Schließen Sie haben soeben den Bereich betreten. Hier bekommen Sie alle für diesen Bereich relevanten Inhalte gefiltert angezeigt. Mit Klick auf "Alle Sachgebiete" links kommen Sie jederzeit wieder zu den ungefilterten Übersichten.

Treffervorschau

Treffer Pfeil
Architekten- &
Ingenieurrecht
Recht
am Bau
Bauträger-
recht
Versiche-
rungsrecht
Öffentl. Bau- &
Umweltrecht
Vergabe-
recht
Sachverstän-
digenrecht
Immobilienrecht
Kauf/Miete/WEG
Zivilprozess &
Schiedswesen
Zielgruppen
Alle Sachgebiete

Gesamtsuche
[Hilfe]

Bei Eingabe mehrerer Suchbegriffe, getrennt durch Leerzeichen, werden Texte gefunden, in denen alle Suchbegriffe vorkommen.

Groß- und Kleinschreibung wird nicht unterschieden.

Sie können den Platzhalter * einsetzen: "pauschal*" findet z.B. auch "Pauschalhonorar".

Bei Eingabe eines Aktenzeichens wird automatisch nach der zugehörigen Entscheidung und weiteren Texten, in denen diese zitiert wird, gesucht, bei Eingabe eines Datums nach allen Entscheidungen mit diesem Verkündungsdatum.

Oder-Suche: geben Sie zwischen mehreren Suchbegriffen ODER ein (großgeschrieben), um Dokumente zu finden, in denen mindestens einer der Begriffe vorgekommt.

Phrasensuche: genaue Wortfolgen können Sie mittels Anführungszeichen (") suchen.

Kostenloses ProbeaboOK
Urteilssuche



,
Sortierung nach:
Zentrale Sachgebiete

Volltexturteile nach Sachgebieten

Sachgebiet: Vergabe

10763 Entscheidungen insgesamt




Online seit 2020

IBRRS 2020, 3633
VergabeVergabe
Nachprüfungsantrag zurückgenommen: Wer hat die Kosten zu tragen?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.10.2020 - Verg 13/20

1. Wenn sich ein Nachprüfungsantrag durch Rücknahme erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu tragen hat, nach billigem Ermessen.

2. Es entspricht im Grundsatz billigem Ermessen, dass im Fall der Antragsrücknahme derjenige die Kosten zu tragen hat, der das Verfahren in Gang gesetzt hat.

3. Gesichtspunkte der Billigkeit können es im Einzelfall gebieten, einem Beteiligten hiervon abweichend die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Insbesondere kann es im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigen sein, wenn die Antragstellung durch unzureichende oder unrichtige Mitteilungen der Vergabestelle provoziert worden ist (hier verneint).

4. Kostenentscheidungen der Vergabekammern sind selbstständig anfechtbar.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3635
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Eigenausführung bestätigt: NU-Benennung führt zum Angebotsausschluss!

VK Sachsen, Beschluss vom 30.10.2020 - 1/SVK/028-20

1. Legt ein Bieter auf Aufforderung des Auftraggebers innerhalb der Frist des § 16 EU Nr. 4 VOB/A 2019 ein Formblatt 223 vor, in dem er eigenhändig das Wort "Sonstige" gestrichen und durch die Angabe "NU" ersetzt hat, ist darin zum einen eine unzulässige und damit ausschlussrelevante Änderung an den Vergabeunterlagen gemäß § 16 EU Nr. 2 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 VOB/A 2019 zu sehen. Zum anderen liegt darin eine inhaltlich unzureichende Vorlage von Unterlagen i.S.v. § 16 EU Nr. 4 VOB/A 2019, weil sowohl eine Aussage zu den "Sonstigen"-Kosten als auch die geforderte Aufgliederung der Einheitspreise zu den Teilkosten und Zeitansätzen der Nachunternehmerleistungen fehlt.*)

2. Hat ein Bieter in seinem Angebot abschließend erklärt, eine bestimmte Teilleistung selbst zu erbringen, kann er für diese Leistung nachträglich keinen Unterauftragnehmer mehr benennen, da dies eine unzulässige inhaltliche Änderung seines Angebots darstellen würde.*)




IBRRS 2020, 3622
VergabeVergabe
Akteneinsicht vor Geheimschutz!

VK Lüneburg, Beschluss vom 11.09.2020 - VgK-34/2020

1. Um den Zugang zum Nachprüfungsverfahren zu eröffnen, bedarf es der Darlegung zumindest einer konkreten, nicht völlig vagen und pauschal behaupteten Vergaberechtsverletzung. Eine aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung ist unzulässig und damit unbeachtlich.

2. An die Substantiierung einer Rüge dürfen allerdings keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, weil ein Bieter naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens haben wird. Ein Bieter darf seinen Nachprüfungsantrag daher auf konkretisierte Vermutungen stützen.

3. Den Verfahrensbeteiligten ist regelmäßig vollständig Akteneinsicht zu gewähren. Die Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen bedarf daher einer konkreten Darlegung, um ausnahmsweise dem Interesse auf Geheimschutz den Vorrang vor dem Interesse auf Akteneinsicht zu geben.

4. Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3621
VergabeVergabe
Auftraggeber muss nicht das niedrigste Angebot bezuschlagen!

LG Bonn, Urteil vom 21.10.2020 - 1 O 51/20

1. Für den Erfolg einer auf positives Interesse gerichteten Schadensersatzklage eines Bieters nach Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen anderen Bieter ist entscheidend, ob dem klagenden Bieter bei objektiv richtiger Anwendung der bekanntgemachten Vergabekriterien unter Beachtung des der Vergabestelle gegebenenfalls zukommenden Wertungsspielraums der Zuschlag erteilt werden musste.

2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass keine Ermessensbindung des Auftraggebers in der Art vorliegt, dass er stets das günstigste Angebot auszuwählen hat. Vielmehr kann und muss er im Rahmen seines Ermessens auch andere Aspekte der Angebote berücksichtigen und gewichten und letztlich aus den vorliegenden Angeboten auf dieser Basis eine Auswahl treffen. Insoweit steht ihm ein Beurteilungsspielraum bei der Auswahl des Angebots zu.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3611
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Klarstellung ist keine Änderung!

OVG Sachsen, Urteil vom 21.10.2020 - 6 A 954/17

1. Der öffentliche Auftraggeber muss und darf Angebote, die widersprüchliche Angaben enthalten, nicht ohne weiteres von der Wertung ausnehmen, ohne das Bieterunternehmen zuvor zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, den Tatbestand der Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (wie OLG Düsseldorf, IBR 2015, 680).*)

2. Eine Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten durch das Bieterunternehmen führt nicht zu einer Änderung der Vergabeunterlagen und verstößt auch nicht gegen das Nachverhandlungsverbot.*)




IBRRS 2020, 3598
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Dokumentation ist kein Selbstzweck!

VK Hessen, Beschluss vom 14.05.2020 - 69d-VK-2-20/2020

1. Es ist vergaberechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, eine vergleichende Wertung vorzunehmen. Der öffentliche Auftraggeber muss daher nicht besonders bekanntmachen, dass er eine vergleichende Wertung vornimmt.

