Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10832 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2016
IBRRS 2016, 3473VK Bund, Beschluss vom 21.12.2015 - VK 1-106/15
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2016, 0500
OVG Sachsen, Beschluss vom 09.02.2016 - 5 B 315/15
1. Eine Verweisung entsprechend § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an die Vergabekammer oder den Vergabesenat scheidet wegen der Besonderheiten des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens (Beschleunigungsgrundsatz, Fristen) aus.*)
2. Zur Zuständigkeit der Vergabekammern für die Nachprüfung der Interimsvergabe von Rettungsdienstleistungen.*)
VolltextIBRRS 2016, 3467
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2016 - Verg 9/16
Ein Unternehmen kann sich, auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft, zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen. Es muss in diesem Fall dem Auftraggeber nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel bei der Erfüllung des Auftrags zur Verfügung stehen, indem es beispielsweise eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmen vorlegt.
VolltextIBRRS 2016, 2843
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2016 - 3 VK LSA 28/16
1. Mangels Hinweis auf Zuschlagskriterien in den Vergabeunterlagen und einer tabellarische Auflistung von Zuschlagskriterien mit späterem Datum ist davon auszugehen, dass die Zuschlagskriterien nicht vor der öffentlichen Bekanntgabe erstellt wurden.
2. Ist die Präsentation des Angebots wertungsrelevanter Teil der Leistung, dürfen Zuschlagskriterien nicht nur den Bietern in der engeren Wahl bekannt gegeben werden, weil dadurch die Angebote nicht mehr vergleichbar sind.
3. Antworten auf schriftlich formulierte Anfragen eines Bieters sind allen Bietern mitzuteilen und in der Akte zu dokumentieren.
IBRRS 2016, 2799
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.05.2016 - 2 VK LSA 40/15
1. Eine Ausschreibung ist intransparent, wenn nicht klar erkennbar ist, ob es sich bei der Fahrzeitangabe - "Orientierungswert: maximal 60 Minuten" ) um einen Orientierungswert oder einen Maximalwert handelt.
2. Geht ein Bieter davon aus, die vorgegebene Fahrzeit in jedem Fall einhalten zu können, hat er keinen Anlass, sich Gedanken zu machen, ob die Vorgabe eindeutig ist. Ob eine Rüge rechtzeitig erfolgt, richtet sich nach der Erkenntnismöglichkeit des konkreten Bieters.
3. Dürfen Rabatte in den Rechnungspreis einbezogen werden, muss klar erkennbar sein, welche Skonti, Bonus- und Kickback-Zahlungen gemeint sind und wie bei Gesamtrabatten zu verfahren ist.
4. Versucht ein Bieter die Vergabeentscheidung zu beeinflussen, indem im Begleitschreiben der Vergabeunterlagen darauf hingewiesen wird, dass der Bieter dem öffentlichen Auftraggeber in der Vergangenheit finanzielle Zuwendungen gewährt hat, verstößt dieses Verhalten gegen den Wettbewerbsgrundsatz und muss im Rahmen der Bietereignung berücksichtigt werden.
VolltextIBRRS 2016, 2776
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2016 - Verg 57/15
1. Die Preisprüfung erstreckt sich darauf, ob der angebotene Gesamtpreis im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich oder unangemessen niedrig ist und zur Leistung in einem Missverhältnis steht.
2. Auch ein Angebot, das mehr als 20% vom nächsthöheren abweicht, kann den Zuschlag erhalten, wenn der Bieter nachweist, dass er wettbewerbskonforme Ziele verfolgt und den unauskömmlichen Auftrag zuverlässig und (bis zu einer längstmöglichen vertraglichen Befristung) ordnungsgemäß ausführen kann. Die Entscheidung darüber hat der Auftraggeber aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse zu prognostizieren.
3. In die Prognoseentscheidung sind langjährige Rabattverträge einzustellen, bei denen es trotz ausgewiesener Verbindlichkeiten nie zu Lieferschwierigkeiten kam.
4. Eine negative Prognose kann nicht darauf gestützt werden, dass der Bieter bereits mehrere Zuschläge auf Unterkostenangebote erhalten hat und mit jedem Zuschlag das Risiko wirtschaftlicher Überforderung steigt.
IBRRS 2016, 2792
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.10.2016 - 11 Verg 13/16
1. Der Ausschluss wegen fehlender oder unvollständiger Angaben erstreckt sich über den Wortlaut des § 19 EG Abs. 3 a VOL/A 2009 hinaus auch auf Preisangaben und Kalkulationsvorgaben. Dabei liegen unvollständige Angaben auch dann vor, wenn eine Preisangabe eingetragen wurde, diese jedoch nicht auf der vorgegebenen Kalkulationsgrundlage beruht.
2. Der Nachweis der Unvollständigkeit eines Angebots ist dabei grundsätzlich vom Auftraggeber zu führen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Preisangaben vollständig und zutreffend sind.
3. Gelingt es dem Auftraggeber, den Nachweis der Unvollständigkeit zu führen, obliegt es dem Bieter, dies durch Gegenbeweis zu entkräften. Ihn trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.
4. Trägt ein Verfahrensbeteiligter entgegen der ihm obliegenden Verfahrensförderungspflicht aus § 113 Abs. 2 GWB a.F. derart spät zur Sache vor, dass den anderen Beteiligten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die die Entscheidung ergeht, eine Erwiderung unter zumutbaren Bedingungen nicht mehr möglich ist, so ist dieses Vorbringen nicht berücksichtigungsfähig.
