Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
10834 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2015
IBRRS 2015, 0251OLG Frankfurt, Urteil vom 12.06.2012 - 11 U 102/10
1. Wird im Bauvertrag festgelegt, dass mit der Ausführung "innerhalb von 12 Werktagen nach Zugang der Aufforderung durch den Auftraggeber" zu beginnen ist und "die Aufforderung [...] voraussichtlich bis zum 03.02.2009 zugehen" wird, haben die Parteien keine verbindliche Ausführungsfrist vereinbart. Bei einer solchen Vertragsgestaltung ist dem Auftragnehmer auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn der Arbeiten zu erteilen.
2. Auch bei einer Leistung "auf Abruf" darf der Auftraggeber den Abruf der Leistung nicht auf unbestimmte Zeit hinausschieben, sondern muss dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben, die Leistung zu bewirken. Ein zu langes Hinauszögern der Aufforderung zum Beginn der Ausführung ist dem Auftragnehmer nicht zumutbar.
VolltextIBRRS 2015, 0221
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.09.2014 - 2 VK 8/14
Auch eine deutliche Überschreitung des geschätzten Auftragswerts stellt nur dann einen schwer wiegenden Grund für die Aufhebung einer Ausschreibung dar, wenn die vor der Ausschreibung vorgenommene Kostenschätzung als vertretbar erscheint und die im Vergabeverfahren abgegebenen Gebote deutlich darüber liegen.
VolltextIBRRS 2015, 0262
OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.12.2014 - 11 Verg 7/14
1. Sieht das Angebot eines Bieters die Lieferung eines Schaltschranks vor, der in das den Aufzugsschacht umgebende Mauerwerk eingebaut werden soll, ist das Angebot auszuschließen, wenn nach den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses das Steuerungs-/Bedienpaneel "in den Türrahmen der obersten Tür zu integrieren" und der Schaltschrank sich "im Bereich der obersten Haltestelle in der Mauervorlage Integriert am Türrahmen" zu befinden hat.
2. Die falsche Bezeichnung des Antragsgegners schadet nicht, wenn klar erkennbar ist, wer als Adressat des Antrags gemeint ist. Gerade wenn darüber Einigkeit besteht und auch in den versandten Unterlagen deutlich gemacht wird, dass die Zuschlagserteilung im Namen und für Rechnung des Auftraggebers erfolgen seil, kann die Vergabekammer trotz eines anders lautenden Nachprüfungsantrags den Auftraggeber als Beteiligten benennen und das Rubrum entsprechend berichtigen.
VolltextIBRRS 2015, 0235
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.07.2014 - 3 VK LSA 67/14
1. Die Vorgabe des Auftraggebers, dass das Angebot mit der kürzesten Bauzeit die höchste Punktzahl erreicht, hat weder einen fassbaren Inhalt noch einen konkreten Sachverhaltsbezug und ist daher als Zuschlagskriterium "Bauzeit" für die Wertung nicht anwendbar.
2. Untaugliche Zuschlagskriterien dürfen nachträglich nicht konkretisiert und erst recht nicht geändert werden.
3. Geforderte Fabrikats-, Produkt- und Typangaben sind integraler Angebotsbestandteil. Das Fehlen derartiger Angaben ist nicht heilbar und führt zum zwingenden Angebotsausschluss.
IBRRS 2015, 0286
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2014 - Verg 17/14
1. Der öffentliche Auftraggeber darf auch den Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium bestimmen, sofern andere Kriterien nicht geeignet sind oder erforderlich erscheinen. Der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium ist jedenfalls hinzunehmen, wenn die auszuführenden Leistungen in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert worden sind.
2. Die nachgelagerte Eignungsprüfung von Nachunternehmern ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
VolltextIBRRS 2015, 0216
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.06.2014 - 3 VK LSA 49/14
1. Die Anlage 3 zur Beachtung der Kernarbeitsnormen verlangt eine anzukreuzende Erklärung darüber, ob die Leistung oder Lieferung der in der Anlage genannten Produkte in Afrika, Lateinamerika oder Asien hergestellt bzw. bearbeitet werden oder wurden.*)
2. Es steht im Ermessen des Auftraggebers, welche Anforderungen er an die von ihm ausgeschriebene und gewünschte Leistung auch im Hinblick auf Teilkomponenten stellt. Er hat das Recht, die Einzelheiten der Auftragsdurchführung zu bestimmen und ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Leistungen frei. Er ist auch nicht verpflichtet, in der Ausschreibung eine weitergehende Vielfalt von technischen Lösungen zuzulassen.*)
VolltextIBRRS 2015, 0276
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014 - Verg 36/13
1. Der öffentliche Auftraggeber muss rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bekannt geben. Bei der Wertung der Angebote sind diese zu berücksichtigen.
2. Inwieweit eine Verpflichtung des Auftraggebers besteht, Unterkriterien auszudifferenzieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist jedenfalls überschritten, wenn die aufgestellten Bewertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden.
3. Hat der Auftraggeber Zuschlagskriterien, Unterkriterien, Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen aufgestellt, sind diese den Bietern vollständig offen zu legen.
