Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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IBRRS 2019, 0848OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2018 - Verg 37/17
1. Die Auswahl und Gewichtung der Zuschlagskriterien und Unterkriterien sowie die Festlegung der Wertungsmethode ist Sache des öffentlichen Auftraggebers.
2. Das Bestimmungsrecht des Auftraggebers unterliegt nur den Schranken, die sich – unmittelbar oder mittelbar – aus den vergaberechtlichen Prinzipien sowie aus dem Zweck, dem die Festlegung von Wertungskriterien dient, ergeben. Wenn die Ausübung des Bestimmungsrechts etwa mit den Geboten des Wettbewerbs und der Gleichbehandlung kollidiert, ist sie zu beanstanden.
3. Es stellt keinen Vergaberechtsfehler dar, wenn Bieter, die noch keine vergleichbare Maßnahme durchgeführt haben oder für die noch keine verwertbaren Quoten vorliegen, im jeweiligen Wertungskriterium zwei Punkte erhalten, während alle übrigen Bieter zwischen 0 und 3 Punkten erhalten können.
IBRRS 2019, 0790
OLG Hamburg, Beschluss vom 11.02.2019 - 1 Verg 3/15
Eine unter kommunaler Mehrheitsbeteiligung geführte Wohnbaugesellschaft ist, soweit sie Bauaufträge erteilt, kein öffentlicher Auftraggeber, wenn sie ihre Aufgaben mit Gewinnerzielungsabsicht und daher gewerblich wahrnimmt.
IBRRS 2019, 0789
VK Lüneburg, Beschluss vom 18.01.2018 - VgK-44/2017
Versäumt es der öffentliche Auftraggeber, die nicht berücksichtigten Bieter vor Zuschlagserteilung über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren, ist der Auftrag von Anfang an unwirksam, wenn dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt wird.
VolltextIBRRS 2019, 0433
VK Südbayern, Beschluss vom 21.01.2019 - Z3-3-3194-1-38-11/18
Zuschlagskriterien müssen klar und eindeutig formuliert sein, so dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei der Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können.
VolltextIBRRS 2019, 0739
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 07.03.2019 - Rs. C-41/18
Eine nationale Vorschrift, nach der die gerichtliche Anfechtung der Kündigung eines früheren Auftrags wegen erheblicher Mängel bei seiner Ausführung die Beurteilung dieses Verhaltens und der sich daraus ergebenden Zuverlässigkeit des Bewerbers als Ausschlussgrund in einem neuen Vergabeverfahren durch den öffentlichen Auftraggeber bis zur endgültigen Entscheidung im entsprechenden gerichtlichen Verfahren ausschließt, verstößt gegen Europarecht.
VolltextIBRRS 2019, 0650
VK Berlin, Beschluss vom 14.01.2019 - VK B 2-31/18
Auch eine geringfügige Überschreitung einer als bindende Vorgabe im Planungswettbewerb definierten Baukostenobergrenze rechtfertigt die Nichtzulassung einer Wettbewerbsarbeit.
VolltextIBRRS 2019, 0718
VK Sachsen, Beschluss vom 30.10.2018 - 1/SVK/021-18
Eignungskriterien sind gemäß § 122 Abs. 4 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung aufzuführen. Das schließt eine Verweisung auf die Vergabe- und Auftragsunterlagen als Ganzes aus; eine konkrete Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument ist dagegen ausreichend, wenn an dem Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu dem verlinkten Formblatt gelangen können und auf einen Blick erkennen können, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Es genügt der Transparenz, wenn sie ohne umfangreiche Unterlagen durcharbeiten zu müssen, erfahren, ob die Ausschreibung für sie in Frage kommt.*)
VolltextIBRRS 2019, 0691
VK Sachsen, Beschluss vom 12.11.2018 - 1/SVK/021-18-ERG
Rechtsgrundlage für eine nachträgliche Änderung der Kostenfestsetzung in einem Beschluss der Vergabekammer ist § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG.*)
VolltextIBRRS 2019, 0690
VK Sachsen, Beschluss vom 05.02.2019 - 1/SVK/038-18
1. Verlangt der Auftraggeber, dass der Bewerber oder Bieter Unterlagen wie Entwürfe, Pläne, Zeichnungen oder Berechnungen vorlegt, die die Erbringung von ersten, ausschreibungsbezogenen Architekten- oder Ingenieurleistungen bedingen, welche über Bewerbungs- und Angebotsunterlagen hinausgehen und nicht nur der Ergänzung oder Erläuterung der Bewerbungs- und Angebotsunterlagen dienen, löst dieses Verlangen gem. § 77 Abs. 2 VgV eine Pflicht zur Festsetzung einer angemessenen Vergütung aus.*)
2. Die Angemessenheit der festzusetzenden Vergütung ist nach Inhalt, Art und Maß der verlangten Lösungsvorschläge jeweils individuell zu bestimmen. So kann eine angemessene Vergütung beispielsweise nach Zeitaufwand unter Ansatz angemessener Stundensätze bemessen werden.*)
3. Da die Anwendung der HOAI einen Vertrag voraussetzt, findet sie in der Akquisephase keine Anwendung.*)
4. Weder eine sprachlich taktisch gewählte Bezeichnung von notwendigen Unterlagen als "Ideenskizzen" oder "Konzeptidee", noch ein schriftlicher Hinweis, dass ausgearbeitete Lösungsvorschläge nicht verlangt würden, noch die Vermeidung eines expliziten Verlangens von Lösungsvorschlägen führt dazu, dass die in Wahrheit doch notwendigen, wertungsrelevanten Lösungsvorschläge nicht als solche anzusehen wären.*)
5. § 75 Abs. 5 Satz 3 VgV beinhaltet ein Regel-Ausnahme-Prinzip, wonach es für die Vergleichbarkeit von Referenzobjekten in der Regel unerheblich ist, ob der Bewerber bereits Objekte derselben Nutzungsart geplant oder realisiert hat, so dass für ein Abweichen von der Regel tragfähige Gründe vorliegen müssen. Die Formulierung soll aber entsprechend der Verordnungsbegründung "nur" zum Nachdenken anregen, sie enthält kein Verbot, bei der Bestimmung der Referenzanforderung auf eine gleiche Nutzungsart abzustellen.*)
IBRRS 2019, 0687
EuGH, Urteil vom 07.02.2019 - Rs. C-563/17
1. Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass sie nicht für die Prüfung erheblich ist, ob bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Tätigkeiten eines Luftfahrtunternehmens, die dem Erwerber einer qualifizierten Beteiligung am Gesellschaftskapital dieses Unternehmens auferlegt werden, insbesondere die Anforderung, dass der Erwerber verpflichtet ist, Gemeinwohlverpflichtungen zu erfüllen und die nationale Operationsbasis (hub) dieses Unternehmens zu erhalten und zu entwickeln, mit dem Unionsrecht vereinbar sind.*)
2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nicht dem entgegensteht, dass in das Lastenheft über die Bedingungen für ein Reprivatisierungsverfahren eines Luftfahrtunternehmens aufgenommen werden:
– eine Anforderung, die den Erwerber der Beteiligung, die Gegenstand dieses Reprivatisierungsverfahrens ist, verpflichtet, über die Fähigkeit zu verfügen, die Durchführung der diesem Luftfahrtunternehmen obliegenden Gemeinwohlverpflichtungen zu gewährleisten, und
– eine Anforderung, die diesen Erwerber verpflichtet, den Sitz und die tatsächliche Leitung dieses Luftfahrtunternehmens im betroffenen Mitgliedstaat zu belassen, da die Verlegung des Hauptgeschäftssitzes dieses Unternehmens außerhalb dieses Mitgliedstaats für es zum Verlust der Verkehrsrechte führen würde, die ihm in bilateralen Abkommen zwischen diesem Mitgliedstaat und Drittländern, zu denen dieser Staat besondere historische, kulturelle und soziale Beziehungen unterhält, eingeräumt sind; dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.*)
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass in diesem Lastenheft die Anforderung enthalten ist, dass der Erwerber der genannten Beteiligung den Erhalt und die Entwicklung der bestehenden nationalen Operationsbasis (hub) sicherzustellen hat.*)
VolltextIBRRS 2019, 0689
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.12.2018 - 3 Sa 101/18
1. Eine pauschale, summarische Prüfung der Ausgangsvergütungsgruppe ist ausreichend, soweit die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht.*)