2. Liegt vergaberechtlich ein in Teillose aufgeteilter Auftrag vor, führt dies nicht automatisch zu einer einheitlichen Punktevergabe in allen Losen. Nur innerhalb eines Loses muss die Gleichheit und Gleichbehandlung der Bieter gewährleistet sein, denn der Wettbewerb findet nur im jeweiligen Los statt.

3. Ein Bieter kann sich nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig auswirken, denn die Dokumentation ist kein Selbstzweck.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3840
VergabeVergabe
Kein Aufhebungsgrund nach VOB/A: Schadensersatz nur in Höhe der Angebotskosten!

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.04.2020 - 27 U 10/19

1. Wird eine öffentliche Ausschreibung aufgehoben, ohne dass ein in der einschlägigen Vergabeverordnung genannter Aufhebungsgrund vorliegt, steht dem Bieter, der bei Fortsetzung des Verfahrens und Vergabe des Auftrags den Zuschlag erhalten hätte, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der mit der Teilnahme am Verfahren verbundenen Aufwendungen zu.

2. Weitergehende Ansprüche, wie etwa ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses, kommen nur unter besonderen Voraussetzungen, z. B. bei einer sog. Scheinaufhebung (hier verneint), in Betracht.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3570
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Ausschreibung darf nicht auf spezifisches Produkt zugeschnitten sein!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2020 - 3 VK LSA 4/20

1. Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf der öffentliche Auftraggeber in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die von einem bestimmten Unternehmen bereitgestellten Produkte charakterisiert, oder auf Marken, Patente, Typen oder einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verweisen.

2. Gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung wird auch dann verstoßen, wenn die Vorgaben der Ausschreibung derart spezifisch auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten sind, dass es den Bietern letztlich unmöglich ist, eine davon abweichende Leistung anzubieten.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3583
BauvertragBauvertrag
Unklarheiten in der Leistungsbeschreibung gehen zu Lasten des Auftraggebers!

LG Bonn, Urteil vom 18.11.2020 - 1 O 125/20

1. Straßenbäume sind Zubehör von Straßen und damit ein Teil der "baulichen Anlage" Straße selbst. Baumpflegearbeiten an Straßenbäumen als Instandhaltungsarbeiten sind daher "Bauleistungen".

2. Aus der Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, den Leistungsgegenstand eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, folgt eine Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung. Sowohl für die Kalkulation und Erstellung der Angebote wie für die spätere Vertragsausführung dürfen die Bieter davon ausgehen, dass die Leistung richtig beschrieben ist und alle erforderlichen Details vollständig angegeben sind, soweit sich aus den Ausschreibungsunterlagen nichts Abweichendes ergibt.

3. Unklarheiten und Unvollständigkeiten gehen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.

4. Erkennt ein Bieter einen Verstoß des öffentlichen Auftraggebers gegen das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung oder hätte er ihn bei der im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung erkennen können, kann er sich nicht auf die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung berufen und muss sich darum bemühen, erkennbare Unklarheiten oder Unvollständigkeiten vor Abgabe seines Angebots zu klären.

5. An die Prüfungspflicht der Bieter sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Verantwortung für die Erstellung der Vergabeunterlagen und insbesondere der Leistungsbeschreibung liegt beim öffentlichen Auftraggeber.

6. Unterlässt ein Bieter die gebotene Aufklärung, muss er dies gegen sich gelten lassen.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3577
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Kein Angebotsausschluss unter rein formalen Gesichtspunkten!

OLG Schleswig, Beschluss vom 12.11.2020 - 54 Verg 2/20

1. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt (nur) vor, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt.

2. Dazu ist keine körperliche Veränderung im Sinne einer Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht.

3. Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt nicht (mehr) in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen.

4. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung bzw. der Vergabeunterlagen erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist zu rügen.

5. Erkennbar ist ein Vergaberechtsverstoß, der von einem durchschnittlichen Bieter bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden kann. Die dem Verstoß zugrundeliegenden Tatsachen müssen erkennbar sein und bei zumindest laienhafter rechtlicher Bewertung als Vergaberechtsverstöße erkannt werden können.

6. Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Der Verstoß muss so offensichtlich sein, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung auffallen muss.




IBRRS 2020, 3458
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Herstellung und Versand sind Fachlose!

VK Bund, Beschluss vom 08.06.2020 - VK 2-41/20

1. Leistungen sind aufgeteilt nach Menge (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Eine zusammenfassende Vergabe ist nur zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

2. Ob Elemente einer zusammengefassten Vergabe einzelne Fachlose sind, richtet sich danach, ob für die Einzelelemente eigene Märkte bestehen.

3. Die Produktion elektronischer Gesundheitskarten, der Druck der Begleit- bzw. der PIN-/PUK-Schreiben und deren Versand sind Fachlose für die eigene Märkte bestehen. Hersteller von Gesundheitskarten bzw. der dazugehörigen Anschreiben erbringen keine Postdienstleistungen während umgekehrt Postdienstleister keine Gesundheitskarten produzieren.

4. Datenschutz und Datensicherheit können nicht allein durch eine Gesamtvergabe bzw. die Begrenzung auf einen Ansprechpartner in Gestalt des Kartenherstellers gewährleistet werden, sondern auch bei separater Beauftragung eines Postdienstleisters.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3569
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Leistungsfähigkeit kann ohne Kenntnis vom Umsatz nicht beurteilt werden!

VK Nordbayern, Beschluss vom 22.10.2020 - RMF-SG 21-3194-5-33

1. Im Hinblick auf das Transparenzgebot muss der Auftraggeber die Kriterien, auf deren Basis er unter den generell geeigneten Bewerbern diejenigen auswählt, die zu Vertragsverhandlungen aufgefordert werden, in der Bekanntmachung angeben. Öffentliche Auftraggeber verfügen bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Eignung eines Bieters anhand der eingereichten Referenzen kommt der Beurteilungsspielraum zum Tragen. Nachprüfungsinstanzen können solche Entscheidungen von öffentlichen Auftraggebern nur eingeschränkt überprüfen. Im Vergabenachprüfungsverfahren ist daher nur kontrollfähig, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nicht auf sachwidrigen Erwägungen beruhen und nicht gegen allgemein gültige Vergabegrundsätze verstoßen worden ist.*)

2. Die Vergabestelle hat ihren Beurteilungsspielraum überschritten, wenn sie ohne Kenntnis der Umsatzzahlen die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilt hat.*)

3. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs, da gem. § 42 Abs. 2 VgV nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden dürfen, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben. Nur wenn neue Erkenntnisse vorliegen, darf der Auftraggeber nochmals in die Eignungsprüfung eintreten.*)




IBRRS 2020, 3553
Mit Beitrag
Öffentliches RechtÖffentliches Recht
Vergaberichtlinien nicht eingehalten: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis!

