Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
10924 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2018, 3144
VG Magdeburg, Urteil vom 16.11.2017 - 3 A 185/16
Ist der Anwendungsbereich der VOF 2009 grundsätzlich eröffnet, aber der Schwellenwert nach der VgV nicht erreicht, ist die VOL/A 2009 nicht analog anzuwenden.Die Gemeinde durfte freiberufliche Leistungen freihändig vergeben.*)

IBRRS 2018, 3145

VG Magdeburg, Urteil vom 19.09.2017 - 3 A 180/16
1. Auch bereits vor Beantragung der Zuwendung vergebene Aufträge öffentlicher Auftraggeber, die Gegenstand der Zuwendung sind, müssen den vergaberechtlichen Vorschriften entsprechen.*)
2. Wurde vor Beantragung der Zuwendung ein Dienstleistungsvertrag mit einem Auftragsnehmer über mehrere Leistungen geschlossen, von denen nur ein Teil der Leistungen Gegenstand der Förderung sind, die für sich den EU-Schwellenwert nicht überschreiten, ist nach der VgV der gesamte Vertragswert zugrunde zu legen.*)
IBRRS 2018, 3103

VK Hessen, Beschluss vom 22.02.2018 - 69d-VK-2-4/2018
1. Eine gemeinnützige, im Eigentum einer Kommune stehende Aktiengesellschaft, die einen karitativ gemeinnützigen Versorgungsauftrag für die Stadt und die Region wahrnimmt, ist ein öffentlicher Auftraggeber.
2. Verfügt der öffentliche Auftraggeber über keine "Vergabestelle" und steht ihm auch kein Personal zur Verfügung, das die wesentlichen vergaberechtlichen Normen kennt, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit im Vergabenachprüfungsverfahren die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten gerechtfertigt.
IBRRS 2018, 3101

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.04.2018 - 15 E 219/18
Ein Begehren, das auf die Verhinderung eines Grundstücksverkaufs durch die Gemeinde zielt, ist nur dann als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, wenn dem Grundstücksverkauf eine öffentlich-rechtliche (Auswahl-)Entscheidung - etwa anhand von Vergaberichtlinien - vorgeschaltet ist.*)
IBRRS 2018, 3100

VK Bund, Beschluss vom 27.08.2018 - VK 2-72/18
1. Macht der öffentliche Auftraggeber ausreichend qualifiziertes Personal zur "Bedingung für die Auftragsausführung", muss dieses Personal nicht bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe, sondern erst zu Beginn der Arbeiten vorhanden sein.
2. Der Auftraggeber kann vom Bieter den Nachweis verlangen, dass er im Fall des Auftragserhalts weiteres ausreichend qualifiziertes Personal anstellen wird. Dieser Nachweis kann durch die schriftlichen Erklärungen der potentiellen neuen Mitarbeiter gegenüber dem Bieter geführt werden, im Auftragsfall eine Festanstellung eingehen zu wollen.
IBRRS 2018, 3048

EuGH, Urteil vom 20.09.2018 - Rs. C-546/16
1. Die Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die es den öffentlichen Auftraggebern gestatten, in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen, so dass die abgegebenen Angebote, die nach abgeschlossener technischer Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen, von der weiteren Bewertung, die sowohl auf technischen als auch auf preislichen Kriterien beruht, ausgeschlossen werden.*)
2. Art. 66 der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die es den öffentlichen Auftraggebern gestatten, in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen, so dass die abgegebenen Angebote, die nach abgeschlossener technischer Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen, von den weiteren Phasen der Zuschlagserteilung ausgeschlossen werden, und zwar unabhängig davon, wie viele Bieter noch übrig sind.*)
IBRRS 2018, 3009

VK Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2018 - VK 15/18
1. Wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren. Wesentlich sind solche Änderungen, die dazu führen, dass sich der neue Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen Auftrag unterscheidet.
2. Eine wesentliche Änderung liegt insbesondere vor, wenn ein neuer Auftragnehmer den Auftragnehmer ersetzt. "Ersetzt" wird ein Auftragnehmer beispielsweise, wenn der Auftraggeber die Kündigung eines Vertrags wegen mangelhafter Ausführung erklärt und den Auftrag anschließend von einem anderen Unternehmer ausführen lässt.
3. Ein Vergabenachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Antragsteller auch bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens keine Chance auf den Zuschlag hat.
IBRRS 2018, 3005

VK Brandenburg, Beschluss vom 22.06.2018 - VK 5/18
1. Der öffentliche Auftraggeber hat das gesamte Vergabeverfahren - auch in den Einzelheiten - von Beginn an fortlaufend, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist, zu dokumentieren.
2. Formelhafte Begründungen für die Entscheidungen des Auftraggebers reichen für eine ordnungsgemäße Begründung nicht aus. Es muss im Einzelfall erkennbar sein, warum ein bestimmter Bewerber ausgeschlossen oder nicht berücksichtigt wurde. Die Pflicht zur Dokumentation umfasst gerade auch die Gründe für die Auswahl eines Bieters.
3. Dokumentationsmängel führen dazu, dass das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend ist, fehlerbehaftet und es in diesem Umfang zu wiederholen ist.
IBRRS 2018, 3008

