Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
Online seit März
IBRRS 2024, 0891VK Bund, Beschluss vom 16.02.2024 - VK 2-7/24
Sind für die Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes nach den Vergabeunterlagen die "zum 01.01.2023 geltenden Sozialversicherungsbeiträge" anzusetzen, ist das Angebot eines Bieters, das nicht die korrekten Sozialversicherungsbeiträge enthält, weil die entsprechenden Spalten mit 0,00 % ausgefüllt wurden, zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen.
VolltextIBRRS 2024, 0818
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.10.2023 - 3 VK 5/23
1. Für eine Konzession ist ein Beschaffungsbezug erforderlich. Ein ausschreibungspflichtiger Beschaffungsvorgang liegt nur vor, wenn die Gegenleistung den öffentlichen Auftraggeber bei der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben unterstützt. Der Private erbringt die Dienstleistung anstelle der öffentlichen Hand unter ihrer Aufsicht.
2. Bei reinen Miet- und Pachtverträgen beschafft die öffentliche Hand nichts, sondern bietet selbst eine Leistung an und verwertet eigenes Vermögen.
VolltextIBRRS 2024, 0803
VK Bund, Beschluss vom 07.12.2023 - VK 2-82/23
1. Eine Wertungsmethode, nach der das Angebot mit der höchsten Punktzahl fünf Punkte und das Angebot mit der niedrigsten Punktzahl null Punkte erhält, ist vergaberechtswidrig, weil generell nicht auszuschließen ist, dass das für die Zuschlagserteilung maßgebende beste Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls dann nicht korrekt ermittelt werden kann, wenn nur zwei Angebote vorliegen.
2. Erkennbare Vergaberechgerechtsverstöße sind zu rügen. Erkennbar sind solche Verstöße, die von einem durchschnittlichen Unternehmen des angesprochenen, mithin fachkundigen, Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden können.
3. Einer üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnissen entspricht es jedenfalls, dass ein Bieter die für die Kalkulation seines Angebots relevanten Vorgaben der Vergabeunterlagen zur Kenntnis nimmt und aufmerksam aufarbeitet. Dazu gehört die Befassung mit den für die Zuschlagserteilung relevanten Vorgaben.
4. Dass Wertungskriterien hinreichend bestimmt und diskriminierungsfrei sein müssen, damit Angebote vergleichbar sind und kalkuliert werden können, ist ein durchschnittlichen Bietern allgemein bekannter vergaberechtlicher Grundsatz.
5. Geht es im Vergabenachprüfungsverfahren um die korrekte Anwendung der vom Auftraggeber vorgegebenen Wertzungskriterien und damit um Fragen der Anwendung des Vergaberechts, die zum originären Aufgabenkreis des Auftraggebers als Vergabestelle gehören, ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig.
VolltextIBRRS 2024, 0794
VK Bund, Beschluss vom 14.12.2023 - VK 2-94/23
Eine Sicherheitsüberprüfung nach dem SÜG kann unabhängig von einer konkreten Zuschlagserteilung erst im Hinblick auf den infolge Zuschlags konkretisierten Auftragnehmer bzw. dessen Personal erfolgen, nicht aber für alle am Vergabeverfahren beteiligten Bieter.
VolltextIBRRS 2024, 0768
VK Bund, Beschluss vom 02.02.2024 - VK 2-98/23
1. Muss eine der drei geforderten Referenzen eine Leistungserbringung gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber betreffen und benennt der Bieter keine Referenz, die auf den ersten Blick und zweifelsfrei keine Referenz eines öffentlichen Auftraggebers darstellt, muss die Vergabestelle die Auftraggebereigenschaft der als Referenz benannten Stelle prüfen und dies dokumentieren.
2. Bei der Wertung der Angebote nach "Schulnoten" ist der Wertungsprozess eingehend und angemessen zu dokumentieren.
IBRRS 2024, 0762
VK Thüringen, Beschluss vom 02.06.2023 - 4003-407-2022-E-008-SLF
1. Die Wertung der Angebote hat anhand der mit der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen bekannt gegebenen Zuschlagskriterien, Unterkriterien und Gewichtungsregeln bzw. Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmethoden zu erfolgen.
2. Bei der Bewertung von Einzelpositionen bzw. der Vergabe von Punkten/Noten besitzt der Auftraggeber einen weiten Beurteilungsspielraum. Das bedeutet, dass die Bewertungen letztlich nicht einer absoluten Richtigkeitskontrolle zugänglich sind. Die Wertungsentscheidungen müssen jedoch willkürfrei in Anwendung der mitgeteilten Zuschlags- und Unterkriterien getroffen werden.
3. Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, nach erhobener Rüge eine Stillhaltefrist bis zur Einreichung des Nachprüfungsantrags einzuhalten. Das gilt auch in den Fällen, in denen noch kein unmittelbarer Zuschlag droht und der Auftraggeber noch Zeit hat, sich mit der Rüge auseinander zu setzen und ihr gegebenenfalls abzuhelfen.