5. Eine bereits im Nachprüfungsverfahren verspätete Rüge erlangt auch im Beschwerdeverfahren keine Bedeutung.
IBRRS 2016, 2827
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.07.2016 - 21.VK-3194-12/16
1. Die Vergabestelle hat eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob der Bieter zum angebotenen Preis voraussichtlich zuverlässig und vertragsgerecht leisten kann. Diese Entscheidung unterliegt ihrem Beurteilungsspielraum, dessen Ausübung von den Vergabenachprüfungsinstanzen nach allgemeinen Grundsätzen nur beschränkt auf Einhaltung der Grenzen kontrolliert werden kann. Die Nachprüfungsinstanz kann nur daraufhin überprüfen, ob die Vergabestelle den Sachverhalt vollständig ermittelt hat, keine sachwidrigen Erwägungen angestellt hat und nicht gegen Bewertungsgrundsätze und -vorgaben verstoßen wurde.*)
2. Der öffentliche Auftraggeber ist grundsätzlich frei, wie er sich die für die Eignungsbeurteilung erforderlichen Kenntnisse verschafft, z. B. durch die Einholung von Auskünften. Bei der Bemessung der erforderlichen Prüfungstiefe des öffentlichen Auftraggebers bestehen wegen seines anzuerkennenden Interesses an einer zügigen Beschaffung gewisse Zumutbarkeitsgrenzen.*)
IBRRS 2016, 2786
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.05.2016 - 1 VK LSA 02/16
1. Die Vorgabe des Auftraggebers, dass Referenzanlagen mit einem hydraulischen Durchsatz von mindestens 50 m³/h gefordert werden, ist nicht eindeutig. Für den fachkundigen Bieter ist nicht erkennbar, ob der tatsächliche Durchsatz oder die Durchsatzkapazität gemeint ist.
2. Wird diese unscharfe Formulierung in den Vergabeunterlagen nicht näher ausgeführt, kann ein Bieter nicht mangels nachgewiesener fachlicher Eignung ausgeschlossen werden.
3. Nach dem Grundsatz des freien und transparenten Wettbewerbs besteht ein Anspruch auf eindeutig formulierte Teilnahmebedingungen in der Bekanntmachung.
VolltextVK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.09.2016 - 1 VK LSA 23/16
1. Fahrzeuge zur Schülerbeförderung müssen mindestens an den Rückseiten mit zwei zusätzlichen Fahrtrichtungsanzeigern ausgerüstet sein. Erklärt ein Bieter, in der Vergangenheit Schulbusse ohne zusätzliche Blinker eingesetzt zu haben, ist dies ein Verstoß gegen die zwingende Regelung zum Schutz der zu befördernden Schüler, der an der Eignung des Bieters zweifeln lässt.
2. Der Auftraggeber hat sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, wenn er diesen Verstoß im Rahmen der Eignungsprüfung nicht berücksichtigt hat.
3. Originalformulare der Vergabeunterlagen dürfen nicht durch eigene Formulare ersetzt werden.
4. Meint ein Bieter, dass sein Angebot unrechtmäßig ausgeschlossen wurde, ist ein Nachprüfungsantrag ohne vorherige rechtzeitige Rüge unzulässig.
VolltextIBRRS 2016, 2807
OLG Jena, Urteil vom 26.11.2014 - 7 U 862/13
1. Ein Ingenieurvertrag kommt jedenfalls dann nicht durch schlüssiges Verhalten zustande, wenn beide Vertragsparteien auf Schriftlichkeit bedacht waren.
2. Das Verhandlungsverfahren hat den Zweck, den Leistungsinhalt zu finden und kann sich auf beliebig viele Besprechungs- und Verhandlungstermine erstrecken. Erst nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens steht der Vertragsinhalt fest. Die Niederschriften beweisen daher keinen Leistungsabruf.
3. Der Auftraggeber ist aufgrund eines Verhandlungsverfahrens nicht verpflichtet, einen Vertrag abzuschließen. Er kann das Vorhaben z.B. wegen Nichtfinanzierbarkeit "auf Eis legen". Daraus kann kein Schadensersatzanspruch aus Verhandlungsverschulden hergeleitet werden.
VolltextVK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2016 - 1 VK LSA 12/16
1. Selbst geringfügige Abweichungen von den Vorgaben der Vergabestelle genügen für einen Angebotsausschluss. Ein Bieter muss grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Auftraggeber die Leistung genauso erhalten möchte, wie er sie in den Vertragsunterlagen festgelegt hat.*)
2. Die Vergabeunterlagen werden unzulässig geändert, wenn anstelle des geforderten Formblatts "Tourenblatt je Einzellos" ein eigenes Formblatt eingereicht wird. Dabei ist unerheblich, ob zwischen den tatsächlich verwendeten und den zwingend zu verwendenden Formblättern inhaltliche Unterschiede bestehen.
3. Ein Auftraggeber verhält sich widersprüchlich, wenn er einerseits annimmt, bestimmte Erklärungen von einem Bieter rechtlich nicht nachfordern zu können, andererseits aber genau diese Unterlagen bei anderen Bietern nachfordert.
VolltextIBRRS 2016, 2768
VK Nordbayern, Beschluss vom 13.09.2016 - 21.VK-3194-15/16
1. Üblicherweise werden Referenzen für die Eignungsprüfung herangezogen. Diese müssen sich nicht auf identische, aber vergleichbare Leistungen beziehen. Werden für die geforderten ausgeschriebenen Leistungen keine Referenzen angegeben, kann daraus geschlossen werden, dass der Bieter nicht über die notwendigen Kenntnisse zur Ausführung dieser Leistung verfügt.
2. Die Präqualifikation in der VOB soll das Basisgeschehen am Bau abdecken. Spezielle Bauleistungen (hier: Aluminium-Pfosten-Riegel-Fassadenkonstruktion) sind nicht grundsätzlich durch den Leistungsbereich Metallbauarbeiten abgedeckt. *)
3. Nach § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB a.F. ist ein Antrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Eine Präklusion tritt nur ein, wenn die Bieter in der Bekanntmachung über die Antragsfrist belehrt wurden. *)
VolltextIBRRS 2016, 2753
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.05.2016 - 1 VK 18/16
1. Es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung vor, wenn der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen gegen den Grundsatz der Produktneutralität verstößt, ohne nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe dafür anzugeben. Die Bestimmung scheint dann willkürlich getroffen und diskriminiert andere Wirtschaftsteilnehmer.
