Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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IBRRS 2020, 3031LG Hamburg, Urteil vom 25.03.2020 - 318 S 93/19
1. Der einzelne Wohnungseigentümer kann einen Beseitigungsanspruch wegen einer unzulässigen baulichen Veränderung allein gegen den Störer geltend machen und bedarf dazu nicht der Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.
2. Ein Carport aus Plexiglas kann durch eine Holzwand mit Fenstern ersetzt werden, wenn die Teilungserklärung bauliche Veränderungen zulässt.
3. Darf das Sondereigentum nach der Teilungserklärung eingezäunt werden, muss ein auf dem eigenen Sondereigentum erbauter Zaun nicht entfernt werden.
VolltextIBRRS 2020, 2949
AG Hamburg, Urteil vom 06.09.2019 - 9 C 521/18
1. Die Beeinträchtigung von Grenzanlagen können die Eigentümer beider Grundstücke abwehren, und zwar sowohl die Beeinträchtigung durch den Eigentümer des jeweils anderen Grundstücks als auch die Beeinträchtigung durch Dritte.
2. Ebenso kann eine Eigentümergemeinschaft die Beeinträchtigung durch einen Miteigentümer abwehren, wenn eines der beiden Grundstücke einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehört.
VolltextIBRRS 2020, 2947
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 18.03.2020 - 539 C 19/19
1. Der Wiederherstellungsanspruch des ursprünglichen Zustands steht (allein) dem Verband zu.
2. Durch die - meist notarielle - Teilungserklärung kann Sondereigentum an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes nicht begründet werden.
3. Eine Versorgungsleitung wird nicht automatisch mit Austritt aus der Wand zur Sondereigentumseinheit selbst Sondereigentum, sondern erst ab der ersten Absperrmöglichkeit für den Sondereigentümer. Gibt es kein solches Absperrventil im Sondereigentum, dann bleibt die Versorgungsleitung Gemeinschaftseigentum.
4. Selbst wenn Wohnungseigentümer im Regelfall kein Betretungsrecht für Freiflächen, an denen ein Sondernutzungsrecht besteht, eingeräumt wird, z. B. um gefangene Gemeinschaftsflächen zu nutzen, kann dennoch im Wege der Auslegung oder eines Anspruchs nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG der Anspruch auf ein temporäres Betretungsrecht in Frage kommen.
VolltextIBRRS 2020, 2948
LG Hamburg, Urteil vom 29.01.2020 - 318 S 96/18
Für die Erweiterung des Wohnungseigentums bedarf es der Zustimmung betroffener Eigentümer.
VolltextIBRRS 2020, 2917
AG Charlottenburg, Urteil vom 20.02.2020 - 72 C 66/19
1. Nimmt ein Eigentümer einen Dachgeschossausbau vor, bei dem der gesamte Dachaufbau abgetragen und neu aufgebaut wird, spricht die Lebenswahrscheinlichkeit dafür, dass danach auftretende Schäden und Feuchtigkeitseintritte auf Mängel im Dach zurückzuführen sind.
2. Bei einer teilweisen Dachöffnung etwa über einem bewohnten Gebäude oder Einbau von Dachbalken und Zwischenwänden ist dem Bauherrn jede Maßnahme zumutbar, die Schäden für Dritte sicher ausschließt. Wer aus wirtschaftlichen Gründen eine geringere Sicherheitsstufe beim Ausbau wählt, hat das damit erhöhte Schadensrisiko zu tragen bzw. rechtzeitig Versicherungsschutz zu gewährleisten.
3. Wird die Wohnung eines anderen Eigentümers hierdurch unbewohnbar, kann dieser den Mietausfall ersetzt verlangen, ebenso die nutzlos aufgewendeten Hausgelder.
VolltextIBRRS 2020, 2918
AG Charlottenburg, Urteil vom 13.03.2020 - 73 C 82/19
1. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten verstößt regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn zuvor nicht mehrere (in der Regel mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind.
2. Dies gilt auch dann, wenn die Sanierung etappenweise erfolgt. Hier kann nicht einfach das Unternehmer der vorangegangenen Arbeiten erneut beauftragt werden, vielmehr muss jede Etappe neu vergeben werden mit entsprechenden Vergleichsangeboten.
VolltextIBRRS 2020, 2899
LG Berlin, Urteil vom 21.01.2020 - 55 S 30/19 WEG
1. Die Gesamtabrechnung ist grundsätzlich als reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung anzusehen, die alle tatsächlich in dem Wirtschaftsjahr erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben enthalten muss, unabhängig davon, ob sie zu Recht oder Unrecht erfolgt sind.
2. Damit ist es unerheblich, ob für bestimmte Ausgaben tatsächlich Rechnungen vorhanden sind oder ob sie unzutreffend als haushaltsnahe Dienstleistungen bezeichnet wurden, wenn die Beträge tatsächlich vom Konto abgeflossen sind.
3. Die Entlastung des Verwalters ist mehrheitlich zu beschließen, ebenso die Entlastung des Verwaltungsbeirats.
4. Ein Verwalter ist, selbst wenn sein Bestellungsbeschluss für ungültig erklärt wird, vom Zeitpunkt seiner Bestellung an dennoch berechtigt und verpflichtet, Beschlüsse auszuführen, die Finanzen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verwalten oder Zustellungen und Willenserklärungen entgegenzunehmen; sein Handeln wird durch die rechtskräftige Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses nicht unberechtigt.
