Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2005
IBRRS 2005, 1620LG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2005 - 12 O 225/04
1. Ein potenzieller Bieter hat einen Anspruch auf Rücknahme einer Vergabesperre, wenn ihm keine schweren Verfehlungen i.S.v. 8 Nr. 5 Abs. 1 c VOB/A vorgehalten werden können.
2. Bloße Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, mögen sie auch Gegenstand eines Rechtsstreites oder eines selbständigen Beweisverfahrens sein, sind noch keine "schwere Verfehlung".
VolltextIBRRS 2005, 1617
VK Bund, Beschluss vom 12.01.2005 - VK 3-218/04
1. Die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots durch eine Vergabestelle erfordert einen wertenden Vergleich der eingereichten Angebote unter Berücksichtigung der aufgestellten und bekannt gemachten Wertungskriterien. Bei dieser Wertungsentscheidung steht der Vergabestelle ein von der Vergabekammer nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer darf nur prüfen, ob die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums eingehalten worden sind, indem die Vergabestelle von einem zutreffend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum zutreffend interpretiert hat und ihre Einschätzung nicht auf unsachgemäßen bzw. willkürlichen Erwägungen beruht, weil sie insbesondere einen sich im Rahmen des Gesetzes und der Beurteilungsermächtigung haltenden Beurteilungsmaßstab zutreffend angewendet hat.
2. Ob und inwieweit der Beigeladene Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie notwendige Aufwendungen eines Verfahrensbeteiligten zu tragen hat, richtet sich nach § 128 Abs. 3, Abs. 4 GWB. Hiernach hat ein Verfahrensbeteiligter Verfahrenskosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt; zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten hat er zu erstatten, soweit die Anrufung der Vergabekammer erfolgreich ist. Als ein "unterliegender" Beteiligter in diesem Sinne ist ein Beigeladener jedoch nur anzusehen, wenn er zur Hauptsache einen Antrag gestellt hat und wenn und soweit in der Hauptsache entgegen seinem Antrag entschieden worden ist.
VolltextIBRRS 2005, 1616
VK Thüringen, Beschluss vom 28.04.2005 - 360-4002.20-005/05-MGN
1. Hat ein Bieter zum Zeitpunkt der Erarbeitung der eigenen Nebenangebote Kenntnis von den seiner Meinung fehlenden bzw. ungenügenden Mindestbedingungen für Nebenangebote und erfolgt die entsprechende Rüge erst ca. drei Monate nach der Angebotseröffnung, ist die Rüge nicht mehr unverzüglich.
2. Es gehört zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots, dass jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben werden muss, der für die betreffende Leistung – tatsächlich - beansprucht wird. Erfolgt dieses nicht, ist das Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A auszuschließen.
3. Ist ein Bieter nicht in der Lage, nachzuweisen, dass die von ihm angebotenen Einheitspreise den tatsächlich von ihm geforderten Betrag für die Leistung gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet weitere Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für die Leistung tatsächlich gefordert werden.
4. Unklare Angaben zu Nachunternehmerleistungen führen zwingend zum Angebotsausschluss.
VolltextIBRRS 2005, 1615
VK Bund, Beschluss vom 26.01.2005 - VK 3-224/04
1. Die falsche Bezeichnung des Antragsgegners ist nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen dann unerheblich, wenn nach den Gesamtumständen erkennbar ist, gegen wen sich eine Klage bzw. - im Nachprüfungsverfahren nach dem 4. Teil des GWB - ein Nachprüfungsantrag wirklich richtet. In diesem Fall ist ein Nachprüfungsantrag entsprechend auszulegen bzw. umzudeuten.
2. Es stellt eine unzulässige Doppelberücksichtigung von Eignungskriterien - um solche handelt es sich bei Mitarbeiterzahl-/qualifikation und Umsatz Planungsleistung, vgl. § 13 Abs. 2 b) und d) VOF - dar, wenn diese nach bereits festgestellter Eignung nochmals auf einer Auswahlstufe, herangezogen werden.
3. Es gibt keinen allgemeingültigen Grundsatz dergestalt, dass ein öffentlicher Auftraggeber bzw. Auslober verpflichtet ist, eine Matrix, die er im Rahmen seiner Auswahlentscheidung anwenden will, bereits in der Bekanntmachung veröffentlichen muss. Diese Verpflichtung besteht nur in dem Fall, dass die Matrix tatsächlich vorher aufgestellt wurde. Ob jedoch eine Bewertungsmatrix vor Einleitung des Vergabeverfahrens, hier des Architektenwettbewerbs, festgelegt werden muss, wenn sie dann später zur Anwendung kommen soll, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.
4. Auch wenn es sich um eine Auswahl für die Teilnahme an einem Wettbewerb nach § 20 VOF und nicht um ein Vergabeverfahren geht, besteht die Pflicht, eine zeitnahe Dokumentation der wesentlichen Verfahrensschritte und Entscheidungen einschließlich deren Begründungen in einem fortlaufend zu führenden Vermerk festzuhalten. Dies ist als eine Ausprägung des allgemeinen Transparenzgrundsatzes anzusehen. Dieser Grundsatz einschließlich der sich daraus ergebenden Dokumentationspflicht gilt auch für die Auswahl von Wettbewerbsteilnehmern nach § 20 Abs. 5 VOF, die ebenso wie Bewerber oder Bieter in einem Vergabeverfahren einen Anspruch darauf haben, die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung zu erfahren und zur Überprüfung zu stellen. Ohne entsprechende Dokumentation ist es nicht möglich, zu kontrollieren, ob der Beurteilungsspielraum, der zweifelsohne auch bei der Bewerberauswahl nach § 20 Abs. 5 VOF gegeben ist, fehlerfrei ausgeübt wurde.
5. Eine Nachholung der unterbliebenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren, das möglicherweise erst Monate nach der Auswahlentscheidung stattfindet, ist nicht möglich. Die Durchführung von Architektenwettbewerben mit in der Regel mehreren Hundert Bewerbungen muss de facto aber noch handhabbar und damit in der Praxis durchführbar bleiben. Um diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen, darf die Anforderung an die Dokumentationspflicht nicht überspannt werden. Auf der anderen Seite kann aber der legitime Anspruch der Bewerber darauf, zu erfahren, warum ihre Bewerbung nicht erfolgreich war, ebenso wenig negiert werden und nicht zur Gänze hinter die praktischen Probleme zurücktreten. In Anlehnung an § 13 VgV ist vermittelnd zwischen den genannten Interessen davon auszugehen, dass die Akte schlagwortartig den tragenden Grund für die Nichtberücksichtigung wiedergeben muss.
VolltextIBRRS 2005, 1602
OLG Celle, Beschluss vom 12.05.2005 - 13 Verg 5/05
Der Antragsteller kann erst im Nachprüfungsverfahren erkannte Vergaberechtsverstöße zum Gegenstand des Verfahrens machen, auch wenn sich der Nachprüfungsantrag darauf zunächst nicht bezieht. Dies gilt auch dann, wenn das Nachprüfungsverfahren aufgrund eines nicht den Anforderungen des § 107 Abs. 2, 3 GWB genügenden Antrags eingeleitet worden ist.*)
VolltextIBRRS 2005, 1598
BayObLG, Beschluss vom 20.04.2005 - Verg 026/04
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sich im Nichtoffenen Verfahren bereits vor Eingang der Bewerbungen festzulegen, wie viele Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordern will, und dies in der Vergabebekanntmachung - sei es als Zahl oder Marge - mitzuteilen.*)
2. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)
VolltextIBRRS 2005, 1595
BayObLG, Beschluss vom 20.04.2005 - Verg 26/04
1. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, sich im Nichtoffenen Verfahren bereits vor Eingang der Bewerbungen festzulegen, wie viele Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordern will, und dies in der Vergabebekanntmachung - sei es als Zahl oder Marge - mitzuteilen.*)
2. Die Entscheidung des Auftraggebers, wie viele und welche Bewerber er zur Angebotsabgabe auffordert, muss auf sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen beruhen. Sind solche Gründe nicht ersichtlich, insbesondere weder im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert noch im Verfahren dargelegt, hat der Auftraggeber sein Auswahlermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.*)
VolltextIBRRS 2005, 1588
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 12.04.2005 - Rs. C-231/03
1. Die Artikel 43 EG-Vertrag und 49 EG-Vertrag sind dahin auszulegen, dass sie grundsätzlich eine Verpflichtung zur Transparenz festlegen.*)
2. Die Artikel 43 EG-Vertrag und 49 EG-Vertrag stehen aber nicht in jedem Fall einer Direktvergabe, d. h. einer Vergabe ohne Vergabebekanntmachung bzw. ohne Aufruf zum Wettbewerb, entgegen.*)
3. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Direktvergabe in einem Vergabeverfahren wie dem des Ausgangsverfahrens zulässig ist, hat der nationale Richter im Sinne einer Marktanalyse zu berücksichtigen, für welche Wirtschaftsteilnehmer die geplante Vergabe im Hinblick auf den potenziellen Wettbewerb von Interesse ist, wobei der Wert und der Gegenstand der Vergabe eine entscheidende Rolle spielen.*)
VolltextIBRRS 2005, 1585
VK Bund, Beschluss vom 09.12.2004 - VK 2-118/04
1. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB setzt die Antragsbefugnis auf Seiten des Antragstellers zum einen die konkrete Möglichkeit einer Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB voraus. Als weitere Voraussetzung muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass dem Antragsteller durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit der zweiten Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot des Antragstellers bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass die Chancen des Antragstellers auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind. Voraussetzung für einen Schaden in diesem Sinne ist daher, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verstoß und der Beeinträchtigung einer "echten Chance" auf den Zuschlag. Kausal ist der Verstoß nur dann, wenn er nicht hinweggedacht werden kann, ohne das die Beeinträchtigung der "echten Chance" in ihrer konkreten Gestalt entfiele. Eine "echte Chance" auf Zuschlagserteilung besteht für den Antragsteller nicht mehr, wenn der Auftraggeber die Aufhebung der Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. d) VOL/A in rechtmäßiger Weise vorgenommen hat. Aber auch wegen einer möglichen Verletzung seiner Rechte im ursprünglichen Vergabeverfahren besteht kein Kausalitätsverhältnis mehr. Die rechtmäßige Aufhebung der Ausschreibung hat die Kausalitätskette zwischen einer Verletzung von Rechten der beteiligten Bieter im ursprünglichen Vergabeverfahren und der erforderlichen "echten Chance" auf Zuschlagserteilung unterbrochen.
2. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Beigeladenen ist aus Gründen der Waffengleichheit notwendig, wenn der Antragsteller ebenfalls anwaltlich vertretenen ist, um den gegen die zu seinem Gunsten bestehende Zuschlagsentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag abzuwehren.
VolltextIBRRS 2005, 1584
VK Bund, Beschluss vom 16.12.2004 - VK 2-205/04
1. Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GWB setzt die Antragsbefugnis auf Seiten der ASt zum einen die konkrete Möglichkeit einer Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB voraus. Als weitere Voraussetzung muss die konkrete Möglichkeit bestehen, dass der Antragsteller durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Mit der zweiten Voraussetzung soll verhindert werden, dass ein Bieter, der auch bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren keinerlei Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebotes und auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann. Es kommt damit entscheidend darauf an, dass das Angebot der Antragsteller bei ordnungsgemäß durchgeführtem Vergabeverfahren zumindest eine Aussicht auf Berücksichtigung gehabt hätte. Es muss die Möglichkeit bestehen, dass die Chancen der Antragsteller auf den Zuschlag durch den Fehler im Vergabeverfahren gemindert worden sind
2. Kommt eine Zuschlagsentscheidung nicht in Betracht kommt, entfällt die Antragsbefugnis des Antragstellers. Selbst wenn man mit dem Bundesverfassungsgericht die Antragsbefugnis bejahte, wäre aus denselben Erwägungen der Antrag als unbegründet anzusehen, wenn der Antragsteller nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und damit keine Chance auf den Zuschlag gehabt hat.
VolltextIBRRS 2005, 1583
OLG München, Beschluss vom 27.01.2005 - Verg 2/05
1. Die Vergabestelle kann eine Erklärung zu den Ausschlussgründen des § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A ohne Anfangsverdacht oder gar konkretisierten Verdacht verlangen (§ 8 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A). Auch von einem überregional bedeutenden Bauunternehmen kann die Erklärung verlangt werden.
2. Die Vergabestelle kann die Erklärung in Form einer Selbsteinschätzung des Bewerbers verlangen. In diesem Fall ist eine Erklärung des Bewerbers, dass der ausschreibende öffentliche Auftraggeber ihn nicht von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen habe, nicht ausreichend und kann, unter dem Gesichtspunkt einer Obliegenheitsverletzung des Bewerbers, zum Ausschluss führen.
3. Dieser Ausschluss kann ohne Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs unmittelbar auf die ungenügende Mitwirkung gestützt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1582
OLG Celle, Beschluss vom 12.05.2005 - 13 Verg 6/05
1. Kündigt der Auftraggeber einen Dienstleistungsvertrag und schreibt er die Dienstleistung neu aus, fehlt dem Nachprüfungsantrag des Bieters, der Vertragspartner des bisherigen Vertrages war, das Rechtsschutzbedürfnis, soweit er geltend macht, die Kündigung sei unwirksam.*)
2. Zu den Anforderungen, die § 8 Nr. 1 VOL/A an eine Leistungsbeschreibung stellt.*)
IBRRS 2005, 1580
VK Bund, Beschluss vom 27.01.2005 - VK 1-225/04
1. Für die Zulässigkeit von Nebenangeboten ist es erforderlich, dass in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen erläutert werden, die Nebenangebote erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können.
2. Dem Antragsteller ist ein Schaden entstanden bzw. droht zu entstehen, wenn durch die gerügten Verstöße gegen die Vergabevorschriften die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag beeinträchtigt worden sind oder die Zuschlagschancen zumindest verschlechtert worden sein können.
3. Die Möglichkeit eines drohenden oder bereits entstandenen Schadens besteht dann nicht, wenn das Angebot des Antragstellers keinerlei Aussicht auf den Zuschlag hat.
VolltextIBRRS 2005, 1579
VK Bund, Beschluss vom 11.01.2005 - VK 2-220/04
1. Bei der Prüfung der Eignung eines Bieters ist die Wertung des Auftraggebers von der Vergabekammer daraufhin zu überprüfen, ob die Verfahrensregeln eingehalten worden sind, ob ein zutreffend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegen hat, ob gültige Bewertungsmaßstäbe angewandt und keine sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.
2. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich aber auch ausreichend, dass schlüssig behauptet wird, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen.
3. Darüber hinaus hat der Bieter zu behaupten, ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt zu haben, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.
VolltextIBRRS 2005, 1563
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.02.2005 - 15 A 1065/04
1. Die mit einem Zuwendungsbescheid verbundene Bestimmung des § 3 ANBest-G (Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden), wonach bei der Vergabe von Aufträgen zur Erfüllung des Zuwendungszwecks die nach dem Gemeindehaushaltsrecht anzuwendenden Vergabegrundsätze zu beachten sind, ist eine Auflage i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG-NRW.*)
2. Zum sogenannten Verhandlungsverbot i.S.v. § 24 VOB/A.*)
3. Führt die technische Änderung eines Bauvorhabens zu einer Reduzierung des Angebotspreises um mehr als 10 Prozent, so handelt es sich grundsätzlich nicht mehr um eine technische Änderung geringen Umfangs i.S.v. § 24 Nr. 3 VOB/A.*)
VolltextIBRRS 2005, 1496
VK Südbayern, Beschluss vom 01.09.2004 - 53-08/04
1. Zur Frage der Unverzüglichkeit einer Rüge.*)
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unbegründet, wenn ein Bieter ein unvollständiges Angebot abgegeben hat und daher wegen Fehlens geforderter Erklärungen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b VOB/A i. V. m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zwingend auszuschließen war.*)
3. § 25 Nr. 3 VOL/A; Zur Feststellung von ortsüblichen Mieten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.*)
4. Gemäß § 9a VOL/A sind in den Ausschreibungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben. Die Vergabestelle hat jedoch mit einer Vielzahl von für die Bieter nicht erkennbaren Unterkriterien die Wertung vorgenommen. Der Vergabestelle ist bei der Entscheidung der Rückgriff auf solche Anforderungen/Unterkriterien verwehrt, die weder in der Vergabebekanntmachung noch in der Ausschreibung zum Ausdruck gekommen sind.*)
VolltextIBRRS 2005, 1495
VK Südbayern, Beschluss vom 23.08.2004 - 48-07/04
1. Sondervorschläge sind nur dann wertbar, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat (EuGH vom 16.10.2003, IBR 2003, 683).*)
2. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne dass aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so dass sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.
VolltextIBRRS 2005, 1491
VK Südbayern, Beschluss vom 19.10.2004 - 60-08/04
1. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB besteht die Rügeobliegenheit nur für die dem Antragsteller bekannten Vergabefehler. Kenntnis in diesem Sinn setzt einmal die positive Kenntnis der einen Vergabefehler (tatsächlicher oder vermeintlicher Art) ausmachenden Tatsachenumstände, außerdem aber auch die zumindest laienhafte rechtliche Wertung des Antragstellers voraus, dass die bekannten Tatsachen den Schluss auf eine Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen rechtfertigen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.08.2000 - Verg 9/00). Eine rechtliche Verpflichtung des Antragstellers, sich die - über einen etwa bestehenden Verdacht hinaus - zur Erhebung einer Rüge erforderlichen Tatsachenkenntnisse durch eigenes Tun zu verschaffen und/oder bislang ungewisse rechtliche Bedenken durch Einholen anwaltlichen Rechtsrats zu erhärten, besteht grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme hiervon mag in dem Fall anerkannt werden, in welchem der Kenntnisstand des Antragstellers in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht einen solchen Grad erreicht hat, dass ein weiteres Verharren in Unkenntnis als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes gewertet werden muss. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung der Rügeobliegenheit hat - wie sich aus dem Wortlaut des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB ergibt - im Streitfall der Auftraggeber nachzuweisen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.07.2001 - Verg 16/01 -, VergabeR 2001, 419, 421).*)
2. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A darf die Beschreibung technischer Merkmale nicht die Wirkung haben, dass bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse bevorzugt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dass eine solche Beschreibung durch die zu vergebende Leistung gerechtfertigt ist. Diese Bestimmung bezweckt, eine Verengung oder sogar Ausschaltung des Wettbewerbs durch eine einseitige Orientierung des öffentlichen Auftraggebers auf bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse zu verhindern und den Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerber zu wahren. Die Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOL/A enthält eine Ausnahmeregelung. Eine Beschreibung technischer Merkmale in der vorgenannten Weise ist zulässig, wenn sie durch die zu vergebende Leistung gerechtfertigt ist. Gemeint ist, dass die geforderte Leistung aus objektiven, in der Sache selbst liegenden Gründen nicht anders beschrieben werden kann, als dass als Ergebnis der Leistungsbeschreibung nahezu zwangsläufig nur bestimmte Unternehmen oder Erzeugnisse für die Angebotsabgabe in Betracht kommen können. Dieser Umstand wird letztlich auf einen ganz spezifischen, durch andere Bieter oder Produkte nicht zu deckenden Bedarf, der sich aus der besonderen Aufgabenstellung des Bedarfsträgers ergibt, zurückzuführen sein.*)
3. § 7 a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A 2. Abschnitt dient der Transparenz des Vergabeverfahrens (§ 97 Abs. 1 GWB) und der Gleichbehandlung aller Bieter (§ 97 Abs. 2 GWB). Aus der Verpflichtung des Auftraggebers, die geforderten Nachweise schon in der Bekanntmachung anzugeben, folgt im Umkehrschluss das Verbot, nach der Vergabebekanntmachung andere oder zusätzliche Nachweise zu fordern oder den Bietern über § 7 a Nr. 2 Abs. 3 Satz 2 VOL/A 2. Abschnitt hinaus die Vorlage anderer als der bekannt gemachten Nachweise zu gestatten.*)
4. Gemäß der den Rechtsweg in Vergabesachen begründenden Bestimmung des § 104 Abs. 2 S. 1 GWB können Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, außer vor den Vergabeprüfstellen nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden. Der Rechtsweg nach § 104 Abs. 2 S. 1 GWB ist vorliegend nicht gegeben, weil die auf die patentrechtlichen Vorschriften gestützten "sonstigen Ansprüche" der Antragstellerin nicht gegen eine Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind.*)
VolltextIBRRS 2005, 1427
VK Bund, Beschluss vom 11.02.2005 - VK 2-223/04
1. Zwar hat gem. § 8 Nr. 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Nr. 5 lit. l VOB/A bei öffentlicher Ausschreibung die Vergabestelle in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt wird. Die Bestimmung betrifft ihrer systematischen Stellung nach aber nur solche Nachweise, die die Eignung des Bieters betreffen, Belege für die Eignung des Bieters im Sinne von Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.
