Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2016
IBRRS 2016, 3297EuGH, Urteil vom 08.12.2016 - Rs. C-553/15
1. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur freihändigen Vergabe ("in-house") öffentlicher Aufträge ist bei der Beurteilung der Frage, ob das beauftragte Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber, insbesondere die Gebietskörperschaften, die an ihm beteiligt sind und es kontrollieren, verrichtet, in diese Tätigkeit eine solche nicht einzubeziehen, die dem Unternehmen von einer an ihm nicht beteiligten Behörde zugunsten von Gebietskörperschaften, die auch nicht an ihm beteiligt sind und keine Kontrolle über das Unternehmen ausüben, auferlegt wird; diese Tätigkeit ist als Tätigkeit zugunsten Dritter anzusehen.*)
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob das beauftragte Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaften verrichtet, die an ihm beteiligt sind und über das Unternehmen gemeinsam eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausüben, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen eine Tätigkeit gehören kann, die das Unternehmen für diese Gebietskörperschaften verrichtet hat, bevor diese gemeinsame Kontrolle wirksam wurde.*)
IBRRS 2016, 3292
OLG Koblenz, Urteil vom 25.08.2016 - 1 U 260/16
1. Nebenangebote in Ausschreibungsverfahren können den Zuschlag nur begründen, wenn diese in allen Punkten mit den Hauptangeboten gleichwertig sind und die Vorgaben der Ausschreibung (z.B. Anforderung an Standsicherheit einer Mauer/Böschung) erfüllen.*)
2. Der Vergabestelle steht bei technischen Anforderungen (z.B. für die Standsicherheit) kein Beurteilungsspielraum zu. Sie muss die in der Ausschreibung niedergelegten Anforderungen zu Grunde legen.*)
3. Auf die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung kann sich die Vergabestelle im gerichtlichen Verfahren nicht berufen, wenn sie diese rechtliche Möglichkeit bewusst nicht gewählt hat.*)
IBRRS 2016, 3288
VK Thüringen, Beschluss vom 08.11.2016 - 250-4002-7852/2016-N-012-KYF
1. Auch ein ungewöhnlich niedriger Angebotspreis ist als angemessen anzusehen, wenn das zugehörige Angebot des Bieters unter Berücksichtigung des rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine einwandfreie Ausführung ohne absehbare Nachtragsforderungen einschließlich der Haftung für Mängelrechte erwarten lässt.
2. Ist ein Bieter als Tochterunternehmen eines chinesischen Herstellers in der Lage, sehr viel günstiger als die Mitbewerber an Leuchtmittel (hier: für die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchtköpfe) zu kommen, kann dies die Abweichung des Angebots von einem realistischen Preis rechtfertigen und darf nicht ohne weitere Prüfung als Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots angesehen werden.
IBRRS 2016, 3243
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.09.2016 - Verg 36/16
Können die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde nicht ohne weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht verneint werden und überwiegend gewichtige Belange auf Seiten des Antragsgegners und der Allgemeinheit, die einen raschen Abschluss des Vergabeverfahrens durch Zuschlagserteilung erfordern, die Interessen des Antragstellers nicht, kann das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.
VolltextIBRRS 2016, 3242
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.05.2016 - Verg 15/16
Betrifft das Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen eine obergerichtlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage (hier: zur Zulässigkeit der Bewertung von Mindestanforderungen durch den öffentlichen Auftraggeber) und ist dem diesbezüglichen Beschwerdevortrag ein Erfolg nicht von vorneherein abzusprechen, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde verlängern.
VolltextIBRRS 2016, 3241
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.09.2016 - Verg 1/16
1. Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers sind gewahrt, sofern (1) die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, (2) vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, (3) solche Gründe tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sind, und (4) die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
2. Verhält sich die Bestimmung in diesen Grenzen, gilt der Grundsatz der Wettbewerbsoffenheit der Beschaffung nicht mehr uneingeschränkt.
IBRRS 2016, 3245
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2016 - Verg 21/16
Das Beschwerdegericht kann die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern, wenn die angefochtene Entscheidung durch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen ist.
VolltextIBRRS 2016, 3244
VK Bund, Beschluss vom 29.09.2016 - VK 2-93/16
1. Zu bezuschlagen ist das wirtschaftlichste Angebot. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
2. Auch unter Geltung des neuen Vergaberechts ist die Bestimmung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses weiterhin allein auf der Grundlage des Preises möglich.
VolltextIBRRS 2016, 2933
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2016 - 1 VK LSA 08/16
1. Kann ein durchschnittlich erfahrener Bieter durch das bloße Lesen der Vergabeunterlagen merken, dass das ausgewiesene Konzept zu den geplanten Eignungs- und Zuschlagskriterien eine unzulässige Mehrfachbewertung zulässt, ist ihm zuzumuten, dies zu rügen. Verschließt sich der Bieter gegen diesen offensichtlich möglichen Rückschluss, ist er im Nachprüfungsverfahren mit diesem Einwand präkludiert.
2. Kann der konkrete Bieter wegen unterdurchschnittlicher Erfahrungen den Rückschluss nicht ziehen, muss er sich gegebenenfalls fachlichen Rat erkaufen. Wer dies unterlässt, handelt schuldhaft.
3. Fordert die Bieterinformation unmissverständlich dazu auf, Start- und Zielzeit der Busfahrt sowie die Linienkilometer nachvollziehbar anzugeben, führt ein unbekümmerter Umgang mit diesen Vorgaben (hier: durch Stehenlassen der Platzhalter-Null bei der Kilometerangabe) und die Änderung der Vergabeunterlagen zum Ausschluss des Bieters.
IBRRS 2016, 3166
VG Münster, Urteil vom 07.09.2016 - 9 K 3118/12
Teilwiderruf und Rückforderung einer Subvention wegen unzulässiger Wahl des Vergabeverfahrens (hier: Neubau eines trimodalen Containerterminals).*)
VolltextIBRRS 2016, 3164
OLG Köln, Beschluss vom 24.10.2016 - 11 W 54/16
1. Sollen ausweislich der Baubeschreibung sämtliche Einzelleistungen der Wiederherstellung des Sollprofils einer Bundesstraße dienen, sind auch die Bauleistungen "Bagger- und Transportleistungen" sowie "Entsorgung von Baggergut" Teil des einheitlichen Auftrags und müssen bei der Ermittlung des Gesamtauftragswerts einbezogen werden.
