Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2020, 1327KG, Beschluss vom 13.01.2020 - Verg 9/19
1. Zur Darlegung einer Rechtsverletzung nach § 160 Abs. 2 GWB genügt im Allgemeinen ein Vortrag solcher auf eine Rechtsverletzung hindeutenden Tatsachen, die der Antragsteller aus seiner Sicht der Dinge für wahrscheinlich oder möglich halten darf, weil dafür objektive Anhaltspunkte vorliegen. Wird der Bieter allerdings über die inhaltlichen Gründe der Bewertung seines Angebotes vollständig im Unklaren gelassen, so dass er auch objektive Anhaltspunkte nicht vortragen kann, die die Wertung als fraglich erscheinen lassen, genügt es, wenn er die Wertung pauschal in Zweifel zieht. Das Vergabenachprüfungsverfahren dient hier zunächst der Verwirklichung des aus dem Transparenzgrundsatz sowie dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes folgenden Anspruchs, hinreichend über die Grundlagen der Angebotswertung informiert zu werden.*)
2. Bieter haben nicht nur Anspruch, über die Bewertung ihrer Angebote informiert zu werden, sondern auch - gegebenenfalls unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anderer Bieter oder des Auftraggebers - über die maßgeblichen Grundlagen der vergleichenden Bewertung der Angebote.*)
3. Beabsichtigt die Vergabekammer, ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten zu entscheiden (§ 166 Abs. 1 Satz 3 GWB), wird sie wegen der erheblichen Bedeutung der mündlichen Verhandlung für die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes vor einem entsprechenden Vorgehen regelmäßig rechtliches Gehör zu gewähren haben, um den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG zu genügen.*)
VolltextIBRRS 2020, 1320
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.09.2019 - 1 VK LSA 13/19
1. Liegt kein nach der Wertung kein zuschlagsfähiges Angebot vor, weil sämtliche Angebote die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers nicht erfüllen, kann die Ausschreibung sanktionsfrei aufgehoben werden.
2. Ein Bieter muss die Ausschreibungsunterlagen im Zusammenhang mit seiner Angebotserstellung in Gänze zur Kenntnis nehmen. Kritik am Inhalt der Vergabeunterlagen hat deshalb bis zur Angebotsabgabe gegenüber der Auftraggeberseite zu erfolgen.
3. Der Angebotsinhalt darf durch eine nachträgliche "Korrektur" nicht verändert werden (vgl. OLG Karlsruhe, IBR 2019, 693 = VPR 2019, 217).
VolltextIBRRS 2020, 1294
OLG Naumburg, Beschluss vom 18.10.2019 - 7 Verg 5/19
1. Die Zulassung von Nebenangeboten ist auch dann möglich, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist. In diesem Fall wird durch die Festlegung von Mindestanforderungen eine Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt.
2. Lässt der öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zu, muss er die Mindestanforderungen in den Vergabeunterlagen angeben. Es besteht keine Verpflichtung, dies bereits in der Auftragsbekanntmachung zu tun.
3. Bietet ein Unternehmen in seinem Hauptangebot Systemkomponenten an, die zwar den vorgegebenen technischen Mindestkriterien entsprechen, aber systembedingt abweichende Baulängen aufweisen, liegt eine Änderung der Vergabeunterlagen vor, die zum Ausschluss des Angebots führt.
IBRRS 2020, 1296
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.09.2019 - 1 VK LSA 16/19
Es reicht eine mangelnde Erfolgsaussicht in der Sache nicht isoliert aus, um die vorzeitige Gestattung einer Zuschlagserteilung zu rechtfertigen. Hinzukommen muss ein besonderes Beschleunigungsinteresse. Für das besondere Beschleunigungsinteresse spricht hier u. a., dass bereits jegliche Baustellen auf Autobahnen für den Schnellverkehr und der inzwischen unverzichtbaren Mobilität des Schwerverkehrs mit einer entsprechenden Fahrstreifenreduzierung von 3 auf 2 ein außergewöhnliches Sicherheitsrisiko für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer darstellt. Es besteht die Gefahr, dass der in Rede stehende Autobahnabschnitt nicht bis zum Beginn der Wintermonate fertiggestellt werden kann. Transportable Fahrzeug-Rückhaltesysteme erfüllen nicht die gleichen Sicherheitsanforderungen, so dass diese die Schutzwirkung für einen dauerhaften Einsatz selbst bei reduzierter Geschwindigkeit nur eingeschränkt gewährleisten können. Die Interimsmarkierungen sind nicht für einen längeren Winterbetrieb tauglich.*)
VolltextIBRRS 2020, 1285
VK Hessen, Beschluss vom 30.01.2019 - 69d-VK-2-46/2018
1. Der öffentliche Auftraggebers bestimmt den Beschaffungsgegenstand allein nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen. Dies umfasst u. a. die Merkmale und Eigenschaften des zu beschaffenden Gegenstands sowie die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Beschaffung überhaupt.
2. Ein Vergabeverfahren darf nicht mit der Absicht konzipiert werden, das GWB-Vergaberecht zu umgehen oder den Wettbewerb künstlich einzuengen.
3. Der Wettbewerb wird künstlich eingeengt, wenn das Vergabeverfahren so ausgerichtet wird, dass bestimmte Wirtschaftsteilnehmer auf unzulässige Weise bevorzugt oder benachteiligt werden (hier verneint).
4. Eine weitere Grenze der Beschaffungsautonomie des öffentlichen Auftraggebers kann auch das vergaberechtliche Willkürverbot bilden. Es verbietet aber nur besonders grobe Ungleichbehandlungen ohne sachlichen Grund.
VolltextIBRRS 2020, 1254
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2019 - Verg 18/19
1. Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist nur dann zulässig, wenn wegen der äußersten Dringlichkeit der Leistung aus zwingenden Gründen infolge von Ereignissen, die der öffentliche Auftraggeber nicht verursacht hat und nicht voraussehen konnte, die vorgeschriebenen Regelfristen nicht eingehalten werden können.
2. Die Darlegungs- und Feststellungslast für die Voraussetzungen der Ausnahme trägt der öffentliche Auftraggeber, wobei diese Ausnahmeregelungen sehr eng auszulegen sind und eine sorgfältige Abwägung, Begründung und umfassende Dokumentation erfordern.