2. Der Inhalt der geforderten Erklärung als auch der Zeitpunkt der Abgabe müssen von dem Auftraggeber mit der im Vergabeverfahren erforderlichen Eindeutigkeit festgelegt werden. Die mit dem Fehlen von Erklärungen verbundenen schwerwiegenden Folgen gebieten es, dass die ausschreibende Stelle eindeutig bestimmt, welche Erklärungen sie für die Angebotswertung fordert. Eindeutig feststehen muss aus Gründen der Gleichbehandlung auch, zu welchem Zeitpunkt die Erklärungen vorliegen müssen. Aufgrund einer Unklarheit in den Verdingungsunterlagen kann sich die Nichtvorlage oder fehlerhafte Vorlage der geforderten Belege nicht zum Nachteil der Bieter z.B. in Form eines Ausschlusses aus dem Vergabeverfahren auswirken.
3. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 GWB muss die geeignete Maßnahme zur Beseitigung der Rechtsverletzung des Antragstellers getroffen werden, die gleichzeitig den geringsten Eingriff in den Fortgang des Vergabeverfahrens darstellt. Eine Aufhebung der Ausschreibung gem. § 26 Nr. 1 lit. b oder c VOB/A wegen Unklarheit der Verdingungsunterlagen muss aber nicht in Betracht gezogen werden. Auch wenn die Vergabeunterlagen nicht hinreichend erkennen lassen, zu welchem Zeitpunkt die Bieter welche Erklärung abgeben sollen, verlangt der Mangel keine grundlegende Neufassung der Verdingungsunterlagen. Hierfür wäre es notwendig, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Verdingungsunterlagen für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden ist.
VolltextIBRRS 2005, 1413
VK Bund, Beschluss vom 26.01.2005 - VK 1-219/04
1. Die Entscheidung über den Ausschluss eines Bieters vom weiteren Verfahren ist eine solche wesentliche Entscheidung, die besonders sorgfältig zu dokumentieren ist. § 30 Abs. 1 VOL/A schreibt insoweit vor, dass eine Entscheidung auch eine Begründung enthalten muss, die so detailliert zu sein hat, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar ist. Andernfalls sind die Entscheidungen der Vergabestelle nicht transparent und somit weder für die Nachprüfungsinstanzen noch für die Bieter überprüfbar.
2. § 24 Nr.1 Abs. 1 VOL/A berechtigt den Auftraggeber von einzelnen Bietern weitergehende Erläuterungen zu verlangen, um die Einhaltung der Bedingungen der Verdingungsunterlagen zu überprüfen. Er darf dabei nur mit solchen Bietern verhandeln, bei denen Zweifel über das Angebot oder den Bieter bestehen.
VolltextIBRRS 2005, 1412
VK Bund, Beschluss vom 24.03.2005 - VK 1-14/05
1. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A liegen nicht vor, wenn den Verdingungsunterlagen nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass die Bieter mit Angebotsabgabe neben Art und Umfang der vorgesehenen Nachunternehmerleistungen auch die jeweils vorgesehenen Nachunternehmer zu benennen haben, und es sich bei einer Benennung von Nachunternehmern um keine geforderte Erklärung im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A handeln kann. Ein Ausschluss trotz einer fehlenden Eindeutigkeit der Verdingungsunterlagen verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 97 Abs. 2 GWB bzw. § 2 Nr. 2 VOB/A.
2. Es liegt ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nach § 30 Nr. 1 VOB/A vor, wenn in den Vergabeakten eine ordnungsgemäße Wertung - soweit sie überhaupt stattgefunden hat - jedenfalls nicht dokumentiert ist. Gemäß § 30 Nr. 1 VOB/A ist ein Vermerk zu fertigen, der die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthält. Dazu gehört insbesondere die Wertung der Angebote anhand der vorgegebenen Wertungskriterien.
3. Nach Art. 19 Abs. 2 der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG können Auftraggeber Nebenangebote nur dann berücksichtigen, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen entsprechen und diese Mindestanforderungen zuvor in den Verdingungsunterlagen erläutert worden sind. Die Erläuterung in den Verdingungsunterlagen ermöglicht den Bietern, in gleicher Weise von den Mindestanforderungen Kenntnis zu nehmen, und dient damit dem Transparenzgrundsatz, der die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet. Es ist nicht ausreichend, dass in den Verdingungsunterlagen auf eine nationale Vorschrift verwiesen worden war, die wiederum nur das Erfordernis der Gleichwertigkeit der Nebenangebote statuierte.
4. Dem Transparenzgrundsatz ist nur dann gedient, wenn ein Mindestmaß an inhaltlichen Vorgaben, denen die Nebenangebote entsprechen müssen, in den Verdingungsunterlagen enthalten ist.
5. Im Rahmen von europaweiten Vergaben kann nicht mehr grundsätzlich gefordert werden, dass Bieter einen Teil der ausgeschriebenen Leistungen im eigenen Betrieb erbringen und dürfen auch Generalübernehmer nicht von vornherein von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
VolltextIBRRS 2005, 1410
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.2004 - 11 Verg 8/04; 11 Verg 9/04; 11 Verg 10/04
Die Formstrenge des Vergabeverfahrens verlangt zwingend, dass Angebote, die verspätet eingegangen sind, von der Wertung auszuschließen sind.
VolltextIBRRS 2005, 1409
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.11.2004 - Verg 50/04
Die Vergabekammer bleibt für die Festsetzung der in ihrer Instanz entstandenen Aufwendungen auch dann zuständig, wenn mit der Beschwerde nicht die Hauptsache, d.h. die Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag, sondern isoliert eine Nebenentscheidung angegriffen wird. Zweckmäßigkeitsüberlegungen allein vermögen ein abweichendes Ergebnis nicht zu rechtfertigen.
VolltextIBRRS 2005, 1402
VK Hessen, Beschluss vom 02.12.2004 - 69d-VK-72/2004
1. § 15 Abs. 2 AEG räumt dem Auftraggeber ein Ermessen ein, gemeinwirtschaftliche Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens zu vergeben oder mit einem möglichen Vertragspartner frei über die Ausgestaltung und den Abschluss eines Vertrages zu verhandeln.*)
2. Wenn der Auftraggeber von der Wahlmöglichkeit, die Leistungen nach § 15 AEG im Rahmen eines förmlichen Verfahrens auszuschreiben, Gebrauch macht, gelten die §§ 97 ff. GWB mit der Folge, dass das Ausschreibungsverfahren dem Vergaberechtsregime unterliegt und die Nachprüfung durch die Nachprüfungsorgane möglich ist.*)
3. Nachrangige Leistungen, die im Anhang I B der VOL/A aufgelistet sind, unterfallen dem Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB. Der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen ist eröffnet. Bei nachrangigen Leistungen des Anhangs I B der VOL/A ist lediglich der Überprüfungskatalog verringert.*)
4. Ist dem Bieter der Verstoß gegen das Vergaberecht bekannt und hat er diesen bereits selbst umfassend rechtlich bewertet, rechtfertigt die Einschaltung eines anwaltlichen Vertreters keine Verlängerung der Rügefrist.*)
5. Eine vorsorgliche Rüge zu einem Zeitpunkt, zu dem noch kein Verstoß gegen Vergaberecht vorliegt, ist unzulässig.*)
VolltextIBRRS 2005, 1385
OLG Naumburg, Beschluss vom 06.04.2005 - 1 Verg 2/05
1. Eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung der Vergabekammer ist nach § 116 Abs. 1 GWB auch dann statthaft, wenn sie allein auf die vermeintlich fehlerhafte Bestimmung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit gestützt wird.*)
2. Der Gegenstandswert für die Berechnung der im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer angefallenen Rechtsanwaltsgebühren bestimmt sich nach § 50 Abs. 2 GKG n.F. i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 3 RVG und beträgt 5 % der Bruttoauftragssumme. Das gilt auch, wenn der Antragsteller mit seinem Nachprüfungsantrag die Aufhebung der Ausschreibung anstrebt.*)
3. Bei der Berechnung des Gegenstandswertes eines befristeten Dienstleistungsauftrages ist als Bruttoauftragssumme das Entgelt während der gesamten Vertragslaufzeit (hier: 10 Jahre), ggf. einschließlich Verlängerungsoption, zu berücksichtigen (so schon OLG Naumburg, Beschluss vom 30. Dezember 2002, 1 Verg 11/02 = NZBau 2003, 464).*)
VolltextIBRRS 2005, 1384
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.04.2005 - VK-SH 06/05
Zur Kostentragung bei Antragsrücknahme.*)
VolltextIBRRS 2005, 1381
VK Bund, Beschluss vom 28.01.2005 - VK 3-221/04
1. Bietet der Auftraggeber in der Mitteilung nach § 13 VgV ein Gespräch an, kann es einem Bieter nicht angelastet werden, wenn er den Gesprächstermin zunächst abwartet und erst danach entsprechende Rügen erhebt.
2. Ein Verstoß gegen Vergabevorschriften bei der Zuschlagserteilung hinsichtlich der Gewichtung des Preises ist nur dann anzunehmen, wenn der Angebotspreis von seinem Gewicht her am Rande der Bewertung steht oder der Zuschlag losgelöst von preislichen Überlegungen erteilt wird.
3. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, Leistungen, die er aufgrund eigener Erfahrungen in der Vergangenheit bedarfsgerecht ausgeschrieben und bewertet hat, bei jeder Neuausschreibung abzuändern nur um den bisherigen Anbietern keinen (vermeintlichen) Wettbewerbsvorteil zu eröffnen.
4. Die Ausschreibung von Rahmenverträgen ohne Abrufverpflichtung des Auftraggebers sind nicht generell unzulässig.
VolltextIBRRS 2005, 1368
LG Schwerin, Urteil vom 13.11.2003 - 4 O 78/03
Ein kommunales Wohnungsbauunternehmen, das zwar als juristische Person des Privatrechts organisiert ist, jedoch im Eigentum der öffentlichen Hand steht, ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 17 Nr. 6 Abs. 4 VOB/B.
