Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
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IBRRS 2018, 1084
VK Nordbayern, Beschluss vom 15.02.2018 - RMF-SG21-3194-3-1
1. Der Auftraggeber muss die Eignungskriterien und die geforderten Nachweise den potentiellen Bietern im Voraus bekannt geben. Bekannt geben heißt, die einzelnen Eignungskriterien und die Mittel zu deren Nachweis ausdrücklich zu bezeichnen. Das Mitteilungsmedium ist in der Regel die Auftragsbekanntmachung. Es genügt nicht, in der Bekanntmachung auf ein später in den Vergabeunterlagen zu findendes Formblatt hinzuweisen.*)
2. Ausreichend ist es hierbei, wenn sich in einem online zugänglichen Bekanntmachungstext ein Link befindet, über den man ohne weiteres das Formblatt mit den geforderten Eignungskriterien und Nachweisen öffnen und ausdrucken kann. Nicht ausreichend ist es, wenn in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen verwiesen wird, die unmittelbar online zugänglich sind.*)
3. Sind Eignungskriterien nicht entsprechend in der Bekanntmachung festgelegt worden, scheidet ein Ausschluss eines Angebots aufgrund fehlender Nachweise über die Referenzen aus, weil die Referenzen nicht wirksam gefordert worden sind.*)

IBRRS 2018, 4251

VK Bund, Beschluss vom 13.02.2018 - VK 2-5/18
1. Die Vorschrift des § 127 Abs. 1b SGB V, wonach der Preis nicht das alleinige Zuschlagskriterium sein darf, ist bieterschützend i.S.v. § 97 Abs. 6 GWB.
2. Die Benennung des Preises als alleiniges Zuschlagskriterium widerspricht den Maßgaben des § 127 Abs. 1b SGB V nicht, wenn der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung in angemessenem Umfang qualitative Kriterien berücksichtigt hat.
3. Die Anforderung an die anzubietende telefonische Service- und Beratungshotline, dass diese "an Werktagen in der Zeit von 8.00 Uhr und 18.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen mind. in der Zeit von 13.00 - 16.00 Uhr, erreichbar sein muss", ist nicht vergaberechtswidrig.

IBRRS 2018, 1080

VK Westfalen, Beschluss vom 20.12.2017 - VK 1-41/17
1. Das Angebot des Bieters ist eine Willenserklärung, die rechtsgültig und wirksam sein muss. Dies gilt auch dann, wenn eine Vergabestelle ausdrücklich eine "rechtsverbindliche Unterzeichnung" fordert.
2. Wird das Angebot von einem Vertreter unterzeichnet, muss dieser ungefragt keine Vollmacht zur Dokumentation der Vertretungsbefugnis vorlegen.
3. Eine Berechnungs- und Bewertungsmethodik ist vergaberechtskonform, wenn es in den Vergabeunterlagen heißt "bei allen preislichen Bewertungen gilt folgende Berechnung" und spätestens ein anschließendes Berechnungsbeispiel eindeutig erkennen lässt, wie die Wertung der Gesamtnettoangebotspreise in Punkte erfolgt.

IBRRS 2018, 1079

VK Westfalen, Beschluss vom 20.12.2017 - VK 1-32/17
1. Das Angebot des Bieters ist eine Willenserklärung, die rechtsgültig und wirksam sein muss. Dies gilt auch dann, wenn eine Vergabestelle ausdrücklich eine "rechtsverbindliche Unterzeichnung" fordert.
2. Wird das Angebot von einem Vertreter unterzeichnet, muss dieser ungefragt keine Vollmacht zur Dokumentation der Vertretungsbefugnis vorlegen.
3. Eine Berechnungs- und Bewertungsmethodik ist vergaberechtskonform, wenn es in den Vergabeunterlagen heißt „bei allen preislichen Bewertungen gilt folgende Berechnung“ und spätestens ein anschließendes Berechnungsbeispiel eindeutig erkennen lässt, wie die Wertung der Gesamtnettoangebotspreise in Punkte erfolgt.
IBRRS 2018, 1057

VK Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2017 - VK 7/17
1. Geben die Teilnahmebedingungen - ohne zwischen präqualifizierten und nicht präqualifizierten Unternehmen zu differenzieren - als Mindestanforderung vor, dass zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit, der Nachweis von "Referenzobjekten in vergleichbarem Rohbauzustand (Bauweise)" zu erbringen ist, liegt ein erkennbarer Verstoß gegen die Vorschrift zur Nachweisführung präqualifizierter Unternehmen vor.
2. Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn er sich auf einen Verstoß gegen Vergabevorschriften bezieht, der aufgrund der Bekanntmachung bereits erkennbar war und nicht bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt wurde.
IBRRS 2018, 1055

VK Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2017 - VK 10/17
1. Angebote, die bei Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegen haben, sind auszuschließen. Ausgenommen von der zwingenden Ausschlussregelung ist ein Angebot nur, wenn es nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist dem öffentlichen Auftraggeber zugegangen war, aber aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen hat.
2. Gestatten die Vergabeunterlagen ausdrücklich die Versendung der Angebote per Post, sind neben der Hausanschrift alle für die Post üblichen Zugangsorte im Machtbereich der Vergabestelle - also auch Postfächer - zulässige Eingangsorte.
3. Der Bieter trägt das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen Angebotseingangs. Kann nicht festgestellt werden, ob das Angebot fristgerecht ins Postfach eingelegt wurde, geht dies zu Lasten des Bieters.