2. Eine angestrebte Vereinheitlichung der Technik hat nicht zwingend zur Folge, dass nur auf die Fabrikate eines Herstellers zurückgegriffen werden muss. Entscheidend ist, dass die Produkte von verschiedenen Firmen zuverlässig miteinander kommunizieren können. Dass dies ausschließlich bei Verwendung von Produkten der angegebenen Firma der Fall sein soll, ist vom darlegungs- und beweisbelasteten Auftraggeber auszuführen, detailliert zu begründen und in der Vergabeakte zu dokumentierten.
3. Produktvorgaben können zwar gerechtfertigt sein, wenn andernfalls ein unwirtschaftlicher Aufwand in Bezug auf die Ersatzteilhaltung, Mitarbeiterschulung und Wartungsarbeiten erforderlich wird. Dazu hat der Auftraggeber nachzuweisen, dass sich z.B. der Schulungsaufwand durch den Einbau verschiedener Produkte erhöht. Denn auch beim Einbau von neuentwickelten Produkten eines bereits bekannten Herstellers kann Schulungsaufwand entstehen, der im Einzelfall nicht geringer sein muss, als bei Einführung eines neuen Produkts eines anderen Herstellers.
4. Der Auftraggeber hat den Gang und die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens zeitnah und fortlaufend in den Vergabeakten zu dokumentieren. Dies dient dazu, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und für die Bieter und die Nachprüfungsinstanzen überprüfbar zu machen. Ein Vergabevermerk erst nach Abschluss des Verfahrens und Zuschlagserteilung genügt nicht.
IBRRS 2016, 2767
VK Westfalen, Beschluss vom 21.09.2016 - VK 1-30/16
1. Privatschulen, die als eingetragene Vereine i.S. des BGB gegründet wurden, sind öffentliche Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 2 GWB.*)
2. Die Aufhebung einer öffentlichen Ausschreibung steht in der alleinigen Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers. Dieser kann - auch unabhängig von etwaigen Aufhebungsgründen - seine Ausschreibung aufheben oder auch teilaufheben oder zurückversetzen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2766
VK Westfalen, Beschluss vom 16.08.2016 - VK 1-29/16
1. Die Vorgaben für die "Bewertung" der Angebote muss ein Auftraggeber offenlegen. Er kann seine Bewertungsmethode nicht nach Erhalt der Angebote einfach ändern.*)
2. Die Eignung der Bieter kann erneut geprüft werden, wenn der zu Grunde gelegte Sachverhalt unvollständig war und nicht ausreichend aufgeklärt wurde. Die erneute Beurteilungsentscheidung kann von der Vergabekammer sogleich im Nachprüfungsverfahren überprüft werden.*)
IBRRS 2016, 2754
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.11.2015 - VK 20/15
1. Ein Zuschlagskriterium der Wertungsmatrix (hier: Unterkriterium "Baukosten" des Zuschlagskriteriums "Preis/Honorar") kann im Nachprüfungsverfahren nicht mehr beanstandet werden, wenn im vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb eine Frist zur Abgabe des Angebots angegeben war und innerhalb dieser Frist keine Rüge des Wertungskriteriums erfolgte.
2. Durch die Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbare Vergabeverstöße sind spätestens bis zum Ablauf der Angebots- oder Bewerbungsfrist zu rügen. Andernfalls ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig.
3. Zweck der Rügeobliegenheit ist es, etwaige Vergaberechtsfehler im frühestmöglichen Stadium zu korrigieren und zu verhindern, dass am Vergabeverfahren beteiligte Bieter erkannte oder erkennbare Verstöße gegen das Vergaberecht sammeln und so lange mit einer Beanstandung warten, bis klar sei, dass ihre Spekulation, den Zuschlag zu erhalten, nicht aufgegangen ist.
4. Erkennbar ist ein Verstoß, der sich bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt erschließt. Es ist dabei nicht auf einen Vergaberechtsexperten, sondern auf den fachkundigen Bieter mit den üblichen Kenntnissen aus dem durch die spezielle Ausschreibung angesprochenen Bieterkreis abzustellen.
VolltextIBRRS 2016, 2794
EuGH, Urteil vom 10.11.2016 - Rs. C-199/15
Art. 45 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, einen Verstoß bei der Entrichtung von Sozialbeiträgen, der in einer Bescheinigung festgestellt wird, die vom öffentlichen Auftraggeber von Amts wegen angefordert und von den Sozialversicherungsträgern ausgestellt wird, als Ausschlussgrund anzusehen, wenn dieser Verstoß zum Zeitpunkt der Teilnahme an einer Ausschreibung vorlag, und zwar selbst dann, wenn er zum Zeitpunkt der Vergabe oder der Überprüfung von Amts wegen durch den öffentlichen Auftraggeber nicht mehr vorhanden war.*)
IBRRS 2016, 2787
VK Nordbayern, Beschluss vom 27.09.2016 - 21.VK-3194-34/16
1. Die Abgabe eines Angebots ist nicht zwingende Voraussetzung für die Bejahung des Interesses am Auftrag, insbesondere, wenn die ASt vorträgt, gerade durch vergaberechtlich unzulässige Eignungsanforderungen an der Teilnahme am Wettbewerb gehindert worden zu sein. Die Ausarbeitung und Abgabe eines Angebots, von dem von vornherein bekannt ist, dass es anhand der von der VSt aufgestellten Kriterien ausgeschlossen werden würde, kann von der ASt nicht verlangt werden.*)
2. Die in § 97 GWB niedergelegten vergaberechtlichen Grundsätze geben der Vergabestelle einen Rahmen vor, in dem sie sich hinsichtlich der Anforderung von Eignungsnachweisen und dem Aufstellen von Ausschlusskriterien bewegen darf. Dabei steht es einem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich frei, die von ihm für erforderlich gehaltenen Eignungsvorgaben selbst zu definieren und die von den Bietern zu erfüllenden Anforderungen festzulegen.*)
3. Für die Frage, ob ein Kriterium diskriminierende Wirkung aufweist, kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin tatsächlich als einzige Teilnehmerin des Vergabeverfahrens von diesem Kriterium betroffen ist. Vielmehr ist danach zu fragen, ob das Kriterium so ausgestaltet wurde, dass bereits die Möglichkeit einer Betroffenheit von Anfang an nur für die ASt gegeben war.*)
4. Ein Auftraggeber ist hinsichtlich der Aufstellung von Kriterien zur Eignung bzw. Nichteignung nicht völlig frei, sondern die aufgestellten Erfordernisse müssen durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein sowie die allgemeinen vergaberechtlichen Anforderungen berücksichtigen.*)
VPRRS 2016, 0418
VK Bund, Beschluss vom 08.04.2016 - VK 1-104/15
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2016, 2752
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.04.2016 - 1 VK 3/16
1. Die Eignungsprüfung dient dazu, die Bieter zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Leistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Unternehmen auszusortieren.