3. Dringliche und zwingende Gründe kommen nur bei akuten Gefahrensituationen und höherer Gewalt in Betracht, die zur Vermeidung von Gefahren und Schäden für Leib und Leben ein sofortiges, die Einhaltung von Fristen ausschließendes Handeln erfordern. Äußerste Dringlichkeit kann regelmäßig nicht mit bloßen wirtschaftlichen Erwägungen begründet werden.
IBRRS 2020, 1247
VK Saarland, Beschluss vom 23.05.2019 - 1 VK 02/19
1. Die Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB setzt voraus, dass der Bieter den möglichen Vergaberechtsverstoß erkannt hat. Fristbeginn ist dabei die positive Kenntnis. Positive Kenntnis bezieht sich aber nicht nur auf die objektiv erkennbaren Tatsachen, sondern auch auf die Bewertung als rechtsfehlerhaft.*)
2. Umstände, die vom Antragsteller erst im Nachprüfungsverfahren erkannt werden und aus denen er - zulässigerweise - Vergaberechtsverstöße ableiten will, unterliegen nicht der Obliegenheit zur Rüge nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB.*)
3. Im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Bewertung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hat der Auftraggeber ein weitreichendes Bestimmungsrecht, das durch objektive und auftragsbezogene Gründe begrenzt wird. Fehlende Bekanntheit und Publizität eines Unternehmens stellen keine Eignungsmängel dar.*)
4. Die Regelung des § 134 GWB dient dazu, dem unterlegenen Bieter die Möglichkeit einzuräumen, effektiven Rechtsschutz wahrnehmen zu können. Daraus kann der Bieter jedoch keinen umfassenden Informationsanspruch herleiten.*)
5. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens muss vergaberechtskonform erfolgen. Der Auftraggeber muss das Verfahren umfassend dokumentieren und die Gründe für die Auswahlentscheidung niederlegen. Mängel der Dokumentation stellen grundsätzlich eine Verletzung des Transparenzgrundsatzes dar.*)
6. Die Vergabekammer kann die Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den Auftraggeber im Rahmen ihrer Kompetenzen nur eingeschränkt überprüfen. Die Überprüfung beschränkt sich darauf, ob vom öffentlichen Auftraggeber das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, ob er von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und ob sich die Wertungsentscheidung im Rahmen der Gesetze und der allgemeinen gültigen Beurteilungsmaßstäbe hält, insbesondere die Wertung diskriminierungsfrei, nicht willkürlich und nachvollziehbar ist.*)
7. Das zur Wahrnehmung effektiven Rechtsschutzes bestehende Akteneinsichtsrecht ist auf das berechtigte Informationsbedürfnis des Antragstellers begrenzt und umfasst insoweit nur für das Nachprüfungsverfahren relevante, weil streitige und subjektive Rechte des Antragstellers betreffende Aktenteile. Im Anwendungsbereich der VSVgV ist zudem die besondere Schutzbedürftigkeit des sicherheitsrelevanten Bereichs zu berücksichtigen.*)
VolltextIBRRS 2020, 1226
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.02.2020 - 11 Verg 7/19
Wird ein Angebot über die in den Ausschreibungsbedingungen angegebene Vergabeplattform verschlüsselt und fristgerecht eingereicht, ist es nicht allein deshalb vom Verfahren auszuschließen, weil es zuvor formwidrig per E-Mail an die Vergabestelle übermittelt worden war.*)
IBRRS 2020, 1157
OLG München, Beschluss vom 26.03.2020 - Verg 22/19
1. Die Entscheidung, welcher Gegenstand mit welcher Beschaffenheit und welchen Eigenschaften beschafft werden soll, obliegt dem öffentlichen Auftraggeber, begrenzt wird das Bestimmungsrecht aber durch die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung, von der nur unter bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden darf.
2. Auf ein bestimmtes Produkt darf nicht verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
3. Gegen die Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen in der Leistungsbeschreibung genannt wird, sondern auch dann, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein bestimmtes Produkt vorgegeben wird und nur mit diesem die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt werden können.
4. Die Weitergabe des Submissionsergebnisses an Anbieter ist unzulässig.
IBRRS 2020, 1189
OLG München, Beschluss vom 20.01.2020 - Verg 19/19
1. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass ein Bieter stets das vom Auftraggeber Nachgefragte anbieten will, auch wenn ihm redliche und interessensgerechte Absichten zu unterstellen sind.
2. "Kann" der Verstoß gegen eine Vorgabe des öffentlichen Auftraggebers einen Ausschluss vom Vergabeverfahren nach sich ziehen, darf dies von einem verständigen Bieter nicht dahin verstanden werden, dass dem Auftraggeber hinsichtlich einer Ausschlussentscheidung ein Ermessen eröffnet wird.
3. Kartellrechtliche Missbrauchsvorwürfe nach § 19 bzw. § 20 GWB sind im Rahmen einer vergaberechtlichen Inzidentprüfung dann zu berücksichtigen, wenn ein Kartellrechtsverstoß feststeht oder ohne weitere zeitaufwendige Prüfung zweifelsfrei festgestellt werden kann, dass der Auftraggeber gegen das sog. Anzapfverbot nach § 19 GWB verstoßen hat und sich daraus relevante Rechtsverletzungen des Bieters ergeben haben.
VolltextIBRRS 2020, 1141
KG, Beschluss vom 26.03.2019 - Verg 16/16
1. Das Gebot des § 97 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 GWB, Leistungen getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben, schränkt das Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ein. Diese Einschränkung greift aber erst und nur, wenn eine getrennte Beschaffung der ausgeschriebenen Leistungen (hier: Verpflegungsleistungen für Flüchtlingsheim) nach Art oder Fachgebiet überhaupt sinnvoll möglich ist, woran es fehlen kann, wenn die nachgefragte Leistung nach ihrem Gegenstand gerade voraussetzt, dass sie aus einer Hand erbracht wird.
2. Die Feststellung, ob wirtschaftliche oder technische Anforderungen eine einheitliche Vergabe erfordern, setzt voraus, dass die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe die für das Gebot der Losaufteilung sprechenden Gründe überwiegen (hier verneint).
3. Weil eine getrennte Beschaffung regelmäßig aufwendiger ist als eine zusammengefasste, kann der mit einer getrennten Beschaffung verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsaufwand das Absehen von einer getrennten Ausschreibung der Leistungen nicht rechtfertigen.
