Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
IBR 11/2012 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
der Neu- und Umbau zahlreicher Bauvorhaben ist ohne den Einsatz von Nachunternehmern kaum noch denkbar. Insbesondere größere Bauunternehmen führen viele Leistungen nicht (mehr) selbst aus, sondern übernehmen meist nur noch Planungs- und Koordinationsleistungen sowie die Ausführung einiger Schlüsselgewerke selbst und lassen die übrigen Gewerke von anderen Unternehmen erbringen. Diese Nachunternehmer beauftragen ihrerseits oftmals weitere Nachunternehmer. Kommt es im Zusammenhang mit solchen „Bauvertragsketten“ zu Mängeln oder Verzug im Nachunternehmerbereich, muss der Hauptauftragnehmer hierfür im Verhältnis zu seinem Auftraggeber einstehen. Mit Urteil vom 06.09.2012 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Hauptunternehmer nicht dazu berechtigt ist, die Zahlung des dem Nachunternehmer zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis in einem Rechtsstreit zwischen ihm und seinem Auftraggeber geklärt ist, ob der Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch des Hauptunternehmers zu Recht mit einer von diesem bestrittenen Vertragsstrafe aufrechnet, die der Auftraggeber wegen einer Verzögerung der Nachunternehmerleistung geltend macht ( S. 631). Das wirft die Frage auf, wie sich der Hauptunternehmer gegen die vom Auftraggeber auf der einen Seite geltend gemachte Vertragsstrafe und dem vom Nachunternehmer auf der anderen Seite geforderten Vergütungsanspruch verteidigen kann. Hierzu bietet der Praxishinweis von Althaus eine Lösung.
Die werkvertragliche Gewährleistungsfrist kann nach ständiger Rechtsprechung durch die Ausführung von Nachbesserungsarbeiten im Wege eines Anerkenntnisses neu zu laufen beginnen (siehe z. B. OLG Frankfurt, IBR 2009, 143). Das ist aber nicht zwingend. Ob die durchgeführte Mängelbeseitigung als verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis angesehen werden kann, ist vielmehr in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller Begleitumstände zu prüfen. Bringt der Auftragnehmer deutlich zum Ausdruck, dass er nach seiner Auffassung nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist, liegt kein derartiges Anerkenntnis vor, so der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 23.08.2012 ( S. 637).
Im Recht der Architekten und Ingenieure sind zwei Entscheidungen hervorzuheben, die sich mit der Kündigung von Architektenverträgen befassen. Ist die Planungsphase noch nicht abgeschlossen, muss der Auftraggeber bei Planungsmängeln dem Architekten grundsätzlich die Möglichkeit geben, die Planung innerhalb einer angemessenen Frist nachzubessern. Erst nach fruchtlosem Fristablauf ist der Auftraggeber berechtigt, den Vertrag zu kündigen. Darauf weist das OLG Bremen hin ( S. 652). Demgegenüber setzt die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Planungs- und Bauüberwachungsfehlern< in der Regel keine Nachfristsetzung voraus, wenn sich die Mängel bereits im Bauwerk verkörpert haben und durch eine Nachbesserung der Planung oder Bauüberwachung nicht mehr ungeschehen gemacht werden können. Das hat das OLG München entschieden ( S. 655).
Dem Einsatz von Nachunternehmen kommt nicht erst bei der Abwicklung eines Vorhabens, sondern – zumindest bei Bauprojekten der öffentlichen Hand – bereits bei der Auftragsvergabe erhebliche Bedeutung zu. Kann ein Bieter die in der Ausschreibung geforderten Leistungen oder Nachweise nicht selbst erbringen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, sich entweder eines Nachunternehmers zu bedienen oder sich mit einem Wettbewerber zu einer Bietergemeinschaft zusammenzuschließen. Letzteres ist allerdings unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten höchst problematisch (siehe OLG Düsseldorf, IBR 2012, 166). Als Ausweg bleibt also in erster Linie der Nachunternehmereinsatz. Über dessen Zulässigkeit hatte sich das OLG München im Rahmen der Auftragsvergabe an einen „Newcomer“ zu befassen und entschieden, dass sich der Bieter zum Nachweis seiner Leistungsfähigkeit und Fachkunde umfassend auf die Eignung etwaiger Nachunternehmer berufen kann ( S. 666). Der Nachunternehmereinsatz ist somit nicht schlechter als die Eigenleistung.
Die Ausführung von Bauarbeiten birgt bekanntermaßen erhebliche finanzielle Risiken. Um das Risiko einer persönlichen Haftung zu begrenzen, bot sich in der Vergangenheit vor allem die Gründung einer GmbH an. Seit dem 01.11.2008 besteht auch die Möglichkeit, als so genannte Mini-GmbH eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kurz: UG (haftungsbeschränkt) – mit einem Stammkapital von nur einem Euro zu gründen. Voraussetzung für eine Haftungsbeschränkung ist, dass die Firma – also der Name, unter dem das Unternehmen betrieben wird – die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führt. Ein unrichtiger Rechtsformzusatz hat nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.06.2012 zur Folge, dass die handelnden Personen (wieder) unbeschränkt haften ( S. 674).
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Mit freundlichen Grüßen Ihr
RA Stephan Bolz
Chefredakteur