4. Eine Rügepräklusion setzt voraus, dass die den Vergaberechtsverstoß begründenden tatsächlichen Umstände für den Antragsteller zu erkennen sind. Einen Vergaberechtsverstoß im Zusammenhang mit Aufstellung und Ausfüllung einer Bewertungsmatrix mit Kriterien und Unterkriterien sowie dem entsprechenden Bewertungssystem, bei dem Leistungspunkte aufgrund von Gewichtungs- und Bewertungspunkten errechnet werden, muss ein durchschnittlicher Bieter nicht erkennen.
IBRRS 2015, 0270
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2014 - 3 VK LSA 01/14
Kennzeichnung im Sinne von § 14 Abs. 3 VOB/A bedeutet, dass alle wesentlichen Angebotsbestandteile, die zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorliegen, entweder einheitlich (z. Bsp. durch Lochung) gekennzeichnet oder aber (z. Bsp. durch Siegelung) verbunden werden müssen, um einen nachträglichen versehentlichen oder bewussten Austausch einzelner Bestandteile des Angebots bzw. deren Entfernung zu verhindern. Sie dient damit der Gewährleistung der Authentizität der Angebote und ist unabdingbare Grundvoraussetzung zur Sicherung eines transparenten und fairen Wettbewerbs.*)
VolltextIBRRS 2015, 0215
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.06.2014 - 3 VK LSA 47/14
1. Gemäß § 16 Abs. 6 Nr. 3 VOB/A soll bei Angeboten, die in die engere Wahl gekommen sind, der Zuschlag auf das Angebot erteilt werden, das unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wie z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebs- und Folgekosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe oder Ausführungsfrist als das wirtschaftlichste erscheint.*)
2. Die preisliche Beurteilung des Angebots im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichsten Angebots spielt damit eine maßgebliche Rolle. Hat der Auftraggeber aber Zuschlagskriterien entweder nicht bekannt gemacht, oder aber das Kriterium "Wirtschaftlichkeit" genannt, aber nicht näher definiert, darf nur der niedrigste Preis als Wirtschaftlichkeitskriterium angewendet werden.*)
VolltextIBRRS 2015, 0280
OLG München, Urteil vom 26.09.2013 - U 3587/12 Kart
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2015, 0039
VK Bund, Beschluss vom 21.01.2015 - VK 2-113/14
1. Ein bereits vor Einreichung eines Nachprüfungsantrags erteilter wirksamer Zuschlag kann nicht aufgehoben werden kann, auch wenn er in einem mit Fehlern behafteten Vergabeverfahren erteilt wurde. Einem nach wirksamer Zuschlagserteilung eingereichten Nachprüfungsantrag fehlt es mithin an der Statthaftigkeit.
2. Das "Open-house-Modell" ist - wenn bestimmte, die Gleichbehandlung aller Interessenten und die Transparenz gewährleistende Vorgaben eingehalten werden - eine durchaus denkbare Variante zum Abschluss von Arzneimittel-Rabattverträgen. Diesem Modell haftet deshalb kein Unwerturteil an, das mit einer schweren Verletzung europarechtlicher Prämissen oder mit einem Verstoß gegen die guten Sitten auch nur im Entferntesten vergleichbar wäre.
VolltextIBRRS 2015, 0263
VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 26.08.2014 - 2 VK 10/14
1. Das erforderliche wirtschaftliche Interesse an dem Auftrag ist weit auszulegen und in der Regel anzunehmen, wenn der Bieter an dem Vergabeverfahren mit einem Angebot teilgenommen hat. Die Vermutung für ein wirtschaftliches Interesse ist allerdings widerlegt, wenn der Bieter selbst vorträgt, dass er keinen finanziellen Vorteil aus der Abgabe eines Angebots erzielt.
2. Der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht teilt das Schicksal des Nachprüfungsantrags. Wird das Nachprüfungsverfahren als unzulässig verworfen, besteht auch kein Anspruch auf Akteneinsicht.