VG Regensburg, Urteil vom 19.10.2020 - 10A DK 19.32

Ein Bürgermeister, der Ausschreibungen der Gemeinde abspricht und die entsprechenden Vergaberichtlinien nicht einhält, begeht ein innerdienstliches Dienstvergehen. Soweit der Gemeinde dadurch ein Schaden entsteht, kann dies zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen (hier bejaht bei einem Schaden von ca. 54.000 Euro und einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Untreue zu 11 Monaten auf Bewährung).*)

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3552
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Rechtsschutz auch gegen bevorstehende De-facto-Vergabe!

VK Thüringen, Beschluss vom 28.10.2020 - 250-4003-4720/2020-E-009-SLF

1. Ein interessierter Marktteilnehmer kann nicht nur gegen eine bereits erfolgte, sondern auch gegen eine unmittelbar bevorstehende De-facto-Vergabe mit einem Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens vorgehen.

2. Die Vergabekammer hat bei besonders schwer wiegenden Vergabeverstößen die Möglichkeit eines Einwirkens auf das (Vergabe-)Verfahren, selbst wenn bereits eine Rügepräklusion eingetreten sein sollte. Dies ist (auch) der Fall, wenn ein förmliches Vergabeverfahren und eine europaweite Auftragsbekanntmachung gänzlich unterblieben sind.

3. Der Begriff der Entgeltlichkeit ist weit zu verstehen und nicht auf die Zahlung eines Geldbetrags durch den Auftraggeber beschränkt. Ausreichend ist jeder vom Auftragnehmer für seine Leistung erlangte geldwerte Vorteil.

4. Die Entgeltlichkeit eines Vertrags ist auch dann anzunehmen, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer anstelle der Zahlung eines Geldbetrags Sachwerte unentgeltlich überlässt und für die Überlassung üblicherweise ein Entgelt zu zahlen gewesen wäre.

5. Auch das Sozialrecht entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber dem Vergaberecht. Das Vergaberecht stellt allgemeine Verfahrensregeln für die Beschaffung von Waren und Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand auf und erfasst damit grundsätzlich auch den Fall, dass sich die öffentliche Hand bei der Erbringung von sozialen Leistungen externer Leistungserbringer bedient.

6. Ein öffentlicher Auftraggeber ist verpflichtet, einen öffentlichen Auftrag bei Überschreitung der sog. EU-Schwellenwerte europaweit auszuschreiben (Auftragsbekanntmachung).

7. Die Auftragsbekanntmachung muss spätestens zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem eine konkrete Beschaffungsabsicht besteht bzw. objektiv nach außen bekannt gemacht worden ist.




IBRRS 2020, 3419
VergabeVergabe
Bieterclient vs. manuelles Hochladen: Dateigrößenbegrenzung beachten!

VK Berlin, Beschluss vom 04.11.2020 - VK B 2-20/20

1. Bieter müssen vom Auftraggeber über sämtliche für die Angebotsabgabe notwendigen technischen Parameter transparent informiert werden. Die zur Angebotsabgabe zu verwendenden elektronischen Mittel dürfen nicht diskriminierend sein.

2. Ist eine Angebotsabgabe über einen Bieterclient ohne Dateigrößenbegrenzung möglich, ein ebenfalls angebotenes "manuelles Hochladen" jedoch auf eine bestimmte Dateigröße begrenzt, werden Unternehmen, die den Bieterclient nicht zum Upload nutzen, diskriminiert.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3456
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Ergebnis des Planungswettbewerbs ist im Verhandlungsverfahren zu berücksichtigen!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2020 - 11 Verg 2/20

1. Der Bieter hat vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens die Rüge gegenüber der Vergabestelle ggf. auch per E-Mail oder Telefax und unter Setzung einer kurzen Prüfungsfrist auszusprechen. Dies gilt auch dann, wenn zwischen Kenntnis vom Vergabeverstoß und Zuschlagsdatum wegen eines "Brückentages" nur zwei Arbeitstage zur Verfügung stehen.*)

2. Wurde der Bieter wirksam ausgeschlossen, fehlt ihm auch unter dem rechtlichen Aspekt der sog. zweiten Chance die Antragsbefugnis für die Rügen, die - wären sie begründet - lediglich eine Neubewertung der Angebote oder Nachverhandlungen, nicht aber die teilweise Aufhebung des bisherigen Vergabeverfahrens erforderlich machten.*)

3. Führt die Vergabestelle im Anschluss an einen Architektenwettbewerb ein Verhandlungsverfahren durch, ist das Ergebnis des Architektenwettbewerbs gemäß § 8 Abs. 2 RPW 2013 bei der Gewichtung und Binnengewichtung der Auswahlkriterien zu berücksichtigen (Fortführung der Senatsrechtsprechung, IBR 2017, 392 = VPR 2017, 139).*)




IBRRS 2020, 3416
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Keine schwierigen Sach- und Rechtsfragen: Anwaltskosten nicht notwendig!

OLG Celle, Beschluss vom 05.11.2020 - 13 Verg 7/20

1. Zieht ein öffentlicher Auftraggeber im Vergabeverfahren einen Rechtsanwalt hinzu, sind dessen Kosten nur dann zu erstatten, wenn der anwaltliche Beistand notwendig war.

2. Maßgeblich ist, ob der Auftraggeber selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen.

3. Beschränkt sich das Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen darauf, die eigene Tätigkeit und die bereits getroffene Entscheidung darzustellen, ohne dass schwierige Sach- und Rechtsfragen im Raum stehen, ist die Hinzuziehung eines Anwalts nicht notwendig.




IBRRS 2020, 3444
VergabeVergabe
2 x 4 = 8!

VK Bund, Beschluss vom 09.07.2020 - VK 2-47/20

Verlangt der Auftraggeber einen durchschnittlichen Mindestumsatz je Geschäftsjahr in Höhe von vier Millionen Euro je Los und bei einer Bewerbung auf beide Lose den doppelten Mindestumsatz, verfügt ein Bieter, der für beide Lose Angebote abgibt, nicht über die geforderte wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit, wenn er nicht acht Millionen Euro durchschnittlichen Mindestumsatz pro Jahr nachweisen kann.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3459
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auch bei Bauaufträgen ist Zahlungsverzug zu bekämpfen!

EuGH, Urteil vom 18.11.2020 - Rs. C-299/19

Ein öffentlicher Bauauftrag, der zu einer Lieferung von Gütern oder zur Erbringung von Dienstleistungen führt, ist ein Geschäftsvorgang im Sinne der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3261
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auch eine Submissionsabsprache ist eine abgestimmte Verhaltensweise!

VK Bund, Beschluss vom 12.10.2020 - VK 2-77/20

1. Die Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfasst neben den abgestimmten Verhaltensweisen auch Vereinbarungen, die ein Unternehmen zu wettbewerbsbeschränkenden Zwecken mit anderen Unternehmen abschließt.

2. Eine strafbare Submissionsabsprache erfüllt zugleich auch den Tatbestand der wettbewerbseinschränkenden Vereinbarung einer Kartellordnungswidrigkeit.

3. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Submissionsabsprache bestehen auch dann, wenn ein Bußgeldbescheid des Bundeskartellsamts wegen einer Submissionsabsprache noch nicht rechtskräftig ist, weil der betroffene Bieter hiergegen Beschwerde eingelegt hat.