VolltextIBRRS 2005, 1362
VG Koblenz, Beschluss vom 31.01.2005 - 6 L 2617/04
1. Zu der Frage, ob auf eine Vergabeentscheidung im Verteidigungsressort der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
2. Bestehen im Zusammenhang mit den Umständen einer Beschaffung Unklarheiten, ob sich das Ressort gerechtfertigterweise auf die Ausnahme der militärischen Hardware berufen kann, so hat das Ressort an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken und den richterlichen Hinweisen Folge zu leisten. Ansonsten verliert sein Vorbringen jedwede Glaubwürdigkeit.
3. Jedes Beschaffungsvorhaben - auch im Bereich des Verteidigungsressorts - entspricht einem Verwaltungsverfahren und muss daher grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an Transparenz und auch Justiziabilität entsprechen. Dies beinhaltet auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die eine wirksame inhaltliche Kontrolle beinhaltet.
VolltextIBRRS 2005, 1334
VK Bund, Beschluss vom 14.02.2005 - VK 3-164/04
Die anwaltliche Vertretung eines Beigeladenen kann die Ausschöpfung der Rahmengebühr (2,5fache Geschäftsgebühr) gemäß § 14 RVG i.V.m. Nr. 2400 VV rechtfertigen, auch wenn die Beiladung erst kurz vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens ausgesprochen wurde.
VolltextIBRRS 2005, 1332
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.04.2005 - 1 Verg 1/05
1. Es bleibt offen, ob es Zulässigkeitsvoraussetzung eines Feststellungsantrages nach § 123 S. 3 GWB ist, dass der Antrag in angemessener Frist nach Kenntniserlangung von der Zuschlagserteilung gestellt wird oder zeitlich unbefristet gestellt werden kann.
2. Ein Feststellungsantrag nach § 123 S. 3 GWB ist nur bei einem ursprünglich zulässigen Antrag auf Primärrechtsschutz und Erledigung während des Nachprüfungsverfahrens zulässig.
3. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn das Angebot eines Bieters nach rechnerischer Prüfung auf dem 5. Rang liegt und der Bieter keinerlei Anhaltspunkte dafür vorträgt, weshalb die vier ersten Angebote nicht gewertet werden können.
4. Die mündliche Verhandlung ist wieder zu eröffnen, wenn das Gericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs feststellt.
5. Eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht besteht für das Beschwerdegericht nur soweit, als der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Überlegung der sich aufdrängenden Gestaltungsmöglichkeiten dazu Anlass geben.
VolltextIBRRS 2005, 3667
OVG Thüringen, Beschluss vom 18.11.2004 - 2 EO 1329/04
Für eine Verweisung des Rechtsstreits an die Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt besteht mangels einer zu analoger Anwendung des § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG berechtigenden Regelungslücke keine Rechtsgrundlage.
VolltextIBRRS 2005, 1331
VK Lüneburg, Beschluss vom 08.04.2005 - VgK-10/2005
1. Begrifflich nicht den Nachunternehmern zuzurechnen sind solche Unternehmer, die selbst keine Teile der in Auftrag gegebenen Bauleistung erbringen, sondern in Hilfsfunktionen tätig sind. Dazu gehören beispielsweise regelmäßig Fuhrunternehmer sowie Baumaschinen- und Geräteverleiher.
2. Dem Auftraggeber kommt bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters ein Ermessensspielraum zu. Dieser ist nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, insbesondere ob die Vergabestelle ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt worden ist oder ob die Entscheidung durch sachfremde Erwägungen bestimmt ist.
3. Zu den Begriffen der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.
4. Zur Wertung von Angeboten konzernverbundener Unternehmen.
5. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beigeladenen folgt aus analoger Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO.
VolltextIBRRS 2005, 1330
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.04.2005 - VgK-9/2005
1. Zweck der §§ 21 Nr. 1 Abs. 3, 25 Abs. 1 lit. d) VOL/A ist es, sicherzustellen, dass das Angebot den ausgeschriebenen Leistungen und den sonstigen Verdingungsunterlagen entspricht. Geschützt wird dadurch sowohl der Wettbewerb wie auch die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich der eigenverantwortlichen Bestimmung des Auftragsgegenstandes.
VolltextIBRRS 2005, 1329
VK Thüringen, Beschluss vom 14.04.2005 - 360-4003.20-017/05-G-S
1. Für die Bejahung der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist es allein erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf die Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.
2. Die Vergabestelle ist nicht zur Bekanntmachung von Unterkriterien verpflichtet.
3. Die Nichterfüllung von Ausschlusskriterien bedeutet eine Änderung an den Verdingungsunterlagen und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
4. Die Nichtangabe des zur Vergabe an Nachunternehmer vorgesehenen Leistungsumfangs bedeutet eine Änderung an den Verdingungsunterlagen und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
5. Die Beifügung eigener Geschäftsbedingungen trotz eines entsprechenden Ausschlusses in den Verdingungsunterlagen bedeutet eine Änderung an den Verdingungsunterlagen und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
6. Eine bayerische kommunale Eigengesellschaft ist durch die Bayerische Gemeindeordnung nicht gehindert, eine Tätigkeit außerhalb des Gemeindegebietes auszuführen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig oder nützlich erscheint.
VolltextIBRRS 2005, 1325
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 21.04.2005 - Rs. C-174/03
1. Eine Einrichtung, deren einzige geschäftliche Tätigkeit im Seeverkehr besteht, ist vom Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG ausgenommen und unterliegt nicht hilfsweise der Richtlinie Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG. Es obliegt dem nationalen Gericht, zu bestimmen, ob die in Rede stehende Einrichtung ihre Tätigkeiten ausschließlich auf dem ausgenommenen Sektor des Seeverkehrs betreibt.*)
2. Wenn Einrichtungen, die sonst als öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG einzustufen wären, bei der Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeiten auf einem unbeschränkt zugänglichen Markt den Kräften des Wettbewerbs ausgesetzt sind, ist die Sektorenrichtlinie 93/38/EWG nicht anwendbar. Bei der Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, muss das nationale Gericht prüfen, ob auf dem betreffenden Markt rechtlich und tatsächlich Wettbewerb herrscht und ob die in Rede stehende Einrichtung ohne den Schutz der Behörden tätig wird, die mit wirtschaftlicher Betätigung verbundenen geschäftlichen und finanziellen Risiken übernimmt, nicht auf die Staatskasse zurückgreifen kann, um mögliche Verluste auszugleichen, und letztlich das Risiko der Insolvenz trägt.*)
3. Wenn die Sektorenrichtlinie 93/38/EWG auf einen Auftraggeber anwendbar ist und dieser seine Tätigkeiten sowohl unmittelbar den Kräften des Wettbewerbs ausgesetzt auf einem unbeschränkt zugänglichen Markt als auch im Rahmen eines faktischen Monopols ausübt, so muss er die Verpflichtungen aus der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG beachten, sofern er nicht dartun kann, dass sich die in Rede stehenden Aufträge ausschließlich auf die Tätigkeiten beziehen, die unmittelbar den Wettbewerbskräften ausgesetzt sind, und dass keine Quersubventionierung zwischen diesen Tätigkeiten und den Tätigkeiten erfolgt, die unter wettbewerbsfreien Bedingungen erfolgen.*)
4. Technische Spezifikationen, die unter Artikel 18 der Sektorenrichtlinie 93/38/EWG fallen, müssen vor der Auswahl eines Zuschlagsempfängers festgelegt werden und möglichen Bietern durch Mittel, die die Transparenz gewährleisten und alle möglichen Bieter gleichbehandeln, zur Kenntnis gebracht oder zugänglich gemacht werden. Es obliegt dem nationalen Gericht, zu entscheiden, ob in jedem Fall die vom öffentlichen Auftraggeber verwendeten Mittel zur Unterrichtung der möglichen Bieter über die technischen Spezifikationen diese Voraussetzungen einhalten. Gewöhnlich wird es ausreichen, die allgemeinen Unterlagen, die technische Spezifikationen enthalten, allen interessierten Unternehmen rechtzeitig und unter gleichen Voraussetzungen ohne weiteres zugänglich zu machen.*)
VolltextIBRRS 2005, 1324
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 21.04.2005 - Rs. C-29/04
1. Die Kommission muss in einer nach Artikel 226 EG eingereichten Klageschrift die Rügen, über die der Gerichtshof entscheiden soll, genau angeben und zumindest in gedrängter Form die rechtlichen und tatsächlichen Umstände darlegen, auf die diese Rügen gestützt sind. Die Klageschrift muss den betroffenen Mitgliedstaat in die Lage versetzen, seine Verteidigung wahrzunehmen und sämtliche von der Kommission gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückzuweisen.
2. Ein Rechtssubjekt, das als eine gesonderte Rechtspersönlichkeit rechtlich selbstständig ist, kann nicht als Teil eines öffentlichen Auftraggebers angesehen werden, sobald ein Privatunternehmen am Gesellschaftskapital beteiligt ist.
3. Hieran ändert auch nichts die Tatsache, dass der Beschluss, eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der GmbH zu treffen, zu einem Zeitpunkt gefasst wurde, als die GmbH noch zu 100% der Gemeinde gehörte.
4. Um eine Beziehung als öffentlichen Auftrag qualifizieren zu können, ist zu prüfen, ob der Auftrag in Form eines Vertrages geschlossen wurde und ob eine geldwerte Gegenleistung vereinbart wurde.
VolltextIBRRS 2005, 1312
EuG, Beschluss vom 31.01.2005 - Rs. T-447/04
1. Die Kommission verfügt über einen weiten Spielraum bei der Beurteilung der Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu berücksichtigen sind; die Kontrolle des Gemeinschaftsgerichts muss sich auf die Nachprüfung der Frage beschränken, ob ein schwerer und offenkundiger Fehler vorliegt.
2. Wird in einer Klausel der Verdingungsunterlagen vorgegeben, dass sämtliche Positionen mit ihren Preisen bezeichnet werden müssen, so muss jeder Posten mit Preis versehen werden und darf nicht in einem anderen Posten enthalten sein. Denn sonst könnte ein Bieter sein Gesamtpreisverhältnis künstlich verbessern und damit das beste Gesamtpreisverhältnis erzielen, ohne dass jedoch der Gesamtwert seines Angebotes der niedrigste wäre.
3. Der Zweck des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist nicht die Sicherung eines Schadensersatzes, sondern die Sicherung der vollen Wirksamkeit des Urteils zur Hauptsache. Zur Erreichung des zuletzt genannten Zieles müssen die begehrten Maßnahmen in dem Sinne dringlich sein, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten müssen.
4. Die Partei, die die einstweiligen Anordnungen beantragt, ist dafür beweispflichtig, dass sie die Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache nicht abwarten kann, ohne einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zu erleiden.