VolltextIBRRS 2020, 2981
LG Koblenz, Urteil vom 17.06.2020 - 2 S 53/19 WEG
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2020, 2804
LG Köln, Urteil vom 18.06.2020 - 29 S 212/19
1. Die Instandhaltungsrücklage entsteht unmittelbar mit dem Eingang der Zahlung des Wohnungseigentümers auf das Konto der Gemeinschaft.
2. Die Wohnungseigentümer können durch Beschluss aber eine Verwendung der Beiträge zur Deckung laufender Kosten gestatten.
3. Ein sog. Vorratsbeschluss, der den Verwalter nicht nur bezogen auf den konkreten Einzelfall zur Inanspruchnahme von Mittel aus der Instandhaltungsrücklage, sondern generell ermächtigt, die Zuführungsbeiträge zur Instandhaltungsrücklage zur allgemeinen Liquiditätsstärkung einzusetzen, ist nicht zu beanstanden, wenn er die Grenzen, in denen der Verwalter Mittel zur allgemeinen Liquiditätsstärkung verwenden darf, klar und eindeutig festlegt.
4. Es besteht eine Beschlusskompetenz der Miteigentümer zur Genehmigung auch von Teilen einer Jahresabrechnung, die zuvor für ungültig erklärt worden sind.
VolltextIBRRS 2020, 2824
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2020 - 3 Wx 173/19
1. Veräußert ein Wohnungseigentümer einen Miteigentumsanteil (930,50/100.000), verbunden mit dem Sondereigentum an der Garage Nr. 2, aus dem von ihm gehaltenen Miteigentumsanteil (10.616/100.000) an dem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung ... Nr. 2 ... nebst Kellerraum und Garage Nr. 2 des Aufteilungsplans, an einen anderen Wohnungseigentümer, mit dem Ergebnis, dass der Miteigentumsanteil nach Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch Bestandteil von dessen Teil- und Wohnungseigentumsrecht wurde, so bedarf der Eigentumswechsel weder der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer noch einer Änderung der Teilungserklärung.*)
2. Soweit im Zusammenhang mit der Veräußerung der Garage Vereinbarungen zu laufenden Kosten getroffen wurden, handelt es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen, die der Wirksamkeit der Eigentumsumschreibung nicht entgegenstehen.*)
VolltextIBRRS 2020, 2765
AG Brandenburg, Urteil vom 22.06.2020 - 31 C 186/19
1. Liegt eine Individualvereinbarung nicht vor, so wird der Inhalt der AVBFernwärmeV unmittelbar zum Vertragsinhalt.
2. Im Falle eines nicht schriftlich geschlossenen Vertrags soll dieser gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV im Interesse der Rechtsklarheit schriftlich bestätigt werden. Die Verletzung des Gebots zum schriftlichen Vertragsschluss oder zur schriftlichen Vertragsbestätigung führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags, sondern allenfalls zu Beweisproblemen.
3. Ein Vertragsangebot des Versorgungsunternehmens zum Abschluss eines Versorgungsvertrags in Form einer sog. Realofferte ist in einem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens zu sehen, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt.
4. Empfänger der Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrags ist typischerweise derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt.
5. Der § 1 Abs. 2 Nr. 2 HeizkostenV betrifft solche Heizungsanlagen, die nicht vom (Haus-)Eigentümer bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft selbst, sondern von einem Dritten betrieben werden und der als sog. "Drittbetreiber" berechtigt ist, von dem jeweiligen Nutzer dafür ein Entgelt zu fordern.
6. Dieser sog. "Drittbetreiber" der Heizanlage darf nicht nach der AVBFernwärmeV bzw. einem Wärmekaufvertrag abrechnen. Dieser "Drittbetreiber" ist vielmehr an den Kostenrahmen des § 7 Abs. 2 HeizkostenV gebunden.
VolltextIBRRS 2020, 2488
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.06.2020 - 2-13 S 78/19
1. Geht eine Wohnungseigentümergemeinschaft von der Instandsetzungsbedürftigkeit von Fenstern aus, liegt im Fensteraustausch eine (modernisierende) Instandsetzung.
2. Hierfür muss die Wohnungseigentümergemeinschaft kein Gesamtkonzept entwickeln.
3. Bei technisch einfach gelagerten Instandsetzungsvorhaben wie einem Fensteraustausch reicht der Sachverstand von Handwerkern.
4. Der Austausch alter (Holz-)Fenster durch moderne Kunststofffenster ist regelmäßig eine ordnungsgemäße Instandhaltung.
VolltextIBRRS 2020, 2764
OLG Dresden, Beschluss vom 29.07.2005 - 3 W 719/05
1. Die einzelnen Personen verschiedener Rechtsgemeinschaften sind grundsätzlich als unterschiedliche "Köpfe" i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 1 WEG anzusehen.
2. Grundsätzlich steht nach dem Kopfstimmprinzip jeder Rechtsgemeinschaft, die nicht personenidentisch mit anderen Wohnungseigentümern ist, ein eigenes Stimmrecht zu, das intern nur einheitlich ausgeübt werden kann.