OLG Koblenz, Beschluss vom 11.09.2018 - Verg 3/18
1. § 51 Abs. 2 Satz 1 SektVO ermöglicht nicht den Austausch oder die "Anreicherung" eines Eignungsnachweises, der formgerecht, lesbar und vollständig ist, dessen Inhalt aber nicht ausreicht, um das zu beweisen, was bewiesen werden soll.*)
2. Macht der Antragsteller geltend, es sei ermessenfehlerhaft gewesen, von der nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SektVO grundsätzlich möglichen Nachforderung abzusehen, muss er zur Darlegung eines Schadens i.S.d. § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB in der Regel auch schlüssig vortragen, dass er zu einer Nachlieferung der fehlenden Unterlage in der Lage gewesen wäre.*)

IBRRS 2018, 4277

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.08.2018 - Verg 16/18
Begibt sich der Antragsteller durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags in die Rolle der Unterlegenen, entspricht es der Billigkeit, ihm die Kosten des Vergabeverfahrens sowie die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

IBRRS 2018, 3006

VK Bund, Beschluss vom 15.08.2018 - VK 1-69/18
1. Ein Nachprüfungsantrag ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil er sich gegen den falschen Antragsgegner richtet. Ergibt sich nach Auslegung des Nachprüfungsantrags eindeutig, gegen wen sich der Antrag tatsächlich richtet, hat die Vergabekammer das Rubrum des Nachprüfungsantrags von Amts wegen zu berichtigen.
2. Das Rechtsschutzziel, ein Vergabeverfahren zu verhindern und Vergaberecht nicht anzuwenden, ist vom Vergaberechtsschutz nicht umfasst.
3. In einem Vergabenachprüfungsverfahren kann nur die Verletzung bieterschützender Normen geltend gemacht werden.


VK Westfalen, Beschluss vom 19.06.2018 - VK 1-10/18
1. Eine Direktvergabe i.S.v. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 durch eine "Gruppe von Behörden" ist nur möglich, wenn jedes Mitglied dieser Gruppe über die Zuständigkeit zur Vergabe des konkreten öffentlichen Auftrags verfügt. *)
2. Die Einbeziehung einer Behörde, die keine eigene Zuständigkeit für diese Beschaffung hat, ist auch nicht gem. Art. 2 lit. b) VO (EG) Nr. 1370/2007 (Interventionsbefugnis) möglich.*)
3. Die Einbeziehung einer Behörde, die keine eigene Zuständigkeit für diese Beschaffung hat, ist aber möglich, wenn ihr im Wege einer delegierenden Aufgabenübertragung nach dem GKG-NW diese Zuständigkeit übertragen wird. Allein eine mandatierende Beauftragung reicht im Vergaberecht nicht.*)

IBRRS 2018, 2948

VK Bund, Beschluss vom 27.08.2018 - VK 2-74/18
1. Auf das Angebot eines Bieter, dessen personelle Kapazitäten nicht ausreichen, um die nachgefragten (Spezial-)Arbeiten durchzuführen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.
2. Ein Bieter ist ungeeignet, wenn erkennbar ist, dass er die Arbeiten mit dem vorhandenen Personal nur unter Nichteinhaltung bzw. unter Verstoß gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen oder zwingende Unfallverhütungsvorschriften durchführen kann.
3. Macht der Auftraggeber ausreichend qualifiziertes Personal zur "Bedingung für die Auftragsausführung", muss dieses Personal nicht bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe, sondern erst zu Beginn der Arbeiten vorhanden sein.

IBRRS 2018, 2949

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 - Verg 24/18
1. Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Sie müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen und Angaben zu den geforderten Nachweisen enthalten.
2. Fehlen Vorgaben zum Mindestumsatz und den dazu beizubringenden Nachweisen, kann der Ausschluss eines Bieters wegen fehlerhafter Eignung nicht auf diese Punkte gestützt werden.
3. Ein in der Auftragsbekanntmachung enthaltener Link, mit dem gebührenfrei ein uneingeschränkter und vollständiger direkter Zugang zu den Auftragsunterlagen ermöglicht wird, kann die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung nicht ersetzen.
IBRRS 2018, 2942

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2018 - 1 VK 35/18
1. Hat der Auftraggeber keine in den Akten dokumentierte Auftragswertschätzung vorgenommen, hat die Vergabekammer an Stelle des Auftraggebers eigenständig eine Ermittlung des Auftragswerts vorzunehmen.
2. Verweist der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung lediglich auf die Vergabeunterlagen, liegt keine wirksame Bekanntmachung der Eignungskriterien vor.
3. Wird in der Auftragsbekanntmachung nicht direkt zu den Vergabeunterlagen des konkreten Vergabeverfahrens, sondern nur auf eine allgemeine Seite des Auftraggebers verlinkt, werden die Eignungskriterien nicht wirksam und eindeutig gefordert.
IBRRS 2018, 2941