2. Der für die Vergabe maßgebliche Auftragswert ist anhand des funktionalen Auftragsbegriffs zu ermitteln. Auch, wenn der öffentliche Auftraggeber Leistungen in verschiedenen Abschnitten ausführen lassen will, ist von einem Gesamtauftrag auszugehen, sofern Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zusammenhängen.
IBRRS 2016, 3151
VK Brandenburg, Beschluss vom 25.02.2016 - VK 28/15
1. Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht. Über die Erkennbarkeit der einen Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände hinaus muss dabei für den Bieter auch die Vergaberechtswidrigkeit zu erkennen sein.
2. Allein daraus, dass sich die Bieter als Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen regelmäßig an Ausschreibungen beteiligen, kann nicht geschlossen werden, dass sie mit der vergaberechtlichen Beurteilung von Wertungssystemen und der diesbezüglichen richterlichen Rechtsprechung auskennen. Ist ein Bewertungsmaßstab nicht mit den Vergabeunterlagen bekannt gemacht worden, sind sich daraus möglicherweise ergebende Vergaberechtsverstöße für die Bieter nicht erkennbar.
VolltextIBRRS 2016, 3165
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.10.2016 - 11 Verg 12/16
1. Im Fall der Eignungsleihe führen auch vorsätzlich falsche Angaben des Nachunternehmers zum Angebotsausschluss nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 g VOB/A 2012, da für die Erklärungen und Nachweise des Nachunternehmers dieselben Anforderungen gelten wie für den Bieter selbst.*)
2. Der Begriff der Ausführung im Rahmen der Bestimmung des Zeitraums für einzureichende Referenzen ist grundsätzlich im tatsächlichen Sinn zu verstehen, das heißt wann die Leistung tatsächlich erbracht wurde, nicht jedoch, wann die Leistung im Sinne der Abnahme als Vertragsgemäß gebilligt wurde.*)
IBRRS 2016, 3143
VK Brandenburg, Beschluss vom 14.09.2016 - VK 14/16
1. Der Auftraggeber darf die Eignung eines potentiellen Bieters nicht vorwegnehmen und beurteilen, ohne diesem zuvor die Gelegenheit gegeben zu haben, etwas zu seiner Eignung vorzutragen.
2. Ein drohender Schaden (§ 107 Abs. 2 GWB a.F.) ist bereits dann anzunehmen, wenn der Bieter im Falle eines neuen ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren.
3. Für die Ausschreibung von Aufträgen ohne Teilnahmewettbewerb sind ernsthafte Nachforschungen zu potentiellen Unternehmen für die Auftragserteilung auf europäischer Ebene gefordert. Die Ausnahmevorschrift § 3 EG Abs. 4 c VOL/A 2009 ist restriktiv auszulegen.
VolltextVK Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2016 - VK 10/16
1. Es ist nicht Aufgabe der Vergabekammer zu prüfen, ob bei der Ausschreibung von Buslinienbündeln Bieter die Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes verletzen oder Genehmigungen (hier: für Rufbus-Fahrten) hätten erhalten müssen.
2. Die Vergabekammer prüft nur die Einhaltung vergaberechtlicher Verschriften, nicht die Verletzung von Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes. Entscheidungen von Genehmigungsbehörden können ausschließlich im Verwaltungsverfahren überprüft werden.
3. Das Vergaberecht kennt keinen vorbeugenden Rechtsschutz.
VolltextIBRRS 2016, 3136
VK Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2016 - VK 6/16
1. Schreibt ein Auftraggeber den Bau von Flugbetriebsflächen in Betonbauweise aus und fordert Firmenreferenzen zur Leistungsart "in Betonbauweise" an, sind die Mindestanforderungen durch diesen Wortlaut definiert.
2. Werden vergleichbare Referenzen zur Erstellung von Flugbetriebsflächen in Asphaltbauweise eingereicht, erfüllt dies die Mindestanforderungen der Ausschreibung nicht. Der Auftraggeber ist an die Vorgaben der Bekanntmachung gebunden und darf diese Referenz nicht werten.
VolltextIBRRS 2016, 3059
VK Westfalen, Beschluss vom 28.07.2016 - VK 2-24/16
1. Es ist zulässig, in einer Gerichtsstandsvereinbarung eine zuständige Vergabekammer festzulegen.
2. Spätestens mit Abgabe eines uneingeschränkten Angebots unterwirft sich der Bieter den Konditionen des Verfahrens. Wird eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht gerügt, begründet sie eine ausschließliche Zuständigkeit des entsprechenden Gerichts für das Vergabeverfahren.
3. Zur Zuständigkeit einer Vergabekammer des Landes bei grenzüberschreitender gemeinsamer Vergabe und zur Zulässigkeit einer Vergaberechtsvereinbarung analog § 106a Abs. 3 S. 2 GWB a.F. i.V.m. Art. 23 EuGVVO. *)
VolltextIBRRS 2016, 3053
VK Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2015 - VK 15/15
1. Ein Bieter kann sich auch zulässigerweise an die Vergabekammer wenden und die Nichtbeachtung der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschriften geltend machen, wenn der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung bereits aufgehoben hat.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber darf vom Beschaffungsvorhaben Abstand nehmen und kann nicht dazu gezwungen werden, einen Vertrag mit einem Bieter abzuschließen. Nur in Ausnahmefällen - z.B. wenn der Auftraggeber unverändert am Beschaffungsziel festhält und kein tatsächlich sachlich gerechtfertigter Grund und kein Aufhebungstatbestand vorliegt - kann der Auftraggeber verpflichtet werden, das Vergabeverfahren fortzuführen.
3. Bieter haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen des Vergabeverfahrens eingehalten werden, aber nicht darauf, dass ein Vergabeverfahren mit Erteilung eines Zuschlags abgeschlossen wird.