3. Danach kommt zu dem Stimmrecht, das durch eine Alleinberechtigung an Wohnungseigentum begründet wird, ein weiteres Stimmrecht hinzu, das einer Rechtsgemeinschaft, der auch der alleinberechtigte Wohnungseigentümer angehört, an weiterem Wohnungseigentum zusteht.
4. Von dieser generellen Regelung gibt es auch unter dem Aspekt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens keine Ausnahme. Vielmehr ist der Einwand der übrigen Wohnungseigentümer, der "Mehrheitseigentümer" missbrauche sein Stimmenübergewicht dazu, einen ihm genehmen Beschluss herbeizuführen, im Einzelfall - insbesondere mit Blick auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung - zu überprüfen.
VolltextIBRRS 2020, 2750
AG Lichtenberg, Urteil vom 25.02.2020 - 19 C 58/18
1. Das Anerkenntnis nur einzelner notwendiger Streitgenossen ist nicht wirksam.
2. Die Unbestimmtheit eines Beschlusses führt nur dann zur Nichtigkeit desselben, wenn er eine durchführbare Regelung nicht mehr erkennen lässt oder in sich widersprüchlich ist.
3. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hat die Beschlusskompetenz, eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Untersuchung definierter Rechtsfragen für die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu beauftragen.
4. Es besteht auch keine Interessenkollision, wenn die Kanzlei schon einmal einzelne Wohnungseigentümer vertreten hat.
VolltextIBRRS 2020, 2742
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 18.03.2020 - 539 C 29/19
1. Für Schadensersatzansprüche, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, besteht ausnahmsweise keine geborene, sondern lediglich eine gekorene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn und soweit sie in Anspruchskonkurrenz zu Beseitigungsansprüchen der Wohnungseigentümer aus dem Miteigentum an dem Grundstück gem. § 1004 Abs. 1 BGB stehen; das gilt auch, soweit der Beseitigungsanspruch die Wiederherstellung des vorherigen Zustands umfasst.
2. Wird in einem Vorprozess bzgl. widerrechtlich gepflanzter Rhododendren ein Vergleich dahin geschlossen, dass ein Busch entfernt werden muss und zwei weitere stehen bleiben dürfen, so gilt dieser Vergleich auch dann weiter, wenn für eine Partei ein Rechtsnachfolger in die Gemeinschaft eintritt.
3. Hiernach dürfen die Rhododendren weiter nicht entfernt werden. Werden sie dennoch entfernt, müssen sie auf Verlangen wieder neu gepflanzt werden.
VolltextIBRRS 2020, 2697
LG Stuttgart, Beschluss vom 23.04.2020 - 19 S 23/20
1. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann im Wege der Klage Unterlassungsansprüche gem § 1004 Abs. 1 BGB nur dann selbst geltend machen, wenn die Ansprüche (durch sog. Ansichziehen) von den Wohnungseigentümern durch einen Beschluss vergemeinschaftet worden sind (sog. "gekorene Ausübungsbefügnis) nach § 10 Abs. 3 Halbs 2. WEG.
2. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung der Ansprüche stellt zugleich stillschweigend eine gekorene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft dar.
VolltextIBRRS 2020, 2689
LG Itzehoe, Beschluss vom 06.05.2020 - 11 S 46/19
1. Wenn die Teilungserklärung Balkone nur bei der Bezeichnung der jeweiligen Miteigentumsanteile erwähnt, nicht jedoch beim "Gegenstand des Sondereigentums", so sind sie - obwohl sondereigentumsfähig - nicht zum Sondereigentum erklärt worden. Der Balkon ist kein "bildlicher Bestandteil" der Eigentumswohnung. Der Balkon steht nicht nach § 94 BGB zwingend im Sondereigentum der damit verbundenen Einheit.*)
2. Wenn die Gemeinschaftsordnung keine eindeutig abweichende Tragung der Instandsetzungskosten regelt, tragen alle Sondereigentümer die Kosten der Balkoninstandsetzung. Insoweit besteht auch Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer; es wird gerade nicht erstmals eine Sondereigentumseinheit mit Kosten insoweit belastet.*)
3. Ein Sonderumlagen-Beschluss, der als Verteilerschlüssel "Wohnfläche" nennt, ist nicht wegen Unbestimmtheit nichtig, wenn sich aus der Teilungserklärung der jeweilige Quotient leicht errechnen lässt.*)
VolltextIBRRS 2020, 2658
AG Kassel, Urteil vom 27.08.2020 - 800 C 2563/20
Die Corona-Pandemie rechtfertigt regelmäßig keine Beschränkung der Personenanzahl auf einer Eigentümerversammlung auf einen Wert unterhalb der teilnahmeberechtigten Eigentümer inklusive Verwalter. Spricht die Einladung zu einer Versammlung ohne ausreichende Rechtfertigung eine solche Beschränkung aus, so sind die auf der Versammlung getroffenen Beschlüsse wegen Eingriffs in den Kernbereich des Wohnungseigentums nichtig. Vorrangig ist ein Raum zu organisieren, in dem die Vorgaben der landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen eingehalten werden können.
VolltextIBRRS 2020, 2358
AG Wiesbaden, Urteil vom 25.05.2020 - 92 C 803/20
1. Der Verwalter ist das Vollzugsorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Umsetzung der Beschlüsse der Wohnungseigentümer ist die primäre Aufgabe des Verwalters. Dies gilt auch für etwaige fehlerhafte Beschlüsse.
