Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10817 Entscheidungen insgesamt
Online seit Februar
IBRRS 2024, 0676EuG, Urteil vom 21.02.2024 - Rs. T-38/21
Der Anspruch eines Wirtschaftsteilnehmers auf Schadensersatz gegen die EU-Kommission wegen der Durchführung eines Verhandlungsverfahren ohne vorherige Auftragsbekanntmachung setzt voraus, dass kein Zweifel daran besteht, dass der Wirtschaftsteilnehmer ohne das behauptete fehlerhafte Verhalten den Zuschlag für den betreffenden Auftrag erhalten hätte.
VolltextIBRRS 2024, 0661
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.09.2022 - 3 VK 7/22
Das Angebot eines Bieters ist auszuschließen, wenn das angebotene Produkt nicht mit der geprüften Probe übereinstimmt.
VolltextIBRRS 2024, 0639
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2023 - Verg 22/23
1. Ein Vergabenachprüfungsverfahren ist nicht statthaft, wenn die Vergabe des öffentliche Auftrags der Beschaffung von Kriegsgerät dient.
2. Für die Einordnung als Kriegsmaterial ist maßgeblich, dass es sich bei dem zu beschaffenden Gegenstand um Material handelt, das in objektiver Hinsicht spezifisch militärische Eigenschaften aufweist.
3. Zur Beantwortung der Frage, wann Funkgeräte als elektronisches Material für militärische Zwecke zu qualifizieren sind.
VolltextIBRRS 2024, 0630
VG Berlin, Urteil vom 29.01.2024 - 2 K 41/23
1. Jede Person hat Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine Stelle der öffentlichen Verwaltung verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.
2. Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die Aufstellung und der Betrieb von Trinkwasserbrunnen und Wasserspendern ist eine Maßnahme bzw. Tätigkeit in diesem Sinne.
3. Ein Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.
4. Die zwischen einem Unternehmen und einem öffentlichen Auftraggeber vereinbarten Preise sind Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens.
VolltextIBRRS 2024, 0611
VG Augsburg, Urteil vom 24.10.2023 - 8 K 22.2258
1. Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig, im Einklang mit dem öffentlichen Haushaltsrecht, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt.
2. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn bedarf der staatlichen Zustimmung, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme ist ein solcher Einfluss nicht mehr möglich.
3. Ein vorzeitiger förderschädlicher Maßnahmenbeginn ist nicht nur und erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme (i.d.R. ein Kauf- oder Werkvertrag mit einer Liefer- oder Baufirma), sondern auch ein bindendes Angebot des Fördermittelempfängers. Nur wenn ausnahmsweise das Vertragsangebot nicht bindend ist, ist dies förderunschädlich.
VolltextIBRRS 2024, 0603
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.2022 - Verg 18/22
1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der öffentliche Auftraggeber zur Auswertung der Angebote externer sachverständiger Hilfe bedient. Das gilt jedenfalls dann, wenn die technische Übereinstimmung der Angebote mit dem der Ausschreibung zu Grunde gelegten Leistungsverzeichnis neben einem erheblichen Arbeitsaufwand auch fachliches Spezialwissen erfordert, über das die Mitarbeiter behördlicher Vergabestellen nicht immer verfügen.
2. Der öffentliche Auftraggeber muss den sachverständigen Vorschlag aber überprüfen und die Vergabeentscheidung in eigener Verantwortung treffen. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass er sich die vorgeschlagene sachverständige Wertung zu eigen macht.
3. Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, in eine Preisprüfung einzutreten, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten aber auch aus Erfahrungswerten, insbesondere aus Erkenntnissen aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen oder aus einem Vergleich mit der eigenen Auftragswertschätzung des Auftraggebers ergeben.
4. Der öffentliche Auftraggeber hat dem betreffenden Bieter grundsätzlich die Möglichkeit zu geben, den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots zu entkräften oder beachtliche Gründe aufzuzeigen, dass sein Angebot annahmefähig ist. Dafür hat er an den Bieter eine eindeutig formulierte Anforderung zu richten, mit der er Erläuterungen zu den angebotenen Preisen verlangt und Gelegenheit gibt, die "Seriosität" des Angebots nachzuweisen.
5. Sofern der öffentliche Auftraggeber aufgrund anderweitiger gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot eines Bieters sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig, darf er auf eine Aufklärung durch den betroffenen Bieter verzichten.
6. Der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Vergabenachprüfungsverfahren eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion. Das Akteneinsichtsrecht besteht nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des Antragstellers erforderlich ist.
IBRRS 2024, 0584
EuGH, Beschluss vom 06.12.2023 - Rs. C-128/23
Hat ein nationales Gericht dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt und wird der Rechtsstreit in der Hauptsache gegenstandslos, weil die Klage vor dem vorlegenden Gericht zurückgenommen wurde, ist die Streichung der Rechtssache im Register des Gerichtshofs anzuordnen.
VolltextIBRRS 2024, 0568
EuGH, Urteil vom 30.01.2024 - Rs. C-471/22
1. Art. 98 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11.07.2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen der guten Verwaltung, der Achtung der Verteidigungsrechte und der Waffengleichheit ist dahin auszulegen, dass, wenn die Europäische Kommission mit einem auf der Grundlage von Art. 99 dieser Verordnung erlassenen Beschluss eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der Verordnung feststellt und infolgedessen eine finanzielle Berichtigung gegenüber einem Mitgliedstaat vornimmt, die zuständigen nationalen Behörden grundsätzlich die rechtsgrundlos erhaltenen Beträge wiedereinzuziehen haben, indem sie am Ende eines eigenen Verwaltungsverfahrens, in dem der Empfänger der Mittel sachdienlich und wirksam seine Stellungnahme abgeben konnte, eine finanzielle Berichtigung gegenüber diesem Empfänger vornehmen.*)
2. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein nationales Gericht an einen endgültigen Beschluss der Kommission, mit dem der Beitrag aus einem Fonds der Europäischen Union wegen einer Unregelmäßigkeit ganz oder teilweise gestrichen wird, gebunden ist, wenn es mit einer Klage gegen den nationalen Rechtsakt befasst ist, mit dem in Durchführung dieses Beschlusses eine finanzielle Berichtigung gegenüber dem Empfänger der Mittel vorgenommen wird, da es den Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Gültigkeit dieses Beschlusses ersuchen muss, wenn es Zweifel an dessen Gültigkeit hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 0565
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2023 - 1 VK 16/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 0563
VK Thüringen, Beschluss vom 19.01.2024 - 5090-250-4003/401
1. Zur Abgrenzung zwischen Rahmenvereinbarung über Dienstleistungen und Dienstleistungskonzession.
2. Die Bewertung, ob ein Konzessionär ganz oder zumindest teilweise das Betriebsrisiko übernimmt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände sind insbesondere die in Bezug auf den Vertragsgegenstand herrschenden Marktbedingungen und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen.