2. Neben den in der Vergabebekanntmachung geforderten Nachweisen, anhand derer der Auftraggeber die entsprechende Prüfung durchführen will, dürfen auch eigene Erfahrungen mit den Bietern aus der Vergangenheit in die Prognoseentscheidung einbezogen werden.
3. Ein Bieter kann nicht aufgrund des Hinweises "Ein Bewohner hat den Wachdienst beschuldigt, dass er für diesen Schulden eintreiben sollte." als ungeeignet ausgeschlossen werden, wenn sich diese Aussage nicht beweisen ließ.
4. Zwar hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt überprüfbar ist. Dieser ist jedoch überschritten, wenn ein unzutreffender, nicht hinreichend ermittelter oder überprüfter Sachverhalt zugrunde gelegt wird oder sachwidrige Erwägungen einbezogen werden.
VolltextIBRRS 2016, 2739
VK Sachsen, Beschluss vom 30.08.2016 - 1/SVK/016-16
1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht gehalten, sich durch eine Markterkundung einen Überblick über die vorhandenen technischen Lösungen zur Befriedigung seines Beschaffungsbedarfs zu verschaffen, um so die Voraussetzungen für eine produktneutrale Ausschreibung herzustellen. Ob eine andere (technische) Lösung möglich ist, muss daher nicht notwendigerweise vom Auftraggeber untersucht werden, denn eine Pflicht zur Markterkundung würde zu einer unangemessenen Verrechtlichung der Beschaffungsentscheidung führen.*)
2. Eine produktspezifische Ausschreibung kann dann sachlich gerechtfertigt sein, wenn bspw. die Ersetzung vorhandener Produkte kostenintensiver wäre, langjähriges Know-How von Mitarbeiter verloren ginge, der aufzubringende Zeit- und Kostenaufwand deutlich größer wäre, ernsthafte Kompatibilitätsprobleme zu befürchten wären oder ein erhebliches Risikopotential für Fehlfunktionen bestünde. Ebenso darf ein Auftraggeber zur Wahrung der Zuverlässigkeit von Forschungsergebnissen und Funktionsfähigkeit seiner Arbeitsabläufe, die der Fortführung von jahrelangen Forschungsreihen dienen auf "Nummer sicher" gehen und eine Vergabe so gestalten, dass die mit der Beschaffung verbundenen Risiken möglichst überschaubar gehalten werden.*)
3. Bei der Untersuchung, ob von einem öffentlichen Auftraggeber für eine produktspezifische Festlegung des Beschaffungsbedarfes hinreichende, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind, kann zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, dass dieser in einem knappen Zeitrahmen mit begrenzten Ressourcen über eine hohe Anzahl von Einzelprodukten mit hohen Einzelstückzahlen zu entscheiden hatte.*)
4. Eine einzige, pauschale Begründung in der Leistungsbeschreibung ist nicht ausreichend, um die Produktspezifizierung für 313 unterschiedliche Produkte zu rechtfertigen. Es kann auch keinen begründungsfreien, pauschalen, prozentualen Toleranzbereich einer im Übrigen gerechtfertigten produktspezifischen Gesamtvergabe geben. Dies würde in die Zukunft gedacht Missbrauchsfälle produzieren und außer Acht lassen, dass eine den Wettbewerb begrenzende Festlegung des Auftraggebers nur in Ausnahmefällen erfolgen darf.*)
VolltextIBRRS 2016, 2738
VK Sachsen, Beschluss vom 23.08.2016 - 1/SVK/015-16
Ist das Angebot eines Bieters vollständig, ist ein öffentlicher Auftraggeber weder berechtigt noch verpflichtet nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 VOB/A 2012 andere Nachweise resp. Referenzen zu fordern. Allenfalls besteht die Möglichkeit, die im Angebot benannten Referenzen weiter nach § 15 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012 aufzuklären. Denn die Bieter dürfen durch Aufklärungsmaßnahmen keinesfalls in die Lage versetzt werden, ihr Angebot nachträglich zu modifizieren und zu verbessern.*)
IBRRS 2016, 2747
VK Westfalen, Beschluss vom 08.09.2016 - VK 1-27/16
1. Die "Plausibilität der Kalkulation" ist kein unternehmensbezogener Eignungsnachweis, sondern dies stellt eine leistungsbezogene Anforderung dar. Eignungs- und Zuschlagskriterien dürfen nicht miteinander vermengt werden. *)
2. Bestehen hinsichtlich der Kalkulation eines Bieters Unklarheiten und soll der Bieter aufgrund dessen ausgeschlossen werden, muss der Auftraggeber dieses Angebot zunächst aufklären. *)
3. Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage kommt es nicht darauf an, ob Verschulden vorliegt. Entscheidend ist lediglich das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses.*)
VolltextIBRRS 2016, 2746
VK Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2016 - VK 24/15
1. Eine fehlende Angabe von Kontaktdaten "Telefon oder E-Mail" der Referenzgeber rechtfertigen keinen sofortigen Ausschluss des Angebotes. Dies gilt selbst dann, wenn der Auftraggeber die Angaben zu den Referenzen mittels des Vordrucks "Eigenerklärung zur Eignung" als Mindestanforderungen zur Angebotsabgabe gefordert hat.
