich aufgrund einer markenspezifischen Ausschreibung nicht mit eigenen, von ihm selbst hergestellten Produkten am Vergabeverfahren beteiligen kann.
2. Zum Sinn und Zweck des Gebots zur produktneutralen Ausschreibung.
3. Eine produktspezifische Ausschreibung ist dann gerechtfertigt, wenn sie durch die Eigenart und die Beschaffenheit der zu vergebenden Leistung gerechtfertigt ist.
4. Nicht jegliche nie völlig auszuschließende Gefahr von Kompatibilitätsproblemen berechtigt den öffentlichen Auftraggeber ohne weiteres, vom vergaberechtlichen Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung abzuweichen. Dies würde vielmehr dazu führen, dass die absolute Ausnahmeregelung des § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A zumindest für den gesamten EDV- und IuK-Bereich zur Regel würde.
VolltextIBRRS 2005, 1861
VK Lüneburg, Beschluss vom 17.05.2005 - VgK-16/2005
1. Eine anonyme Rüge erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB.
2. Die Rüge muss angesichts der kurzen Fristen, die im Vergaberecht allgemein gelten, grundsätzlich binnen ein bis drei Tagen erfolgen. Eine Rügefrist von zwei Wochen, die in der Rechtsprechung als Obergrenze anerkannt wird, kann einem Bieter allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sach- und/oder Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe erfordert.
3. Sind zwischen der Möglichkeit der Geltendmachung der Rechts eines Bieters auf Durchsetzung eventueller vergaberechtlicher Ansprüche und seinem Nachprüfungsantrag mehr als 10 Monate verstrichen, hat der Bieter die Antragsbefugnis verwirkt.
VolltextIBRRS 2005, 1824
OLG München, Beschluss vom 08.06.2005 - Verg 003/05
Setzt die Vergabestelle anstelle eines Rechtsanwalts einen ihrer Beamten ein, um im Verfahren vor der Vergabekammer Schriftsätze zu erstellen oder Besprechungen durchzuführen, so können für dessen Arbeitszeit im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens keine anteiligen oder fiktiven Personalkosten geltend gemacht werden, auch wenn es sich um einen Beamten mit der Befähigung zum Richteramt handelt.*)
VolltextIBRRS 2005, 1821
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2005 - VK 2-LVwA LSA 6/05
1. Die Rüge muss aufgrund der kurzen Fristen, die im Vergabeverfahren gelten, im Regelfall höchstens innerhalb von ein bis drei Tagen erfolgen.
2. Bei einem Teilnahmewettbewerb erfolgt die Auswahl nur unter solchen Bewerbern, die die geforderten Unterlagen mit dem Teilnahmeantrag vorlegen. Anträge, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, sind zwingend nicht weiter zu berücksichtigen. Insoweit steht der Vergabestelle kein Beurteilungsspielraum zu.
3. Die Aufhebung eines Verhandlungsverfahrens erfolgt nach den Grundsätzen über die Aufhebung einer Ausschreibung.
4. Gehen bei einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb bereits im Auswahlverfahren keine Teilnahmeanträge ein, die den zwingend vom Auftraggeber vorgegebenen Bewerbungsbedingungen entsprechen, kann die Vergabestelle keinen Zuschlag erteilen. Das Verhandlungsverfahren ist aufzuheben.