3. Der Schwellenwert ist keine absolute und objektiv messbare Größe, sondern ein Prognosewert. Ein öffentlicher Auftraggeber darf für die Berechnung keine Methode in der Absicht auswählen, die Anwendung des Vergaberechts zu umgehen.
4. Wird eine Dienstleistungskonzession auf unbegrenzte Zeit geschlossen, begründet dies einen Verstoß gegen die Einhaltung von Bestimmungen über das Konzessionsvergabeverfahren.
5. Der öffentliche Auftraggeber hat das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend zu dokumentieren, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Auch die Entscheidungen und Maßnahmen im Vorfeld des Verfahrens festzuhalten. Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Auftraggeber dafür entscheidet, kein förmliches Vergabeverfahren durchzuführen.
IBRRS 2024, 0525
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 30.11.2022 - 3 VK 10/22
1. Im Anwendungsbereich des § 124 Abs. 1 GWB kommt dem öffentlichen Auftraggeber ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über den Ausschluss bzw. Nichtausschluss eines Bieters zu.
2. Der öffentliche Auftraggeber ist in der Wahl seiner Überprüfungsmittel grundsätzlich frei und im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt.
VolltextIBRRS 2024, 0502
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 01.02.2023 - 3 VK 11/22
1. Eine Gesamtvergabe ist aus Gründen des Mittelstandsschutzes nur ausnahmsweise zulässig. Grundsätzlich muss ein Auftrag in Lose aufgeteilt werden.
2. Öffentliche Auftraggeber dürfen von der Aufteilung des Auftrags in Lose allein dann absehen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Solche liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das - nicht durch inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare - Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen.
3. Für eine Gesamtlosvergabe müssen Gründe vorliegen, die über solche Schwierigkeiten hinausgehen, die typischerweise mit jeder losweisen Ausschreibung verbunden sind. An sich plausible Gründe, wie etwa die Entlastung des Auftraggebers von der Koordinierung, der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben oder die einfachere Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen sind nicht geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen.
4. Eine Regelung in den Ausschreibungsunterlagen, wonach "die am Nachprüfungsverfahren beteiligten Bieter bis vier Wochen nach Rechtskraft des letztinstanzlichen Beschlusses an ihr Angebot gebunden sind, wenn sich die Zuschlagserteilung wegen eines Nachprüfungsverfahrens verzögert", ist vergaberechtlich zulässig.
VolltextIBRRS 2024, 0496
VK Bund, Beschluss vom 10.01.2024 - VK 2-96/23
1. Versetzt der Auftraggeber das Vergabeverfahrens in den Stand der Auftragsbekanntmachung zurück, um einen von ihm in der Auftragsbekanntmachung identifizierten Fehler zu korrigieren bzw. Maßgaben in den Vergabeunterlagen zu ändern, ist die Aufhebung rechtswidrig, wenn die hierfür angeführten Gründe vom Auftraggeber zu verantworten bzw. nicht erst nach Beginn des Vergabeverfahrens aufgetreten sind.
2. Eine rechtswidrige, aber wirksam erfolgte Aufhebung des Vergabeverfahrens kann einen Schadensersatzanspruch der Bieter für die erfolglos aufgewendeten Angebotserstellungskosten (sog. negatives Interesse) begründen.
3. Hebt der Auftraggeber nach der Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren auf, kann der antragstellende Bieter den Nachprüfungsantrag auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umstellen.
4. Das für den Fortsetzungsfeststellungsantrag erforderliche besondere Feststellungsinteresse liegt vor, wenn der antragsstellende Bieter schlüssig darlegt, dass er die Feststellung für die Durchsetzung eines ihm gegen den Auftraggeber dem Grunde nach zustehenden Schadenersatzanspruchs benötigt.
VolltextIBRRS 2024, 0487
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21.03.2023 - 3 VK 12/22
1. Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information geschlossen werden.
2. Auf den Tag des Zugangs der Vorabinformation beim betroffenen Bieter oder Bewerber kommt es für den Fristbeginn nicht an. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber.
3. Die Vorabinformation gilt als abgesendet, wenn sie den Herrschaftsbereich des öffentlichen Auftraggebers verlassen und er alles Erforderliche getan hat, damit die Information den Empfänger erreichen kann.
4. Eine Absendung liegt erst dann vor, wenn ohne weiteres Zutun des öffentlichen Auftraggebers unter normalen Umständen mit der Übermittlung der Information an den Adressaten innerhalb des für das verwendete Kommunikationsmittel üblichen Zeitraums zu rechnen ist. Wird die Information per Post versandt, ist die Übergabe an den Postdienstleister erforderlich.
IBRRS 2024, 0472
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20.03.2023 - 1 VK 3/22
1. Ein Nachprüfungsverfahren kann keinen Erfolg haben, wenn eindeutig feststeht, dass auch bei Vermeidung des Vergabefehlers der Bieter keinerlei Aussicht auf den Zuschlag hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Angebot des antragstellenden Bieters keine Berücksichtigung finden kann.
2. Bei der Beschaffung von Bauleistungen tritt die öffentliche Hand wie ein privater Auftraggeber als Nachfrager am Markt auf und schließt privatrechtliche Verträge auf der Grundlage des BGB ab. Die zivilrechtlichen Grundsätze über das Zustandekommen von Verträgen gelten daher auch in einem Vergabeverfahren.
3. Ein Bieter ist nicht dazu berechtigt, die in den Vergabeunterlagen vorgesehene Zuschlags- und Bindefrist einseitig abzuändern.
