Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
10925 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2017, 3500
VK Bund, Beschluss vom 18.09.2017 - VK 2-86/17
1. Auch im Anwendungsbereich der SektVO darf von zwingenden Vorgaben des Auftraggebers nicht abgewichen werden.
2. Sowohl ein Abweichen von den Vergabeunterlagen als auch deren unzulässige Ergänzung stellt einen zwingenden Ausschlussgrund dar. Deshalb ist das Angebot eines Bieters, der ein inhaltliches Konzept eingereicht hat, das nicht gefordert war und das damit nach den Vorgaben der Vergabeunterlagen ausdrücklich nicht zugelassen war, zwingend auszuschließen.
3. Der Auftraggeber kann erneut in die Eignungsprüfung einzutreten, wenn er erst später feststellt, dass er die Eignung trotz Kenntnis aller Tatsachen falsch beurteilt hat.
IBRRS 2017, 3509

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.07.2017 - Verg 11/17
1. Bei der Vergabe von Abschleppleistungen muss ein Bieter zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die entsprechende Anzahl an Abschleppfahrzeugen noch nicht vorhalten. Es handelt sich um technische Ausrüstung, die kurzfristig am Markt beschafft werden kann. Nötigenfalls muss der Auftraggeber hierfür durch die Gestaltung der Vertragsvorlaufzeit Gelegenheit geben (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014 - Verg 46/13, VPRRS 2014, 0447).
2. Wird mit Angebotsabgabe eine Eigenerklärung über das Vorhandensein einer geeigneten Verwahrungsfläche für Fahrzeuge verlangt, kann diese zulässigerweise lediglich als Verpflichtungserklärung verstanden werden.

IBRRS 2017, 3482

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2017 - Verg 2/17
1. Enthält die Ausschreibung keine dem Wettbewerb unterstellten Planungsleistungen, ist sie an den Anforderungen einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis zu messen.
2. Das in Art. 10 § 3 MRVG geregelte Kopplungsverbot ist keine Vergabevorschrift, die im Vergabenachprüfungsverfahren zu überprüfen ist.
3. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und nicht unverzüglich gerügt hat. Unverzüglich bedeutet "ohne schuldhaftes Zögern".
4. Zur Abklärung, ob eine Rüge - und damit nachfolgend ein Nachprüfungsantrag - eingereicht werden soll, der Rat eines Anwalts eingeholt werden darf bzw. ist dem Bieter eine Überlegungsfrist zuzubilligen. Die zeitliche Obergrenze ist mit zwei Wochen anzusetzen.

IBRRS 2017, 3461

VK Südbayern, Beschluss vom 04.09.2017 - Z3-3-3194-1-31-06/17
1. Ein privater Träger von Einrichtungen für soziale Leistungen, der verschiedene im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art wie z. B. den Betrieb von Förderschulen, Förderstätten, heilpädagogischen Tagesstätten und Wohnheimen erfüllt und aufgrund dieser Aufgaben unterschiedlichen staatlichen Aufsichtsbefugnissen etwa nach dem PfleWoqG, dem BayEUG oder dem SGB VIII unterliegt, kann gem. § 99 Nr. 2 b GWB auch dann öffentlicher Auftraggeber sein, wenn er nicht als überwiegend öffentlich finanziert i.S.d. § 99 Nr. 2 a GWB gilt.*)
2. Für die Frage der Erfüllung des Kriteriums der Aufsicht über die Leitung i.S.v. § 99 Nr. 2 b GWB ist für alle Aufsichtsbefugnisse zu klären, ob diese es staatlichen Stellen potentiell ermöglichen würden, die Entscheidungen des Auftraggebers auch in Bezug auf öffentliche Aufträge zu beeinflussen.*)
3. Hat der Auftraggeber vorab in den Vergabeunterlagen festgelegt, welche Mindestanforderungen er an die Inhalte der abgefragten Konzepte für eine bestimmte Bewertung stellt, darf er hiervon nachträglich nicht mehr abweichen. Insbesondere darf er ein Angebot, das nicht einmal die Mindestanforderungen für eine durchschnittliche Bewertung erfüllt, nicht mit der vollen Punktzahl bewerten.*)

IBRRS 2017, 3338

OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.08.2017 - 12 U 173/15
Wird ein Angebot nach Ablauf der durch die VOB/A maximal vorgesehenen Bindefrist, aber innerhalb einer insoweit ohne Rechtsgrund in den Vergabeunterlagen festgelegten und durch den Bieter unterschriebenen überlangen Bindefrist - hier 84 Tage - "bezuschlagt", kommt hierdurch kein Vertrag zu Stande.

IBRRS 2017, 3489

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.06.2017 - Verg 7/17
1. Bei einem indikativen Angebot in einem Verhandlungsverfahren ist ein Angebotsausschluss nicht bei jeder Abweichung von den Vergabeunterlagen zulässig, denn Sinn und Zweck sowie Besonderheit des Verhandlungsverfahrens ist es, dass der Angebotsinhalt nicht von vorneherein feststehen muss, sondern - im Gegensatz zum Offene und Nichtoffenen Verfahren - im Rahmen von Verhandlungsrunden mit den Bietern fortentwickelt, konkretisiert und verbessert werden kann.
2. Stellt der Auftraggeber demgegenüber eindeutig und unmissverständlich zwingende Mindestanforderungen an die Angebote auf, sind diese Anforderungen - dies gilt auch für indikative Angebote - zwingend zu beachten.
3. Eine eindeutige und unmissverständliche Aufstellung liegt nicht vor, wenn den Vergabeunterlagen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit entnommen werden kann, dass im indikativen Angebot für die juristischen Beratungsleistungen nur ein Stundenverrechnungssatz angeboten werden durfte, weil sich zum einen die Vergabeunterlagen keines einheitlichen Vokabulars bedienen und es zum anderen an einer klaren Abgrenzung zwischen verhandelbaren und nicht mehr verhandelbaren Angebotsbestandteilen fehlt.
4. In einem Vergabenachprüfungsverfahren darf zulässigerweise behauptet werden, was der Betreffende aus seiner Sicht für wahrscheinlich oder möglich hält, wenn hierfür zumindest ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte und nicht nur willkürliche, aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen vorliegen.
5. Der Antragsteller hat in einem Vergabenachprüfungsverfahren einen Anspruch auf die von ihm begehrte Akteneinsicht nach § 165 Abs. 1 GWB, wenn das Akteneinsichtsgesuch sich teils auf Aktenbestandteile bezieht, die nicht oder nicht erkennbar entscheidungsrelevant sind, und teils sein Vortrag zu angeblichen Vergaberechtsverstößen nicht schlüssig oder unbeachtlich ist, so dass ein Akteneinsichtsrecht nicht besteht.
6. Gemäß § 165 Abs. 2 GWB stehen jedenfalls höher zu gewichtende Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Interesse an einer Akteneinsicht entgegen, soweit eine Offenlegung der Bewertung damit zugleich die Konzepte der Bieter erkennbar werden lässt und dies zu einem empfindlichen Eingriff in die Berufsausübung und das (geistige) Eigentum der Betroffenen darstellen würde, weil grundsätzliche Arbeits- und Organisationsstrukturen und dahinter stehende Ideen erkennbar würden, die nicht nur für die ausgeschriebenen Beratungsleistungen relevant, das heißt singulär sind, sondern die Arbeitsweise der Kanzleien als solche und ihre Positionierung am Markt betreffen.
IBRRS 2017, 3464