IBRRS 2018, 1047

VK Bund, Beschluss vom 29.01.2018 - VK 2-160/17
1. In der Leistungsbeschreibung darf grundsätzlich nicht auf unternehmensspezifische Produkte Bezug genommen werden. Solche Verweise sind ausnahmsweise nur dann zulässig, wenn der Auftragsgegenstand anderenfalls nicht hinreichend genau und allgemein beschrieben werden kann.
2. Können die zu beschaffenden Waren/Güter (hier: Schreibtische) hinsichtlich der benötigten Dekor-Typen aufgrund vielfältiger farblicher Nuancierungen nicht allein durch die Bezugnahme auf die Dekor-Typen wie „Kirschbaum“ oder „Ahorn“ hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden, ist es zulässig, Referenzdekore bestimmter Holzwerkstoffhersteller zu benennen, an denen sich die von den Bietern anzubietenden Dekore orientieren können.

IBRRS 2018, 1044

VK Nordbayern, Beschluss vom 26.01.2018 - RMF-SG21-3194-2-15
1. Unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen gem. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV liegen immer dann vor, wenn das Angebot von den in diesen Unterlagen genannten Vorgaben abweicht, also immer dann, wenn ein Bieter etwas anderes anbietet als vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragt, so dass sich Angebot und Nachfrage nicht decken. Um festzustellen, ob ein Bieter die Vergabeunterlagen unzulässig geändert hat, ist also sein Angebot mit den in den Vergabeunterlagen genannten Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers an die zu erbringende Leistung zu vergleichen.*)
2. Die Vergabeunterlagen sind hinsichtlich des wirklichen und erkennbaren Willens des öffentlichen Auftraggebers aus der objektiven Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen.*)
3. Die Vergabeunterlagen bestehen aus allen Angaben, die erforderlich sind, um dem Bewerber oder Bieter eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Hierunter fallen auch Antworten auf Bieteranfragen.

IBRRS 2018, 1034

BFH, Urteil vom 06.12.2017 - II R 26/15
Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderliche Vereinbarung, dass der Grundbesitz (Grundstück im zivilrechtlichen Sinn, Erbbaurecht) am Ende des Vertragszeitraums einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf den Nutzer (juristische Person des öffentlichen Rechts) übertragen wird, kann nicht durch ein bloßes Optionsrecht des Nutzers auf Übertragung des Grundbesitzes am Ende dieses Zeitraums ersetzt werden.*)

VPRRS 2018, 0356

SG Saarbrücken, Beschluss vom 11.12.2017 - S 1 KR 41/17
1. Vergaberechtliche Streitigkeiten im Rahmen des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V sind von der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ausgenommen (§ 51 Abs. 3 SGG).*)
2. Eine Verweisung des Rechtsstreits an die Vergabekammer scheidet aus, da § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG nur eine Verweisung an Gerichte vorsieht.*)

IBRRS 2018, 1045

OLG Koblenz, Beschluss vom 14.03.2018 - Verg 4/17
1. In Rheinland-Pfalz fällt das arbeitsteilige Zusammenwirken eines Landkreises und einer kreisangehörigen Stadt bei der Abfallentsorgung im Stadtgebiet nicht unter § 108 Abs. 6 GWB, weil nach § 3 Abs. 1 LKrWG allein der Landkreis für die Abfallentsorgung auch im Stadtgebiet zuständig ist und es deshalb an "von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen" fehlt.*)
2. Einem Antragsteller fehlt die Antragsbefugnis, wenn er keine Chance hat, den Auftrag zu erhalten, der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist.*)
3. Allein die Erklärung eines Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren, er werde im Falle eines Unterliegens sein Beschaffungsvorhaben aufgeben, führt nicht dazu, dass dem Antragsteller die Antragsbefugnis abzusprechen ist.*)
4. Die Antragsbefugnis fehlt aber ausnahmsweise, wenn
- der Antragsteller eine von einem entsorgungspflichtigen Landkreis und einer kreisangehörigen Stadt als vergaberechtsfreie Kooperation i.S.d. § 108 Abs. 6 GWB angesehene Zusammenarbeit bei der Abfallentsorgung als (drohende) vergabe-rechtswidrige Direktvergabe beanstandet;
- die Rekommunalisierung der Abfallentsorgung durch den Landkreis beschlossene Sache ist und die Beschlusslage lediglich die Einbindung einer kreisangehörigen Stadt als (vermeidliche) vergaberechtsfreie innerstaatliche Aufgabenerfüllung zulässt, nicht aber die Beauftragung eines privaten Entsorgungsunternehmens;
- die Kreisverwaltung dementsprechend angekündigt hat, sie werde für den Fall, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt als vergaberechtswidrig beurteilt werde, die Beschlusslage durch vollständige Eigenleistung umsetzten, keinesfalls aber die Teilleistung, die die Stadt erbringen sollte, zum Gegenstand eines förmlichen Vergabeverfahrens machen.*)
IBRRS 2018, 1017

VK Brandenburg, Beschluss vom 08.09.2017 - VK 6/17
1. Der Feststellungsantrag gemäß § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein besonderes Feststellungsinteresse voraus.
2. Ein besonderes Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Das Feststellungsinteresse ist in jedem Fall zu begründen.