VolltextIBRRS 2015, 0211
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.06.2014 - 3 VK LSA 36/14
1. Grundsätzlich müssen Angebote, um im Wettbewerb verbleiben zu können, die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Dies gilt auch, soweit es sich um Nachweise handelt, die zur Beurteilung der Eignung des Bieters gefordert worden sind.*)
2. Körperlich fehlende Erklärungen oder Nachweise können Gegenstand einer Nachforderung sein, aber körperlich vorliegende unvollständige Erklärungen oder Nachweise dürfen nicht nachgebessert werden. Dieser Gedanke resultiert aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und gilt ebenso für Eignungsnachweise. Eine spätere Korrektur von bereits eingereichten Eignungsnachweisen ist damit nicht möglich.*)
3. Das Landesvergabegesetz regelt ein Tätigwerden der Vergabekammer nur, soweit ein Bieter das Verfahren beanstandet. Eine darüber hinausgehende Fach- und Rechtsaufsicht wird der Vergabekammer durch das Gesetz nicht auferlegt.*)
VolltextIBRRS 2015, 0223
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 - Verg 29/14
1. Bei der rechtlichen Überprüfung einer vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-) Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden. § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die (Teil-) Aufhebung eines Vergabeverfahrens rechtmäßig ist. Das Nichtvorliegen einer der Aufhebungsgründe des § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 führt allerdings nur zu auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzansprüchen der Bieter, die möglicherweise infolge der Aufhebung oder Zurückversetzung vergeblich ein Angebot erstellt haben oder ein vollständig neues und erneut kostenaufwändiges Angebot erstellen müssen.*)
2. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die (Teil-) Aufhebung eines Vergabeverfahrens wirksam ist.*)
3. Notwendige Voraussetzung für eine vollständige oder auch nur teilweise Aufhebung einer Ausschreibung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine (Teil-) Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.*)
4. Ändert sich in einer durch eine Teilaufhebung eröffneten zweiten Angebotsrunde die Bieterreihenfolge, ist dies von den am Wettbewerb beteiligten Unternehmen hinzunehmen.*)
5. Sowohl das Gebot fairen Wettbewerbs als auch das Gleichbehandlungsgebot verpflichten öffentliche Auftraggeber allerdings, vor einer Teilaufhebung des Vergabeverfahrens durch Zurückversetzung in eine auf nur bestimmte Preispositionen beschränkte zweite Angebotsrunde zu prüfen, ob die beabsichtigte und auf bestimmte Preise bezogene Preisänderung Einfluss auf das Preisgefüge im Übrigen haben kann. Steht dies zu befürchten, ist er an einer solchen Fehlerkorrektur gehindert und muss gegebenenfalls vollständig neue Angebote einholen.*)
6. Einer erneuten Submission bedarf es in einem solchen Fall nicht.*)
7. Eine Prüfung der neuen Preise auf Auskömmlichkeit im Sinn des § 16 EG Abs. 6 Nr. 2 VOB/A 2012 ist nicht erforderlich.*)
IBRRS 2015, 0209
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2014 - 3 VK LSA 10/14
Auch wenn im Angebot des Bieters keine Abweichung vom Leistungsverzeichnis vermerkt ist, kann der Auftraggeber das Angebot ausschließen, wenn sich im Zuge der Aufklärung herausgestellt, dass der Bieter die Leistung nicht so wie angeboten ausführen will.
VolltextIBRRS 2015, 0207
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.03.2014 - 3 VK LSA 08/14
1. Können die Bieter bei der Angebotserstellung selbst über Inhalt und Umfang einer geforderten Bestandsliste sowie der für erforderlich gehaltenen Wartungsarbeiten und -fristen entscheiden, ist ein transparenter und fairer Wettbewerb nicht gewährleistet, weil die eingereichten Angebote nicht vergleichbar sind.
2. Das Vergabeverfahren ist zeitnah so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden. Der öffentliche Auftraggeber hat damit alle Verfahrens- und Entscheidungsschritte jeweils zu dokumentieren. Dazu gehört die Dokumentation der Entscheidung über die Vergabeart.
IBRRS 2015, 0206
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2014 - 3 VK LSA 03/14
1. Für die Bewertung der Zuverlässigkeit eines Bieters im Vergabeverfahren ist maßgebend, inwieweit die Umstände des einzelnen Falles die Aussage rechtfertigen, er werde die von ihm angebotenen Leistungen, die Gegenstand des Vergabeverfahrens sind, vertragsgerecht erbringen. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist eine Prognoseentscheidung, die auch aufgrund des in der Vergangenheit liegenden Geschäftsgebarens eines Bewerbers erfolgt.*)
2. Zum Ausschluss eines Bieters wegen schwerer Verfehlungen bedarf es einer dokumentierten negativen Prognose, wonach die Verfehlungen für den zu vergebenden Auftrag erhebliche Zweifel an seiner Zuverlässigkeit begründen.*)
IBRRS 2015, 0228
LG Köln, Urteil vom 18.12.2014 - 14 O 193/14
1. Das technische Gedankengut eines Werks - die technische Lehre als solche - kann nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Schriftwerken, die die technische Lehre enthalten, mit der Folge herangezogen werden, dass die Urheberrechtsschutzfähigkeit solcher Schriftwerke ihre Grundlage allein in der - notwendig schöpferischen - Form der Darstellung finden kann.
2. Beruhen Ausschreibungsunterlagen auf der Grundlage von langjährigen Erfahrungen des Erstellers, so bleibt es auch in diesem Falle dabei, dass aus der Aneinanderreihung der technischen und gesetzlichen Bestimmungen nicht abgeleitet werden, dass die Ausschreibungsunterlagen in Begriffsbildung Gedankenformung, Diktion und Zusammenstellung ein echtes Sprachwerk sind.
3. Sofern auch kleine Teile eines Werks Urheberrechtsschutz genießen können, bedarf es auch insoweit für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung, die von demjenigen konkret in seinen Gestaltungselementen darzulegen sind, der sich auf das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung beruft.
4. Eine Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art liegt bei Leistungsbeschreibungen, die sich allein der Sprache als Ausdrucksmittel bedienen, nicht vor, da sie der Vermittlung von belehrenden oder unterrichtenden Informationen über den dargestellten Gegenstand nicht mit dem Ausdrucksmittel der graphischen oder plastischen Darstellung dient.