VolltextVPRRS 2016, 0427
VK Bund, Beschluss vom 21.09.2016 - VK 2-87/16
1. Das Setzen der Preise einer Hilfstaxe als Obergrenze stellt keinen vergaberechtlich unzulässigen Eingriff in die Kalkulationsfreiheit de Bieter dar.
2. Die Klausel in einem Rahmenvertrag, wonach die von den Bietern anzubietenden Preise für die Grundlaufzeit der Rahmenvereinbarung und auch für den optionalen Verlängerungszeitraum nicht verhandelbar sein sollen, ist bei einem Vertragszeitraum von maximal drei Jahren vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
3. Verhaltensweisen, die von öffentlichen Auftraggebern vor dem eigentlichen Vergabeverfahren praktiziert werden und deren Zulässigkeit sich nach anderen Vorschriften als nach dem vergaberechtlichen Normengerüst beurteilt, sind nicht durch die Vergabekammern zu überprüfen.
4. Die Frage, ob gesetzliche Krankenkassen sich trotz möglicherweise entgegenstehenden sozialrechtlichen Vorgaben im Einzelfall dazu entschließen dürfen, überhaupt auszuschreiben, ist eine dem Vergabeverfahren vorgelagerte Fragestellung und durch die Sozialgerichte zu prüfen.
5. Die Bildung eines Einkaufskonsortiums liegt zeitlich vor dem Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens und stellt sich mithin ebenfalls als eine lediglich vorbereitende Handlung und damit gerade nicht als Verfahrenshandlung im Vergabeverfahren dar.
VolltextIBRRS 2016, 3057
VK Westfalen, Beschluss vom 22.04.2016 - VK 2-14/16
1. Die Tariftreueverpflichtung ist nach ständiger Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und anderer Obergerichte "eine zusätzliche Bedingung (Anforderung) an die Auftragsausführung" im Sinne von § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB a.F. (Art. 26 Richtlinie 2004/18/EG i.V.m. Erwägungsgrund 33) (OLG Düsseldorf zuletzt in der Entscheidung vom 15.07.2015 - Verg 11/15, VPR 2016, 7).*)
2. Die Einstufung einer Tätigkeit in die Kategorien des Tarifvertrages ist Teil der Kalkulation und damit der Kalkulationsfreiheit des Bieters zugeordnet. Der Bieter trägt das Risiko einer arbeitsrechtlich fehlerhaften Einordnung. Ob diese Einstufung arbeitsrechtlich korrekt ist, obliegt nicht (mehr) der Überprüfung durch die Vergabestelle oder die Vergabekammer. Hierzu hat der Gesetzgeber entschieden, einen eigenen Weg vorzugeben, nämlich den über die Vollzugsprüfung durch die Prüfbehörde nach § 15 TVgG NRW. Für die Entscheidung der Vergabestelle ist es daher allein ausreichend, dass der Bieter sich verpflichtet, die tarifgerechte Entlohnung zu zahlen (vgl. dazu auch VK Münster, Beschluss vom 27.10.2015 - VK 1-28/15, VPR 2016, 120).*)
VolltextIBRRS 2016, 3054
VK Brandenburg, Beschluss vom 22.06.2016 - VK 5/16
1. Das maschinelle Mähen der Böschungen und Entfernen des Bewuchses aus der Grabensohle sowie das Beräumen der Grabensohle von abgelagertem organischen Material sind Gewässerunterhaltungsarbeiten, für die der Schwellenwert für Dienstleistungen maßgebend ist.
2. Unterwasserarbeiten können zwar als Wasserbau auch den Bauleistungen zugeordnet werden, dies setzt jedoch voraus, dass fühlbare Eingriffe in die Bauwerkssubstanz ausgeschrieben werden.
3. Für die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes ist die geschätzte Gesamtvergütung für die vorgesehenen Leistungen ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer maßgebend. Kosten aus einer vor 10 Jahren erfolgten Auftragsvergabe können dabei nicht als Marktpreise angesehen werden. Der Auftraggeber muss eine ausreichende Marktrecherche vornehmen, sich einen Überblick über die Marktlage verschaffen und dies entsprechend in der Vergabeakte dokumentieren.
VolltextIBRRS 2016, 3060
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2016 - 1 VK 29/16
1. Ein eingetragener Verein des Privatrechts ist nur dann ein öffentlicher Auftraggeber, wenn er im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art erfüllt (hier: Jugend- und Erwachsenenbildung), überwiegend staatlich finanziert wird und einer fachlichen Kontrolle des Staates unterliegt.
2. Ein eingetragener Verein ist nicht als öffentlicher Auftraggeber anzusehen, wenn er Jugendwohnheime betreibt und seinen Vereinszweck - Förderung der Jugend- und Erwachsenenbildung - überwiegend mit eigenen Mitteln aus dem Wohnheimbetrieb finanziert.
VolltextIBRRS 2016, 3026
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.10.2016 - 1 VK 45/16
Führt die Vergabestelle vor Aufhebung einer Ausschreibung keinerlei Preisaufklärung und Interessenabwägung durch, liegt ein Ermessensausfall vor und die Aufhebung ist rechtswidrig.
