Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10834 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2016
IBRRS 2016, 0150VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.07.2015 - VK-SH 6/15
1. Der Umstand, dass sich der Bieter durch sein Unterkostenangebot in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringt, begründet keinen Konkurrenzschutz (entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.05.2011 - Verg 45/11, IBR 2011, 603).
2. Die Vorschrift des § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A 2009, wonach auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden darf, steht einem Unterkostenangebot nicht per se entgegen.
IBRRS 2016, 0135
OLG Jena, Beschluss vom 08.10.2015 - 2 Verg 4/15
1. Ein Bieter kann sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung der Vergabekammer über die Gewährung von Akteneinsicht wenden, wenn er geltend machen will, dass durch die Offenlegung bestimmter Aktenteile wegen des Schutzes seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in seine Rechte eingegriffen wird, ohne dass die damit verbundenen Nachteile wieder ausgeglichen werden können.
2. Die Vorschrift des § 111 Abs. 1 GWB gewährt grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht. Der Versagungstatbestand des § 111 Abs. 2 GWB ist als Ausnahmefall zu verstehen. Deshalb ist dem Interesse auf Akteneinsicht in der Regel der Vorrang vor dem Interesse auf Geheimnisschutz einzuräumen.
IBRRS 2016, 0130
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.09.2015 - 3 VK LSA 65/15
Aus Gründen der Transparenz der von den Bietern zu erfüllenden Anforderungen verlangt § 12 Abs. 2 VOL/A 2009, dass vorzulegende Unterlagen und die Zuschlagskriterien bereits in der Bekanntmachung genannt werden. Diese können in anderen Unterlagen, z. B. den Vergabeunterlagen, lediglich präzisiert, aber keinesfalls verschärft, erleichtert, zurückgenommen oder neu eingeführt werden. Gemäß § 8 VOL/A 2009 müssen die Vergabeunterlagen alle Angaben umfassen, die erforderlich sind, um eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe zu ermöglichen. Unter anderem enthalten die Vergabeunterlagen die Beschreibung der Einzelheiten der Durchführung des Verfahrens (Bewerbungsbedingungen), einschließlich der Angabe der Zuschlagskriterien, sofern nicht in der Bekanntmachung bereits genannt sind.*)
VolltextIBRRS 2016, 0131
VK Südbayern, Beschluss vom 14.08.2015 - Z3-3-3194-1-33-05/15
1. Ist nach der Geschäftsordnung der jeweiligen Vergabekammer eine Ladung zur mündlichen Verhandlung per Telefax vorgesehen, ist diese wirksam erfolgt, wenn sie in der Kanzlei des Bevollmächtigten einer Partei nachweislich zugegangen ist. Es bedarf weder einer Bestätigung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts noch dessen Annahmewillen. Anders ist dies wegen § 114 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB nur bei instanzabschließenden Entscheidungen der Vergabekammer.*)
2. Ist die Ladung wirksam erfolgt, kann nach § 112 Abs. 2 GWB ohne den nicht erschienen Beteiligten verhandelt werden.*)
3. Eine Universität, die am freien Markt gewinnorientiert als Anbieter von Dienstleistungen in Konkurrenz zu privaten Unternehmen auftritt, ist gem. § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG nicht von der Tragung der Verfahrenskosten einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der weiteren Beteiligten befreit. Dies gilt auch dann, wenn sich die wirtschaftliche Betätigung nach dem Hochschulrecht des entsprechenden Landes (hier Art. 12 Absatz 3 Nr. 2 BayHSchG) als staatliche Angelegenheit darstellt.*)
VolltextIBRRS 2016, 0132
VK Südbayern, Beschluss vom 16.09.2015 - Z3-3-3194-1-27-04/15
1. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens, die eine Vergabestelle zunächst aus einer rechtlich zu missbilligenden Motivation (kein Zuschlag an den präferierten Bieter möglich) vorgenommen hat, hat dennoch Bestand, wenn für diese Aufhebung sachliche Gründe wie die Behebung schwerwiegender Vergabeverstöße durch den Auftraggeber sprechen.*)
2. Derartige sachliche Gründe kann der Auftraggeber auch noch im Nachprüfungsverfahren nachschieben.*)
3. Die Wahl einer unzulässigen Verfahrensart (Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb) kann auch dann einen sachlichen Grund für eine Aufhebung eines Vergabeverfahrens darstellen, wenn sie vom Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens nicht mehr angegriffen werden kann.*)
4. Eine sanktionslose Aufhebung der Ausschreibung gemäß § 20 EG Abs. 1 d VOL/A 2009 aus anderen schwerwiegenden Gründen scheidet aus, wenn die Vergabestelle das Verfahren aufhebt, um von ihr zu vertretende Mängel des Vergabeverfahrens, wie die Wahl einer unzulässigen Verfahrensart und eine völlig intransparente Verfahrensführung, zu beheben.*)
5. Öffentliche Auftraggeber können sich nicht deshalb auf einen Aufhebungsgrund nach § 20 EG Abs. 1 b VOL/A 2009 berufen, weil sie geltend machen, dass sie den Beschaffungsbedarf nunmehr anders definieren und ausschreiben oder auch gar nicht mehr ausschreiben würden.*)
VolltextIBRRS 2016, 0106
OLG Koblenz, Urteil vom 15.07.2015 - 5 U 140/15
1. Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei unterschiedlichen Materialangaben in der Ausschreibung eines Bauvorhabens, dem Angebot und der Annahme ein Dissens vorliegt.*)
2. Zur Frage, ob und inwieweit der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, während des Ausschreibungsverfahrens Anbieter auf deren Kalkulationsirrtum hinzuweisen oder weitere Ermittlungen anzustellen (im Anschluss an BGH, IBR 1998, 419).*)
3. Beschränkt das Gericht sich in der mündlichen Verhandlung des Urkunden-Bauprozesses auf einen materiell-rechtlichen Hinweis (hier: vermeintlicher Dissens), ohne zu verdeutlichen, dass es damit zugleich den Urkundenprozess wegen Ungeeignetheit der Beweismittel für unstatthaft hält, kann § 139 ZPO verletzt sein (hier bejaht).*)
4. Nimmt der Kläger den unvollständigen Hinweis gleichwohl zum Anlass, nach Schluss der mündlichen Verhandlung innerhalb der Spruchfrist vom Urkundenprozess abzustehen (§ 596 ZPO) und zum Vertragsinhalt ergänzenden Zeugenbeweis anzubieten, kann das die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gebieten.*)
IBRRS 2016, 0107
VK Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2015 - VK 16/15
1. Wird der Zuschlag unter Verstoß gegen die 15-tägige Wartefrist des § 101a Abs. 1 Satz 3 GWB erteilt, ist der mit Zuschlagserteilung geschlossene Vertrag (zunächst) schwebend unwirksam.