VolltextIBRRS 2015, 0213
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.06.2014 - 3 VK LSA 37/14
1. Grundsätzlich müssen Angebote, um im Wettbewerb verbleiben zu können, die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Dies gilt auch, soweit es sich um Nachweise handelt, die zur Beurteilung der Eignung des Bieters gefordert worden sind.*)
2. Körperlich fehlende Erklärungen oder Nachweise können Gegenstand einer Nachforderung sein, aber körperlich vorliegende unvollständige Erklärungen oder Nachweise dürfen nicht nachgebessert werden. Dieser Gedanke resultiert aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und gilt ebenso für Eignungsnachweise. Eine spätere Korrektur von bereits eingereichten Eignungsnachweisen ist damit nicht möglich.*)
3. Das Landesvergabegesetz regelt ein Tätigwerden der Vergabekammer nur, soweit ein Bieter das Verfahren beanstandet. Eine darüber hinausgehende Fach- und Rechtsaufsicht wird der Vergabekammer durch das Gesetz nicht auferlegt.*)
VolltextVK Lüneburg, Beschluss vom 09.01.2015 - VgK-44/2014
Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen nicht verpflichtet, in den Vergabeunterlagen Anforderungen an die Energieeffizienz der angebotenen Rettungsmittel aufzunehmen.
VolltextIBRRS 2015, 0225
BGH, Urteil vom 07.10.2014 - EnZR 86/13
Werden in einem Konzessionsvertrag nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV unzulässige Nebenleistungen vereinbart, so folgt daraus keine Gesamtnichtigkeit des Vertrags gemäß § 134 BGB, wenn die unzulässigen Leistungen weder Kriterium für die Auswahl des Konzessionärs waren noch sich in anderer Weise auf die Auswahlentscheidung der Gemeinde ausgewirkt haben.*)
VolltextIBRRS 2015, 0201
OLG Naumburg, Beschluss vom 23.12.2014 - 2 Verg 14/11
Der Beschwerdeführer muss nicht zwingend deshalb für sämtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens einstehen, weil er sein Rechtsmittel zurückgenommen hat. So wird ein Beigeladener nur dann in die Kostenentscheidung einbezogen, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung als Verfahrensbeteiligter nutzt, um sich "aktiv" zu beteiligen, indem er Sachanträge stellt.
VolltextIBRRS 2015, 0166
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.04.2014 - 3 VK LSA 14/14
1. Ein Anspruch auf Wertung eines Nebenangebots besteht nur dann, wenn Nebenangebote zugelassen sind und diese die Anforderungen des Leistungsverzeichnisses erfüllen. Den Bietern obliegt insofern bereits bei Angebotsabgabe die Verpflichtung, die in ihren Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben.
2. Weist ein Bieter in seinem Nebenangebot nicht die Gleichwertigkeit zu den Forderungen in der Leistungsbeschreibung nach, ist das Nebenangebot als nicht zuschlagsfähig einzuordnen.
3. Es ist nicht Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers, eventuelle Defizite des Bieters durch eigene ergänzende Untersuchungen auszugleichen. Ebenso wenig darf sich der Auftraggeber auf die bloßen Beteuerungen des Bieters hinsichtlich der nach dessen Meinung gegebenen Gleichwertigkeit verlassen. Den Auftraggeber trifft vielmehr die Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gleichwertigkeit.
IBRRS 2015, 0198
EuGH, Urteil vom 22.01.2015 - Rs. C-463/13
Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, die aufgrund einer Neuordnung des Konzessionierungssystems durch eine Anpassung der Zeitpunkte, zu denen die Konzessionen ablaufen, die Durchführung einer neuen Ausschreibung zur Vergabe von Konzessionen mit gegenüber der Laufzeit früher erteilter Konzessionen verkürzter Laufzeit vorsieht, nicht entgegenstehen.
VolltextIBRRS 2015, 0165
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 08.04.2014 - 3 VK LSA 13/14
Nach § 14 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A ist ein Angebot, das nachweislich vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber zugegangen war, aber bei Öffnung des ersten Angebotes aus vom Bieter nicht zu vertretenden Gründen dem Verhandlungsleiter nicht vorgelegen hat, wie ein rechtzeitig vorliegendes Angebot zu behandeln.*)
IBRRS 2015, 0164
VK Bund, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 2-79/14
1. Eine Leistungsbeschreibung ist intransparent, wenn der Auftraggeber den Bietern ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Angebotsabgabe an die Hand gibt, das auf 558 Seiten in 308 Positionen die zu erbringenden Leistungen beschreibt und das die Möglichkeit ausschließt, Nebenangebote einzureichen, andererseits aber Abweichungen von Materialstärken und Funktionalitäten zulässt, ohne dabei anzugeben, in welchen Leistungspositionen und in welchem Umfang solche Abweichungen möglich sind.
2. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Ein Schadensersatzanspruch wegen sinnlos aufgewendeter Kosten für die Erstellung eines Angebots in einem Vergabeverfahren, das wegen der Intransparenz der Vorgaben zurückversetzt werden musste, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, was für die Begründung des Feststellungsinteresses ausreicht. Die abschließenden Erfolgsaussichten eines möglichen Schadensersatzbegehrens sind im Nachprüfungsverfahren nicht zu prüfen.
