Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
10924 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2018
IBRRS 2018, 1998
VK Hessen, Beschluss vom 24.05.2018 - 69d-VK-27/2017
1. Der Auftraggeber ist berechtigt, das Vergabeverfahren aufgrund nachträglicher wesentlicher Änderungen der Grundlagen des Vergabeverfahrens aufzuheben (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VgV).
2. Eine nachträgliche wesentliche Änderung des Beschaffungsbedarfs liegt dann vor, wenn es für den Auftraggeber objektiv sinnlos oder unzumutbar ist, am ursprünglichen Beschaffungsbedarf festzuhalten und diese Umstände erst nach Einleitung des Vergabeverfahrens eintreten (hier: gesetzliche Änderung der Rahmenbedingungen für Flüchtlingserstaufnahmeeinrichtungen).
3. Die Wesentlichkeit der Änderungen ergibt sich dabei nicht nur aus der Einzelbewertung der Änderungen, sondern darüber hinaus aus der Summe der vielen Änderungen.

IBRRS 2018, 4084

VK Bund, Beschluss vom 15.05.2018 - VK 2-30/18
Löst der Auftraggeber mit einer aktiven Förderpflicht eine Lenkung hin auf das Produkt aus, das Gegenstand der Liefervereinbarung ist, trifft er indirekt eine Auswahlentscheidung. Das kommt einem öffentlichen Auftrag gleich, so dass das Vergaberecht anzuwenden ist.

VPRRS 2018, 0198

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.06.2017 - 2 VK LSA 22/16
1. Ist zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht gewiss, ob ein angebotenes Sondernutzungsentgelt überhaupt bzw. in welcher Höhe zum Tragen kommt, handelt es sich um ein mit einem Vorbehalt versehenes Angebot, das rechtmäßig ausgeschlossen werden kann.
2. Ein Nebenangebot erfüllt nicht die vorgegebenen Mindestbedingungen (hier: Lieferung von Nahwärme zur Raumheizung, Warmwasserbereitung), wenn es vorsieht, dass der Auftraggeber Pächter der Wärmeanlage wird und zusätzlich die Wärmeträger beschafft.

IBRRS 2018, 1997

EuGH, Urteil vom 19.04.2018 - Rs. C-65/17
1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags, der unter Art. 9 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18.06.1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.10.1997 geänderten Fassung fällt und für den daher grundsätzlich nur die Art. 14 und 16 dieser Richtlinie gelten, gleichwohl auch verpflichtet, die Grundregeln und die allgemeinen Grundsätze des AEU-Vertrags, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie die daraus folgende Pflicht zur Transparenz, zu beachten, sofern dieser Auftrag zum Zeitpunkt der Vergabe einen eindeutig grenzüberschreitenden Bezug hat, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.*)
2. Art. 27 Abs. 3 der Richtlinie 92/50 ist dahin auszulegen, dass er nicht für öffentliche Aufträge über Dienstleistungen des Anhangs IB dieser Richtlinie gilt.*)

IBRRS 2018, 1936

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2017 - 2 VK LSA 19/16
1. Leistungen sind nur dann dem Bewachungsgewerbe zuzuordnen, wenn sie der Gefahrenabwehr dienen. Die erforderliche Erlaubnis soll zum Schutz der Allgemeinheit gerade dazu dienen, sicher zu stellen, dass die Wachleute insbesondere für das Einschreiten gegen Dritte rechtlich, menschlich und technisch geschult sind.
2. Stellt eine bewachungsähnliche Tätigkeit die bloße Erfüllung einer Nebenpflicht aus einem anderen Vertragsverhältnis dar, ist keine Bewachung anzunehmen.
3. Besteht der Schwerpunkt der Leistungen in Tätigkeiten wie dem Empfang von Besuchern, der Entgegennahme und Weiterleitung von Gesprächen, der Schlüsselausgabe und -rücknahme, der Annahme des Posteingangs etc., liegt keine Bewachungstätigkeit vor.
4. Nur derjenige, dessen Chancen auf Erlangung des Auftrags durch die Zuschlagsentscheidung geschmälert sein können, wird durch ein fehlerhaftes Vergabeverfahren in seinen Rechten beeinträchtigt. Steht fest, dass der Bieter selbst bei ordnungsgemäßer Korrektur des Vergabeverfahrens den Zuschlag nicht erhalten kann, ist sein Nachprüfungsantrag unbegründet.

IBRRS 2018, 2003

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.12.2017 - 2 VK LSA 18/17
1. Die Rüge dient dazu, dem Auftraggeber Gelegenheit zu geben, rechtliche Mängel im Vergabeverfahren zu prüfen und gegebenenfalls Fehler zu korrigieren.
2. Ihre Streitvermeidungsfunktion kann die Rüge nur erfüllen, wenn die Rüge vor Stellung des Nachprüfungsantrags erfolgt.
3. Nach Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Übermittlung des Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber gemäß § 163 Abs. 2 Satz 3 GWB, sondern auf die Antragstellung bei der Vergabekammer an.