VolltextIBRRS 2024, 0454
VK Bund, Beschluss vom 10.11.2023 - VK 1-63/23
Nimmt ein Unternehmen nicht selbst als Bieter/Bewerber an einer öffentlichen Ausschreibung teil, sondern ist es an den Angeboten mehrerer Bieter als Nachunternehmer/Eignungsleiher beteiligt, liegt keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vor, auf die ein Ausschluss der betreffenden Bieter/Bewerber mangels Eignung gestützt werden kann.
IBRRS 2024, 0439
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.08.2023 - 15 Verg 5/23
1. Ein kommunales Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, die zu 100% im Eigentum einer Kommune steht, ist ein öffentlicher Auftraggeber.
2. Im Fall einer de-facto-Vergabe reicht zur Annahme der Antragsbefugnis die Darlegung aus, dass das antragstellende Unternehmen der jeweiligen gewerblichen Branche angehört und deshalb als generell darauf eingerichtet angesehen werden kann, den Auftrag auszuführen. Weitere Darlegungen, insbesondere die Vorlage eines (fiktiven) Angebots, sind nicht erforderlich.
IBRRS 2024, 0424
VG Ansbach, Urteil vom 05.04.2022 - 14 K 20.01132
Ein nicht zum Zug gekommener Bieter hat nach Abschluss des Vergabeverfahrens keinen Anspruch auf Einsicht in die sein Angebot betreffenden Abschnitte des Vergabevermerks.
VolltextOnline seit Januar
IBRRS 2024, 0420EuGH, Urteil vom 25.01.2024 - Rs. C-390/22
1. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes eine Ausgleichsleistung durch die zuständige Behörde im Rahmen der Erfüllung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nur gewährt werden kann, wenn die dieser Ausgleichsleistung entsprechenden Mittel im Haushaltsgesetz dieses Mitgliedstaats für das betreffende Jahr vorgesehen und an diese Behörde gezahlt worden sind.*)
2. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1370/2007 ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die es der zuständigen Behörde erlaubt, einem Betreiber eines öffentlichen Dienstes im Rahmen der Erfüllung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags eine Ausgleichsleistung zu zahlen, wenn die Parameter, anhand deren diese Ausgleichsleistung berechnet wird, nicht in diesem Vertrag festgelegt sind, sondern zuvor in objektiver und transparenter Weise in allgemeinen Vorschriften aufgestellt wurden, die die Höhe dieser Ausgleichsleistung festlegen.*)
VolltextIBRRS 2024, 0397
VK Rheinland, Beschluss vom 29.11.2023 - VK 30/23
1. Sämtliche Eignungskriterien sowie deren Nachweise müssen vom öffentlichen Auftraggeber im Vorfeld der Ausschreibung aufgestellt und in der Auftragsbekanntmachung angeführt werden. Der öffentliche Auftraggeber darf die Eignung der Bieter ausschließlich anhand dieser vorab festgelegten und veröffentlichten Eignungskriterien prüfen. Er kann auch Mindestanforderungen in Bezug auf die Eignung vorgeben, muss sie dann aus Gründen der Transparenz aber ebenfalls bekannt machen.*)
2. Der Auftraggeber darf von präqualifizierten Unternehmen im Umfang ihrer Präqualifizierung keine Einzelnachweise fordern, sondern muss diese als Nachweis der Eignung akzeptieren und sich inhaltlich mit den Präqualifikationsunterlagen auseinandersetzen. Allerdings ist ein Bieter nur insoweit präqualifiziert, als die für ihn hinterlegten Angaben mit den Referenzanforderungen des öffentlichen Auftraggebers übereinstimmen.*)
3. Im Rahmen seiner Eignungsentscheidung darf der öffentliche Auftraggeber die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Angaben nicht ohne Begründung in Zweifel ziehen.*)
4. Der Antragsteller eines Präqualifizierungsverfahrens muss sich in einer Eigenerklärung verpflichten, dem Auftraggeber jeglichen Nachunternehmereinsatz mitzuteilen und nur solche Nachunternehmer einzusetzen, die ihrerseits präqualifiziert sind oder per Einzelnachweis belegen konnten, dass alle Präqualifizierungskriterien erfüllt sind.*)
5. Es ist nicht zulässig, die Eignung zu verneinen, obwohl nur Zweifel an der Eignung bestehen und eine weitere Aufklärung durch den Auftraggeber möglich ist.*)
IBRRS 2024, 0301
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 06.03.2023 - 6 K 1849/20
1. Der Vergabe von (Bau-)Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte hat eine öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.
2. Bei der Freihändigen Vergabe erfolgt die Auftragsvergabe in einem vereinfachten Verfahren, dessen Gestaltung der Auftraggeber flexibel bestimmen kann. Gleichwohl gelten auch hier grundsätzlich die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung.
3. Die Freihändige Vergabe unterliegt nur geringen formalen Anforderungen. Die individuelle Gestaltung des Verfahrens kann den Umständen des Einzelfalls angepasst werden.
VolltextIBRRS 2024, 0298
VGH Hessen, Beschluss vom 29.11.2023 - 8 B 1502/23
Zum Anspruch eines Wettbewerbers gegen den (öffentlichen) Auftraggeber, ein bereits begonnenes Vergabeverfahren (hier: zur Vergabe von Betreiberleitungen) vorläufig zu unterlassen.