5. Nach Artikel 233 EG obliegt es dem Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Daher ist zum einen das Gericht, das die Nichtigerklärung ausspricht, nicht befugt, dem Organ, das den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hat, Einzelheiten der Durchführung der gerichtlichen Entscheidung vorzuschreiben. Zum anderen darf das Gericht der einstweiligen Anordnung nicht den Maßnahmen vorgreifen, die nach einem Nichtigkeitsurteil getroffen werden könnten. Die Einzelheiten der Durchführung eines Nichtigkeitsurteils hängen nicht nur von der für nichtig erklärten Bestimmung und der Tragweite dieses Urteils ab, die sich anhand von dessen Gründen beurteilt, sondern auch von den Umständen des Einzelfalls, wie etwa der Frist, innerhalb deren die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts erfolgt, oder den Interessen der betroffenen Dritten.
VolltextIBRRS 2005, 1303
VK Sachsen, Beschluss vom 25.11.2004 - 1/SVK/110-04
1. Wenn der Auftraggeber eine mögliche Unzuständigkeit der Vergabekammer nicht gerügt, sondern sich rügelos auf ein Verfahren vor der Vergabekammer einlässt, kann die Vergabekammer ihre Zuständigkeit selbst annehmen.
2. Nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB muss der Antragsteller substantiiert behaupten, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden bereits entstanden ist oder zu entstehen droht. Zudem muss gemäss § 108 Abs. 2 GWB die Antragsbegründung u.a. eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung enthalten. Dies hat zumindest so umfassend zu erfolgen, dass die Vergabekammer die Antragsbefugnis feststellen kann. Fehlt es daran, ist der Antrag sowohl wegen eines Verstoßes gegen § 108 als auch gegen § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB unzulässig. Ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 110 GWB folgt daraus, dass die diesbezügliche Darlegungslast bei dem antragstellenden Unternehmen liegt.
3. Gemäß § 6 Absatz 2 VOF dürfen Sachverständige weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein und beteiligt werden. Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer und von leistungsfremden Einflüssen freier Bieterwettbewerb nur dann gewährleistet ist, wenn einzelne Bieter den öffentlichen Auftraggeber nicht zugleich bei der Vorbereitung oder Durchführung der Vergabe sachverständig unterstützen. Eine derartige Mitwirkung verschafft dem betreffenden Bieter nämlich die Möglichkeit, im Rahmen des ihm erteilten Sachverständigenauftrags Einfluss auf das Vergabeverfahren - wie auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen oder das Ergebnis der Angebotswertung - zu nehmen, und vermittelt ihm aufgrund seines Wissensvorsprungs zugleich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Bewerbern um den ausgeschriebenen Der Begriff des Sachverständigen ist in der VOF nicht weiter definiert, wohl aber ist festzustellen, dass er in der VOF, wie auch in der VOL/A (§6) und VOB/A (§7) in ähnlichem Sinnzusammenhang genannt wird. Unter "Sachverständige" im Sinn des § 6 VOF sind demnach Personen zu verstehen, die aufgrund ihrer Aus- und Weiterbildung, ihres Wissens und auch ihrer Erfahrung in der Lage sind, sich für bestimmte Fachbereiche gutachterlich zu äußern. Der Sachverständigenbegriff setzt also keine behördliche Zulassung oder kein, durch Ablegung einer Prüfung nachgewiesenes, qualifiziertes Wissen voraus, sondern knüpft an die besondere Fachkunde an. Nach § 6 Absatz 2 VOF dürfen solche Sachverständigen weder mittelbar noch unmittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein oder werden. Unmittelbare Beteiligung bedeutet, dass der betreffende Sachverständige Inhaber oder Leiter eines Unternehmens ist, das sich am Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag beteiligt. Dabei betrifft der Begriff der betreffenden Vergabe alle Stadien des Verfahrens von der Aufgabenbeschreibung bis zum Vertragsschluss. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bereits durch seine Arbeiten einen erheblichen Wissensvorsprung gegenüber den Mitbewerbern und die Möglichkeit hat, auf seinen Leistungen zum Nachteil der Mitbewerber aufbauen zu können . Ein Bieter soll nicht die Möglichkeit haben, einen Wissensvorsprung zum Nachteil der Mitbewerber ausnutzen zu können.
4. Der Bieter gibt durch seine Teilnahme am Wettbewerb grundsätzlich zu erkennen, dass er aus seiner Sicht in der Lage ist, die Gesamtleistung vertragsgerecht zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Bieter zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die er selbst nicht besitzt, darf nicht allein zum zwingenden Ausschluss dieses Bieters aus der Wertung führen. In einem solchen Fall muss der Bieter jedoch zur Gewissheit des Auftraggebers mit Angebotsabgabe resp. innerhalb der Bewerbungsfrist darlegen, dass diesem tatsächlich während des gesamten Auftragszeitraums diejenigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen werden, auf die der Bieter zurückgreifen will. Will der Bewerber eine Zurechnung fremder Kompetenzen erreichen, hat er mithin im Vergabeverfahren, vor Angebotswertung nachzuweisen, dass er tatsächlich über die den fremden Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt. Dabei können bloße Behauptungen nicht als ausreichend angesehen werden. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Bewerber von sich aus nachweist, dass er auf die Leistungsfähigkeit der benannten Unternehmen auch tatsächlich zugreifen kann.
5. Bei der Bewertung der Eignung resp. Leistungsfähigkeit verfügt der Auftraggeber über einen weiten Beurteilungsspielraum. Wenn aber die Vergabestelle hinsichtlich des Ausschlusses eines Bieters einen Ermessensspielraum hat und eine solche Ermessensentscheidung, wenn auch inzident, bereits getroffen hat, ist ihr in einem solchen Fall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben grundsätzlich verwehrt, von dieser einmal getroffenen Ermessensentscheidung wieder abzurücken.
6. Wenn der Schwerpunkt der Entscheidung auf der Frage der Anwendbarkeit des § 6 Absatz 2 VOF und der hierzu entwickelten Rechtsprechung liegt und darüber hinaus Fragen der Beweislast hinsichtlich einer möglichen Vorbefasstheit streitig sind und zudem handelsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Fragen eine Rolle spielen, dann ist die Beurteilung dieser komplizierten Materien ohne rechtlichen Beistand den Parteien nicht zuzumuten, weshalb die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für notwendig erachtet wird.
VolltextIBRRS 2005, 1298
VK Sachsen, Beschluss vom 18.11.2004 - 1/SVK/108-04
1. Eine Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses hat gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2. Abschnitt zwingend den Angebotsausschluss zur Folge. Das bedeutet zugleich, dass dem Antragsteller als chancenlose Bieter entgegengehalten werden kann, zur Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahren nicht antragsbefugt zu sein, weil insoweit der Fortgang des Vergabeverfahrens weder seine Interessen berühren noch der Antragsteller durch eine etwaige Nichtbeachtung des Vergaberechts in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB auf Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt sein kann. Mittlerweile ist jedoch anerkannt, dass eine Antragsbefugnis jedenfalls dann gegeben ist, wenn der öffentliche Auftraggeber bei Beachtung des als verletzt gerügten Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur das Angebot des antragstellenden Bieters, sondern gleichermaßen auch die in der Wertung verbliebenen Angebote der anderen Bieter hätte ausschließen und ein neues Vergabeverfahren hätte durchführen müssen.
2. Ein nicht alle geforderten Angaben und Erklärungen enthaltendes Angebot ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A in Reduzierung des zunächst eingeräumten Entschließungsermessens der Vergabestelle auf Null regelmäßig zwingend auszuschließen, wenn die Erklärungsdefizite für die Position des Bieters im Wettbewerb von Belang sind.
3. Dem Bieter ist zwar grundsätzlich gem. § 21 Nr. 1 Absatz 1 Satz 2 VOL/A die Möglichkeit eröffnet, Erläuterungen auf einer gesonderten Anlage dem Angebot beizufügen. Unter Erläuterungen sind aber lediglich Schilderungen zu verstehen, die über den Bedeutungsinhalt der in § 21 Nr. 1 Absatz 1 Satz 1 VOL/A verwendeten Begriffe "Angaben" und Erläuterungen" nicht hinausgehen. Solche Erläuterungen dürfen nur dann gemacht werden, wenn die Eigenart des Leistungsgegenstandes eine gewisse Erläuterungsbedürftigkeit nach sich zieht. Keinesfalls aber darf sich der Bieter durch objektiv nicht notwendige Erläuterungen einen Vorteil zu verschaffen suchen. Der Bieter soll mit diesen Erläuterungen auch nicht versuchen, unterschwellig einen Änderungsvorschlag bzw. ein Nebenangebot zu unterbreiten. Er sollte diese Erläuterungen dann als solche Änderungsvorschläge etc. deutlich kennzeichnen.
4. Gemäß § 6 Nr. 3 VOL/A dürfen Sachverständige weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein und beteiligt werden. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass ein fairer und von leistungsfremden Einflüssen freier Bieterwettbewerb nur dann gewährleistet ist, wenn einzelne Bieter den öffentlichen Auftraggeber nicht zugleich bei der Vorbereitung oder Durchführung der Vergabe sachverständig unterstützen. Eine derartige Mitwirkung verschafft dem betreffenden Bieter nämlich die Möglichkeit, im Rahmen des ihm erteilten Sachverständigenauftrags Einfluss auf das Vergabeverfahren (z. B. auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen oder das Ergebnis der Angebotswertung) zu nehmen, und vermittelt ihm aufgrund seines Wissensvorsprungs zugleich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen Bewerbern um den ausgeschriebenen Auftrag. Nach § 6 Nr. 3 VOL/A dürfen Sachverständige weder mittelbar noch unmittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein.
5. Unter "Sachverständige" im Sinn des § 6 VOL/A sind Personen zu verstehen, die aufgrund ihrer Aus- und Weiterbildung, ihres Wissens und auch ihrer Erfahrung in der Lage sind, sich für bestimmte Fachbereiche gutachterlich zu äußern.
6. Unmittelbare Beteiligung bedeutet, dass der betreffende Sachverständige Inhaber oder Leiter eines Unternehmens ist, das sich am Wettbewerb um den zu vergebenden Auftrag beteiligt.