VolltextIBRRS 2024, 0753
VK Thüringen, Beschluss vom 07.02.2023 - 4003-398-2022-E-005-GTH
1. Beabsichtigt der Auftraggeber, das antragstellende Unternehmen auszuschließen, und hat er über den Ausschluss eines weiteren Unternehmens noch nicht entschieden, ist das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht des Auftraggebers mindestens in den Stand vor Prüfung und Wertung zurückzuversetzen.*)
2. Lassen die Vergabeunterlagen bei Umlaufzeiten keine Toleranzen zu, führt jede Überschreitung zum Ausschluss.*)
3. Allein die Teilnahme an einem Vergabeverfahren durch Abgabe eines Angebots ändert nichts an dem Nachweis der Verfügbarkeit, sodass ein Unternehmen sich auch in einem parallelen Verfahren auf die gleichen Mittel und Kapazitäten berufen kann.*)
IBRRS 2024, 0746
VK Thüringen, Beschluss vom 10.05.2023 - 4002-812-2023-E-003-SM
1. Offenkundige Rechen- oder Schreibfehler, die schon ihrem Erklärungsinhalt nach keine inhaltlichen Änderungen der Vergabeunterlagen darstellen, sind keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen.
2. Bei offenkundigen und marginalen Eintragungsfehler kann der öffentliche Auftraggeber, soweit das möglich ist, die notwendigen Berichtigungen selbst vornehmen.
IBRRS 2024, 0740
OLG Schleswig, Beschluss vom 08.02.2024 - 54 Verg 7/23
1. Eine Handwerkskammer ist zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, aber kein öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 2 GWB, da sie keiner qualifizierten staatlichen Einflussnahmemöglichkeit unterliegt.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der "überwiegenden Subventionierung" i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB ist der Zeitpunkt der Ausschreibung. Auf spätere Auszahlungen kommt es nicht an.
VolltextIBRRS 2024, 0733
VK Thüringen, Beschluss vom 01.11.2023 - 4003-418-2023-E-001-SHK
Ein Bieter, der auf einem wirtschaftlich aussichtslosen Rang liegt, hat keine Antragsbefugnis, weil er selbst mit begründeten Einwendungen gegen den Zuschlagsprätendanten nicht erreichen wird, dass er selbst eine aussichtsreiche Chance auf den Zuschlag erhalten würde.
VolltextIBRRS 2024, 0721
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 07.04.2022 - 3 VK 1/22
Wird die Leistung vom Auftraggeber nicht eindeutig beschrieben, führen Verstöße gegen interpretierbare, missverständliche oder mehrdeutige Angaben nicht zum Angebotsausschluss. Dies gilt auch, wenn die Bewertung des Preises mit Formularen erfolgt, deren Text nicht so zueinander passt, dass die Übertragung von einem Formular in das nächste zweifelsfrei nachzuvollziehen ist.
VolltextOnline seit Februar
IBRRS 2024, 0709VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.05.2022 - 3 VK 3/22
1. An die Rüge eines Bieters in einem Vergabeverfahren sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet.
2. Die Rüge eines Bieters ist an keine bestimmte Form gebunden. Die Vorschriften über die sog. "eVergabe" beziehen sich nur auf das Vergabeverfahren. Als Teil des Rechtsmittelverfahrens ist die Rüge nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen.
3. Eine über den Messangerdienst "WhatsApp" versendete Nachricht kann die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge erfüllen.
VolltextIBRRS 2024, 0703
BayObLG, Beschluss vom 21.02.2024 - Verg 5/23
Nach der Kündigung des ursprünglichen Auftragnehmers sind noch offene Restleistungen erneut öffentlich auszuschreiben. Eine Direktvergabe ist nicht zulässig.
IBRRS 2024, 0702
VK Südbayern, Beschluss vom 28.02.2023 - 3194.Z3-3_01-22-41
Nach der Kündigung des ursprünglichen Auftragnehmers sind noch offene Restleistungen erneut öffentlich auszuschreiben. Eine Direktvergabe ist nicht zulässig.
VolltextIBRRS 2024, 0698
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.06.2022 - 3 VK 4/22
1. Für die Beantwortung der Frage der Angemessenheit eines Angebots ist entscheidend, ob der betreffende Bieter zum angebotenen Preis voraussichtlich ordnungsgemäß und vertragsgerecht wird leisten können. Dies ist eine Prognoseentscheidung.
2. Bei einer Überprüfung wird dem betroffenen Bieter im Wege eines Aufklärungsverlangens Gelegenheit gegeben, die Seriosität seiner Kalkulation zu erläutern. Diese Erläuterungen können sich auch darauf beziehen, ob der betreffende Bieter versuchen könnte, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten.
3. Erläutert ein Bieter seine Einheitspreise für die Verlegungen von Stromleitungen damit, dass nach der Ausschreibung von vorhandenen Kabeltrassen auszugehen und seine technologischen Abläufe würden das Verlegen von bis zu vier Leitungen gleichzeitig ermöglichen, muss der Auftraggeber diese Argumentation prüfen und den Der Sachverhalt vollständig zu Ende ermitteln.