OLG München, Beschluss vom 27.07.2018 - Verg 2/18
1. Die Vergabestelle darf die Frist zur Vorlage von Unterlagen nach § 56 VgV nach eigenem Ermessen bestimmen und ggf. auch vor deren Ablauf verlängern.*)
2. Zur Problematik der ordnungsgemäßen Festlegung von Eignungskriterien in der Bekanntmachung durch Verweis verbunden mit einen Link auf die Auftragsunterlagen (hier offengelassen)*)
3. Ist die Vorlage eines "aktuellen" polizeilichen Führungszeugnisses verlangt und legt der Bieter ein zwei Jahre altes Zeugnis vor; entspricht dies rein formal nicht den Anforderungen mit der Folge, dass die Vergabestelle, das Dokument nachfordern darf.*)
4. Verfügt der Bieter über eine von den Fachbehörden erteilte Genehmigung zum Betrieb- einer Anlage (hier: Biogasanlage) und zur Verwertung bestimmter Stoffe in dieser Anlage (Bioabfall mit der Abfallschlüsselnummer 20 03 01), ist die Beurteilung der Vergabestelle, der Bieter habe damit seine technische Leistungsfähigkeit (Verwertung/Entsorgung von Bioabfall aus der Biotonne privater Haushalte). hinreichend nachgewiesen, nicht zu beanstanden. Im Nachprüfungsverfahren wird nicht inzident geprüft, ob die Fachbehörde bei der Erteilung der Genehmigung europarechtliche Anforderungen (hier: VO (EG) 1069/2009) im Zusammenhang mit der Verwertung bestimmter Abfallarten (Bioabfall, der Reste tierischer Nebenprodukte enthalten kann) verkannt hat.*)
5. Das Verlangen nach Referenzprojekten für "vergleichbare Leistungen" bedeutet nicht, dass das Leistungsbild der herangezogenen Aufträge mit dem ausgeschriebenen Auftrag identisch sein muss. Will der Auftraggeber sicherstellen, dass der Bieter exakt die zu beschaffende Leistung schon früher erfolgreich durchgeführt hat, dann muss er entsprechende konkretisierende Vorgaben festlegen. Macht er dies nicht, genügt, dass die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung so weit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit der Referenz kommt der Vergabestelle, die regelmäßig über spezifisches Fachwissen und fachliche Erfahrung verfügt, ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.*)
IBRRS 2018, 2939

VK Bund, Beschluss vom 03.08.2018 - VK 2-66/18
1. Der öffentliche Auftraggeber entscheidet darüber, ob und inwieweit er Kriterien mit oder ohne Beurteilungsspielraum aufstellt. Er allein beurteilt, was aus seiner Sicht das wirtschaftlich beste Angebot definiert.
2. Der öffentliche Auftraggeber hat die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden.
3. Dass Bieter die Vergabeunterlagen auslegen müssen, um das vom öffentlichen Auftraggeber Verlangte zu erkennen, ist als solches nicht vergaberechtswidrig. Auch bei sorgfältiger Erstellung der Vergabeunterlagen kann nie ausgeschlossen werden, dass geringe Unklarheiten auftreten.
4. In vergaberechtswidriger Weise nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen erst, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die von den Bietern oder Bewerbern im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann.
5. Die Sechs-Tages-Frist zur Nachforderung von Unterlagen in § 16a EU Satz 2 VOB/A 2016 ist eine feste Höchstfrist, die der Auftraggeber nicht verlängern kann.
6. Setzt der öffentliche Auftraggeber dem Bieter zur Vorlage fehlender geforderter Erklärungen oder Nachweise eine längere als in § 16a EU Satz 2 VOB/A 2016 vorgesehene Frist (hier: 10 Tage) und reicht der Bieter innerhalb dieser Frist die fehlenden Erklärungen oder Nachweise vollständig ein, kann das Angebot nicht ausgeschlossen werden.


VK Nordbayern, Beschluss vom 26.07.2018 - RMF-SG21-3194-3-19
1. Der Betrieb eines Fahrradverleihsystems stellt keine Sektorentätigkeit gem. § 102 Abs. 4 GWB dar. Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehrsleistungen haben immer netzgebundene Verkehrsleistungen zum Gegenstand. Ein Fahrradverleihsystem ist dem Individualverkehr zuzuordnen. Es wäre mit der Gesetzessystematik nicht vereinbar, wenn über das Vehikel der Sektorenhilfstätigkeit Verkehrsleistungen, die nicht von § 102 Abs. 4 GWB erfasst sind, der Sektorentätigkeit zugeordnet werden könnten. Sektorenhilfstätigkeiten sind nur solche Leistungen, die ohne die Sektorentätigkeit nicht erbracht werden.*)
2. Die Vergabestelle kann sich nicht darauf berufen, dass mit dem Nachprüfungsantrag die Unwirksamkeit gem. § 135 Abs. 2 Satz 2 GWB nicht mehr festgestellt werden könne, weil die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag erst nach Ablauf der 30 Tage-Frist nach Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung gestellt habe, wenn die Bekanntmachung mehrere Fehler enthält und somit keine Rechtswirkung entfaltet.*)
3. Gemäß dem Tatbestand von § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB ist diese Vorschrift nur anzuwenden, wenn Bieter oder Bewerber von der Vergabestelle entsprechend informiert wurden. Hat die Vergabestelle die Antragstellerin nicht am Vergabeverfahren beteiligt, so hatte die Antragstellerin keine Bieter- oder Bewerberstellung inne. Die über den Wortlaut hinausgehende teleologische Auslegung von § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB, dass die 30 Tages-Frist auch dann beginnen würde, wenn der Wirtschaftsteilnehmer direkt von der Vergabestelle informiert worden sei, selbst wenn er nicht Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren gewesen sei, widerspricht dem eindeutigen Wortlaut und lässt eine solche Auslegung nicht zu.*)
4. Die Bekanntmachung über vergebene Aufträge darf erst bekannt gemacht werden, nachdem der Vertragsschluss erfolgt ist.*)
5. Der Gesetzgeber hat in § 135 Abs. 2 GWB einen gesetzlich detailliert normierten Verwirkungstatbestand geschaffen. Es erscheint nicht zulässig - wenn die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Frist auf 30 Kalendertage gem. § 130 Abs. 2 GWB nicht vorliegen und der Vertragsschluss noch keine sechs Monate zurück liegt - über das Institut der Verwirkung die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags infrage stellen zu wollen.*)
6. Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB ist bei einer durchgeführten De-facto-Vergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der EU keine Rüge erforderlich. Die von einem Antragstellerin dennoch erhobene Rüge löst nicht die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB aus.*)
IBRRS 2018, 2933