VolltextIBRRS 2005, 1818
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.03.2005 - 1 VK LVwA 04/05
Der Gesetzgeber lässt die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB damit beginnen, dass dem Bieter diejenigen Tatsachen bekannt werden, aus denen für diesen ein tatsächlicher oder vermeintlicher Vergabefehler folgt. Für die Annahme der Kenntnis vom vermeintlichen Vergabeverstoß ist eine zumindest laienhafte rechtliche Wertung des Bieters ausreichend. Eine bloße Erkennbarkeit i. S. d. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB kann aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts des hier einschlägigen § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB zwar nicht als ausreichend erachtet werden, dennoch besteht die Rügeobliegenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Bieter Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt. Ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der aus subjektiver Sicht des Bieters den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt, und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
VolltextIBRRS 2005, 1817
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.03.2004 - 1 VK LVwA 01/04
1. Der Ausschluss von der weiteren Wertung folgt bereits zwingend aus dem Umstand, dass die abgeforderten Bewerbererklärungen der durch die Antragstellerin benannten Nachunternehmer fehlen bzw. teilweise nur in Kopie vorliegen.*)
2. Das Fehlen der Eignungsnachweise im Sinne von § 8 Nr. 3 (1) Buchst. f) und g) VOB/A führt ebenso zum Ausschluss, da diese Nachweise für die Eignungsprüfung unverzichtbar sind.*)
VolltextIBRRS 2005, 1816
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2005 - 1 VK LVwA 01/05
1. Die Neubewertung der Teilnahmeanträge ist unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen §§ 18, 11 e) 2. Alt., 12 c), 10 VOF i.V.m. § 97 Abs. 7 GWB unausweichlich.*)
2. Ein bloßer Beschluss der Verbandsversammlung, bestimmte Bewerber in die eigentlichen Vertragsverhandlungen einzubeziehen, kann nicht als Vergabevermerk im Sinne des § 18 VOF oder auch nicht nur als Bestandteil eines solchen angesehen werden.*)
3. Nicht ordnungsgemäß ausermittelt und damit ermessensfehlerbehaftet sind weiterhin die Ausführungen der Antragsgegnerseite zur mangelnden Vollständigkeit der Bewerberunterlagen der Antragstellerin nach §§ 11 e) 2. Alt., 12 c) VOF.*)
VolltextIBRRS 2005, 1796
KG, Beschluss vom 13.01.2005 - 2 Verg 26/04
Bei Vergabe von entgeltregulierten Dienstleistungen müssen die öffentlichen Auftraggeber durch die Ausgestaltung der Vergabe- und Vertragsbedingungen sicherstellen, dass Unzuträglichkeiten - hier die nicht rechtzeitige Genehmigung der kalkulierten Entgeltpreise durch die Regulierungsbehörde - vermieden werden und damit auch den Vorgaben des PostG im Vergabewettbewerb Rechnung getragen wird. Um den Vergabewettbewerb nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, reicht es aus, wenn die Genehmigung nach Ablauf der Angebotsfrist erteilt wird.
VolltextIBRRS 2005, 1789
VK Sachsen, Beschluss vom 29.12.2004 - 1/SVK/123-04
1. Ein Antragsteller genügt nicht der Darlegungsverpflichtung hinsichtlich eines drohenden Schadens im Rahmen der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB, wenn er im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.07.2004 (2 BvR 22489/03) noch nicht einmal vorträgt, dass der gerügte Vergabeverstoß geeignet ist, eine Chancenbeeinträchtigung hinsichtlich des Zuschlags zu begründen.*)
2. Ein Ausschluss eines Angebotes nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit e) VOL/A ist auch im Verhandlungsverfahren vorzunehmen, wenn das ausdrücklich binnen gesetzter Frist vorzulegende Originalangebot aufgrund eines Zustellversehens der Deutschen Post AG erst nach Fristablauf beim Auftraggeber zugeht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Bieter das Angebot binnen einen zweiten vorgelagerten Frist dem Auftraggeber schon einmal zugefaxt hatte, dieser aber ausdrücklich auch noch die fristgerechte Einreichung des Originalangebotes binnen Frist gefordert hatte.*)