VolltextIBRRS 2024, 0676
EuG, Urteil vom 21.02.2024 - Rs. T-38/21
Der Anspruch eines Wirtschaftsteilnehmers auf Schadensersatz gegen die EU-Kommission wegen der Durchführung eines Verhandlungsverfahren ohne vorherige Auftragsbekanntmachung setzt voraus, dass kein Zweifel daran besteht, dass der Wirtschaftsteilnehmer ohne das behauptete fehlerhafte Verhalten den Zuschlag für den betreffenden Auftrag erhalten hätte.
VolltextIBRRS 2024, 0661
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.09.2022 - 3 VK 7/22
Das Angebot eines Bieters ist auszuschließen, wenn das angebotene Produkt nicht mit der geprüften Probe übereinstimmt.
VolltextIBRRS 2024, 0639
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2023 - Verg 22/23
1. Ein Vergabenachprüfungsverfahren ist nicht statthaft, wenn die Vergabe des öffentliche Auftrags der Beschaffung von Kriegsgerät dient.
2. Für die Einordnung als Kriegsmaterial ist maßgeblich, dass es sich bei dem zu beschaffenden Gegenstand um Material handelt, das in objektiver Hinsicht spezifisch militärische Eigenschaften aufweist.
3. Zur Beantwortung der Frage, wann Funkgeräte als elektronisches Material für militärische Zwecke zu qualifizieren sind.
VolltextIBRRS 2024, 0630
VG Berlin, Urteil vom 29.01.2024 - 2 K 41/23
1. Jede Person hat Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine Stelle der öffentlichen Verwaltung verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.
2. Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die Aufstellung und der Betrieb von Trinkwasserbrunnen und Wasserspendern ist eine Maßnahme bzw. Tätigkeit in diesem Sinne.
3. Ein Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
4. Die zwischen einem Unternehmen und einem öffentlichen Auftraggeber vereinbarten Preise sind Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens.
VolltextIBRRS 2024, 0611
VG Augsburg, Urteil vom 24.10.2023 - 8 K 22.2258
1. Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig, im Einklang mit dem öffentlichen Haushaltsrecht, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt.
2. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn bedarf der staatlichen Zustimmung, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme ist ein solcher Einfluss nicht mehr möglich.
3. Ein vorzeitiger förderschädlicher Maßnahmenbeginn ist nicht nur und erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme (i.d.R. ein Kauf- oder Werkvertrag mit einer Liefer- oder Baufirma), sondern auch ein bindendes Angebot des Fördermittelempfängers. Nur wenn ausnahmsweise das Vertragsangebot nicht bindend ist, ist dies förderunschädlich.
VolltextIBRRS 2024, 0603
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.2022 - Verg 18/22
1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der öffentliche Auftraggeber zur Auswertung der Angebote externer sachverständiger Hilfe bedient. Das gilt jedenfalls dann, wenn die technische Übereinstimmung der Angebote mit dem der Ausschreibung zu Grunde gelegten Leistungsverzeichnis neben einem erheblichen Arbeitsaufwand auch fachliches Spezialwissen erfordert, über das die Mitarbeiter behördlicher Vergabestellen nicht immer verfügen.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss den sachverständigen Vorschlag aber überprüfen und die Vergabeentscheidung in eigener Verantwortung treffen. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass er sich die vorgeschlagene sachverständige Wertung zu eigen macht.
3. Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, in eine Preisprüfung einzutreten, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten aber auch aus Erfahrungswerten, insbesondere aus Erkenntnissen aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen oder aus einem Vergleich mit der eigenen Auftragswertschätzung des Auftraggebers ergeben.
4. Der öffentliche Auftraggeber hat dem betreffenden Bieter grundsätzlich die Möglichkeit zu geben, den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots zu entkräften oder beachtliche Gründe aufzuzeigen, dass sein Angebot annahmefähig ist. Dafür hat er an den Bieter eine eindeutig formulierte Anforderung zu richten, mit der er Erläuterungen zu den angebotenen Preisen verlangt und Gelegenheit gibt, die "Seriosität" des Angebots nachzuweisen.
5. Sofern der öffentliche Auftraggeber aufgrund anderweitiger gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot eines Bieters sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig, darf er auf eine Aufklärung durch den betroffenen Bieter verzichten.
6. Der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Vergabenachprüfungsverfahren eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion. Das Akteneinsichtsrecht besteht nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des Antragstellers erforderlich ist.
IBRRS 2024, 0584
EuGH, Beschluss vom 06.12.2023 - Rs. C-128/23
Hat ein nationales Gericht dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt und wird der Rechtsstreit in der Hauptsache gegenstandslos, weil die Klage vor dem vorlegenden Gericht zurückgenommen wurde, ist die Streichung der Rechtssache im Register des Gerichtshofs anzuordnen.