2. Hält der Verwalter den Beschluss für unzureichend, muss er erneut zu einer Wohnungseigentümerversammlung einladen und den Wohnungseigentümern vorschlagen, den Beschluss entsprechend abzuändern.
VolltextIBRRS 2020, 2414
BGH, Urteil vom 03.07.2020 - V ZR 250/19
Die Nachhaftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens Wohnungseigentümerin ist, erstreckt sich auf Beitragspflichten, die auf nach seinem Ausscheiden von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlüssen beruhen; auch insoweit handelt es sich um Altverbindlichkeiten i.S.v. § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB.*)
VolltextIBRRS 2020, 2353
BGH, Urteil vom 10.07.2020 - V ZR 178/19
1. Werden die Einzelabrechnungen einer Jahresabrechnung im Beschlussanfechtungsverfahren hinsichtlich einzelner Positionen für ungültig erklärt, erfasst dies zwangsläufig auch die in den Einzelabrechnungen ausgewiesenen (positiven oder negativen) Abrechnungsspitzen; es kommt nicht darauf an, ob dies im Urteilstenor explizit ausgesprochen worden ist.*)
2. Wird die Jahresabrechnung insgesamt oder teilweise für ungültig erklärt, können einzelne Wohnungseigentümer nicht die Rückzahlung der Abrechnungsspitze im Wege eines Bereicherungsausgleichs beanspruchen; vielmehr steht ihnen ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer neuen Jahresabrechnung für das betroffene Jahr zu und von den übrigen Wohnungseigentümern können sie die Beschlussfassung hierüber verlangen. Dieser "Vorrang der Jahresabrechnung" gilt auch dann, wenn zwischen der Zahlung und der erneuten Beschlussfassung ein Eigentumswechsel stattfindet.*)
3. Wird ein Beschluss, der Beitragspflichten der Wohnungseigentümer i.S:v. § 16 Abs. 2 WEG begründet, rechtskräftig für ungültig erklärt, tritt diese Wirkung zwar insofern ex tunc ein, als feststeht, dass die Beschlussfassung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach; der Schuldgrund und damit der Verzug des säumigen Wohnungseigentümers entfällt aber erst durch den Eintritt der Rechtskraft des Urteils, mit dem der Beschlussanfechtungsklage stattgegeben wird, so dass bis dahin entstandene Verzugsschäden weiterhin ersetzt werden müssen.*)
IBRRS 2020, 2285
AG Oberhausen, Urteil vom 03.06.2020 - 34 C 87/19
1. Die Jahresabrechnung muss eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung sämtlicher tatsächlicher Einnahmen und Ausgaben (Zufluss-/Abflussprinzip) für das betreffende Wirtschaftsjahr enthalten. Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen aus sich heraus verständlich sein. Es genügt nicht, dass sich das maßgebende Zahlenwerk und die Schlüssigkeit der Rechnung für den Eigentümer erst aufgrund einer erläuternden Darstellung des Verwalters erschließt.
2. Reinigungs-, Gartenarbeits- oder Räum- und Streupflichten können den Wohnungseigentümern nicht durch Mehrheitsbeschluss persönlich auferlegt werden.
VolltextIBRRS 2020, 2260
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.05.2020 - 14 S 6820/19 WEG
1. Die Vertretungsmacht des Verwalters endet, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer bei Gericht anzeigt, dass er sich künftig selbst vertreten werde.
2. Da der Verwalter vollumfänglich zur Prozessführung auch in der Berufung befugt ist, bedarf es einer Weisung der Eigentümer zur Berufungseinlegung nicht.
3. Wird der Bestellungsbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt, ist er als von Anfang an nichtig anzusehen, der Verwalter verliert rückwirkend seine Verwalterstellung. Dementsprechend handelt es sich bei der erneuten Wahl desselben Verwalters auch nicht um eine Wiederbestellung, sondern eine Erstwahl des Verwalters.
4. Im Rahmen der ersten Bestellung eines neuen Verwalters haben die Wohnungseigentümer eine Prognose anzustellen, ob der zu Bestellende das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird.
5. Zu den bei der anzustellenden Prognose zwingend zu berücksichtigenden Umständen gehört insbesondere die Bonität des zu Bestellenden.
6. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität der als Verwalter vorgesehenen Person zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt.