IBRRS 2018, 1022

VK Thüringen, Beschluss vom 15.01.2018 - 250-4003-9213/2017-E-022-EF
1. Nicht nur Angebote, die aufgrund späterer Änderungen durch einen Bieter zweifelhaft oder sonst widersprüchlich werden, werden von der Wertung ausgeschlossen, sondern auch solche, die von vorneherein widersprüchlich waren.
2. Die in den Vergabeordnungen enthaltenen Regelungen zu den einzelnen Ausschlussgründen sind abschließend und dürfen nicht erweiternd ausgelegt werden.
3. Die Kalkulation ist Sache des Bieters. Der öffentliche Auftraggeber kann seine eigenen (betriebswirtschaftlichen) Kalkulationsüberlegungen deshalb nicht an die Stelle des Bieters setzen.
4. Versucht ein Bieter durch Abgabe nicht vollständig kostendeckender Preise beim Auftraggeber "Fuß zu fassen", unterliegt die Preisgestaltung keinen vergaberechtlichen Bedenken, sofern der Bieter ausreichend Gewähr für eine ordnungsgemäße Auftragsausführung bietet.
IBRRS 2018, 0977

VK Nordbayern, Beschluss vom 23.01.2018 - RMF-SG21-3194-2-19
1. Nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegen den Auftraggeber gerügt werden. Ein Verstoß gegen das vergaberechtliche Gebot der produktneutralen Ausschreibung wird als erkennbar angesehen.*)
2. Nach § 134 Abs. 1 GWB hat der öffentliche Auftraggeber u.a. die Gründe für die Nichtberücksichtigung anzugeben. Hinter dem Erfordernis, die Gründe der Nichtberücksichtigung anzugeben, steht der Zweck, dem Bieter die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzverfahrens zu ermöglichen. Dabei sollen die Anforderungen an die Begründung aber nicht überspannt werden. Der Auftraggeber darf sich kurz fassen. Der unterlegene Bieter muss eine auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung für die Nichtberücksichtigung seines Angebots erhalten.*)
3. Als sog. "Kann-Vorschrift" listet § 124 GWB fakultative Ausschlussgründe auf. Das Beurteilungsermessen des öffentlichen Auftraggebers erstreckt sich nicht nur auf die Frage des Vorliegens des Ausschlussgrunds, sondern der Auftraggeber hat auch einen Ermessensspielraum, ob er von der Möglichkeit des Ausschlusses bei nachweislichem Vorliegen des Ausschlussgrunds auch tatsächlich Gebrauch machen will.*)

IBRRS 2018, 0969

VK Bund, Beschluss vom 14.02.2018 - VK 2-2/18
Das früher in der VOL/A bestehende Verbot einer Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse auf den Bieter/Auftragnehmer ist mit der Vergaberechtsreform des Jahres 2009 weggefallen und hat auch keine Renaissance in der Vergaberechtsreform 2016 erfahren. Die Vergabenachprüfungsinstanzen können daher lediglich unzumutbare Anforderungen an die Angebotserstellung, insbesondere der Kalkulation des Angebotspreises in den Vergabeunterlagen, prüfen und ggf. beanstanden.

IBRRS 2018, 0894

OLG Celle, Urteil vom 18.01.2018 - 11 U 121/17
1. Ein Bieter kann wegen eines Vergaberechtsverstoßes keinen Schadensersatz vor den Zivilgerichten geltend machen, wenn er zuvor keinen vergaberechtlichen Primärrechtsschutz in Anspruch genommen hat.
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt.
3. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist. Die Absicht der dreimaligen Verwendung ist auch dann belegt, wenn der Verwender die Klausel dreimal mit demselben Vertragspartner vereinbart.

VK Bund, Beschluss vom 29.01.2018 - VK 2-138/17
1. Die bundesweite Zustellung der Briefsendungen aus Sonderaktionen und die regionale Zustellung von Tagespost sind unterschiedliche Fachlose.
2. Eine unterlassene Fachlosbildung lässt sich nicht allein mit dem Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers rechtfertigen.
3. Lizensierte Briefdienstleister (§ 5 PostG) sind unabhängig von weiterer Tätigkeit für den Absender geeignet, auch Sendungen mit sensiblen Inhalten zu befördern.

IBRRS 2018, 0473

VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.12.2017 - VK 1-24/17
1. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben" ist der im Gesellschaftsvertrag verankerte Zweck der Gesellschaft maßgebend.
2. Soziale Wohnraumförderung und Wohnraumbewirtschaftung dienen ebenso wie die Verwaltung kommunalen Immobilienvermögens dem Allgemeininteresse.
IBRRS 2018, 0952