VolltextIBRRS 2020, 1177
KG, Beschluss vom 19.12.2019 - Verg 9/19
1. Zur Darlegung einer Rechtsverletzung nach § 160 Abs. 2 GWB genügt im Allgemeinen ein Vortrag solcher auf eine Rechtsverletzung hindeutenden Tatsachen, die der Antragsteller aus seiner Sicht der Dinge für wahrscheinlich oder möglich halten darf, weil dafür objektive Anhaltspunkte vorliegen. Wird der Bieter allerdings über die inhaltlichen Gründe der Bewertung seines Angebotes vollständig im Unklaren gelassen, so dass er auch objektive Anhaltspunkte nicht vortragen kann, die die Wertung als fraglich erscheinen lassen, genügt es, wenn er die Wertung pauschal in Zweifel zieht. Das Vergabenachprüfungsverfahren dient hier zunächst der Verwirklichung des aus dem Transparenzgrundsatz sowie dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes folgenden Anspruchs, hinreichend über die Grundlagen der Angebotswertung informiert zu werden.*)
2. Bieter haben nicht nur Anspruch, über die Bewertung ihrer Angebote informiert zu werden, sondern auch - gegebenenfalls unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anderer Bieter oder des Auftraggebers - über die maßgeblichen Grundlagen der vergleichenden Bewertung der Angebote.*)
3. Beabsichtigt die Vergabekammer, ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten zu entscheiden (§ 166 Abs. 1 Satz 3 GWB), wird sie wegen der erheblichen Bedeutung der mündlichen Verhandlung für die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes vor einem entsprechenden Vorgehen regelmäßig rechtliches Gehör zu gewähren haben, um den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG zu genügen.*)
VolltextIBRRS 2020, 1165
OLG Rostock, Beschluss vom 06.02.2019 - 17 Verg 6/18
1. Der Auftraggeber hat nach § 60 VgV in der Regel jedenfalls dann Anlass zur Prüfung, ob ein Preis Risiken für die Leistungserbringung begründet oder es sich um ein spekulatives Angebot handelt, wenn der Preis 20% unter dem nächstgünstigen Angebot liegt (sog. Aufgreifschwelle). Die Preisprüfung kann unter Umständen während des laufenden Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden.*)
2. Unterlagen, die die Eignung betreffen, sind unternehmensbezogene Unterlagen im Sinn des § 56 Abs. 2 VgV, deren Nachforderung im Ermessen des Auftraggebers liegt. Die Formulierung "mit dem Angebot einzureichen" in der Aufforderung zur Angebotsabgabe stellt nicht ohne Weiteres eine vorweggenommene Ermessensausübung im Sinn des § 56 Abs. 2 Satz 2 VgV dar.*)
3. Nachgeforderte Eigenerklärungen sind nicht deshalb zurückzuweisen, weil sie erst nach Ablauf der Angebotsfrist erstellt wurden.*)
VolltextIBRRS 2020, 1162
VK Bund, Beschluss vom 10.03.2020 - VK 2-9/20
1. Die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in das Verfahrensstadium vor dessen Bekanntmachung entspricht einer vollständigen Aufhebung.
2. Will der Auftraggeber mit der Aufhebung eigene Verfahrensfehler korrigieren und die Zuschlagskriterien klarstellen, um eine rechtmäßige Angebotswertung zu gewährleisten, ist eine Aufhebung nur dann zulässig, wenn ein Aufhebungsgrund gem. § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2019 vorliegt.
3. Die unterlassene Weiterleitung von Bieterfragen und -antworten stellt einen schwer wiegenden Verfahrensfehler dar und berechtigt den Auftraggeber zur Aufhebung der Ausschreibung.
IBRRS 2020, 3816
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 07.01.2020 - 3 VK 8/19
1. Ein Auftrag kann im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden, wenn aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Das macht eine vorherige Markterkundung erforderlich.
2. Lässt sich nicht feststellen, ob der Auftraggeber eine ausreichende Markterkundung vorgenommen hat, hat die Vergabekammer eine Beweislastentscheidung zu treffen hat. Grundsätzlich wirkt sich ein nicht mehr festzustellender Umstand zulasten des Beteiligten aus, der sich darauf beruft.
3. Für das Vorliegen einer Alleinstellung als Ergebnis einer Markterkundung ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig.
VolltextIBRRS 2020, 1142
KG, Beschluss vom 20.05.2019 - Verg 16/16
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2020, 1109
VK Bund, Beschluss vom 10.03.2020 - VK 2-5/20
1. Eine Aufhebung des Vergabeverfahrens ist bei unveränderter Beschaffungsabsicht nur zulässig, wenn ein im Gesetz genannter Aufhebungsgrund vorliegt.
2. Die Korrektur wertungsrelevanter Verfahrensfehlern ist ein solcher Grund, wenn kein milderes Mittel ersichtlich ist.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, Auskünfte über die Vergabeunterlagen vor Ablauf der Angebotsfrist allen Unternehmen in gleicher Weise zu erteilen. Dazu gehört insbesondere auch, dass Bieterfragen sowie die Antworten hierauf allen Wettbewerbsteilnehmern zur Verfügung gestellt werden müssen, um eine einheitliche Informationsbasis für alle Bieter zu gewährleisten.
4. Auch eine Nicht-Weitergabe von Information an alle Bieter stellt für sich genommen einen sachlichen Grund für die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens dar.
VolltextIBRRS 2020, 1102
VK Thüringen, Beschluss vom 28.02.2020 - 250-4002-21/2020-E-002-IK
1. Eine Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn keinem Angebot wegen unangemessen hohen Preises der Zuschlag erteilt werden kann.
2. Der Maßstab für die Ermittlung eines angemessenen Preises und damit für die Beurteilung, ob ein Preis unangemessen hoch ist, können Angebote anderer Bieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, für vergleichbare Leistungen vom Auftraggeber gezahlte oder ihm angebotene Preise, eigene Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieurbüros sein.
3. Für einen zulässigen Vergleich zwischen der Kostenschätzung des Auftraggebers und dem gebotenen Preis müssen das der Kostenschätzung zu Grunde liegende Leistungsverzeichnis sowie das Leistungsverzeichnis der Ausschreibung übereinstimmen. Zudem müssen die bei der Kostenschätzung gewonnenen Ergebnisse als vertretbar erscheinen.