OLG München, Beschluss vom 30.07.2018 - Verg 5/18
1. Angebote, in denen eindeutig und unmissverständlich verlangte Preisangaben fehlen oder unzutreffend angegeben worden sind, sind zwingend von der Wertung auszuschließen. Ausgenommen sind nur solche Angebote, bei denen lediglich in einer einzelnen unwesentlichen Position die Angabe des Preises fehlt und durch die Außerachtlassung dieser Position die Wertungsreihenfolge nicht beeinträchtigt wird.
2. Auch für Eventualpositionen sind geforderte Preise zwingend anzugeben.
3. Fehlen mehrere Preisangaben, kommt es auf die Frage einer Wettbewerbsrelevanz und einer (abstrakten oder konkreten) Bedeutung für die Wertungsreihenfolge nicht an. Ebenso wenig kann ein Angebotsausschluss über das Korrektiv der „Wesentlichkeit“ vermieden werden.
IBRRS 2018, 2832

VK Westfalen, Beschluss vom 26.03.2018 - VK 1-1/18
1. "Vergabereife" liegt vor, wenn der Auftraggeber eine Leistungsbeschreibung erstellt und die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die ausgeschriebenen Leistungen fristgemäß aufgenommen werden können. Ob die Leistungsbeschreibung vergabegemäß ist, steht der "Vergabereife" nicht entgegen.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung eine elektronische Adresse angeben, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können. Das gilt auch für das zweistufige nicht offene Verfahren mit einem vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb.
3. Der Auftraggeber muss bei einem nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb nur das offen legen, was er hat. Er ist nicht dazu verpflichtet, bereits alle Unterlagen im Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung zusammengestellt zu haben, damit diese heruntergeladen werden können.

IBRRS 2018, 2831

VK Westfalen, Beschluss vom 26.03.2018 - VK 1-47/17
1. "Vergabereife" liegt vor, wenn der Auftraggeber eine Leistungsbeschreibung erstellt und tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass die ausgeschriebenen Leistungen fristgemäß aufgenommen werden können. Ob die Leistungsbeschreibung vergabegemäß ist, steht der "Vergabereife" nicht entgegen.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung eine elektronische Adresse angeben, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können. Das gilt auch für das zweistufige nicht offene Verfahren mit einem vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb.
3. Der Auftraggeber muss bei einem nicht offenen Verfahren nur das offen zu legen, was er hat. Er ist nicht dazu verpflichtet, bereits tatsächlich alle Unterlagen im Zeitpunkt der Auftragsbekanntmachung zusammengestellt zu haben, damit diese heruntergeladen werden können.

IBRRS 2018, 2894

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2018 - Verg 4/18
1. Ein Ausschluss wegen nicht beigebrachter Referenzen setzt voraus, dass die Eignungsanforderungen wirksam aufgestellt und die Referenzen als Nachweis hierfür wirksam gefordert sind.
2. Besonders hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit bzw. die berufliche Erfahrung sind unangemessen, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten, weil nur ein oder wenige Unternehmen diese Anforderungen erfüllen. In einem solchen Fall ist erforderlich, dass derartige Anforderungen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sind.
IBRRS 2018, 2893

VK Bund, Beschluss vom 30.07.2018 - VK 1-61/18
1. Eine Neutralitätserklärung zur Vermeidung von Interessenkonflikten stellt ein Eignungskriterium dar.
2. Ein zu erfüllendes Eignungskriterium ist zwingend bereits in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Ein allgemeiner Verweis auf die Auftragsunterlagen oder auf deren Abrufbarkeit unter einer bestimmten Internetadresse reicht nicht aus.

IBRRS 2018, 2887

VK Bund, Beschluss vom 10.08.2018 - VK 2-62/18
1. Wird der Bauablauf nicht durch den Auftraggeber vorgegeben, sondern obliegt es dem späteren Auftragnehmer, den Bauablauf eigenverantwortlich zu gestalten, ist die Wahl des Zuschlagskriteriums "Bauablauf" sachgerecht und auftragsbezogen.
2. Stellt der Auftraggeber bei der Angebotswertung nicht auf den Bauablauf als solchen, sondern ausschließlich auf den Plan als Dokument ab, wendet er ein nicht bekannt gemachtes und in der Sache nicht auftragsbezogenes Kriterium an.
IBRRS 2018, 2886

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 - Verg 7/18
1. Der öffentliche Auftraggeber kann einen Bieter zu jedem Zeitpunkt von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn der Bieter eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat.
2. Ein Ausschluss wegen Schlechterfüllung bei der Ausführung eines früheren Auftrags setzt voraus, dass der Auftraggeber von der Schlechterfüllung Gewissheit erlangt hat, also zu einer Überzeugung gekommen ist, die vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet.
3. Besteht Streit darüber, ob die Ursache eines Mangels - zumindest auch - aus dem Verantwortungsbereich des Bieters stammt, liegt keine mangelhafte Erfüllung vor. Meinungsverschiedenheiten oder das Androhen rechtlich zulässiger Schritte reichen für einen Ausschluss vom Vergabeverfahren nicht aus.
IBRRS 2018, 2804

OLG Dresden, Urteil vom 11.01.2018 - 10 U 763/16
1. Bei der Klage auf Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung (hier: Zahlung von Architektenhonorar) aus einem zwischen den Parteien zustande gekommenen Architektenvertrag und der Klage auf Erfüllung eines gesetzlichen Schadensersatzanspruchs (hier: aus § 179 Abs. 1 BGB) gegen den Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände.
2. Unterschiedliche Streitgegenstände können nicht nebeneinander, sondern allenfalls im Wege einer Eventualklagehäufung geltend gemacht werden. Eine solche Klagehäufung muss der Kläger im Prozess klar zum Ausdruck bringen.