VK Thüringen, Beschluss vom 10.04.2017 - 250-4002-1162/2017-E-003-EF
1. Vergisst der Auftraggeber für verschiedene Positionen Platzhalter vorzusehen, sodass der Bieter keine Möglichkeit hat, die angebotenen Hersteller und Typbezeichnungen einzutragen, ergibt sich daraus, dass das angeführte Leitfabrikat oder ein gleichartiges Produkt angeboten wird. Ein Grund zum Angebotsausschluss wegen fehlender Angaben liegt nicht vor.
2. Die Vergabestelle darf für die Angebotsprüfung kein Datenblatt heranziehen, das nicht Grundlage ihrer Ausschreibung war.
3. Es genügt, wenn der Bieter das vom Auftraggeber vorgegebene Produkt anbietet. Er muss nicht prüfen, ob dieses Produkt tatsächlich den Anforderungen des Auftraggebers genügt.
4. In der mündlichen Verhandlung erstmalig vorgetragener Sachverhalt kann unberücksichtigt bleiben, wenn dieser eine Stellungnahmefrist für die Gegenseite und eine weitere mündlichen Verhandlung erfordert, sodass es insgesamt zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung käme.

IBRRS 2017, 3462

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2017 - 1 VK 24/17
1. Der Begriff "automatisiert" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und nicht legal definiert. Er ist deshalb auszulegen (hier: Vergabe eines Fahrradverleihsystems mit automatisierter Entriegelung bei Mietbeginn).
2. Einzelne automatisierte Vorgänge unterscheiden sich von nicht-automatisierten Vorgängen dadurch, dass sie selbsttätig, ohne (weiteres) menschliches Zutun ablaufen. Der unmittelbare Impuls dafür kann - muss aber nicht - von einem Menschen ausgehen.
3. Eine automatische Entriegelung liegt vor, wenn nach Authentifizierung des Mieters, das IT-System des Fahrrades aktiviert wird und dieser anschließend nur noch einen Knopf drücken muss, damit die elektronische Entriegelung des Bügelschlosses auslöst.

IBRRS 2017, 3413

VK Lüneburg, Beschluss vom 05.09.2017 - VgK-26/2017
1. Im Verhandlungsverfahren dürfen Vergabeunterlagen nachträglich überarbeitet werden, indem bereits festgelegte Kriterien (hier: Vorgaben zur Honorarkalkulation) konkretisiert werden.
2. Die Kostengruppen nach DIN 276 sind trotz des ausdrücklichen Verweises in § 4 HOAI 2013 auf die DIN 276 zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten nicht identisch mit den Leistungsbildern nach HOAI. Es bedarf deshalb einer nähren Differenzierung (hier: insbesondere zu Kostengruppen und BIM-Vorgaben) in den Angebotsunterlagen.
3. Die Vergabestelle muss nur dann eine weitere Verhandlungsrunde durchführen, wenn sie Vorgaben für die besonderen Leistungen erteilt.
4. Fordert die Vergabestelle nach Abschluss der Verhandlungsphase und Abgabe des finalen Angebots aufgrund sich ergebender Fragen zur Kalkulation um deren Klärung und Stellungnahme, sind die Bieter ausschließlich zur Erläuterung des abgegebenen Angebots berechtigt, nicht hingegen zur Angebotsänderung.
IBRRS 2017, 3427

BayAGH, Urteil vom 08.05.2017 - III-4-1/17
1. Ein Bezug zum Vergaberecht liegt grundsätzlich vor, wenn Rechtsfragen aus den in § 14o FAO genannten Teilbereichen des Vergaberechts Gegenstand der Fallbearbeitung waren. Überschneidungen mit Rechtsgebieten aus dem Bereich Bau- und Architektenrecht gemäß § 14e Nr. 3 FAO, insbesondere im Kernbereich der VOB/A, sind dabei möglich.
2. Diese auf Rechtsgebiete bezogenen Überschneidungsmöglichkeiten erfordern eine möglichst stringente Abgrenzung zwischen den einzelnen Fachanwaltsgebieten und den jeweils erforderlichen speziellen Kenntnisse.
3. Ein Vergaberechtsbezug i.S.d. § 14o FAO liegt nicht bereits dann vor, wenn Vorschriften des Vergaberechts kraft privatschriftlicher Vereinbarung Bau-, Lieferungs- oder Dienstleistungsverträgen zwischen Privaten bzw. deren Anbahnung zu Grunde gelegt wurden. Vielmehr ist zur Vermeidung allzu großer Überschneidungen mit anderen Fachanwaltsgebieten, insbesondere dem Fachanwalt für Bau- Architektenrecht, der Bezug zur öffentlichen Hand erforderlich.