2. Geforderte, aber nicht angegebene Kontaktdaten sind fehlende Erklärungen, also keine inhaltlichen, sondern formale Mängel des Angebots.
3. Der Auftraggeber ist verpflichtet, die fehlenden Angaben nachzufordern. Das Angebot darf erst ausgeschlossen werden, wenn der Bieter dem Nachforderungsverlangen nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist.
VolltextIBRRS 2016, 2717
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.03.2016 - 3 VK LSA 01/16
1. Auf Angebote mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen darf ein Zuschlag nicht erteilt werden. Der Auftraggeber darf Einsicht nehmen in die Preisermittlungen der Bieter, um zu prüfen, ob der angebotene Preis angemessen ist.
2. Um ermitteln und beurteilen zu können, ob Preise angemessen sind, können als Maßstab Angebote anderer Anbieter, Daten aus anderen Ausschreibungen, sowie für vergleichbare Leistungen vom Auftraggeber gezahlte oder ihm angebotene Preise ebenso dienen, wie Kostenschätzungen und Kalkulationen beratender Ingenieurbüros.
VolltextIBRRS 2016, 1504
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2016 - 1 VK 21/16
1. Zuschlags- und Unterkriterien, deren Gewichtung sowie der Bewertungsmaßstab sind den Bietern vollständig offenzulegen.
2. Durch Bekanntgabe der für die Angebotswertung vorgesehenen Bewertungsregeln zur konkreten Anwendung der Zuschlags- und Unterkriterien müssen die Bieter deren Tragweite erkennen können.
VolltextVK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2016 - 3 VK LSA 17/16
1. Eine als "Verhandlungsverfahren" bezeichnete freihändige Vergabe zur Verpachtung einer Kantine für ein Jahr wegen unvorhergesehener Kündigung des Pächters ist zulässig, wenn sich diese Umstände aus dem Protokoll zum Bietergespräch eindeutig ergeben.
2. Die Antragstellerin ist verpflichtet, die Verpflegung von Studenten, Fortbildungsteilnehmer und Auszubildenden aus Fürsorgegründen sicherzustellen. Auf Grund der abgeschiedenen Ortslage ist dies ein dringender Grund für eine freihändige Vergabe, der umfassend dokumentiert wurde. Dringlichkeit besteht nicht nur in Katastrophenfällen.
3. Die Antragstellerin konnte nicht vorhersehen, dass der Pächter so kurzfristig kündigt. Führen dringende Gründe dazu, dass vorgeschriebene Fristen nicht eingehalten werden können, ist dies nicht automatisch dem Auftraggeber zuzurechnen.
4. Darüber hinaus berücksichtigt die Antragstellerin den Wettbewerbsgrundsatz, indem die freihändige Vergabe nur für ein Jahr erfolgt und anschließend neu ausgeschrieben werden soll.
VolltextIBRRS 2016, 2710
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2016 - 3 VK LSA 35/16
1. Entspricht das Angebot eines Bieters nicht den Vorgaben der Leistungsbeschreibung (hier: vollautomatische Dienstplansoftware für die Feuerwehr), ist es nicht zuschlagsfähig und damit zwingend auszuschließen.
2. Kann der Bieter im Rahmen der Produktpräsentation nicht nachweisen, dass die angebotene Software die ausgeschriebene, gewünschte Leistung erfüllt und in der Lage ist, die Planung der Dienste unter Berücksichtigung der Fähig- und Fertigkeiten, Qualifikationen, verfügbaren Ressourcen und medizinischen Informationen möglichst ausgewogen und gerecht zu verteilen, ohne dass personelle Ressourcen nötig sind, entspricht das Angebot nicht der Ausschreibung.
3. Es steht im Ermessen des Auftraggebers, welche Anforderungen er an die von ihm ausgeschriebene gewünschte Leistung stellt. Er hat das Recht, die Einzelheiten des Auftrages zu bestimmen und ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Leistungen frei.