IBRRS 2018, 4292

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.05.2018 - Verg 58/17
1. Über die Notwendigkeit für den öffentlichen Auftraggeber, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist nicht schematisch, sondern auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls zu entscheiden.
2. Dabei ist insbesondere in Betracht zu ziehen, ob sich das Nachprüfungsverfahren auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen nebst den zugehörigen Vergabevorschriften konzentriert hat. In einem solchen Fall ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch den Auftraggeber im Allgemeinen nicht erforderlich.
3. Die Beteiligung eines Rechtsanwalts kann notwendig sein, wenn sich im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, insbesondere verfahrensrechtlicher oder solcher Art stellen, die auf einer höheren Rechtsebene als jener der Vergabeordnungen zu entscheiden sind. Eine kleinliche Beurteilung ist unangebracht.
4. Ergänzend kann bei der Beurteilung auch die Komplexität des Sachverhalts sowie die Bedeutung und das Gewicht des Auftrags für den Auftraggeber berücksichtigt werden, ebenso wie der Umstand, inwieweit die Vergabestelle über geschultes Personal und Erfahrung mit Vergabeverfahren verfügt. Schließlich kann der Gesichtspunkt der so genannten prozessualen Waffengleichheit in die Prüfung der Rechtsfrage einfließen.

IBRRS 2018, 1985

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.04.2018 - Verg 28/17
1. Eine in einem wettbewerblich geprägten Umfeld tätige Messegesellschaft in Form einer juristischen Person des privaten Rechts (hier: GmbH), an der eine Kommune und das Land beteiligt sind, ist ein öffentlicher Auftraggeber, wenn faktisch kein Insolvenzrisiko besteht.
2. Voraussetzung einer wirksamen Selbstreinigung ist u.a., dass der Bieter die Tatsachen und Umstände, die mit der Straftat oder dem Fehlverhalten und dem dadurch verursachten Schaden in Zusammenhang stehen, durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber umfassend geklärt und konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.
IBRRS 2018, 1934

VK Westfalen, Beschluss vom 20.03.2018 - VK 1-37/17
1. Der öffentliche Auftraggeber kann nicht dazu gezwungen werden, den Zuschlag auf ein Angebot zu erteilen. Das gilt unabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund vorliegt oder nicht.
2. Setzt der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung, um dem ihm genehmen Bieter den Auftrag zuzuschieben, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, haben die übrigen Bieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens und auf die Zuschlagserteilung.
3. Sind die Gründe für die Aufhebung nicht nachvollziehbar, auch weil die Dokumentation widersprüchlich ist, ist das Nachschieben von Aufhebungsgründen manipulativ und vergaberechtlich unzulässig.

IBRRS 2018, 1923

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.04.2018 - 15 Verg 1/18
Erweckt ein Beigeladener durch eine Erklärung im Verfahren vor der Vergabekammer (hier: Bauaufzug werde durch einen Dritten aufgestellt) Zweifel an seiner Eignung, entspricht es billigem Ermessen, ihm die Kosten des Verfahrens über den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde einschließlich der notwendigen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen.

IBRRS 2018, 1984

VK Hessen, Beschluss vom 07.09.2017 - 69d-VK-25/2017
(ohne)

IBRRS 2018, 1925

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.09.2017 - 2 VK LSA 09/17
1. Für die Erhebung einer Rüge ist das Wissen um einen Sachverhalt, der einen Vergaberechtsverstoß darstellt, aus subjektiver Sicht des Bieters entscheidend für den Beginn der 10-Tage-Frist nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB.
2. Ergibt sich aus der Bekanntmachung unmissverständlich, dass für die elektronische Erfassung und Übermittlung der Zustelldaten kein eigenes Fachlos gebildet wurde, sondern dass dies eine Teilleistung von Los zwei darstellt, hatte der Bieter tatsächliche Kenntnis von diesem Sachverhalt.