2. Wird der Verstoß des Auftraggebers gegen die Vorschrift des § 101a GWB nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnisnahme von dem Verstoß, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht, ist der zuvor schwebend unwirksame Vertrag (endgültig) wirksam.
VolltextIBRRS 2016, 0103
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.08.2015 - 3 VK LSA 56/15
Eine auf dem auf dem Gebiet der Elektrizitäts- und Gasversorgung tätige juristische Personen des Privatrechts, zu deren Geschäftsfeldern das Bereitstellen und Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, dem Transport oder der Verteilung von Strom oder der Gewinnung von Gas sowie die Versorgung dieser Netze mit Strom oder Gas gehört, ist ein Sektorenauftraggeber. Als solcher fällt sie für die Baumaßnahme "Gashochdruckleitung" nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des LVG-SA.
VolltextIBRRS 2016, 0094
VK Lüneburg, Beschluss vom 05.10.2015 - VgK-37/2015
Die Unwirksamkeit einer vergaberechtswidrigen de-facto-Vergabe kann nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von 30 Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist.
VolltextIBRRS 2016, 0065
VK Lüneburg, Beschluss vom 09.10.2015 - VgK-39/2015
1. Der Auftraggeber darf der Wertung der Angebote nur solche Kriterien zu Grunde legen, die er in der angewendeten Form den Bietern zuvor mitgeteilt hat.
2. Der Auftraggeber hat den Bietern offenzulegen, nach welchen die Kriterien die Punkte der Bewertungsmatrix vergeben werden. Wird ein solcher Beurteilungsmaßstab für die Bewertungsmatrix erst erstellt, nachdem alle Angebote vorliegen, ist das vergaberechtswidrig.
VolltextIBRRS 2016, 0030
OLG Frankfurt, Urteil vom 13.10.2015 - 11 W 32/15
1. In Vergabeverfahren, deren Auftragswert den Schwellenwert gemäß § 2 VgV nicht erreicht, kommt grundsätzlich ein Primärrechtsschutz in Betracht. Droht einem Bieter die Beeinträchtigung seiner Chancen auf Erteilung des Zuschlags wegen eines vergaberechtswidrigen Verhaltens des Auftragsgebers, so kann ein Anspruch auf Unterlassung der Zuschlagserteilung gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden.*)
2. Eine einstweilige Verfügung kommt nicht in Betracht, wenn ein Zuschlag auf das Angebot unwahrscheinlich erscheint.*)
3. Welcher Prüfungsmaßstab beim Primärrechtsschutz im Unterschwellenbereich anzulegen ist, bleibt offen.*)
VPRRS 2016, 0009
VK Südbayern, Beschluss vom 17.11.2015 - Z3-3-3194-1-52-10/15
1. Komplexe Fragen zur Transparenz und Bestimmtheit einer Regelung zur Loslimitierung in Form einer Zuschlagslimitierung sind für durchschnittliche Bieter regelmäßig rechtlich nicht erkennbar im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB.*)
2. Entsprechend der Rechtslage beim Ausschluss von Angeboten sind an die Transparenz und Bestimmtheit der Regelungen für eine Zuschlagslimitierung hohe Anforderungen zu stellen. Wie beim Angebotsausschluss ist die Nichtberücksichtigung des wirtschaftlichsten Angebots aufgrund einer Zuschlagslimitierung nur dort gerechtfertigt, wo sich eine eindeutige und deshalb für die Bieter auch als solcher erkennbare Regelung ermitteln lässt, in welchen Fällen die Limitierung greift.*)
3. In Fällen, in denen die Vergütung des Auftragnehmers für seine Entsorgungsdienstleistung ausschließlich in der Überlassung von werthaltigen Abfällen besteht, für die er zusätzlich einen Erlös an den Auftraggeber auskehren muss, liegt der Auftragswert in dem Saldo zwischen dem an den Auftraggeber ausgekehrten Negativpreis und dem tatsächlichen Verkaufserlös des Bieters bei der Verwertung.*)
VolltextVPRRS 2016, 0006
VK Brandenburg, Beschluss vom 17.07.2015 - VK 8/14
1. Lassen sich die Vorstellungen des Bieters nicht mit den Formulierungen der Vergabeanforderungen in Einklang bringen, trifft den Bieter eine Nachfrageobliegenheit.