VolltextIBRRS 2016, 2732
EuGH, Urteil vom 27.10.2016 - Rs. C-292/15
1. Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ist dahin auszulegen, dass bei der Vergabe eines Auftrags für den öffentlichen Personenverkehrsdienst mit Bussen Art. 4 Abs. 7 der Verordnung auf den Auftrag anwendbar bleibt.*)
2. Art. 4 Abs. 7 Verordnung Nr. 1370/2007 ist dahin auszulegen, dass er einen öffentlichen Auftraggeber nicht daran hindert, einem Betreiber, der mit der Verwaltung und Erbringung eines öffentlichen Personenverkehrsdienstes mit Bussen wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betraut ist, eine Selbsterbringungsquote von 70% aufzuerlegen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2731
EuGH, Urteil vom 07.09.2016 - Rs. C-549/14
Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftrag nach seiner Vergabe nicht wesentlich geändert werden darf, ohne dass ein neues Vergabeverfahren eröffnet wird, selbst wenn die betreffende Änderung objektiv eine Vergleichsvereinbarung darstellt, die von Seiten beider Parteien wechselseitige Zugeständnisse beinhaltet und dazu dient, einen Streit mit ungewissem Ausgang beizulegen, der aus einer Störung des Vertragsverhältnisses entstanden ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Auftragsunterlagen sowohl die Befugnis vorsehen, bestimmte, selbst wichtige Bedingungen nach der Auftragsvergabe anzupassen, als auch die Modalitäten regeln, nach denen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht wird.*)
IBRRS 2016, 2730
EuGH, Urteil vom 08.09.2016 - Rs. C-225/15
1. Die Richtlinie 2004/18/EG, insbesondere Art. 47, ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung über die Erteilung von Konzessionen im Glücksspielbereich wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht in ihren Anwendungsbereich fällt.*)
2. Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nach der Wirtschaftsteilnehmer, die an einem Verfahren zur Vergabe von Konzessionen im Bereich Glücksspiele und Wetten teilnehmen wollen, ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit anhand von Bescheinigungen von mindestens zwei Kreditinstituten nachweisen müssen, ohne dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt würde, diesen Nachweis durch einen anderen Beleg zu erbringen, dann nicht entgegensteht, wenn diese Bestimmung den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit genügt, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.*)
VolltextIBRRS 2016, 2723
VK Westfalen, Beschluss vom 28.10.2016 - VK 1-33/16
1. Ob eine Aufgabe "nichtgewerblicher Art" i. S. v. § 99 Nr. 2 GWB 2016 vorliegt, kann nicht abstrakt festgestellt werden, sondern ist durch Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.*)
2. Aus den Gesamtumständen muss man schlussfolgern können, dass die jeweilige juristische Person des Privatrechts nicht den gängigen Marktmechanismen unterworfen ist, sondern bedingt durch die Nähe zu einer staatsbezogenen Einrichtung wirtschaftliche Vorteile hat, die ihr eine marktbezogene Sonderstellung im Verhältnis zu anderen Wettbewerbern einräumt.*)
3. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass zwischen den Beteiligten verbindliche Mechanismen vertraglich festgelegt worden sind, die dem Unternehmen die Sicherheit einer Bestandsgarantie geben und dessen Insolvenz verhindern bzw. eine finanzielle Unterstützung auch bei fortdauernder Unwirtschaftlichkeit garantieren. Es muss lediglich möglich erscheinen, dass der Staat als Anteilseigner Maßnahmen ergreifen würde, die zur Verhinderung einer Insolvenz erforderlich sind.*)
4. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang das Unternehmen im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art erfüllt. Diese Aufgaben können auch einen nur geringfügigen Teil der Gesamttätigkeit des Unternehmens ausmachen, damit insgesamt ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 2 GWB 2016 vorliegt.*)
VolltextIBRRS 2016, 2709
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2016 - 3 VK LSA 33/16
1. Es ist sachgerecht und zulässig, wenn der Auftraggeber in seine Wertung Erfahrungen mit einbezieht, die er mit einem bestimmten Bieter in der Vergangenheit gemacht hat. Erfahrungen mit dem Bieter aus vier Bauvorhaben, von denen drei gekündigt wurden, sprechen für mangelnde Sorgfalt bei der Ausführung früherer Arbeiten und sind ein Kriterium für die Unzuverlässigkeit eines Bieters.
2. Zuverlässig ist ein Bieter, der seinen gesetzlichen Verpflichtungen - auch zur Entrichtung von Steuern und sonstigen Abgaben - nachgekommen ist und der aufgrund der Erfüllung früherer Verträge eine einwandfreie Ausführung einschließlich Erfüllung der Mängelansprüche erwarten lässt.
3. Grundsätzlich kann sich die Vergabestelle bei der Eignungsprüfung im Rahmen der Prognoseentscheidung, ob vom Bieter unter allen heranzuziehenden Gesichtspunkten eine einwandfreie und vertragsgemäße Auftragsdurchführung zu erwarten ist, auch auf negative Erfahrungen bei einer vorangegangenen Maßnahme berufen. Hierbei reicht es aus, wenn sie bei nur einem von mehreren Verträgen schlechte Erfahrungen mit dem Bieter gesammelt hat.
VolltextIBRRS 2016, 2712
KG, Urteil vom 06.09.2016 - 9 U 9/15
Schließt der öffentliche Auftraggeber in einem Vergabeverfahren einen Bieter, dem der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre, schuldhaft vergaberechtswidrig aus und erteilt einem anderen Unternehmen den Auftrag, so berechnet sich der dem Bieter von dem öffentlichen Auftraggeber gem. § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, §§ 249 ff. BGB zu ersetzende Schaden nach der entgangenen Vergütung (hier: Werklohn) abzüglich ersparter Aufwendungen (hier: ersparter Aufwand für Material und Lohn); dass Aufwendungen, die zur Erfüllung des Auftrags erforderlich gewesen wären, angefallen sind, obgleich die Leistungen nicht zu erbringen waren (hier: Lohnaufwand für Arbeitnehmer, die nicht beschäftigt werden konnten), hat der Bieter darzulegen und zu beweisen.*)
IBRRS 2016, 2696
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2016 - 3 VK LSA 14/16
1. Es verstößt nicht gegen die EU-Vergaberichtlinien, den Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen, wenn alle gewerteten Nebenangebote berücksichtigt werden.
2. Hat der Auftraggeber keine Zuschlagskriterien benannt oder bekannt gemacht, darf nur der Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.
3. Bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte müssen für Nebenangebote keine Mindestanforderungen vorgegeben werden. Sie können wie Hauptangebote gewertet werden.
VolltextIBRRS 2016, 2691
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.04.2016 - 3 VK LSA 04/16
1. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, die Eignung der Bieter zu prüfen. Hierbei hat er einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt überprüfbar ist.
2. Für den Ausschluss eines Bieters wegen erheblicher Mängel im Zusammenhang mit einem früheren Vergabeverfahren, muss eine negative, dokumentierte Prognose für das aktuelle Verfahren vorliegen. Durch nachvollziehbare sachliche Gründe muss belegt werden, dass nachweislich schwere Verfehlungen in der Vergangenheit auch für den neu zu vergebenden Auftrag schwere Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bewerbers begründen.
3. Der Auftraggeber muss transparent dokumentieren, welche Umstände er bei der Prognoseentscheidung über die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Bieters zugrunde gelegt und welches Gewicht er jedem dieser Umstände beigemessen hat.