VPRRS 2018, 0184

VK Bund, Beschluss vom 15.02.2018 - VK 1-161/17
1. Der Auftraggeber hat bei Rahmenvereinbarungen das Auftragsvolumen lediglich so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, muss es aber nicht abschließend festlegen.
2. Um die Abgabe wettbewerblich vergleichbarer Angebote zu gewährleisten, muss der Auftraggeber hinsichtlich des Auftragsumfangs daher nur diejenigen Angaben machen, über die er verfügt oder die von ihm in zumutbarer Weise zu beschaffen sind und die die Bieter für eine seriöse Angebotskalkulation benötigen.
3. Kalkulationsrisiken, die bei Rahmenvereinbarungen im Allgemeinen und bei Rahmenvereinbarungen im Gesundheitswesen im Speziellen auftreten, sind zumutbar und daher vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

IBRRS 2018, 1890

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.05.2018 - RMF-SG21-3194-3-10
1. Gem. § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV ist eine Addition der Kostenschätzungen bei Planungsleistungen für Lose über gleichartige Leistungen vorzunehmen. Das Kriterium der "Gleichartigkeit" der Planungsleistungen bezieht sich auf die wirtschaftliche und technische Funktion der Planungsleistungen.*)
2. Bei einem Kindergarten handelt es sich nicht um eine hochkomplexe oder hochtechnische Anlage, so dass hier von Einzelplanungsgewerken ausgegangen werden kann. Eine Anlage mit durchschnittlicher Komplexität, wie es ein Kindergarten darstellt, erfordert standardmäßig eine Integration der anderen Planungsleistungen. Diese Integrationsleistung alleine ist nicht schon an sich als funktionelle, wirtschaftliche und technische Einheit der einzelnen Planungsleistungen zu sehen. Vielmehr bedarf es darüber hinaus einer besonderen engen Verzahnung, die ggf. bei hochkomplexen oder hochtechnischen Anlagen vorliegen kann.*)
IBRRS 2018, 1922

VK Bund, Beschluss vom 30.04.2018 - VK 2-34/18
1. Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind, sind von der Wertung auszuschließen. Ein Bieter nimmt unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen vor, wenn er in seinem Angebot von den in den Vergabeunterlagen gemachten Vorgaben abweicht.
2. Die Vergabeunterlagen umfassen alle Angaben, die erforderlich sind, um dem Bieter eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Sie bestehen insbesondere aus der Beschreibung der Einzelheiten der Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Angabe der Eignungs- und Zuschlagskriterien.
3. Die Vorlage eines Personalkonzepts, wonach als Mindestanforderung "eine Teamstärke von mindestens 10 Personen (bei Vollzeitbeschäftigung), ... die für die Leistungserbringung zur Verfügung stehen", gefordert wird, schließt es aus, Mitarbeiter als Vollzeitkräfte im Personalkonzept anzusetzen, deren Verfügbarkeit im Auftragsfall nicht gesichert ist.

IBRRS 2018, 1889

VK Südbayern, Beschluss vom 20.04.2018 - Z3-3-3194-1-59-12/17
1. Die Problematik, inwieweit Eignungskriterien auch durch Verlinkung aus der Bekanntmachung bekannt gegeben werden können, ist für Bieter derzeit regelmäßig nicht erkennbar i.S.d. § 160 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB.*)
2. Auch bei einem im Vergaberecht regelmäßig tätigen Rechtsanwalt kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass er sämtliche denkbaren Rechtsprobleme eines Vergabeverfahrens positiv in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gem. § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB erkennt.*)
3. Für die wirksame Bekanntmachung der Eignungskriterien gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB und der Unterlagen zum Nachweis der Eignung gem. § 48 Abs. 1 VgV reicht es nicht aus, wenn lediglich auf die Startseite einer Vergabeplattform verwiesen wird, wo der Bieter sich die entsprechenden Unterlagen aus zahlreichen dort gespeicherten Vergabeverfahren möglicherweise heraussuchen kann.*)
4. Mindestanforderungen an die Eignung müssen für die Bieter eindeutig als solche erkennbar sein.*)
5. Sind aufgrund eines Bekanntmachungsdefizits keine Mindestanforderungen an die Eignung wirksam ins Verfahren eingeführt, hat die Vergabestelle eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie im betroffenen Vergabeverfahren den Zuschlag erteilen kann, oder den Fehler der unzureichenden Bekanntmachung der Eignungsanforderungen durch eine Rückversetzung des Verfahrens in den Stand vor Vergabebekanntmachung und der Erstellung einer überarbeiteten Bekanntmachung korrigieren muss.*)

IBRRS 2018, 1885

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.10.2017 - 11 Verg 13/17
1. Die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags darf nur in besonderen Ausnahmefällen erfolgen, wenn ein dringendes Interesse besteht, das deutlich das Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Nachprüfungsverfahrens übersteigt.
2. Allein die mangelnde Erfolgsaussicht eines Nachprüfungsantrags für sich genommen rechtfertigt die Gestattung des vorzeitigen Zuschlags noch nicht; erforderlich ist vielmehr, dass ein besonderes Beschleunigungsinteresse des Auftraggebers hinzutritt.