VK Lüneburg, Beschluss vom 06.02.2018 - VgK-42/2017
1. § 135 Abs. 1 GWB fordert für den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des erteilten Auftrags keine Rüge. Sie ist daher selbst dann nicht erforderlich, wenn der Antragsteller an dem Vergabeverfahren, in dem gegen § 134 GWB verstoßen worden war, teilgenommen hat. Dadurch gelangt der an der rechtswidrigen Vergabe teilnehmende Bieter in die ansonsten nicht vorgesehene Position, Rügen zurückhalten und abhängig von der Entscheidung der Vergabestelle einsetzen zu können. Dennoch ist dies hinzunehmen. Die Verpflichtung zur Rüge ist die auf Treu und Glauben gegründete Gegenleistung des Bieters dafür, dass sich der Auftraggeber an die gesetzlichen Vorgaben hält, insbesondere die Vergabebekanntmachung nach § 35 SektVO und Einhaltung der Informations- und Wartepflicht. Erfüllt der öffentliche Auftraggeber seine Verpflichtung nicht, so wird der Bieter im Gegenzug von der Rügeverpflichtung befreit. Das ist der Grund für die Regelung des § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB.*)
2. Wenn ein Auftraggeber einen laufenden Vertrag mit einer Frist von einem Jahr kündigt, um in dieser Zeit zu entscheiden, ob er die Aufgabe selbst wahrnimmt, oder über einen Dienstleistungsauftrag beschafft, kann er sich drei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist nicht auf Eilbedürftigkeit gem. § 13 Abs. 2 Nr. 4 SektVO berufen. Es fällt in seine Risikosphäre, dass er die Entscheidung zwischen den Varianten nicht frühzeitig traf und die Kündigungsfrist nicht zur Vorbereitung der Vergabe nutzte.*)
3. Der öffentliche Auftraggeber ist gem. § 134 GWB verpflichtet, die unterlegenen Bieter über die Gründe der Nichtberücksichtigung zu informieren (Informationspflicht) und den Vertrag frühestens 10 bzw. 15 Kalendertage nach Absendung der Information zu schließen (Wartepflicht). Nach § 134 Abs. 3 Satz 1 GWB entfällt die Informationspflicht nur, wenn das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist (Verweis auf § 13 Abs. 2 Nr. 4 SektVO/§ 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV). Erforderlich für die Heilung ist die objektive Dringlichkeit gemäß dieser Tatbestände, also einschließlich der nicht Zurechenbarkeit des Grundes der Dringlichkeit.*)
4. Vergibt der Auftraggeber zur Sicherung der Grundversorgung einen Auftrag ohne nicht zurechenbare Dringlichkeit, so hat er die Informations- und Wartepflicht einzuhalten.*)
5. Der öffentliche Auftraggeber ist gem. § 97 GWB in Verbindung mit § 35 SektVO verpflichtet, auch Interimsvergaben europaweit bekanntzumachen, wenn der maßgebliche Schwellenwert überschritten ist. Versäumt er dies rechtsirrig, so bietet § 135 Abs. 3 GWB die Möglichkeit der Heilung durch eine verfahrensbegleitende Bekanntmachung.*)
6. § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB berechtigt die Vergabekammer zur Kostenentscheidung nach billigem Ermessen. Das erlaubt es, auch dem in der Sache obsiegenden Antragsteller die Kosten aufzuerlegen, wenn dessen Verhalten vergaberechtlich zu missbilligen ist.*)
IBRRS 2018, 0959

VK Westfalen, Beschluss vom 25.01.2018 - VK 1-43/17
Wird ein Gesamtauftrag vergeben, der sich aus einem Bauauftrag und einer Konzession zusammensetzt, sind die Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen anzuwenden, wenn der Bauauftrag im Verhältnis zur Konzessionsvergabe den geltenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet.

IBRRS 2018, 0905

VK Westfalen, Beschluss vom 01.02.2018 - VK 1-39/17
1. Die Bewertung der Angebote kann auch im laufenden Nachprüfungsverfahren vom öffentlichen Auftraggeber noch nachgeholt und zugleich zur Überprüfung gestellt werden.*)
2. Die Heilung von Dokumentationsmängeln im laufenden Nachprüfungsverfahren ist nur möglich, soweit keine Manipulationsgefahr feststellbar ist.*)
3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens geht dann zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers.*)

IBRRS 2018, 0904

VK Westfalen, Beschluss vom 23.01.2018 - VK 1-29/17
1. Bei der Vergabe von Planungsleistungen, bei der es wesentlich auch auf die Qualifikation des Planungsteams ankommt, ist gegen unternehmensbezogene Zuschlagskriterien nichts einzuwenden.
2. Die Anforderungen an die Dokumentation des Bewertungsvorgangs dürfen nicht übertrieben werden. Es ist völlig ausreichend, Tabellen zu verwenden, Stichpunkte oder knappe Formulierungen zu verwenden. Entscheidend ist, dass sich daraus plausibel ergibt, warum der Auftraggeber zu einer bestimmten Punktzahl gekommen ist.
IBRRS 2018, 0903

VK Westfalen, Beschluss vom 30.01.2018 - VK 1-42/17
Die Einbeziehung von Personen, die sowohl beim Antragsteller als auch bei der Beigeladenen tätig waren, verstößt nur dann gegen den Geheimwettbewerb, wenn der konkrete Wettbewerb in Bezug auf den ausgeschriebenen Auftrag betroffen ist. Nicht ausreichend ist, wenn ehemalige Mitarbeiter ihr beim vorherigen Arbeitgeber gewonnenes Wissen "mitnehmen".*)

IBRRS 2018, 0895

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2017 - Verg 21/17
Ein Nachprüfungsverfahren muss grundsätzlich darauf zielen, als Bieter berücksichtigt zu werden. Die Verhinderung einer Vergabe an den Bieter selbst ist deshalb - in aller Regel - kein zulässiges Ziel eines Nachprüfungsverfahrens.
IBRRS 2018, 0886