2. Eine Fehlinterpretation der Vergabeunterlagen geht zu Lasten des Bieters, wenn die Formulierungen in der Ausschreibung üblich sind.
VolltextIBRRS 2016, 0013
VK Lüneburg, Beschluss vom 07.10.2015 - VgK-31/2015
1. Der Auftraggeber kann die Ausschreibungsbedingungen nachträglich noch ändern. Voraussetzung ist, dass dies für alle Bieter transparent und diskriminierungsfrei erfolgt.
2. Die nachträgliche Umstellung einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis (detaillierte Leistungsbeschreibung) in eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (funktionale Leistungsbeschreibung) ist zulässig, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass zusammen mit der Bauausführung auch der Entwurf für die Leistung dem Wettbewerb unterstellt wird.
3. Im Rahmen einer (teil-)funktionalen Ausschreibung von Bauleistungen ist der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium grundsätzlich ungeeignet. Etwas anderes gilt jedoch, wenn andere Kriterien nicht geeignet erscheinen oder nicht erforderlich sind.
VolltextIBRRS 2016, 0020
VK Sachsen, Beschluss vom 11.11.2015 - 1/SVK/035-15
1. Eine Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB ist zwingend vor Antragstellung zu erheben.*)
2. Eine Erklärung, die in einem verschlossenen Umschlag unter der Bedingung "Nur Öffnen im Beisein des Bieters" abgegeben wird, ist als nicht abgegeben anzusehen.*)
3. Die Nachforderungspflicht des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 VOB/A ist nur für Erklärungen, die bereits mit dem Angebot vorzulegen waren, anwendbar.*)
4. Werden Erklärungen, die erst nach Angebotsabgabe abgefordert werden, von den Bietern nicht vorgelegt, so ist das Angebot gleichwohl auszuschließen.*)
VolltextIBRRS 2016, 0011
VK Brandenburg, Beschluss vom 27.07.2015 - VK 12/15
1. Eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft, deren Aufgabe darin liegt, Wohnungen an breite Bevölkerungsschichten zu vermieten, die zur Schaffung von Wohneigentum selbst nicht in der Lage sind, ist ein öffentlicher Auftraggeber.
2. Die Vergabe von Leistungen zur Übertragung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen ist als Dienstleistungsauftrag, nicht als Dienstleistungskonzession zu qualifizieren.
IBRRS 2016, 0007
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.11.2015 - VK 1-26/15
1. Der Auftraggeber hat fehlende Erklärungen oder Nachweise innerhalb einer Frist von sechs Kalendertagen nachzufordern. Diese Nachforderungspflicht bezieht sich aber nur auf Unterlagen, die innerhalb der Angebotsfrist vorzulegen waren. Zugleich müssen die Unterlagen unmissverständlich und ausdrücklich mit Angebotsabgabe gefordert sein.
2. Unklare Vorgaben des Auftraggebers dürfen sich nicht zu Lasten eines Bieters auswirken. Lässt die Ausschreibung mehrere Interpretationen zu, ist die für den Bieter günstigere Auslegungsmöglichkeit der Vorzug zu geben.
3. Die Nachforderung von nicht geforderten Nachweisen und Erklärungen unter Einräumung einer Sechs-Tages-Frist führt bei Nichteinreichen ohne weitere Ankündigung zum Angebotsausschluss.
Online seit 2015
IBRRS 2015, 3214VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.07.2015 - 1 VK 21/15
1. Auftraggeber besitzen bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien einen Wertungsspielraum. Es ist weder Aufgabe der Nachprüfungsinstanz, noch ist es zulässig, eine eigene Wertung anstelle der Wertung des Auftraggebers zu setzen. Allen Wertungen ist eine subjektive Komponente immanent, die keiner Überprüfung zugänglich ist.
2. Auftraggeber müssen den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum mit nachvollziehbaren Erwägungen ausfüllen. Die getroffenen Erwägungen bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien sind ausreichend zu dokumentieren.
3. Sieht ein Auftraggeber sog. "objektive Kriterien", die keine Zuschlagskriterien darstellen, für die Angebotswertung vor, müssen diese ebenfalls zwingend Berücksichtigung finden und deren Anwendung entsprechend dokumentiert werden.
IBRRS 2015, 3316
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.12.2015 - 4 U 77/14
1. Handelt eine konkrete natürliche Person im Vergabeverfahren sowohl als Beauftragter des Auftraggebers als auch beratend oder sonst unterstützend für einen Bieter, gilt diese Person als voreingenommen.
2. Nimmt der auch einen Bieter beratende Beauftragte des Auftraggebers Einfluss auf den Verlauf und den Ausgang des Vergabeverfahrens, ist der zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter geschlossene Vertrag sittenwidrig und unwirksam. In einem solchen Fall hat der Bieter keinen Anspruch auf (Planungs-)Honorar.