IBRRS 2018, 1683

OLG Naumburg, Urteil vom 18.08.2017 - 7 U 17/17
1. Ein Bieter muss nur dann auf Mängel der Ausschreibungsunterlagen hinweisen, wenn er die Ungeeignetheit der Ausschreibung vor Vertragsabschluss positiv erkennt bzw. etwaige Unstimmigkeiten und Lücken des Leistungsverzeichnisses klar auf der Hand liegen.
2. Über die von ihm erkannten und offenkundigen Mängel der Vergabeunterlagen muss der Bieter den Auftraggeber dann aufklären, wenn diese ersichtlich ungeeignet sind, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen.

IBRRS 2018, 1847

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.12.2017 - 3 VK LSA 88/17
1. Der öffentliche Auftraggeber hat ungewöhnlich niedrige Angebote, auf die der Zuschlag erfolgen soll, zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen. Kommt er dem nicht nach, ist er vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
2. Der Auftraggeber muss im Rahmen der Preisaufklärung nicht den Nachweis der Unangemessenheit erbringen. Der Bieter trägt die Beweislast dafür, die Zweifel des Auftraggebers zu entkräften.
3. Ein schwerwiegender, nicht vorhersehbarer Grund, der die sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigt, kann darin liegen, dass der Auftraggeber beschließt, von dem Beschaffungsvorhaben endgültig Abstand zu nehmen.
IBRRS 2018, 4080

VK Bund, Beschluss vom 18.04.2018 - VK 2-28/18
Die vom Auftraggeber bekannt gegebenen Wertungskriterien müssen in sich konsistent sein, um eine taugliche Grundlage für die Zuschlagsentscheidung darzustellen.

IBRRS 2018, 1844

EuGH, Urteil vom 03.05.2018 - Rs. C-376/16
1. Der öffentliche Auftraggeber hat alle Bewerber oder Bieter, deren Bewerbung oder Angebot abgelehnt wurde, über die Gründe für die Ablehnung zu unterrichten und die Merkmale und Vorteile seines Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers allen Bietern mitzuteilen, die ein anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und schriftlich um diese Mitteilung ersucht haben.
2. Vom öffentlichen Auftraggeber kann aber nicht verlangt werden, dass er einem Bieter, dessen Angebot nicht ausgewählt wurde, neben den Gründen für die Ablehnung des Angebots eine detaillierte vergleichende Analyse des ausgewählten Angebots und des Angebots des abgelehnten Bieters übermittelt.
3. Ebenso wenig ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, einem abgelehnten Bieter eine vollständige Kopie des Bewertungsberichts auszuhändigen.
IBRRS 2018, 1843

Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 16.05.2018 - Rs. C-124/17
1. Art. 80 Richtlinie 2014/25/EU i.V.m. Art. 57 Abs. 6 Unterabs. 2 Richtlinie 2014/24/EU
- steht dem entgegen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit nachweisen will, aktiv mit dem öffentlichen Auftraggeber zusammenarbeiten muss, um die Tatsachen und die Umstände, unter denen er als Mittäter an Vereinbarungen zur Verfälschung des Wettbewerbs beteiligt war, umfassend aufzuklären, wenn dieser Wirtschaftsteilnehmer bereits aktiv mit der Wettbewerbsbehörde, die diese Tatsachen untersucht und geahndet hat, zusammengearbeitet und deren Umstände umfassend geklärt hat;
- steht dem nicht entgegen, dass ein Mitgliedstaat diese aktive Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Auftraggeber als Voraussetzung dafür, dass der Wirtschaftsteilnehmer seine Zuverlässigkeit nachweist und nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen wird, verlangt, wenn es sich um rechtswidrige Verhaltensweisen handelt, bei denen der öffentliche Auftraggeber selbst die betreffenden Tatsachen und Umstände feststellen muss.*)
2. Liegt im Hinblick auf einen Wirtschaftsteilnehmer ein in Art. 57 Abs. 4 Buchst. d der Richtlinie 2014/24 vorgesehener Ausschlussgrund vor, weil er Vereinbarungen getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbs abzielen und die bereits Gegenstand einer Sanktionsentscheidung waren, ist der höchstzulässige Ausschlusszeitraum ab dem Datum dieser Entscheidung zu berechnen.*)

IBRRS 2018, 1819

OLG Rostock, Beschluss vom 21.07.2017 - 17 Verg 2/17
Nimmt der beigeladene Bestbieter zu dem (erfolgreichen) Nachprüfungsantrag des antragstellenden Bieters ausführlich mit dem Ziel Stellung, den Auftraggeber zu unterstützen, ist von einem (anteiligen) Unterliegen auch dann auszugehen, wenn er keinen Antrag gestellt hat.