2. Zur Eingruppierung einer Mitarbeiterin, die u. a. komplexe und schwierige EU-Vergaben bearbeitet.
VolltextIBRRS 2019, 0656
VK Sachsen, Beschluss vom 17.01.2019 - 1/SVK/033-18
1. Hat ein Unternehmen mit dem Ziel der Erlangung primären Vergaberechtsschutzes die Aufhebung des Vergabeverfahrens zum Gegenstand einer Nachprüfung gemacht, ist die Vergabekammer bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses des Unternehmens auf dessen Antrag hin zur Feststellung der durch die Aufhebung eingetretenen Rechtsverletzung befugt, auch wenn sich herausstellt, dass die Aufhebung wirksam war und daher eine Anordnung auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens nicht ergehen kann.*)
2. Es bleibt dem Auftraggeber grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf, dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt.*)
3. Die Verpflichtung des Auftraggebers zur Aufhebung der Aufhebung eines Vergabeverfahrens kann nur erfolgen, wenn der öffentliche Auftraggeber die Vergabe des Auftrags weiterhin beabsichtigt und ihm auch keine sachlichen Gründe für eine Aufhebung zur Seite stehen.*)
4. Eine wesentliche Änderung der Vergabeunterlagen nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2016 liegt nur dann vor, wenn eine ganz entscheidende Abänderung der bisherigen Absicht zur Leistungserbringung erforderlich wird. Die Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen muss für den Auftraggeber oder die Bieter unzumutbar geworden sein.*)
5. Die Gründe, welche eine Aufhebung rechtfertigen sollen, dürfen dem Auftraggeber nicht zurechenbar sein. Dabei kann ein schuldhaft herbeigeführter Aufhebungsgrund jedoch durchaus ein sachlicher Grund für eine - dann allerdings (jedenfalls wirksame) schadensersatzpflichtige - Aufhebung sein. Der pauschale und nicht weiter untersetzte Vortrag, dass Mehrkosten zu befürchten sind, führt nicht zur Annahme eines schwer wiegenden Grunds im Sinne des § 17 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016, der zur rechtmäßigen Aufhebung berechtigt.*)
IBRRS 2019, 0639
OLG Naumburg, Urteil vom 30.03.2016 - 12 U 97/15
1. Die Abgabe eines Nebenangebots ermöglicht es dem Auftragnehmer, seine Auftragschancen mithilfe technisch oder wirtschaftlich besserer Lösungen als den vom Auftraggeber vorgesehenen zu verbessern.
2. Das Risiko eines Nebenangebots liegt für den Auftragnehmer darin, dass für die Planung, technische Gestaltung, Kalkulation und praktische Ausführung die volle Verantwortung übernommen wird.
VolltextIBRRS 2019, 0611
OLG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2018 - 54 Verg 1/18
1. Gibt der Auftraggeber allen Bietern ein Kalkulationsschema vor, sind die Bieter verpflichtet, ihr Angebot auf der Grundlage des Kalkulationsschemas und der darin enthaltenen Vorgaben abzugeben.
2. Reicht ein Bieter sein Angebot auf der Grundlage eigener Erfahrungswerte ein, weicht es von den Vergabeunterlagen ab und ist auszuschließen.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, beim Vorliegen eines Ausschlussgrundes gegen das Angebot eines Bieters (zumindest) gleichwertige Ausschlussgründe auch in Bezug auf Angebote anderer Bieter zu prüfen. Wenn gegen alle Angebote gleichwertige Ausschlussgründe vorliegen, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt.
VolltextIBRRS 2019, 0597
OLG München, Urteil vom 12.02.2019 - 9 U 728/18 Bau
1. Der Bieter und spätere Auftragnehmer kann auch ungewöhnliche und nicht kalkulierbare Risiken übernehmen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach regelmäßig nur kalkulierbare Verpflichtungen eingegangen werden (Anschluss an BGH, IBR 1996, 487).
2. In der Übernahme der Planungsverantwortung liegt insbesondere dann kein ungewöhnliches Wagnis, wenn der Auftragnehmer im Vergabeverfahren unmissverständlich und eindeutig darauf hingewiesen wurde, dass er das Risiko etwaiger Planungsfehler zu tragen hat.
3. Ungewöhnliche Wagnisse sind bereits im Vergabeverfahren geltend zu machen. Ein Bieter kann nicht ein sich aus den Vergabeunterlagen ausdrücklich ergebendes Risiko hinnehmen und im Anschluss an das Vergabeverfahren als Auftragnehmer zivilrechtliche Auseinandersetzungen wegen des übertragenen Risikos führen.
4. Mehrkosten in Höhe von 4,2% des Bauvolumens führen nicht zu einer Störung der Geschäftsgrundlage.
5. Dem Auftragnehmer kann das sog. Baugrundrisiko im Rahmen eines Konzessionsvertrags auch durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam übertragen werden.
VolltextIBRRS 2019, 0581
VK Bund, Beschluss vom 22.01.2019 - VK 1-109/18
1. Reicht der Bieter eine gültige qualifizierte Unbedenklichkeitsbescheinigung ein, deren Gültigkeitszeitraum kurz nach Vorlage abläuft, ist ihm eine angemessene Frist zur Erneuerung der Bescheinigung zu gewähren.
2. Eine vom Auftraggeber über die Weihnachtsfeiertage sowie den Jahreswechsel gesetzte Frist für die Vorlage von Referenzen muss angemessen bemessen sein (hier verneint).