4. Sind etwaige Selbstreinigungsmaßnahmen auf gesonderter Anlage mit dem Angebot darzulegen und nachzuweisen, muss der Auftraggeber dem Bieter vor einem Ausschluss keine Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen, wenn die Offenlegung zweieinhalb Wochen nach Ablauf der Angebots- bzw. Teilnahmefrist erfolgt ist.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3417
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Kriterien für Teilnehmerbegrenzung hat der Auftraggeber anzugeben!

VK Nordbayern, Beschluss vom 01.10.2020 - RMF-SG21-3194-5-36

1. Es obliegt dem Auftraggeber, im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb die konkreten Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer für den zu vergebenden Auftrag festzulegen. Solange die Festlegung der Kriterien nicht willkürlich oder mit dem erklärten Ziel vorgenommen wird, bestimmte Marktteilnehmer vom Vergabeverfahren von vornherein auszuschließen, ist der Auftraggeber bei der Definition der ihm wichtig erscheinenden Kriterien frei und hat hierbei einen grundsätzlich weiten Ermessensspielraum.*)

2. Die Kriterien für die Begrenzung der Teilnehmer hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung anzugeben.*)




IBRRS 2020, 3428
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Eignungskriterien nicht bekannt gemacht: Ausgeschlossener Bieter erhält Schadensersatz!

BGH, Urteil vom 06.10.2020 - XIII ZR 21/19

1. Die Eignung eines Bieters, insbesondere seine für die ordnungsgemäße Leistungserbringung erforderliche Leistungsfähigkeit, darf nur an Kriterien gemessen werden, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen genannt hat oder die sich unter Berücksichtigung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie des vorgesehenen Ausführungszeitraums zwingend aus der Sache ergeben.*)

2. Wegen Nichterfüllung von Anforderungen an die Personalausstattung, die in den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich verlangt werden, darf ein Bieter nur dann als nicht hinreichend leistungsfähig ausgeschlossen werden, wenn aufgrund konkreter Umstände objektiv zumindest ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal den Auftrag ordnungsgemäß und fristgerecht ausführen kann.*)

3. Schließt der Auftraggeber einen Bieter zu Unrecht wegen Nichterfüllung nicht-bekanntgemachter Eignungskriterien als ungeeignet aus und erteilt den Auftrag einem anderen Bieter, steht es dem Schadensersatzanspruch des ausgeschlossenen Bieters nicht entgegen, dass der Auftraggeber die Erfüllung und den Nachweis dieser Eignungskriterien in den Vergabeunterlagen hätte voraussetzen dürfen.*)




IBRRS 2020, 3353
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Positionsbezogene Nachlässe sind kein Ausschlussgrund!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.08.2020 - 3 VK LSA 44/20

1. Bei der Prüfung unangemessen hoher oder niedriger Angebotspreise ist ein Abstellen auf die Einzelposten des Angebots unstatthaft. Der Gesamtpreis entscheidet über die Auskömmlichkeit des Angebots.

2. Positionsbezogene Nachlässe gehören zur unternehmerischen Kalkulationsfreiheit.

3. Wird für eine Leistung kein kostendeckender Preis verlangt, ohne dass eine andere Position deshalb aufgepreist wird, liegt keine Mischkalkulation vor.




IBRRS 2020, 3823
VergabeVergabe
Vergabe im Unterschwellenbereich: Unterlassungsanspruch nur bei Rechtsverstoß!

LG Zweibrücken, Urteil vom 17.04.2020 - 1 O 340/19

1. Durch eine öffentliche Ausschreibung, in der der Auftraggeber den Bieter zur Abgabe eines Angebots auffordert, kommt ein vorvertragliches Verhältnis zwischen Auftraggeber und dem interessierten Unternehmen zustande.

2. Aus einem solchen vorvertraglichen Schuldverhältnis folgt ein Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Handlungen. Verstößt der Auftraggeber gegen Regeln, die er bei der Auftragsvergabe einzuhalten versprochen hat und kann dies zur Beeinträchtigung von Chancen des Bieters führen, steht dem betroffenen Bieter ein Unterlassungsanspruch zu.

3. Schließt der Auftraggeber einem Bieter zu Recht wegen einer unzulässigen Mischkalkulation vom Vergabeverfahren aus, hat der Bieter mangels Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften keinen Unterlassungsanspruch.

4. Die Prüfung von Rechtsfragen in einem Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich ist als bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zu qualifizieren, für die die Zivilgerichte zuständig sind.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3345
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Bauablaufplan wird nicht Vertragsbestandteil: Kein Ausschluss wegen fehlender Angaben!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2020 - 3 VK LSA 24/20

Wird ausweislich der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots der mit dem Angebot abzugebende Bauablaufplan nicht Vertragsbestandteil und erklärt der Bieter in seinem Angebotsschreiben die Langfassung des Leistungsverzeichnisses für verbindlich, führen fehlende Angaben in dem Bauablaufplan nicht zum Ausschluss des Angebots.




IBRRS 2020, 3342
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Informationsschreiben zugegangen: Spätestens jetzt beginnt die Rügefrist!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.05.2020 - 1 VK LSA 1/20

1. Das Wissen um die Vergaberechtswidrigkeit einer möglichen Zuschlagsentscheidung ist zwar selbstverständlich nicht geeignet, eine Rügeobliegenheit der Antragstellerin gegenüber der Auftraggeberseite auszulösen. Es führt nach der Auffassung der erkennenden Kammer allerdings dazu, dass die Antragstellerin ab Zugang des Informationsschreibens nach § 134 GWB keine weitere Überlegensfrist hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Rüge zugebilligt werden kann.*)

2. § 134 Abs. 2 GWB bestimmt wie lange der öffentliche Auftraggeber mindestens warten muss, bis er den Zuschlag erteilen darf. Im Gegensatz dazu bestimmt § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, dass die Rügefrist dann beginnt, wenn der Antragsteller den geltend gemachten Vergabeverstoß erkennt oder sich einem Erkennen schuldhaft verschlossen hat. Diese Fristen sind voneinander unabhängig zu betrachten. Die gesetzgeberische Bezugnahme auf die Regelung des § 134 GWB in § 160 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GWB soll eben dies deutlich machen.*)




IBRRS 2020, 3340
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Angebotspreis unangemessen niedrig: Auftraggeber kann auch einzelne Positionen prüfen!