IBRRS 2016, 3056
VK Sachsen, Beschluss vom 13.05.2016 - 1/SVK/004-16
1. Nimmt ein Bieter in einer vom Auftraggeber vorgefertigten Tabelle handschriftliche Ergänzungen mit Querverweisen auf andere Spalten vor, statt in den Tabellenspalten die entsprechenden Zahlenwerte an der geforderten Stelle anzugeben, stellt dies eine Änderung der Vertragsunterlagen gemäß § 19 EG Abs. 3 d VOL/A 2009 dar. Auch in Kalkulationstabellen dürfen Erläuterungen oder Zusätze wie "in Position... enthalten" nicht in den Vertragsunterlagen angebracht werden.*)
2. Der den Ausschluss eines Angebots rechtfertigende Mangel kann dann nicht im Wege eines Aufklärungsgesprächs nach § 18 EG Satz 1 VOL/A 2009 beseitigt werden, wenn hierzu die Änderung des Angebots notwendig wäre.*)
VolltextIBRRS 2016, 3048
VK Sachsen, Beschluss vom 01.11.2016 - 1/SVK/020-16
1. Die Auskömmlichkeitsprüfung stellt eine Prognoseentscheidung dar, ob der Bieter in der Lage ist, seine Leistungen zu den angebotenen Preisen auftragsgerecht zu erbringen. Ihre abschließende Durchführung beinhaltet die Ausübung eines Beurteilungsspielraumes.*)
2. Einem Wiedereinstieg in eine bereits abgeschlossene Prüfung der Auskömmlichkeit der Angebotspreise stehen keine rechtlichen Bedenken entgegen, wenn neue objektive, sachbezogene und nichtdiskriminierende Gründe dafür vorliegen.*)
3. Ein Auftraggeber, der in der Vergangenheit wiederholt negative Erfahrungen mit der Preisbildung, der Preistransparenz oder der Belastbarkeit von in Aufklärungsgesprächen abgegebenen Preisauskünften eines Bieters gemacht hat, darf diese bei neuen Vergabeverfahren berücksichtigen und kann bei diesem Bieter eine Tiefenprüfung der Preise durchführen.*)
4. Standen sich Auftraggeber und Bieter bisher ausschließlich in problembelasteten Vertragsverhältnissen gegenüber, die in einem Fall in einer gegen Mitarbeiter des Auftraggebers gestellte Strafanzeige mündeten und geht selbst der Bieter davon aus, dass die Zusammenarbeit (oder das Vertrauensverhältnis) mittlerweile völlig gestört sei, kann nicht mehr von üblichen Meinungsverschiedenheiten auf der Baustelle die Rede sein. In einem solchen Fall ist ein Auftraggeber berechtigt, das Angebot dieses Bieters nach § 97 Abs. 4 Satz 1 GWB a.F. i.V.m. § 16 EG Abs. 2 Nr. 1 VOB/A 2012 wegen fehlender Eignung auszuschließen.*)
IBRRS 2016, 3061
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2016 - Verg 23/16
1. Ein Verfassungsorgan (hier: der Deutsche Bundestag) ist kein öffentlicher Auftraggeber. Auftraggeber - und damit Antragsgegner im Vergabenachprüfungsverfahren - ist bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags durch ein Verfassungsorgan des Bundes die Bundesrepublik Deutschland.
2. Die Vergabe von Aufträgen an Tochtergesellschaften des öffentlichen Auftraggebers ist nicht als vergabepflichtig anzusehen, wenn der Auftraggeber über den Auftragnehmer eine Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle (Kontroll- oder Beherrschungskriterium) und der Auftragnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen für den öffentlichen Auftraggeber verrichtet (Wesentlichkeitskriterium). Eine Beteiligung an der Geschäftsführung ist nicht erforderlich.
3. Das Wesentlichkeitskriterium ist nach dem bis zum 18.04.2016 geltenden "alten" Vergaberecht erfüllt, wenn das zu beauftragende Unternehmen 90% seiner Tätigkeit für die Körperschaften und öffentlichen Einrichtungen verrichtet, die ihre Anteile innehaben.
4. Art. 12 der Richtlinie 2014/24/EU, der es ausreichen lässt, wenn mehr als 80% der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person der Ausführung der Aufgaben dienen, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen vom diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden, entfaltet keine Vorwirkung dergestalt, dass das bis zum 18.04.2016 anwendbare Recht mit Blick auf die neue Regelung richtlinienkonform auszulegen wäre.
5. "In-House-schädliche" Fremdgeschäfte des Auftragnehmers sind nur solche Tätigkeiten, die nicht für den Auftraggeber oder ihm zuzurechnende Stellen, sondern für private Dritte erbracht werden.
IBRRS 2016, 3043
VK Sachsen, Beschluss vom 29.09.2016 - 1/SVK/021-16
1. Gem. § 20 Abs. 1 VOF dienen Präsentationen mit den ausgewählten Bietern der Ermittlung des Bieters, der im Hinblick auf die gestellte Aufgabe am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserbringung bietet. Dabei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, bei der dem Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht, der von der Vergabekammer nur eingeschränkt überprüfbar ist. Deshalb sind an die Bestimmtheit der Kriterien geringere Anforderungen zu stellen als bei einem Beschaffungsvorgang mit einer klar umrissenen Leistungsbeschreibung.*)
2. Bei der Überprüfung einer Bewertung von schöpferischen Leistungen ist einzustellen, dass ein Bewertungsergebnis ohnedies keine mathematische Genauigkeit in der Weise ausweisen kann, dass die bloße Anzahl positiver oder negativer Gesichtspunkte sich rechnerisch genau in der Punktebewertung niederschlägt. Es wäre unverhältnismäßig, von einem Auftraggeber zu verlangen, in der Begründung der Wertungsentscheidung einer Präsentation ausdrücklich auf jede - Einzelheit einzugehen. Eine zusammenfassende, auf die tragenden Gründe beschränkte Darstellung muss vielmehr genügen, sofern dadurch nicht wesentliche Elemente einer Präsentation ausgeblendet werden.*)
IBRRS 2016, 3028
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016 - 15 Verg 7/16
1. Jede produkt-, verfahrens- und technikspezifische Ausschreibung ist als solche wettbewerbsfeindlich. Allerdings obliegt dem öffentlichen Auftraggeber die Bestimmung des Auftragsgegenstands. Das Vergaberecht macht ihm grundsätzlich keine Vorgaben hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands (hier: eines Steinway & Sons-Flügels).
2. Es obliegt dem Auftraggeber, die an die zu beschaffenden Gegenstände zu stellenden funktionalen, technischen und ästhetischen Anforderungen nach seinem Bedarf festzulegen; die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes hat aber auf sach- und auftragsbezogenen Gründen zu beruhen.
3. Ist die Festlegung des Beschaffungsbedarfs aufgrund sachlicher und auftragsbezogener Gründe diskriminierungsfrei erfolgt, ist eine sich hieraus ergebende wettbewerbsverengende Wirkung hinzunehmen.