VolltextIBRRS 2015, 0151
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.08.2014 - 3 VK LSA 75/14
1. Entspricht keines der eingereichten Angebote den Anforderungen der Vergabeunterlagen, sind sie einer Zuschlagserteilung nicht zugänglich und das Vergabeverfahren ist aufzuheben.
2. Geforderte Fabrikats-, Erzeugnis- und/oder Typangaben sind integraler Angebotsbestandteil und nicht nachzufordern. Das Fehlen solcher Angaben ist nicht heilbar und führt zum Angebotsausschluss.
3. Das Vergabeverfahren ist zeitnah so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden. Hierzu gehören die Feststellung der Eignung der Bieter sowie der Prüfung und Wertung der Angebote.
IBRRS 2015, 0146
VK Bund, Beschluss vom 18.12.2014 - VK 2-103/14
1. Liegt das Angebot eines Bieters preislich 40 bis 50% unter denen der anderen Bieter, liegt ein ungewöhnlich niedriger Preis vor, den der Auftraggeber aufklären muss.
2. Richtet der Auftraggeber an den Bieter ein konkretes Aufklärungsverlangen, ist es Sache des Bieters, bestehende Zweifel an der Auskömmlichkeit seines Angebotes zu entkräften.
IBRRS 2015, 0132
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.06.2014 - 3 VK LSA 43/14
1. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 LVG-LSA hat ein Bieter, sofern er beabsichtigt, Bau-, Liefer- und Dienstleistungen auf Nachunternehmer zu übertragen, die betreffenden Nachunternehmen dem öffentlichen Auftraggeber schriftlich zu benennen. Allein die Bieter, die Nachunternehmer einsetzen, müssen die Einhaltung dieser Anforderungen sicherstellen und dies auch durch ihre Unterschrift dokumentieren.*)
2. Die Bauleistung wird im eigenen Betrieb durchgeführt und hierfür werden keine Nachunternehmer eingesetzt. Die in der Erklärung zum Nachunternehmereinsatz aufgeführten Pflichten zum Einsatz von Nachunternehmern sind daher nicht zu belegen.*)
IBRRS 2015, 0123
OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.12.2014 - 11 Verg 8/14
Ein Beteiligter kann sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen eine Zwischenentscheidung der Vergabekammer über die Gewährung von Akteneinsicht wenden, wenn er geltend machen will, dass die Offenlegung bestimmter Aktenteile wegen des Geheimschutzes oder des Schutzes seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu einem Eingriff in seine Rechte führen würde, ohne dass die damit verbundenen schwerwiegenden wirtschaftlichen Nachteile wieder ausgeglichen werden können.
IBRRS 2015, 0088
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 26/14
1. Ein Vergabeverfahren hat begonnen, wenn sich der öffentliche Auftraggeber dazu entschließt, einen (gegenwärtigen oder künftigen) Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen oder Leistungen als Nachfrager auf dem Markt zu decken (interner Beschaffungsentschluss) und er darüber hinaus zweckbestimmt äußerlich wahrnehmbar Anstalten trifft, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses auszuwählen (externe Umsetzung).
2. Der Kreistag ist lediglich ein intern wirkendes Willensbildungsorgan des Kreises. Auch wenn sich aus einem Kreistagsbeschluss eine interne Beschaffungsentschließung ergibt, muss diese erst noch durch die Verwaltung (extern) umgesetzt werden.
VolltextIBRRS 2015, 0154
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 25/14
1. Bleibt die Standortsuche für eine Stationierung von Rettungswagen erfolglos, weil sich sämtliche für den Betrieb einer Rettungswache in Betracht kommenden Gebäude als ungeeignet erwiesen, kann der Auftrag für den Rettungsdienst interimsweise freihändig vergeben werden.
2. Fehlt in den Vergabeakten eine Dokumentation der Objektbesichtigungen, kann diese durch Zeugenvernehmung in das Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt werden.