VolltextIBRRS 2019, 0576
VK Bund, Beschluss vom 18.01.2019 - VK 1-113/18
1. Die Verwendung einer veralteten Version des Leistungsverzeichnisses stellt eine Änderung der Vergabeunterlagen dar. Das gilt auch dann, wenn nicht der Bieter das Formular physisch geändert, sondern eine vom Auftraggeber erstellte Unterlage verwendet hat.
2. Kleinere Korrekturen an den Vergabeunterlagen stellen keine wesentliche Änderung der Ausschreibung dar, so dass keine Fristverlängerung erforderlich ist.
IBRRS 2019, 0554
VK Lüneburg, Beschluss vom 01.11.2017 - VgK-30/2017
1. Leitproduktvorgaben sind mit dem Zusatz "oder gleichwertig" ("o. glw.") zu versehen. Der Bieter gibt also ein ordnungsgemäßes Angebot ab, wenn er sich in diesem Rahmen hält, ohne dass dabei schon von Änderungsvorschlägen oder Nebenangeboten gesprochen werden kann.
2. Gleichwertig sind Erzeugnisse oder Verfahren, wenn sie die Qualität der verlangten Erzeugnisse oder Verfahren nach allgemeiner Anerkennung der betreffenden technischen Fachkreise hinsichtlich ihrer Tauglichkeit und Mängelfreiheit, ausgerichtet nach dem zum Ausdruck gekommenen Auftraggeberwillen, uneingeschränkt erreichen.
3. Ob Gleichwertigkeit vorliegt, hat der betreffende Bieter gegebenenfalls darzulegen und auch nachzuweisen. Als geeignetes Mittel für einen Gleichwertigkeitsnachweis kann eine technische Beschreibung des Herstellers oder ein Prüfbericht einer Konformitätsbewertungsstelle gelten.
VolltextIBRRS 2019, 0533
VK Lüneburg, Beschluss vom 01.09.2017 - VgK-25/2017
1. Ein zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits erteilter, wirksamer Zuschlag kann von der Vergabekammer nicht aufgehoben werden.
2. Ob ein Zuschlag wirksam erteilt war, hängt davon ab, ob das Vorabinformationsschreiben den inhaltlichen Anforderungen des § 134 GWB genügte, um die Wartefrist bis zum Zuschlag in Gang zu setzen.
3. Die Informationspflicht dient dazu, den unterlegenen Bieter in die Lage zu versetzen, zu verstehen, warum sein Angebot - im Verhältnis zum Angebot des erfolgreichen Bieters - nicht bezuschlagt wurde.
4. Diese Informationspflicht ist erfüllt, wenn die Begründung sich nicht formelhaft darauf beschränkt, dass das finale Angebot des unterlegenen Bieters nicht berücksichtigt werden konnte, sondern ausdrücklich auf die entscheidenden Wertungskriterien Bezug nimmt, wie z. B. durch die Formulierung "Ihr Angebot konnte wirtschaftlich hinsichtlich des Angebotspreises und der Bieterpräsentation nicht überzeugen".
VolltextIBRRS 2019, 0502
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.01.2018 - VgK-40/2017
1. Wollen oder können die Bieter die Leistung nicht nach Maßgabe der Vergabeunterlagen anbieten, können sie Änderungsvorschläge oder Nebenangebote unterbreiten, sofern dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Weicht der Bieter dagegen in seinem Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen ab, führt dies zum zwingenden Ausschluss.
2. Es ist die originäre Pflicht des Bieters, ein eindeutiges, unmissverständliches und damit einer ordnungsgemäßen Wertung zugängliches Angebot abzugeben.
3. Der öffentliche Auftraggeber darf im offenen Verfahren von den Bietern nur Aufklärung über das Angebot oder deren Eignung verlangen. Verhandlungen, insbesondere über Änderungen der Angebote und Preise, sind in jedem Fall unzulässig.
4. Es ist dem Auftraggeber gestattet, sich über den tatsächlichen "Angebotswillen" des Bieters zu unterrichten.
VolltextIBRRS 2019, 0432
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 - Verg 19/18
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, vom Bieter Aufklärung zu verlangen, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen. Dies ist der Fall, wenn der Preis erheblich unterhalb der eingegangenen Konkurrenzangebote, einer qualifizierten Kostenschätzung oder Erfahrungswerten des Auftraggebers mit wettbewerblicher Preisbildung aus anderen Vergabeverfahren liegt.
2. Die Überprüfungspflicht des Auftraggebers ist jedoch durch den Grundsatz der Zumutbarkeit begrenzt.
3. Auftraggeber dürfen sich auf Erklärungen des Wirtschaftsprüfers des Bieters stützen. Je inhaltsärmer Wirtschaftsprüferangaben allerdings sind, desto mehr können daneben weitere Anhaltspunkte für die Auskömmlichkeit des zu prüfenden Angebots notwendig sein.
IBRRS 2019, 0510
OLG Dresden, Beschluss vom 28.12.2018 - Verg 4/18
1. Bei einem auf mehrere Lose aufgeteilten Gesamtauftrag ist es möglich, ein Einzellos aus wirtschaftlichen Gründen aufzuheben.
2. Ein unwirtschaftliches Ergebnis des Vergabeverfahrens kann auch dann vorliegen, wenn lediglich das aufzuhebende Einzellos ein unwirtschaftliches Ergebnis aufweist.
3. Es spricht viel dafür, dass der Auftraggeber Bieter, die nur für andere Lose Angebote abgegeben hatten, nicht ohne Teilnahmewettbewerb in das nachfolgende Verhandlungsverfahren für das aufgehobene Einzellos einbeziehen darf (hier: offengelassen).
VolltextIBRRS 2019, 0500
VK Lüneburg, Beschluss vom 01.12.2017 - VgK-36/2017
1. Eingereichte Angebote müssen vollständig sein und alle geforderten Angaben, Erklärungen und Preise enthalten.
2. Angebote sind vollständig, wenn alles, was nach den Ausschreibungsbedingungen vom Unternehmen eingefordert wird, auch eingereicht wurde. Der Begriff "geforderte Angaben und Erklärungen" ist sehr weit zu verstehen und umfasst alles, was der öffentliche Auftraggeber im Rahmen des Angebotsblanketts zur Bearbeitung aufgestellt und im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens an Daten von den sich beteiligenden Unternehmen verlangt hat.
3. Der Auftraggeber gibt somit vor, was im konkreten Einzelfall zur Vollständigkeit eines Teilnahmeantrags, einer Interessenbestätigung oder eines Angebots gehört.
VolltextIBRRS 2019, 0488
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.06.2018 - Verg 36/17
1. Schließen der öffentliche Auftraggeber, der Bestbieter und der antragstellende Mitbewerber vor der Vergabekammer bzw. dem Vergabesenat einen Vergleich, wonach das Vergabeverfahren zurückversetzt wird und die Beteiligten sich darüber einig sind, dass die Eignung des Bestbieters nicht mehr bezweifelt wird, ist der Mitbewerber hieran gebunden.