VolltextIBRRS 2015, 3108
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.2015 - 1 VK 30/15
1. Ist das Vergabeverfahren bereits weitgehend abgeschlossen, hat die Verwaltung die Wertung vorgenommen und eine Vorentscheidung über den Zuschlag getroffen und fehlt es nur noch an einer formellen Entscheidung über den Zuschlag durch den hierfür zuständigen Ausschuss, führt eine Verletzung des Vertraulichkeitsgrundsatzes bei den Bietern nicht mehr zwingend zu einer Rechtsverletzung.
2. Von einem Bieter ist zu erwarten, dass er sich bei der Ausarbeitung seines Angebots damit befasst, welche Nachweise und Erklärungen er zum Nachweis seiner Eignung vorzulegen hat. Sind die Vergabeunterlagen widersprüchlich, weil ein bestimmter Nachweis einmal vorzulegen ist und einmal hierauf verzichtet wird, muss er dies erkennen und rechtzeitig rügen.
3. Für einen durchschnittlichen Bieter, einen Kaufmann, ist erkennbar, wenn eine Wertungsmatrix zu unbilligen Ergebnissen führt, so dass ein solcher Fehler bis zur Angebotsabgabe gerügt werden muss.
4. Ein Unternehmen kann sich sowohl als Bieter als auch als Nachunternehmer eines anderen Bieters an einem Vergabeverfahren beteiligen.
5. Die Verwendung des Preises als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Vergabestelle den Leistungsinhalt in den Vergabeunterlagen sehr detailliert geregelt hat.
VolltextIBRRS 2015, 3294
VK Südbayern, Beschluss vom 24.09.2015 - Z3-3-3194-1-42-07/15
1. In Fällen, in denen keinerlei Entgeltzahlung des Auftraggebers an den Konzessionär erfolgt, kann zur Bejahung einer Dienstleistungskonzession das Fehlen einzelner Teilaspekte zur Bestimmung des wirtschaftlichen Risikos, wie beispielsweise das Fehlen einer Konkurrenzsituation, unbeachtlich sein, solange das Risiko der Beitreibung der Entgeltansprüche voll bzw. zu einem erheblichen Teil vom Auftraggeber auf den Auftragnehmer abgewälzt wird. Es kann ausreichen, dass der Konzessionär das verbleibende wirtschaftliche Risiko, insbesondere das Konjunkturrisiko hinsichtlich der zu vergebenden Dienstleistung trägt (EuGH, Urteil vom 10.09.2009, Rs. C-206/08, IBR 2009, 1244 - nur online).*)
2. Vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie über die Konzessionsvergabe 2014/23/EU im April 2016 ist für die Überprüfung der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht gegeben.*)
VPRRS 2015, 0424
VK Bund, Beschluss vom 23.11.2015 - VK 2-103/15
1. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ist eine nachrangige Dienstleistung im Sinne des § 1 EG Abs. 3 VOL/A 2009 in Verbindung mit Anhang 1 Teil B (Nr. 25, Gesundheitswesen). Auf nachrangige Dienstleistungen ist der vierte Teil des GWB (§§ 97 ff.) grundsätzlich uneingeschränkt anwendbar.
2. Eine Rahmenvereinbarung selbst muss nicht die Merkmale eines öffentlichen Auftrags erfüllen; es genügt, wenn die Einzelverträge, die durch die Rahmenvereinbarung inhaltlich festgelegt sind, die Merkmale eines öffentlichen Auftrags erfüllen.
3. Dass der öffentliche Auftraggeber keinen unmittelbaren Einfluss auf Art und Umfang der von dem Leistungserbringer im Einzelfall erbrachten Maßnahmen haben, ist für die Annahme eines öffentlichen Auftrags ebenso unschädlich wie der Umstand, dass nicht voraussehbar ist, in welchem Umfang anspruchsberechtigte Versicherte die SAPV-Leistungen in Anspruch nehmen werden.
VolltextIBRRS 2015, 3360
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2015 - Verg 16/15
Ändert der Bieter die Vergabeunterlagen unzulässig ab, indem er nur die Kosten des Energieverbrauchs/die Kraftstoffkosten bis zu ihrem Sammel-/Sortierplatz, nicht aber bis zur Papierfabrik, wo die Verwertung des Altpapiers stattfinden soll, angibt, ist sein Angebot vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.
VolltextIBRRS 2015, 3274
OLG Brandenburg, Urteil vom 25.11.2015 - 4 U 7/14
1. Die Vorschrift des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A 2002 (= § 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A 2012), wonach auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis der Zuschlag nicht erteilt werden darf, entfaltet keine Schutzwirkung zu Gunsten des Bieters. Der Auftraggeber begeht deshalb keine vorvertragliche Pflichtverletzung, wenn er den Zuschlag auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis erteilt.
2. Ein Schadensersatzanspruch wegen Fehlverhaltens in Vergabeverfahren ist an die Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Bieters geknüpft. Diese ist gegeben, wenn zwischen dem Wert der für den Auftraggeber erbrachten Leistung und dessen Gegenleistung eine unbillige Diskrepanz herrscht, indem der Auftraggeber den irrig kalkulierten Preis billigerweise nicht mehr als auch nur im Ansatz äquivalentes Entgelt für die erbrachte Leistung auffassen kann.
3. Weist der abzubrechende Beton eine höhere Festigkeit auf als ausgeschrieben und "wünscht" der Auftraggeber den Abbruch auch dieses Betons, liegt eine Änderung des Bauentwurfs vor. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber zuvor ein Nachtragsangebot des Auftragnehmers nicht angenommen hat.