VolltextIBRRS 2005, 1297
VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2004 - 1/SVK/105-04
1. Nebenangebote sind nur wertbar, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat. Aus dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 BKR ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen. Denn nur eine Erläuterung in den Verdingungsunterlagen ermöglicht den Bietern in gleicher Weise die Kenntnis von den Mindestanforderungen, die ihre Änderungsvorschläge erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können. Es geht dabei um eine Verpflichtung zur Transparenz, die die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter gewährleisten soll.
2. Es handelt sich auch um ein Nebenangebot, wenn ohne Änderung des Leistungsinhalts eine andere Vergütungsart, als in der Ausschreibung verlangt (Pauschalpreisangebot) angeboten wird. Das Pauschalangebot beinhaltet also keine technisch vom Leistungsverzeichnis abweichende Lösung, sondern vielmehr eine Abweichung hinsichtlich des Bauvertragstyps: Angebot eines Pauschalvertrages statt - wie in der Ausschreibung vorgesehen - eines Einheitspreisvertrages. Ein Pauschalpreisnebenangebot ist inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn der Bieter erklärt, dass sämtliche Leistungen, die in dem Leistungsverzeichnis der Vergabestelle aufgeführt sind, auch in dem Pauschalpreisnebenangebot enthalten sind.
3. Nebenangebote, die nicht vollständig sind und entsprechend § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 entsprechen, sind im Zusammenhang mit § 25 Nr. 1 Abs. 1b zwingend auszuschließen.
4. Nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A können Bietergespräche geführt werden, jedoch sind dabei Nachverhandlungen - wie Zusicherung zur Übernahme des Kostenrisikos bei etwaigen Änderungen des Mengengerüstes durch den Bieter bzw. Abgleich der Angaben - untersagt. § 24 VOB/A ist eine bieterschützende Vorschrift.
5. Auch eine Erklärung über einen solchen Preisnachlass ohne Bedingungen kann in Form eines Nebenangebotes abgegeben werden, denn ein Nebenangebot setzt lediglich eine Abweichung vom geforderten oder abgegebenen Angebot voraus, wobei diese Abweichung jeglicher Art sein kann, unabhängig von ihrem Grad, ihrer Gewichtung oder ihrem Umfang. Das bedeutet gleichzeitig, dass nicht nur technische Abweichungen, sondern auch solche wirtschaftlicher, rechtlicher oder rechnerischer Art als Nebenangebot zu qualifizieren sind. Auch der Grundsatz der Transparenz im Vergaberecht steht diesem nicht entgegen. Zwar wird dadurch, dass der Preisnachlass nicht bereits im Haupt- sondern nur im Nebenangebot abgegeben wird, die Verlesung des Angebotspreises im Eröffnungstermin vermieden. Nach § 22 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VOB/A werden die Endbeträge der Angebote sowie den Preis betreffenden Angaben verlesen. Dies gilt jedoch nur für das Hauptangebot; zum Inhalt der Nebenangebote wird nichts Näheres bekannt gemacht. Damit ist der Endpreis des Hauptangebotes letztlich ein anderer, obwohl der Preisnachlass isoliert im Nebenangebot vermerkt und damit nicht verlesen worden ist. Dennoch führt es nicht zu einem Ausschluss der Prüf- und Wertungsfähigkeit des Angebotes, wenn zu verlesende Angaben nach § 22 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A nicht verlesen werden, da es sich bei dieser Vorschrift um eine reine Formvorschrift handelt. Allerdings hat ein Bieter entsprechend § 21 Nr. 4 VOB/A Preisnachlässe ohne Bedingungen an einer vom Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen bezeichneten Stelle aufzuführen.
6. Schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Messbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, ist es unabdingbar, dass die Zuschlagskriterien vorher, d.h. bei der Auforderung zur Angebotsabgabe, bekannt werden, damit sich die interessierten Unternehmen hierauf einstellen können.
VolltextIBRRS 2005, 1296
VK Sachsen, Beschluss vom 09.09.2004 - 1/SVK/073-04
1. Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Veranlasst hat das Nachprüfungsverfahren der Antragsteller. Dies gilt auch dann, wenn sich das Verfahren ohne Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache erledigt hat, denn die Veranlassung des Verfahrens bleibt nach wie vor bestehen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach sind Kosten in Abweichung von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG nicht dem Antragsteller, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, soweit dieser im Verfahren unterliegt. Zu einer Kostentragungspflicht auch des Auftraggebers würde man danach nur gelangen, wenn der Auftraggeber dem Nachprüfungsverfahren unterlegen wäre.
2. Aus § 128 GWB ergibt sich kein Anspruch eines Antragstellers auf Erstattung seiner Aufwendungen. Die Anrufung der Vergabekammer war weder erfolgreich, noch hat es eine abhelfende Entscheidung gegeben, wie § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB dies voraussetzt. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Auslagen seines Gegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Der Antragsteller kann seinen Erstattungsantrag auch nicht auf die in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB für entsprechend anwendbar erklärten Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder stützen. In dem hier maßgeblichen § 80 VwVfG, welcher entsprechend des SächsVwVfG vollumgänglich zur Anwendung kommt, ist nämlich eine Kostenauferlegung für den Fall der anderweitigen Erledigung ebenfalls nicht vorgesehen.
VolltextIBRRS 2005, 1295
VK Sachsen, Beschluss vom 16.12.2004 - 1/SVK/118-04
1. Die Anforderungen an die Darlegung eines drohenden Schadens in Verfahren nach der VOL/A müssen gering angesehen werden, da der Bieter mangels Submissionstermins seine eigene Wettbewerbsstellung nicht sicher beurteilen kann.
2. Auch derjenige muss nach § 13 VgV informiert werden, der zwar ein solches Angebot abgegeben hat, aber diese nicht innerhalb der gesetzten Einreichungsfrist dem Verhandlungsleiter zugegangen ist. Denn § 23 Nr. 1 a) VOL/A bestimmt lediglich, dass verspätet eingegangene Angebote nicht geprüft zu werden brauchen.
3. Wenn fälschlicherweise ein Eignungskriterium wie die Fachkunde als Zuschlagskriterium verlautbart wird und dies vom Antragsteller nicht gemäß § 107 Abs. 3 GWB - weil aus der Bekanntmachung nach S. 2 erkennbar - bis zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt wird, dann kann auch die Vergabekammer den Auftraggeber nicht verpflichten, verbindliche "Zuschlagskriterien", auf die sich sämtliche Bieter vor Angebotsabgabe eingestellt haben und dies auch durften, nunmehr bei der entscheidenden Auswahl unberücksichtigt zu lassen.
4. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A regeln die Behandlung sog. ungewöhnlich niedriger Angebote (= Dumping-Angebote). Dabei hat der Auftraggeber das vorgesehene Verfahren zur Ermittlung eines unangemessen niedrigen Angebotes einzuhalten. Dabei ist von vornherein einzustellen, dass sowohl die Vergabekammer als auch das zweitinstanzliche Oberlandesgericht lediglich zu einer Kontrolle von Wertungsentscheidungen, nicht aber zu einer eigenständigen Ausübung derselben anstelle des Auftraggebers befugt sind. Der Vergaberechtsschutz beschränkt auf die Umstände, ob insbesondere
* das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde,
* von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde
* sachgemäße (oder sachwidrige) Erwägungen in die Wertung einbezogen wurden.
Mit europäischen Vergaberecht ist es zudem unvereinbar, wenn es einem Auftraggeber erlaubt ist, Angebote, die einen die Ungewöhnlichkeitsschwelle überschreitenden Preisnachlass aufweisen, ausschließlich unter Berücksichtigung der zu den vorgeschlagenen Preisen gegebenen Erläuterungen als ungewöhnlich niedrig abzulehnen, ohne dass den Bietern die Möglichkeit gegeben wird, nach Eröffnung der Angebote ihren Standpunkt zu denjenigen Bestandteilen der angebotenen Preise darzulegen, die Argwohn hervorgerufen haben. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A reicht es nicht aus, sich einzelne Bestandteile des Angebots gesondert heraus zu picken, ohne auch später hin zu dokumentieren, ob und wie die auffälligen Leistungsparameter mit Vorgaben des Auftraggebers oder vergleichbaren Leistungszahlen der Konkurrenten, insbesondere des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens abweichen oder sich im üblichen Rahmen halten. Schon aus dem Wortlaut des § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ergibt sich, dass diese Prüfung eine Einzelfallprüfung ist, die lediglich vorgenommen werden muss, wenn der Angebotsendpreis unangemessen niedrig erscheint. Wenn dies in einer ersten Prüfung im Rahmen der 3. Wertungsstufe festgestellt wird, ist in einer zweiten Phase zu prüfen, ob damit auch ein Missverhältnis zwischen der geforderten Leistung und dem angebotenen niedrigen Preis besteht. Erst wenn dies - unter Gewährung rechtlichen Gehörs - vom Auftraggeber festgestellt wurde, darf das Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt bleiben.
5. Soweit ein Antragsteller oder auch die knapp hinter ihm liegenden Konkurrenten ggf. sog. Dumpingpreise angeboten haben könnten, kann dies die Nichtberücksichtigung aller drei Bieter zusammen tatsächlich rechtfertigen. Darüber hinaus ist aber auch eine wettbewerbliche Verdrängungsabsicht (Verstoß gegen GWB oder UWG)gefordert, die in der Tat schwer nachzuweisen ist und spricht dem Auftraggeber das grundsätzliche Recht zu, auch unterpreisige Angebote zu bezuschlagen. Bei dieser Sachlage muss der Bieter auf Verlangen des Auftraggebers individuelle und nachprüfbare Sonderkonditionen (etwa nachgewiesene Einsparungen, Bezugspreise, Rabatte) nach schriftlicher Aufforderung benennen. Diese Vorteile sind dem Bieter im Rahmen einer fiktiven "Internen Addition zum Angebotspreis" zu berücksichtigen. Liegt der abschließende fiktive Angebotspreis unter Beachtung nur der glaubwürdigen Einsparpotenziale danach wieder unter 10 % zum Nächstbieter und der eigenen Kostenschätzung , so kann von der Wahrscheinlichkeit eines angemessenen Preises ausgegangen werden. Nur wenn der Bieter keine, nur pauschale oder keine plausiblen Erklärungen für sein Niedrigstangebot abgibt, ist das Angebot nicht zu berücksichtigen, wobei auch die Regelung des § 24 Nr. 2 VOL/A ergänzend herangezogen werden kann. Verweigert nämlich ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot - allein deshalb - unberücksichtigt bleiben (vgl. auch § 24 Nr. 2 VOL/A). Es können aber selbst Niedrigstpreisangebote wettbewerblich begründet sein können. Als anerkannte Beispiele kämen der Verzicht auf Kostendeckung aus Gründen der Kapazitätsauslastung und das Verschaffen von Marktzugang (Newcomer) in Betracht. Ein Ausschluss ist jedoch dann unumgänglich ist, wenn der Bieter die Unangemessenheit des Preises nicht aufklären kann oder will.