3. Das Gebot des fairen Preis- und Leistungswettbewerbs als auch der Grundsatz der Gleichbehandlung nach § 97 GWB gebieten es, dass die Bieter in dem Zeitpunkt, in dem der Auftraggeber die Verhandlungen im Verhandlungsverfahren beendet und zur abschließenden Angebotswertung schreitet, an ihre Angebote gebunden sind und eine nachträgliche Änderung oder Ergänzung der von ihnen unterbreiteten Offerten ausgeschlossen ist. In gleicher Weise wie bei einem Offenen Verfahren muss auch im Verhandlungsverfahren jeder Bieter darauf vertrauen können, dass nur diejenigen Angebote in die Wertung eingestellt werden, die zum Schluss der letzten Verhandlungsrunde des Auftraggebers vorlagen. Auch hier ist es ein Gebot der Chancengleichheit und des fairen Wettbewerbs um den ausgeschriebenen Auftrag, dass kein Bieter sein Angebot im Nachhinein, d. h. nach Ablauf der vom Auftraggeber festgelegten Einreichungsfrist, ändern kann (wie OLG Düsseldorf, B. v. 25.07.2002, Verg 33/02).*)
VolltextIBRRS 2005, 1787
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.03.2005 - 1 VK LVwA 02/05
1. Ein pauschalierter Schadenersatz ist zwar möglich, dem Verpflichteten muss jedoch stets die Möglichkeit offen bleiben, den Nachweis eines tatsächlich geringeren Schadens zu führen.*)
2. Der durch den Auftraggeber als Grenze der Preisanpassung vorgesehene Selbstkostenerstattungspreis steht als nicht im Wettbewerb ermittelter Preis im Widerspruch zur Grundregel des Vergaberechts, die auch im Rahmen der Preisanpassung ihre uneingeschränkte Geltung behalten muss.*)
3. Der Wettbewerbspreis wird als fester Preis über den Zeitraum von drei Jahren vereinbart und muss insoweit die zu erwartende Preisentwicklung in diesem Zeitraum widerspiegeln. Diese Regelung ist für die Bieter zumutbar und daher bedarf daher im Rahmen einer gesunden Interessenabwägung zwischen den Beteiligten eines Vergabeverfahrens keiner Beanstandung.*)
4. Die Verpflichtung zur Rüge entsteht ab dem Zeitpunkt des tatsächlichen Erkennens bzw. ab dem Moment, wo der Bieter sich einer sich aufdrängenden Erkenntnis verschließt.*)
5. Wenn aus den Vergabeunterlagen hinsichtlich einzelner Paragrafen des Dienstleistungsvertrages keine Anhaltspunkte erkennbar sind, die einen Rückschluss auf den Zeitpunkt des aufkommenden Zweifels zulassen, kann durch die Kammer eine frühere Kenntnis gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 GWB von vermeintlichen Vergabeverstößen nicht unterstellt werden.*)
VolltextIBRRS 2005, 1786
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.02.2005 - 1 VK LVwA 03/05
1. Wollte man es dem Auftraggeber in die Hand geben, ein Rügeerfordernis durch wohl dosierte Informationsfreigabe zum selben Sachthema immer wieder neu aufleben zu lassen, so würde man den Sinn und Zweck einer Rüge aus den Augen verlieren und dem Auftraggeber ein Instrument in die Hände geben, dem potentiellen Antragsteller ohne Rechtfertigung im Rahmen eines allgemeinen Interessenausgleiches unnötige prozessuale Stolpersteine in den Weg zu legen.*)
2. Es gehört zum Gebot der Transparenz des Vergabeverfahrens, dass der öffentliche Auftraggeber alle wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens in den Vergabeakten dokumentiert.*)
3. Hinsichtlich der Fachkunde und Leistungsfähigkeit (vgl. §§ 12 und 13 VOF) kommt es auf die der Bietergemeinschaft insgesamt zur Verfügung stehende Kapazität an, hinsichtlich der Zuverlässigkeit (vgl. § 11 VOF) müssen die geforderten Voraussetzungen hingegen bei jedem Mitglied der Bietergemeinschaft vorliegen.*)
VolltextIBRRS 2005, 1776
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.05.2005 - 7 B 10356/05
§ 17a GVG ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechend anwendbar (Änderung der bisherigen Rechtsprechung im Beschluss vom 01. September 1992 – 7 E 11459/92.OVG -, DVBl. 1993, 260)*)