IBRRS 2016, 1069
VK Südbayern, Beschluss vom 08.04.2016 - Z3-3-3194-1-57-11/15
Dem Europäischen Gerichtshof wird zur Auslegung der Richtlinie 89/665/EWG in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist es mit der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes vereinbar, dass einer Person, die die Unwirksamkeit eines ohne vorherige Vergabebekanntmachung im Amtsblatt der europäischen Union abgeschlossenen Vertrags geltend macht, das Nachprüfungsverfahren mangels drohenden Schadens deshalb nicht eröffnet ist, weil der öffentlicher Auftraggeber, der vor der Vergabe keine Bekanntmachung im Amtsblatt der europäischen Union vorgenommen hat und kein geregeltes Vergabeverfahren durchgeführt hat, die zu erbringende Leistung durch Erklärung im Nachprüfungsverfahren bindend derart bestimmt, dass der klagende Wirtschaftsteilnehmer sie nicht erbringen könnte?
2. Stellt es eine wesentliche Vertragsänderung dar, wenn ein aus einem anderen öffentlichen Unternehmen ausgegründetes öffentliches Unternehmen im Rahmen Übergangs eines Betriebsteils mit dem bisherigen Leistungserbringer der betrieblichen Altersvorsorge des ausgründenden öffentlichen Unternehmens einen neuen Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge abschließt, der zur Sicherstellung der Rechte der übergegangenen Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter und Invalidität aus betrieblicher Altersvorsorge insoweit mit dem ursprünglichen Vertrag identisch ist und das ausgegründete öffentliche Unternehmen vom ausgründenden öffentlichen Unternehmen als Alleingesellschafter beherrscht wird?
IBRRS 2016, 2940
VK Westfalen, Beschluss vom 29.07.2016 - VK 2-25/16
1. Ein Ausschluss eines Angebots wegen einer fehlenden Erklärung gem. § 19 EG Abs. 3a VOL/A 2009 setzt voraus, dass diese wirksam gefordert wurde. Hat der öffentliche Auftraggeber die aus seiner Sicht vorzulegende Erklärung nicht in die abschließende Liste nach § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 aufgenommen, muss sie wenigstens eindeutig und unmissverständlich gefordert sein und der Bieter muss Gelegenheit zum Nachreichen erhalten.*)
2. Nicht wertungsrelevante Preise können nach § 19 EG Abs. 2 Satz 2 VOL/A 2009. nachgefordert werden.*)
IBRRS 2016, 2925
VK Brandenburg, Beschluss vom 29.10.2015 - VK 19/15
1. Für die Prüfung der Ungewöhnlichkeit des Angebotspreises ist nicht auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern auf den Gesamtpreis, die Endsumme des Angebotes abzustellen. Es kann deshalb nicht allein auf Stundenverrechnungssäte abgestellt werden.
2. Wird das nächstniedrigere Angebot um 2-4 % unterschritten, ist dies noch nicht als ungewöhnlich oder unangemessen niedrig zu bewerten.
3. In der allgemeinen vergaberechtlichen Praxis wird eine Aufgreifschwelle als zulässig erachtet, die zwischen 10 und 20 % liegt, bzw. erst ab einem Preisabstand von 20 % zum nächstgünstigeren Angebot beginnt. Es bleibt jedoch offen, ob diese Aufgreifschwelle auch im Bereich der Reinigungsdienstleistungen zulässig ist.
VolltextIBRRS 2016, 2939
VK Niedersachsen, Beschluss vom 23.11.2015 - VgK-46/2015
1. Die Mitwirkung des gemeinsamen Geschäftsführers eines Bieterunternehmens und eines das Vergabeverfahren auf Seiten des örtlichen Auftraggebers begleitenden Projektdienstleitungsbüros verstößt idR gegen § 16 VgV a.F.
2. Allerdings erstreckt sich das Mitwirkungsverbot dem Wortlaut nach nur auf Entscheidungen "in einem Vergabeverfahren", also Entscheidungen nach Veröffentlichung der Bekanntmachung und vor Erteilung des Zuschlags bzw. Aufhebung des Verfahrens. Das Mitwirken an einer Leitungsbeschreibung unterfällt deshalb nicht dem § 16 VgV a.F., weil vor der Vergabeentscheidung noch kein Bieter/Bewerber vorhanden ist.
3. Der Ausschluss eines Bieters wegen Vorbefassung und daraus resultierender wettbewerbsverzerrender Informationsvorsprünge ist unbegründet, wenn das Projektdienstleistungsbüro eine Plausibilitätsprüfung im Vorfeld des Verfahrens vorgenommen hat, als noch keine Statik- und Positionspläne vorlagen.
VolltextIBRRS 2016, 2926
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2016 - 3 VK LSA 27/16
1. Auch im Unterschwellenbereich ist die Pflicht zur produktneutralen Ausschreibung einzuhalten. Diese ist verletzt, wenn der öffentliche Auftraggeber vorschreibt, dass "hinsichtlich der Systemsicherheit und Firewall die vorgegebenen Produkte einzusetzen" sind, ohne dies näher zu begründen und zu dokumentieren.
2. Erbitten Bieter zusätzliche sachdienliche Auskünfte über die Vergabeunterlagen, so sind diese Auskünfte allen Unternehmen unverzüglich in gleicher Weise zu erteilen. Die Vergabestelle ist verpflichtet, unverzüglich und inhaltlich zutreffend diese Anfragen zu bearbeiten. Die Einhaltung dieser Auskunftspflicht muss in der Vergabeakte dokumentiert und damit nachgewiesen werden.
3. Auch im Unterschwellenbereich muss ein transparentes Verfahren betrieben und die Leistung eindeutig und erschöpfend beschrieben werden. Um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglichen, sind deshalb alle beeinflussenden Umstände festzustellen und in den Vergabeunterlagen anzugeben.
4. Ist die Präsentation des Angebots ein wertungsrelevanter Teil der Leistung, dürfen die Zuschlagskriterien nicht nur den Bietern bekanntgegeben werden, die auf Grund der rechnerischen Wertung in die engere Wahl gekommen sind, weil dadurch keine Vergleichbarkeit aller Angebote vorliegt.
OLG Naumburg, Beschluss vom 14.10.2016 - 7 Verg 3/16
1. Verstößt die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens gegen das Transparenzgebot (hier: unklar, ob es sich bei der Fahrzeitangabe "Orientierungswert maximal 60 Minuten" um einen Orientierungswert oder einen Maximalwert handelt) ist die Ausschreibung aufzuheben.