VK Nordbayern, Beschluss vom 07.10.2020 - RMF-SG21-3194-5-39

1. Zwar ist es nicht die Aufgabe der Vergabekammer einen relevanten Sachvortrag aus vorprozessualen Anlagen zu ermitteln. Bei Mängeln der Begründung des Nachprüfungsantrags folgt jedoch aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör die Verpflichtung, den Antragsteller auf Fehler hinzuweisen und Gelegenheit zur kurzfristigen Abhilfe einzuräumen.*)

2. Abweichende Kilometerangaben in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen müssen spätestens mit Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB. Es bedarf keiner vertieften rechtlichen Kenntnisse oder verstärkten Nachforschung, um eine abweichende Kilometeranzahl zwischen Bekanntmachung, Leistungsverzeichnis und Preisblättern festzustellen.*)

3. Ein vermeintlicher Verstoß gegen das Vergaberecht ist erkennbar, wenn ein durchschnittlicher, verständiger Bieter die von ihm zu erwartende übliche Sorgfalt bei der Durchsicht der Unterlagen anwendet. Es ist ein objektiver Maßstab nach dem Empfängerhorizont eines fachkundigen Interessenten anzusetzen.*)

4. Die Aufklärungspflicht gem. § 60 Abs. 1 VgV setzt ein, sobald die Vergabestelle objektive Anhaltspunkte für einen unangemessen niedrigen Angebotspreis hat. Diese können in Marktdaten, in Erfahrungswerten, in einer vor Beginn des Vergabeverfahrens erfolgten Kostenschätzung und auch in den weiteren abgegebenen Angeboten zu finden sein. Die Vergabestelle hat dabei einen gewissen Beurteilungsspielraum.*)

5. Grundsätzlich ist der Gesamtpreis des Angebots Prüfungsgegenstand. Die Prüfungstiefe bestimmt die Vergabestelle, zur Prüfung von einzelnen Positionen ist sie berechtigt, aber nicht verpflichtet, und Zweifel hat sie konkret zu benennen.*)

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3325
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auftraggeber muss Bieter vor sinnlosem Nachprüfungsverfahren bewahren!

OLG Koblenz, Beschluss vom 26.08.2020 - Verg 5/20

1. Ist ein dem Tatbestand der persönlichen Gebührenfreiheit unterfallender Beteiligter des Nachprüfungsverfahrens im Rahmen einer Kostenentscheidung der Vergabekammer formal als Schuldner der Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) ausgewiesen worden, fehlt es dem diese Kostenentscheidung anfechtenden Beteiligten regelmäßig an der erforderlichen Beschwerdebefugnis.*)

2. Der öffentliche Auftraggeber kann gem. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet sein, einen Bieter durch eine hinreichende Information vor der Einleitung eines sinnlosen Nachprüfungsverfahrens mit entsprechender Kostenfolge zu bewahren.*)

3. Nach einer Rücknahme des Nachprüfungsauftrags im Verfahren vor der Vergabekammer scheidet eine Auferlegung der antragstellerseits aufgewandten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten auf den Antragsgegner unter Verschuldensgesichtspunkten aus.*)

4. Richtet sich ein Rechtsmittel nur gegen die Kostenentscheidung der Vergabekammer (oder einen Teil davon), findet § 50 Abs. 2 GKG keine Anwendung; der Gegenstandswert ist in einem solchen Fall vielmehr in entsprechender Anwendung von § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen.*)




IBRRS 2020, 3324
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Unterkriterien nicht transparent mitgeteilt: Unterlegener Bieter erhält Schadensersatz!

OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.09.2020 - 11 Verg 7/20

1. Die Erledigung eines Vergabenachprüfungsverfahrens kann gem. § 166 Abs. 2 Satz 2, § 178 GWB "in sonstiger Weise" auch dann eintreten, wenn das Verfahren durch andere als die im Gesetz aufgeführten Ereignisse, die weder dem Antragsteller noch dem Beigeladenen zuzurechnen sind, gegenstandslos wird.*)

2. Hat die Vergabestelle unter Verletzung der Warte- und Informationspflicht einem der Bieter den Zuschlag erteilt, so kann sich ein auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch des unterlegenen Bieters ergeben, wenn die Vergabestelle die bei der Wertung berücksichtigten Unterkriterien den Bietern nicht hinreichend transparent mitgeteilt hat.*)




IBRRS 2020, 3199
VergabeVergabe
Kenntnis vom Nachprüfungsantrag löst kein Zuschlagsverbot aus!

VK Berlin, Beschluss vom 24.09.2020 - VK B 1-10/19

1. Das Zuschlagsverbot entsteht erst mit Information der Vergabestelle in Textform durch die Vergabekammer, eine Information durch den Antragsteller reicht nicht.

2. Ein Zuschlagsverbot ergibt sich auch nicht durch die Kenntnis des Antragsgegners von dem Eingang eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer.

3. Eine Leistungsbeschreibung ist eindeutig, wenn Unternehmen sie ohne große Auslegungsbemühungen verstehen können. Die Vergabeunterlagen müssen so gefasst sein, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter diese bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können.

4. Ist eine Leistungsbeschreibung nicht eindeutig, muss der dem Bieter günstigeren Auslegung der Leistungsbeschreibung der Vorrang eingeräumt werden. Unklarheiten dürfen nicht zulasten von Bietern gehen und insbesondere nicht zum Angebotsausschluss führen, wenn nach der für den Bieter günstigen Auslegungsmöglichkeit ein Ausschluss wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen nicht gegeben wäre.

5. Für die Einhaltung rechtlicher Vorgaben bei der Nutzung oder Inanspruchnahme von Leistungen oder Gegenständen ist der öffentlicher Auftraggeber selbst verantwortlich. Der Auftraggeber trägt insbesondere auch das Risiko, dass die Leistungserbringung wie vertraglich vereinbart von der zuständigen Behörde moniert oder gar untersagt wird.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3295
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergleichbare Sachverhalte sind gleich zu bewerten!

VK Bund, Beschluss vom 12.10.2020 - VK 2-33/20

1. Bei der Überprüfung, ob ein Angebot aufgrund eines Abweichens von Vergabeunterlagen oder Ausschreibungsbedingungen auszuschließen ist, hat der öffentliche Auftraggeber das Gleichbehandlungsgebot zu beachten.

2. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt vor, wenn der öffentliche Auftraggeber vergleichbare Sachverhalte ungleich bewertet, ohne dass es hierfür eine sachliche Rechtfertigung gibt.

3. Die Definition des (zertifizierbaren) "Entsorgungsfachbetriebs" schließt sämtliche gewerbsmäßige Behandlung von Abfällen - einschließlich der Tätigkeit als Makler - mit ein. Für Makler gelten dieselben Regeln wie für andere gewerbliche Tätigkeiten der Sammler, Beförderer und Händler.

4. Soll das Entsorgungskonzept Bestandteil des abzuschließenden Vertrags werden, ist der Auftraggeber verpflichtet, eine gesicherte Erkenntnisgrundlage herzustellen, aufgrund der er festzustellen vermag, ob die Angebote den Anforderungen entsprechen. Bei Zweifeln ist er unter pflichtgemäßer Ausübung seines Ermessens im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, den Inhalt von Erklärungen und Nachweisen aufzuklären.




IBRRS 2020, 3290
VergabeVergabe
Wie sind Eignungskriterien bekannt zu machen?