IBRRS 2017, 3422

VK Südbayern, Beschluss vom 23.08.2017 - Z3-3-3194-1-24-05/17
1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VgV ist bei der Schätzung des Auftragswerts vom voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer auszugehen. Der Gesamtwert bestimmt sich nach der Summe aller Kosten der nachgefragten Leistungen. Hierzu können auch die zur Leistungserbringung erforderlichen Energiekosten zählen, auch wenn der Auftraggeber die Bieter hiervon freistellt.*)
2. Die Abgrenzung zwischen sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen im Sinne des § 130 GWB und sonstigen Dienstleistungen erfolgt unter Heranziehung der in Anhang XIV der Richtlinie 2014/24/EU genannten CPV-Codes. Der Hauptgegenstand wird gem. § 130 Abs. 2 GWB danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der Dienstleistungen am höchsten ist.*)
3. Bei der Auslegung der CPV-Codes ist zu beachten, dass einzelne CPV-Codes in den unterschiedlichen amtlichen Sprachfassungen der Verordnung (EG) Nr. 213/2008 eine erheblich abweichende Bedeutung haben und zudem unklar ist, welche Teilleistungen unter einen CPV-Code zu subsumieren sind.*)
4. Eine stark wettbewerbseinschränkende Leistungsbestimmung stellt dann einen Vergaberechtsverstoß dar, wenn die vom Auftraggeber herangezogenen sachlichen Gründe tatsächlich nicht existieren bzw. nicht belegbar sind.*)

IBRRS 2017, 3401

VK Lüneburg, Beschluss vom 13.07.2017 - VgK-17/2017
1. Jeder Bieter hat einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber das Angebot (hier: zur Verwertung von kompostierbaren Abfällen) eines Mitbewerbers bei einem konkreten Verdacht auf ein ungewöhnlich niedriges Angebot einer Preisprüfung unterzieht.
2. Ein konkreter Verdacht liegt jedenfalls dann vor, wenn das günstigste Angebot vom zweitgünstigsten um 20 % abweicht oder bei auffälligen Abweichungen von preislichen Erfahrungswerten aus anderen vergleichbaren Beschaffungsvorgängen.
3. Eine Rüge ist nur dann ausreichend substanziiert, wenn tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Reine Vermutungen (hier: Missachtung der Mindestlohnvorgabe und wirtschaftliche Defizite und fehlende Zertifizierung) genügen nicht.

IBRRS 2017, 3400

VK Nordbayern, Beschluss vom 03.08.2017 - 21.VK-3194-14/17
1. Auch eine Vorinformation löst eine Rügeobliegenheit aus, wenn die Vorinformation gemäß § 12 EU Abs. 2 VOB/A 2016 als Aufruf zum Wettbewerb bekannt gegeben wurde.*)
2. Es ist nicht erforderlich, dass die Eignungskriterien in der Vorinformation wörtlich aufgeführt werden. Maßgeblich ist, dass ein Interessent bereits aufgrund der Vorinformation erkennen kann, ob er die festgelegten Eignungskriterien erfüllen kann. Dies ist der Fall, wenn der Interessent mittels eines frei zugänglichen Internetlinks unmittelbar auf den Anhang zur Vorinformation zugreifen konnte.*)
3. Bei der Auslegung von Verpflichtungserklärungen ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133,157 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn der Willenserklärung zu haften.*)

IBRRS 2017, 3316

VK Bund, Beschluss vom 31.08.2017 - VK 1-87/17
1. Bieter müssen bereits aufgrund der Bekanntmachung (hier: Vergabe von Bauleistungen zur geotechnischen Sicherung) - ohne weiteres Studium der Vergabeunterlagen - erkennen können, ob sie in der Lage sind, am Verfahren teilzunehmen. Dazu zählt auch, ob sie über die geforderten Referenzen verfügen.
2. Wird erwartet, dass die angeforderten Referenzprojekte (hier: "Geotechnische Kippenstabilisierung (vorzugsweise seeseitig)") mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sind, muss darauf entweder durch den Wortlaut der Referenzanforderung oder auf anderem Weg hingewiesen werden.
3. Dem Passus "vorzugsweise seeseitig" ist keine solche Vergleichbarkeit zu entnehmen. Vielmehr macht der Begriff "vorzugsweise" klar, dass es sich gerade nicht um eine zwingende Eignungsanforderung handelt.
IBRRS 2017, 3394

VK Nordbayern, Beschluss vom 07.09.2017 - 21.VK-3194-02-04
1. Der öffentliche Auftraggeber hat in der Regel vom Bieter Aufklärung über den Angebotspreis zu verlangen, wenn zwischen dem (Gesamt-)Angebotspreis des Bestbieters und dem nächstplatzierten Bieter eine Preisdifferenz von mehr als 20% besteht (sog. Aufgreifschwelle).*)
2. Entsprechend § 60 Abs. 2 Nr. 4 VgV darf die Vergabestelle auch die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB prüfen. Somit ist grundsätzlich auch die Prüfung der Einhaltung der Vorschriften nach dem Mindestlohngesetz gerechtfertigt.*)
IBRRS 2017, 4251

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.12.2016 - Verg 28/16
1. Die Aufhebung ist grundsätzlich auch dann rechtswirksam und von Bietern hinzunehmen, wenn dafür kein in den Vergabeordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt.
2. Die Bieter können vom (öffentlichen) Auftraggeber eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens und einen Abschluss mit einem Zuschlag nur erzwingen, wenn der Auftraggeber über keinen sachlichen Grund für eine Aufhebung des Verfahrens verfügt, sondern er dieses Instrument in diskriminierender und daher in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens einem bestimmten Bieter zukommen zu lassen (sog. Scheinaufhebung).

IBRRS 2017, 3310

VK Thüringen, Beschluss vom 12.07.2017 - 250-4003-5533/2017-E-016-EF
1. Ein erklärter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist unwiderruflich.
2. Zeigt ein Auftragnehmer (hier: bei Bewachungsleistungen) der Vergabestelle nicht an, dass er nachträglich einen Nachunternehmer einschaltet oder den Nachunternehmer wechselt, erfüllt er seinen öffentlichen Auftrag mangelhaft. Ein wiederholt auftretender unberechtigter Nachunternehmereinsatz ist eine mangelhafte Erfüllung einer wesentlichen Leistung, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.
3. Möchte ein Unternehmen sich auf eine Selbstreinigung berufen, genügen pauschale Behauptungen nicht. Vielmehr hat eine konkrete Darstellung der Selbstreinigungsmaßnahmen zu erfolgen, z. B. durch Schriftstücke aller Art oder Erklärungen Dritter. Bei durchgeführten organisatorischen Maßnahmen, wie Mitarbeiterschulungen, sind der Gegenstand der Maßnahme, der Teilnehmerkreis und der zeitliche Umfang zu dokumentieren.
IBRRS 2017, 3369

EuGH, Urteil vom 05.10.2017 - Rs. C-567/15
Art. 1 Abs. 9 Unterabs. 2 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass eine Gesellschaft, die zum einen im Alleineigentum eines öffentlichen Auftraggebers steht, dessen Tätigkeit darin besteht, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, und die zum anderen sowohl Geschäfte für diesen öffentlichen Auftraggeber als auch Geschäfte auf dem wettbewerbsorientierten Markt abwickelt, als "Einrichtung des öffentlichen Rechts" im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, sofern die Tätigkeiten dieser Gesellschaft erforderlich sind, damit dieser öffentliche Auftraggeber seine Tätigkeit ausüben kann, und sich diese Gesellschaft zur Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben von anderen als wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dabei ist es unerheblich, dass der Wert der In-House-Geschäfte in Zukunft möglicherweise weniger als 90% oder nicht den Hauptteil des gesamten Umsatzes dieser Gesellschaft darstellt.