IBRRS 2018, 2868

VK Bund, Beschluss vom 03.08.2018 - VK 2-64/18
1. Zum Zweck der Eignungsprüfung hat der öffentliche Auftraggeber die tatsächlichen Umstände zu ermitteln, die ihn in die Lage versetzen, prüfen und prognostizieren zu können, ob ein Bieter eine ausreichende personelle Kapazität zur Erledigung der ausgeschriebenen Arbeiten aufweist.
2. Es ist nicht erforderlich, dass der Auftraggeber sämtliche in Betracht kommende Erkenntnisquellen ausschöpfen muss, um Angaben des betreffenden Bieters zu verifizieren. Er kann sich vielmehr auf eine methodisch vertretbar erarbeitete, befriedigende Erkenntnislage stützen.
3. Referenzleistungen sind mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar, wenn sie den ausgeschriebenen Leistungen nach Art und/oder Umfang ähnlich sind.
4. Taucherarbeiten, bei denen Unterwasserschweiß-, Beton-, Oberflächenreinigungs-, Abdichtungs-, Instandsetzungs- und Stahlwasserbauarbeiten in verschiedenen Hafenanlagen zu absolvieren waren, sind mit Instandsetzungsarbeiten von Stahltragpfählen einzelner Blöcke einer Mole "unter Wasser" vergleichbar.
IBRRS 2018, 1999

OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.05.2018 - 11 Verg 5/18
1. Ein nicht genehmigter Nachunternehmereinsatz stellt eine erhebliche oder fortdauernde mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Anforderung bei der Ausführung des früheren Vertrags dar.
2. Hat der ungenehmigte Nachunternehmereinsatz zu einer Kündigung des früheren Vertrags geführt, kann der öffentliche Auftraggeber den betreffenden Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen.
3. Will der öffentliche Auftraggeber einen Bieter aufgrund von schlechten Erfahrungen bei der Ausführung eines früheren Auftrags vom Vergabeverfahren ausschließen, muss er die Prognose treffen, dass der Bieter den nunmehr zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen wird und diese Prognoseentscheidung hinreichend dokumentieren.

VK Westfalen, Beschluss vom 01.08.2018 - VK 1-24/18
1. Die externe Laufzeitmessung (E+1) im Falle von Postdienstleistungen, die durch ein Zertifikat zu belegen ist, ist ein Eignungskriterium.*)
2. Eignungskriterien können nicht als Zuschlagskriterien gefordert werden. Damit verstößt die Auftraggeberin gegen den vergaberechtlichen Grundsatz, dass Eignungs- und Zuschlagskriterien nicht miteinander vermengt werden dürfen.*)
3. Zuschlagskriterien, die Auswirkungen auf den Preis haben, können gem. § 56 Abs. 3 VgV nicht nachgefordert werden.*)
4. Die Bewertung von "Schadstoffklassen bei den eingesetzten Transportmitteln" als Zuschlagskriterium ist zulässig und überprüfbar.*)
IBRRS 2018, 2829

EuGH, Urteil vom 07.08.2018 - Rs. C-300/17
1. Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die Konzessionsvergabe geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Verfahrensregelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, die die Möglichkeit der Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs wegen des Verstoßes gegen Bestimmungen über öffentliche Aufträge und die Vergabe öffentlicher Aufträge der Voraussetzung unterwirft, dass eine Schiedsstelle bzw. - bei einer gerichtlichen Überprüfung des Beschlusses dieser Schiedsstelle - ein Gericht die Rechtsverletzung rechtskräftig feststellt.*)
2. Das Unionsrecht, insbesondere Art. 1 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 89/665 in der durch die Richtlinie 2014/23 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ist dahin auszulegen, dass es im Kontext einer Schadensersatzklage einer nationalen Verfahrensregelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegensteht, die die gerichtliche Überprüfung der Beschlüsse einer Schiedsstelle, die in erster Instanz für die Kontrolle der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber im Rahmen von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig ist, ausschließlich auf die Prüfung der Gründe beschränkt, die vor dieser Stelle geltend gemacht wurden.*)

IBRRS 2018, 2819

VK Westfalen, Beschluss vom 18.06.2018 - VK 1-18/18
Auch Interimsvereinbarungen sind europaweit auszuschreiben, wenn der Auftragswert den Schwellenwert überschreitet.*)

IBRRS 2018, 2818

VK Bund, Beschluss vom 18.07.2018 - VK 1-55/18
1. Müssen die Bieter einen ausgefüllten Wartungsvertrag einreichen, ist der Auftraggeber zur Nachforderung verpflichtet, wenn ein Bieter sein Angebot ohne den geforderten Wartungsvertrag abgibt.
2. Wird der in einem Wartungsvertrag geforderte Festpreis im Angebotsschreiben angegeben, enthält das Angebot die geforderten Preise.
3. Fehlende nicht wertungsrelevante Preise sind vom Auftraggeber nachzufordern.
IBRRS 2018, 2747