VolltextIBRRS 2024, 0568
EuGH, Urteil vom 30.01.2024 - Rs. C-471/22
1. Art. 98 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11.07.2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen der guten Verwaltung, der Achtung der Verteidigungsrechte und der Waffengleichheit ist dahin auszulegen, dass, wenn die Europäische Kommission mit einem auf der Grundlage von Art. 99 dieser Verordnung erlassenen Beschluss eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Verordnung feststellt und infolgedessen eine finanzielle Berichtigung gegenüber einem Mitgliedstaat vornimmt, die zuständigen nationalen Behörden grundsätzlich die rechtsgrundlos erhaltenen Beträge wiedereinzuziehen haben, indem sie am Ende eines eigenen Verwaltungsverfahrens, in dem der Empfänger der Mittel sachdienlich und wirksam seine Stellungnahme abgeben konnte, eine finanzielle Berichtigung gegenüber diesem Empfänger vornehmen.*)
2. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein nationales Gericht an einen endgültigen Beschluss der Kommission, mit dem der Beitrag aus einem Fonds der Europäischen Union wegen einer Unregelmäßigkeit ganz oder teilweise gestrichen wird, gebunden ist, wenn es mit einer Klage gegen den nationalen Rechtsakt befasst ist, mit dem in Durchführung dieses Beschlusses eine finanzielle Berichtigung gegenüber dem Empfänger der Mittel vorgenommen wird, da es den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieses Beschlusses ersuchen muss, wenn es Zweifel an dessen Gültigkeit hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 0565
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2023 - 1 VK 16/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 0563
VK Thüringen, Beschluss vom 19.01.2024 - 5090-250-4003/401
1. Zur Abgrenzung zwischen Rahmenvereinbarung über Dienstleistungen und Dienstleistungskonzession.
2. Die Bewertung, ob ein Konzessionär ganz oder zumindest teilweise das Betriebsrisiko übernimmt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände sind insbesondere die in Bezug auf den Vertragsgegenstand herrschenden Marktbedingungen und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen.
3. Der Schwellenwert ist keine absolute und objektiv messbare Größe, sondern ein Prognosewert. Ein öffentlicher Auftraggeber darf für die Berechnung keine Methode in der Absicht auswählen, die Anwendung des Vergaberechts zu umgehen.
4. Wird eine Dienstleistungskonzession auf unbegrenzte Zeit geschlossen, begründet dies einen Verstoß gegen die Einhaltung von Bestimmungen über das Konzessionsvergabeverfahren.
5. Der öffentliche Auftraggeber hat das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend zu dokumentieren, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Auch die Entscheidungen und Maßnahmen im Vorfeld des Verfahrens festzuhalten. Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Auftraggeber dafür entscheidet, kein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen.
IBRRS 2024, 0525
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 30.11.2022 - 3 VK 10/22
1. Im Anwendungsbereich des § 124 Abs. 1 GWB kommt dem öffentlichen Auftraggeber ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über den Ausschluss bzw. Nichtausschluss eines Bieters zu.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist in der Wahl seiner Überprüfungsmittel grundsätzlich frei und im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt.
VolltextIBRRS 2024, 0502
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2023 - 3 VK 11/22
1. Eine Gesamtvergabe ist aus Gründen des Mittelstandsschutzes nur ausnahmsweise zulässig. Grundsätzlich muss ein Auftrag in Lose aufgeteilt werden.
2. Öffentliche Auftraggeber dürfen von der Aufteilung des Auftrags in Lose allein dann absehen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Solche liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das - nicht durch inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare - Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
3. Für eine Gesamtlosvergabe müssen Gründe vorliegen, die über solche Schwierigkeiten hinausgehen, die typischerweise mit jeder losweisen Ausschreibung verbunden sind. An sich plausible Gründe, wie etwa die Entlastung des Auftraggebers von der Koordinierung, der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben oder die einfachere Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sind nicht geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen.
4. Eine Regelung in den Ausschreibungsunterlagen, wonach "die am Nachprüfungsverfahren beteiligten Bieter bis vier Wochen nach Rechtskraft des letztinstanzlichen Beschlusses an ihr Angebot gebunden sind, wenn sich die Zuschlagserteilung wegen eines Nachprüfungsverfahrens verzögert", ist vergaberechtlich zulässig.
VolltextIBRRS 2024, 0496
VK Bund, Beschluss vom 10.01.2024 - VK 2-96/23
1. Versetzt der Auftraggeber das Vergabeverfahrens in den Stand der Auftragsbekanntmachung zurück, um einen von ihm in der Auftragsbekanntmachung identifizierten Fehler zu korrigieren bzw. Maßgaben in den Vergabeunterlagen zu ändern, ist die Aufhebung rechtswidrig, wenn die hierfür angeführten Gründe vom Auftraggeber zu verantworten bzw. nicht erst nach Beginn des Vergabeverfahrens aufgetreten sind.
2. Eine rechtswidrige, aber wirksam erfolgte Aufhebung des Vergabeverfahrens kann einen Schadensersatzanspruch der Bieter für die erfolglos aufgewendeten Angebotserstellungskosten (sog. negatives Interesse) begründen.