VK Saarland, Beschluss vom 18.07.2017 - 3 VK 03/17
1. Der Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrags (ÖDA) im Sinne der Verordnung (EG) 1370/2007 ist nicht identisch mit dem Begriff "Öffentlicher Auftrag" im Sinne von § 103 GWB.
2. Die Diktion der Verordnung (EG) 1370/2007 kennt verschiedene öffentliche Dienstleistungsaufträge und umfasst insbesondere auch Dienstleistungskonzessionen und "In-House-Vergaben".
3. Die Begriffe "Direktvergabe" und "In-House-Vergabe" schließen sich nicht aus. Während die Direktvergabe als Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags an einen bestimmten Betreiber eines öffentlichen Dienstes ohne Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens" definiert ist, bezeichnet die "In-House-Vergabe" noch etwas spezifischer eine solche Direktvergabe nicht nur an eine "bestimmten Betreiber", sondern an eine rechtlich getrennte Einheit.
4. Als Direktvergabe in Form einer "In-House-Vergabe" ist der "Betrauungsauftrag" (hier: Vergabe von Personenbeförderungsleistungen) als "Sonderrechtregime im Personenverkehr" am Maßstab dieser Verordnung zu messen und zu überprüfen.
5. Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) weist Dienstleistungsaufträge in Form von Direktvergaben nunmehr ausdrücklich den Vergabekammern zu. Der unterschiedliche Wortlaut und die differenzierten Verweise im PBefG auf die entsprechenden Vorschriften des GWB lassen nur den Rückschluss zu, dass der Gesetzgeber eine vergaberechtliche Überprüfung zulassen wollte, aber für direktvergebene öffentliche Dienstleistungsaufträge in Gestalt einer "In-House-Vergabe" lediglich die verfahrensrechtlichen und nicht die materiell-rechtlichen Vorschriften des GWB über das Nachprüfungsverfahren für entsprechend anwendbar erklären wollte.

IBRRS 2017, 3005

VK Bund, Beschluss vom 14.08.2017 - VK 1-75/17
1. Das Vorliegen eines sachlich rechtfertigenden Grunds reicht für eine wirksame Aufhebung des Vergabeverfahrens aus.
2. Die Korrektur von Fehlern im Vergabeverfahren stellt einen Grund dar, aus dem die Aufhebung eines Vergabeverfahrens sachlich gerechtfertigt ist. Dabei ist die Korrektur von Fehlern unabhängig von den Voraussetzungen des § 17 EU VOB/A 2016 zulässig.
3. Einer wirksamen Aufhebung steht auch nicht entgegen, dass der Auftraggeber den Fehler selbst zu vertreten hat.
IBRRS 2017, 4258

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2017 - Verg 12/17
1. Der öffentliche Auftraggeber hat klare und eindeutige Angaben zu allen Wertungs- und Zuschlagskriterien zu machen. Er kann eine rechtmäßige Zuschlagsentscheidung nur dann treffen, wenn die maßgeblichen Anforderungen von allen beteiligten fachkundigen Bietern im gleichen Sinn verstanden und ihren Angeboten zugrunde gelegt werden können.
2. Die Zulassung gleichwertiger Alternativen zu den im Leistungsverzeichnis genannten Produkten ist keine Zulassung von Nebenangeboten. Vielmehr handelt es sich bei Angeboten, die von dem vom Auftraggeber angebrachten Zusatz "oder gleichwertig" Gebrauch machen, nicht um Nebenangebote, sondern um Hauptangebote, weil sie der Leitungsbeschreibung entsprechen und nicht von ihr abweichen.

IBRRS 2017, 3309

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.07.2017 - Verg 13/17
1. Eine Leistungsbestimmung, die zu einem völligen Wettbewerbsverzicht führt, bedarf größerer Rechtfertigungstiefe als eine solche, die unter Aufrechterhaltung des Vergabewettbewerbs im Ergebnis (nur) zu einer hersteller- oder produktbezogenen Leistungsspezifikation führt.
2. Möchte der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (hier: Lieferung von Systemen zur Leberunterstützungstherapie) durchführen, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass es keine Wettbewerber gibt.
3. Der Entscheidung, ob die Vergabe im EU-Amtsblatt zu veröffentlichen ist, hat eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage vorauszugehen, die ordnungsgemäß zu dokumentieren ist.
4. Für eine nicht erfolgte europaweite Ausschreibung existiert keine tatsächliche Vermutung des Inhalts, dass der öffentliche Auftraggeber nur dann auf eine europaweite Ausschreibung verzichtet, wenn er den Verzicht für zulässig hält.
IBRRS 2017, 3307

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.08.2017 - Verg 55/15
Hat der Senat über einen Eilantrag entschieden und die aufschiebende Wirkung einstweilen verlängert, fallen trotz späterer Rücknahme der Beschwerde Gerichtskosten in Höhe einer dreifachen Gebühr (nach Nr. 1630 Kostenverzeichnis zum GKG) an.

IBRRS 2017, 3268

VK Thüringen, Beschluss vom 08.08.2017 - 250-4002-5960/2017-E-011-SM
1. Bei der Schätzung des Auftragswerts ist kein Zuschlag für Unvorhergesehenes (sog. Kostenpuffer) einzukalkulieren.
2. Kosten für Bauleitung und Bauüberwachung sind bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen nicht zu berücksichtigen.
3. Die vor Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens seriös vom Auftraggeber durchgeführte Auftragswertschätzung wird nicht dadurch hinfällig oder im Nachhinein falsch, wenn die in der Folge und zeitlich nach der Schätzung eingereichten Angebote über dem Schätzpreis liegen.
4. Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, vorab eine detaillierte Kostenschätzung in Form einer Preiskalkulation für alle Einzelpositionen der Leistungsbeschreibung vorzunehmen.
5. Eine mangelhafte Dokumentation führt dazu, dass die Nachprüfungsinstanz die Fakten anderweitig ermitteln muss, um eine eigenständige Auftragswertschätzung und Schwellenwertermittlung vornehmen zu können.
IBRRS 2017, 3267