2. Sofern der Vergleich nicht unwirksam ist, kann ein Ausschluss des Angebots des Bestbieters mangels Eignung vom Mitbewerber nicht mehr geltend gemacht werden.
3. Haben sich die Verfahrensbeteiligten darauf geeinigt, dass die Bieter die Möglichkeit erhalten, ihre abgegebenen und anschließend verbindlich verhandelten Angebote zu überarbeiten und sodann ein letztes Angebot abzugeben, schließt dies die Möglichkeit aus, zusätzlich ein gänzlich neues, bisher nicht verhandeltes Hauptangebot abzugeben.
VolltextIBRRS 2019, 0490
VK Südbayern, Beschluss vom 08.08.2018 - Z3-3-3194-1-21-06/18
1. Die Rügetatbestände des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB können nur innerhalb eines bereits begonnenen Vergabeverfahrens greifen.*)
2. Bei europaweiten Vergaben im offenen Verfahren beginnt das Verfahren grundsätzlich mit der Absendung der Auftragsbekanntmachung an das Amt für Veröffentlichungen der europäischen Union (siehe auch § 3 Abs. 3 VgV).*)
3. Die Rügetatbestände des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB sind - solange die Vorschriften des § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB restriktiv ausgelegt werden und den Primärrechtsschutz i.S.d. effet utile nicht übermäßig einschränken - mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinie vereinbar (vgl. Art. 1 Abs. 4 und Erwägungsgrund 3 der Richtlinie 2007/66/EG). Dabei dürften die Regelungen in § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB das absolute Maximum der europarechtlich noch zulässigen Erschwerung des Rechtsschutzes darstellen.*)
4. Der Gesetzgeber hat in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB den Fristbeginn an eine innere Tatsache beim Antragsteller geknüpft. Dieser auf das Bewusstsein des konkreten Antragstellers abstellende Maßstab stellt eine hohe Hürde für die Feststellung einer frühzeitigen, zur Obliegenheitsverletzung führenden Kenntnis dar.*)
5. Die Ausschlussgründe des § 124 Abs. 1 GWB können nach dem klaren Wortlaut der Norm ("zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens") ebenfalls nur innerhalb eines bereits begonnenen Vergabeverfahrens greifen. Anders als unter der vor dem 18.04.2016 geltenden Rechtslage (vgl. § 19 EG Abs. 3 VOL/A 2009 bzw. § 16 EG Abs. 1 VOB/A a.F.) können nach § 124 Abs. 1 GWB nicht nur Angebote, sondern Unternehmen ausgeschlossen werden. Dies steht im Einklang mit Art. 57 der Richtlinie 2014/24/EU, der durchgängig von Wirtschaftsteilnehmern spricht. Ein Ausschluss eines Unternehmens nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist daher im Grundsatz zu einem Zeitpunkt nach Einleitung eines Vergabeverfahrens möglich, an dem es - wie hier - noch kein Angebot abgegeben hat.*)
VolltextIBRRS 2019, 0431
VK Südbayern, Beschluss vom 11.12.2018 - Z3-3-3194-1-45-11/16
1. Ein Qualifizierungssystem nach der SektVO ist zwar kein Vergabeverfahren, sondern eine vorweggenommene Eignungsprüfung. Dennoch kann insbesondere der Ausschluss aus einem Qualifizierungssystem zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, da nur so effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden kann.*)
2. § 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB bedarf einer europarechtskonformen Auslegung nach dem Urteil des EuGH vom 24.10.2018 (VPR 2019, 2). Die Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Auftraggeber muss auf die Maßnahmen beschränkt sein, die unbedingt für die Prüfung der Zuverlässigkeit des Wirtschaftsteilnehmers und dabei insbesondere für die Bewertung der Selbstreinigungsmaßnahmen erforderlich sind.*)
3. Ein Bieter, der eine Selbstreinigung aufgrund einer früheren Beteiligung an einem Kartell anstrebt, muss regelmäßig gegen ihn ergangene Entscheidungen der Kartellbehörden vorlegen. Aus diesen Entscheidungen sind gegebenenfalls personenbezogene Daten, an denen der Auftraggeber kein berechtigtes Interesse hat, unkenntlich zu machen.*)
4. Bei der Gebührenfestsetzung für ein Nachprüfungsverfahren aufgrund eines Ausschlusses aus einem Qualifizierungssystem nach der SektVO muss in Ermangelung von tauglichen Anknüpfungspunkten für die Bemessung des Auftragswerts der Sachverhalt unterstellt werden, welcher für die Parteien am günstigsten ist, und dies ist das Anknüpfen an den für die Mindestgebühr maßgeblichen Auftragswert i.H.v. 80.000 Euro.*)
VolltextIBRRS 2019, 0430
VK Südbayern, Beschluss vom 21.12.2018 - Z3-3-3194-1-32-09/18
1. Weder die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung zur vergaberechtskonformen Bewertung von Konzepten, noch die Einzelheiten der Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV, gehören zum grundsätzlichen vergaberechtlichen Wissen, das von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter verlangt werden kann. Entsprechende Fragen unterliegen daher regelmäßig nicht der Rügeobligenheit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB.*)
2. Ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB wegen Verstoßes gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen aus einem Tarifvertrag setzt voraus aus, dass das betreffende Unternehmen auch nach dem entsprechenden Tarifvertrag tarifgebunden ist oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde.*)
3. Eine mangelhafte Leistungserfüllung, deren Ursache zwischen Auftraggeber und Bieter streitig ist und die eine Ersatzvornahme von ca. 300 Arbeitsstunden notwendig gemacht hat, stellt bei einem mehrjährigen Vertrag mit einem jährlichen Auftragsvolumen von ca. 250.000 Arbeitsstunden bereits keine erhebliche Pflichtverletzung i.S.d. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB dar.*)
4. Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, dass öffentliche Auftraggeber in ihren Vergabeunterlagen eine Mindestpunktzahl für die Erreichung von Qualitätskriterien festlegen (vgl. EuGH, IBR 2018, 692). Da Zuschlagskriterien, die bei Schlechterfüllung zum Angebotsausschluss führen, allerdings in besonderem Maße die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten müssen, können derartige Mindestpunktzahlanforderungen nicht als fakultativer Ausschlussgrund ausgestaltet werden, bei dem sich der Auftraggeber einen solchen Ausschluss lediglich vorbehält.*)
IBRRS 2019, 0421
OLG Schleswig, Beschluss vom 22.01.2019 - 54 Verg 3/18
1. Auch im Bereich der Sektorenverordnung führt eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen zum Angebotsausschluss.
2. Eine Abweichung von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses im Rahmen eines Nebenangebots stellt keine Änderung der Vergabeunterlagen dar, wenn bestimmte Anforderungen für das Hauptangebot nicht zugleich auch als Mindestkriterien für Nebenangebote gelten.