IBRRS 2016, 2690
OLG Naumburg, Urteil vom 25.06.2015 - 2 U 17/15 Lw
1. Einem Bieter stehen in einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags Unterlassungsansprüche bei einer Verletzung derjenigen Vergabeverfahrensregeln zu, denen sich der Auftraggeber im Rahmen der Ausschreibung selbst unterworfen hat.
2. Wird von einem Träger der öffentlichen Verwaltung eine Ausschreibung zum Neuabschluss eines Pachtvertrags veranstaltet, wird zwischen dem Ausschreibenden und den Teilnehmern des Verfahrens ein vorvertragliches Schuldverhältnis begründet, das den Ausschreibenden dazu verpflichtet, die grundsätzlich geltenden und die selbst gesetzten Verfahrensregeln einzuhalten.
3. Die Durchführung einer förmlichen Ausschreibung verschafft den Teilnehmern ein subjektives Recht, vom Ausschreibenden die Unterlassung aller Handlungen verlangen zu können, die zu einer Verletzung der Verfahrensregeln führen. Dem steht nicht entgegen, dass für Ausschreibenden rechtlich auch die Möglichkeit bestanden hätte, den neuen Pachtvertrag ohne ein Auswahlverfahren abzuschließen.
IBRRS 2016, 2668
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.06.2016 - 1 VK LSA 07/16
1. Die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit einer Leistung (hier: Breitbandausbau) kann als Planungsleistung nicht auf ein einheitliches Leistungsbild der HOAI gestützt werden, sondern stellt eine Detailplanung dar.
2. Ob der Schwellenwert für eine europaweite Ausschreibung erreicht wird, richtet sich bei Dienstleistungsaufträgen, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht werden sollen, nach dem geschätzten Auftragswert.
3. Ausschlaggebend für die Schätzung des Auftragswertes ist der Tag, an dem das Vergabeverfahren eingeleitet wird.
VolltextIBRRS 2016, 2667
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 VK LSA 05/16
1. Versichert ein Bieter zunächst, die Leistung im eigenen Betrieb zu erbringen und benennt erst im Zuge eines Aufklärungsgesprächs nachträglich einen Nachunternehmer, ist dies eine unzulässige Änderung des Angebots.
2. Verhandlungen über die Änderung von Angeboten sind nicht statthaft (§ 15 Abs. 3 VOB/A).
3. Die Vergabestelle hat ein Recht darauf, die Unternehmen zu erfahren, die für die Leistungserbringung vom Bieter eingesetzt werden. Diese Abfrage stellt keine angebotsändernde Verhandlung dar, sondern zielt darauf ab, zu prüfen, ob das Angebot den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses entspricht.
VolltextIBRRS 2016, 2633
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.04.2016 - Verg 3/15
1. Eine Streitigkeit über die Auslegung des Leistungsverzeichnisses sowie die Beantwortung der Fragen, ob das Angebot der Antragstellerin wegen Abweichungen vom Leistungsverzeichnis auszuschließen war und ob erkannte Rechtsverstöße rechtzeitig erkannt und gerügt wurden, entsprechen einem durchschnittlichen vergaberechtlichen Schwierigkeitsgrad.
2. Durch die Festsetzung des 2,0-fachen Gebührensatzes wird dem Umfang und der Schwierigkeit einer solchen Streitigkeit hinreichend Rechnung getragen.
VolltextIBRRS 2016, 3744
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.06.2016 - Verg 43/13
1. Die Vergabekammer hat die Gebühr nach pflichtgemäßem Ermessen innerhalb des ausgewiesenen Gebührenrahmens festzusetzen.
2. Die Vergabekammer kann im Ausgangspunkt auf eine Gebührentabelle zurückgreifen die von einem durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwand ausgeht.
3. Anknüpfungspunkt für die jeweilige Gebühr ist der sog. Bruttoauftragswert. Es ist auf die Summe des Angebots abzustellen, das der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren eingereicht hat. Liegt ein Angebot des Antragstellers nicht vor, ist auf den objektiven Wert des Auftrages, dessen Vergabe beabsichtigt ist, abzustellen. Dabei sind alle Optionen oder etwaige Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen.
4. Bei der Bemessung des Streitwerts ist die Ungewissheit darüber, ob der Auftraggeber das Optionsrecht ausüben wird, mit einem angemessenen Abschlag vom vollen Auftragswert zu berücksichtigen, der rechnerisch während der optionalen Vertragslaufzeit erzielt werden könnte. Im Regelfall ist es angezeigt, ihn auf 50 % zu veranschlagen.
VolltextIBRRS 2016, 2632
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2016 - Verg 47/15
1. Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Beschaffungsentscheidung für ein bestimmtes Produkt, eine Herkunft, ein Verfahren oder dergleichen im rechtlichen Ansatz ungebunden und weitestgehend frei. Das Vergaberecht regelt nicht, was der öffentliche Auftraggeber beschafft, sondern nur die Art und Weise der Beschaffung.
2. Im Interesse einer Öffnung des Beschaffungsmarkts der öffentlichen Hand für den Wettbewerb darf der Auftraggeber in technischen Anforderungen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren verweisen darf, wenn dies nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist oder bestimmte Unternehmen oder Produkte dadurch ausgeschlossen oder begünstigt werden.
3. Der öffentliche Auftraggeber darf den ausgeschriebenen Auftrag auf die Lieferung der Produkte eines Herstellers beschränken, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist, vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben worden sind und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen worden ist, solche Gründe tatsächlich vorhanden sind und die Bestimmung andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert.
VolltextIBRRS 2016, 2612
OLG Dresden, Beschluss vom 21.09.2016 - Verg 5/16
1. Ein Vergabeverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf immer nur die ultima ratio bilden darf. Selbst in dringenden Fällen ist regelmäßig ein Wettbewerb durchzuführen.
2. Als Gründe, die eine Direktvergabe ohne Beteiligung anderer Marktteilnehmer ermöglichen, kommen nur akute Gefahrensituationen in Betracht, die zum Schutz von Leib und Leben ein sofortiges, die Einhaltung von Fristen ausschließendes Handeln erfordern.