EuGH, Urteil vom 14.09.2017 - Rs. C-223/16
Art. 47 Abs. 2 und Art. 48 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, nach denen ein Wirtschaftsteilnehmer, der sich an einem Vergabeverfahren beteiligt, ein Hilfsunternehmen, das nach Angebotsabgabe erforderliche Qualifikationen verliert, nicht ersetzen darf und automatisch vom Verfahren ausgeschlossen wird.*)

IBRRS 2017, 3231

VK Nordbayern, Beschluss vom 11.08.2017 - 21.VK-3194-11/17
1. Hat die Vergabestelle festgelegt, dass die Bieter auf Seite 3 das Leistungsverzeichnis mit Unterschrift anzuerkennen haben, führt eine an dieser Stelle fehlende Unterschrift zum zwingenden Angebotsausschluss.
2. Müssen alle eingegangenen Angebote ausgeschlossen werden, kann ein aus dem Gleichbehandlungsgebot resultierender Anspruch auf eine "zweite Chance" geltend gemacht werden, der dazu führt, dass der Auftraggeber entweder das Verfahren in das Stadium vor Angebotsabgabe zurückversetzen oder nach Aufhebung neu ausschreiben muss.
3. Die zum Ausschluss führenden Mängel müssen dabei nicht identisch oder gleichartig sein. Es ist ausreichend, wenn sie gleichwertig sind, also dieselbe Konsequenz - wie etwa den zwingenden Angebotsausschluss - nach sich ziehen.
4. Die Eröffnung einer "zweiten Chance" durch eine entsprechende Anordnung einer Vergabekammer oder eines Vergabesenats kommt nur in Betracht, wenn aufgrund der Sach- und Rechtslage am Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung feststeht, dass ein vergaberechtskonformer Zuschlag unmöglich ist und sich daran auch durch bloße Fortsetzung des Vergabeverfahrens nichts mehr ändern kann.
IBRRS 2017, 3208

VK Bund, Beschluss vom 15.08.2017 - VK 2-84/17
1. Einem Bieter steht es frei, die Angebotsfrist bis zuletzt auszuschöpfen. Sendet er das Angebot jedoch erst sehr knapp vor Ablauf der Angebotsfrist ab, hat er den verspäteten Zugang auch dann zu vertreten, wenn ein Defekt am Transportfahrzeug auftritt.
2. Der Bieter trägt das Risiko für Zustellverzögerungen infolge von Ereignissen, die nicht in die Kategorie der höheren Gewalt fallen, sondern typische Risiken des ausgewählten Transportmittels darstellen.
3. Muss das Angebot über eine größere Distanz (hier: von Berlin nach Bonn) übermittelt werden, ist ein Sicherheitspuffer von einer Stunde zu knapp bemessen.
IBRRS 2017, 3173

VG Magdeburg, Urteil vom 19.06.2017 - 3 A 211/16
Bei Zuwendungen zur Verbesserung der Marktstrukturverbesserung für landwirtschaftliche Erzeugnisse hat der Subventionsnehmer die Förderrichtlinie, vergaberechtliche Anforderungen und die Zwecke des Bewilligungsbescheides zu beachten.*)

IBRRS 2017, 3149

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.2017 - 1 VK 26/17
1. Dem Auftraggeber ist abzuverlangen, dass er vor der Ausschreibung alle rechtlichen Voraussetzungen schafft, damit innerhalb der in den Vergabeunterlagen genannten Fristen mit der ausgeschriebenen Leistung begonnen werden kann.
2. Ein noch zu bewerkstelligender Umbau der Lagerhalle in der Umschlagstelle (hier: Sammlung und Verwertung von Pappe, Papier Kartonagen) steht einer Vergabereife nicht entgegen, wenn unter gewöhnlichen Umständen damit zu rechnen ist, dass die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung rechtzeitig erteilt wird. Es ist dem Auftraggeber nicht zuzumuten so lange zu warten, bis er alle vorbereitenden Maßnahmen erledigt hat.
3. Auftraggeber müssen nach Bieterfragen keine konsolidierte Fassung der Leistungsbeschreibung veröffentlichen.

IBRRS 2017, 3161

OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.08.2017 - 11 Verg 10/17
Wird in den Vergabeunterlagen u.a. gefordert, eine Abdichtung gemäß der gültigen Richtlinien und Normen anzubieten, steht bei im Verfahren nach § 173 GWB gebotener summarischer Prüfung eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen im Raum, sofern unter Hinweis auf die materialbedingte Dichtigkeit keine gesonderte Abdichtung angeboten wird.*)
IBRRS 2017, 4257

OLG Naumburg, Beschluss vom 14.07.2017 - 7 Verg 1/17
1. Der öffentliche Auftraggeber muss die Eignungskriterien zusammen mit den geforderten Nachweisen den potentiellen Bietern im Voraus bekannt geben. Bei der Eignungsprüfung hat er alle bekannt gemachten Eignungskriterien, aber auch nur diese zu prüfen.
2. Bekanntgeben heißt, dass der Auftraggeber die einzelnen Eignungskriterien und die Mittel zu deren Nachweis ausdrücklich zu bezeichnen hat. Das Mitteilungsmedium ist im Regelfall die Auftragsbekanntmachung.
3. Es genügt, wenn der Bieter erst zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung über die für die Ausführung des Auftrags erforderliche Genehmigung verfügt.
4. Allein durch den Verstoß gegen die Informations- und Wartepflichten werden die Chancen auf den Zuschlag nicht in jedem Fall vereitelt. Ist das Vergabeverfahren im Übrigen fehlerfrei durchgeführt worden, droht dem nicht berücksichtigten Bieter durch die fehlerhafte Information oder einen Zuschlag vor Ablauf der Wartefrist noch kein Schaden. In einer solchen Situation kann die Antragsbefugnis nur bejaht werden, wenn zusätzlich - über den behaupteten Verstoß gegen § 134 Abs. 1 GWB hinaus - eine weitergehende Verletzung vergaberechtlicher Bestimmungen geltend gemacht wird, der die Chancen auf die Zuschlagserteilung verschlechtert haben könnte.
5. Die im gewerberechtlichen Erlaubnisverfahren nach § 34a GewO zu klärende und grundsätzlich der Entscheidung der Genehmigungsbehörden vorbehaltene Frage, ob die ausgeschriebenen Empfangsdienstleistungen dem erlaubnispflichtigen Sicherungsgewerbe zuzuordnen sind, liegt grundsätzlich außerhalb des vergaberechtlichen Überprüfungsrahmens der Nachprüfungsinstanzen, sofern kein unmittelbarer Bezug zu einer vergaberechtlichen Vorschrift hergestellt werden kann, die dem Schutz der Bieter, Bewerber und Interessenten eines Vergabeverfahrens zu dienen bestimmt ist.