3. Hebt der Auftraggeber nach der Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren auf, kann der antragstellende Bieter den Nachprüfungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umstellen.
4. Das für den Fortsetzungsfeststellungsantrag erforderliche besondere Feststellungsinteresse liegt vor, wenn der antragsstellende Bieter schlüssig darlegt, dass er die Feststellung für die Durchsetzung eines ihm gegen den Auftraggeber dem Grunde nach zustehenden Schadenersatzanspruchs benötigt.
VolltextIBRRS 2024, 0487
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.03.2023 - 3 VK 12/22
1. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information geschlossen werden.
2. Auf den Tag des Zugangs der Vorabinformation beim betroffenen Bieter oder Bewerber kommt es für den Fristbeginn nicht an. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber.
3. Die Vorabinformation gilt als abgesendet, wenn sie den Herrschaftsbereich des öffentlichen Auftraggebers verlassen und er alles Erforderliche getan hat, damit die Information den Empfänger erreichen kann.
4. Eine Absendung liegt erst dann vor, wenn ohne weiteres Zutun des öffentlichen Auftraggebers unter normalen Umständen mit der Übermittlung der Information an den Adressaten innerhalb des für das verwendete Kommunikationsmittel üblichen Zeitraums zu rechnen ist. Wird die Information per Post versandt, ist die Übergabe an den Postdienstleister erforderlich.
IBRRS 2024, 0472
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20.03.2023 - 1 VK 3/22
1. Ein Nachprüfungsverfahren kann keinen Erfolg haben, wenn eindeutig feststeht, dass auch bei Vermeidung des Vergabefehlers der Bieter keinerlei Aussicht auf den Zuschlag hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Angebot des antragstellenden Bieters keine Berücksichtigung finden kann.
2. Bei der Beschaffung von Bauleistungen tritt die öffentliche Hand wie ein privater Auftraggeber als Nachfrager am Markt auf und schließt privatrechtliche Verträge auf der Grundlage des BGB ab. Die zivilrechtlichen Grundsätze über das Zustandekommen von Verträgen gelten daher auch in einem Vergabeverfahren.
3. Ein Bieter ist nicht dazu berechtigt, die in den Vergabeunterlagen vorgesehene Zuschlags- und Bindefrist einseitig abzuändern.
VolltextIBRRS 2024, 0454
VK Bund, Beschluss vom 10.11.2023 - VK 1-63/23
Nimmt ein Unternehmen nicht selbst als Bieter/Bewerber an einer öffentlichen Ausschreibung teil, sondern ist es an den Angeboten mehrerer Bieter als Nachunternehmer/Eignungsleiher beteiligt, liegt keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vor, auf die ein Ausschluss der betreffenden Bieter/Bewerber mangels Eignung gestützt werden kann.
IBRRS 2024, 0439
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.08.2023 - 15 Verg 5/23
1. Ein kommunales Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, die zu 100% im Eigentum einer Kommune steht, ist ein öffentlicher Auftraggeber.
2. Im Fall einer de-facto-Vergabe reicht zur Annahme der Antragsbefugnis die Darlegung aus, dass das antragstellende Unternehmen der jeweiligen gewerblichen Branche angehört und deshalb als generell darauf eingerichtet angesehen werden kann, den Auftrag auszuführen. Weitere Darlegungen, insbesondere die Vorlage eines (fiktiven) Angebots, sind nicht erforderlich.
IBRRS 2024, 0424
VG Ansbach, Urteil vom 05.04.2022 - 14 K 20.01132
Ein nicht zum Zug gekommener Bieter hat nach Abschluss des Vergabeverfahrens keinen Anspruch auf Einsicht in die sein Angebot betreffenden Abschnitte des Vergabevermerks.