VolltextIBRRS 2020, 2259
LG Saarbrücken, Urteil vom 15.05.2020 - 5 S 24/19
§ 37a Abs. 1 Nr. 1 a AGJusG Saarland gilt auch bei Streitigkeiten zwischen Eigentümern einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Für die Gütepflicht genügt es daher, dass die Parteien im Saarland wohnen und Streit über eine der in § 906 BGB geregelten Immissionen herrscht. Die zwischen den Wohnungseigentümern bestehende Sonderverbindung schließt eine Gütepflicht nicht aus.*)
VolltextIBRRS 2020, 2258
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 15.04.2020 - 539 C 21/18
1. Der Beschluss über die Gesamtjahresabrechnung (.... Jahr) entspricht noch ordnungsmäßiger Verwaltung, obwohl die Beschlussfassung mit dem Wortlaut "Die Hausgeldabrechnung für das Jahr ... wird genehmigt" einiges an Bestimmtheit vermissen lässt.*)
2. Die Wohnungseigentümer können und wollen nicht beschließen, dass die Zusammenstellung des Verwalters in der Gesamtabrechnung nur materiell berechtigte Ausgaben und Einnahmen enthält.*)
3. Selbst die Bestandskraft eines Beschlusses über die Jahresabrechnung schließt es nicht aus, Fehler nachträglich zu korrigieren, etwa durch Zweitbeschluss im Folgejahr (Niedenführ, in: FS Riecke, 2019, S. 321 <325 oben>).*)
4. Das Rechtsschutzinteresse für eine Beschlussanfechtung fehlt, wenn beim Wegfall des Wirtschaftsplans für 2018 der bestandskräftig beschlossene Wirtschaftsplan für 2017 mit demselben falschen Verteilerschlüssel nach der Gemeinschaftsordnung fortgelten würde.*)
VolltextIBRRS 2020, 2163
BGH, Beschluss vom 02.07.2020 - V ZR 2/20
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten.*)
VolltextIBRRS 2020, 2145
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28.02.2020 - 980b C 47/18 WEG
1. Das Rechtsschutzbedürfnis des Anfechtungsklägers ist im Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall nicht gesondert zu prüfen.
2. Bei der Entfernung des Estrichs und dem Einbau einer Fußbodenheizung handelt es sich um eine Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, die der Zustimmung sämtlicher beeinträchtigter Wohnungseigentümer bedarf.
3. Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
4. Ein Beschluss, wonach die Erlaubnis zum Anschluss/Betrieb der Fußbodenheizungen bei Veräußerung der jeweiligen Wohnung automatisch erlischt, es sei denn, der Erwerber weist eine auf seinen Namen lautende, notariell beglaubigte Freistellungsverpflichtung vor, die den möglichen Risiken gemäß der jeweils gültigen Rechtsvorschriften Rechnung trägt, widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums, da er nicht den rechtlichen Voraussetzungen für die Genehmigung einer baulichen Veränderung genügt.
VolltextIBRRS 2020, 2104
BGH, Urteil vom 26.06.2020 - V ZR 199/19
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2020, 2053
BGH, Urteil vom 26.06.2020 - V ZR 173/19
Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche (Bestätigung von Senat, IMR 2012, 327; IMR 2018, 250; IMR 2018, 517).*)
IBRRS 2020, 2008
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.03.2020 - 2-13 S 56/19
Zur Abwicklung vereinbarungswidrig geführter getrennter Instandhaltungsrücklagen für Garagenstellplätze.*)
VolltextIBRRS 2020, 2004
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.05.2020 - 2-13 S 6/19
Zur Darstellung von durch Entnahmen aus der Rücklage finanzierter Ausgaben in der Jahresabrechnung.*)
VolltextIBRRS 2020, 1946
LG München I, Urteil vom 20.02.2020 - 36 S 16296/18 WEG
1. Bei der Terminierung einer Eigentümerversammlung ist stets zu berücksichtigen, dass die Teilnahmemöglichkeit der Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung ein zentrales Mitgliedschaftsrecht ist, das durch eine "unzeitige" Terminbestimmung nicht verkürzt oder gar vereitelt werden darf.
2. Jedenfalls in kleineren Wohnanlagen ist der Wohnungseigentumsverwalter im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung verpflichtet zu versuchen, jedem Mitglied in zumutbarer Weise eine Versammlungsteilnahme zu ermöglichen.
3. Die Anberaumung einer Eigentümerversammlung innerhalb einer typischen Reisezeit (Ferienzeit) entspricht nur ausnahmsweise ordnungsgemäßer Verwaltung, nämlich wenn sichergestellt ist, dass die Wohnungseigentümer daran teilnehmen oder sich zumutbar vertreten lassen können, wenn es sich um eine Angelegenheit von besonderer Dringlichkeit handelt oder sofern die Zusammensetzung der konkreten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht dagegen spricht.
4. Ebenso wie eine Eigentümerversammlung am Heiligen Abend zur "Unzeit" wäre, ist dies auch eine Eigentümerversammlung am Sederabend (Beginn des jüdischen Pessachfestes), wenn einer der Wohnungseigentümer sich darauf beruft, diesen aufgrund seines Glaubens feiern zu wollen, anstatt an einer Wohnungseigentümerversammlung teilzunehmen.
5. Kann ein Eigentümer aufgrund einer Ladung zur Unzeit nicht an der Versammlung teilnehmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich dieser Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat.
6. Etwas anderes gilt nur, wenn die entsprechenden Beschlüsse auf einer weiteren Versammlung bestätigt werden - diesmal in Anwesenheit des Eigentümers.
7. Die Bestellung eines Verwalters ist vom Verwaltervertrag weitgehend unberührt; nur dessen wesentliche Eckpunkte müssen in der Versammlung, in der die Bestellung erfolgt, grundsätzlich in wesentlichen Umrissen - Laufzeit und Vergütung - geregelt werden.
8. Unter dem Gesichtspunkt der ordnungsmäßigen Verwaltung erfordert eine in Teilentgelte aufgespaltene Vergütungsregelung danach eine klare und transparente Abgrenzung derjenigen - gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten - Aufgaben, die von einer vorgesehenen Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen, die gesondert zu vergüten sind.