VolltextIBRRS 2024, 0275
VG Gießen, Beschluss vom 11.12.2023 - 4 K 1641/22
Für die Erfüllung des Widerrufstatbestands genügt ein objektiver Vergaberechtsverstoß. Wie ein festgestellter Verstoß zu bewerten ist, ist Bestandteil der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren behördlichen Ermessensentscheidung.*)
VolltextIBRRS 2024, 0245
OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2023 - 11 Verg 5/23
1. Stützt sich der Antragsteller - im Grundsatz zulässig - auf nur vermutete Tatsachen, muss er Anhaltspunkte vortragen, die diese Vermutungen soweit plausibilisieren, dass sie mehr sind als eine nur abstrakte Möglichkeit; der Vortrag darf nicht willkürlich "ins Blaue hinein" erfolgen.*)
2. Bei der Prüfung einer Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist darauf abzustellen, ob der Verstoß für einen durchschnittlichen Bieter in den Vergabeunterlagen erkennbar ist. Ein durchschnittlicher Bieter kennt die Grundstrukturen des Vergabeverfahrens und damit auch die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Eignungs- und Wertungskriterien. Er weiß, dass es kein Mehr oder Weniger an Eignung i.S.d. § 122 GWB gibt und Eignungs- und Wertungskriterien grundsätzlich zu trennen sind.*)
3. Die Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB greift ein, wenn ein durchschnittlicher Bieter im Rahmen seiner laienhaften rechtlichen Wertungsmöglichkeiten erkennen kann, dass es "so nicht geht". Er kann sich der Rügepräklusion nicht dadurch entziehen, dass er den Rechtsfehler im Nachprüfungsverfahren mit Unterstützung seines Rechtsanwalts einer klareren juristischen Zuordnung unterzieht.*)
4. Kann der Antragsteller erkennen, dass Eignungs- und Wertungskriterien hinsichtlich der Vorlage von Referenzen nicht getrennt, sondern vermengt worden sind und dass entweder eine Doppelverwertung vorliegt oder nicht erkennbar ist, was in welchem Kontext geprüft werden soll, ist eine Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB begründet.*)
IBRRS 2024, 0297
EuGH, Urteil vom 18.01.2024 - Rs. C-303/22
Art. 2 Abs. 3 und Art. 2a Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die dem Auftraggeber den Abschluss eines Vertrags über einen öffentlichen Auftrag nur bis zu dem Zeitpunkt untersagt, an dem eine Stelle in erster Instanz im Sinne dieses Art. 2 Abs. 3 über den Nachprüfungsantrag gegen die Entscheidung über die Vergabe dieses Auftrags entscheidet, nicht entgegenstehen, ohne dass es insoweit auf die Frage ankommt, ob diese Stelle ein Gericht ist oder nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 0248
VG Schwerin, Beschluss vom 11.12.2023 - 3 A 411/22
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist bei Konzessionen im Unterschwellenbereich eröffnet, soweit das Vertragsverhältnis öffentlich-rechtlich ist.*)
2. Die Auswahl eines Bewerbers für das Angebot einer mobilen Strandversorgung sowie die Erteilung der hierfür erforderlichen Sondernutzung aufgrund einer Gemeindesatzung stellen zwei unterschiedliche Entscheidungen dar, für die das Ermessen gesondert und unter Beachtung des jeweiligen Zwecks der Ermächtigungsgrundlage auszuüben ist.*)
IBRRS 2024, 0247
BGH, Urteil vom 05.12.2023 - KZR 101/20
1. Dem Betreiber eines Fernwärmenetzes kann nach Beendigung eines befristeten Gestattungsvertrags ein Anspruch auf Einräumung von Nutzungsrechten an den im Eigentum einer Gemeinde stehenden Wegegrundstücken nur zustehen, wenn die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sämtlichen Interessenten den Bau paralleler Netzinfrastrukturen erlauben.*)
2. Eine Gemeinde kann von dem bisherigen Betreiber eines Fernwärmenetzes weder Verschaffung des Eigentums an den in ihren Grundstücken verlegten Leitungen noch Beseitigung der dadurch verursachten Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen, wenn die Gemeinde ein bereits begonnenes Auswahlverfahren für den Weiterbetrieb dieses Netzes nur ausgesetzt, aber nicht beendet hat und der bisherige Netzbetreiber an diesem Verfahren beteiligt ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0242
OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2023 - 11 Verg 4/23
1. Fordert der öffentliche Auftraggeber im Rahmen einer Ausschreibung von Sicherheitsdienstleistungen bei den vorzulegenden Referenzen Angaben zum Umfang, die sich auf die erbrachten Gesamtjahresstunden und die eingesetzten Mitarbeiter beziehen, und führt das Verhältnis zwischen diesen beiden Parametern dazu, dass die Menge der Stunden nur durch einen weit über der zulässigen Arbeitszeit liegenden Leistungseinsatz der Mitarbeiter erbracht werden kann, weist die Referenz eine nicht nachvollziehbare Leistung aus und ist nicht wertbar.*)
2. Bei der Abfrage von Referenzen dürfen auch Angaben zum Leistungsort nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV abgefragt werden.*)
IBRRS 2024, 0217
VG Sigmaringen, Urteil vom 23.11.2023 - 14 K 1932/21
1. Ein Bescheid, durch den eine Zuwendung zu einer Maßnahme zur Erhaltung und Pflege eines Kulturdenkmals nach der baden-württembergischen VwV-Denkmalförderung vom 26.11.2012 wurde, ist rechtswidrig, sofern mit der Durchführung der Maßnahme vor Bewilligung der Zuwendung bzw. Erteilung einer sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung begonnen wurde. Die Maßnahme ist mit Abschluss entsprechender Lieferungs- oder Leistungsverträge begonnen.*)
2. Erhält die zuständige Behörde nach Abschluss der Maßnahme und Vorlage des Verwendungsnachweises und weiterer Unterlagen Kenntnis vom verfrühten und förderschädlichen Beginn der Durchführung der Maßnahme, ist sie grundsätzlich befugt, den rechtswidrigen Zuwendungsbescheid gem. § 48 VwVfG-BW zurückzunehmen.*)
3. Beruhte der Erlass des Zuwendungsbescheids auf der unrichtigen Angabe, die Maßnahme sei erst nach Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung begonnen worden, kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG-BW nicht berufen und das nach § 48 Abs. 1 VwVfG-BW bestehende Ermessen der Behörde ist gem. § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG-BW dahingehend intendiert, dass der Zuwendungsbescheid insgesamt und mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0212
EuGH, Urteil vom 21.12.2023 - Rs. C-421/22
Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates in der durch die Verordnung (EU) 2016/2338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2016 geänderten Fassung ist wie folgt auszulegen: Sie steht einer Ausgleichsregelung nicht entgegen, wonach die zuständigen nationalen Behörden im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags sowie nach einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahren nicht verpflichtet sind, einem Erbringer von Personenverkehrsdiensten, der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegt, eine vollständige Ausgleichsleistung zu gewähren, die mittels einer regelmäßigen Indexierung jede sich seiner Kontrolle entziehende Kostenerhöhung im Zusammenhang mit der Verwaltung und der Erbringung dieses Dienstes deckt.*)
VolltextIBRRS 2024, 0196
VK Niedersachsen, Beschluss vom 21.07.2023 - VgK-16/2023
1. Die Kostenschätzung ist mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten behaftet. Sie bildet eine Prognose, die dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer der Materie angemessenen und methodisch vertretbaren Weise erarbeitet wurde.