OLG Rostock, Beschluss vom 12.08.2020 - 17 Verg 3/20

1. Hat ein Antragsteller ein Angebot nicht abgegeben, ist der Nachprüfungsantrag nicht wegen fehlenden Interesses an der Konzession nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB unzulässig, wenn angesichts der reklamierten Vergaberechtsverstöße – als zutreffend unterstellt – die Ausarbeitung eines Angebots unmöglich war oder sich als ein nutzloser Aufwand dargestellt hätte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.07.2003 – Verg 26/03, IBRRS 2003, 1975 = VPRRS 2003, 0507).*)

2. In Bezug auf Mängel der Bekanntmachung von Eignungskriterien ist ein Nachprüfungsantrag nur zulässig, wenn der Antragsteller aufzeigt, er erfülle einzelne Anforderungen nicht bzw. habe sie nicht oder nicht rechtzeitig erkannt.*)

3. Zu den Anforderungen an die Bekanntmachung der Eignungskriterien und den Folgen von Mängeln.*)

4. Kalkulationsrelevante Vorbehalte des Konzessionsgebers begegnen keinen Bedenken, wenn sie lediglich deklaratorische Wirkung haben.*)

5. Dokumentationsmängel eröffnen für sich genommen nicht die Nachprüfung.*)

6. Der Auftraggeber hält sich im Rahmen des Leistungsbestimmungsrechts, wenn die Anforderung objektiv auftrags- und sachbezogen und die Begründung nachvollziehbar ist. Ob Anforderungen erforderlich oder zweckmäßig sind, ist demgegenüber ohne Belang.*)

7. Wird eine fehlende oder unzureichende Dokumentation nachgeholt, ist zwischen dem Transparenzgebot und dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz abzuwägen.*)

8. Die Anforderung der Namensnennung der einzusetzenden Piloten bereits mit Angebotsabgabe kann im Bereich der Rettungsdienstleistungen ausnahmsweise zulässig sein, wenn auf dem Arbeitsmarkt nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Mitarbeitern zur Verfügung steht und von einer jederzeitigen Verfügbarkeit nicht ohne Weiteres ausgegangen werden kann.*)

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3270
VergabeVergabe
Konzeptvergabe eines Erbbaurechtsvertrags: Wert des Nachprüfungsverfahrens?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.08.2020 - 11 Verg 10/20

Wenn eine Konzeptvergabe auf den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags über ein kommerziell genutztes Gebäude (hier: historisches Gebäude zum Betrieb einer Markthalle) zielt und das Erbbaurecht mit der Zahlung des Erbbauzinses adäquat abgegolten wird, kann der Wert eines auf Nachprüfung des Konzeptvergabeverfahrens gezielten Antrags allein nach den von der Vergabestelle festgelegten Erbbauzinsen bestimmt werden. Es ist nicht angezeigt, den vom Antragsteller prospektierten Gewinn der langfristigen Vermietung der Markthalle zur Bemessung des Werts des Vergabeverfahrens heranzuziehen.*)

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3246
VergabeVergabe
Keine Mindestanforderungen gestellt: Wann ist ein Nebenangebot gleichwertig?

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.03.2020 - 3 VK LSA 7/20

1. Ein Anspruch auf inhaltliche Bewertung eines Nebenangebots besteht nur dann, wenn Nebenangebote zugelassen sind und der Nachweis der Gleichwertigkeit mit den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses erbracht ist.

2. Hat der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen keine Mindestanforderungen an Nebenangebote gestellt, ist die Gleichwertigkeit an den Parametern der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses festzustellen.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3247
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wie kann die Eignung von sog. Newcomern geprüft werden?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.10.2020 - 11 Verg 9/20

1. Ist nach den Ausschreibungsbedingungen die Möglichkeit eröffnet, bei einem längerfristigen Auftrag zur Sammlung unterschiedlicher Abfallfraktionen, bestimmte Kostenbestandteile mit variablen Kosten zu kalkulieren, kann das Angebot eines Bieters, in dem sämtliche Kostenbestandteile für den gesamten Vertragszeitraum mit Festkosten kalkuliert worden sind, nur dann vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn sich aus den Ausschreibungsbedingungen aus objektivierter Sicht eines verständigen Bieters zwingend ergibt, dass die Vergabestelle eine Kalkulation mit variablen Preisanteilen verlangt hat.*)

2. Sofern die Vergabestelle die Bewerbung sog. "Newcomer" in den Ausschreibungsbedingungen dadurch ermöglichen will, dass anstelle einschlägiger Referenzen weitergehende Angaben zur Eignung und Fachkunde gemacht und entsprechende geeignete Unterlagen vorgelegt werden können, hilfsweise sich die Fachkunde und Leistungsfähigkeit aus anderen unternehmensbezogenen Angaben ergeben kann, so ist die Vergabestelle berechtigt, sich aufgrund einer großen Vielzahl einzelner Aufträge und ggf. stichprobenhafter Referenzabfragen von der Eignung des Bieters zu überzeugen.*)




IBRRS 2020, 3229
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Es gibt keine ungeschriebenen Eignungskriterien!

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2020 - Verg 36/19

1. Bei den vom öffentlichen Auftraggeber herangezogenen Eignungskriterien darf es sich ausschließlich um die in § 122 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 GWB genannten Kriterien handeln. Die Kriterien sind abschließend.

2. Für ungeschriebene Eignungskriterien, deren Verneinung zum Ausschluss des Bieters führen könnte, ist neben den normierten Ausschlusstatbeständen der §§ 123, 124 GWB kein Raum. Das gilt auch für das von Bieterunternehmen zu erfüllende geforderte Eignungsmerkmal der „rechtlichen Leistungsfähigkeit“.

3. Etwaige öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Tätigkeitsfelds eines Bieters lassen dessen Eignung nicht entfallen.

4. Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge.




IBRRS 2020, 3215
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auch Nebenangebote sind zu kennzeichnen!

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2020 - 3 VK LSA 6/20

1. Alle wesentlichen Angebotsbestandteile, die zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen, sind entweder einheitlich (z. B. durch Lochung) zu kennzeichnen oder aber (z. B. durch Siegelung) zu verbinden, um einen nachträglichen versehentlichen oder bewussten Austausch einzelner Bestandteile des Angebots bzw. deren Entfernung zu verhindern.

2. Ein Nebenangebot ist ein wesentlicher Angebotsbestandteil.

3. Tiefbauarbeiten dürfen nicht für eine Pauschalsumme vergeben werden, weil stets mit unerwarteten Baugrundverhältnissen gerechnet werden muss, die Auswirkungen auf die Ausführungsart oder den Leistungsumfang haben.




IBRRS 2020, 3214
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Sind Hausmeistertätigkeiten und Zugangskontrollen „andere Postdienste“?

EuGH, Urteil vom 28.10.2020 - Rs. C-521/18

Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG ist dahin auszulegen, dass er auf Tätigkeiten anwendbar ist, die in der Erbringung von Hausmeister-, Empfangs- und Zugangskontrolldiensten für die Räumlichkeiten von Postdiensteanbietern bestehen, da solche Tätigkeiten einen Zusammenhang mit der Tätigkeit im Postsektor in dem Sinn aufweisen, dass sie tatsächlich der Ausübung dieser Tätigkeit dienen, indem sie es ermöglichen, diese Tätigkeit im Hinblick auf ihre üblichen Ausübungsbedingungen angemessen zu bewerkstelligen.*)

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3136
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Ansteuerung „motorischer Bewegungen“ ≠ Ansteuerung von Motoren!