4. Bei der Frage der Angemessenheit des Preises ist auf den Gesamtpreis abzustellen und nicht auf einzelne Preispositionen.
IBRRS 2020, 1083
VK Thüringen, Beschluss vom 28.02.2020 - 250-4004-630/2020-E-002-EF
1. Die Vereinbarung eines (wirksamen) Wettbewerbsverbots zwischen einem Ingenieurbüro und einem Subplaner führt dazu, dass der Subplaner nicht als Bieter an einer von dem Verbot umfassten öffentlichen Ausschreibung teilnehmen kann.
2. Setzt sich der Subplaner über das Verbot hinweg und gibt er ein Angebot ab, stellt das eine schwere berufliche Verfehlung dar, die seine Integrität infrage stellt.
3. Es steht im Ermessen des Auftraggebers zu entscheiden, ob aufgrund des Fehlverhaltens des Bieters, das einen fakultativen Ausschlussgrund begründet, die Zuverlässigkeit des Bieters zu verneinen ist.
VolltextIBRRS 2020, 1072
OLG Hamburg, Beschluss vom 20.03.2020 - 1 Verg 1/19
1. Einem Losentscheid stehen keine zwingenden vergaberechtlichen Bestimmungen entgegen.
2. Ein Losentscheid kommt allerdings nur in Betracht, wenn mehrere Angebote die Voraussetzungen des wirtschaftlichsten Angebots erfüllen, weil sie völlig gleichwertig sind.
3. Das Losverfahren ist so zu gestalten, dass ein nicht beeinflusstes Zufallsergebnis herbeigeführt wird, für alle Teilnehmer am Losentscheid also die gleichen Chancen bestehen, und ein hinreichender und den Umständen nach angemessener Schutz vor Manipulationen besteht.
IBRRS 2020, 1042
VK Lüneburg, Beschluss vom 20.05.2019 - VgK-13/2019
1. Wenn ein Bieter etwas anderes anbietet, als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt wurde, liegt eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vor.
2. Ein Bieter weicht bereits dadurch von den Festlegungen in den Vergabeunterlagen ab, wenn er sich auf dem seinem Angebot beigefügten Dokument „Technische Daten" in der Fußzeile ausdrücklich technische Änderungen vorbehält.
VolltextIBRRS 2020, 1041
VK Südbayern, Beschluss vom 17.03.2020 - Z3-3-3194-1-47-11/19
1. Ein Verstoß durch nicht ausreichend detailliert festgelegte Mindestanforderungen bei der Zulassung von Nebenangeboten bei einem reinen Preisentscheid, ist für einen durchschnittlichen Bieter regelmäßig nicht erkennbar i.S.d. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB, da hierzu Kenntnis der sich erst entwickelnden Rechtsprechung erforderlich ist.*)
2. Beruft sich der Auftraggeber selbst auf einen eigenen Vergabeverstoß zur Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge und hat der Bieter die vom Auftraggeber angestrebte Rechtsfolge gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB rechtzeitig gerügt, kann er geltend machen, dass der unstrittige Vergabeverstoß zu einer anderen Rechtsfolge führen muss, auch wenn er diesen nicht rechtzeitig nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB gerügt hat.*)
3. Legt ein Auftraggeber nicht ausreichend detaillierte Mindestanforderungen für Nebenangebote bei einem reinen Preisentscheid fest, kann er die in den Vergabeunterlagen zugelassenen Nebenangebote nicht einfach unter Berufung auf die unzureichenden Mindestanforderungen ausschließen, sondern muss das Vergabeverfahren zurückversetzen, die Vergabeunterlagen korrigieren und zur Abgabe neuer Angebote auffordern.*)
4. Ein Ausschluss eines Unternehmens nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB kann keinen Bestand haben, wenn der Auftraggeber die Zurechnung des Fehlverhaltens von Mitarbeitern an das Unternehmen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 letzter Halbsatz GWB i.V.m. § 123 Abs. 3 GWB nicht darlegen kann.*)
IBRRS 2020, 1034
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2020 - 15 Verg 1/20
1. Ist das Angebot in Textform abzugeben, muss die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.
2. In Fällen, in denen die vorgeschriebene Form im "Angebot" KEV 115.2 nicht eingehalten wird, kommt eine Nachforderung nicht in Betracht.
IBRRS 2020, 0968
VK Lüneburg, Beschluss vom 21.05.2019 - VgK-18/2019
1. Die Aufhebung der Ausschreibung wegen (vermeintlich) unangemessen hoher Angebote setzt eine deutliche Überschreitung des durch den Auftraggeber vertretbar geschätzten Auftragswerts voraus.
2. Eine vertretbare Auftragswertschätzung liegt nur dann vor, wenn sie wirklichkeitsnah ist.
3. Es lässt sich nicht durch allgemein verbindliche Werte nach Höhe oder Prozentsätzen festlegen, wann ein vertretbar geschätzter Auftragswert so deutlich überschritten wird, dass eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gerechtfertigt ist. Vielmehr ist eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende Interessenabwägung vorzunehmen.
4. Aufgrund der Teuerung im Baugewerbe in den vergangenen Jahren ist bei der Ausschreibung hochwertiger Baumaterialien ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % für eine ordnungsgemäße Auftragswertschätzung unentbehrlich.
VolltextIBRRS 2020, 0997
VK Bund, Beschluss vom 24.01.2020 - VK 1-97/19
1. Der öffentliche Auftraggeber darf zusätzlich zur namentlichen Benennung der technischen Fachkräfte von den Bewerbern die verbindliche Erklärung verlangen, dass die Personen im Auftragsfall auch verfügbar sind.
2. Es ist den Bewerbern zuzumuten, die Verfügbarkeit der Personen, auf deren Eignung sie sich berufen, verbindlich bereits im Teilnahmewettbewerb und nicht erst mit der Angebotsabgabe oder unmittelbar vor Zuschlagserteilung zu bestätigen.
3. Die Benennung einer anderen Person oder die Abänderung der bisher vorgelegten Verfügbarkeitserklärungen dahingehend, dass die Verfügbarkeit der betreffenden Person doch wie gefordert zugesichert wird, ist kein erlaubtes "Korrigieren" von Erklärungen, sondern die Vorlage eines "neuen" Teilnahmeantrags.