EuGH, Urteil vom 20.12.2017 - Rs. C-178/16
Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, insbesondere ihr Art. 45 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c, d und g, sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die es dem öffentlichen Auftraggeber gestattet,
- eine - sogar noch nicht rechtskräftige - strafrechtliche Verurteilung eines Verwaltungsratsmitglieds eines Bieterunternehmens wegen eines Delikts, das die berufliche Zuverlässigkeit des Unternehmens in Frage stellt, unter den von ihm festgelegten Voraussetzungen zu berücksichtigen, wenn das Verwaltungsratsmitglied im Jahr vor der Ausschreibungsbekanntmachung aus dem Amt ausgeschieden ist, und
- das Unternehmen von der Teilnahme an dem fraglichen Vergabeverfahren mit der Begründung auszuschließen, dass es sich dadurch, dass es die noch nicht rechtskräftige Verurteilung nicht mitgeteilt hat, nicht vollständig und tatsächlich von den Taten des Verwaltungsratsmitglieds distanziert hat.*)
IBRRS 2018, 0718

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2017 - Verg 19/17
1. Vergabeunterlagen müssen klar und verständlich sein. Das gilt nicht nur für die Leistungsbeschreibung, sondern auch für alle anderen Teile der Vergabeunterlagen.
2. Eindeutig und unmissverständlich sind Vergabeunterlagen, wenn sie von den durchschnittlichen Bietern oder Bewerbern des angesprochenen Bieter- bzw. Bewerberkreises einheitlich verstanden werden können. "Intensive Auslegungsbemühungen" stehen dem nicht entgegen.
3. Nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen erst, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann.
IBRRS 2018, 0708

VK Bund, Beschluss vom 30.10.2017 - VK 2-120/17
1. Vergabeunterlagen sind widersprüchlich formuliert, wenn sie einerseits ausdrücklich einen "automatischen" Ausschluss bei Nichtvorlage des Angebotsmusters enthalten, aber andererseits darauf hinweisen, dass musterbedingte Abweichungen nur bei Kennzeichnung zulässig sind.
2. Das vom Bieter eingereichte Angebotsmuster ist vollumfänglich und nicht nur rudimentär fiktiv zu prüfen und zu bewerten. Dies gilt selbst dann, wenn bereits eine "Vollständigkeitsprüfung" erfolgte und einzelne Punkte bemängelt wurden.

IBRRS 2018, 0703

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.08.2015 - 23 U 13/13
1. Wird ein Ingenieur auf der Grundlage einzelner Verträge mit der Erbringung einzelner Leistungsphasen beauftragt, beginnt die Verjährung von Mängelansprüchen mit der Abnahme der jeweiligen Leistungsphase.
2. Ingenieurleistungen können ausdrücklich oder konkludent abgenommen werden. Von einer konkludenten Abnahme ist auszugehen, wenn der Auftraggeber nach Abschluss einer Leistungsstufe die Schlussrechnung des Ingenieurs bezahlt hat und eine weitere Prüfungsfrist von sechs Monaten abgelaufen ist.
3. Wird eine Baumaßnahme mit öffentlichen Geldern gefördert und hat der Auftraggeber nach den Bestimmungen des Zuwendungsbescheids das Vergaberecht zu beachten, haftet der bauleitende Ingenieur auf Schadensersatz, wenn auf seine Empfehlung hin Nachtragsleistungen freihändig vergeben wurden und der Auftraggeber deshalb die ihm gewährten Zuschüsse zurückerstatten muss.
4. Der mit Leistungen der Leistungsphase 8 beauftragte Ingenieur ist verpflichtet, die Bauarbeiten zu koordinieren, um zu erreichen, dass das Bauwerk wie geplant durchgeführt wird. Dazu gehört, dass er einen Terminplan aufzustellen, fortzuschreiben und zu überwachen sowie den Bauablauf durch Führen eines Bautagebuchs zu dokumentieren hat.
5. Wird der bauüberwachende Ingenieur vom Auftraggeber auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen, weil der Auftraggeber Schadensersatz/Entschädigung wegen Bauablaufstörungen an die ausführenden Unternehmer leisten musste, muss der Ingenieur darlegen und beweisen, dass die Behinderungen nicht auf mangelhafter Koordinierung oder verspätet bereitgestellten bzw. unzureichenden Ausführungsplänen, sondern auf anderen Ursachen beruht.
6. Der Ingenieur hat im Rahmen der Bauaufsicht ein Bautagebuch zu führen. Das Bautagebuch hat den Zweck, das Baugeschehen mit allen wesentlichen Einzelheiten zuverlässig und beweiskräftig festzuhalten.
IBRRS 2018, 0727

VK Bund, Beschluss vom 12.01.2018 - VK 2-148/17
1. Erscheint ein Angebot bezogen auf den Gesamt- oder Endpreis ungewöhnlich niedrig, hat der Auftraggeber vor Ablehnung des Angebots vom jeweiligen Bieter in Textform Aufklärung über die Ermittlung der Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen zu verlangen. Auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden.
2. Für die Frage, ob ein Angebotspreis eine Aufklärungspflicht auslöst, ist zunächst auf den Vergleich der Endpreise der abgegebenen Angebote abzustellen. In einem weiteren Schritt kommt es sodann darauf an, ob dem Auftraggeber der Preisabstand unangemessen niedrig "erscheinen" muss.
3. Ein Preisabstand von mindestens 20% indiziert ein unangemessen niedriges Erscheinen und löst dann auch erst eine entsprechende Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers aus.
IBRRS 2018, 0711