VolltextOnline seit Januar
IBRRS 2024, 0420EuGH, Urteil vom 25.01.2024 - Rs. C-390/22
1. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes eine Ausgleichsleistung durch die zuständige Behörde im Rahmen der Erfüllung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nur gewährt werden kann, wenn die dieser Ausgleichsleistung entsprechenden Mittel im Haushaltsgesetz dieses Mitgliedstaats für das betreffende Jahr vorgesehen und an diese Behörde gezahlt worden sind.*)
2. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1370/2007 ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die es der zuständigen Behörde erlaubt, einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes im Rahmen der Erfüllung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags eine Ausgleichsleistung zu zahlen, wenn die Parameter, anhand deren diese Ausgleichsleistung berechnet wird, nicht in diesem Vertrag festgelegt sind, sondern zuvor in objektiver und transparenter Weise in allgemeinen Vorschriften aufgestellt wurden, die die Höhe dieser Ausgleichsleistung festlegen.*)
VolltextIBRRS 2024, 0397
VK Rheinland, Beschluss vom 29.11.2023 - VK 30/23
1. Sämtliche Eignungskriterien sowie deren Nachweise müssen vom öffentlichen Auftraggeber im Vorfeld der Ausschreibung aufgestellt und in der Auftragsbekanntmachung angeführt werden. Der öffentliche Auftraggeber darf die Eignung der Bieter ausschließlich anhand dieser vorab festgelegten und veröffentlichten Eignungskriterien prüfen. Er kann auch Mindestanforderungen in Bezug auf die Eignung vorgeben, muss sie dann aus Gründen der Transparenz aber ebenfalls bekannt machen.*)
2. Der Auftraggeber darf von präqualifizierten Unternehmen im Umfang ihrer Präqualifizierung keine Einzelnachweise fordern, sondern muss diese als Nachweis der Eignung akzeptieren und sich inhaltlich mit den Präqualifikationsunterlagen auseinandersetzen. Allerdings ist ein Bieter nur insoweit präqualifiziert, als die für ihn hinterlegten Angaben mit den Referenzanforderungen des öffentlichen Auftraggebers übereinstimmen.*)
3. Im Rahmen seiner Eignungsentscheidung darf der öffentliche Auftraggeber die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Angaben nicht ohne Begründung in Zweifel ziehen.*)
4. Der Antragsteller eines Präqualifizierungsverfahrens muss sich in einer Eigenerklärung verpflichten, dem Auftraggeber jeglichen Nachunternehmereinsatz mitzuteilen und nur solche Nachunternehmer einzusetzen, die ihrerseits präqualifiziert sind oder per Einzelnachweis belegen konnten, dass alle Präqualifizierungskriterien erfüllt sind.*)
5. Es ist nicht zulässig, die Eignung zu verneinen, obwohl nur Zweifel an der Eignung bestehen und eine weitere Aufklärung durch den Auftraggeber möglich ist.*)
IBRRS 2024, 0301
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 06.03.2023 - 6 K 1849/20
1. Der Vergabe von (Bau-)Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte hat eine öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
2. Bei der Freihändigen Vergabe erfolgt die Auftragsvergabe in einem vereinfachten Verfahren, dessen Gestaltung der Auftraggeber flexibel bestimmen kann. Gleichwohl gelten auch hier grundsätzlich die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung.
3. Die Freihändige Vergabe unterliegt nur geringen formalen Anforderungen. Die individuelle Gestaltung des Verfahrens kann den Umständen des Einzelfalls angepasst werden.
VolltextIBRRS 2024, 0298
VGH Hessen, Beschluss vom 29.11.2023 - 8 B 1502/23
Zum Anspruch eines Wettbewerbers gegen den (öffentlichen) Auftraggeber, ein bereits begonnenes Vergabeverfahren (hier: zur Vergabe von Betreiberleitungen) vorläufig zu unterlassen.
VolltextIBRRS 2024, 0275
VG Gießen, Beschluss vom 11.12.2023 - 4 K 1641/22
Für die Erfüllung des Widerrufstatbestands genügt ein objektiver Vergaberechtsverstoß. Wie ein festgestellter Verstoß zu bewerten ist, ist Bestandteil der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren behördlichen Ermessensentscheidung.*)
VolltextIBRRS 2024, 0245
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2023 - 11 Verg 5/23
1. Stützt sich der Antragsteller - im Grundsatz zulässig - auf nur vermutete Tatsachen, muss er Anhaltspunkte vortragen, die diese Vermutungen soweit plausibilisieren, dass sie mehr sind als eine nur abstrakte Möglichkeit; der Vortrag darf nicht willkürlich "ins Blaue hinein" erfolgen.*)
2. Bei der Prüfung einer Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist darauf abzustellen, ob der Verstoß für einen durchschnittlichen Bieter in den Vergabeunterlagen erkennbar ist. Ein durchschnittlicher Bieter kennt die Grundstrukturen des Vergabeverfahrens und damit auch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Eignungs- und Wertungskriterien. Er weiß, dass es kein Mehr oder Weniger an Eignung i.S.d. § 122 GWB gibt und Eignungs- und Wertungskriterien grundsätzlich zu trennen sind.*)
3. Die Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB greift ein, wenn ein durchschnittlicher Bieter im Rahmen seiner laienhaften rechtlichen Wertungsmöglichkeiten erkennen kann, dass es "so nicht geht". Er kann sich der Rügepräklusion nicht dadurch entziehen, dass er den Rechtsfehler im Nachprüfungsverfahren mit Unterstützung seines Rechtsanwalts einer klareren juristischen Zuordnung unterzieht.*)