VolltextIBRRS 2015, 0089
VK Nordbayern, Beschluss vom 20.11.2014 - 21.VK-3194-33/14
1. Gemäß VOL/A 2009 § 7 EG Abs. 5 hat der Auftraggeber bereits in der Bekanntmachung anzugeben, welche Nachweise vorzulegen sind. Die erstmalige Mitteilung in den Vergabeunterlagen ist unzulässig und unwirksam. Ein Bieter soll bereits aus der Bekanntmachung erkennen können, ob er die Eignungsanforderung erfüllen kann, so dass es sich für ihn "lohnt", die Vergabeunterlagen überhaupt anzufordern. Der am Auftrag interessierte Bieter soll durch die Bekanntmachung aus eigener Kraft und auf den ersten Blick sämtliche entscheidenden Vorgaben an die Eignung erkennen können.*)
2. Das Transparenzgebot des VOL/A 2009 § 8 EG Abs. 1 verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber, die Kriterien so klar zu definieren, dass alle Bieter gleichermaßen erkennen, worauf es bei der Wertung der Angebote entscheidend ankommen wird. Die vorzulegenden Nachweise müssen nach Inhalt, Art und Zeitpunkt der Vorlage eindeutig gefordert worden sein. Die Anforderungen sind ggf. aus der objektiven Sicht eines verständigen, fachkundigen und mit der Ausschreibung vertrauten Bieters auszulegen.*)
3. Verlangt die VSt statt einer Eigenerklärung zum Nachweis der Eignung andere Nachweise, so hat sie dies in der Dokumentation zu begründen. Auch hinsichtlich der Laufzeit des Vertrages hat die VSt bei Abweichungen von der Regellaufzeit bei Rahmenverträgen von 4 Jahren gem. VOL/A 2009 § 4 EG Abs. 7 Ausnahmen zu begründen.*)
VolltextIBRRS 2015, 0086
KG, Beschluss vom 25.11.2014 - Verg 17/13
Zur Kostenentscheidung nach Erledigung des Vergabenachprüfungsverfahrens.*)
VolltextVPRRS 2015, 0006
VK Bund, Beschluss vom 12.12.2014 - VK 2-101/14
1. Der Auftraggeber ist bei der Vergabe öffentlicher Aufträge verpflichtet, mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen. Dabei hat er unter Berücksichtigung der konkreten Marktverhältnisse zu prüfen, welche Möglichkeiten hierfür zur Verfügung stehen.
2. Ein öffentlicher Auftraggeber ist zwar grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, bei dem Loszuschnitt individuelle Unternehmensinteressen vorrangig zu berücksichtigen, um den in diesem Gebiet tätigen Unternehmen die Angebotsabgabe zu ermöglichen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn sich dem Auftraggeber aufgrund positiver Erfahrungen die Frage aufdrängen muss, ob sich die Marktsituation in der Weise verändert hat, dass bei einer Aufteilung in Teillose mehrere Angebote zu erwarten sind.
VolltextIBRRS 2015, 0029
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 22/14
1. Die Bildung von Bietergemeinschaften unterliegt keinem Generalverdacht einer Kartellrechtswidrigkeit.
2. Nur in begründeten Einzelfällen kann dies anders liegen. Die Vergabestelle ist dann gefordert, im Vergabeverfahren von sich aus bei den Bietern die Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft in Erfahrung zu bringen.
3. Eine automatische Pflicht der Bietergemeinschaft, sich ungefragt zu den Gründen des gemeinschaftlichen Anbietens zu erklären, existiert nicht.
4. Eine schematische Berücksichtigung von Referenzen nur dann, wenn diese vom bevollmächtigten Vertreter der Bietergemeinschaft erbracht wurden, ist nicht rechtens.
IBRRS 2015, 0034
VK Arnsberg, Beschluss vom 08.12.2014 - VK 21/14
1. Die fehlende geforderte Rückgabe von Besonderen Vertragsbedingungen führt nicht zum Angebotsausschluss, wenn sich der Bieter in seinem Angebot zur Anerkennung derselben verpflichtet.
2. Die Verpflichtungserklärung nach § 19 TVgG enthält mehrere Erklärungen, so dass ein fehlender Erklärungsteil nach § 8 Abs. 2 TVgG-NRW, § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgeholt werden kann.
VolltextIBRRS 2015, 0028
VK Bund, Beschluss vom 24.10.2014 - VK 2-85/14
1. Ein Wertungssystem, nach dem das Angebot mit dem höchsten Preis drei Punkte und das mit dem niedrigsten Preis 10 Punkte erhalten soll, führt zu wettbewerbsverzerrenden Ergebnissen und steht daher nicht in Einklang mit dem Gleichbehandlungs- und dem Wettbewerbsgrundsatz.
2. Dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft als den im "Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze" (KHG) als "Vertragsparteien" bezeichneten Einrichtungen kommt generell eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe zu. Ihre Tätigkeit ist auch nichtgewerblicher Art, eine Gewinnerzielungsabsicht liegt nicht vor.
VolltextIBRRS 2014, 3231
KG, Beschluss vom 21.11.2014 - Verg 22/13
1. Eine unklares Leistungsverzeichnisses ist im Zweifel zu Ungunsten einer Ausschließung von Angeboten auszulegen. Denn der Ausschluss eines Angebots auf der Grundlage inhaltlich unpräziser und damit unklarer Vergabebedingungen ist mit dem Transparentgebot nicht vereinbar.
2. Die Rügefrist des § 107 Abs. 3 Nr. 1 beginnt erst zu laufen, wenn der Bieter aufgrund laienhafter, vernünftiger Bewertung der ihm bekannten Umstände eine Vorstellung von einem Verstoß gegen das Vergaberecht hat.
3. Auch wenn der Bieter aus Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen alle tatsächlichen Umstände entnehmen kann, die zur Unzulässigkeit des Verhandlungsverfahrens führen, muss aufgrund einer laienhafte Bewertung dieser Umstände nicht auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften geschlossen werden. Denn das Vergaberecht ist im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit von Verhandlungsverfahren jedenfalls für den rechtlichen Laien gänzlich unübersichtlich.