2. Für die Formulierung "Orientierungswert, in max. 60 Minuten" mit dem Verweis auf § 14 Abs. 5 ApoG gibt es weder eine exakte juristische noch eine dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende exakte Auslegung.
3. Kalkulationsvorgaben sind als Ausdruck der Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers zulässig, müssen jedoch klar sein. Wenn Rabatte in den Rechnungspreis einbezogen werden sollen und können, darf nicht offen bleiben, welche Rabatte aus den Umsätzen weitergegeben werden dürfen und in welchem Umfang.
4. Die Formulierung, dass "direkt rechnungswirksame Rabatte, nicht aber Bonus oder Kickback-Zahlungen" gemeint seien, "wobei diese letzteren Rabatte nicht weitergegeben werden müssen",deutet darauf hin, dass nicht direkt wirksame Rabatte weitergegeben werden "können". Es bleibt unklar, was der Auftraggeber unter rechnungswirksamen Rabatten versteht und welche Rabatte in welchem Umfang weitergegeben werden dürfen.
VolltextIBRRS 2016, 2942
VK Westfalen, Beschluss vom 25.10.2016 - VK 1-36/16
1. Trägt ein Bieter in eine Abfrageliste "Angebotenes System/Fabrikat" das von ihm eingetragene Fabrikat mit dem Zusatz "oder gleichwertig" ein, ist dies keine unzulässige Mehrfachangabe, wenn diese Liste auf eine mehr als 600 Seiten umfassende Leistungsbeschreibung bezugnimmt und keine Ausfüllanleitung beigefügt ist. Die Liste war nicht selbsterklärend und konnte so verstanden werden, dass die Vergabestelle sich einen Überblick über die in Betracht kommenden Systeme und Fabrikate verschaffen wollte.
2. Der Ausschluss eines Angebotes ist nur zulässig, wenn die Leistungsbeschreibung gerade auch in Bezug auf den Ausschlussgrund eindeutig gewesen ist.*)
3. Die nachträgliche Konkretisierung der Leistungsbeschreibung ist grundsätzlich zulässig und möglich.*)
4. Zu den Grenzen der Aufklärung von Angeboten, wenn die Leistungsbeschreibung nicht eindeutig war.*)
5. Die Entscheidungen oder Verfahrenshandlungen von Fachplanern gegenüber Bietern muss sich eine Vergabestelle grundsätzlich zurechnen lassen. Denn die Bieter kennen in der Regel die internen Vereinbarungen zwischen Vergabestelle und Fachplaner nicht.*)
IBRRS 2016, 2941
VK Südbayern, Beschluss vom 02.05.2016 - Z3-3-3194-1-07-02/16
1. Der apothekenrechtliche Grundsatz der Versorgung aus einer Hand gem. § 14 Abs. 5 Satz 2 ApoG steht einer Leistungserbringung durch Bietergemeinschaften entgegen.*)
2. Ein erteilter Zuschlag i.S.d. § 114 Abs. 2 GWB an eine Bietergemeinschaft ist unwirksam, wenn diese in ihrem Angebot ausdrücklich erklärt hat, dass Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers nicht die Bietergemeinschaft, sondern ein Mitglied der Bietergemeinschaft werden soll, das nicht am Vergabeverfahren teilgenommen hat.*)
3. Ein Angebot, das bewusst die Person des Bieters (Bietergemeinschaft oder Einzelbieter) offen lässt, ist regelmäßig auszuschließen.*)
4. Wird kein Preiswettbewerb bei jedem Einzelabruf durchgeführt, ist für eine wirksame Rahmenvereinbarung, wie bei Abschluss eines jeden Vertrages, erforderlich, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) festgelegt sind. Dazu gehört bei einem Lieferauftrag auch der Preis der zu liefernden Leistung. *)
5. Bleibt unklar, ob Preisangaben mit 0,00 Euro die Bedeutung haben "das Produkt wird für 0,00 Euro geliefert" oder "das Produkt wird nicht angeboten und gehört nicht zum Leistungsumfang", sind die entsprechenden Angebote nicht wertbar. *)
VolltextIBRRS 2016, 2764
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.10.2016 - Verg 24/16
1. Übersendet ein Bieter zu einem von ihm angebotenen Produkt im Rahmen der Aufklärung ein Datenblatt, das detaillierte Angaben zu den im Leistungsverzeichnis abgefragten Parametern enthält, erklärt der Bieter damit, dass sein angebotenes Produkt sämtliche in diesem Datenblatt aufgeführten Eigenschaften hat. Weichen technische Parameter des Datenblatts von geforderten Parametern des Leistungsverzeichnisses ab, führt dies zum zwingenden Angebotsausschluss.
2. Eine verbindliche Zusage des Auftraggebers nach Erhalt einer Rüge, dass er den Zuschlag erst später als zu dem im Bieterinformationsschreiben mitgeteilten frühesten Zuschlagstermin erteilen werde, führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit eines entgegen dieser Zusage doch erteilten Zuschlags.
3. Die 10-tägige Wartefrist nach § 101a Abs. 1 GWB a.F. wird nicht wirksam in Lauf gesetzt, wenn die Frist so über (Oster-)Feiertage und Wochenenden gelegt wird, dass einem Bieter für die Entscheidung über eine Nachprüfungsantrag praktisch nur vier bis fünf Tage verbleiben.
IBRRS 2016, 2380
LG Bremen, Urteil vom 04.05.2016 - 1 O 610/14
1. Der Einsatz nicht angemeldeter Nachunternehmer stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bieters begründet.
2. Schlechte Erfahrungen aus einem vorangegangenen Bauvertrag dürfen und müssen von der Vergabestelle bei einer Neuvergabe berücksichtigt werden.