Für die gerichtliche Überprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge, auf die gemäß § 100 GWB die §§ 97 ff GWB nicht anwendbar sind, ist der Verwaltungsrechtsweg im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO gegeben.*)
VolltextIBRRS 2005, 1740
VK Sachsen, Beschluss vom 27.04.2005 - 1/SVK/032-05
1. Im Rahmen der Überprüfung auffälliger Cent-Positionen - auch nach § 24 VOB/A - kommt es bei der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammer einzig und allein darauf an, was der betroffene Bieter aufgrund einer fristgebundenen Vorlageverpflichtung des Auftraggebers in concreto zu deren Rechtfertigung vorlegen sollte - und auch vorgelegt hat -, nicht aber darauf, was etwa ein Allgemeinen Rundschreiben (hier das ARS 25/2004) abstrakt fordert oder welche Nachweise danach tauglich oder weniger tauglich erscheinen.*)
2. Würde man dies anders sehen wollen, hätte es die Vergabestelle in der Hand, eine an der Oberfläche bleibende Abfrage beim betroffenen Bieter vorzunehmen, um dessen Angebot dann - ohne konkrete Nachfrage oder Bietergespräch - nur deshalb nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A auszuschließen, weil dieser seiner (nur) aus dem Allgemeinen Rundschreiben abgeleiteten Nachweispflicht nicht tiefgründig genug nachgekommen ist. Bei einer derart sanktionierten Vorgehensweise wäre der Manipulation, insbesondere in mehrzügigen Entscheidungsprozessen mit unterschiedlichen Behörden, Tür und Tor geöffnet.*)
3. Hat somit ein Bieter - ohne dass überhaupt Anhaltspunkte für eine vom Bundesgerichtshof missbilligte Mischkalkulation vorliegen - zum einen die zum Nachweis der Kalkulationsansätze beizubringenden Preisermittlungsgrundlagen (Kalkulationsblätter, Ausschnitt aus der Urkalkulation) - wie einzig abgefordert - beigebracht und stimmen die dortigen Preisansätze mit den Einheitspreisen des Angebots-LV´s überein, so kann ein ggf. vorliegendes "non liquet" - ohne (nochmalige) vertiefte Prüfung samt erhöhtem Anforderungsniveau beim Bieter - nicht zum Ausschluss des Bieterangebots führen, da der Bieter dann das nach § 24 VOB/A Notwenige (zunächst) getan hat.*)
4. Im Übrigen liegt es nach allgemeiner Rechtsauffassung - so auch im Beschluss des BGH vom 18.05.2004 (X ZB 7/04) - im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten.*)
5. Die Vergabekammer Sachsen sieht sich dabei in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (B. v. 08.02.2005, Verg 100/04 (zur VOL/A)) und des Oberlandesgerichts Rostock (B. v. 15.09.2004, 17 Verg 4/04), wonach es ausreicht, dass ein Bieter auf Nachfrage eine plausible Erklärung für seiner Preisangabe abgibt und diese ersichtlich ernst gemeint abgegeben ist. Zudem hält es die Vergabekammer Sachsen im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 27.11.2001 in den verbundenen Rechtssachen Rs. C-285/99 und C-286/99) für unerlässlich, dem betroffenen Bieter rechtliches Gehör zu dem geplanten Ausschluss samt Begründung zu gewähren, zumal bei der Überprüfung auffälliger (Einzel-)Preispositionen im Gegensatz zur Sachlage bei einem insgesamt unangemessen erscheinenden Gesamtangebot keine neutrale Kostenschätzung des Auftraggebers vorliegt.*)
VolltextIBRRS 2005, 1733
EuG, Beschluss vom 02.06.2005 - Rs. T-125/05 R
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht.
2. Die Partei, die die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung beantragt, hat zu beweisen, dass sie die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen solchen Schaden zu erleiden.
3. Regelmäßig liegt kein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden vor, wenn lediglich behauptet wird, es käme zu einem finanziellen Schaden, da dieser Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann.
VolltextIBRRS 2005, 1732
EuGH, Urteil vom 02.06.2005 - Rs. C-394/02
1. Die Kommission braucht kein spezifisches Rechtsschutzinteresse nachzuweisen, wenn sie die ihr in Artikel 226 EG-Vertrag eingeräumten Zuständigkeiten wahrnimmt.