LG Darmstadt, Urteil vom 22.06.2018 - 23 O 330/16
1. Der an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmende Bieter handelt arglistig, wenn er zu einer ausgeschriebenen Leistungsposition einen deutlich unter den Vergleichsangeboten anderer Bieter liegenden Einheitspreis anbietet, sodann in einem anschließenden Bietergespräch auf Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers wider besseres Wissen und ohne vor Angebotsabgabe gesicherte Bezugsquelle ausdrücklich erklärt, dieser Einheitspreis sei auskömmlich kalkuliert und er sei auch in der Lage, die zu dieser Position angebotene Leistung zum angegebenen Einheitspreis zu erfüllen.*)
2. Erhält der Bieter auf dieser Grundlage den Zuschlag und stellt sich im Nachhinein heraus, dass er diese Leistung weder in der ausgeschriebenen Beschaffenheit noch zum angebotenen Einheitspreis erfüllen kann und erklärt der Bieter auf mehrfache Leistungsaufforderung des Auftraggebers schlussendlich, er werde die Leistung nicht erfüllen, so endet mit dieser Erklärung das Auftragsverhältnis, ohne dass es einer Kündigungserklärung des Auftraggebers bedarf (vgl. BGH, IBR 2009, 14). Spricht der Auftraggeber gleichwohl eine Kündigung aus, ist diese jedenfalls wirksam.*)
3. Bis zur Vertragsbeendigung sind bei einer derartigen Sachlage gemäß § 242 BGB nur geringe Anforderungen an die Kooperationspflicht des öffentlichen Auftraggebers zu stellen. Er ist insbesondere - auch im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter - weder gehalten, den ausgeschriebenen Bauablauf zu ändern noch die vereinbarten Beschaffenheitsmerkmale der Leistung an das tatsächliche Leistungsvermögen des Bieters anzupassen oder mit diesem über Nachtragsangebote zu verhandeln, die allein den Zweck verfolgen, dem Bieter die Erfüllung eines Auftrags zu ermöglichen, den er sich arglistig erschlichen hat.*)
4. Der Auftraggeber kann vielmehr nach Vertragsbeendigung die geschuldeten Leistungen durch einen Nachunternehmer ausführen lassen und hat für die entstehenden Mehrkosten gegen den Bieter gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 VOB/B in Verbindung mit § 242 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Kostenvorschusses.*)

IBRRS 2018, 2748

VK Westfalen, Beschluss vom 02.05.2018 - VK 1-6/18
1. Die Eignungsprüfung ist in zwei Stufen durchzuführen. Auf der ersten Stufe werden die formalen Anforderungen überprüft; auf der zweiten Stufe erfolgt die inhaltliche Überprüfung.*)
2. Bei dem Begriff "vergleichbare Leistungen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Wortlauts der Vergabeunterlagen und von Sinn und Zweck der geforderten Angaben unter Berücksichtigung des Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatzes auszulegen ist.*)


VK Bund, Beschluss vom 14.03.2018 - VK 1-11/18
1. Bei der Anforderung, Pflegeexperten einzusetzen, handelt es sich nicht um ein Eignungskriterium, sondern um eine Anforderung an die Auftragsausführung sowie um ein Zuschlagskriterium.
2. Der Auftraggeber ist grundsätzlich darin frei, die Anforderungen an die Durchführung der ausgeschriebenen Leistung zu bestimmen. Voraussetzung ist, dass diese Bestimmung anhand nachvollziehbarer objektiver und auftragsbezogener Gründe getroffen worden ist.
3. Der Einsatz von Pflegeexperten wirkt sich konkret auf die Qualität der Leistung gegenüber den Versicherten aus und ist deshalb ein zulässiges Zuschlagskriterium.

IBRRS 2018, 2744

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.03.2018 - VK 1-38/17
1. Ob ein Bieter eine Änderung an den Vergabeunterlagen vorgenommen hat, ergibt sich aus dem Vergleich der Vergabeunterlagen mit dem Angebot. Das Angebotsbegleitschreiben und auch die darin in Fußzeilen enthaltenen Informationen gehören zum Angebotsinhalt.*)
2. Ein Bieter, der im Angebotsbegleitschreiben einen von den Vertragsbedingungen abweichenden Gerichtsstand anbietet, unterliegt einem Angebotsausschluss.*)
IBRRS 2018, 4278

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.07.2018 - Verg 23/18
1. Der öffentliche Auftraggeber kann frei bestimmen, mit welchem Gewicht er qualitative Kriterien noch als Zuschlagskriterien vorsieht, wenn er qualitative Anforderungen in angemessenem Umfang bereits in der Leistungsbeschreibung festgelegt hat.
2. Der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Dieses richtet sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
3. Zwar können bei der Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses neben dem zu berücksichtigenden Preis oder den Kosten auch andere Kriterien berücksichtigt werden, insbesondere qualitative Kriterien. Der Preis oder die Kosten dürfen aber auch das alleinige Zuschlagskriterium sein.
4. Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird. Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zweifelhaft ist, ist er gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens beziehungsweise die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen.