3. Zur Frage, ob ein Nebenangebot zu einer gleichwertigen Leistung führt, kann keine "objektiv" richtige Beurteilung verlangt werden. Maßgeblich ist die ex-ante-Sicht der Vergabestelle, die auf der Grundlage des sachlichen Gehalts eines Nebenangebots (auch) prognostisch darüber zu befinden hat, ob eine anforderungsgerechte Ausführung zu erwarten ist.
4. Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der (Vergabe-)Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, sind spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe zu rügen.
5. Eine die Rügeobliegenheit auslösende Erkennbarkeit ist gegeben, wenn Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften von einem fachkundigen Bieter bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden können. Das ist der Fall, wenn die in Gestalt der (Auftrags-) Bekanntmachung oder der Vergabeunterlagen vermittelte Tatsachengrundlage schon bei laienhafter rechtlicher Bewertung, also ohne Bemühung besonderen Rechtsrats, auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet.
6. Eine Grenze findet die Rügeobliegenheit erst bei rechtlich komplexen und durch die Rechtsprechung noch nicht vollständig geklärten Fragen. Dazu gehören das Vergabekriterium "Bauzeitverkürzung", die Nichtangabe von Mindestkriterien für (zugelassene) Nebenangebote und zum sog. "Punktesystems" (Umrechnung des Preises in Punkte) nicht.
VolltextIBRRS 2019, 0422
OLG Rostock, Beschluss vom 27.03.2017 - 17 Verg 1/17
1. Bei einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb steht dem Auftraggeber im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung, das heißt bei der Auswahl der formell geeigneten Teilnehmer für das Verhandlungsverfahren, ein Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum zu.
2. Die Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ist dabei auf die Frage beschränkt, ob das Ermessen bei der Auswahlentscheidung rechtmäßig ausgeübt wurde.
VolltextIBRRS 2019, 0361
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2018 - Verg 31/18
1. Mängel der Dokumentation im Vergabevermerk (hier: fehlerhafte Datumsbezeichnung und keine gemeinsame Angebotsöffnung) führen nicht generell und unabhängig von ihrem Gewicht und Stellenwert zu einer Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens.
2. Eine Wiederholung ist nur in solchen Fällen erforderlich, in denen zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Gefahr von Manipulationen besteht (hier verneint).
3. Der öffentliche Auftraggeber kann sich bei der Angebotsöffnung von einem Mitarbeiter oder einem externen Berater wie etwa einem Rechtsanwalt vertreten lassen.
4. Nachgeforderte Unterlagen sind vom Bewerber oder Bieter nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber innerhalb einer von diesem festzulegenden angemessenen Frist vorzulegen. Im Regelfall ist eine Frist von sechs Kalendertagen angemessen.
5. Auf eine zu kurz bemessene Frist kann ein Angebotsausschluss nicht gestützt werden.
6. Erfährt der öffentliche Auftraggeber, dass sich der Geschäftsführer eines Bieterunternehmens wegen Untreue und Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten in Untersuchungshaft befunden hat, muss er die Eignungsprüfung wiederholen.
IBRRS 2019, 0408
VK Nordbayern, Beschluss vom 26.09.2018 - RMF-SG21-3194-3-23
1. Ein Angebot stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die nach den §§ 133, 157 BGB so auszulegen ist, wie sie ein verständiger Auftraggeber in der konkreten Situation nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Davon ausgehend sind Aufklärungsmaßnahmen über das Angebot selbst unzulässig, wenn der objektive Erklärungsgehalt des Angebots im Wege der Auslegung eindeutig ermittelt werden kann.*)
2. Die Abänderung eines Angebotes im Rahmen der Aufklärung ist im konkreten Fall unzulässig, wenn das Angebot eindeutig war und zudem die Umplanung dem Grunde nach kostenrelevant ist, weil eine Sonderanfertigung notwendig ist.*)
3. Bei der Auslegung der Vergabeunterlagen ist der objektive Empfängerhorizont des entsprechenden Bieterkreises maßgeblich.*)
IBRRS 2019, 0359
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.06.2018 - 15 Verg 7/17
1. Der für die Vergabe maßgebliche Auftragswert ist anhand des funktionalen Auftragsbegriffs zu ermitteln. Auch wenn der öffentliche Auftraggeber Leistungen in verschiedenen Abschnitten ausführen lassen will, ist von einem Gesamtauftrag auszugehen, sofern die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zusammenhängen.
2. Die Schätzung des Gesamtauftragswerts ist vom Auftraggeber nach objektiven Kriterien, ausgehend von der zu beschaffenden Leistung und der aktuellen Marktlage aufgrund einer sorgfältigen betriebswirtschaftlichen Finanzplanung durchzuführen.
3. Der Auftraggeber hat seine Ermittlungen und Schätzungen zu dokumentieren. Die vollständige Dokumentation kann auch während des Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden.
4. Ein interessierter Marktteilnehmer kann sich gegen eine bevorstehende de-facto-Vergabe mit einem Antrag auf Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens wehren. Voraussetzung ist, dass ein konkreter Beschaffungsvorgang vorliegt.
5. Öffentliche Aufträge sind an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen zu vergeben. Hat ein Unternehmen wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt, kann der Auftraggeber es zu jeder Zeit des Vergabeverfahrens von der weiteren Teilnahme ausschließen.
IBRRS 2019, 0362
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2018 - Verg 3/18
1. Bei der Wahl der Preisumrechnungsmethode kommt dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich ein Bestimmungsrecht zu.
2. Die gewählte Preisumrechnungsmethode kann nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist. Dies ist beim umgekehrten Dreisatz ausgehend vom günstigsten Bieterpreis nicht der Fall.
3. Eine Umrechnung von Preisen in Preispunkte, bei der die Abstufung der Preispunkte nicht exakt äquivalent zu den Preisabständen erfolgt, ist nicht vergaberechtswidrig. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Abweichungen der prozentualen Abstände beim Preis einerseits und den Punkten andererseits geringfügig sind und erst mit zunehmendem Abstand vom jeweiligen Bestangebot zunehmen.
4. Mängel der Dokumentation können im Vergabenachprüfungsverfahren geheilt werden.
VolltextIBRRS 2019, 0229
VK Lüneburg, Beschluss vom 11.12.2018 - VgK-50/2018
1. Will der Auftraggeber nicht nur reine Bauleistungen nach einer vorher bereits erarbeiteten Planung erbringen lassen, sondern aufgrund der Komplexität des Projekts die Planung, Finanzierung und Ausführung der Bauleistung gemeinsam vergeben, ist das Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb als Verfahrensart zulässig.
2. Elektronisch eingereichte Teilnahmeanträge sind auch bei einer EU-weiten Vergabe von Bauleistungen so zu verschlüsseln, dass ein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten nicht möglich ist.
3. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, Angebote, die nicht ordnungsgemäß verschlüsselt übermittelt worden sind, auszuschließen.