4. Die Höhe der Nachtragsvergütung folgt aus einer Fortschreibung der Vertragspreise und ihrer Einzelbestandteile, wie sie sich aus der ursprünglichen Kalkulation des Auftragnehmers ergeben (sog. "vorkalkulatorische Preisfortschreibung"). Der Auftragnehmer ist deshalb an den von ihm angebotenen und bezuschlagten Einheitspreis selbst dann gebunden, wenn er sich verkalkuliert hat.
5. Lässt sich der Ausschreibung entnehmen, dass eine erhebliche Zahl von Aufbauten wie Lüfter etc. auf dem Dach vorhanden sind und dass diese (in Verbindung mit dem einleitenden Text) während des Ausführungszeitraums in Betrieb bleiben, darf der Bieter nicht von einer freien Dachfläche ausgehen und sein Angebot dementsprechend nicht unter dieser Prämisse bepreisen.
IBRRS 2015, 3244
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015 - Verg 11/15
1. Eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in der Rechtsform einer GmbH, die sich in alleiniger Trägerschaft eines Caritasverbands befindet und die zu dem Zweck gegründet wurde, die berufliche Rehabilitation und Förderung von Menschen mit geistigen, mehrfachen und psychischen Behinderungen, die eine angemessene Beschäftigung erhalten und am Arbeitsleben teilnehmen und dabei zugleich arbeitspädagogisch begleitet werden sollen, ist kein öffentlicher Auftraggeber.
2. Überträgt ein öffentlicher Auftraggeber (hier: der Landschaftsverband Westfalen-Lippe) einen Dienstleistungsauftrag auf eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, beschafft er Dienstleistungen, die dem Vergaberecht unterliegen können, wenn hierfür ein Markt besteht und Wettbewerb möglich ist. In einem solchen Fall kann er die anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderung in der mit dieser geschlossenen Vereinbarung dazu verpflichten, für die Ausführung von Leistungen, die die Werkstatt nicht selbst erbringt, sondern ihrerseits zu beschaffen hat, die im Vergaberecht festgelegten Verfahren anzuwenden.
3. Die Forderung der Abgabe einer Verpflichtungserklärung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 4 Abs. 3 TVgG-NRW als Nachweis der Eignung des Bieters (persönliche Lage des Bieters) ist vergaberechtswidrig.
IBRRS 2015, 3270
VK Sachsen, Beschluss vom 12.11.2015 - 1/SVK/033-15
Es spricht vieles dafür, dass die Industrie- und Handelskammer C. kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB ist. Nach den vom EuGH entwickelten Grundsätzen liegt weder eine überwiegende staatliche Finanzierung, noch eine überwiegende staatliche Aufsicht vor.*)
IBRRS 2015, 3257
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.09.2015 - 3 VK LSA 62/15
1. In technischen Anforderungen darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen eines bestimmten Ursprungs verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dies ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt.
2. Bestimmte Produkte dürfen nur gefordert werden, wenn dies durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die fehlende Produktneutralität auf sachlichen Gründen beruht, liegt beim Auftraggeber Hierzu bedarf es einer detaillierten und dokumentierten Begründung.
IBRRS 2015, 3243
OLG München, Beschluss vom 30.11.2015 - Verg 7/15
1. Nimmt der Antragsteller den Nachprüfungsantrag zurück, hat er die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der übrigen Beteiligten zu tragen (Bestätigung von Senat, Beschluss vom 14.06.2013 - Verg 6/13, VPR 2014, 50 = IBRRS 2013, 2888).
2. Beteiligt sich eine Hochschule als Bieter an einer öffentlichen Ausschreibung, genießt sie keine Gebührenfreiheit nach § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB.
VolltextIBRRS 2015, 3231
VK Nordbayern, Beschluss vom 10.11.2015 - 21.VK-3194-29/15
§ 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 gibt der Vergabestelle ein Ermessen, fehlende Nachweise, die bis zum Ablauf der Frist nicht vorgelegt wurden, nachzufordern. Hierzu ist dem Bieter eine Nachfrist zu setzen. Erfolgt eine solche Nachforderung durch die Vergabestelle nicht oder hat der Bieter in der ihm gesetzten Frist die Unterlagen nicht nachgereicht, so ist ein Ausschluss nach § 19 EG Abs. 3 a VOL/A 2009 zwingend. Die Vergabestelle kann insbesondere nicht auf die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Nachweise im Nachhinein verzichten.*)
VolltextIBRRS 2015, 3236
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2015 - 3 VK LSA 64/15
Sollen unterhalb der Schwellenwerte weitere Zuschlagkriterien als der Preis gelten, müssen diese Angaben aus den Vergabeunterlagen für die Bieter für ihre Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren oder zur Angebotsabgabe ersichtlich sein. Auch die Gewichtung der Zuschlagkriterien ist aufzuführen.
VolltextIBRRS 2015, 3224
VK Bund, Beschluss vom 15.05.2015 - VK 1-32/15
1. Soll ein Tiefenverdichtungsverfahren mittels Rütteldruckverdichtung erfolgen, darf der Auftraggeber bei der Wertung berücksichtigen, ob bereits Aufträge mittels Rütteldruckverfahren ausgeführt wurden.