IBRRS 2018, 1840

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 - Verg 40/17
1. Die Vorschrift des § 20 Abs. 3 VgV ist, soweit sie Fristverlängerungen vorsieht, bieterschützend.
2. Zumindest in den Fällen einer wesentlichen Änderung an den Vergabeunterlagen ist § 20 Abs. 3 VgV auf die Frist zur Abgabe von Teilnahmeanträgen entsprechend anzuwenden.
3. Der Begriff der „wesentlichen Änderung“ in § 20 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VgV ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls objektiv zu bestimmen.
IBRRS 2018, 1827

VK Südbayern, Beschluss vom 19.04.2018 - Z3-3-3194-1-61-12/17
1. Voraussetzung für die Präklusionswirkung des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB ist aufgrund des Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 sowie Anhang V. Teil C. Ziff. 25 der Richtlinie 2014/24/EU, dass ein entsprechender Hinweis des Auftraggebers in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU erfolgt ist.*)
2. Hat ein Unternehmen eine Rüge erhoben, kann dessen Anspruch auf Nachprüfung in aller Regel nicht verwirken. Hat es der Auftraggeber unterlassen, in ausreichender Form auf die Rechtswirkungen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB hinzuweisen, muss er bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens jederzeit noch damit rechnen, dass ein Nachprüfungsantrag gestellt wird.*)
3. Eine fehlende weitere Unterschrift in einem Angebot, das nach den Vorgaben des Auftraggebers (im Regelfall überflüssigerweise) an mehreren Stellen zu unterzeichnen ist, führt nicht automatisch zum zwingenden Ausschluss des betreffenden Angebots gem. § 57 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 53 Abs. 6 und Abs. 7 VgV. Vielmehr ist das Angebot der Beigeladenen gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen, ob sein Inhalt vollumfänglich von den vorhandenen Unterschriften erfasst wird.*)
IBRRS 2018, 1727

VK Bund, Beschluss vom 02.03.2018 - VK 1-9/18
1. Im Anwendungsbereich der SektVO kann der Auftraggeber den Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise nachzureichen.
2. Der Auftraggeber ist an die in der Bekanntmachung und seinem Nachforderungsschreiben vorgegebenen Angebotsbedingungen grundsätzlich gebunden und kann nachträglich nicht auf die zuvor bekanntgemachten Erklärungen und Nachweise verzichten.
3. Konsequenz des erfolglosen Verstreichens der Nachfrist ist der Ausschluss des Bieters.

IBRRS 2018, 1713

VK Bund, Beschluss vom 19.03.2018 - VK 1-13/18
1. Der öffentliche Auftraggeber hat fehlende Erklärungen oder Nachweise nachzufordern. Der Begriff der "Erklärungen oder Nachweise" ist dabei weit auszulegen und umfasst alle vom Bieter geforderten Angaben und Unterlagen, selbst wenn diese die Wettbewerbsstellung des Bieters beeinflussen können.
2. Die fehlende Angabe von den Bietern verlangter bauzeitabhängiger Kosten ist dementsprechend nachzufordern.
3. Für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes kommt es auf die Erkenntnismöglichkeit des konkreten Unternehmens bei Anwendung üblicher Sorgfalt an. Die Erkennbarkeit muss sich sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung beziehen.
4. Bei der Frage, ob und wieweit eine Nachforderungspflicht im Einzelfall besteht, handelt es sich um eine komplexe Rechtsfrage. Die Erkennbarkeit eines damit zusammenhängenden Rechtsfehlers kann einer Tiefbaufirma, die keinen Juristen beschäftigt, nicht entgegen gehalten werden.
IBRRS 2018, 1715

VK Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.12.2017 - VK 2-25/17
(ohne amtlichen Leitsatz)

IBRRS 2018, 1686

VK Bund, Beschluss vom 30.04.2018 - VK 2-18/18
1. Soweit sich Bieter bzw. Bietergemeinschaften zum Nachweis ihrer beruflichen Erfahrung auf von Konzerngesellschaften in der Vergangenheit durchgeführte Bauprojekte berufen, unterfällt diese Möglichkeit grundsätzlich der Eignungsleihe, soweit diese Unternehmen nicht ohnehin als Nachunternehmer eingesetzt worden sind.
2. Ein Bieter kann sich nur dann auf Einrichtungen und Mittel eines anderen Unternehmens berufen, wenn er nachweist, dass diese Einrichtungen und Mittel ihm tatsächlich zur Verfügung stehen.
3. Aus der bloßen Zugehörigkeit zu einem Unternehmensverbund ergibt sich noch keine Verfügungsmöglichkeit des Bewerbers über die Mittel anderer Mitglieder des Unternehmensverbunds.