3. Der Vergabestelle steht bei der Prüfung der Eignung ein umfassender Beurteilungsspielraum zu.
VolltextVPRRS 2016, 0491
VK Bund, Beschluss vom 29.08.2016 - VK 1-76/16
1. Eine Wertung ist nicht bereits dann fehlerhaft, wenn dasselbe Konzept bei anderen Ausschreibungen desselben öffentlichen Auftraggebers von anderen Wertern besser bewertet worden ist oder dass derselbe öffentliche Auftraggeber mit dem betreffenden Unternehmen bisher zufrieden war.
2. Verbindliche Rückschlüsse auf die Rechtmäßigkeit einer Wertung können nicht daraus gezogen werden, dass ein öffentlicher Auftraggeber früher bereits fehlerhaft gewertet hat.
VolltextIBRRS 2016, 2932
OLG Naumburg, Beschluss vom 12.09.2016 - 7 Verg 5/16
1. Angebote, bei denen Änderungen an den Vertragsunterlagen vorgenommen wurden, sind zwingend von der Angebotswertung auszuschließen.
2. Ob das Angebot eines Bieters von den Vertragsunterlagen abweicht und diese damit ändert, ist anhand der Leistungsbeschreibung einschließlich sämtlicher Anlagen, wie Erläuterungen, etwaigen Datenblättern etc., durch Auslegung zu ermitteln.
3. Für die Auslegung der Vertragsunterlagen ist ein objektiver Maßstab anzulegen und auf den Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters, der mit der Leistung vertraut ist, abzustellen.
4. Ein Angebotsausschluss wegen Änderungen an den Vertragsunterlagen setzt voraus, dass Gegenstand und Inhalt der Leistung entsprechend eindeutig beschrieben sind. Verstöße gegen interpretierbare oder missverständliche bzw. mehrdeutige Angaben in den Vergabeunterlagen führen somit nicht zum Angebotsausschluss.
5. Ein Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist abzulehnen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen der Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Darüber hinaus sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde in die Abwägung einzubeziehen, was eine summarische Bewertung des Sachstands und zumindest eine Plausibilitätsprüfung der Rechtsfragen erforderlich macht.
IBRRS 2016, 2913
VK Westfalen, Beschluss vom 01.09.2016 - VK 2-28/16
1. Beschreibt eine Leistungsbeschreibung die technischen Anforderungen durch Bezug auf die im Anhang TS definierten technischen Spezifikationen gemäß § 8 EG Abs. 2 VOL/A 2009, und fehlt dabei der Zusatz "oder gleichwertig", so verstößt die Beschreibung schon formal gegen die gesetzlichen Vorgaben. *)
2. Die Leistungsbeschreibung ist widersprüchlich und nicht eindeutig, wenn einerseits eine EMV-Zertifizierung für die Infrarot-Kamera gefordert wird, andererseits das nachgewiesene Funktionieren des Gesamtsystems ausreichen soll.
IBRRS 2016, 2887
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 13.04.2016 - 4 HK O 1154/16
1. Es liegt kein Verfügungsgrund für Eilrechtsschutz vor, wenn sich der Antragsteller nach Eintritt der Gefährdung (hier: Gefahr der Verhängung einer Vergabesperre) mehr als einen Monat Zeit damit lässt, einen Antrag einzureichen und das Verfahren zu betreiben. Der Antragsteller widerlegt durch dieses Verhalten, dass er ein schnelles Handeln für notwendig hält.
2. Diese Selbstwiderlegung kann einen an sich glaubhaften Verfügungsgrund entkräften. Es handelt sich um einen verallgemeinerungsfähigen Ausschlussgedanken, hinsichtlich des Verfügungsgrundes, der auch in anderen Rechtsgebieten als dem Wettbewerbsrecht gilt.
3. Ist der Verletzte gegen einen früheren Verstoß nicht rechtzeitig vorgegangen, fehlt auch die Dringlichkeit für einen Antrag auf Untersagung eines neuen, im Kern vergleichbaren Verstoßes.
VolltextIBRRS 2016, 2915
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.10.2016 - 21.VK-3194-33/16
1. Nach § 7 EG Abs. 1 VOB/A 2012 bezweckt das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, die Vorstellungen des Auftraggebers von der gewünschten Leistung in Bezug auf technische Merkmale oder Funktionen, Menge und Qualität für den Auftragnehmer so deutlich werden zu lassen, dass dieser Gegenstand, Art und Umfang der Leistung zweifelsfrei erkennen kann. Dieses Gebot hat sich an der Durchführbarkeit der Leistung zu orientieren und soll die exakte Preisermittlung sowie die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleisten.*)
2. Die Leistungsbeschreibung ist dann nicht eindeutig, wenn unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, die den Bieter im Unklaren lassen, welche Leistung von ihm in welcher Form und unter welchen Bedingungen angeboten werden soll. Die zu erbringende Leistung muss vielmehr so konkret dargestellt sein, dass alle Bewerber die Leistungsbeschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinander verglichen werden können.*)
3. Zur Klärung der Frage, welche Leistung durch die Leistungsbeschreibung erfasst wird, ist der objektive Empfängerhorizont der potentiellen Bieter gem. §§ 133, 157 BGB einer Auslegung zugrunde zu legen. Neben dem Wortlaut der Ausschreibung sind bei der Auslegung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.*)
IBRRS 2016, 2857
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.10.2016 - 1 VK 41/16
1. Änderungen oder Ergänzungen von Vergabeunterlagen mit interpretierbaren, missverständlichen oder mehrdeutigen Angaben führen nicht zum Angebotsausschluss.
2. Bei der Wertung des Preises unter Berücksichtigung des Kriteriums „bestes Preis-Leistungs-Verhältnis“ müssen die Wertungspunkte auch die Preisabstände widerspiegeln. Allerdings muss sich nicht jeder gesparte oder mehr aufgewandte Euro auswirken (entgegen VK Südbayern, Beschluss vom 30.08.2016, Z3-3-3194-1-28-07/16, IBRRS 2016, 2364 = VPRRS 2016, 0334).
3. Auch die Heranziehung einer Standardumrechnungsformel aus einem der einschlägigen Vergabehandbücher oder bei der Berechnung der Angebote über einen Dreisatz muss aus den Vergabeunterlagen heraus hinreichend erkenntlich sein.