2. Methodisch setzt die Schätzung des Auftragswerts eine ernsthafte, realistische, vollständige und objektive Prognose voraus, die sich an den Marktgegebenheiten orientiert. Der Auftraggeber muss eine Methode wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzergebnis ernsthaft erwarten lässt, und der Schätzung zutreffende Daten zu Grunde legen.
3. Pflichtgemäß geschätzt ist ein Auftragswert, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen betriebswirtschaftlicher Finanzplanung bei der geplanten Beschaffung veranschlagen würde.
4. Die die Kostenschätzung zu Grunde liegenden Erwägungen sind im Vergabevermerk zu dokumentieren. Dabei ist es ausreichend, die wesentlichen Aspekte niederzulegen.
5. Eine unterlassene Dokumentation kann - sogar noch im Beschwerdeverfahren - durch die Übergabe von Unterlagen geheilt werden, aus denen sich die Kosten des Vorhabens ergeben.
6. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nichtoffene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit dürfen dem öffentlichen Auftraggeber nicht zuzurechnen sein.
IBRRS 2024, 0164
EuGH, Urteil vom 21.12.2023 - Rs. C-66/22
1. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Möglichkeit, ein Angebot eines Bieters wegen des Vorliegens starker Indizien für ein zur Verfälschung des Wettbewerbs geeignetes Verhalten dieses Bieters auszuschließen, auf das Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beschränkt, in dessen Rahmen ein solches Verhalten stattgefunden hat.*)
2. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die allein der nationalen Wettbewerbsbehörde die Befugnis überträgt, darüber zu entscheiden, ob Wirtschaftsteilnehmer wegen eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.*)
3. Art. 57 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2014/24 ist im Licht des allgemeinen Grundsatzes der guten Verwaltung dahin auszulegen, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Zuverlässigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers, die in Anwendung des in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausschlussgrundes getroffen wird, begründet werden muss.*)
VolltextIBRRS 2024, 0150
VK Bund, Beschluss vom 07.11.2023 - VK 2-80/23
1. Der öffentliche Auftraggeber darf ein Angebot zwar auch dann annehmen, wenn es nicht auskömmlich ist. Allerdings muss er in einem solchen Fall sein Ermessen grundsätzlich sorgfältig und umfassend ausüben, da nicht auskömmliche Angebote mit typischen Gefahren, z. B. einer zu erwartenden Schlechtleistung, behaftet sein können.
2. Im Bereich der Gebäudereinigung besteht ganz allgemein die Gefahr, dass die zu reinigende Fläche tatsächlich in kürzerer Zeit bearbeitet wird, als der jeweilige Bieter dies mit dem "Leistungsansatz qm je Stunde" in seinem Angebot vorgesehen hat.
3. Legt der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen fest, dass "Angebote, die als nicht auskömmlich erachtet werden, zwingend von einer Vergabe auszuschließen sind," ist ein unauskömmliches Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen, ohne dass es auf weitere Ermessenserwägungen ankommt.
IBRRS 2024, 0134
VK Westfalen, Beschluss vom 21.12.2023 - VK 1-37/23
1. Ergibt die Prüfung auf Vollständigkeit, dass Unterlagen fehlen oder unvollständig sind, können diese bis zum Ablauf einer vom Auftraggeber zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden.
2. Im Anwendungsbereich der VgV besteht keine Verpflichtung zur Nachforderung. Die Nachforderung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers. Pflichtgemäßes Ermessen verlangt aber im Regelfall die Nachforderung. Das Absehen von einer Nachforderung stellt die Ausnahme dar.
3. Im Nachforderungsschreiben ist eindeutig und genau anzugeben, welche Unterlagen in welcher Frist nachzureichen sind.
4. Es ist vergaberechtswidrig, wenn sich der Auftraggeber für die Nachforderung fehlender bzw. unvollständiger leistungsbezogener Unterlagen entscheidet, dann aber nur einzelne Unterlagen nachfordert und den betreffenden Bieter in der Folge wegen fehlender Unterlagen ausschließt.
5. Der Bieter darf aufgrund einer konkreten Nachforderung davon ausgehen, dass seine bereits eingereichten Unterlagen ansonsten vollständig sind.
IBRRS 2024, 0133
VK Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2023 - VgK-29/2023
1. Die Angebote müssen die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Angebote, die die geforderten Unterlagen nicht enthalten, sind auszuschließen, wenn der öffentliche Auftraggeber festgelegt hat, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
2. Unterlagen sind alle in der danach zu erstellenden gesonderten Liste aufgeführten Nachweise und Erklärungen. Der Begriff der Unterlagen ist dabei denkbar weit zu verstehen. Darunter fallen insbesondere Hersteller-, Typ- und Produktangaben sowie Produktdatenblätter und auch Erläuterungen zu den einzelnen Preisen und Mengenansätzen. Auch das Formblatt 225a fällt ohne Weiteres darunter.
3. Gefordert ist eine Unterlage erst, wenn der Auftraggeber die Vorlage unmissverständlich verlangt hat. Es bedarf einer eindeutigen Anforderung in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht, sodass die Bieter den Vergabeunterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen und Nachweise nicht als gefordert angesehen werden und dass Fehler nicht zum Ausschluss führen.
4. Auch wenn ein Formblatt nicht an zentraler Stelle benannt wird, kann die Vorlage mit dem Angebot aus der Sicht eines fachkundigen Bieters gleichwohl wirksam gefordert werden.
VolltextIBRRS 2024, 0122
OLG Schleswig, Beschluss vom 05.12.2023 - 54 Verg 8/23
1. Ein Bauauftrag ist ein Vertrag über die Ausführung oder gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauleistungen oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Bauleistung und Bauwerk sind Synonyme.
2. Umfasst ein Auftrag Leistungen, die zu verschiedenen Auftragsarten gehören, richtet sich die maßgebliche Auftragsart nach dem Hauptgegenstand des Vertrags. Dabei ist auf die wesentlichen, vorrangigen Verpflichtungen abzustellen, die den Auftrag prägen.
3. Ein Auftrag über die Beschaffung der Sensorik und einer Datenplattform zur Lenkung von Besucherströmen und Pendelverkehren ist kein Bau-, sondern ein Dienstleistungsauftrag, auch wenn Masten zu errichten sind, um daran Sensoren zu befestigen.