VK Berlin, Beschluss vom 31.08.2020 - VK B 2-32/20

1. Eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen liegt vor, wenn das Unternehmen nicht das anbietet, was der öffentliche Auftraggeber nachgefragt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Dabei sind die im Leistungsverzeichnis aufgestellten Mindestanforderungen nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen.

2. Einer geforderten "Ansteuerung der motorischen Bewegungen eines modular aufgebauten OP-Tisch-Systems" über eine in den jeweiligen Säulen integrierte Bedieneinheit, wird nicht genüge getan, wenn mit den Bedieneinheiten die für motorische Bewegungen verantwortlichen Motoren bloß abhängig von der Ausgangslage des Tischsystems und nicht zielgerichtet angesprochen werden können.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3196
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Aufklärung zum Umsatz verweigert: Angebot ist auszuschließen!

VK Bund, Beschluss vom 27.05.2020 - VK 2-21/20

1. Der öffentliche Auftraggeber darf im offenen Verfahren nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung von einem Bieter Aufklärung verlangen, um sich u. a. über seine Eignung zu unterrichten. Davon umfasst sind alle Aspekte der Eignung, mithin auch die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit.

2. Jahresabschlüsse mit Gewinn- und Verlustrechnungen sind ein geeignetes Instrument zur Aufklärung von Umsatzangaben.

3. Ein Angebot ist zwingend auszuschließen, wenn ein Bieter die vom Auftraggeber geforderten Aufklärungen und Angaben verweigert.




IBRRS 2020, 3180
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Leistung soll direkt vergeben werden: Anforderungen an die Markterkundung?

VK Bund, Beschluss vom 29.09.2020 - VK 2-73/20

1. Es ist Sache des öffentlichen Auftraggebers, zu definieren, was er beschaffen möchte. Das Vergaberecht regelt nur, in welchem Verfahren und nach welchen Regeln zu beschaffen ist. Die Definition des Beschaffungsbedarfs ist der eigentlichen Vergabe somit vorgelagert.

2. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist zulässig, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Es darf keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung geben und der mangelnde Wettbewerb darf nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter sein.

3. Die technischen Besonderheiten, auf die der Auftraggeber das Fehlen von technischem Wettbewerb stützt, müssen von herausragender Bedeutung sein. Das Fehlen einer vernünftigen Ersatzlösung oder Alternative ist nicht schon dann anzunehmen, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber favorisierte Produkt in einzelnen Merkmalen anderen am Markt erhältlichen Produkten überlegen ist.

4. Im Rahmen der Markterkundung kann zwar nicht verlangt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich so umfassende Kenntnisse aneignet, die etwa vergleichbar der bei dem Hersteller vorhandenen Expertise sein müssten. Regelmäßig dürfte es ausreichen, wenn sich der Auftraggeber bei anderen Nutzern vergleichbarer Produkte über die Vor- und Nachteile der einzelnen Geräte und die insoweit bestehenden Erfahrungen erkundigt und öffentlich verfügbare Quellen zu Rate zieht.

5. Beruht die Wertung des Auftraggebers, dass ausschließlich ein Produkt die technischen Besonderheiten erfüllt, maßgeblich auf der im Rahmen einer Markterkundung gewonnenen Einschätzung, hat er dies umfassend und nachvollziehbar zu dokumentieren.




IBRRS 2020, 3175
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wann erscheint ein Angebotspreis ungewöhnlich niedrig?

VK Sachsen, Beschluss vom 14.08.2020 - 1/SVK/022-20

1. Erscheint der Preis eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, hat der öffentliche Auftraggeber gem. § 16d EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2019 in einem ersten Schritt die Angemessenheit des Preises anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung zu beurteilen.*)

2. Bezugspunkt für die Berechnung der prozentualen Abweichung ist dabei das nächst höhere Angebot (= 100%). Dafür spricht, dass ausgehend von dem zweitgünstigsten Angebot, das noch als auskömmlich betrachtet wird, der Abstand zu demjenigen Angebot zu ermitteln ist, das mit dem Vorwurf der Unauskömmlichkeit konfrontiert wird.*)

3. Die Vergabekammer hat nicht zu prüfen, ob das Angebot des Bieters auskömmlich ist, sondern ob die Entscheidung des Auftraggebers das betreffende Angebot als auskömmlich zu bewerten auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhaltes und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist.*)




IBRRS 2020, 3106
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergabeunterlagen mehrdeutig: Kein Ausschluss wegen Abweichung!

VK Sachsen, Beschluss vom 27.02.2020 - 1/SVK/044-19

1. Die Verpflichtung zu klaren und unmissverständlichen Formulierungen in der Leistungsbeschreibung korrespondiert mit der scharfen Sanktion des Angebotsausschlusses bei Abweichungen von den Vergabeunterlagen. Grundlegende Voraussetzung, um eine Änderung an den Vergabeunterlagen anzunehmen, ist, dass die Vergabeunterlagen selbst klar und eindeutig sind.*)

2. Die Vergabeunterlagen sind nicht klar und eindeutig, wenn die in ihnen zum Ausdruck gebrachten Anforderungen aufgrund ihrer Mehrdeutigkeit nicht von allen Bietern im gleichen Sinne verstanden werden können.*)




IBRRS 2020, 3063
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wird der Auftragswert nicht sorgfältig ermittelt, hilft auch kein Risikozuschlag!

VK Südbayern, Beschluss vom 28.09.2020 - 3194.Z3-3_01-20-11

1. Ist eine Prognose des Auftragswerts bereits methodisch nicht vertretbar, da keine Methode gewählt wurde, die ein realitätsnahes Ergebnis erwarten lässt, ändert auch ein Risikozuschlag von 10% an der Unvertretbarkeit einer solchen Kostenermittlung nichts.*)

2. Das Aufhebungsermessen ist zumindest dann nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt, wenn der Auftraggeber keinerlei Preisaufklärung hinsichtlich des Angebots des Bieters betrieben hat, die Besonderheiten der Kalkulation des Angebots nicht kennt und keinerlei Interessenabwägung vorgenommen und dokumentiert hat.*)

3. Ein Nachprüfungsantrag kann auch mittels eines mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur i.S.d. Art. 3 Nr. 11 i.V.m. Art. 26 Verordnung (EU) Nr. 910/2014 versehenen Dokuments über den Übertragungsweg vom Anwaltspostfach auf ein besonderes Behördenpostfach der Vergabekammer gestellt werden, wenn die Vergabekammer diesen Kommunikationsweg eröffnet hat.*)

4. Die Regelung des § 130a Abs. 3, 4 Nr. 2 ZPO ist auf die Übermittlung von Nachprüfungsanträgen vom besonderen elektronischen Anwaltspostfach auf das besondere elektronische Behördenpostfach der Vergabekammer sinngemäß anzuwenden, weil hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.*)




IBRRS 2020, 3076
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Auftraggeber kann Einsatz von behördlich genehmigtem Material vorgeben!