IBRRS 2018, 2722

VK Bund, Beschluss vom 16.04.2018 - VK 1-21/18
1. Der öffentliche Auftraggeber hat den Bietern klar, eindeutig und genau bekannt zu geben, was für ihn wertungsrelevant ist und muss genau diese Anforderungen anschließend der Wertung der Angebote zu Grunde legen.
2. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die ausgeschriebenen Vorgaben hinreichend eindeutig und genau sind, ist der objektive Empfängerhorizont eines verständigen und sachkundigen Bieters, der mit den ausgeschriebenen Leistungen vertraut ist.
IBRRS 2018, 2746

VK Hessen, Beschluss vom 06.02.2018 - 69d VK 2-40/2017
1. Für die Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung ist der Rechtsweg zu den Vergabekammern nicht eröffnet, weil der Bundesgesetzgeber durch die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes ein eigenes Rechtsregime für die Vergabe von Energiekonzessionen konstituiert hat.*)
2. Als lex specialis sowie als lex posterior derogiert es die Regelungen des GWB sowie der (ggf. einschlägigen) Konzessionsvergabeordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624, 683), die durch Art. 10 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist.*)

IBRRS 2018, 2739

KG, Beschluss vom 31.07.2017 - Verg 6/17
Zum Ausschluss eines Bieters wegen Unzuverlässigkeit und Ungeeignetheit, die aus schlechten Erfahrungen des Auftraggebers mit diesem Bieter in der Vergangenheit hergeleitet wird.*)
IBRRS 2018, 2738

VK Westfalen, Beschluss vom 08.05.2018 - VK 1-12/18
1. Die Anforderungen an die Leistungen sind erst dann unzumutbar, wenn vertragsuntypische und in der Branche unübliche Praktiken bei der Lieferung der Waren erkennbar sind.*)
2. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Lieferung der Waren an den Auftraggeber zu erfolgen hat, aber die Abrechnung unmittelbar mit einer in der Leistungsbeschreibung genannten Krankenkasse. Die Leistungen können auch in einem sogenannten Dreiecksverhältnis abgewickelt werden.*)
3. Hat sich der Bieter bei der Rüge durch einen Anwalt vertreten lassen, dann ist die Entscheidung nach § 134 GWB auch dem Anwalt mitzuteilen. Dies folgt aus § 14 Abs. 3 VwVfG, der im Vergabeverfahren anwendbar ist, soweit der öffentliche Auftraggeber gemäß § 1 VwVfG die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu beachten hat.*)

VPRRS 2018, 0264

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2018 - Verg 59/17
1. Das Vergabeverfahren, das zu einem Zuschlag führen soll und in dem bieterschützende Vorschriften nicht verletzt werden dürfen, beginnt erst, wenn nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen der interne Beschaffungsbeschluss getroffen ist und nach außen Maßnahmen zu seiner Umsetzung getroffen werden.
2. Die Regelung des § 127 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB V ist - soweit es um die der Ausschreibung vorgelagerten Zweckmäßigkeitserwägungen geht - keine vergaberechtliche Vorschrift (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats, Beschluss vom 21.12.2016 - Verg 26/16, VPRRS 2017, 0069, und Beschluss vom 24.09.2014 - Verg 17/14, VPRRS 2015, 0044). Sie entfaltet daher im Vergabeverfahren keinen Bieterschutz.
3. Die Vorschrift des § 127 Abs. 1 b SGB V steht einer Gewichtung des Preises mit 90% und qualitativer Kriterien mit nur 10% im Rahmen der Zuschlagskriterien nicht entgegen, wenn bei der Ausschreibung qualitative Aspekte in der Leistungsbeschreibung angemessen berücksichtigt sind.
IBRRS 2018, 2663

VK Südbayern, Beschluss vom 24.07.2018 - Z3-3-3194-1-11-04/18
1. Auch bei der Vergabe von Konzession unterscheidet das europäische Vergaberecht systematisch zwischen den Bedingungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren, den Bedingungen für die Vergabe des Auftrags und dem vertraglichen Inhalt der zu erbringenden Leistung.*)
2. Detailliert geregelte Vertragsinhalte (Hauptleistungspflicht oder besondere Ausführungsbedingungen), die das "Wie" der Erbringung des konkreten Auftrags und nicht die generelle Eignung eines Unternehmens für die Erbringung der ausgeschriebenen Dienstleistungen betreffen, können nicht zu Mindestanforderungen an die Eignung gemacht werden.*)
3. Wesentliches und unverzichtbares Kennzeichen einer Auftragsvergabe im Wettbewerb ist die Gewährleistung eines Geheimwettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern.*)
4. Der Grundsatz des Geheimwettbewerbs kann nicht mit Zustimmung der Bewerber oder Bieter eingeschränkt werden, da er nicht zu ihrer Disposition steht.*)
5. Hat der Auftraggeber oder Konzessionsgeber Anhaltspunkte für eine Verletzung des Geheimwettbewerbs muss er insoweit den Sachverhalt erforschen und dies dokumentieren.*)
6. Beantwortet der Auftraggeber rechtzeitig gestellte Bieterfragen i.S.d. § 18 KonzVgV nicht, muss er für jede Frage darlegen und dokumentieren, dass die Frage entweder keine Relevanz für das vorliegende Vergabeverfahren hat oder ihm eine Beantwortung unmöglich oder unzumutbar ist.*)

IBRRS 2018, 2650

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 - Verg 52/17
1. Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. Aus den Vergabeunterlagen muss für Bieter oder Bewerber eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, was von ihnen verlangt wird.
2. Die Frage, welcher Erklärungswert den Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen zu entscheiden. Dabei ist im Rahmen einer normativen Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter bzw. Bewerber abzustellen. Entscheidend ist die Verständnismöglichkeit aus der Perspektive eines verständigen und mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Unternehmens, das über das für eine Angebotsabgabe oder die Abgabe eines Teilnahmeantrags erforderliche Fachwissen verfügt.
3. Wie Mitbieter oder -bewerber die Vergabeunterlagen verstanden haben, kann für die normativ zu bestimmende Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Bieters bzw. Bewerbers von indizieller Bedeutung sein.
4. Kommen nach einer Auslegung mehrere Verständnismöglichkeiten in Betracht oder können Unklarheiten oder Widersprüche nicht aufgelöst werden, geht dies zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.
IBRRS 2018, 2636