IBRRS 2018, 1718

OLG Koblenz, Beschluss vom 23.05.2018 - Verg 2/18
1. Der Ablauf der Bindefrist für das Angebot des Antragstellers in kein erledigendes Ereignis im Sinne des § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB.*)
2. Das Interesse am Auftrag als Element der Antragsbefugnis ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in einem Nachprüfungsverfahren vorhanden sein muss und deren Wegfall dazu führt, dass ein zunächst zulässiger Nachprüfungsantrag unzulässig wird. *)
IBRRS 2018, 1672

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.11.2017 - 3 VK LSA 84/17
1. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2016 werden Bauleistungen in der Regel nach Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Vertragsunterlagen anzugeben ist (Einheitspreisvertrag) vergeben.*)
2. Gemäß § 13 Abs. 4 VOB/A 2016 sind Preisnachlässe ohne Bedingungen an einer vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen bezeichneten Stelle aufzuführen. Wenn die Preisnachlässe an anderer Stelle aufgeführt sind, sind sie nicht zu werten, § 16d Abs. 4 VOB/A 2016 (BGH, IBR 2009, 223). Dies dient der Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote - auch für Mitbieter.*)

IBRRS 2018, 1678

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.12.2017 - 3 VK LSA 99/17
1. An die erforderliche Schätzung des Auftragswerts durch den öffentlichen Auftraggeber dürfen zwar mit Blick auf den Prognosecharakter der Schätzung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Schätzung ist hinzunehmen, wenn sie aufgrund der bei ihrer Aufstellung objektiv vorliegenden und erkennbaren Daten als vertretbar erscheint.*)
2. Dokumentationsmängel können allenfalls zum Erfolg des Nachprüfungsantrages führen, wenn gerade wegen dieser Mängel nicht auszuschließen ist, dass die Beanstandungen des Antragstellers begründet sind.*)

IBRRS 2018, 1677

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.12.2017 - 3 VK LSA 98/17
1. An die erforderliche Schätzung des Auftragswerts durch den öffentlichen Auftraggeber dürfen zwar mit Blick auf den Prognosecharakter der Schätzung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Schätzung ist hinzunehmen, wenn sie aufgrund der bei ihrer Aufstellung objektiv vorliegenden und erkennbaren Daten als vertretbar erscheint.*)
2. Dokumentationsmängel können allenfalls zum Erfolg des Nachprüfungsantrages führen, wenn gerade wegen dieser Mängel nicht auszuschließen ist, dass die Beanstandungen des Antragstellers begründet sind.*)

IBRRS 2018, 1676

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.12.2017 - 3 VK LSA 97/17
1. An die erforderliche Schätzung des Auftragswerts durch den öffentlichen Auftraggeber dürfen zwar mit Blick auf den Prognosecharakter der Schätzung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Schätzung ist hinzunehmen, wenn sie aufgrund der bei ihrer Aufstellung objektiv vorliegenden und erkennbaren Daten als vertretbar erscheint.*)
2. Dokumentationsmängel können allenfalls zum Erfolg des Nachprüfungsantrages führen, wenn gerade wegen dieser Mängel nicht auszuschließen ist, dass die Beanstandungen des Antragstellers begründet sind.*)
IBRRS 2018, 1709

OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.03.2018 - 11 Verg 16/17
1. Die Bevorzugung von Entsorgungskonzepten mit einer ortsnahen Entsorgungsanlage ist im Hinblick auf die damit verbundene Möglichkeit der Reduktion von Transportemissionen ein unter ökologischen Gesichtspunkten sachgerechtes Unterscheidungskriterium.*)
2. Die Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der Regelungen zum Mitwirkungsverbot in § 6 VgV.*)
IBRRS 2018, 1671

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.11.2017 - 3 VK LSA 83/17
1. Die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung i.S.d. § 2 Abs. 1 VOL/A 2009 erfordern Angebote, die in jeder Hinsicht vergleichbar sind. Eine solche Vergleichbarkeit ist jedoch nur bei Angeboten mit identischen Vertragsleistungen gegeben.*)
2. Der Auftraggeber muss die Ausschreibung nicht so gestalten, dass sie in das Unternehmenskonzept bzw. die Produktpalette eines jeden möglichen Bieters passt. Er ist nicht verpflichtet, Produkte zu beschaffen, die seinem Bedarf nicht gerecht werden.*)

IBRRS 2018, 1632

VK Hessen, Beschluss vom 14.03.2018 - 69d-VK-25/2017
1. Bei einem unberechtigten Nachunternehmereinsatz handelt es sich um eine wesentliche Anforderung i.S.v. § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB.
2. Kündigt der Auftraggeber dem Auftragnehmer wegen eines ungenehmigten Nachunternehmereinsatzes, kann er den Auftragnehmer von der Teilnahme an einem nachfolgenden Vergabeverfahren ausschließen.