VolltextIBRRS 2005, 1294
OLG Schleswig, Beschluss vom 05.04.2005 - 6 Verg 1/05
1. § 107 Abs. 3 GWB ist auf erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahren erkannte Rechtsverstöße nicht anwendbar.
2. Mit der Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB darf nicht zugewartet werden, bis eine zweifelsfreie Kenntnis über einen Vergabefehler, der auch in jeder Hinsicht nachweisbar ist, gegeben ist. Andererseits wird aber auch keine Rüge "ins Blaue" hinein verlangt; ein bloßer Verdacht eines Vergabefehlers genügt nicht.
3. Ein öffentlicher Auftraggeber hat nach Art. 19 Abs. 2 Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/EWG in den Ausschreibungsunterlagen die Mindestanforderungen zu erläutern, die zugelassene Änderungsvorschläge erfüllen müssen. Ein ganz allgemein gehaltener Hinweis auf nationale Rechtsvorschriften, die eine - gegenüber der ausgeschriebenen Leistung - qualitativ gleichwertige Leistung fordern, genügt nicht.
4. Soweit für die Gewinnung, Aufbereitung und Wiederverwertung von (pechhaltigen) Ausbaustoffen abfall-, immissionsschutz-, bodenschutz- oder arbeitsschutzrechtliche gesetzliche Bestimmungen bzw. Rechtsverordnungen gelten (z.B. gemäß § 5 Abs. 3, 4 KrW-/AbfG, § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG, § 4 BBodSchG), bedarf es deren Angabe (Wiederholung) als "Mindestbedingungen" in den Ausschreibungsunterlagen nicht. Der Auftraggeber ist auch nicht gehalten, die aus allgemein geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften abzuleitenden Prozess- oder Produktanforderungen in der Ausschreibung zu benennen.
5. Für die Rechtmäßigkeit der Wertung eines Nebenangebots kommt es nicht auf die Vorlage von Nachweisen, sondern allein darauf an, ob die Gleichwertigkeit nach den Ausschreibungsunterlagen bieterneutral angenommen werden durfte.
VolltextIBRRS 2005, 1293
OLG Schleswig, Beschluss vom 04.04.2005 - 6 Verg 4/05
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2005, 1282
VK Sachsen, Beschluss vom 15.10.2004 - 1/SVK/090-04
1. Bei den (im Allgemeininteresse liegenden) Aufgaben nichtgewerblicher Art handelt es sich im Allgemeinen um Aufgaben, die zum einen auf andere Art, als durch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden, und die der Staat zum anderen aus Gründen des Allgemeininteresses selbst erfüllen oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte. Eine juristische Person ist auch dann als öffentlicher Auftraggeber einzustufen ist, wenn diese zwar nicht zu dem Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, jedoch später solche Aufgaben übernimmt und diese tatsächlich wahrnimmt.
2. § 9 Abs. 5 Nr. 2 VgV bestimmt, dass § 7 VgV keine Anwendung für Aufträge findet, die bei Tätigkeiten nach § 8 Nr. 2 und 3 VgV, also bei Tätigkeiten der Elektrizitäts- und Gasversorgung sowie bei Tätigkeiten der Wärmeversorgung, die die Beschaffung von Energie oder XXXstoffen zum Zwecke der Energieerzeugung zum Gegenstand haben. Mit dieser Regelung wollte es der bundesdeutsche Gesetzgeber ermöglichen, dass das Sektorenunternehmen die Geschäfte auf dem Sektor, auf dem es agiert, ohne vergaberechtliche Vorgaben steuern kann. Insoweit handelt es sich um eine richtlinienkonforme Umsetzung der Richtlinie 93/38/EWG vom 14. Juni 1993, geändert durch die Richtlinie 94/4/EG vom 16. Februar 1998. Diese regelt in Art. 9, dass die Richtlinie nicht für Aufträge gilt, die die in den Anhängen II bis V bezeichneten Auftraggeber für die Lieferung von XXXstoffen zum Zwecke der Energieerzeugung vergeben. Den Begründungen zur Sektorenrichtlinie ist zu entnehmen, dass Energieeinkäufe nicht in die Richtlinie mit einbezogen werden sollen, weil die Vergabevorschriften nicht zur Überwindung der beim Kauf von Energie und XXXstoffen im Energiesektor bestehenden Hindernissen führen. Grundsatz der Sektorenrichtlinie ist es also, die Beschaffung des Materials für die Hauptaktivitäten eines Sektorenauftraggebers aus dem Vergaberegime herauszuziehen.
3. Der Begriff der "Beschaffung von XXXstoffen" ist nicht so weit zu fassen, als dass darunter auch der Transport der XXX, oder gar der Rücktransport und die Entsorgung der Reststoffe fiele. Der Begriff der Beschaffung findet sich neben § 9 Absatz 5 VgV auch in § 99 Absatz 2 GWB. Während der Beschaffungsbegriff in der VgV nicht näher definiert wird, wird er in § 99 Absatz 2 GWB weiter ausdifferenziert, wobei dies vorrangig mit Blick auf die Abgrenzung zwischen Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen erfolgt: "Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing,...betreffen.". Der untechnische Ausdruck Beschaffung macht zunächst deutlich, dass es auf die rechtliche Qualifikation des Vorgangs zum Erhalt der Ware (Kauf, Leasing, Miete) nicht ankommt, sondern dass vielmehr entscheidend ist, dass der betreffende Gegenstand dem Auftraggeber überlassen wird. Gerade aber in Abgrenzung zu Satz 2 des § 99 Absatz 2 GWB - "Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen" - wird deutlich, dass der Beschaffungsbegriff zunächst nur den reinen Überlassungsvorgang meinen kann, der (ausnahmsweise) auch Nebenleistungen umfassen kann. § 99 Absatz 2 Satz 2 macht deutlich, dass die Verträge über Lieferaufträge auch Nebenleistungen enthalten können. Nebenleistungen können also vom Begriff des Lieferauftrages mit erfasst sein, obwohl sie bei isolierter Betrachtung, wenn sie nicht als Nebenleistung betrachtet würden, je nach Fallgestaltung unter den Begriff des Bauauftrages oder den der Dienstleistung fallen würden. Dem Gesetzestext lässt sich jedoch nicht klar entnehmen, wann (lediglich) eine Nebenleistung anzunehmen ist bzw. welchen Umfang die Nebenleistungen erreichen dürfen, um noch als Nebenleistung qualifiziert werden zu können. Derartige Nebenleistungen dürfen bei Betrachtung des Gesamtauftrages nur eine untergeordnete Rolle spielen, während der Schwerpunkt des Auftrages auf der Beschaffung liegt.
4. Dadurch dass der Auftraggeber in Unkenntnis eine Lieferung europaweit ausschreibt, ist keine " Selbstbindung der Vergabestelle" dergestalt abzuleiten, dass der Auftraggeber einen Rechtsschein eines dem 4. Teil des GWB unterliegenden Vergabeverfahrens hervorgerufen hat und nunmehr doch das Vergaberecht in seiner Ausprägung durch das GWB und das VgV Anwendung findet.
§ 9 Absatz 5 Nr. 2 VgV i. V. m. § 7 VgV, § 100 Absatz 2 lit. f) GWB bestimmen, dass der 4. Abschnitt des GWB und damit auch die VOL/A (SKR) keine Anwendung für Aufträge finden bei Tätigkeiten der Sektorenauftraggeber in ihrem eigenen Sektorenbereich. Dabei handelt es sich um objektives Recht, welches auch nicht durch anderweitige Rechtsscheinsetzung eines Auftraggebers überwunden werden kann. Eine etwaige Selbstbindung des öffentlichen Auftraggebers beschränkt sich auf das eigene Verhalten. Ansonsten könnte in einem vergleichbaren Fall, wenn Aufträge unterhalb der Schwellenwerte europaweit offen ausgeschrieben werden, die Vergabestelle eine Zuständigkeit des Vergaberechtswegs erzwingen, die von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist. Das hätte zur Folge, dass die Entscheidung des Gesetzgebers, das Rechtsschutzverfahren könne schon wegen der Vielzahl der Fälle nicht auf die Aufträge unterhalb der Schwellen ausgedehnt werden, unterlaufen würde. Hat der Gesetzgeber sich festgelegt, den Rechtsweg für bestimmte Bereiche des Vergaberechts nicht zu eröffnen, muss dies selbst dann gelten, wenn Vergabestellen einen abweichenden Rechtsschein hervorrufen.
5. Da eine kumulative Anwendung unterschiedlicher Vergaberechtsbestimmungen in der Regel nicht in Betracht kommt, sind von der Rechtsprechung Kriterien entwickelt worden, wonach in Zweifelsfällen zu entscheiden ein soll. Es auf den kommt auf den Hauptgegenstand des Vertrages an. Bei gemischten Verträge mit Liefer- und Dienstleistungselementen soll dagegen die Zuordnung vorrangig nach dem überwiegenden Wert der Auftragselemente erfolgen.
6. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Ein Anbieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Diese Rügepflicht entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist dabei positive Kenntnis des Anbieters von den Tatsachen. Werden etwa beim Durcharbeiten des Leistungsverzeichnisses Ungenauigkeiten festgestellt, liegt positive Kenntnis vor. "Kenntnis" im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist gegeben, wenn ein Bieter oder ein Bewerber aufgrund des Verhaltens des Auftraggebers oder einer Festlegung in den Verdingungsunterlagen - ohne dies rechtlich fundiert begründen zu können - von einem Vergabefehler ausgeht. Dabei besteht die Rügeobliegenheit nach der Rechtsprechung nicht erst von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler erlangt; ausreichend ist vielmehr das Wissen um einen Sachverhalt, der den Schluss auf einen Vergaberechtsverstoß erlaubt und der es bei vernünftiger Betrachtung als gerechtfertigt erscheinen lässt, das Vergabeverfahren als fehlerhaft zu beanstanden.