IBRRS 2015, 0023
VK Bund, Beschluss vom 25.11.2014 - VK 2-93/14
1. Der Ausnahmetatbestand der Dringlichkeit, der eine Abweichung vom Grundsatz des offenen Verfahrens zulässt, ist aufgrund seines Ausnahmecharakters eng auszulegen. Dringlichkeit ist grundsätzlich nur in Fällen höherer Gewalt oder bei sonstigen Katastrophen gegeben.
2. Allerdings gibt es bei der Dringlichkeit und deren Voraussetzungen Abstufungen. Die Anforderungen an die Dringlichkeit können unter der Voraussetzung geringer sein, dass der Auftraggeber die Fristen für beschleunigte Verfahren einhält, also insbesondere nicht gänzlich von einer europaweiten Bekanntmachung absieht.
VolltextIBRRS 2014, 3193
EuGH, Urteil vom 11.09.2014 - Rs. C-19/13
1. Art. 2d Abs. 4 Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG ist dahin auszulegen, dass die Bestimmung für den Fall, dass eine öffentliche Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Auftragsvergabe im Amtsblatt der EU erfolgt, ohne dass dies gemäß der Richtlinie 2004/18/EG zulässig war, ausschließt, dass der entsprechende Vertrag für unwirksam erklärt wird, sofern die Voraussetzungen der Vorschrift tatsächlich vorliegen, was das vorlegende Gericht überprüfen muss.
2. Dazu reicht aus, dass
a) der AG der "Ansicht" ist, dass die gewählte Auftragsvergabe ohne klassische vorherige Veröffentlichung zulässig ist,
b) er im EU-Amtsblatt eine freiwillige ex-ante-Transparenz-Bekanntmachung nach Art. 3a RMR veröffentlicht hat, mit der er seine Absicht bekundet, den Vertrag abzuschließen und
c) der Vertrag nicht vor Ablauf einer Frist von mindestens 10 Kalendertagen nach dieser Veröffentlichung abgeschlossen wurde.
IBRRS 2015, 0010
VK Bund, Beschluss vom 17.11.2014 - VK 2-77/14
1. Eine Leistungsbeschreibung ist intransparent, wenn der Auftraggeber den Bietern ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Angebotsabgabe an die Hand gibt, das auf 558 Seiten in 308 Positionen die zu erbringenden Leistungen beschreibt und das die Möglichkeit ausschließt, Nebenangebote einzureichen, andererseits aber Abweichungen von Materialstärken und Funktionalitäten zulässt, ohne dabei anzugeben, in welchen Leistungspositionen und in welchem Umfang solche Abweichungen möglich sind.
2. Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes gemäß vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern.
3. Ein Schadensersatzanspruch wegen sinnlos aufgewendeter Kosten für die Erstellung eines Angebots in einem Vergabeverfahren, das wegen der Intransparenz der Vorgaben zurückversetzt werden musste, erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, was für die Begründung des Feststellungsinteresses ausreicht. Die abschließenden Erfolgsaussichten eines möglichen Schadensersatzbegehrens sind im Nachprüfungsverfahren nicht zu prüfen.
Online seit 2014
IBRRS 2014, 4436OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.12.2014 - Verg 39/14
Der Verlängerungsantrag ist zurückzuweisen, wenn die sofortige Beschwerde im Zeitpunkt der Entscheidung nach dem Ergebnis der gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Eine Interessenabwägung ist in einem solchen Fall nicht anzustellen.
VolltextIBRRS 2014, 3230
BGH, Urteil vom 18.11.2014 - EnZR 33/13
1. Die öffentliche Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung eines Konzessionsvertrags und des Vertragsendes hat nach § 46 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EnWG durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger zu erfolgen.*)
2. Konzessionsverträge, die unter Verstoß gegen § 46 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EnWG geschlossen worden sind, sind gemäß § 134 BGB grundsätzlich nichtig.*)
VolltextIBRRS 2014, 3221
BGH, Urteil vom 11.11.2014 - X ZR 32/14
Die Erteilung des Zuschlags auf ein von einem Kalkulationsirrtum beeinflusstes Angebot kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Bieters darstellen. Die Schwelle zu einem solchen Pflichtenverstoß ist überschritten, wenn dem Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr angesonnen werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer auch nur annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau-, Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 07.07.1998 - X ZR 17/97, BGHZ 139, 177 = IBR 1998, 419).*)
IBRRS 2014, 4435
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2014 - Verg 18/14
1. Auch ein Angebot, das rund 30 % preislichen Abstand zum Angebot des nächstgünstigsten Bieters hat, kann auskömmlich kalkuliert sein.
2. Eine Anschlussbeschwerde kann fristgerecht innerhalb der dem Antragsgegner gesetzten Beschwerdeerwiderungsfrist eingelegt werden.