2. Referenzmaßnahmen, die in einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit einem weiteren Unternehmen durchgeführt wurden, kann die Eignung eines Bieters, der sich nunmehr nicht in Bietergemeinschaft, sondern als Einzelbieter bewirbt, nur für die Leistungen belegen, die das jeweilige ARGE-Mitglied innerhalb der ARGE erbracht hat.
3. Nach Beendigung einer ARGE und der Beteiligung nur einzelner ihrer ehemaligen Mitglieder an einer anderen Ausschreibung kann die "Gesamtsumme der Eignung" der ARGE dem einzelnen Mitglied nicht vollumfänglich zugerechnet werden.
IBRRS 2015, 3557
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.09.2015 - 2 VK 08/15
1. Ein Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern ist nur statthaft, wenn es die Vergabe eines öffentlichen Auftrags i.S.d. § 99 GWB zum Gegenstand hat.
2. Eine beabsichtigten Erklärung des Verzichts auf die Kündigung des bisherigen Entsorgungsvertrags ist keine Auftragsvergabe.
VolltextIBRRS 2015, 3194
OLG Hamm, Urteil vom 06.08.2015 - 17 U 130/12
1. Hat der Bieter - wie es insbesondere bei der funktionalen Leistungsbeschreibung der Fall ist - die technisch, wirtschaftlich und gestalterisch beste sowie funktionsgerechte Lösung der Bauaufgabe zu erarbeiten, werden ihm umfangreiche Vorarbeiten abverlangt, bevor er die Preise berechnen kann. Diese Vorarbeiten, die eigentlich in den Aufgabenbereich des Auftraggebers fallen, lösen eine Entschädigungspflicht aus.
2. Der Verpflichtung zur Festsetzung einer angemessenen Entschädigung kann sich der Auftraggeber nicht durch eine entsprechende Formulierung der Vergabebedingungen entziehen.
3. Die Höhe der festzusetzenden Entschädigung richtet sich nach den üblicherweise für die Angebotsbearbeitung als Teil der allgemeinen Geschäftskosten kalkulierten Aufwendungen, die für die überobligationsmäßig erbrachten Leistungen unter normalen Umständen anzusetzen sind. Hierzu sind der voraussichtliche durchschnittliche Zeitaufwand für die geforderte Ausarbeitung sowie die üblicherweise kalkulierten Personal- und Materialkosten zu ermitteln.
IBRRS 2015, 3221
EuGH, Urteil vom 26.11.2015 - Rs. C-509/14
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.03.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass eine Situation, in der ein öffentliches Unternehmen, das mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bewegung intermodaler Transporteinheiten betraut ist, die Ausübung dieser Tätigkeit mit einem Vertrag über die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen einem anderen Unternehmen überträgt und diesem die in seinem Eigentum stehende erforderliche Infrastruktur und Ausrüstung zur Verfügung stellt und dann entscheidet, diesen Vertrag zu beenden, ohne das Personal des letztgenannten Unternehmens zu übernehmen, weil es die Tätigkeit nunmehr mit seinem eigenen Personal selbst ausübt, in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.*)
VolltextIBRRS 2015, 3139
VK Brandenburg, Beschluss vom 05.08.2015 - VK 11/15
Bei Verkehrssicherungsleistungen handelt es sich um einen den Begriff des "Fachloses" erfüllenden Teilbereich von mit dem Straßenbau einhergehenden Tätigkeiten, so dass sie losweise zu vergeben sind.
VPRRS 2015, 0410
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 05.10.2015 - 3 VK LSA 63/15
1. Um die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, ist es unerlässlich, dass die Leistungsbeschreibung auch alle für die Bestimmung des Leistungsumfangs zum Zwecke der Kalkulation wesentlichen Umstände erkennen lässt, weil nur dann eine Beschreibung vorliegt, die von allen Bietern im gleichen Sinne verstanden wird und miteinander vergleichbare Angebote in preislicher Hinsicht erwarten lässt.
2. Die Leistungsbeschreibung darf im Interesse vergleichbarer Ergebnisse keinen Bieter im Unklaren lassen, welche Leistung er in welcher Form und zu welchen Bedingungen anbieten soll. Sie soll auch den Vergabegegenstand umfassend beschreiben, ohne dass Restbereiche verbleiben, für die die Leistungspflichten nicht klar definiert sind.
3. Der Auftraggeber verstößt gegen das das Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, wenn er die Anforderungen betreffend der Kalkulationsgrundlage zur Ermittlung des Gesamtpreises nicht unter Einhaltung geltender tarifrechtlicher Regelungen für Sicherheitsdienstleistungen bestimmt.
4. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen (VOL/B) sind zum Vertragsgegenstand zu machen. Der öffentliche Auftraggeber hat kein Wahlrecht, ob er die VOL/B für die Ausführung von Leistungen oder andere Bedingungen verwenden möchte.
VolltextIBRRS 2015, 3105
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.09.2015 - 1 VK 36/15
1. Auch im Rahmen eines Vergabeverfahrens nach der VOF ist das Angebot eines Bieters, das Änderungen an den vom Auftraggeber festgelegten Vertragsunterlagen enthält, von der Wertung auszuschließen.
2. Die Frage, ob ein Angebot Änderungen an den Vertragsunterlagen enthält, ist erforderlichenfalls durch eine Auslegung des Angebots zu beantworten. Dabei dürfen einzelne Textpassagen nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind im Zusammenhang mit der übrigen Darstellung zu lesen.