4. Für die Rügeobliegenheit ist Voraussetzung, dass dem Antragsteller nicht nur der Sachverhalt, sondern daneben auch der Vergabefehler im Rechtssinne erkennbar sein musste. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist aber nicht auf Vergaberechtsexperten, sondern auf fachkundige Bieter abzustellen.
5. Bieter, die an Ausschreibungen mit hohen Auftragswerten teilnehmen, müssen zumindest über einen aktuellen Text der einschlägigen Vergabeordnung verfügen und auch wissen, welchen Mindestanforderungen die Vergabeunterlagen (und auch die Bekanntmachung) genügen müssen.
6. Ein Vergaberechtsverstoß, der sich durch bloßes Lesen der einschlägigen Normen und einen Vergleich mit dem Text der Vergabeunterlagen ohne weiteres feststellen lässt, ist für jeden erkennbar, der über die intellektuellen Fähigkeiten verfügt, die notwendig sind, um ein Angebot zu erstellen oder gar ein Unternehmen zu leiten.
IBRRS 2016, 2858
VK Sachsen, Beschluss vom 24.08.2016 - 1/SVK/017-16
1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung erfordert, dass ein öffentlicher Auftraggeber grundsätzlich jede Auskunft, die er einem anfragenden Bieter gibt, auch allen anderen Bietern erteilt. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Auftraggeber gegen das Gebot der Gleichbehandlung und Chancengleichheit aller Bieter verstößt. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine zusätzliche Auskunft handelt. Der Begriff der zusätzlichen Auskunft ist dabei weit auszulegen.*)
2. Ein Auftraggeber kann allenfalls im Einzelfall eine Bieterfrage individuell beantworten, wenn sie offensichtlich ein individuelles Missverständnis des Bieters betrifft und die allseitige Beantwortung der Frage Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verletzen oder die Identität des Bieters preisgeben würde.*)
IBRRS 2016, 2856
VK Brandenburg, Beschluss vom 23.06.2016 - VK 8/16
1. Entscheidet der Auftraggeber, dass er den überwiegenden Teil des verfahrensgegenständlichen Autobahnabschnitts in Betonbauweise ausschreibt, weil er an einem Bundesforschungsprojekt teilnimmt, basiert diese Entscheidung auf sach- und auftragsbezogenen Gründen, die nicht vergaberechtlich bedenklich sind.
2. Es würde dem Bestimmungsrecht des Auftraggebers widersprechen, im Nachprüfungsverfahren zu ermitteln, ob alternative Anforderungen seinem Beschaffungsziel genauso oder besser entsprechen und ihn deshalb gegebenenfalls zu verpflichten, eine Leistung mit anderen als denen von ihm festgelegten Merkmalen und Eigenschaften zu beschaffen.
IBRRS 2016, 2855
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.07.2016 - 1 VK 28/16
1. Die Bestimmung des Auftragsgegenstands obliegt dem Auftraggeber. Das Vergaberecht macht dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich keine Vorgaben hinsichtlich dessen, was er beschaffen muss oder will.
2. Das Vergaberecht regelt nur die Art und Weise der Beschaffung. Es liegt damit in der Hand des Auftraggebers, die an die zu beschaffenden Gegenstände zu stellenden funktionalen, technischen und ästhetischen Anforderungen nach seinem Bedarf festzulegen; die konkreten Spezifikationen müssen aber objektiv auftrags- und sachbezogen sein und dürfen keine diskriminierende Wirkung haben.
VolltextIBRRS 2016, 2853
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.08.2016 - 1 VK 36/16
1. In technischen Anforderungen darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verwiesen werden, „das die von einem bestimmten Unternehmen bereitgestellten Produkte charakterisiert“.
2. Gegen diese Verpflichtung zur produktneutralen Ausschreibung wird nicht nur dann verstoßen, wenn ein Leitfabrikat offen und explizit in der Leistungsbeschreibung benannt worden ist, sondern auch, wenn durch die Vielzahl der Vorgaben verdeckt ein Leitfabrikat ausgeschrieben wurde, weil nur ein einziges Produkt allen Vorgaben gerecht wird.
3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die fehlende Produktneutralität auf sachlichen Gründen beruht, liegt beim Auftraggeber. Hierzu bedarf es einer detaillierten und dokumentierten Begründung.
IBRRS 2016, 2844
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2016 - 2 VK LSA 12/16
1. Der Auftraggeber darf Angebote wegen verspäteten Eingangs des Aufklärungsschreibens nur dann ausschließen, wenn er vorab dem Bieter deutlich macht, dass es sich um eine Ausschlussfrist handelt.
2. Das aktuelle Gesetz (§ 18 EG VOL/A 2009) sieht anders als früher keine Rechtsfolge vor, wenn der Bieter vom Auftraggeber gesetzte Fristen für Aufklärungsmaßnahmen versäumt.
3. In Sachsen-Anhalt dürfen Dienstleistungen, die unter das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) fallen, nur an Bieter vergeben werden, die sich bei Angebotsabgabe schriftlich verpflichten, ihren Arbeitnehmern Arbeitsbedingungen zu gewähren, die mindestens den Vorgaben des für das Unternehmen nach dem AEntG geltenden Tarifvertrages entsprechen. Entspricht der vom Bieter vorgelegte Arbeitsvertrag einer Objektleiterin nicht dem (gem. AEntG) für allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrag für gewerblich Beschäftigte in der Gebäudereinigung, ist der Bieter nicht tariftreu und damit unzuverlässig.
VolltextVPRRS 2016, 0390
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.06.2015 - Verg 4/15
1. Die Vorschrift des § 132a Abs. 2 Satz 4 SGB V, wonach für die Versorgung der Versicherten mit Impfstoffen Verträge mit mindestens zwei pharmazeutischen Unternehmen innerhalb eines Versorgungsgebiets zu schließen sind, ist bieterschützend.
2. Das Ziel einer Beteiligung von mindestens zwei pharmazeutischen Unternehmen kann durch Wahl eines Mehr-Partner-Modells oder durch Losbildung erreicht werden.
3. Die Krankenkassen haben bei der Ausschreibung von Rabattverträgen keine größtmögliche Versorgungssicherheit für die Versicherten anzustreben oder zu gewährleisten.
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