IBRRS 2018, 1679

OLG Rostock, Beschluss vom 23.04.2018 - 17 Verg 1/18
1. Ein Selbstausführungsgebot und das damit verbundene Verbot der Einbindung von Unterauftragnehmern sind vergaberechtlich unzulässig.
2. Wenn der öffentliche Auftraggeber schon nicht vorschreiben darf, dass der künftige Auftragnehmer einen bestimmten Prozentsatz der Arbeiten selbst ausführen muss, dann darf er die Selbstausführung selbstverständlich auch nicht für wesentliche Teile vorschreiben.
IBRRS 2018, 1670

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.12.2017 - 3 VK LSA 92/17
Nach § 19 Abs. 4 LVG-SA findet eine Prüfung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht statt, wenn der Auftragswert bei Leistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag von 50.000,00 Euro nicht übersteigt.*)

IBRRS 2018, 1669

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.12.2017 - 3 VK LSA 91/17
Nach § 19 Abs. 4 LVG-SA findet eine Prüfung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht statt, wenn der Auftragswert bei Leistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag von 50.000,00 Euro nicht übersteigt.*)

IBRRS 2018, 1668

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.12.2017 - 3 VK LSA 90/17
Nach § 19 Abs. 4 LVG-SA findet eine Prüfung des Vergabeverfahrens durch die Vergabekammer nicht statt, wenn der Auftragswert bei Leistungen ohne Umsatzsteuer einen Betrag von 50.000,00 Euro nicht übersteigt.*)

IBRRS 2018, 1667

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.12.2017 - 1 VK LSA 27/17
Ein anhängiges Nachprüfungsverfahren bzw. dessen Beschlussumsetzung rechtfertigt keine de-facto-Vergabe.

IBRRS 2018, 1637

VK Sachsen, Beschluss vom 27.11.2017 - 1/SVK/025-17
1. Ein ordnungsgemäß geschätzter Auftragswert ist jener Wert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegmentes und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der Anschaffung der vergabegegenständlichen Sachen veranschlagen würde.*)
2. Eine Schätzung des Auftragswerts ist dann korrekt, wenn alle ausgeschriebenen Positionen zu ordnungsgemäß ermittelten Preisen bei der Berechnung berücksichtigt worden sind, zudem Schätzungsgegenstand und Ausschreibungsinhalt deckungsgleich sind und insgesamt realistische Mengen enthalten.*)

IBRRS 2018, 1617

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2018 - 1 VK 54/17
1. Der öffentliche Auftraggeber kann einen Bieter wegen früherer Schlechtleistung ausschließen, wenn er nachweisen kann, dass dem Bieter wegen dieser Schlechtleistung rechtmäßig gekündigt wurde.
2. Für diesen Nachweis genügten Indiztatsachen von einigem Gewicht und gesicherte Erkenntnisse aus seriösen Quellen. Ein rechtskräftiges Urteil muss nicht vorliegen.
3. Eine Auskunft von Creditreform stellt für sich allein genommen keinen Ausschlussgrund dar.
4. Bieter müssen an geforderten Aufklärungen der Preise mitwirken. Der Verweis auf Preisnachlässe bei einem bestimmten Fremdunternehmen und einen großen Lagerbestand genügt dabei nicht.
IBRRS 2018, 1680

OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.04.2018 - 11 Verg 1/18
1. Grundsätzlich ist das Unterliegen für die Kostentragungspflicht maßgeblich. Abweichend hiervon können jedoch kausal durch ein schuldhaftes Verhalten eines Beteiligten verursachte Kosten diesem auferlegt werden. Auch der obsiegende Beteiligte kann somit die gesamten Verfahrenskosten oder einzelne Auflagen zu tragen haben.
2. Der öffentliche Auftraggeber hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die Kosten des Bieters zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu tragen, wenn die von ihm erteilte Belehrung über die Rechtswegzuständigkeit unrichtig ist.
3. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit Wegenutzungsverträgen nach § 46 EnWG sind die ordentlichen Gerichten zuständig. Daran hat sich auch durch die Vergaberechtsreform 2016 und die Neufassung des § 46 EnWG in 2017 nichts geändert.
IBRRS 2018, 1638

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.10.2017 - 1 VK LSA 17/17
1. Es steht dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich frei, die von ihm für erforderlich gehaltenen Eignungsvorgaben zu bestimmen. Denn es liegt in seiner Risikosphäre, durch Festlegung der Eignungsanforderung die zukünftige ordnungsgemäße Leistungserbringung sicherzustellen.
2. Vorherige Festlegung zu den Eignungskriterien können während eines laufenden Vergabeverfahrens unter Gewährleistung der Grundsätze von Transparenz und Wettbewerb geändert werden.
3. Ein Mehr an Wettbewerb kann nicht diskriminierend wirken.