4. Eine Vergabesoftware, die für die Kommunikation und die Abgabe eines Teilnahmeantrags jeweils unterschiedliche Eingabefelder vorsieht, leitet den Bewerber ausreichend deutlich auf das von ihm auszuwählende Eingabefeld für Teilnahmeanträge hin. Weder der öffentliche Auftraggeber noch der Anbieter eines E-Vergabesystems muss in den Ausschreibungsunterlagen mehr erklären, als in den Vergabeverordnungen beschrieben ist.
VolltextIBRRS 2019, 0345
LG Köln, Urteil vom 22.10.2018 - 18 O 33/18
1. Die Bestrafung des Auftragnehmers ist nicht Aufgabe des Zivilrechts. Ist ausgeschlossen, dass dem Auftraggeber aufgrund eines Verstoßes des Auftragnehmers gegen Vorschriften des Tariftreue- und Vergabegesetzes ein Schaden entsteht, kann ein solches Fehlverhalten nicht mit einer Vertragsstrafe belegt werden.
2. Die Kumulierung einzelner Vertragsstrafen ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur wirksam, wenn sie eine vertretbare Höhe aufweisen und betragsmäßig angemessen nach oben begrenzt werden (hier verneint).
3. Eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafenregelung benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
4. Gerichtskosten sind erst ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrags zu verzinsen (Anschluss an OLG München, Urteil vom 30.11.2016 - 7 U 2038/16, IBRRS 2016, 3475).
VolltextIBRRS 2019, 0228
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.11.2018 - VgK-40/2018
1. Auf Angebote, deren Preise im offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden, wenn der Auftraggeber die Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären kann.
2. Stellt der Auftraggeber fest, dass der Angebotspreis ungewöhnlich niedrig ist, weil die für den Bieter geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht eingehalten werden, darf das Angebot nicht bezuschlagt werden.
3. Im Liefer- und Dienstleistungsbereich muss der Auftraggeber ab einem Preisabstand von 20% Anlass zu Zweifeln an der Angemessenheit des Preises haben.
4. Hat der Auftraggeber weder die Vorlage einer DIN EN ISO-Zertifizierung gefordert noch in sonstiger Weise auf die positive Berücksichtigung lediglich dieser Zertifizierung hingewiesen, darf er bei der Wertung des Angebots eines nicht nach DIN EN ISO zertifizierten Bieters keinen Punkteabzug vornehmen.
5. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht gehindert, sich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Vergabeverfahrens ganz oder teilweise der Hilfe Dritter zu bedienen, die über einen qualifizierten Sachverstand verfügen.
6. Nicht zulässig ist es hingegen, die Verantwortung für die Vergabe an externe Dritte vollständig zu übertragen. Der Auftraggeber hat das Handeln der eingeschalteten Stelle zu begleiten, zu überwachen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Mitwirkung am Vergabeverfahren darf sich nicht auf ein bloßes "Abnicken" beschränken.
VolltextIBRRS 2019, 0336
VK Lüneburg, Beschluss vom 02.08.2018 - VgK-29/2018
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, das Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.
2. Es sind grundsätzlich alle Entscheidungsschritte fortlaufend zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht erstreckt sich dabei sowohl auf den formalen Verfahrensablauf als auch auf die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen.
3. Die Dokumentation muss nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann.
IBRRS 2019, 0212
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2018 - Verg 61/17
1. Nicht nur die Kostenentscheidung der Vergabekammer, sondern auch der dazugehörende Ausspruch über die Notwendigkeit der Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch den obsiegenden Verfahrensbeteiligten ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
2. Die Kosten eines Rechtsanwalts sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.
3. Über die Notwendigkeit für den öffentlichen Auftraggeber, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden.
4. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts kann notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren keine einfach gelagerten Rechtsfragen stellen, sondern solche, die auf einer höheren Rechtsebene als der der Vergabeordnungen zu entscheiden sind.
5. Die Problematik "Verstoß gegen den Geheimwettbewerb" ist sowohl hinsichtlich der tatsächlichen wie auch rechtlichen Voraussetzungen nicht alltäglich und nur schwer zu überblicken.
IBRRS 2019, 0211
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2018 - Verg 32/18
1. Der Auftraggeber legt fest, ob das Angebot schriftlich und/oder elektronisch einzureichen ist. Ausreichend ist grundsätzlich die Übermittlung in Textform mithilfe elektronischer Mittel, bei der auf die eigenhändige Unterschrift verzichtet wird.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann erhöhte Anforderungen an die Sicherheit der zu übermittelnden Daten stellen und eine fortgeschrittene elektronische Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur des Bieters verlangen.
3. Weist ein Angebot die geforderte elektronische Signatur nicht auf, ist es von der Wertung auszuschließen.
4. Die fehlende elektronische Signatur unter dem Angebot kann nicht als "sonstiger Nachweis" nachgefordert werden.
IBRRS 2019, 0209
VK Rheinland, Beschluss vom 12.11.2018 - VK K 42/18
1. Zur Abgrenzung zwischen Liefer- und Dienstleistungen sowie Bauleistungen bei Elektroinstallationsarbeiten.*)
2. Das Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers wird durch die restriktiv anzuwendenden Voraussetzungen für eine produktspezifische Ausschreibung begrenzt. Die Vergabestelle muss sich bei ihrer Entscheidung mit den Produkten anderer Hersteller sowie alternativer technischer Lösungen, die den Wettbewerb weniger einschränken, auseinandersetzen. Ihre Abwägung hat sie in der Vergabeakte zu dokumentieren.*)
3. Werden technische Gründe zum Verzicht auf die losweise Vergabe herangezogen, müssen sich diese aus den Erfordernissen des Beschaffungsgegenstands ergeben. Eine produktspezifische Ausschreibung kann den Verzicht auf eine losweise Vergabe nicht rechtfertigen.*)
IBRRS 2019, 0207
KG, Beschluss vom 21.12.2018 - Verg 7/18
Die Entscheidung darüber, ob der Vergabesenat bei Erfolg der sofortigen Beschwerde zugleich in der Sache entscheidet oder ob er die Sache zur erneuten Sachentscheidung an die Ausgangsinstanz zurückverweist, steht gemäß § 178 Satz 1 GWB im Ermessen des Vergabesenats. Dabei nimmt der Vergabesenat eine Gesamtabwägung der von seiner Entscheidung tangierten, berechtigten Interessen vor. Unter den regelmäßig tangierten Interessen sind insbesondere in den Blick zu nehmen das regelmäßige Interesse der Vergabestelle an einer möglichst unverzögerten, abschließenden Entscheidung über die geltend gemachten Vergaberügen, ferner das regelmäßige Interesse der Verfahrensbeteiligten an der Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit des erstinstanzlichen Verfahrens, insbesondere auch im Hinblick auf eine dort ggf. vorzunehmende Sachaufklärung und nicht zuletzt der Grad der Wahrscheinlichkeit, mit der die Beschwerdeführerin letztlich auch in der Sache obsiegen dürfte.*)
VolltextIBRRS 2019, 0206
OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.01.2019 - 19 Verg 5/18
1. Die Entscheidung über den Gebührenansatz liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Auf die Beschwerde wird die Gebührenentscheidung deshalb nur auf Ermessensfehler hin überprüft.