IBRRS 2020, 1000
VK Südbayern, Beschluss vom 31.01.2020 - Z3-3-3194-1-51-11/19
1. Die Mitteilung nach § 134 GWB ist nicht ordnungsgemäß erfolgt, wenn der Auftraggeber einen von zwei von ihm angenommenen Gründen für die Nichtberücksichtigung nicht benennt und vom benannten anderen Grund später Abstand nimmt.*)
2. Eine Heilung einer unzureichenden Information nach Zuschlagserteilung kommt nicht in Frage, da hierdurch der Sinn und Zweck der Information nach § 134 GWB unterlaufen würde.*)
3. Eine Berufung des Auftraggebers auf § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB kann jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn dieser gezielt versucht, durch die wahrheitswidrige Zusage, den Zuschlag vor einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu erteilen, den Bieter über die tatsächlich früher beabsichtigte Zuschlagserteilung zu täuschen und so seinen Primärrechtsschutz zu vereiteln.*)
4. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit von Referenzen kommt der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (OLG München, IBR 2019, 38 = VPR 2019, 4). Der Auftraggeber muss dabei aber alle wertbaren Referenzen berücksichtigen und seine Erwägungen nachvollziehbar begründen und dies dokumentieren.*)
IBRRS 2020, 0999
VK Südbayern, Beschluss vom 18.02.2020 - Z3-3-3194-1-42-10/19
1. Legt ein Auftraggeber in den Vergabeunterlagen fest, dass sich alle technischen Parameter aus vorzulegenden Unterlagen z.B. technischen Datenblättern ergeben müssen, darf er den Zuschlag nicht auf ein Angebot erteilen, zu dessen Aufklärung technische Datenblätter vorgelegt wurden, die von Anforderungen der Leistungsbeschreibung abweichen. Das gilt in diesem Fall auch dann, wenn der Bieter ausschreibungskonforme Leistung zusagt.*)
2. Ein Wertungssystem bei dem das beste Angebot volle Punktzahl und das schlechteste keine Punkte erhält, führt im dem Fall, dass nur zwei Angebote abgegeben werden zu Ergebnissen, die mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar sind (OLG Düsseldorf, IBR 2014, 232 = VPR 2014, 81).*)
3. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 25.10.2018 (VPR 2019, 71) (Roche Lietuva) bestehen erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Ausschreibung unter Nennung von "Planungsfabrikaten" (sog. unechte Produktvorgabe).*)
VolltextIBRRS 2020, 0998
OLG München, Beschluss vom 30.01.2020 - Verg 28/19
Ein erst nach wirksamer Zuschlagserteilung eingereichter Feststellungsantrag ist unzulässig.
VolltextIBRRS 2020, 0896
VK Nordbayern, Beschluss vom 12.02.2020 - RMF-SG21-3194-5-2
Gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV sind die Merkmale des Auftragsgegenstands so genau wie möglich zu fassen. Das Leistungsverzeichnis muss ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und hinreichend vergleichbare Angebote erwarten lassen, die dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen. Wird der Auftragsgegenstand nicht ausreichend klar im Leistungsverzeichnis beschrieben, so liegen zur Bewertung keine vergleichbaren Angebote vor. Sind die Bieter von unterschiedlichen Merkmalen des Auftragsgegenstands ausgegangen, beruhen die Angebote mithin auf unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen. Würden diese Angebote gewertet, wäre die Transparenz und die Gleichbehandlung im Wettbewerb nicht gewahrt.*)
IBRRS 2020, 0961
KG, Beschluss vom 10.02.2020 - Verg 6/19
1. Den Verfahrensbeteiligten steht ein - im Ausgangspunkt - uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht zu, das nur dann eine Einschränkung erfährt, wenn „wichtige“ Gründe, insbesondere des Geheimschutzes oder zur „Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen“ die Einsichtversagung „gebieten“.
2. Die Akteneinsicht wegen Unzulässigkeit des Vergabenachprüfungsantrags ist nur dann zu versagen, wenn die Unzulässigkeit offensichtlich ist.
3. Zur Zurückverweisung eines Vergabenachprüfungsverfahrens an die Vergabekammer durch den Vergabesenat sowie zu grundlegenden prozessualen Erfordernissen in Vergabeprüfungsverfahren.*)
VolltextIBRRS 2020, 0954
OLG Naumburg, Beschluss vom 22.11.2019 - 7 Verg 7/19
1. Der Vergabesenat hat im Antragsverfahren nach § 169 Abs. 2 Satz 5 GWB die Abwägung der widerstreitenden Interessen in eigener Verantwortung selbst vorzunehmen und ist nicht etwa darauf beschränkt, die Ermessensentscheidung der Vergabekammer auf Ermessensfehler zu prüfen. Zu den für die Abwägung maßgeblichen Aspekten in persönlicher und sachlicher Hinsicht.*)
2. Gibt ein öffentlicher Auftraggeber zur Durchführung der elektronischen Kommunikation im Vergabeverfahren auf einem gesonderten, den Teilnahmebedingungen beigefügten Hinweisblatt vor, dass die Abgabe eines Angebots in Textform (für ihn) bedeute, dass die elektronisch übermittelten Dateien der Vergabeunterlagen "mit geeigneter Software ausgefüllt" werden müssen und dass Angebote ausgeschlossen werden, deren Unterlagen ausgedruckt, anderweitig ausgefüllt und dann eingescannt werden, ist damit ein entsprechendes Formerfordernis wirksam aufgestellt. Reicht ein Bieter sein Angebot auf einem ausgedruckten, handschriftlich ausgefüllten, mit Unterschrift und Firmenstempel versehenen und dann eingescannten Angebotsschreiben ein, so entspricht dies nicht den Formerfordernissen dieser Ausschreibung.*)
3. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut in § 169 Abs. 2 Satz 4 GWB kann selbst eine mangelnde Erfolgsaussicht des Nachprüfungsantrages für sich genommen die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags allein noch nicht rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr, dass ein besonderes Beschleunigungsinteresse hinzutritt.*)
IBRRS 2020, 0826
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.09.2019 - 1 VK 51/19
1. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen ausnahmsweise zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Ein Abweichen vom Gebot der Losaufteilung hat der öffentliche Auftraggeber im Vergabevermerk zu begründen.