IBRRS 2018, 1675

EuGH, Urteil vom 17.05.2018 - Rs. C-531/16
Art. 2 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen ist, dass
– miteinander verbundene Bieter, die in ein und demselben Verfahren gesonderte Angebote einreichen, nicht verpflichtet sind, dem öffentlichen Auftraggeber gegenüber von sich aus ihre Verbindungen offenzulegen, wenn in der Ausschreibung oder den Verdingungsunterlagen, die die Bedingungen für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags regeln, keine ausdrückliche normative Bestimmung oder spezifische Bedingung enthalten ist;
– der öffentliche Auftraggeber, wenn er über Anhaltspunkte verfügt, die Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der von bestimmten Bietern eingereichten Angebote aufkommen lassen, zur Nachprüfung verpflichtet ist, ob deren Angebote tatsächlich eigenständig und unabhängig sind, und zwar gegebenenfalls dadurch, dass er zusätzliche Informationen von diesen Bietern anfordert. Stellt sich heraus, dass die Angebote nicht eigenständig und unabhängig sind, steht Art. 2 der Richtlinie 2004/18 einem Zuschlag des Auftrags an die Bieter, die ein solches Angebot abgegeben haben, entgegen.*)
IBRRS 2018, 1641

VK Saarland, Beschluss vom 07.02.2018 - 3 VK 04/17
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Durchführung der Eignungsprüfung und Erstellung der Eignungsprognose ist derjenige der rechtswirksamen Zuschlagserteilung; das heißt, die Antragsgegnerin hat die Erkenntnisse, die das Nachprüfungsverfahren zur Frage der Eignung und Zuverlässigkeit erbracht hat, zu berücksichtigen.*)
2. a) Sofern im Einzelfall der Sach- und Personalaufwand aus dem Rahmen dessen fällt, was ein Nachprüfungsantrag der betreffenden wirtschaftlichen Größenordnung und Bedeutung üblicherweise mit sich bringt, ist dem durch eine angemessene Erhöhung oder Herabsetzung der aus der Gebührenstaffel ermittelten Basisgebühr Rechnung zu tragen.*)
b) Zu einer Erhöhung der Basisgebühr können z. B. eine hohe Anzahl tatsächlicher und juristischer Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit und der Begründetheit des Nachprüfungsantrags, eine sowohl inhaltlich als auch von der Dauer her sehr umfangreiche mündliche Verhandlung, eine entsprechend umfangreiche Niederschrift über die mündliche Verhandlung, eine detaillierte Aufklärungsverfügung der Vergabekammer zur rechtlichen Bewertung des Verfahrens, die Vorbereitung einer aufwändigen, diffizilen Entscheidung in der Hauptsache, die wegen einer - späten - Erledigung der Hauptsache nicht mehr zum Tragen kommt, sowie eine aufwändige Kostenentscheidung führen.*)
3. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Antragsteller ist in vergaberechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich als notwendig anzusehen. Dass ein Bieter auch ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts zu einer ausreichenden und umfassenden Interessenwahrnehmung in der Lage ist, kann allenfalls dann angenommen werden, wenn sich im Einzelfall ausschließlich einfache und ohne weiteres zu beantwortende Sach- und Rechtsfragen stellen und der Bieter aufgrund seiner Ressourcen und Erfahrungen zweifelsfrei in der Lage ist, seine Position im konkreten Fall auch prozessual adäquat zu vertreten.*)

IBRRS 2018, 1616

VK Sachsen, Beschluss vom 04.10.2017 - 1/SVK/022-17
1. Ist für einen An- und Abfahrtsweg zum Erfüllungsort ein Kilometerpreis verlangt, ändert der Bieter die Vergabeunterlagen, wenn er stattdessen ein Stundenhonorar offeriert.*)
2. Ist für ein Fahrzeug eine zulässige Gesamtmasse definiert, stellt die Überschreitung dieser maximalen Gesamtmasse eine Änderung an den Vergabeunterlagen dar.*)

IBRRS 2018, 4267

VK Thüringen, Beschluss vom 23.03.2018 - 250-4002-1304/2018-N-003-HBN
1. Nimmt ein Bieter in sein Angebot eigene, dem Inhalt der Ausschreibungsunterlagen, insbesondere den Vertragsbedingungen des Auftraggebers widersprechende Vertragsbedingungen auf, liegt eine unzulässige Veränderung an den Vergabeunterlagen vor.
2. Bei zwei sich widersprechenden Vertrags- bzw. Geschäftsbedingungen gilt im Zweifel keine dieser Vertragsbedingungen.
3. Es ist deshalb ein anerkennenswertes Auftraggeberinteresse, Streit über die Geltung von Vertragsbedingungen bereits im Vorfeld dadurch zu unterbinden, dass ergänzende Bedingungen als Abweichung von den Verdingungsunterlagen behandelt werden.