2. Die Ausnahmebestimmungen nach Art. 20 Abs. 2 b und c Sektorenrichtlinie 93/38/EWG sind als Ausnahme von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der durch das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf öffentliche Aufträge eingeräumten Rechte gewährleisten sollen, eng auszulegen. Zudem obliegt die Beweislast für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die in diesen Bestimmungen vorgesehene Ausnahme rechtfertigen, demjenigen, der sich auf sie berufen will.
3. Ein Mitgliedstaat kann sich auf eine Ausnahme, wie sie in Art. 20 Absatz 2 c Sektorenrichtlinie 93/38/EWG vorgesehen ist, nur berufen, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen, die kumulativ zu erfüllen sind: Zum einen müssen die Arbeiten, die Gegenstand des Auftrags sind, eine technische Besonderheit aufweisen, und zum anderen muss es aufgrund dieser technischen Besonderheit unbedingt erforderlich sein, den Auftrag an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben.
4. Für eine Ausnahme aus dringlichen zwingenden Gründen müssen kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit diese in Artikel 20 Absatz 2 d Sektorenrichtlinie 93/38/EWG vorgesehene Ausnahmeregelung mit Erfolg angeführt werden kann, nämlich ein unvorhersehbares Ereignis, dringliche zwingende Gründe, die die Einhaltung der in anderen Verfahren vorgeschriebenen Fristen nicht zulassen, sowie ein Kausalzusammenhang zwischen dem unvorhersehbaren Ereignis und den sich daraus ergebenden dringlichen zwingenden Gründen.
5. Die Notwendigkeit, die fraglichen Arbeiten innerhalb der Fristen auszuführen, die von der für die Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts zuständigen Behörde gesetzt worden sind, kann nicht als ein dringlicher zwingender Grund im Zusammenhang mit einem unvorhersehbaren Ereignis angesehen werden. Denn dass eine Behörde, deren Genehmigung für das betreffende Vorhaben erforderlich ist, Fristen vorschreiben kann, ist ein vorhersehbarer Umstand des Verfahrens zur Genehmigung dieses Vorhabens.
VolltextIBRRS 2005, 1731
EuGH, Urteil vom 02.06.2005 - Rs. C-15/04
Das zuständige Gericht ist verpflichtet, die nationalen Vorschriften unangewendet zu lassen, die es daran hindern, die Verpflichtung aus den Artikeln 1 Absatz 1 und 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung zu beachten.*)
VolltextIBRRS 2005, 1728
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2005 - Verg 93/04
1. Rechtsprechung und Literatur haben sich bislang überwiegend dafür ausgesprochen, einen Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB, der zugleich Auftraggeber gemäß der Nr. 2 von § 98 GWB ist, aus Gründen der Spezialität von § 98 Nr. 2 GWB einheitlich nach den für Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 2 GWB geltenden Anforderungen zu behandeln.
2. Macht ein Antragsteller mit dem Nachprüfungsantrag geltend, der Auftragswert sei in kollusivem Zusammenwirken des Auftraggebers mit einem Bieter willkürlich herabgesetzt worden, ist für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags dieses Vorbringen als wahr zu unterstellen, da anderenfalls dem Antragsteller die nach dem Zweck der §§ 102 ff. GWB einzuräumende Möglichkeit verwehrt wird, die streitige Vergabe im Rechtsweg auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu lassen.
3. Der Primärrechtsschutz scheidet auch dann aus, wenn ein Vertrag auf der Basis einer "de-facto-Vergabe" geschlossen wurde und kein Nichtigkeitsgrund eingreift.
4. Die Entscheidung, welcher Gegenstand oder welche Leistung mit welcher Beschaffenheit und mit welchen Eigenschaften im Vergabeweg beschafft werden soll, obliegt dem (öffentlichen) Auftraggeber.
5. Die Festlegung besonderer Leistungsmerkmale durch den Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung muss sachlich vertretbar sein.