3. Auch wenn die Erwägungen für eine Direktvergabe weder Eingang in die Vergabeakte gefunden haben noch in der Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union angesprochen worden sind, ist es dem Auftraggeber nicht verwehrt, sich im Vergabenachprüfungsverfahren darauf zu berufen.
VolltextIBRRS 2016, 2619
VK Thüringen, Beschluss vom 06.05.2016 - 250-4003-3747/2016-N-007-EIC
1. Die VOL/A 2009 fordert die vertrauliche Behandlung der Angebote und ihrer Anlagen. Dies schließt die Möglichkeit der Einsichtnahme durch Bieter in die Angebote von Mitbewerbern aus.
2. Wenngleich die VOL/A 2009 - anders als noch die VOL/A 2006 - das ausdrückliche Verbot, wonach dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden darf, nicht mehr enthält, hat dieses weiterhin Gültigkeit. Das ergibt sich zum einen aus dem Willkürverbot, zum anderen aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot.
VolltextVPRRS 2016, 0354
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.05.2016 - VK-SH 5/16
1. Ziel eines Nachprüfungsverfahrens ist die Durchsetzung eines Anspruchs des antragstellenden Unternehmens auf Beachtung der seinen Schutz betreffenden Vergabevorschriften, nicht aber aller sonstigen Rechtsvorschriften.
2. Ausgangspunkt für die Frage, welche vergaberechtlichen Vorschriften auch subjektiven Bieterschutz vermitteln, ist die Schutznormlehre. Danach hat eine objektiv-rechtliche Bestimmung, die für das öffentliche Auftragswesen relevant ist, dann Schutzcharakter, wenn sie zumindest auch den Zweck hat, den Betroffenen zu begünstigen (hier verneint für Art. 4 Abs. 5 VO (EG) 1370/2007).
VolltextIBRRS 2016, 2618
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 27.06.2016 - 1 Verg 2/16
1. Allein die Tatsache, dass sich potentielle Wettbewerber zu einer Bietergemeinschaft zusammenschließen und sich aufgrund dessen keine Konkurrenz machen, führt nicht automatisch dazu, dass die entsprechende Abrede rechtswidrig ist.
2. Eine als Bieter auftretende Bietergemeinschaft muss darlegen, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt. Diese Darlegung hat jedoch nicht schon mit Angebotsabgabe des zu erfolgen, sondern sie muss erst auf eine gesonderte Aufforderung des Auftragsgebers zur Erläuterung der Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft erfolgen.
3. Wenn ein Bieter erfährt, dass er nur Platz 3 einnimmt und ihm nicht mitgeteilt wird, wer der zweitplazierte Bieter ist, muss er sich - wenn er ein Vergabenachprüfungsverfahren einleiten will - bei der Vergabestelle erkundigen, wer der vor ihm platzierte Bieter ist und vortragen, dass und weshalb (auch) dessen Angebot nicht bezuschlagt werden darf.
4. Eine Rüge ist entbehrlich, wenn die Vergabestelle keiner Kritik zugänglich ist und von vorneherein eindeutig zu erkennen gibt, dass sie unumstößlich an einer Entscheidung festhält.
IBRRS 2016, 2379
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.01.2016 - 3 VK LSA 75/15
1. Gemäß § 14 Absatz 1 LVG-SA hat der öffentliche Auftraggeber ungewöhnlich niedrige Angebote, auf die der Zuschlag erfolgen soll, zu überprüfen. Dies gilt unabhängig von der nach Teil A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) und Teil A der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) vorgegebenen Prüfung ungewöhnlich niedrig erscheinender Angebote. Weicht nach § 14 Absatz 2 LVG-SA ein Angebot für die Erbringung von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen, auf das der Zuschlag erteilt werden soll, um mindestens 10 v. H. vom nächsthöheren Angebot ab, so hat der öffentliche Auftraggeber die Kalkulation des Angebots zu überprüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung ist der Bieter verpflichtet, die ordnungsgemäße Kalkulation nachzuweisen.*)
2. Gemäß § 16 Abs. 6 VOL/A verlangen die Auftraggeber vom Bieter Aufklärung, wenn ein Angebot im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint. Auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, darf der Zuschlag nicht erteilt werden.*)
VolltextIBRRS 2016, 2608
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.07.2016 - 1 VK LSA 11/15
Enthält die Leistungsbeschreibung Zulagepositionen, muss der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen Festlegungen hinsichtlich der Wertung dieser Positionen zu treffen. Anderenfalls ist den Bietern eine einwandfreie Preisermittlung nicht möglich.
VolltextVPRRS 2016, 0373
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2016 - Verg 6/16
1. Auch die Vergabe "lediglich" nachrangiger Dienstleistungen unterliegt einer Vergabenachprüfung, wenn es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, der von einem öffentlichen Auftraggeber vergeben werden soll und der den maßgeblichen Auftragsschwellenwert erreicht oder überschreitet.
2. Der Fahrkartenvertrieb über stationäre personenbediente Verkaufsstellen kann im Gegensatz zu dem Vertrieb über Fahrkartenautomaten, e-Ticket, Online-Shop und Mobile Ticketing als eigenständiges Fachlos angesehen werden.
3. Kann die benötigte Leistung auch in Form einer Losvergabe erbracht werden, ist zu prüfen, ob von einer losweisen Vergabe ausnahmsweise abgesehen werden kann, etwa weil wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
4. Der Dienstleistungsauftrag, über stationäre Vertriebswege (personenbedienter Verkauf in Kundenzentren, Verkaufsstellen, Videoreisezentren und Vertriebsagenturen sowie Fahrausweisautomaten und Entwerter) und standortunabhängige Vertriebswege (Abo-Vertrieb, Mobile Ticket und Online-Shop) Fahrscheine zu verkaufen, kann eindeutig und erschöpfend beschrieben werden.
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