9. Für die Weiterbestellung einer Verwaltung bedarf es keiner Einholung neuer Angebote. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Beurteilungssachverhalt verändert hat.
VolltextIBRRS 2020, 1270
LG München I, Beschluss vom 05.02.2020 - 36 T 9951/19
1. Die Verurteilung eines Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, für die er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung durch Verhängung von Zwangsmitteln und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken.
2. Danach kommt grundsätzlich die Verhängung eines Zwangsgelds in Betracht.
3. Der Anspruch des einzelnen Eigentümers auf Erstellung der Abrechnung ist erfüllt, wenn der Verwalter eine den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung vorlegt.
4. Er kann dann nicht die Vorlage einer neuen oder die Berichtigung des vorgelegten Entwurfs verlangen, solange die vom Verwalter vorgelegte, den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung nicht von der Mehrheit der Eigentümer verworfen oder ein die Abrechnung bestätigender Eigentümerbeschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist.
5. Rechnungsabgrenzungen für periodenfremde Zahlungen sind generell unzulässig.
VolltextIBRRS 2020, 1949
BGH, Urteil vom 29.05.2020 - V ZR 141/19
1. Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 22 Abs. 1 WEG muss mit einfacher Mehrheit gefasst werden, wobei auch die nicht beeinträchtigten Eigentümer stimmberechtigt sind; daneben muss gegebenenfalls die Zustimmung derjenigen Eigentümer vorliegen, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.*)
2. Der Versammlungsleiter handelt nicht pflichtwidrig, wenn er einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 22 Abs. 1 WEG als zu Stande gekommen verkündet, obwohl nicht alle Eigentümer zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.*)
3. Der Verwalter muss in Vorbereitung einer Beschlussfassung über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 22 Abs. 1 WEG prüfen, ob einzelne Wohnungseigentümer (und gegebenenfalls welche) ihre Zustimmung erteilen müssen, und er muss die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informieren und gegebenenfalls auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hinweisen.*)
4. Klärt der Verwalter die Eigentümerversammlung vor einer Beschlussfassung gem. § 22 Abs. 1 WEG nicht in gebotener Weise über ein bestehendes Zustimmungserfordernis auf, handelt er i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB pflichtwidrig; einen Rechtsirrtum hat er aber nur dann i.S.v. § 276 BGB zu vertreten, wenn seine Einschätzung offenkundig falsch ist.*)
5. Ist der Verwalter der Auffassung, dass die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer fehlt, und hat er deshalb Bedenken gegen die Verkündung eines auf eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 22 Abs. 1 WEG gerichteten Beschlusses, für den sich eine einfache Mehrheit ausgesprochen hat, so kann er, statt das Zustandekommen des Beschlusses zu verkünden, eine Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen.*)
IBRRS 2020, 1943
OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2020 - 15 W 72/20
Ist die Veräußerung des Wohnungseigentums von der Zustimmung des Verwalters abhängig, so kann dieser die Zustimmung auch dann erteilen, wenn er selbst das Wohnungseigentum erwirbt. § 181 BGB steht der Wirksamkeit der Zustimmung weder in direkter noch in entsprechender Anwendung entgegen (im Anschluss an OLG Düsseldorf, IMR 2020, 256).*)
VolltextIBRRS 2020, 1576
LG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2019 - 19 S 8/19
Ist in einer Beschlussersetzungsklage ein wirtschaftliches Interesse nicht feststellbar oder nicht bezifferbar, weil genügende Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts fehlen, ist eine Wertfestsetzung in Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG, § 36 Abs. 3 GNotKG auf 5.000 Euro sachgerecht.
VolltextIBRRS 2020, 1748
OLG Brandenburg, Urteil vom 27.05.2020 - 4 U 87/19
1. Steht dem Erwerber während des Verzugs des Bauträgers mit der Fertigstellung mit der beabsichtigt selbst zu bewohnenden Eigentumswohnung kein vergleichbarer Wohnraum zur Verfügung, hat der Erwerber Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.
2. Als Ausgangspunkt für die Berechnung des Nutzungswerts der vorenthaltenen Eigentumswohnung können entweder die anteiligen Vorhaltekosten oder die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen werden.
3. Auf den Nutzungsausfallschaden sind die dem Erwerber tatsächlich entstandenen und vom Bauträger zu tragenden Kosten der Unterbringung in einer Ersatzunterkunft in voller Höhe anzurechnen.
VolltextIBRRS 2020, 1754
LG Rostock, Beschluss vom 14.05.2020 - 1 T 100/20
1. Wer mehrere Streitgenossen verklagt, die an unterschiedlichen Orten wohnen, muss mit der Bestellung eines Rechtsanwalts am Sitz eines jeden der Streitgenossen rechnen.
2. Dies gilt zwar grundsätzlich auch für den Fall, dass sich eine Anfechtungsklage gegen einzelne Wohnungseigentümer richtet. Wenn aber der Verwalter kraft Gesetzes bei Passivprozessen zur Vertretung und Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts befugt ist, ist es im Rahmen der Reisekostenproblematik demgegenüber gerechtfertigt, für die Frage des Wohnsitzes jedenfalls dann auf den Sitz des Verwalters abzustellen, wenn die Beauftragung durch den Verwalter erfolgt.