VolltextIBRRS 2005, 1727
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2005 - Verg 23/05
1. Nebenangebote sind nur wertbar, wenn der öffentliche Auftraggeber für sie Mindestanforderungen festgelegt hat.
2. Ist das Angebot des Antragstellers auszuschließen, so kann der Fortgang des Vergabeverfahrens grundsätzlich weder dessen Interessen berühren, noch kann der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung vergaberechtlicher Bestimmungen in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein.
3. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur für den Fall, in welchem der öffentliche Auftraggeber bei gebührender Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern gleichermaßen auch das allein in der Wertung verbliebene Angebot des Beigeladenen oder sämtliche tatsächlich in die Wertung gelangten Angebote hätte ausschließen und (zum Beispiel) ein neues Vergabeverfahren hätte durchführen müssen.
VolltextIBRRS 2005, 1726
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2005 - Verg 10/05
1. Eine bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer gegenüber einem Beteiligten des Vergabekammerverfahrens hindert den Vergabesenat aus prozessualen Gründen daran, die Entscheidung der Vergabekammer in diesem Punkt wiederaufzugreifen.
2. Die Entscheidung, einem bestimmten Bieter den Auftrag zu erteilen, kann von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur ausnahmsweise getroffen werden, nämlich dann, wenn unter Beachtung aller bestehenden Wertungsspielräume der Vergabestelle die Erteilung des Zuschlags an einen bestimmten Bieter die einzig rechtmäßige Entscheidung ist.
VolltextIBRRS 2005, 1713
OLG München, Beschluss vom 15.03.2005 - Verg 2/05
1. Zur Überprüfung der Eignung darf der Auftraggeber unter anderem nach § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A von den Bewerbern Bescheinigungen oder (Eigen-)Erklärungen zu dem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A enthaltenen Katalog verlangen, der in Buchst. a) bis f) Gesichtspunkte enthält, die der Eignung entgegenstehen.
2. In § 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A ist eine Mitwirkungspflicht der Bewerber normiert. Deren Nichtbeachtung kann nicht dazu führen, dass dem Auftraggeber eigene Recherchen obliegen, die gerade durch die Mitwirkungspflicht der Bewerber vermieden werden sollen.
3. Erwägt der Auftraggeber den Ausschluss eines Unternehmers vom Wettbewerb nach einem in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A genannten Grund, so muss er diesem zuvor rechtliches Gehör gewähren. Dies ist aber nicht geboten, wenn ein Bewerber die ausdrücklich geforderten Nachweise nicht mit seinem Teilnahmeantrag vorlegt.
4. Der Umstand, dass andere Bewerber gegebenenfalls zu Unrecht berücksichtigt wurden, bedeutet nicht, dass auch der Antragsteller zu Unrecht zu berücksichtigen gewesen wäre.
VolltextIBRRS 2005, 1704
VK Bund, Beschluss vom 28.04.2005 - VK 1-35/05
1. Zuverlässig i. S. v. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist, wer die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung und für eine ordnungsgemäße Betriebsführung bietet. Hierzu gehört, dass er bisher seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, zu denen vor allem die Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben gehören. Der finanzielle Aspekt der Leistungsfähigkeit verlangt, dass das Unternehmen über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, seinen laufenden Verpflichtungen gegenüber seinem Personal, dem Staat und sonstigen Gläubigern nachzukommen. Dementsprechend nennt auch § 7 Nr. 5 lit. d) VOL/A die nicht ordnungsgemäße Zahlung der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge als einen Tatbestand, bei dem erhebliche Zweifel an der Eignung eines Bieters bestehen.
2. Es steht gemäß § 7 Nr. 4 VOL/A grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers, ob und welche Eignungsnachweise er verlangt, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Anwendung findet. Der Anwendungsbereich der Ermessensnorm des § 7 a Nr. 5 VOL/A ist nur eröffnet, wenn der Auftraggeber sein Ermessen nicht bereits in einer ihn bindenden Form ausgeübt hat.