IBRRS 2017, 3154

VK Berlin, Beschluss vom 16.08.2016 - VK B 1-23/16
1. Im Vergaberecht gilt das Gebot der Fachlosvergabe (hier: Vergabe von Betreiberleistungen für Flüchtlingsunterkünfte). Mehrere Fachlose dürfen jedoch zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
2. Technische Gründe (i.S.d. § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB) sind dabei nicht allein technische Gesichtspunkte im engeren Sinne des Wortes, sondern alle Aspekte, die eine Integration aller Leistungserbringungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen.
3. Soll ausnahmsweise eine zusammenfassende Vergabe erfolgen, muss der Auftraggeber sich in besonderer Weise mit dem Gebot der Fachlosvergabe und der dagegen sprechenden Gründe auseinandersetzen.
4. Handelt es sich wegen vielschichtiger voneinander abweichender Bestandteile (hier: Verpflegung, Versorgung, Reinigung, Sozial- und Kinderbetreuung, Sicherheit) um eine komplexe Gesamtleistung, für deren Qualität das gute Zusammenspiel aller Funktionseinheiten entscheidend ist, erfordert der "interdisziplinäre Managementaufwand" eine Gesamtvergabe aller voneinander abhängigen Teilkomponenten.

IBRRS 2017, 3155

OLG München, Beschluss vom 10.08.2017 - Verg 3/17
1. Ergibt sich bereits aus der Bekanntmachung, dass die Auswahl von Teilnehmern für einen Wettbewerb (hier: Nicht Offener Realisierungswettbewerb für Architekten) anhand allgemein gehaltener, wertender Begriffe wie "Innovation, Originalität, gestalterische Qualität" erfolgt, ohne dass diese gegenseitig abgegrenzt werden und/oder aufgeschlüsselt ist, welche Einzelfaktoren/Unterkriterien für die Einstufung in die vorgegebenen Kategorien maßgeblich sind, muss dies als möglicher Vergabeverstoß in aller Regel vor Abgabe seines Teilnahmeantrags gerügt werden.*)
2. Es ist mit den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, das auf Beschleunigung und eine möglichst rasche, rechtssichere Klärung strittiger Vergabeverstöße ausgerichtet ist, nicht vereinbar, dass sich ein Antragsteller zunächst mit dem teilweisen Unterliegen vor der Vergabekammer abfindet, um dann, wenn die partielle Wiederholung eines Verfahrensteils nicht zum gewünschten Ergebnis führt, sein ursprüngliches Petitum mit denselben Erwägungen wieder aufzugreifen. Verfolgt er nicht im Instanzenzug sein primäres Hauptanliegen weiter, steht die bestandskräftige Abweisung seines Antrags durch die Vergabekammer einer erneuten Geltendmachung des Anspruchs mit derselben Begründung entgegen.*)
3. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass nicht gerügte, präkludierte Verstöße nicht von Amts wegen aufgegriffen werden dürfen, ist nur in ganz besonders gelagerten Fällen gerechtfertigt, nämlich dann, wenn ein so schwer wiegender Fehler vorliegt, dass eine tragfähige Zuschlagsentscheidung bei einer Fortsetzung des Verfahrens praktisch nicht möglich ist, etwa weil nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder das vorgegebene Wertungssystem so unbrauchbar ist, dass es jede beliebige Zuschlagsentscheidung ermöglicht (hier verneint).*)
4. Zum Grundsatz der Gleichbehandlung bei einer angeordneten Neubewertung von Referenzen.*)
IBRRS 2017, 3153

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.07.2017 - 1 VK 20/17
1. Ergibt sich aus der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen eindeutig, dass das Kästchen im Formular mit der Überschrift "Stundensatz" mit nur einer Eintragung auszufüllen ist, stellt die Eintragung unterschiedlicher Stundensätze eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar.
2. Der Singular "Stundensatz" deutet darauf hin, dass dort ein Wert einzutragen ist. Die Größe eines Kästchens sagt nichts darüber aus, wie viele Eintragungen möglich sein sollen.

IBRRS 2017, 3145

VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.07.2017 - 1 VK 23/17
1. Die sorgfältige Lektüre der Bekanntmachung und der Vergabeunterlagen (hier: für Elektroarbeiten als Teil einer Gesamtbaumaßnahme) gehören zu den Kernpflichten eines gewissenhaften Unternehmers, der sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligt.
2. Lässt die Ausschreibung ausdrücklich keine Nebenangebote zu, dürfen die im Formblatt unter den Nebenangeboten eingetragenen (18) "Alternativangebote" nicht kumuliert und bezuschlagt werden.
3. Ist eine Vielzahl von Kombinationen aus dem Angebot und den 18 "Alternativangeboten" möglich, sodass der Auftraggeber sich im Ergebnis ein für ihn in Preis und Ausstattung genehmes Angebot selbst zusammenstellen könnte, liegt kein hinreichend bestimmtes Angebot vor.
IBRRS 2017, 3125

VK Sachsen, Beschluss vom 13.02.2017 - 1/SVK/032-16
1. Ein Bieter darf eine Leistungsbeschreibung nicht im Sinne einer für ihn - u. U. wirtschaftlich - günstigen Lösung interpretieren oder gar der Leistungsbeschreibung eigenmächtig seine Version aufdrängen. Unterstellt der Bieter für seine Auslegung der Leistungsbeschreibung jedoch ein vermeintlich branchenübliches Begriffsverständnis, sind etwaige Unklarheiten der Leistungsbeschreibung für ihn nicht erkennbar und spätere Einwände hiergegen nicht gem. § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert.*)
2. Auch bei einem Verhandlungsverfahren sind aufgestellte Mindestanforderungen der Vergabeunterlagen zu berücksichtigen. Angebote, die diesen nicht entsprechen, sind grundsätzlich auszuschließen.*)
3. Ist den Vergabeunterlagen eindeutig zu entnehmen, dass im Rahmen der Teststellung ein zweikanaliges Gerät präsentiert werden soll, stellt dies eine Mindestbedingung im Vergabeverfahren dar. Der Auftraggeber kann nicht zu Gunsten eines Bieters auf die Erfüllung dieser Mindestbedingung verzichten, da dies eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Bietern darstellen würde. Er muss somit, auch wenn er im Rahmen des Verhandlungsverfahrens über einen Verhandlungsspielraum verfügt, gleichwohl dafür sorgen, dass die Anforderungen des Auftrags, die er als verbindlich eingestuft hat, erfüllt werden.*)
IBRRS 2017, 3103