2. Die im Vergabevermerk niedergelegten Angaben und Gründe für die getroffene Entscheidung müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des konkreten Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind.
3. Für Entscheidungen, bei denen mehrere Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen sind, bestehen erhöhte Anforderungen an den Umfang der Dokumentation. Diesbezüglich erfordert die Dokumentationspflicht eine ausführliche Begründung des Entscheidungsprozesses mit seinem Für und Wider sowie eine detaillierte Begründung der getroffenen Entscheidung. Dies betrifft gerade die Gründe für oder gegen eine Losaufteilung.
IBRRS 2020, 0900
VK Berlin, Beschluss vom 13.03.2020 - VK B 1-36/19
1. Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt.
2. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Angebote diskriminierungsfrei und nach den von ihm selbst aufgestellten Vorgaben zu bewerten und dies entsprechend nachvollziehbar zu dokumentieren.
3. Im Rahmen einer Qualitätswertung von Konzepten muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Bewertung eingegangen sind.
4. Der Screenshots einer E-Mail ohne entsprechende Anknüpfung in der Vergabeakte belegt nicht, dass vom Auftraggeber aufgestellte "Antworterwartungen" bereits vor der Veröffentlichung der Ausschreibung festgelegt worden sind.
VolltextIBRRS 2020, 0906
VK Bund, Beschluss vom 13.02.2020 - VK 1-2/20
1. Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler im Vergabeverfahren fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur berechtigt. Die damit einhergehende Rückversetzung ist als Teilaufhebung der Ausschreibung anzusehen.
2. Die Dokumentation des Vergabeverfahrens ist in Textform zu führen, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Eine fehlende Dokumentation von Verfahrensschritten kann nachgeholt/geheilt werden.
IBRRS 2020, 0654
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.07.2019 - 1 VK 37/19
1. Verweise auf bestimmte Produkte sind ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Derartige Verweise sind mit dem Zusatz "oder gleichwertig" zu versehen.
2. Eine komplizierte und unverständliche Verweisung kann den eindeutigen Zusatz "oder gleichwertig" schon nicht ersetzen.
3. Der Auftraggeber hat in den Vergabeunterlagen zu dokumentieren, warum der Auftragsgegenstand aus seiner Sicht nicht eindeutig und allgemein verständlich beschrieben werden kann.
4. Auch Mindestanforderungen an Nebenangebote müssen bekannt gegeben werden. Der Auftraggeber muss mindestens seine konkreten Erwartungen an die ausgeschriebene Leistung und das angestrebte Ergebnis formulieren.
5. Eine Gleichwertigkeitsprüfung ohne konkrete Bezugspunkte erfüllt nicht die Anforderung an transparente Wertungskriterien.
VolltextIBRRS 2020, 0824
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.09.2019 - 1 VK 39/19
1. Die Anforderungen an die Eignungsnachweise dürfen nicht wettbewerbseinschränkend ausgelegt werden. Die Formulierung "Umsatz der besonderen Leistungsart, die Gegenstand der Vergabe ist" dahingehend auszulegen, dass nur solche Umsätze als Eignungsnachweis zu dienen vermögen, die unmittelbar mit der zu vergebenden Leistung zusammenhängen, ist daher als zu eng anzusehen.
2. Ein Unternehmen ist vorbefasst, wenn es den öffentlichen Auftraggeber beraten hat oder auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt war. Erforderlich ist ein konkreter Bezug zu dem aktuellen Vergabeverfahren. Dabei müssen Leistungen erbracht worden sein, die zum zu vergebenden Auftrag einen unmittelbaren Zusammenhang aufweisen.
3. Eine Vorbefassung hat nur dann vergaberechtliche Relevanz, wenn die hierdurch erworbenen Kenntnisse den Wettbewerb um die ausgeschriebenen Leistungen verfälschen können, indem das vorbefasste Unternehmen Vorteile erhält.
VolltextIBRRS 2020, 0820
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.07.2019 - 1 VK 31/19
1. Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass den Bietern ermöglicht wird, sich leistungsmäßig stärker zu positionieren als die Mitbieter.
2. Bei einem Losverfahren handelt es sich um kein objektives, auftragsbezogenes Kriterium, sondern um eine Auswahl der Bewerber nach dem Zufallsprinzip. Es fehlt ihm am den Prinzipien des Vergaberechts entsprechenden Leistungs- und Eignungsbezug.
3. Eine Reduzierung der Bewerberzahl durch Losentscheid ist daher nur zulässig, wenn der öffentliche Auftraggeber unter den eingegangenen Bewerbungen eine rein objektive Auswahl nach qualitativen Kriterien unter gleich qualifizierten Bewerbern nicht mehr nachvollziehbar durchführen kann.
VolltextIBRRS 2020, 0854
OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.02.2020 - 4 U 52/18
1. Beauftragt der Bürgermeister ein Unternehmen ohne vorherige Ausschreibung mit der Durchführung von Baumfällarbeiten und stellt das Unternehmen der Gemeinde dafür keine Kosten in Rechnung, sondern darf es im Gegenzug das Schnittgut behalten und selbst verwerten, macht sich der Bürgermeister nicht wegen Vorteilsnahme strafbar.
2. Die richterliche Entscheidung, dem Anzeigenden, der ein Ermittlungsverfahren durch eine vorsätzlich oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige veranlasst hat, die Kosten des Verfahrens und die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen (§ 469 StPO), stellt ein sog. urteilsersetzendes Erkenntnis i.S.d. § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB dar.*)
IBRRS 2020, 0856
VGH Bayern, Beschluss vom 30.01.2020 - 8 CS 19.1145
1. Die Enteignungsbehörde hat den Straßenbaulastträger auf dessen Antrag hin in den Besitz eines für eine Straßenbaumaßnahme benötigten Grundstücks einzuweisen, wenn der sofortige Beginn der (Straßen-)Bauarbeiten geboten ist und der Eigentümer oder Besitzer die Besitzüberlassung verweigert.
2. Der sofortige Beginn von Bauarbeiten ist bei der fernstraßenrechtlichen Besitzeinweisung auch dann geboten, wenn unerlässliche Ausschreibungs- und Vergabevorgänge anstehen, weil die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen anderenfalls ein unkalkulierbares Risiko für den Vorhabenträger wären.