3. Gemäß § 97 Abs. 7 GWB kann jeder Bieter die Beachtung und Einhaltung von Vorgaben beanspruchen. Die unterbliebene oder nicht rechtzeitige Vorlage der geforderten Eignungsnachweise zieht zwangläufig den Ausschluss des von dem betreffenden Bieter abgegebenen Angebots nach sich. Irgendein Entscheidungsspielraum steht dem Auftraggeber insoweit nicht zu. Ansonsten jene Bieter benachteiligt würden, die sich ordnungsgemäß im Sinne der Verdingungsunterlagen verhalten haben. Ein Abweichen von den Vorgaben der Verdingungsunterlagen scheidet hier von vornherein aus. Soweit ein öffentlicher Auftraggeber erst nach Ablauf der Angebotsfrist erkennt, dass ein Abweichen von zwingenden Vorgaben der Verdingungsunterlagen - aus welchen Gründen auch immer - erforderlich ist, bleibt ihm nur die Aufhebung der Ausschreibung, falls die Voraussetzungen des § 26 VOL/A gegeben sind.
4. Der Ausspruch einer Verpflichtung zur Erteilung des Zuschlags an den Antragsteller entzieht sich grundsätzlich der Anordnungsbefugnis der Nachprüfungsorgane und kann allenfalls getroffen werden, wenn nur die Zuschlagserteilung als einzig rechtmäßige Entscheidung in Betracht kommt.
VolltextIBRRS 2005, 1703
VK Bund, Beschluss vom 06.05.2005 - VK 3-28/05
1. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A schreibt vor, dass dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet werden soll, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann. Der Auftragnehmer soll danach nur gewöhnliche Wagnisse tragen müssen. Grundsätzlich bezieht sich diese Vorschrift also auf Fälle, in denen die Verteilung der vertraglichen Risiken anders geregelt werden soll als dies nach dem allgemeinen Vertragsrecht der Fall wäre. Es ist gerade die vor dem Hintergrund des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A zu beantwortende Frage, ob der Auftraggeber befugt ist, verschuldensunabhängige und von keiner Partei zu vertretenden Umstände auf den Auftragnehmer abzuwälzen.
2. Für die Feststellung, ob ein Wagnis "ungewöhnlich" ist und daher nicht dem Auftragnehmer aufgebürdet werden darf, ist darauf abzustellen, ob die Höhe des Risikos und die Wahrscheinlichkeit seiner Verwirklichung für den branchenkundigen und erfahrenen Bieter selbst konkret einzuschätzen sind und er die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Angebotspreis zu ermessen vermag. Ein Wagnis ist nicht "ungewöhnlich", wenn es auf andere Weise, insbesondere auch durch eine entsprechend erhöhte Vergütung abgedeckt und damit ausgeglichen wird. Dies ist nach Art und Umfang der nachgefragten Leistung im konkreten Einzelfall zu beurteilen, wobei auch die Branchenüblichkeit bestimmter Risiken zu berücksichtigen ist. Wagnisse, die in der betreffenden Branche typisch und üblich sind, sind nicht ungewöhnlich, sondern für den erfahrenen, fachkundigen, verständigen Bieter vorhersehbar und somit in seiner Festlegung des Angebotspreises durch Abschätzung der zu erwartenden Kosten kalkulierbar.
3. Hat sich der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag ausdrücklich, bewusst und gewollt in einen Interessengegensatz zu dem Beigeladenen gestellt, entspricht es der Billigkeit, dem unterliegenden Antragsteller die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beigeladenen aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO analog), wenn sich der Beigeladene aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt und damit das Verfahren wesentlich gefördert hat.
VolltextIBRRS 2005, 1702
VK Bund, Beschluss vom 20.04.2005 - VK 1-23/05
1. Bei einem ungewöhnlich niedrigen Angebot verfügt die Vergabestelle über keinerlei Ermessen dahingehend, ob sie eine Überprüfung durchführt oder davon absieht. Die Aufklärungspflicht setzt ein, sobald die Vergabestelle Anhaltspunkte für einen ungewöhnlich niedrigen Angebotspreis hat.