2. Die Höhe der Gebühr für das Verfahren vor der Vergabekammer ist unter Berücksichtigung ihres Aufwands (Kostendeckungsprinzip) und der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache (Äquivalenzprinzip) zu bestimmen.
3. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag vor der Entscheidung der Vergabekammer zurück, entsteht in der Regel kein dem Auftragswert äquivalenter Aufwand. Der Erledigungsaufwand ist typischerweise verringert, so dass die Gebühr pauschal auf die Hälfte der sonst angemessenen Gebühr zu ermäßigen ist.
4. Im Anschluss an die Halbierung der Gebühr kann eine weitere Herabsetzung der Gebühr nur noch aus Gründen der Billigkeit gerechtfertigt sein. Hierbei ist das Verbot zu beachten, dass dieselben Gesichtspunkte, die schon bei einem früheren Prüfungsschritt zu einer Reduzierung der Gebühr geführt haben, für eine solche Ermäßigung der Gebühr nicht ein weiteres Mal herangezogen werden dürfen.
VolltextIBRRS 2019, 0124
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.12.2018 - 3 VK 9/18
1. Dienen Konzessionen hauptsächlich dazu, dem Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen, sind sie vergaberechtsfrei.
2. Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Unternehmen mit der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen betraut werden, wobei die Gegenleistung normiert ist. Bei Bauleistungen besteht die Gegenleistung im Recht zur Nutzung des Bauwerks oder diesem Recht zuzüglich einer Zahlung, bei Dienstleistungen besteht sie entweder allein in dem Recht zur Verwertung der Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich einer Zahlung.
3. Die Frage, ob eine staatliche Zuwendung der Einordnung eines Auftrags als Konzession entgegensteht, ist im Einzelfall in einer wertenden Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der jeweils herrschenden Marktgegebenheiten zu beantworten.
4. Geht der Auftragnehmer mit dem Bau und dem Betrieb des Breitbandkabelnetzes ein Risiko ein, das durch die Zahlung eines staatlichen Zuschusses nicht ausgeglichen wird, weil der Zuwendungsgeber sie nur einmalig mit Rücksicht auf die Versorgung in einem strukturschwachen Gebiet gewährt, liegt eine Konzession vor.
VolltextIBRRS 2019, 0123
EuGH, Urteil vom 25.10.2018 - Rs. C-260/17
1. Art. 10 g der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/2170 der Kommission vom 24.11.2015 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff "Arbeitsverträge" i.S. dieser Bestimmung Arbeitsverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fallen, d. h. befristete Einzelarbeitsverträge, die mit Personen geschlossen werden, die auf der Grundlage objektiver Kriterien wie Dauer der Arbeitslosigkeit, früherer Berufserfahrung und Anzahl unterhaltsberechtigter minderjähriger Kinder ausgewählt worden sind.*)
2. Die Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 in ihrer durch die delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung, die Art. 49 und 56 AEUV, die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit sowie die Art. 16 und 52 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind auf einen Beschluss einer öffentlichen Stelle, zur Erfüllung bestimmter zu ihren Verpflichtungen im öffentlichen Interesse gehörender Aufgaben auf Arbeitsverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zurückzugreifen, nicht anwendbar.*)
3. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers, zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen Arbeitsverträge mit natürlichen Personen zu schließen, ohne ein öffentliches Vergabeverfahren gem. der Richtlinie 2014/24 in ihrer durch die delegierte Verordnung 2015/2170 geänderten Fassung durchzuführen, weil seiner Ansicht nach diese Verträge nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, Gegenstand einer Nachprüfung i.S. dieser Bestimmung sein kann, die ein Wirtschaftsteilnehmer beantragt, der ein berechtigtes Interesse daran hat, dass ihm ein öffentlicher Auftrag über denselben Gegenstand, wie ihn diese Verträge haben, erteilt wird und der der Auffassung ist, dass diese Verträge in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.*)
VolltextIBRRS 2019, 0122
EuGH, Urteil vom 25.10.2018 - Rs. C-413/17
Die Art. 18 und 42 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie den öffentlichen Auftraggeber nicht verpflichten, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen einer Ausschreibung zur Beschaffung medizinischer Gegenstände entweder der Bedeutung der individuellen Merkmale der medizinischen Geräte oder der Bedeutung des Ergebnisses der Funktionsweise dieser Geräte grundsätzlichen Vorrang einzuräumen, sondern verlangen, dass die technischen Spezifikationen insgesamt die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit wahren. Es obliegt dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit in Frage stehenden technischen Spezifikationen diese Anforderungen erfüllen.*)
VolltextIBRRS 2019, 0110
VK Nordbayern, Beschluss vom 26.11.2018 - RMF-SG21-3194-3-31
1. Bei der Eignungsprüfung hinsichtlich der personellen Kapazitäten des Bewerbers in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren ist das Wort "beschäftigt" nicht auf arbeitsrechtliche Anstellungsverhältnisse beschränkt. Nach dem objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Bieters kann es insoweit nur darauf ankommen, wie viele Architekten/Ingenieure/Techniker/Meister in den letzten drei Geschäftsjahren bei dem Bewerber tätig waren. Sinn und Zweck der Anforderung sind darauf ausgerichtet, dass ausreichend Fachpersonal für den Auftrag zur Verfügung steht. Es kommt nicht darauf an, ob es sich um den Inhaber handelt oder um einen arbeitsvertraglich Beschäftigten.*)
2. Gemäß § 127 Abs. 4 GWB müssen Zuschlagskriterien so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Soweit erforderlich, ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Zuschlagskriterien inhaltlich auszufüllen und durch sog. Unterkriterien zu konkretisieren. Der Auftraggeber muss die Bieter angemessen über die Kriterien und Modalitäten informieren, anhand derer er die Angebotswertung vollziehen wird. Die Bieter müssen erkennen, worauf es dem Auftraggeber ankommt.*)
IBRRS 2019, 0109
VK Sachsen, Beschluss vom 14.12.2018 - 1/SVK/029-18
1. Ist in der Vergabebekanntmachung die Vertragslaufzeit eines Liefer- und Mietvertrags für Multifunktionsgeräte auf 60 Monate festgelegt und heißt es dort, dass der Auftrag nicht verlängert werden kann und sind dort auch Vertragsverlängerungsoptionen eindeutig ausgeschlossen, ist der Beschaffungsgegenstand abschließend auf einen Vertrag mit einer Laufzeit von 60 Monaten definiert.*)