VK Bund, Beschluss vom 31.07.2017 - VK 2-68/17
1. Die vergaberechtliche Gleichstellung von Bietergemeinschaften mit Einzelbietern ist nur auf kartellrechtlich zulässige Bietergemeinschaften beschränkt.
2. Die Entscheidung eines Unternehmens, sich als Mitglied einer Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, unterliegt einer Einschätzungsprärogative der beteiligten Unternehmen. Die Bietergemeinschaftsbildung muss jedoch auf objektiven Anhaltspunkten beruhen.
3. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 13 EU Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2016, wonach die Angebote die geforderten Preise enthalten müssen, liegt nicht nur dann vor, wenn eine Preisangabe im Sinne einer echten Lücke fehlt, sondern auch dann, wenn der angegebene Preis unzutreffend ist.
4. Auch eine Mischkalkulation ist unzulässig. Eine mischkalkulierte Preisangabe liegt vor, wenn eine Verschiebung von kalkulatorischen Bestandteilen einer Position in eine andere vorliegt (hier verneint).
5. Werden nicht bekannt gegebene Zuschlagskriterien bei der Angebotswertung verwendet bzw. bekannt gegebene Kriterien bzw. deren Gewichtung faktisch nachträglich abgeändert, ist das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Angebotsunterlagen zurückzuversetzen.

IBRRS 2017, 3102

VK Bund, Beschluss vom 08.08.2017 - VK 2-76/17
Tritt ein Bieter nach dem Verkauf eines Geschäftsbereichs als Rechtsnachfolger vollumfänglich in die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers ein, können die Erfolge und die Qualität der Leistung des Rechtsvorgängers in die Wertung des Angebots des Bieters einfließen.

IBRRS 2017, 3095

EuGH, Urteil vom 13.07.2017 - Rs. C-701/15
Art. 7 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.03.2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die bei - auch nur vorübergehenden - Zuweisungen von für Bodenabfertigungsdienste bestimmten Flächen ohne Entrichtung einer Vergütung durch den Flughafenbetreiber keine vorherige öffentliche Ausschreibung vorsieht, nicht entgegensteht.*)
IBRRS 2017, 3079

VK Niedersachsen, Beschluss vom 13.03.2017 - VgK-02/2017
1. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier: Sanierung eines Hallenbads) ist rechtswidrig, wenn kein Aufhebungsgrund vorliegt.
2. Eine durch § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2012 gedeckte Aufhebung wegen eines nicht wirtschaftlichen Ergebnisses oder wegen einer Budgetüberschreitung ist nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Preis nur subjektiv für überhöht hält, obwohl er den gegebenen Marktverhältnissen entspricht.
3. Voraussetzung für eine Aufhebung der Ausschreibung bei einem nicht wirtschaftlichen Ergebnis ist stets, dass der Auftraggeber die Kosten für die Ausführung der Leistung vorab ordnungsgemäß kalkuliert hat. Hierzu gehören aktuell eingehölte datierte Angebote und eine ordnungsgemäß in der Vergabeakte dokumentierte ex-ante Schätzung.

IBRRS 2017, 3073

VK Lüneburg, Beschluss vom 13.03.2017 - VgK-02/2017
1. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens (hier: Sanierung eines Hallenbads) ist rechtswidrig, wenn kein Aufhebungsgrund vorliegt.
2. Eine durch § 17 EU Abs. 1 VOB/A 2016 gedeckte Aufhebung wegen eines nicht wirtschaftlichen Ergebnisses oder wegen einer Budgetüberschreitung ist nicht gegeben, wenn der Auftraggeber den Preis nur subjektiv für überhöht hält, obwohl er den gegebenen Marktverhältnissen entspricht.
3. Voraussetzung für eine Aufhebung der Ausschreibung bei einem nicht wirtschaftlichen Ergebnis ist stets, dass der Auftraggeber die Kosten für die Ausführung der Leistung vorab ordnungsgemäß kalkuliert hat. Hierzu gehören aktuell eingeholte datierte Angebote und eine ordnungsgemäß in der Vergabeakte dokumentierte ex-ante Schätzung.
IBRRS 2017, 3039

VK Bund, Beschluss vom 19.07.2017 - VK 1-63/17
1. Im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb muss der Auftraggeber die Abgabe mehrerer Hauptangebote nicht zulassen.
2. Der Auftraggeber hat Informationen zum Vergabeverfahren, die Einfluss auf die Angebotserstellung und damit den Wettbewerb haben, allen Bietern - möglichst gleichzeitig - zur Verfügung zu stellen.
3. Vergaberechtsverstöße, die dem Antragsteller erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zur Kenntnis gebracht werden, müssen nicht gesondert gerügt, sondern lediglich - zeitnah - im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht werden.
IBRRS 2017, 3038

VK Bund, Beschluss vom 31.07.2017 - VK 1-67/17
1. Ein Auftrag über die Lieferung und Montage einer automatischen Trefferanzeige für eine Schießanlage stellt einen Liefer- und keinen Bauauftrag dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftragnehmer nach den Vergabeunterlagen "keine bauliche Änderung" vornehmen darf.
2. Von der Forderung nach einem Zertifikat kann der Auftraggeber im Verlauf des Vergabeverfahrens Abstand nehmen und das Angebot des Bieters, der nicht über ein entsprechendes Zertifikat verfügte, bezuschlagen, wenn der Auftraggeber die Vorlage des betreffenden Zertifikats gar nicht fordern durfte.
3. Voraussetzung für den nachträglichen Verzicht auf ein gefordertes Zertifikat ist jedoch, dass der Auftraggeber sämtliche Bieter über den Verzicht auf das Zertifikat unterrichtet und ihnen Gelegenheit zur Erneuerung ihrer Angebote gibt.
IBRRS 2017, 3040