7. § 5 VOL/A-SKR (4. Abschnitt) hat bieterschützenden Charakter. § 5 VOL/A-SKR (4. Abschnitt) regelt die Auswahl der Teilnehmer am Wettbewerb. Die Vorschrift stellt sicher, dass auch beim Verhandlungsverfahren im Vorfeld durch die Auswahl der Teilnehmer effektiver Wettbewerb gewährleistet wird. Durch die hier normierte vorherige Festlegung der Auswahlkriterien soll eine willkürliche Auswahl der Bewerber verhindert, und die Transparenz des Auswahlverfahrens sichergestellt werden. Insofern kommen den Regelungen in § 5 SKR bieterschützender Charakter zu.
8. Fachkundig sind Bieter, die über die für die Vorbereitung und Ausführung der jeweiligen Leistung notwendigen Kenntnisse verfügen. Leistungsfähigkeit, als sach- und betriebsbezogenes Eignungskriterium, stellt auf den Betrieb des Bewerbers ab, nämlich ob Ausstattung sowie Kapazitäten ausreichen, um den konkret zu vergebenden Auftrag fachlich einwandfrei und fristgerecht ausführen zu können. Zuverlässig ist der Bieter, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung und Betriebsführung bietet.
9. Der Bieter gibt durch seine Teilnahme am Wettbewerb grundsätzlich zu erkennen, dass er aus seiner Sicht in der Lage ist, die Gesamtleistung vertragsgerecht zu erbringen. Allein der Umstand, dass ein Bieter zur Ausführung des Auftrags Mittel einzusetzen beabsichtigt, die er selbst nicht besitzt, darf nicht allein zum zwingenden Ausschluss dieses Bieters aus der Wertung führen. In einem solchen Fall muss der Bieter jedoch zur Gewissheit des Auftraggebers mit Angebotsabgabe darlegen, dass diesem tatsächlich während des gesamten Auftragszeitraums diejenigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen werden, auf die der Bieter zurückgreifen will. Will der Bewerber eine Zurechnung fremder Kompetenzen erreichen, hat er mithin im Vergabeverfahren, vor Angebotswertung nachzuweisen, dass er tatsächlich über die den fremden Unternehmen zustehenden Mittel, die er nicht selbst besitzt und die zur Ausführung des Auftrags erforderlich sind, verfügt. Dabei können bloße Behauptungen nicht als ausreichend angesehen werden. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Bewerber von sich aus nachweist, dass er auf die Leistungsfähigkeit der benannten Unternehmen auch tatsächlich zugreifen kann. Er muss mithin über die Einrichtung dieser Unternehmen im Sinne einer "Leistungserbringung wie im eigenen Betrieb" verfügen können. Diese Darlegung ist eine selbstverständliche Obliegenheit des Bewerbers, die auf der Tatsache beruht, dass der Bewerber zur Erfüllung des Auftrages nicht selbst über die notwendigen Mittel verfügt.
10. Der Auftraggeber hat es grundsätzlich in der Hand, unter Verwendung der angekündigten Wertungskriterien und unter Beschränkung hierauf ein sachgerechtes und plausibles Wertungssystem erst im Verlauf des Wertungsprozesses, d.h. auch in Ansehung der ihm vorliegenden Angebote zu entwickeln; ob dieses System sachgerecht und plausibel zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots führt, unterliegt dann der Nachprüfung im Vergabekontrollverfahren. Mit dieser Prämisse unvereinbar ist dann aber die Schlussfolgerung, aus der bloßen Aneinanderreihung der Wertungskriterien -verbunden mit der in § 7 Nr. 2 i VOL/A SKR erfolgten Klarstellung, dass die Reihenfolge der maßgebenden Wertungskriterien keine zwingende Rangfolge i. S. einer Wertungsgewichtung begründet - ergebe sich die zwingende Verpflichtung des Auftraggebers, alle angegebenen Kriterien mit dem rechnerisch gleichen Wertungsgewicht heranzuziehen. Das mag - nach dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont des beteiligten Bieterkreises - im Einzelfall so sein, weil nur dies eben sachgerecht ist. Die Aufstellung einer entsprechenden generellen Wertungsregel würde jedoch den Sinn des § 7 Nr. 2 i VOL/A SKR geradezu auf den Kopf stellen. Vergabekriterien, die der Auftraggeber aufführt, ohne die Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben, kommen nicht notwendig der gleiche Wert zu, wenn in den Verdingungsunterlagen nichts anderes festgelegt ist.
11. Das Verhandlungsverfahren nach VOL/A-SKR (4. Abschnitt)ist als Geheimwettbewerb ausgestaltet, wie sich aus § 5 Absatz 2, Satz 2, 2. HS VOL/A SKR ableiten lässt. Dieser Grundsatz ginge verloren, würde ein Akteneinsichtsrecht uneingeschränkt gewährt werden.
VolltextIBRRS 2005, 1281
VK Sachsen, Beschluss vom 13.09.2004 - 1/SVK/080-04
Der Antrag, dem Antragsteller den Zuschlag zu erteilen kann nur selten Erfolg haben. Diese seltene Ausnahmeentscheidung setzt nämlich voraus, dass beim Auftraggeber hinsichtlich der Frage nach dem wirtschaftlichsten Angebot (§ 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOB/A) eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, so dass nur noch die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin in Betracht kommt.
VolltextIBRRS 2005, 1280
VK Sachsen, Beschluss vom 14.10.2004 - 1/SVK/081-04
Im Falle der Antragsrücknahme trägt der Antragsteller die Kosten (Gebühren und Auslagen), die für die Tätigkeit der Vergabekammer angefallen sind. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG. Hiernach ist derjenige Kostenschuldner, der durch die Stellung des Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach sind Kosten in Abweichung von § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG nicht dem Antragsteller, sondern einem anderen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, soweit dieser im Verfahren unterliegt. Dies trifft hier aber schon deshalb nicht zu, weil das Verfahren nicht durch eine sachliche Vergabekammerentscheidung über die Nachprüfungsanträge, sondern durch Einstellung aufgrund eines erledigenden Ereignisses seinen Abschluss gefunden hat.
VolltextIBRRS 2005, 1279
VK Sachsen, Beschluss vom 20.07.2004 - 1/SVK/057-04
1. Kostenschuldner ist gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 2 Nr.1 VwKostG derjenige, der durch Stellung eines Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt bzw. veranlasst hat. Veranlasst hat das Nachprüfungsverfahren der Antragsteller.
2. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB knüpft nach seinem klaren Wortlaut die Kostenverteilung ausschließlich an den Erfolg oder Misserfolg des Nachprüfungsantrags. Die Norm räumt nicht die Befugnis ein, davon abweichend die Kosten der Vergabekammer auch nach Billigkeitserwägungen zu verteilen. Eine Billigkeitsentscheidung sieht das Gesetz in § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB lediglich insoweit vor, als die Vergabekammer aus Gründen der Billigkeit von der Erhebung von Gebühren (ganz oder teilweise) absehen kann.
3. Eine Analogie zu § 155 Abs. 4 VwGO ist nicht möglich, weil das Gesetz für das Verfahren vor der Vergabekammer - anders als für das Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht -eine ausdrückliche Regelung enthält. Soweit Vergabekammern vereinzelt Billigkeitsgesichtspunkte wegen eines ein Nachprüfungsverfahren begründenden Verhaltens des Auftraggebers bei der Kostenentscheidung, insbesondere im Falle des Vorliegens einer Antragsrücknahme durch den Antragsteller berücksichtigt haben, erfolgte dieses zumeist allein unter Hinweis auf § 128 Abs. 3 GWB.
4. Eine alleinige Kostentragung durch den Antragsteller erscheint sachgerecht, wenn diese nach Aufklärung der tatsächlichen Zuständigkeit das Verfahren mit streitigem Vortrag weiter betreibt und somit die investitionshemmende Zuschlagssperre nicht unverzüglich durch Rücknahme des Antrages wieder beseitigt.
VolltextIBRRS 2005, 1278
VK Sachsen, Beschluss vom 01.09.2004 - 1/SVK/066-04
1. Eine Verweisung ist im Nachprüfungsverfahren zulässig. Dies ergibt sich zwar weder aus dem GWB, dem ergänzend heran zu ziehenden VwVfG und auch nicht ohne weiteres aus einer entsprechenden Anwendung der § 83 VwGO, § 17 a Abs. 2 GVG. Denn das Verfahren vor der Vergabekammer ist trotz der gerichtsähnlichen Ausgestaltung des Verfahrens und der richterähnlichen Unabhängigkeit seiner Mitglieder ein Verwaltungsverfahren (Entscheidung durch Verwaltungsakt, § 114 GWB, gegen den atypisch die gerichtsbekannte Sofortige Beschwerde möglich ist) und kein Gerichtsverfahren. Die Regelung des § 17 a Abs. 2 GVG entspricht aber einem allgemeinen Rechtsgedanken, der auch vorliegend Anwendung finden muss. Das in § 113 Abs. 1 GWB enthaltene Beschleunigungsgebot steht dem nicht entgegen.
2. Wenn aufgrund der rechtlichen Bestimmungen des § 104 GWB i. V. m. § 18 VgV offenkundig ist, dass eine Zuständigkeit einer Vergabekammer eines Bundeslandes eindeutig ausscheidet, da der Auftraggeber zu 100 % vom Bund beherrscht wird und eine eindeutige Zurechnung i. S. des § 104 GWB gegeben ist - dabei spielt es zumindest für die Zuständigkeit der Vergabekammern des Bundes keine Rolle, ob es sich um einen Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB oder um einen öffentlicher Sektorenauftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB handelt – dann führt dies gemäß § 18 Abs. 1 bzw. § 18 Abs. 2 GWB in beiden Fällen zur Zuständigkeit der VK Bund. Einzig die Anwendbarkeit der VOF bei Sektorenauftraggebern ist dann wegen mangelnder Verweisung in § 5 VgV zweifelhaft.
3. Die Vergabekammer kann grundsätzlich ihre Zuständigkeit annehmen, wenn sie in der Vergabebekanntmachung benannt ist und der öffentliche Auftraggeber durch weitere Umstände im laufenden Verfahren nach außen deren Zuständigkeit dokumentiert hat.
4. Bei einer gemeinsamen Ausschreibung zweier Auftraggeber ist eine denkbare Benennung zweier separat zuständiger Vergabekammern vergaberechtlich unschädlich.
5. Der Vergabekammer müssen aufgrund ihrer Unabhängigkeit sogar für geheim erklärte Vergabeakten nach der Verschlusssachenanweisung und dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz vorgelegt werden, da diese für die Prüfung der Zulässigkeit des Antrags im Rahmen des § 100 Abs. 2 lit d) GWB erforderlich sind.
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