VK Nordbayern, Beschluss vom 09.01.2018 - RMF-SG21-3194-02-17
1. Es ist vergaberechtlich unerheblich, wenn die Vergabestelle die Angebote schon vor dem in der Bekanntmachung genannten Termin geöffnet hat, wenn die Vergabestelle die Angebote zumindest nicht vor dem Schlusstermin zur Abgabe der Angebote geöffnet hat. Dann liegt kein Verstoß gegen §§ 54, 55 VgV i.V.m. § 22 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2014/24/EU vor.*)
2. Die Vergabestelle ist nicht an die Eigenerklärung eines Bieters gebunden, wenn sie auf Grund besonderer Umstände und eigener Erkenntnisse den Erklärungsinhalt der Eigenerklärung für unzutreffend erachtet. Soweit die Vergabestelle Auftraggeber der vorgelegten Referenz ist und den Inhalt der Eigenerklärung bzgl. der eingereichten Referenz für unzutreffend erachtet, ist die Vergabestelle berechtigt, ihre Erkenntnisse zu berücksichtigen. Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens prüft die Vergabekammer, ob die Erwägungen der Vergabestelle diskriminierend oder inhaltlich unzutreffend sind.*)

IBRRS 2018, 0709

VK Hessen, Beschluss vom 18.12.2017 - 69d-VK-2-38/2017
1. Eine Referenzleistung ist mit der ausgeschriebenen Leistung "vergleichbar", wenn die durchgeführten Leistungen einen etwa gleich großen oder größeren Umfang haben.
2. Kann der Auftraggeber vorgelegte Referenzen nicht überprüfen, so kann er von einem nicht erbrachten Nachweis der Eignung ausgehen.
IBRRS 2018, 0710

EuGH, Urteil vom 20.12.2017 - Rs. C-677/15 P
1. Eine unzureichende Begründung oder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler in Bezug auf ein Zuschlagskriterium rechtfertigen nicht die Nichtigerklärung einer Vergabeentscheidung, wenn diese andere Gesichtspunkte enthält, die für sich genommen genügen, um sie rechtlich zu begründen.
2. Die Begründung der Vergabeentscheidung braucht nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte zu umfassen.
3. Die Frage, ob die Begründung den gesetzlichen Erfordernissen genügt, ist nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

IBRRS 2018, 0640

VK Thüringen, Beschluss vom 17.10.2017 - 250-4003-6233/2017-E-012-SM
Es entspricht in aller Regel der Billigkeit, dem Antragsteller, der seinen Nachprüfungsantrag zurückgenommen hat, die Kosten des Verfahrens und die zur Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle aufzuerlegen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Antragsteller keine Gründe für seine Antragsrücknahme benennt.

IBRRS 2017, 0923

EuG, Urteil vom 26.01.2017 - Rs. T-700/14
1. Ob ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, ist im Verhältnis zu den Einzelposten des Angebots und zur betreffenden Leistung zu beurteilen.
2. Bestehen Zweifel an der Seriosität eines Angebots und der Verlässlichkeit des Bieters, ist der Auftraggeber dazu verpflichtet, gegebenenfalls vor der Ablehnung des Angebots die ihm gebotene erscheinende Aufklärung über dessen Einzelposten zu verlangen.
3. Ein Preisunterschied von 11% zwischen dem Angebot des erfolgreichen Bieters und dem auf Platz 2 liegenden Angebots ist für sich allein genommen kein Gesichtspunkt, der die Verlässlichkeit des Angebots des erfolgreichen Bieters in Frage stellt.
4. Ergibt sich aus dem Vergleich der relevanten Angebote kein solcher Preisabstand, der als unangemessen niedrig "erscheint", können sich Zweifel an der Verlässlichkeit des zu bezuschlagenden Angebots und damit Anhaltspunkte für Wettbewerbsverzerrungen ggf. auch aus anderen Gesichtspunkten ableiten lassen.
IBRRS 2018, 0426

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.11.2017 - Verg 16/17
1. Ein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz liegt nur vor, wenn die Vorgaben und Formulierungen in den Vergabeunterlagen (hier: für Westen zum Schutz von Polizeibeamten) auch nach erfolgter Auslegung mehrdeutig sind.
2. In einem Fragebogen zur Kurzerprobung vorgegebene Antwortmöglichkeiten ergeben aus Sicht eines objektiven Beurteilers keinen Widerspruch zwischen Mindestanforderungen und Wertungskriterien, wenn eindeutig erkennbar ist, dass nur die die Mindestanforderung erfüllenden Westen auf ihre Einsatztauglichkeit in verschiedenen Situationen geprüft werden sollen.
3. Ein Wertungssystem zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ist nicht vergabefehlerhaft, wenn qualitative Aspekte (hier: Tragekomfort und Materialverschleiß) berücksichtigt werden und durch eine dabei zu erreichende Mindestpunktzahl sichergestellt wird, dass das Preiskriterium nicht über- oder unterbewertet wird.
IBRRS 2018, 0625

VK Thüringen, Beschluss vom 08.11.2017 - 250-4003-8841/2017-N-004-SOK
1. Auch bei einer Vergabe nach VOL/A ist ein Angebot nur dann zuschlagsfähig, wenn es eindeutig und widerspruchsfrei ist.
2. Erklärt ein Bieter einerseits, keine Nachunternehmer zu haben, listet er aber andererseits Sammelentsorgungsnachweise von Fremdunternehmen auf, ist sein Angebot widersprüchlich und zwingend auszuschließen.
IBRRS 2018, 0626