4. Das Vergabeverfahren ist zu dokumentieren. Bei Wertungsentscheidungen hat der öffentliche Auftraggeber darzulegen, nach welchen konkreten Gesichtspunkten die Bewertung erfolgt ist. Aus der Dokumentation muss sich zudem ergeben, wer die Bewertung durchgeführt hat.
IBRRS 2024, 0120
VK Lüneburg, Beschluss vom 14.11.2023 - VgK-31/2023
1. Die Antragstellerin ist mit weiten Teilen ihres Vortrags ausgeschlossen, weil sie Rügen zu den erkennbaren angeblichen Fehlern der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen nicht bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist erhoben hat. Der Begriff der Erkennbarkeit ist weiter als der Begriff der Erkenntnis. Die Antragstellerin hat erstmals nach Erhalt der Bieterinformation eine Rüge erhoben. Damit stehen ihr nur noch Rügen zur Wertung und deren Ergebnis offen, ergänzt um die Informationen, die sie erst während des Nachprüfungsverfahrens erhält, z. B. im Rahmen der Akteneinsicht. Die Vergabekammer folgt damit auch dem Beschluss der VK Baden-Württemberg (IBR 2021, 645 = VPR 2021, 174), die den Antragsteller verpflichtet, im Nachprüfungsverfahren konstruktiv zu den eigenen Angebotschancen vorzutragen. Demnach entfällt die Antragsbefugnis, wenn eine Antragstellerin nicht vorträgt, wie sie ihr Angebot anders strukturiert hätte, wenn sie die Gewichtung der Unterkriterien gekannt hätte. Es fehlt dem Angebot ersichtlich an einer Chancenverschlechterung, so dass sie sich nicht mit Erfolg auf einen Vergabeverstoß berufen kann. Diese Sichtweise schützt die Rügepräklusion in § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 GWB gegen Versuche, sie mit dem Argument der fehlenden Erkennbarkeit zu unterlaufen.*)
2. Für die Antragstellerin war bereits in der Angebotsphase objektiv erkennbar, dass die Wertung des Konzeptes mit den Abstufungen 400, 200, 100 Punkte gerade bei der wettbewerblich relevanten Wertung guter Angebote steil abfällt. Der Antragsgegner hat eine bei linearer Staffelung zu erwartende Kategorie von 300 Punkten wegfallen lassen. Der Antragstellerin musste angesichts der Gewichtung mit 40 % daher bei angemessener Sorgfalt in der Angebotserstellung bewusst sein, dass ein Angebot, das von der Mehrheit der Bewerter hier nur die zweitbeste Note erhält, geringe Chancen auf den Zuschlag hätte. Diese Gestaltung wäre bei einer Preiswertung unzulässig, weil die Wertung nicht der Steigerung der Wirtschaftlichkeit folgt. Ob eine Abweichung von der linear gestaffelten Wertung bei der Qualitätswertung zulässig sein kann, ist wegen der Präklusion hier allerdings nicht zu entscheiden.*)
3. Der Antragsgegner hat mit seinen Ausführungen zu den Inhalten des geforderten Konzepts trotz erheblicher Nähe zu den Inhalten des § 58 Abs. 2 VgV keine Unterkriterien festgelegt, weil die Liste der Inhalte nicht abschließend ist. Das OLG Celle (IBR 2021, 202 = VPR 2021, 59) hat dem öffentlichen Auftraggeber mit dem gesetzlich nicht normierten Tatbestand einer abschließenden Auflistung Spielraum eingeräumt.*)
VolltextIBRRS 2024, 0076
VK Niedersachsen, Beschluss vom 18.08.2023 - VgK-23/2023
1. In der Leistungsbeschreibung darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt oder der Auftragsgegenstand kann nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden.
2. Eine produktspezifische Ausschreibung ist nur dann vergaberechtskonform, wenn vom Auftraggeber nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden - daher festzustellen und notfalls erwiesen sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
3. Dem öffentlichen Auftraggeber steht bei der Einschätzung, ob die Vorgabe eines bestimmten Herstellers gerechtfertigt ist, ein durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung muss allerdings "lediglich" nachvollziehbar begründet und dokumentiert - mithin plausibel - sein.
IBRRS 2024, 0069
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2022 - Verg 15/22
1. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters durch den öffentlichen Auftraggeber kann nicht schematisch, sondern stets nur auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden.
2. Im Rahmen der Abwägung ist insbesondere in Betracht zu ziehen, ob sich das Nachprüfungsverfahren hauptsächlich auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazu gehörenden Vergaberegeln konzentriert. Ist das der Fall, besteht im Allgemeinen keine Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt einzuschalten. In seinem originären Aufgabenkreis muss sich der öffentliche Auftraggeber selbst die notwendigen Sach- und Rechtskenntnisse verschaffen.
3. Hinsichtlich des Zeitpunkts für die Beurteilung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist auf die die Aufwendungen verursachende Handlung abzustellen. Erweist sich die Hinzuziehung anwaltlicher Verfahrensbevollmächtigter jedoch aufgrund nachträglicher, sich aus dem gegnerischen Vorbringen ergebender Erschwernisse erst zu einem späteren Zeitpunkt als notwendig, kann die Hinzuziehung ab diesem Zeitpunkt für notwendig erklärt werden, und zwar unabhängig davon, ob die anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten bereits beauftragt waren.
VolltextIBRRS 2024, 0066
VK Lüneburg, Beschluss vom 21.08.2023 - VgK-18/2023
1. Der öffentliche Auftraggeber muss die Angebote auf Vollständigkeit und fachliche Richtigkeit zu prüfen. Die fachliche Richtigkeitsprüfung der Angebote bezieht sich auf den fachlichen Inhalt der von den Bietern eingereichten Unterlagen und umfasst regelmäßig die Prüfung, ob die angebotene Leistung den Anforderungen der Ausschreibung, insbesondere der Leistungsbeschreibung und den technischen Spezifikationen entspricht.
2. Der Auftraggeber darf sich grundsätzlich auf die Leistungsversprechen der Bieter verlassen und muss nicht überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen auch einhalten werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn konkrete Tatsachen das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen.