VK Bund, Beschluss vom 28.09.2020 - VK 2-75/20

1. Materialvorgaben für Geschiebelehm sind keine Produktionsvorgabe, da das Material natürlich vorkommt und grundsätzlich von jedem Bieter beschafft und auch gemischt werden kann.

2. Die Materialvorgabe "Geschiebelehm" bedarf gleichwohl einer sachlichen Rechtfertigung unter Berücksichtigung des Auftragsgegenstands, die dem Maßstab des vergaberechtlichen Gleichbehandlungs- bzw. Nichtdiskriminierungsgebots genügen muss.

3. Beruht eine Materialvorgabe auf einer behördlichen Genehmigung, ist sie sachlich gerechtfertigt. Insbesondere besteht keine vergaberechtlich relevante Verpflichtung des Auftraggebers, alle denkbar in Betracht kommenden Materialien für die im Vorfeld durchgeführten Tests heranzuziehen bzw. bereits insofern ein Auswahl- bzw. Beschaffungsverfahren durchzuführen.




IBRRS 2020, 3846
VergabeVergabe
Wann besteht ohne Angebotsabgabe ein Interesse am Auftrag?

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2020 - Verg 16/20

1. Ein Vergabenachprüfungsantrag ist nur zulässig, wenn der antragstellende Bieter ein Interesse am ausgeschriebenen Auftrag darlegt. Ein Interesse am Auftrag wird grundsätzlich durch die Abgabe eines Angebots dokumentiert.

2. Das Interesse am Auftrag kann ausnahmsweise auch ohne Angebotsabgabe - trotz Kenntnis des Antragstellers von der Ausschreibung - angenommen werden, wenn der Bieter gerade durch den geltend gemachten Vergaberechtsverstoß an der Einreichung eines chancenreichen Angebots gehindert war.

3. Hat der antragstellende Bieter kein Angebot abgegeben, sind höhere Anforderungen an die Darlegung des Interesses am Auftrag zu stellen. Der Bieter muss einen gewichtigen Vergaberechtsverstoß rügen und schlüssig vortragen, gerade durch den gerügten Vergaberechtsfehler an der Abgabe eines Angebots gehindert worden zu sein.

4. Ein Interesse am Auftrag ist schließlich auch dann ohne die Abgabe eines Angebots zu bejahen, wenn der Auftraggeber einen Auftrag ohne die Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens direkt vergibt oder zu vergeben beabsichtigt (sogenannte De-facto-Vergabe) und der Antragsteller dieses Vorgehen als vergaberechtsfehlerhaft rügt.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3839
VergabeVergabe
Schutz von Geschäftsgeheimnissen sticht Anspruch auf rechtliches Gehör!

KG, Beschluss vom 01.07.2020 - Verg 1001/20

1. Das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs gebietet es, dass Schriftsätze, die Beteiligte in einem Rechtsstreit wie dem vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren zu den Akten reichen, den anderen Verfahrensbeteiligten in vollem Umfang einschließlich beigefügter Anlagen zugänglich gemacht werden.

2. Allerdings erlaubt § 165 Abs. 3 Satz 1 GWB den Beteiligten im Vergabenachprüfungsverfahren, Unterlagen kenntlich zu machen, bei deren Offenlegung gegenüber einem Teil oder allen übrigen Verfahrensbeteiligten sie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gefährdet sehen. Nach § 165 Abs. 2 GWB ist dann insoweit grundsätzlich eine Akteneinsicht zu versagen.

3. Zu den Geschäftsgeheimnissen gehören alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind, an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat, in Bezug auf die sein Geheimhaltungswille bekundet worden oder erkennbar ist und von denen sich ein größerer Personenkreis nur unter Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann.

Dokument öffnen Volltext


IBRRS 2020, 3055
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Klarstellende Zusätze sind keine Änderungen an Vergabeunterlagen!

KG, Beschluss vom 04.05.2020 - Verg 2/20

Änderungen und Ergänzungen an den Vergabeunterlagen i.S.d. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV liegen nicht schon in lediglich klarstellenden, dem besseren Verständnis dienenden Zusätzen und offensichtlich irrtümlichen Eintragungen wie Schreibfehlern.*)




IBRRS 2020, 3052
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Wie erfolgt die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien?

OLG Rostock, Beschluss vom 12.08.2020 - 17 Verg 2/20

1. Die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erfolgt danach, ob sie im Schwerpunkt die Leistungsfähigkeit und fachliche Eignung des Bieters oder die Wirtschaftlichkeit des Angebots betreffen.*)

2. Der Eigenbetrieb von Hubschraubern kann danach ein zulässiges Zuschlagskriterium sein, wenn aufgezeigt wird, dass er das Ausfallrisiko reduziert.*)

3. Die Gesamtflottenstärke eines Bieters lässt ohne weitere Regelungen einen Bezug zur Ausfallsicherheit nicht erkennen und ist deshalb kein nach § 152 Abs. 3 Nr. 2 GWB zulässiges Zuschlagskriterium.*)




IBRRS 2020, 3036
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Mangelnde Finanzierbarkeit: Aufhebung ist kein Automatismus!

VK Thüringen, Beschluss vom 20.05.2020 - 250-4002-817/2020-E-003-SHK

1. Ein unwirtschaftliches Ergebnis der Ausschreibung kann ein „anderer schwerwiegender Grund" sein, der den Auftraggeber zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt.

2. Ein unwirtschaftliches Ergebnis liegt vor, wenn auch das wirtschaftlichste Angebot erheblich über dem Preis liegt, der nach ordnungsgemäßer Schätzung des Auftragswertes ermittelt worden war.

3. Eine ordnungsgemäße Kostenschätzung setzt voraus, dass der Auftraggeber oder der von ihm gegebenenfalls beauftragte Fachmann für die Schätzung Methoden wählt, die ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis ernsthaft erwarten lassen. Wie genau die Berechnung auszusehen hat, ist eine Frage des Einzelfalls.

4. Nur auf eine möglichst wirklichkeitsnahe Schätzung darf ein öffentlicher Auftraggeber seine Ausschlussentscheidung eines angeblich unwirtschaftlichen Ergebnisses stützen. Diese Schätzung muss grundsätzlich von den aktuellen Kosten der konkret ausgeschriebenen Leistungen ausgehen, und die einzelnen Schätzgrundlagen müssen nachvollziehbar begründet worden sein.

5. Auch die mangelnde Finanzierbarkeit des Vorhabens kann einen die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtfertigenden „anderen schwerwiegenden Grund“ darstellen. Voraussetzung ist aber auch hierfür, dass der Auftraggeber den Kostenbedarf mit der gebotenen Sorgfalt ermittelt hat.

6. Auch wenn ein die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtfertigender Grund vorliegt, führt dies nicht automatisch zur Aufhebung des Verfahrens. Der Auftraggeber hat vielmehr zu überlegen und abzuwägen, ob er die Ausschreibung aufhebt (Aufhebungsermessen).