3. Sind mehrere Streitgenossen Kostengläubiger, von denen nicht alle vorsteuerabzugsberechtigt sind, kommt es für die Festsetzung der Umsatzsteuer darauf an, wer im Innenverhältnis die Prozesskosten zu tragen hat. Ist dies ein Streitgenosse, der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die Umsatzsteuer (auch bezüglich der Erhöhungsgebühr) festsetzungsfähig. Müssen die Kostengläubiger im Innenverhältnis ihre Kosten anteilig tragen und ist der eine Kostengläubiger vorsteuerabzugsberechtigt, der andere aber nicht, ist auch die Umsatzsteuer nur anteilig festsetzbar.
VolltextIBRRS 2020, 1631
AG Charlottenburg, Urteil vom 08.11.2019 - 73 C 39/19
1. Auch gegen Negativbeschlüsse können Anfechtungsklagen erhoben werden, wenn der Kläger behauptet, auf positive Beschlussfassung einen gebundenen Anspruch zu haben.
2. Existiert zu dem Beschlussgegenstand bereits ein bestandskräftiger Beschluss, hat ein Wohnungseigentümer grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Umsetzung dieses Beschlusses unterbleibt oder der Beschluss abgeändert oder aufgehoben wird.
3. Die Bestandskraft schließt jedenfalls den Einwand aus, der Beschluss habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Ein Anspruch auf Abänderung kann sich daher nur ganz ausnahmsweise aus § 242 BGB ergeben, wenn sich etwa aus einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse Umstände ergeben, die die Beschlussdurchführung gegenüber dem klagenden Eigentümer als treuwidrig erscheinen lassen würde.
4. Der Verwaltungsbeirat ist in keiner Weise verpflichtet, sich auf der Eigentümerversammlung neutral zu verhalten.
VolltextIBRRS 2020, 1575
AG Hamburg, Urteil vom 20.12.2019 - 22a C 397/18
1. Eine Sondervergütung des Verwalters kann nicht nur beschlossen werden, Rechtsgrundlage für die Zahlung einer Sondervergütung kann auch ein entsprechender Vertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter sein.
2. Eine Klausel im Verwaltervertrag, die die Verwaltung berechtigt, ohne eine Entscheidung der Eigentümer mit sich selbst einen Vertrag über eine Sondervergütung für sich zu schließen, ist offenkundig unwirksam.
3. Grundsätzlich gehört die Wahrnehmung der Rolle des Bauherrn im Rahmen der Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum zu den gesetzlichen Pflichten eines Verwalters, die grundsätzlich mit der Verwaltervergütung abgegolten sind, auch wenn der Verwalter nicht die Aufgaben eines Bauleiters hat.
4. Voraussetzung einer berechtigten GoA, die zu einem Aufwendungsersatzanspruch führt, ist es, dass bereits die Übernahme der Geschäftsführung entweder subjektiv dem Willen der Gemeinschaft entspricht oder aber objektiv ihrem Interesse.
5. Auch Entnahmen, die zu Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung führen, sind von der Entlastungswirkung eines Entlastungsbeschlusses erfasst.
6. Ein Entlastungsbeschluss hat die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses, seine Rechtsfolge ist ein Verzicht der Wohnungseigentümer auf etwaige - nicht aus einer Straftat herrührende - Ersatzansprüche gegen den Verwalter, soweit es sich um Ansprüche handelt, die den Wohnungseigentümern bekannt oder die für sie bei sorgfältiger Prüfung erkennbar sind.
7. Ein Entlastungsbeschluss aus dem Vorjahr steht einer Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung jedoch nicht entgegen, wenn erst im Folgejahr der der Leistung zu Grunde liegende Beschluss rechtskräftig für ungültig erklärt wird.
VolltextIBRRS 2020, 1773
LG Bremen, Beschluss vom 12.05.2020 - 4 S 267/19
Die Nutzung einer Wohnung als Monteurs- oder Ferienwohnung mit kurzfristig wechselnder Vermietung kann sich im Rahmen der durch die Teilungserklärung bestimmten Nutzung zu Wohnzwecken halten.*)
VolltextIBRRS 2020, 1750
LG Limburg, Beschluss vom 21.04.2020 - 4 O 267/19
Für eine Klage des Bauträgers auf Abnahme (auch) des gemeinschaftlichen Eigentums gegen den einzelnen Erwerber ist das Gericht am Ort der Belegenheit des Grundstücks örtlich ausschließlich zuständig.
VolltextIBRRS 2020, 1761
BGH, Beschluss vom 28.05.2020 - V ZB 56/19
1. Das in § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO angeordnete Vollstreckungsverbot gilt für alle in § 111f StPO geregelten, in Vollziehung eines Vermögensarrests entstehenden Sicherungsrechte der Staatsanwaltschaft; insbesondere greift es auch dann ein, wenn der Vermögensarrest in ein Grundstück bewirkt worden ist. *)
2. Das Vollstreckungsverbot des § 111h Abs. 2 Satz 1 StPO unterbindet nur die Zwangsvollstreckung aus Rechten, die gegenüber dem in Vollziehung des Vermögensarrests entstandenen Sicherungsrecht der Staatsanwaltschaft nachrangig sind. *)
3. Vollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger bleiben auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft in Vollziehung eines Vermögensarrests die Eintragung einer Sicherungshypothek bewirkt hat, insoweit zulässig, als sie auf Rechten beruhen, die nach dem Rangklassensystem des § 10 ZVG Vorrang genießen; infolgedessen kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft weiterhin die Zwangsversteigerung wegen Ansprüchen der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG betreiben. *)
IBRRS 2020, 1544
LG Berlin, Beschluss vom 16.01.2019 - 55 S 46/18 WEG
1. Wird eine Teileigentumseinheit in der Teilungserklärung als "Gewerbeeinheit (Laden)" bezeichnet, kann darin keine gastronomische Einrichtung betrieben werden.
2. Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Teil- oder Wohnungseigentümer auf Unterlassung der zweckwidrigen Nutzung seines Teil- oder Wohnungseigentums in Anspruch, bestimmt sich der Streitwert danach, welche Beeinträchtigungen dem Kläger durch die zweckwidrige Nutzung erwachsen, wobei diese Nachteile und auch das gegenläufige Interesse des Beklagten frei zu schätzen sind.
3. Bei der Störung von Grundeigentum bemisst sich das Interesse des gestörten Eigentümers grundsätzlich nach dem Wertverlust des Grundstücks.
VolltextIBRRS 2020, 1504
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 31.05.2019 - 980b C 4/19 WEG
1. Die Entlastung des Beirats ist rechtswidrig, wenn die von dem Beirat geprüfte Abrechnung fehlerhaft ist und geändert werden muss.
2. Ein Beschluss, mit dem eine bauliche Veränderung nachträglich genehmigt wird, muss bestimmt genug gefasst werden. Aus dem Beschluss selbst muss sich bei der gebotenen objektiven Auslegung ergeben, welche Maßnahme gewollt ist; die genehmigte Maßnahme muss genau nach Art, Maß und Umfang beschrieben werden.
VolltextIBRRS 2020, 1675
OLG München, Beschluss vom 15.06.2020 - 34 Wx 144/20
Ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück kann nicht im Wege eines Teilungsvertrags nach § 3 WEG zerlegt und mit Sondereigentum verbunden werden, wenn die dadurch neu gebildeten Einheiten sämtlich in der Hand des ursprünglichen Miteigentümers verbleiben sollen; hierfür bedarf es zusätzlich einer Teilungserklärung nach § 8 WEG.*)
VolltextIBRRS 2020, 1620
OLG Köln, Beschluss vom 27.05.2019 - 17 W 71/17
1. Kann die Klage durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähiger Verband erhoben werden, scheidet die Erstattung des "Mehrvertretungszuschlags" (RVG VV Nr. 1008) im Kostenfestsetzungsverfahren aus.
2. Dabei ist es irrelevant, ob die Klage jeweils individuell durch sämtliche Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft als Streitgenossen im Wege der subjektiven Klagenhäufung oder ob die Klage durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als teilrechtsfähiger Verband erhoben wird.
3. In ersterem Fall kann der Rechtsanwalt aber zumindest gegenüber seinen Auftraggebern die nach RVG VV Nr. 1008 erhöhte Verfahrensgebühr abrechnen.
VolltextIBRRS 2020, 1698
BGH, Urteil vom 15.05.2020 - V ZR 64/19
1. § 16 Abs. 4 WEG steht einem Beschluss nicht entgegen, der einzelnen Wohnungseigentümern die Durchführung einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums mit der Maßgabe gestattet, dass die bauwilligen Wohnungseigentümer sämtliche Errichtungskosten und Folgekosten der Maßnahme tragen. Dies gilt auch dann, wenn eine solche - hinreichend bestimmt beschriebene - Maßnahme im Zeitpunkt des Beschlusses noch nicht geplant ist.*)
2. Hat ein Wohnungseigentümer eigenmächtig eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums vorgenommen, haben die Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz, dies mit der Maßgabe zu genehmigen, dass der die Veränderung vornehmende Wohnungseigentümer die Folgekosten der Maßnahme trägt.*)
VolltextIBRRS 2020, 1630
AG München, Urteil vom 26.03.2019 - 484 C 17510/18 WEG
1. Der nachträgliche Einbau einer Außen-Klimaanlage stellt eine bauliche Veränderung dar.
2. Dies stellt auch eine erhebliche Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer da, wenn hierbei Fenster, die im Gemeinschaftseigentum stehen, für Leitungen durchbohrt werden.
3. Für bauliche Veränderungen besteht ein Beschlusszwang.
4. Die Außen-Klimaanlage ist bereits deshalb zu entfernen, wenn sie eigenmächtig aufgestellt wurde, ohne zuvor einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeigeführt zu haben.
VolltextIBRRS 2020, 1662
LG Berlin, Urteil vom 09.04.2019 - 53 S 44/18 WEG
1. Wird ein Nichteigentümer zum Mitglied des Verwaltungsbeirats gewählt, so ist dieser Beschluss lediglich anfechtbar.
2. Einem Nichteigentümer als Verwaltungsbeiratsmitglied steht ein Anwesenheitsrecht in der Versammlung nur in dem Umfang zu, in dem der Aufgabenbereich des Verwaltungsbeirats betroffen ist.
3. Das Rechtsinstitut des werdenden Eigentümers ist auf Erwerber, die den Erwerbsvertrag erst nach Invollzugsetzung des Verbands abgeschlossen haben, nicht mehr anzuwenden (obsolet durch BGH, IMR 2020, 242).
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