VolltextIBRRS 2024, 0001
VK Niedersachsen, Beschluss vom 22.08.2023 - VgK-22/2023
1. Der antragstellende Bieter muss für die Antragsbefugnis einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegen, also diejenigen Umstände aufzeigen, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt.
2. An die Antragsbefugnis sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn der Bieter schlüssig einen durch die behauptete Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können.
3. In einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb haben die Mitbewerber keinen Anspruch auf Mitteilung des Preises des Zuschlagsprätendenten.
Online seit 2023
IBRRS 2023, 3592OLG Rostock, Beschluss vom 01.02.2023 - 17 Verg 3/22
1. Die einseitige Vorgabe der Vergabestelle, bei Nichtverwendung eines in den Vergabeunterlagen enthaltenen Formblatts gelte ein Angebot "als nicht abgegeben", steht der Einordnung als rechtsverbindliches Angebot nicht entgegen.*)
2. Die Nichtverwendung eines von der Vergabestelle vorgegebenen Formblatts führt auch nicht ohne Weiteres zur Formnichtigkeit des Angebots.*)
3. Der Ausschluss eines Angebots nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV wegen Nichtwahrung einseitiger Formvorgaben bezieht sich nur auf Vorgaben im Rahmen des § 53 VgV.*)
4. Der Ausschluss wegen Unvollständigkeit kommt nicht in Betracht, solange nicht über die Nachforderung entschieden ist. Die Vorgabe "mit dem Angebot einzureichen" begründet nicht ohne Weiteres eine Selbstbindung nach § 56 Abs. 2 VgV (Festhaltung Senat, Beschluss vom 06.02.2019 - 17 Verg 6/18, IBRRS 2020, 1165 = VPRRS 2020, 0144).*)
IBRRS 2023, 3591
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.10.2023 - Verg 18/23
1. Hat sich der zunächst statthafte Nachprüfungsantrag erledigt, kann der Antragsteller feststellen lassen, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat, wenn er ein besonderes Feststellungsinteresse an der Entscheidung hat.
2. Ein besonderes Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Das besondere Feststellungsinteresse kann gegeben sein, wenn der Antrag der Vorbereitung einer Schadensersatzforderung dient, eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr besteht oder die Feststellung zur Rehabilitierung des Bieters erforderlich ist, weil der angegriffenen Entscheidung ein diskriminierender Charakter zukommt.
VolltextIBRRS 2023, 3593
OLG Rostock, Beschluss vom 14.12.2022 - 17 Verg 3/22
1. Im Rahmen der Abwägung nach § 173 Abs. 2 GWB haben die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde entscheidendes Gewicht.*)
2. Der durch ein Vergabenachprüfungs- und anschließendes Beschwerdeverfahren üblicherweise eintretende Zeitverlust rechtfertigt regelmäßig kein besonderes Eilbedürfnis für den Abschluss der Beschaffung.*)
VolltextIBRRS 2023, 3577
VK Lüneburg, Beschluss vom 28.09.2023 - VgK-26/2023
1. Die Eignungskriterien und -nachweise sind in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen. Maßgeblich für die Eignungsprüfung sind allein die in der Auftragsbekanntmachung festgelegten Eignungskriterien und die dort für ihren Beleg geforderten Nachweise.
2. Stellt der öffentliche Auftraggeber Fehler in den Vergabeunterlagen fest, die er den Bietern übersandt hat, muss er Fehler mit möglichen Auswirkungen auf das Angebot korrigieren, indem er den Bietern eine aktuelle Dateifassung übermittelt und gegebenenfalls die Angebotsabgabefrist neu setzt.
3. Der öffentliche Auftraggeber darf von dem einmal festgelegten Prüfablauf nicht zu Gunsten eines einzelnen Bieters abweichen, etwa indem er eine längere Nachfrist setzt.
IBRRS 2023, 3560
BayObLG, Beschluss vom 06.12.2023 - Verg 7/23
1. Eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation ist unzumutbar, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß hinausgehen, das Bietern typischerweise obliegt, wobei eine die Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigende Abwägung der Interessen der Bieter und des öffentlichen Auftraggebers erforderlich ist. Vertragsbestimmungen, die jeweils für sich genommen eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht unzumutbar machen, können eben diese Wirkung in ihrer Kombination haben (hier bejaht bei der Vorgabe absehbar nicht marktgerechter Maximalstundensätze für den auf Stundenhonorarbasis zu vergütenden Teil des Auftrags bei gleichzeitig mehrjähriger Vertragslaufzeit).*)
2. Eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation kann nicht nur dann als unzumutbar zu werten sein, wenn sich die Gestaltung der Vergabeunterlagen auf die kalkulatorischen Herausforderungen der Bieter ungleich auswirkt; einen Vergaberechtsverstoß stellt es vielmehr auch dar, wenn die Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers bewirken, dass für alle potentiellen Bieter eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unzumutbar ist.*)
3. Die Vergabe von Tragwerksplanungsleistungen muss nicht zwingend die Leistungsphase 1 umfassen. Hat die Vergabestelle von einer Ausschreibung der Leistungsphase 1 abgesehen, so ist der bezuschlagte Tragwerksplaner auch dann nicht zur kostenlosen Erbringung von Leistungen der Leistungsphase 1 verpflichtet, wenn notwendige Vorleistungen für die Ausführung der beauftragten Leistungen der Leistungsphase 2 fehlen.*)
IBRRS 2023, 3542
OLG Rostock, Beschluss vom 21.11.2023 - 17 Verg 3/23
1. Beabsichtigt die öffentliche Hand im Zusammenhang mit einer - per se nicht dem Vergaberecht unterliegenden - Verpachtung eines Grundstücks zugleich die Beschaffung von Leistungen, kann das Kartellvergaberecht allenfalls dann Anwendung finden, wenn der Wert dieser Leistungen den Schwellenwert übersteigt.*)
2. Ist der Vergaberechtsweg nicht eröffnet, kann der Vergabesenat das Verfahren entsprechend § 17a GVG in den zuständigen Rechtsweg verweisen, wenn der Antragsteller sein Rechtschutzziel in diesem Rechtsweg weiterverfolgen will und kann (Anschluss an BGH, Beschluss vom 10.12.2019 - XIII ZB 119/19, VPR 2020, 73 = IBRRS 2020, 0495; Beschluss vom 23.01.2012 - X ZB 5/11, VPRRS 2012, 0076 = IBR 2012, 216).*)