VolltextIBRRS 2015, 3183
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.10.2015 - 3 VK LSA 70/15
Der Begriff der Erklärungen und Nachweise in § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 ist weit auszulegen und betrifft sowohl bieterbezogene Erklärungen als auch leistungsbezogene Angaben zum technischen Inhalt der zu erbringenden Leistung, die der öffentliche Auftraggeber von den Bietern verlangt. Dies ist bei der Abfrage nach dem Ort einer Deponie gegeben, so dass diese fehlende Einzelangabe einer Nachforderung unterliegt.
BGH, Urteil vom 05.11.2015 - III ZR 41/15
1. Auf der Grundlage eines Sozialplans gezahlte Abfindungen sind erstattungsfähige Selbstkosten iSv § 8 der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen iVm Nr. 25 I Buchst. c, Abs. 2 Buchst. b der Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten, wenn sie als Teil des normalen Betriebsgeschehens der Leistungserstellung zugeordnet werden können, betriebs- und branchenüblich sind und dem Grundsatz wirtschaftlicher Betriebsführung entsprechen. (amtlicher Leitsatz)*)
2. Abfindungszahlungen, welche die Existenz des Unternehmens als Ganzes berühren (hier: Stilllegung eines Tanklagers der Bundeswehr nach Kündigung des Bewirtschaftungsvertrags), sind grundsätzlich nicht dem normalen Betriebsgeschehen zuzurechnen und gehören zum allgemeinen Unternehmerwagnis, das mit dem kalkulatorischen Gewinn abgegolten wird. (amtlicher Leitsatz)*)
3. Vereinbaren die Parteien im Rahmen eines Selbstkostenerstattungsvertrags nach § 7 der Verordnung Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen, dass der endgültige Selbstkostenerstattungspreis durch die zuständige Preisüberwachungsstelle festgelegt wird, liegt regelmäßig eine Schiedsgutachtenabrede im engeren Sinn vor, auf die die §§ 317 bis 319 BGB entsprechend anzuwenden sind. (amtlicher Leitsatz)*)
4. Eine Schiedsgutachtenabrede im engeren Sinn bestimmt in der Regel die Leistungszeit gem. § 271 I BGB dahingehend, dass die Fälligkeit der Vergütungsforderung bis zur Vorlage des Gutachtens (hier: bis zur Entscheidung der Preisüberwachungsstelle) aufgeschoben wird. Eine dennoch erhobene Klage ist als verfrüht ("derzeit unbegründet") abzuweisen (Fortführung des Senatsurteils vom 4.7.2013 - III ZR 52/12, NJW-RR 2014, 492). (amtlicher Leitsatz)*)
VolltextIBRRS 2015, 3078
VK Brandenburg, Beschluss vom 11.03.2015 - VK 1/15
Ein für einen Interimszeitraum geschlossener Vertrag über die Erbringung von (hier: touristischen) Dienstleistungen ist als ein dem Vergaberecht zu qualifizierender Dienstleistungsauftrag (und nicht als Dienstleistungskonzession) anzusehen, wenn dass wirtschaftliche Risiko, das dem Auftragnehmer für den Interimszeitraum auferlegt werden soll, lediglich theoretischer Natur ist - praktisch es aber nicht oder jedenfalls nur in untergeordnetem Ausmaß besteht.
VolltextIBRRS 2015, 3148
VK Bund, Beschluss vom 20.01.2015 - VK 1-110/14
1. Ein Verstoß gegen das Kartellverbot nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV liegt nicht vor, wenn sämtliche Unternehmen, die jeweils an der vermeintlich kartellrechtswidrigen Vereinbarung (hier der Vereinbarung einer Bietergemeinschaft), teilgenommen haben, als einem einheitlichen Unternehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB bzw. einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des Gemeinschaftsrechts angehörig anzusehen sind.
2. Dabei sind auch bei der Auslegung des deutschen Kartellrechts Art. 101, 102 AEUV und die dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen. Im Falle des Vorliegens einer solchen wirtschaftlichen Einheit fehlt es an einer Vereinbarung zwischen (mehreren) Unternehmen oder jedenfalls an einem beschränkbaren Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen.
VolltextIBRRS 2015, 3022
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.2015 - Verg 5/15
Eine Bietergemeinschaft aus konzernangehörigen Tochter- und Enkelgesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsanteile (teilweise auch nur mittelbar) zu jeweils 100% einer Muttergesellschaft gehören, verstößt weder gegen Wettbewerbs- noch gegen Kartellrecht. Das Angebot einer solchen Bietergemeinschaft ist deshalb nicht wegen einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache von der Wertung auszuschließen.
VolltextIBRRS 2015, 3176
VK Südbayern, Beschluss vom 23.06.2015 - Z3-3-3194-1-24-06/15
1. Auch bei einem in EU-weiten Vergabeverfahren erfahrenen Bieter kann nicht erwartet werden, dass dieser die rechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit von Wahlpositionen kennt, da diese im kodifizierten Vergaberecht an keiner Stelle geregelt sind. Eine Rügeobligenheit entsprechender Verstöße nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB besteht daher regelmäßig nicht.*)
2. Eine vergaberechtswidrige verdeckte Produktvorgabe in einer Grundposition des Leistungsverzeichnisses kann nicht dadurch "geheilt" werden, dass eine produktneutrale Alternativposition ausgeschrieben wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Grundposition zwingend angeboten werden muss.*)
3. Hat der öffentliche Auftraggeber sein Leistungsbestimmungsrecht nicht dahingehend ausgeübt, dass nur eine technische Lösung in Frage kommt, besteht auch kein berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers ein Angebot über eine bestimmte technische Lösung zu erhalten.*)
4. Fehlt es an einem berechtigten Bedürfnis für die Ausschreibung von Grund- und Alternativpositionen, sind nicht automatisch die Grundpositionen zu werten, sondern das Vergabeverfahren ist in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen und die Vergabeunterlagen zu überarbeiten.*)
VolltextIBRRS 2015, 3104
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.03.2015 - 1 VK 9/15
Wird in der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten die Bundesrepublik Deutschland als die Stelle benannt, in deren Namen und auf deren Rechnung die Leistung vergeben werden soll, ist die Bundesrepublik Deutschland Auftraggeberin. Folglich sind die Vergabekammern des Bundes für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag zuständig.