4. Kann der Antragsteller erkennen, dass Eignungs- und Wertungskriterien hinsichtlich der Vorlage von Referenzen nicht getrennt, sondern vermengt worden sind und dass entweder eine Doppelverwertung vorliegt oder nicht erkennbar ist, was in welchem Kontext geprüft werden soll, ist eine Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB begründet.*)
IBRRS 2024, 0297
EuGH, Urteil vom 18.01.2024 - Rs. C-303/22
Art. 2 Abs. 3 und Art. 2a Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die dem Auftraggeber den Abschluss eines Vertrags über einen öffentlichen Auftrag nur bis zu dem Zeitpunkt untersagt, an dem eine Stelle in erster Instanz im Sinne dieses Art. 2 Abs. 3 über den Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags entscheidet, nicht entgegenstehen, ohne dass es insoweit auf die Frage ankommt, ob diese Stelle ein Gericht ist oder nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 0248
VG Schwerin, Beschluss vom 11.12.2023 - 3 A 411/22
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist bei Konzessionen im Unterschwellenbereich eröffnet, soweit das Vertragsverhältnis öffentlich-rechtlich ist.*)
2. Die Auswahl eines Bewerbers für das Angebot einer mobilen Strandversorgung sowie die Erteilung der hierfür erforderlichen Sondernutzung aufgrund einer Gemeindesatzung stellen zwei unterschiedliche Entscheidungen dar, für die das Ermessen gesondert und unter Beachtung des jeweiligen Zwecks der Ermächtigungsgrundlage auszuüben ist.*)
IBRRS 2024, 0247
BGH, Urteil vom 05.12.2023 - KZR 101/20
1. Dem Betreiber eines Fernwärmenetzes kann nach Beendigung eines befristeten Gestattungsvertrags ein Anspruch auf Einräumung von Nutzungsrechten an den im Eigentum einer Gemeinde stehenden Wegegrundstücken nur zustehen, wenn die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sämtlichen Interessenten den Bau paralleler Netzinfrastrukturen erlauben.*)
2. Eine Gemeinde kann von dem bisherigen Betreiber eines Fernwärmenetzes weder Verschaffung des Eigentums an den in ihren Grundstücken verlegten Leitungen noch Beseitigung der dadurch verursachten Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen, wenn die Gemeinde ein bereits begonnenes Auswahlverfahren für den Weiterbetrieb dieses Netzes nur ausgesetzt, aber nicht beendet hat und der bisherige Netzbetreiber an diesem Verfahren beteiligt ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0242
OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2023 - 11 Verg 4/23
1. Fordert der öffentliche Auftraggeber im Rahmen einer Ausschreibung von Sicherheitsdienstleistungen bei den vorzulegenden Referenzen Angaben zum Umfang, die sich auf die erbrachten Gesamtjahresstunden und die eingesetzten Mitarbeiter beziehen, und führt das Verhältnis zwischen diesen beiden Parametern dazu, dass die Menge der Stunden nur durch einen weit über der zulässigen Arbeitszeit liegenden Leistungseinsatz der Mitarbeiter erbracht werden kann, weist die Referenz eine nicht nachvollziehbare Leistung aus und ist nicht wertbar.*)
2. Bei der Abfrage von Referenzen dürfen auch Angaben zum Leistungsort nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV abgefragt werden.*)
IBRRS 2024, 0217
VG Sigmaringen, Urteil vom 23.11.2023 - 14 K 1932/21
1. Ein Bescheid, durch den eine Zuwendung zu einer Maßnahme zur Erhaltung und Pflege eines Kulturdenkmals nach der baden-württembergischen VwV-Denkmalförderung vom 26.11.2012 wurde, ist rechtswidrig, sofern mit der Durchführung der Maßnahme vor Bewilligung der Zuwendung bzw. Erteilung einer sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung begonnen wurde. Die Maßnahme ist mit Abschluss entsprechender Lieferungs- oder Leistungsverträge begonnen.*)
2. Erhält die zuständige Behörde nach Abschluss der Maßnahme und Vorlage des Verwendungsnachweises und weiterer Unterlagen Kenntnis vom verfrühten und förderschädlichen Beginn der Durchführung der Maßnahme, ist sie grundsätzlich befugt, den rechtswidrigen Zuwendungsbescheid gem. § 48 VwVfG-BW zurückzunehmen.*)
3. Beruhte der Erlass des Zuwendungsbescheids auf der unrichtigen Angabe, die Maßnahme sei erst nach Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung begonnen worden, kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG-BW nicht berufen und das nach § 48 Abs. 1 VwVfG-BW bestehende Ermessen der Behörde ist gem. § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG-BW dahingehend intendiert, dass der Zuwendungsbescheid insgesamt und mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0212
EuGH, Urteil vom 21.12.2023 - Rs. C-421/22
Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates in der durch die Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2016 geänderten Fassung ist wie folgt auszulegen: Sie steht einer Ausgleichsregelung nicht entgegen, wonach die zuständigen nationalen Behörden im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags sowie nach einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahren nicht verpflichtet sind, einem Erbringer von Personenverkehrsdiensten, der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegt, eine vollständige Ausgleichsleistung zu gewähren, die mittels einer regelmäßigen Indexierung jede sich seiner Kontrolle entziehende Kostenerhöhung im Zusammenhang mit der Verwaltung und der Erbringung dieses Dienstes deckt.*)
VolltextIBRRS 2024, 0196
VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.07.2023 - VgK-16/2023
1. Die Kostenschätzung ist mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet. Sie bildet eine Prognose, die dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise erarbeitet wurde.
2. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert. Der Auftraggeber muss eine Methode wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lässt, und der Schätzung zutreffende Daten zu Grunde legen.
3. Pflichtgemäß geschätzt ist ein Auftragswert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der geplanten Beschaffung veranschlagen würde.
4. Die die Kostenschätzung zu Grunde liegenden Erwägungen sind im Vergabevermerk zu dokumentieren. Dabei ist es ausreichend, die wesentlichen Aspekte niederzulegen.
5. Eine unterlassene Dokumentation kann - sogar noch im Beschwerdeverfahren - durch die Übergabe von Unterlagen geheilt werden, aus denen sich die Kosten des Vorhabens ergeben.
6. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nichtoffene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein.
IBRRS 2024, 0164
EuGH, Urteil vom 21.12.2023 - Rs. C-66/22
1. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Möglichkeit, ein Angebot eines Bieters wegen des Vorliegens starker Indizien für ein zur Verfälschung des Wettbewerbs geeignetes Verhalten dieses Bieters auszuschließen, auf das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beschränkt, in dessen Rahmen ein solches Verhalten stattgefunden hat.*)
2. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die allein der nationalen Wettbewerbsbehörde die Befugnis überträgt, darüber zu entscheiden, ob Wirtschaftsteilnehmer wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.*)
3. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24 ist im Licht des allgemeinen Grundsatzes der guten Verwaltung dahin auszulegen, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Zuverlässigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers, die in Anwendung des in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausschlussgrundes getroffen wird, begründet werden muss.*)
VolltextIBRRS 2024, 0150
VK Bund, Beschluss vom 07.11.2023 - VK 2-80/23
1. Der öffentliche Auftraggeber darf ein Angebot zwar auch dann annehmen, wenn es nicht auskömmlich ist. Allerdings muss er in einem solchen Fall sein Ermessen grundsätzlich sorgfältig und umfassend ausüben, da nicht auskömmliche Angebote mit typischen Gefahren, z. B. einer zu erwartenden Schlechtleistung, behaftet sein können.
2. Im Bereich der Gebäudereinigung besteht ganz allgemein die Gefahr, dass die zu reinigende Fläche tatsächlich in kürzerer Zeit bearbeitet wird, als der jeweilige Bieter dies mit dem "Leistungsansatz qm je Stunde" in seinem Angebot vorgesehen hat.
3. Legt der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen fest, dass "Angebote, die als nicht auskömmlich erachtet werden, zwingend von einer Vergabe auszuschließen sind," ist ein unauskömmliches Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen, ohne dass es auf weitere Ermessenserwägungen ankommt.
IBRRS 2024, 0134
VK Westfalen, Beschluss vom 21.12.2023 - VK 1-37/23
1. Ergibt die Prüfung auf Vollständigkeit, dass Unterlagen fehlen oder unvollständig sind, können diese bis zum Ablauf einer vom Auftraggeber zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden.
2. Im Anwendungsbereich der VgV besteht keine Verpflichtung zur Nachforderung. Die Nachforderung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Pflichtgemäßes Ermessen verlangt aber im Regelfall die Nachforderung. Das Absehen von einer Nachforderung stellt die Ausnahme dar.
3. Im Nachforderungsschreiben ist eindeutig und genau anzugeben, welche Unterlagen in welcher Frist nachzureichen sind.
4. Es ist vergaberechtswidrig, wenn sich der Auftraggeber für die Nachforderung fehlender bzw. unvollständiger leistungsbezogener Unterlagen entscheidet, dann aber nur einzelne Unterlagen nachfordert und den betreffenden Bieter in der Folge wegen fehlender Unterlagen ausschließt.
5. Der Bieter darf aufgrund einer konkreten Nachforderung davon ausgehen, dass seine bereits eingereichten Unterlagen ansonsten vollständig sind.
IBRRS 2024, 0133
VK Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2023 - VgK-29/2023
1. Die Angebote müssen die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Angebote, die die geforderten Unterlagen nicht enthalten, sind auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber festgelegt hat, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
2. Unterlagen sind alle in der danach zu erstellenden gesonderten Liste aufgeführten Nachweise und Erklärungen. Der Begriff der Unterlagen ist dabei denkbar weit zu verstehen. Darunter fallen insbesondere Hersteller-, Typ- und Produktangaben sowie Produktdatenblätter und auch Erläuterungen zu den einzelnen Preisen und Mengenansätzen. Auch das Formblatt 225a fällt ohne Weiteres darunter.
3. Gefordert ist eine Unterlage erst, wenn der Auftraggeber die Vorlage unmissverständlich verlangt hat. Es bedarf einer eindeutigen Anforderung in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht, sodass die Bieter den Vergabeunterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen und Nachweise nicht als gefordert angesehen werden und dass Fehler nicht zum Ausschluss führen.
4. Auch wenn ein Formblatt nicht an zentraler Stelle benannt wird, kann die Vorlage mit dem Angebot aus der Sicht eines fachkundigen Bieters gleichwohl wirksam gefordert werden.
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