VK Sachsen, Beschluss vom 26.04.2018 - 1/SVK/005-18
1. Stellt ein Auftraggeber im Rahmen der Wertung eines Präsentationsgesprächs auf Kriterien ab, die sich nicht aus der vorgegebenen Wertungsmatrix ergeben, stellt dies einen Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz dar. Das Vergabeverfahren ist dann diesbezüglich zurückzuversetzen und erneut durchzuführen.*)
2. Eine (freiwillige) Zurückversetzung des Vergabeverfahrens ist in der Regel wie eine teilweise Aufhebung zu bewerten. Auch bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebungsentscheidung zu unterscheiden. Eine Zurückversetzung ist nur dann rechtmäßig, wenn sie durch einen Aufhebungsgrund nach § 63 VgV gerechtfertigt ist.*)
IBRRS 2018, 2635

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 - Verg 49/17
1. Hat der Bieter bei der Ausführung eines früheren Auftrags eine wesentliche Anforderung mangelhaft erfüllt und dies zu einer vorzeitigen Beendigung des Auftrags geführt, kann ihn der öffentliche Auftraggeber vom Vergabeverfahren ausschließen.
2. Eine mangelhafte Erfüllung ist jede nicht vertragsgerechte Erfüllung.
3. Die mangelhafte Erfüllung ist wesentlich, wenn sie den öffentlichen Auftraggeber in tatsächlicher und finanzieller Hinsicht deutlich belastet.
IBRRS 2018, 2633

VK Bund, Beschluss vom 19.07.2018 - VK 2-58/18
1. Ein widersprüchliches Angebot muss der Auftraggeber zunächst auslegen. Lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung beseitigen, ist eine Aufklärung seitens des Auftraggebers geboten.
2. Die erforderliche Aufklärung nach Widersprüchlichkeit ist beendet, wenn der Angebotsinhalt nach Konkretisierung durch den Bieter feststeht und eine unzulässige Nachverhandlung beginnt bzw. dem Bieter die Möglichkeit eingeräumt wird, seinen Angebotsinhalt abzuändern.
3. Der Auftraggeber hat in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen "vollständig und direkt" abgerufen werden können. Dieser Vorgabe wird nicht entsprochen, wenn die Bieter zwei verschiedene Seiten aufrufen und sich mehrfach "durchklicken" müssen, um auf die Lieferbedingungen zu stoßen.
4. Eine nationale Bekanntmachung des Beschaffungsvorhabens ist grundsätzlich erst nach Veröffentlichung auf europäischer Ebene zulässig.
IBRRS 2018, 2580

OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2018 - 21 U 63/17
1. Der Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen lässt, muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob dieses bei Ablieferung mangelfrei ist. Unterlässt er dies, verjähren Gewährleistungsansprüche des Bestellers nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199 BGB, wenn der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre.*)
2. Der Unternehmer kann sich seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Erfüllung dieser Pflicht bedient. Er ist daher gehalten, den Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor Abnahme auf Mangelfreiheit zu überprüfen.*)
3. Bei der Frage, ob ein gravierender Mangel an besonders wichtigen Gewerken ebenso den Schluss auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen kann wie ein besonders augenfälliger Mangel an weniger wichtigen Bauteilen, darf die Indizwirkung selbst gravierender Mängel nicht überbewertet werden, da sich im Nachhinein nahezu jeder denkbare Baumangel für den Fall einer anderen - besseren - Kontrolle des Herstellungsprozesses als vermeidbar darstellen muss.*)
4. Eine Haftung des Unternehmers wegen eines Organisationsverschuldens kommt nur dann in Betracht, wenn der Mangel bei richtiger Organisation erkannt worden wäre. Hiervon kann nicht ohne weiteres bei Planungsfehlern oder unzutreffenden technischen Einschätzungen ausgegangen werden, die auch dann nicht aufgedeckt worden wären, wenn eine ordnungsgemäße Organisation der Überwachung durch den Werkunternehmer eingerichtet worden wäre.*)

IBRRS 2018, 2556

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 - Verg 1/18
1. Ein öffentlicher Auftrag ist ein entgeltlicher Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen. Der Begriff des öffentlichen Auftrags setzt voraus, dass dadurch eine einklagbare Erfüllungsverpflichtung des Unternehmers begründet wird.
2. Die öffentliche Auftragsvergabe ist abzugrenzen von der bloßen Finanzierung von Tätigkeiten (Zuwendungen), die mit der Verpflichtung verbunden sein kann, erhaltene Beträge bei nicht bestimmungsgemäßer Verwendung zurückzuzahlen. Eine solche Zuwendung (hier: für die soziale Betreuung von Flüchtlingen) ist kein öffentlicher Auftrag.

IBRRS 2018, 2576

VK Bund, Beschluss vom 17.07.2018 - VK 2-54/18
1. Auch die Bewerbungsbedingungen sind Vergabeunterlagen. Die Abweichung von einer Bewerbungsbedingung ist folglich eine Änderung an den Vergabeunterlagen.
2. Sehen die Bewerbungsbedingungen vor, dass "ausschließliche Grundlage für die Erstellung des Angebots diese Vergabeunterlagen in der aktuellsten über den "AnA-Web" der e-Vergabe-Plattform bereitgestellten Version" ist, wird das Angebot eines Bieters, der nicht die aktuellste Version der Vergabeunterlagen verwandt hat, ausgeschlossen.