3. Im Besitzeinweisungsverfahren ist die Rechtmäßigkeit der zu Grunde liegenden Planfeststellung nicht zu prüfen. Der Planfeststellungsbeschluss muss lediglich vollziehbar sein. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht.
VolltextIBRRS 2020, 0852
VerfGH Berlin, Beschluss vom 26.02.2020 - VerfGH 20 A/20
1. Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
2. Wegen der meist weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in einem verfassungsgerichtlichen Verfahren auslösen kann, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ein strenger Maßstab anzulegen.
3. Der Umstand, dass einem Bieter in einem Vergabeverfahren der Primärrechtsschutz gänzlich versagt und er ausschließlich auf den Sekundärrechtsschutz verwiesen wird, stellt für sich genommen und ohne das Hinzutreten weiterer Umstände noch keinen schwerwiegenden Nachteil dar, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Verfassungsgerichtshof gebietet.
VolltextIBRRS 2020, 0819
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.05.2019 - 1 VK 19/19
1. Ein Verstoß gegen die Informationspflicht nach § 134 Abs. 1 GWB begründet keine Antragsbefugnis, da der Bieter durch eine angeblich fehlerhafte Vorinformation keinen Schaden erleiden kann.
2. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Maßstab für die Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes ist die Erkenntnismöglichkeit für das Unternehmen bei Anwendung üblicher Sorgfalt.
3. Jedes Unternehmen, das an einem EU-weiten Vergabeverfahren mit entsprechend hohen Auftragswerten teilnimmt, muss die Bekanntmachung bzw. die Vergabeunterlagen sorgfältig lesen und auch den Text der einschlägigen Verfahrensordnungen zur Kenntnis nehmen.
VolltextIBRRS 2020, 0818
VK Sachsen, Beschluss vom 27.02.2020 - 1/SVK/041-19
1. § 160 Abs. 3 GWB enthält keine Formvorschriften, so dass eine Rüge formlos, bspw. auch mündlich, angebracht werden kann. Insoweit ist es unschädlich, wenn eine Rüge dem Auftraggeber ausschließlich per Telefax und E-Mail zugeleitet und nicht über das Bietercockpit auf der Vergabeplattform hochgeladen wird.*)
2. Ein nicht fristgerechtes Angebot wird nur dann nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV ausgeschlossen, wenn der Bieter die zu späte Angebotsabgabe nicht zu vertreten hat. Maßstab für das Vertretenmüssen ist zunächst § 276 BGB. Die dazu ausreichende einfache Fahrlässigkeit bestimmt sich nach dem am allgemeinen Verkehrsbedürfnis ausgerichteten objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab.*)
3. Es ist Sache des Bieters dafür zu sorgen, dass seine Hard- und Software korrekt installiert sind und aktuell gehalten werden. Ebenso hat der Bieter sicherzustellen, dass seine allgemeine Netzwerkumgebung und Internetverbindung leistungsfähig ist um die erforderliche Datenmenge zu transportieren und im erforderlichen Maß mit der Vergabeplattform zu kommunizieren. Der Verantwortungsbereich des Bieters beginnt und endet am Übergabepunkt, also dort, wo die Daten seinen technischen Einflussbereich betreten bzw. verlassen.*)
4. Es erscheint mindestens bedenklich, wenn ein Bieter den entscheidenden technischen Prozess des Hochladen eines Angebots auf der Vergabeplattform mit dem man sich für einen Auftrag für einen langfristigen Leistungszeitraum bewerben möchte und hinter dem ein wirtschaftliches Volumen im zweistelligen Millionenbereich steht, nicht nur über eine halbe Stunde, sondern über fünf Stunden, bzw. eine Nacht lang sich selbst überlässt.*)
IBRRS 2020, 0827
KG, Beschluss vom 13.12.2019 - 9 U 79/19
Der Antrag auf einstweilige Anordnungen im Berufungsverfahren gegen ein eine einstweilige Verfügung zurückweisendes Urteil ist, jedenfalls soweit sie über einen Eingriff in die vollstreckbaren Regelungen des angefochtenen Urteils hinausgehen, unstatthaft (hier: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung der weiteren Auftragsdurchführung in einem unterschwelligen Vergabeverfahren) (Anschluss BGH, Beschluss vom 01.12.2005 - IX ZB 208/05, IBRRS 2005, 4751; entgegen OLG Düsseldorf, IBR 2018, 156).*)
VolltextIBRRS 2020, 0825
KG, Urteil vom 07.01.2020 - 9 U 79/19
1. Zum Rechtsschutz bei Vergabeverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts der §§ 97 ff. GWB.*)
2. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts besteht Primärrechtsschutz grundsätzlich erst mit Beginn des Vergabeverfahrens und erlischt mit seiner Beendigung (vgl. Senat, VPR 2020, 76).*)
3. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kartellvergaberechts besteht eine den Vorgaben des § 134 GWB entsprechende Mitteilungs- und Wartepflicht nur bei entsprechender (landes-)gesetzlicher Grundlage oder europarechtlich, soweit der ausgeschriebene Auftrag eine Binnenmarktrelevanz aufweist, und ist ein unter Verstoß hiergegen geschlossener Vertrag weder entsprechend § 135 GWB noch grundsätzlich nach § 134 BGB unwirksam (entgegen OLG Düsseldorf, VPR 2018, 67).*)
IBRRS 2020, 0815
BGH, Beschluss vom 08.01.2020 - 5 StR 366/19
1. Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlassen eines Preisvergleichs oder einer Ausschreibung kommt eine Strafbarkeit nur bei evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstößen in Betracht.*)
2. Ein Vermögensnachteil kann bei der Haushaltsuntreue auch nach den Grundsätzen des persönlichen Schadenseinschlags eintreten.*)
IBRRS 2020, 0757
VK Sachsen, Beschluss vom 27.12.2019 - 1/SVK/037-19
1. Schriftliche Äußerungen eines Bieters gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber, die pauschal herabsetzend und in hohem Maße despektierlich sind, sind für ein zukünftiges gedeihliches Zusammenwirken auf der Baustelle schlechtestmögliche Voraussetzung, sie reichen jedoch nicht aus um eine schwere Verfehlung i.S.d. § 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A 2019, resp. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zu begründen, denn die Integrität des Unternehmens kann nur bei Pflichtverletzungen in Frage gestellt werden, die ein erhebliches Gewicht besitzen.*)