3. Die Abgrenzung zwischen Verwaltungs- und Zivilrechtsweg erfolgt nach der Form des staatlichen Handelns. Grundrechtsbindungen, die die öffentliche Hand in besonderer Weise treffen, führen nicht zur Einordnung als Verwaltungsstreit (Anschluss BVerwG, Beschluss vom 02.05.2007 - 6 B 10/07, VPRRS 2007, 0193 = IBR 2007, 385).*)
4. Im Fall der Verweisung kommt eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB nicht in Betracht.*)
IBRRS 2023, 3536
EuGH, Urteil vom 05.12.2023 - Rs. C-683/21
1. Art. 4 Nr. 7 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung, die ein Unternehmen mit der Entwicklung einer mobilen IT-Anwendung beauftragt und in diesem Zusammenhang an der Entscheidung über die Zwecke und Mittel der über die Anwendung vorgenommenen Verarbeitung personenbezogener Daten mitgewirkt hat, als Verantwortlicher im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, auch wenn sie selbst keine personenbezogene Daten betreffenden Verarbeitungsvorgänge durchgeführt, keine ausdrückliche Einwilligung zur Durchführung der konkreten Verarbeitungsvorgänge oder zur Bereitstellung dieser mobilen Anwendung für die Öffentlichkeit gegeben und die mobile Anwendung nicht erworben hat, es sei denn, sie hat, bevor die Anwendung der Öffentlichkeit bereitgestellt wurde, dieser Bereitstellung und der sich daraus ergebenden Verarbeitung personenbezogener Daten ausdrücklich widersprochen.*)
2. Art. 4 Nr. 7 und Art. 26 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass die Einstufung von zwei Einrichtungen als gemeinsam Verantwortliche nicht voraussetzt, dass zwischen diesen Einrichtungen eine Vereinbarung über die Festlegung der Zwecke und Mittel der fraglichen Verarbeitung personenbezogener Daten oder eine Vereinbarung besteht, in der die Bedingungen der gemeinsamen Verantwortlichkeit für die Verarbeitung festgelegt sind.*)
3. Art. 4 Nr. 2 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass die Verwendung personenbezogener Daten für IT-Tests im Zusammenhang mit einer mobilen Anwendung eine "Verarbeitung" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, es sei denn, diese Daten wurden in einer Weise anonymisiert, dass die Person, auf die sich die Daten beziehen, nicht oder nicht mehr identifiziert werden kann, oder es handelt sich um fiktive Daten, die sich nicht auf eine existierende natürliche Person beziehen.*)
4. Art. 83 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass zum einen eine Geldbuße gemäß dieser Bestimmung nur dann verhängt werden kann, wenn feststeht, dass der Verantwortliche vorsätzlich oder fahrlässig einen Verstoß im Sinne der Abs. 4 bis 6 dieses Artikels begangen hat, und zum anderen eine solche Geldbuße gegen einen Verantwortlichen für personenbezogene Daten betreffende Verarbeitungsvorgänge, die von einem Auftragsverarbeiter in seinem Namen durchgeführt wurden, verhängt werden kann, es sei denn, der Auftragsverarbeiter hat im Rahmen dieser Verarbeitungsvorgänge Verarbeitungen für eigene Zwecke vorgenommen oder diese Daten auf eine Weise verarbeitet, die nicht mit dem Rahmen oder den Modalitäten der Verarbeitung, wie sie vom Verantwortlichen festgelegt wurden, vereinbar ist, oder auf eine Weise, bei der vernünftigerweise nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Verantwortliche ihr zugestimmt hätte.*)
VolltextIBRRS 2023, 3504
VK Südbayern, Beschluss vom 19.10.2023 - 3194.Z3-3_01-23-20
1. Eine Rügepräklusion hinsichtlich der Wahl der falschen Verfahrensart kommt nicht in Betracht, wenn in den Vergabeunterlagen zwar Informationen zur Verfahrenswahl enthalten sind, diese jedoch nicht geeignet sind, der Antragstellerin eine in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausreichende Grundlage zu vermitteln, einen Vergaberechtsverstoß betreffend die Wahl der Verfahrensart zu rügen. Um einschätzen zu können, ob der öffentliche Auftraggeber die richtige Verfahrensart gewählt hat, ob insbesondere eine Dienstleistungskonzession in Abgrenzung zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages vorliegt, bedarf es weitergehender Informationen, als dass gegebenenfalls Zuschusszahlungen notwendig werden, sowie der Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen, die den Auftraggeber zu seiner Entscheidung für einen Dienstleistungsauftrag bewogen haben. Fehlen diese, kommt eine Rügepräklusion nicht in Betracht.*)
2. Es bedarf vor Ausschreibung eines Vergabeverfahrens einer klaren Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers und entsprechenden Ausgestaltung der Vergabeunterlagen auf der Grundlage eines Dienstleistungsauftrages oder einer Dienstleistungskonzession.*)
3. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit kann eine Überprüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebotes auch im Rahmen einer Vergabe einer Dienstleistungskonzession gebieten, da auch hier die Gefahr einer letztlich unwirtschaftlichen Beschaffung für den öffentlichen Auftraggeber besteht. Auch bei einer Dienstleistungskonzession kann bei ungewöhnlich niedrigen Angeboten die Gefahr bestehen, dass der Konzessionsnehmer zu den von ihm angebotenen Konditionen die Leistung nur unzureichend erbringt oder zusätzliche Leistungen des Konzessionsgebers fordert.*)
4. Der in § 12 Abs. 1 KonzVgV enthaltene Grundsatz der freien Verfahrensgestaltung räumt dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit ein, sich ein Recht zur Prüfung der Auskömmlichkeit in entsprechender Anwendung der Regelungen des § 60 VgV in den Vergabeunterlagen vorzubehalten, von dem er dann nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen kann.*)
IBRRS 2023, 3496
VK Bund, Beschluss vom 14.09.2023 - VK 1-61/23
1. Der öffentliche Auftraggeber verlangt vom Bieter Aufklärung, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen.
2. Eine Preisprüfung ist regelmäßig bei Bestehen eines Preisunterschieds von 20% zum nächsthöheren Angebot durchzuführen. Das Erreichen der Aufgreifschwelle löst eine Pflicht zur Aufklärung der Preise aus.