VolltextIBRRS 2014, 4429
VGH Bayern, Urteil vom 06.11.2014 - 22 B 14.175
1. Die Bejahung eines Marktpreises im Sinne von § 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 setzt neben der Marktgängigkeit der Leistung die Feststellbarkeit des verkehrsüblichen Preises voraus.*)
2. Als verkehrsüblicher Preis ist derjenige Betrag anzusehen, der sich auf der Grundlage wirksamer, unbeeinträchtigter Marktmechanismen als das Entgelt herausgebildet hat, das für die von der öffentlichen Hand nachgefragte Leistung zu entrichten ist.*)
3. Auch außerhalb vollkommener Märkte kann stets nur ein einziger, bestimmbarer Betrag den verkehrsüblichen Preis im Sinne von § 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 darstellen. Es handelt sich hierbei um dasjenige Entgelt, das der Auftragnehmer der öffentlichen Hand, dessen Preisgestaltung anhand der Verordnung PR Nr. 30/53 zu überprüfen ist, für eine bestimmte Leistung auf dem Markt üblicherweise erzielt ("subjektiver" bzw. "betriebssubjektiver" Marktpreis).*)
4. Als Vergleichsobjekt ist im Rahmen des § 4 Abs. 2 VO PR Nr. 30/53 die marktgängige Leistung heranzuziehen, die derjenigen, deren Preis zu überprüfen ist, technisch und marktmäßig am nächsten steht und die - insbesondere was die Stückzahl anbetrifft - unter gleichartigen Auftragsverhältnissen zustande gekommen ist.*)
VolltextIBRRS 2014, 3219
OLG Celle, Beschluss vom 17.12.2014 - 13 Verg 3/13
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrecht gem. Artikel 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Stellt eine Vereinbarung zwischen zwei Gebietskörperschaften, auf deren Grundlage die Gebietskörperschaften durch Satzungen einen gemeinsamen Zweckverband mit eigener Rechtspersönlichkeit gründen, der fortan bestimmte Aufgaben, die bislang den beteiligten Gebietskörperschaften oblegen haben, in eigener Zuständigkeit wahrnimmt, einen "öffentlichen Auftrag" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 a Richtlinie 2004/18/EG dar, wenn dieser Aufgabenübergang Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie betrifft und entgeltlich erfolgt, der Zweckverband über die Wahrnehmung zuvor den beteiligten Körperschaften oblegenen Aufgaben hinausgehende Tätigkeiten entfaltet und der Aufgabenübergang nicht zu "den zwei Arten von Aufträgen" gehört, die, obwohl sie von öffentlichen Einrichtungen vergeben werden, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (zuletzt: EuGH, VPR 2013, 5) nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union fallen.
2. Soweit Frage 1 bejaht wird: Richtet sich die Frage, ob die Bildung eines Zweckverbandes und der damit verbundene Aufgabenübergang auf diesen ausnahmsweise nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts der Union fällt, nach den Grundsätzen, die der Gerichtshof betreffend Verträge zwischen einer öffentlichen Einrichtung und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person entwickelt hat, nach denen eine Anwendung des Vergaberechts der Union ausscheidet, wenn die Einrichtung über die betreffende Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die genannte Person zugleich im Wesentlichen für die Einrichtung oder die Einrichtungen tätig ist, die ihre Anteile innehat bzw. innehaben (vgl. in diesem Sinne u. a. EuGH, Urteil vom 18.11.1999 - Rs. C-107/98 - Teckal, Slg. 1999, I-8121, Tz. 50), oder finden demgegenüber die Grundsätze Anwendung, die der Gerichtshof betreffend Verträge entwickelt hat, mit denen eine Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen bei der Wahrnehmung einer ihnen allen obliegenden Gemeinwohlaufgabe vereinbart wird (dazu: EuGH, IBR 2013, 163).*)
VolltextIBRRS 2014, 4439
OLG München, Beschluss vom 18.12.2014 - Verg 15/14
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextVPRRS 2014, 0681
VK Südbayern, Beschluss vom 16.10.2014 - Z3-3-3194-1-42-09/14
1. Ein Angebotsausschluss wegen Abweichung von der Leistungsbeschreibung kommt nur dann in Betracht, wenn sich, und sei es auch nur im Ergebnis einer Auslegung, ein letztlich eindeutiger und deshalb für die Bieter auch als solcher erkennbarer Ausschreibungswille ermitteln lässt, von dem sich das Angebot des betreffenden Bieters entfernt hat.*)
2. Verursacht die Vergabestelle durch fehlerhafte und widersprüchliche Kommunikation mit den Bietern vor Angebotsabgabe eine Situation, in der unterschiedliche Bieter redlicherweise von unterschiedlichen, kalkulationsrelevanten Modalitäten zur Vertragsausführung ausgehen mussten, führt dies regelmäßig dazu, dass die abgegebenen Angebote nicht miteinander vergleichbar sind, weil sie auf unterschiedlichen Kalkulationsgrundlagen erstellt wurden. Die dadurch benachteiligten Bieter haben in solchen Fällen regelmäßig einen Anspruch auf Rückversetzung des Vergabeverfahrens und die Abgabe neuer Angebote.*)
3. Auch bei einem Vergabeverfahren, das an erheblichen Fehlern leidet, ist die Vergabekammer nicht befugt, ungeachtet einer Rechtsverletzung des Antragstellers auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken. Maßnahmen sind nicht anzuordnen, wenn ein Vergabeverstoß für den Bieter folgenlos geblieben ist und sich nicht auf seine Chancen, den Auftrag zu erhalten, ausgewirkt hat.*)
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