2. Sind in der Vergabebekanntmachung Nebenangebote nur im Rahmen der beschriebenen technischen Mindestbedingungen zugelassen, so ist ein (kaufmännisches) Nebenangebot über eine Vertragslaufzeit von 72 Monaten anstatt von 60 Monaten auszuschließen.*)
VolltextIBRRS 2019, 0088
VK Sachsen, Beschluss vom 21.08.2018 - 1/SVK/016-18
1. Die Aufhebung eines einzelnen Loses eines auf mehrere Lose aufgeteilten Gesamtauftrags über Entsorgungsdienstleistungen aus wirtschaftlichen Gründen ist grundsätzlich möglich. Dabei kann eine Unwirtschaftlichkeit i.S.d. § 63 Abs. 1 Nr. 3 VgV auch dann bejaht werden, wenn lediglich das aufgehobene/aufzuhebende Einzellos ein unwirtschaftliches Ergebnis ausweist. Nicht erforderlich ist, dass das Gesamtergebnis den geschätzten Gesamtauftragswert für die Leistung deutlich übersteigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine losspezifische Kostenschätzung vorliegt. Für eine gesamtbetrachtende Sichtweise gibt die Gesetzessystematik des § 63 Abs. 1 Satz 1 VgV insgesamt keinen Anlass.*)
2. Der rechtlichen Möglichkeit, ein Vergabeverfahren ganz oder teilweise aufzuheben steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber im gebührengebundenen Bereich agiert. Auch der Umstand, dass die Entgelte, die der Auftraggeber an ein zukünftiges Entsorgungsunternehmen vergüten wird, als Kosten für in Anspruch genommene Fremdleistungen nach dem Sächsischen KAG ohne Weiteres gebührenfähig sind (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 SächsKAG) führt nicht dazu, dass dem Auftraggeber die Aufhebung einzelner Lose verwehrt wäre.*)
3. Bei einer auf eine Kostenschätzung gestützten Aufhebung einzelner Lose eines Entsorgungsauftrags ist bei Überprüfung der rechtlichen Belastbarkeit der Kostenschätzung zu bedenken, dass die zu beschaffende Dienstleistung "funktionale Elemente", enthält, bei der die preisbildenden Faktoren vorrangig durch Personal- und Fahrzeugkosten bestimmt werden. Insoweit kann für eine solche Beschaffung keine formale Deckungsgleichheit zwischen Angebotsstruktur und Kostenschätzung verlangt werden. Ausreichend ist, dass die wesentlichen Kalkulationsansätze wie Lohnkosten, Anschaffungskosten, Abfallmengen, Betriebskosten, Zuschläge, Gewinn und Gemeinkosten vergleichbar sind.*)
4. In einem offenen Verfahren besteht keine Pflicht, vor Aufhebung einer Ausschreibung aus wirtschaftlichen Gründen zuvor ein unangemessen hoch erscheinendes Angebot aufzuklären. Zum einen sieht § 60 VgV nur eine Pflicht zur Aufklärung von Angebotspreisen vor, die unangemessen niedrig erscheinen, zum anderen ist in einem offenen Verfahren eine Verhandlung, insbesondere über Änderungen der Angebote oder Preise, ohnedies unzulässig.*)
5. Die einem öffentlichen Auftraggeber unzweifelhaft obliegende Darlegungs- und Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Kostenschätzung darf nicht so ausgelegt werden, dass ihm zunehmend strengere Anforderungen auferlegt werden, schon im Vorfeld der Ausschreibung eine immer detailliertere und tiefer gehende Kostenschätzung aufzustellen. Andernfalls wird jede Kostenschätzung regelmäßig an einen Punkt kommen, an dem der Auftraggeber später in ein Herleitungs- und Rechtfertigungsproblem gerät. Es darf nicht vergessen werden, dass eine Kostenschätzung vorrangig der Planung und Kalkulation des Vorhabens dient sowie als Entscheidungsgrundlage für die Genehmigungsgremien des öffentlichen Auftraggebers.*)
6. Es ist öffentlichen Auftraggebern untersagt, die Vergabebedingungen so zu gestalten, dass sich faktisch nur Unternehmen um den Auftrag bewerben können, die entweder bereits ortsansässig sind oder mit einem ortsansässigen Unternehmen zusammenarbeiten. Auch ist es den sich um öffentliche Aufträge bewerbenden Entsorgungsfachbetrieben weder zumutbar, noch ist es objektiv erforderlich, dass sie bereits im Stadium der Angebotsabgabe stets eine den ausgeschriebenen Auftrag abdeckende logistische Reserve vorweisen können. Es genügt, dass der Bieter in der Lage ist, sich bis zur Auftragserteilung die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Ansonsten wären die Bieter in Unkenntnis darüber, ob sie den Auftrag erhalten, zu Investitionen gezwungen, die sich für den Fall, dass sie den Auftrag nicht erhalten, als wirtschaftlich unsinnig erweisen.*)
VolltextIBRRS 2019, 0087
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2018 - Verg 25/18
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, wobei die Fragen 2 und 3 nur im Falle einer Bejahung der Frage 1 einer Antwort bedürfen:
1. Handelt es sich bei einer schriftlich vereinbarten Softwareüberlassung eines Trägers öffentlicher Verwaltung an einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung, die mit einer Kooperationsvereinbarung verknüpft ist, um einen "öffentlichen Auftrag" im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2014/24/EU beziehungsweise einen - jedenfalls zunächst, vorbehaltlich von Art. 12 Abs. 4 a bis c - in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Vertrag im Sinne von Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie, wenn der Softwareübernehmer zwar für die Software weder einen Preis noch eine Kostenerstattung zu leisten hat, die mit der Softwareüberlassung verbundene Kooperationsvereinbarung aber vorsieht, dass jeder Kooperationspartner - und damit auch der Softwareübernehmer - dem jeweils anderen etwaige zukünftige, jedoch nicht verpflichtend herzustellende eigene Weiterentwicklungen der Software kostenfrei zur Verfügung stellt?*)
2. Müssen nach Art. 12 Abs. 4 a der Richtlinie 2014/24/EU Gegenstand der Zusammenarbeit der beteiligten öffentlichen Auftraggeber die gegenüber dem Bürger zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen selbst sein, die gemeinsam erbracht werden müssen, oder reicht es aus, wenn sich die Zusammenarbeit auf Tätigkeiten bezieht, die den gleichermaßen, aber nicht zwingend gemeinsam zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen in irgendeiner Form dienen?*)
3. Gilt im Rahmen von Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU ein ungeschriebenes sogenanntes Besserstellungsverbot und, wenn ja, mit welchem Inhalt?*)
VolltextIBRRS 2019, 0085
VK Bund, Beschluss vom 17.12.2018 - VK 2-104/18
1. Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen wurden, sind von der Wertung auszuschließen, weil Angebot und Nachfrage sich nicht decken.
2. Die Frage, ob ein Angebot Änderungen oder Ergänzungen enthält, ist durch eine Auslegung nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eines mit der Ausschreibung befassten fachkundigen objektiven Bieters zu beantworten.
Volltext