2. Der Auftraggeber muss, wenn er den Ausschluss eines Bieters aus dem Vergabeverfahren wegen § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A 2019 resp. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB beabsichtigt, sowohl die Schlechtleistung, die aufgrund der Schlechtleistung eingetretene Rechtsfolge als auch den Ursachenzusammenhang zwischen Schlechtleistung und Rechtsfolge darlegen und beweisen. Mindestens erforderlich sind aber Indiztatsachen von einigem Gewicht.*)
3. Steht nicht fest, ob ein Angebot eine Mischkalkulation oder eine spekulative Kalkulation enthält, so kann der Auftraggeber Einzelpreise aufklären, wenn zweifelhaft ist, ob das Angebot die geforderten Preise für die jeweiligen Leistungspositionen ausweist. Ergibt sodann die Aufklärung, dass die Preise für die ausgeschriebenen Leistungen nicht in der nach § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2019 geforderten Weise das tatsächlich für die Leistung geforderte Entgelt ausweisen, so ist das Angebot auszuschließen.*)
4. Wird eine Vertragsfrist oder ein "Zeitfenster" verbindlich vorgegeben, führt die Angabe eines längeren Ausführungszeitraums zwingend wegen Änderung an den Vergabeunterlagen zum Angebotsausschluss.*)
IBRRS 2020, 0756
VK Sachsen, Beschluss vom 29.11.2019 - 1/SVK/032-19
1. § 53 Abs. 2 VgV eröffnet dem Auftraggeber die Möglichkeit vom Regelfall der Übermittlung der Angebote mithilfe elektronischer Mittel abzuweichen und lässt andere Übermittlungsarten bzw. deren Kombination zu. Dazu gehört auch die ausschließliche postalische Übermittlung.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber ist - insbesondere im Anwendungsbereich des § 53 Abs. 2 VgV - verpflichtet, in den Vergabeunterlagen eine eindeutige Aussage darüber zu treffen, in welcher Form die Angebote einzureichen sind. Nicht zweifelsfreie Angaben hinsichtlich der Art der Angebotsabgabe gehen zu Lasten des Auftraggebers.*)
3. Der Ausschluss eines Angebots kommt trotz einer etwaigen Abweichung von den Vorgaben der Ausschreibung dann nicht in Betracht, wenn die Leistungsbeschreibung zu unbestimmt, unklar oder sogar widersprüchlich ist.*)
4. Wenn ein Auftraggeber andere Bieter zum Nachreichen fehlender Unterlagen auffordert, hat er aus Gründen der Gleichbehandlung auch bei allen weiteren Bietern fehlende Unterlagen nachzufordern. Eine selektive, einzelne Bieter und Bewerber ausnehmende Nachforderung ist mit dem Gebot der Gleichbehandlung nicht vereinbar.*)
5. Mit einer Checkliste der mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen schafft der Auftraggeber einen Vertrauenstatbestand. Soweit er eine unvollständige Checkliste verwendet, kommt ein Ausschluss von Angeboten bei denen Unterlagen fehlen, welche nicht in der Checkliste aufgeführt wurden, nicht ohne Weiteres - sprich ohne Nachforderung - in Betracht.*)
VolltextIBRRS 2020, 0759
VK Sachsen, Beschluss vom 16.01.2020 - 1/SVK/040-19
1. Bei einem Abstand der Angebotssummen von mehr als 30% hat der Auftraggeber eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen.*)
2. Die Entscheidung des Auftraggebers, ob ein Angebot auskömmlich ist, stellt eine von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbare Prognoseentscheidung dar.*)
3. Die Frage der Angemessenheit der Frist nach § 16 EU Nr. 4 VOB/A 2019 ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Dabei ist auf die Bedeutung und den Umfang der geforderten vorbehaltenen Erklärungen oder Nachweise abzustellen, die der Auftraggeber erstmals nach Angebotsabgabe anfordert. Vor allem ist zu berücksichtigen, ob es sich um Erklärungen oder Nachweise handelt, die der mit der Nachweispflicht belastete Bieter von Dritten beschaffen muss.*)
4. Eine Obliegenheit der Bieter, Nachweise oder Erklärungen, deren Vorlage sich der Auftraggeber vorbehalten hat, schon vor Angebotsabgabe - gewissermaßen vorsorglich - einzuholen und bereitzuhalten, besteht nicht. Dies würde dem Sinn und Zweck des Vorbehalts der Anforderung widersprechen.*)
VolltextIBRRS 2020, 0653
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2020 - Verg 24/19
1. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach bei sich widersprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, wenn die Vertragsbedingungen des Auftraggebers eine sog. Abwehrklausel enthalten (IBR 2019, 571), findet keine Anwendung auf individuelle Formulierungen des Bieters.
2. An den Inhalt einer Rüge sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Eine ordnungsgemäße Rüge setzt inhaltlich eine konkrete und deutliche vergaberechtliche Beanstandung voraus, so dass der öffentliche Auftraggeber erkennen kann, um welchen konkreten Verstoß es sich handelt, und dass von ihm die Beseitigung dieses Vergaberechtsfehlers verlangt wird.
3. Allgemeine Fragen und Hinweise, Kritik oder Unverständnis stellen genauso wenig eine ausreichende Rüge dar, wie die Ankündigung, man werde das nicht hinnehmen. Zudem muss deutlich werden, dass das Unternehmen nicht nur eine Anregung zur Optimierung des Vergabeverfahrens geben will, sondern ein vom Auftraggeber zu beseitigender Rechtsfehler geltend macht wird.
IBRRS 2020, 0723
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2019 - 2 VK LSA 24/19
1. Ein Angebot, das von den Vergabeunterlagen abweichende Angaben enthält, ist nicht unvollständig und zwingend auszuschließen. Ein Austausch der betreffenden Angaben durch solche, die ausschreibungskonform sind, ist eine unzulässige Nachbesserung.
2. An den Inhalt der Rüge zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes geringe Anforderungen zu stellen sind. Der Rüge muss jedoch eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein.
3. Der Bieter hat mitzuteilen, welchen Sachverhalt er für vergaberechtswidrig hält. Aus der Rüge muss zu ersehen sein, um welchen Verstoß es sich handelt und dass die Beseitigung des Vergaberechtsfehlers geltend gemacht wird.
Volltext