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2016 - Verg 7/16
1. Die Leistungsbeschreibung ist so eindeutig und erschöpfend abzufassen, dass sie alle Bewerber in einem gleichen Sinn verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Lässt die Leistungsbeschreibung Spielraum für unterschiedliche Auslegungen, ist sie mehrdeutig und vergaberechtswidrig.
2. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob die Leistungsbeschreibung mehrdeutig ist, ist der objektive Empfängerhorizont. Dabei ist auf einen verständigen und sachkundigen, mit Beschaffungsleistungen vertrauten Bieter abzustellen.
3. Bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung muss sich der Bieter fragen, was die Vergabestelle aus ihrer Interessenlage heraus wirklich gewollt hat. Ernsthafte Zweifel, ob seine Auslegung tatsächlich dem Willen der Vergabestelle entspricht, muss er gegebenenfalls durch eine Anfrage bei der Vergabestelle klären.
4. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, die Vergabeunterlagen im laufenden Vergabeverfahren zu ändern, sei es zur Korrektur von Vergaberechtsverstößen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit, sofern dies in einem transparenten Verfahren und diskriminierungsfrei geschieht.
5. Der Umstand, dass aufgrund begrenzter Haushaltsmittel nicht voraussehbar ist, ob die bevorzugten Ausführungsvarianten durchführbar sind, begründet ein berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers an der Ausschreibung von Alternativpositionen.
6. Alternativpositionen sind im Leistungsverzeichnis deutlich als solche zu kennzeichnen und in den Vergabeunterlagen sind die Kriterien bekannt zu geben, die für die Inanspruchnahme der ausgeschriebenen Alternativpositionen maßgeblich sind.
7. Ist alleiniges Zuschlagskriterium der Preis, muss angegeben werden, in welcher Reihenfolge die Alternativpositionen in Anspruch genommen werden, wenn die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ausreichen.
IBRRS 2017, 2996

OLG Koblenz, Urteil vom 28.06.2017 - 10 U 1116/16
1. Wird ein Projektsteuerer mit der Koordinierung und Kontrolle von Finanzierungs- und Förderungsverfahren beauftragt und muss der Auftraggeber wegen schwerer Vergabeverstöße Fördermittel zurückerstatten, steht dem Auftraggeber gegen den Projektsteuerer ein Anspruch auf Schadensersatz zu.
2. Auch wenn dem Architekten Fehler bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterlaufen sind, kann der Projektsteuerer beim Architekten keinen Regress nehmen, weil er diesen nicht hinreichend überwacht hat.

IBRRS 2017, 2287

VK Bremen, Beschluss vom 09.06.2017 - 16-VK 2/17
Für das Vorliegen eines ungewöhnlich niedrigen Angebots kommt es bei Bedarfspositionen auf die Summe aller Einzelpositionen und nicht auf die Summe der Bedarfspositionen selbst an.

IBRRS 2017, 2849

VK Bund, Beschluss vom 24.07.2017 - VK 2-66/17
1. Wird ein alle Anforderungen gut erfüllendes Angebot nach dem Bepunktungssystem des Auftraggebers mit zwei Punkten bewertet und gibt es für ein Angebot mit besonders kreativen Ideen drei Punkte, muss der Auftraggeber nicht detailliert dokumentieren, weshalb keine besonders kreative Idee vorliegt.
2. Ein Bieter, der meint, drei Punkte verdient zu haben, muss konkret vortragen, in welchem (Unter-)Kriterium und aus welchem Grund sein Angebot drei statt nur zwei Punkte verdient hätte.
3. Eine unzureichende Dokumentation kann auch noch im Vergabenachprüfungsverfahren nachgeholt werden.
4. Die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes bestimmt sich aus der Sicht eines fachkundigen Bieters, für den auch in rechtlicher Hinsicht ein Fehler im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre erkennbar sein muss, um eine Rügeobliegenheit auszulösen. Darüber hinaus ist ein Bieter nicht verpflichtet, Hilfe und insbesondere rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

IBRRS 2017, 3008

VK Berlin, Beschluss vom 03.02.2017 - VK B 2-40/16
1. Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich zu informieren.
2. Sinn und Zweck der Vorabinformation ist es, den erfolglosen Bietern zu ermöglichen, die Wertungsentscheidung der Vergabestelle zumindest ansatzweise nachzuvollziehen, um die Erfolgsaussichten etwaigen Rechtsschutzes abschätzen zu können. Dies muss nachvollziehbar und einzelfallbezogen geschehen.
3. Einem Bieter, der erst auf der letzten Wertungsstufe gescheitert ist, ist daher deutlich zu machen, inwieweit sein Angebot in Bezug auf die zuvor bekannt gemachte Bewertungsmatrix nicht konkurrenzfähig war.
IBRRS 2017, 2924

VK Südbayern, Beschluss vom 27.01.2017 - Z3-3-3194-1-48-11/16
1. Bei der Auswahl von Teilnehmern für einen nicht offenen Planungswettbewerb gelten die Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz uneingeschränkt, was klar durch die Verweisung in Art. 80 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU auf den Titel I der Richtlinie und damit auch auf Art. 18 der Richtlinie 2014/24/EU zum Ausdruck kommt.*)
2. Die Auswahlkriterien "Originalität, Innovation und gestalterische Qualität eines Referenzobjekts und ihre Übertragbarkeit auf das anstehende Projekt" sind ohne konkretisierende Unterkriterien oder Erläuterungen keine eindeutigen und nichtdiskriminierenden Auswahlkriterien i.S.d. § 71 Abs. 3 VgV.*)
3. Auch bei einem Teilnahmewettbewerb zu einem nicht offenen Planungswettbewerb dürfen bei der Bewertung der Teilnahmeanträge keine nicht bekanntgemachten Unterkriterien eine Rolle spielen, die den Teilnehmern hätten bekanntgemacht werden müssen.*)

IBRRS 2017, 2923

VK Südbayern, Beschluss vom 04.07.2017 - Z3-3-3194-1-17-04/17
1. Wird der Zuschlag erteilt, ohne dass einem Bieter vorher die Information nach § 134 Abs. 1 GWB übermittelt wurde, ist auf seinen Antrag nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags festzustellen. Dies gilt auch dann, wenn der betreffende Bieter die ungenügende Information nach § 134 Abs. 1 GWB nicht oder nicht rechtzeitig gerügt hat.*)
2. Die Anordnung der Wiederholung der Wertung aufgrund fehlender Dokumentation der Wertung der nichtpreislichen Zuschlagskriterien verbietet sich, wenn aufgrund der Festlegung unzureichender Zuschlagskriterien feststeht, dass eine vergaberechtskonforme Wertung von vorneherein nicht möglich ist.*)
3. In diesem Fall ist das Vergabeverfahren in den Stand vor Bereitstellung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen oder aufzuheben. Dies gilt auch dann, wenn der betreffende Bieter die unzureichenden Zuschlagskriterien nicht rechtzeitig gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB gerügt hat.*)