VK Berlin, Beschluss vom 16.05.2017 - VK B 1-08/17
1. Beruht die Geltendmachung verschiedener vermeintlicher Vergabeverstöße ausschließlich auf spekulativem Vortrag, ohne dass konkrete Fakten zum Beweis angeboten werden, handelt es sich um einen Antrag ins Blaue hinein, für den eine Antragsbefugnis fehlt.
2. Ein Nachprüfungsantrag genügt nicht den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag, wenn die Beweisangebote nur auf die Vergabebedingungen als solche oder auf allgemeine bzw. verallgemeinerte Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen - teilweise ohne erkennbaren Zusammenhang - verweisen, welche als solche keine Belege liefern.

IBRRS 2018, 0648

VK Bund, Beschluss vom 17.01.2018 - VK 2-154/17
Hat der Auftraggeber in der Aufforderung zur Abgabe des Angebots angegeben, dass Angebote nur schriftlich abgegeben werden können und die Möglichkeit der Abgabe in Textform mit elektronischen Mitteln oder in elektronischer Form nicht zugelassen, muss das Angebot eigenhändig unterschrieben werden. Eine Kopie bzw. eine nur kopierte/eingescannte Unterschrift genügt diesem Erfordernis nicht.
IBRRS 2018, 0474

OLG Hamburg, Beschluss vom 01.11.2017 - 1 Verg 2/17
1. Bei der Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank handelt es sich um einen ordnungsrechtlichen Verwaltungsakt.
2. Für eine solche Glücksspiel-Erlaubnis ist ein besonderes Verfahren zur "Vergabe" vorgesehen. Bei diesem Verfahren handelt es sich nicht um ein Verfahren nach dem Vergaberecht im technischen Sinne, sondern um besondere Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts.
3. Wenn ein Vorgang seiner Art nach - hier als Glücksspiel - unter die Bestimmungen des Vergaberechts fällt, sind diese auch dann anzuwenden, wenn andere Vorschriften vorsehen, dass für den Vorgang besondere Vorschriften des Verwaltungsrechts gelten; diese Bestimmungen sind dann nebeneinander anzuwenden.

IBRRS 2018, 0630

VK Bund, Beschluss vom 20.12.2017 - VK 2-142/17
1. Regelt die Ausschreibung, dass zur Kommunikation im Vergabeverfahren ausschließlich die eVergabe-Plattform zu nutzen ist, kann der Auftraggeber nicht eigenmächtig den Kommunikationsweg wechseln.
2. Ein Bieter eröffnet keinen Kommunikationsweg im Vergabeverfahren per Fax, wenn er selbst nirgends eine Faxnummer angibt.
3. Besorgt der Auftraggeber sich selbst über Umwege im Internet die Faxnummer eines Bieters, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Bieter das Fax zugeht.
IBRRS 2018, 0498

VK Bund, Beschluss vom 22.11.2017 - VK 1-129/17
1. Ein besonderes Interesse am Erhalt des Auftrags kann ein Unterkostenangebot rechtfertigen. Ein solches Interesse kann darin liegen, dass ein Bieter wegen der Aufhebung einer vergleichbaren Ausschreibung ohnehin bereitstehende und nicht anderweitig nutzbare Kapazitäten auslasten will.
2. Hat ein Auftraggeber nach der Prüfung eines ungewöhnlich niedrigen Angebots Zweifel an der Eignung des betreffenden Bieters, muss er die Eignungsprüfung insoweit wieder aufgreifen.
IBRRS 2018, 0490

VK Bund, Beschluss vom 22.12.2017 - VK 2-140/17
1. Angebote, bei denen Änderungen oder Ergänzungen des Bieters an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden sind, sind im Anwendungsbereich der VSVgV von der Wertung auszuschließen.
2. Um den Ausschluss von Angeboten auf den Tatbestand einer Änderung oder Ergänzung an den Vergabeunterlagen zu stützen, müssen vom öffentlichen Auftraggeber die erforderlichen Tatsachen abschließend ausermittelt worden sein.

IBRRS 2018, 0425

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2018 - Verg 39/17
1. Hinreichende Anhaltspunkte für eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung liegen nur vor, wenn aufgrund objektiver Tatsachen die Überzeugung gewonnen werden kann, dass ein Verstoß gegen § 1 GWB / Art. 101 AEUV mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt. Die Tatsachen beziehungsweise Anhaltspunkte müssen so konkret und aussagekräftig sein, dass die Verwirklichung eines Kartellverstoßes zwar noch nicht feststeht, jedoch hierüber nahezu Gewissheit besteht.
2. Die Bildung einer Bietergemeinschaft bezweckt oder bewirkt keine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs.

VK Bund, Beschluss vom 29.12.2017 - VK 2-146/17
1. Wer neue Bücher gewerbs- oder geschäftsmäßig an Letztabnehmer verkauft, muss den vom Verleger/Importeur festgesetzten Preis einhalten (§ 5 BuchPrG).
2. Das Buchpreisbindungsgesetz reguliert den Preiswettbewerb bei Büchern, will aber nicht den Wettbewerb im Übrigen ausschließen, selbst wenn durch zusätzlich zur Lieferung erbrachte Leistungen Kosten beim Buchhändler entstehen (hier: Erstellen und Pflegen eines Online-Portals).
3. Die Angebotsangabe von Null-Euro-Preisen für die Datenbankpflege führt nicht zu einer Umgehung des Buchpreisbindungsgesetzes.