VolltextIBRRS 2015, 3158
EuGH, Urteil vom 06.10.2015 - Rs. C-203/14
1. Art. 1 Abs. 8 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass der Begriff "Wirtschaftsteilnehmer" in Unterabs. 2 dieser Bestimmung auch öffentliche Stellen erfasst, die sich somit an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen können, wenn und soweit sie berechtigt sind, auf einem Markt Leistungen gegen Entgelt anzubieten.*)
2. Art. 52 Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er zwar bestimmte Erfordernisse hinsichtlich der Festlegung der Bedingungen für die Eintragung der Wirtschaftsteilnehmer in die nationalen amtlichen Verzeichnisse und für die Zertifizierung enthält, doch die Bedingungen für die Eintragung dieser Wirtschaftsteilnehmer in die nationalen amtlichen Verzeichnisse oder für ihre Zulassung zur Zertifizierung sowie die insoweit bestehenden Rechte und Pflichten der öffentlichen Einrichtungen nicht abschließend festlegt. Die Richtlinie 2004/18/EG ist jedenfalls dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der einerseits nationale öffentliche Stellen, die berechtigt sind, die in der betreffenden Auftragsbekanntmachung angegebenen Bauleistungen, Waren oder Dienstleistungen anzubieten, nicht in diese Verzeichnisse eingetragen oder nicht zertifiziert werden können, während andererseits das Recht, sich an der betreffenden Ausschreibung zu beteiligen, allein den in diese Verzeichnisse eingetragenen oder zertifizierten Wirtschaftsteilnehmern vorbehalten ist.*)
VolltextIBRRS 2015, 3140
VK Bund, Beschluss vom 21.01.2015 - VK 1-116/14
1. Ein Verstoß gegen das Kartellverbot nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV liegt nicht vor, wenn sämtliche Unternehmen, die jeweils an der vermeintlich kartellrechtswidrigen Vereinbarung (hier der Vereinbarung einer Bietergemeinschaft), teilgenommen haben, als einem einheitlichen Unternehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB bzw. einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des Gemeinschaftsrechts angehörig anzusehen sind.
2. Dabei sind auch bei der Auslegung des deutschen Kartellrechts Art. 101, 102 AEUV und die dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen. Im Falle des Vorliegens einer solchen wirtschaftlichen Einheit fehlt es an einer Vereinbarung zwischen (mehreren) Unternehmen oder jedenfalls an einem beschränkbaren Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen.
VolltextIBRRS 2015, 3136
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.07.2015 - Verg 6/15
Eine Bietergemeinschaft aus konzernangehörigen Tochter- und Enkelgesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsanteile (teilweise auch nur mittelbar) zu jeweils 100% einer Muttergesellschaft gehören, verstößt weder gegen Wettbewerbs- noch gegen Kartellrecht. Das Angebot einer solchen Bietergemeinschaft ist folglich nicht wegen einer wettbewerbsbeschränkenden Absprache von der Wertung auszuschließen.
VolltextIBRRS 2015, 3134
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.10.2015 - 3 VK LSA 69/15
1. Die Tatsache, dass zwei Bieter über einen Alleingesellschafter gesellschaftsrechtlich miteinander verknüpft sind, bedeutet noch nicht, dass hieraus wettbewerbsbeschränkende Abreden folgen.
2. Sind Bieter gesellschaftsrechtlich miteinander verflochten, müssen sie die strukturellen Umstände darstellen, die einen Wettbewerbsverstoß bereits im Ansatz effektiv verhindern.
3. Den Auftraggeber trifft die Pflicht zur Prüfung des Sachverhalts, sobald er von der möglichen Verbundenheit mehrerer Bieter Kenntnis erlangt.
VolltextIBRRS 2015, 3150
VK Brandenburg, Beschluss vom 01.10.2014 - VK 15/14
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2015, 3079
VK Brandenburg, Beschluss vom 18.05.2015 - VK 5/15
1. Beschreibt der Auftraggeber in einer bekannt gemachten Wertungsmatrix die beabsichtigten Vorgehensweise bei der Angebotswertung, kann er von dieser selbst gesetzten Vorgabe nachträglich nicht mehr abweichen.
2. Sollen bei der Vergabe von Unterhalts- und Grundreinigungsarbeiten in irgendeiner Form Reinigungswerte bei der Angebotswertung Verwendung finden, sind den Bietern durch den Auftraggeber entweder Richtwerte oder eine Bandbreite als Mindestanforderung an die Eignung in der Vergabebekanntmachung anzugeben oder diese in der Vergabebekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen zu benennen.
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