2. Die Vergabestelle kann eine Grenze für das Einsetzen der Aufklärungspflicht selbst festlegen.
3. Die Regelung des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A dient in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor der Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos, nicht jedoch dem Schutz des Bieters vor seinem eigenen zu niedrigen Angebot.
4. Es kann dem Auftraggeber nicht zugemutet werden, ein ihm unauskömmlich erscheinendes Angebot zunächst anzunehmen und bei nicht ordnungsgemäßer Leistungserbringung seine Rechte sodann auf der Ebene der Vertragsdurchführung durchzusetzen. Das Vergaberecht will gerade dies verhindern, indem es Angebote, die erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erwarten lassen, von vornherein aus dem Kreis der zuschlagsfähigen Angebote ausschließt.
5. Bei einem ungewöhnlich niedrigen Angebot geht die Beweislast im Falle eines Aufklärungsersuchens der Vergabestelle auf den Bieter über, der den Anschein der Unauskömmlichkeit zu widerlegen hat.
6. Bei der Frage, ob die Vergabestelle auch nach Überprüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebots noch so erhebliche Zweifel an der Auskömmlichkeit des Angebots haben darf, dass ihr ein Zuschlag auf das Angebot wegen der damit verbundenen Risiken nicht zugemutet werden kann, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber zwar keinen Ermessensspielraum, dafür aber einen Beurteilungsspielraum, der einer nur eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die Vergabekammer unterliegt.
7. Beschränken sich bei einem ungewöhnlich niedrigen Angebot die Erklärungen des Bieters überwiegend auf generalisierende Aussagen (Organisation der Arbeitsabläufe sowie auf die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter), kann das Angebot ausgeschlossen werden.
VolltextIBRRS 2005, 1689
VK Bund, Beschluss vom 09.02.2005 - VK 2-03/05
1. Fehlende wesentliche Preisangaben in einem geforderten Preisblatt führen zwingend zum Angebotsausschluss.
2. Fehlende geforderte Angaben und Erklärungen (Preisblätter) führen zwingend zum Angebotsausschluss.
3. Auf die fehlende geforderte Vorlage eines Meisterbriefs kann ein Angebotsausschluss nicht gestützt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1688
OLG Dresden, Beschluss vom 14.03.2005 - WVerg 3/05
§ 116 Abs. 2 GWB ist in Kostenangelegenheiten nicht anwendbar.*)
VolltextIBRRS 2005, 1647
OLG Naumburg, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 Verg 3/05
1. Wird der Antrag auf Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen zurückgenommen, fehlt es an einer formellen Voraussetzung für die Fortführung des Vollstreckungsverfahrens. Dieses ist einzustellen; hinsichtlich bereits getroffener Zwangsvollstreckungsanordnungen sollte - deklaratorisch - deren Wirkungslosigkeit ausgesprochen werden.*)
2. Die Vorschriften des § 128 GWB zur Kostenentscheidung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer finden auch im Vollstreckungsverfahren Anwendung.*)
3. Als "Veranlasser" des Vollstreckungsverfahrens i.S.v. § 5 Abs. 1 VwKostG LSA ist der Vollstreckungsschuldner jedenfalls dann anzusehen, wenn der Antragsteller z.Zt. seiner Antragstellung von der Notwendigkeit eines Vollstreckungsverfahrens zur Durchsetzung der Entscheidung der Vergabekammer bzw. des Vergabesenats ausgehen durfte.*)
4. Im Vollstreckungsverfahren ist die für die Tätigkeit der Vergabekammer festzusetzende Gebühr regelmäßig allein ausgehend von der gesetzlichen Mindestgebühr zu bestimmen.*)
VolltextIBRRS 2005, 1646
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2005 - Verg 12/05
Um Bieter im Vergabeverfahren mit Erklärungspflichten zu belasten, muss der Auftraggeber die Erklärungen "fordern", das heißt, für das konkrete Vergabeverfahren ausdrücklich verlangen und eindeutig bestimmen, dass und zu welchem Zeitpunkt sie beizubringen sind. Unterlässt er dies, erwächst den Bietern im Vergabeverfahren keine Erklärungspflicht.
Volltext