IBRRS 2018, 0424

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.09.2017 - 3 VK LSA 72/17
1. Weicht ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber gemäß § 14 Abs. 2 LVG-SA die Kalkulation des Angebots zu überprüfen.*)
2. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine zwingende Dringlichkeit für eine freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 4 lit. g VOL/A 2009 oder für ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung gemäß § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A 2009 im Bereich der Daseinsvorsorge selbst dann gerechtfertigt ist, wenn die Gründe für die zwingende Dringlichkeit in der Sphäre des Auftraggebers begründet liegen.*)

IBRRS 2018, 0423

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.09.2017 - 3 VK LSA 71/17
1. Weicht ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber gemäß § 14 Abs. 2 LVG-SA die Kalkulation des Angebots zu überprüfen.*)
2. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine zwingende Dringlichkeit für eine freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 4 lit. g VOL/A 2009 oder für ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung gemäß § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A 2009 im Bereich der Daseinsvorsorge selbst dann gerechtfertigt ist, wenn die Gründe für die zwingende Dringlichkeit in der Sphäre des Auftraggebers begründet liegen.*)

IBRRS 2018, 0401

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.09.2017 - 3 VK LSA 70/17
1. Weicht ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächst höheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber gem. § 14 Abs. 2 LVG-SA die Kalkulation des Angebots zu überprüfen.*)
2. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine zwingende Dringlichkeit für eine freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 4 g VOL/A 2009 oder für ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung gemäß § 3 EG Abs. 4 d VOL/A 2009 im Bereich der Daseinsvorsorge selbst dann gerechtfertigt ist, wenn die Gründe für die zwingende Dringlichkeit in der Sphäre des Auftraggebers begründet liegen.*)
IBRRS 2018, 0370

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.09.2017 - 3 VK LSA 67/17
1. Ein Bieter ist nicht berechtigt, die in den Vergabeunterlagen vorgesehene Zuschlags- und Bindefrist einseitig abzuändern. Der aus einer entsprechenden Verletzung resultierende Ausschluss ist zwingend. Die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung erfordern Angebote, die in jeder Hinsicht vergleichbar sind.*)
2. Auf ein Angebot darf der Zuschlag nicht erteilt werden, wenn es den Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht in allen Punkten entspricht, denn es fehlt an den für einen Vertragsabschluss erforderlichen sich deckenden und sich entsprechenden Willenserklärungen.*)

IBRRS 2018, 0325

VK Südbayern, Beschluss vom 02.01.2018 - Z3-3-3194-1-47-08/17
1. Der Auftraggeber hat gem. § 41 Abs. 1 VgV in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen uneingeschränkt und vollständig abgerufen werden können. Das gilt auch für zweistufige Vergabeverfahren (OLG München, Beschluss vom 13.03.2017 - Verg 15/16, IBRRS 2017, 1097 = VPRRS 2017, 0104).*)
2. Die Öffnung der Angebote muss nach § 55 Abs. 2 VgV von mindestens zwei Vertretern des öffentlichen Auftraggebers durchgeführt werden. Dies ist zu dokumentieren. Die Öffnung darf nicht ausschließlich von Mitarbeitern eines beauftragten Büros durchgeführt werden. Sie ist ebenso wie die Wertung ureigene Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers.*)
3. Zuschlagskriterien müssen gem. § 127 Abs. 3 GWB entweder einen Bezug zur zu vergebenden Leistung haben, was bei der Darstellung von Vorgehensweisen anhand von Referenzprojekten problematisch ist oder gem. § 58 Abs. 2 Nr. 2 VgV Organisation, Qualifikation und Erfahrung des konkret für die Auftragsausführung eingesetzten Personals bewerten.*)
4. Werden bei der Vergabe freiberuflicher Dienstleistungen die Inhalte einer Präsentation und das Auftreten der Bieter im Präsentationstermin bewertet, ohne dass die Möglichkeit besteht, aufgrund der Ergebnisse des Präsentationstermins die Angebote zu überarbeiten, spricht viel dafür, dass bei einem solchen Vorgehen ein Vorbehalt gem. § 17 Abs. 11 VgV in die Bekanntmachung aufgenommen werden muss.*)
IBRRS 2018, 0327

VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.08.2017 - 3 VK LSA 63/17
1. Der öffentliche Auftraggeber hat in transparenten Verfahren gemäß § 7 Abs. 1 LVG-SA i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr.1 VOB/A 2016 bei der Vergabe von Bauleistungen nur Bieter zu berücksichtigen, die die erforderliche Eignung hinsichtlich Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen.*)
2. Die Eignung eines Bieters kann nur im Rahmen einer Prognoseentscheidung beurteilt werden, für die der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, der von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüft werden kann. Hierbei folgt bereits aus dem Charakter der Prognose, dass die Umstände, die auf eine fehlende persönliche und fachliche Eignung schließen lassen, nicht mit dem für prozessuale Tatsachenfeststellungen geltenden Maß an Gewissheit (§ 286 ZPO) feststehen müssen.*)
