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IBR 8/2024 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht kommt es derzeit immer häufiger zu Kündigungen, was (auch) mit der schwächelnden Baukonjunktur zusammenhängen dürfte. Erklärt der Auftraggeber die Kündigung zu Recht, kann er den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen lassen (siehe § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B und § 648a Abs. 6 BGB). Die Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der Fertigstellung der Leistung ist in der Regel mit höheren Kosten verbunden, die der Auftraggeber dann vom Auftragnehmer erstattet haben will. Wie diese Kosten zu ermitteln und abzurechnen sind, ist Gegenstand einer Entscheidung des OLG Nürnberg: Zur Ermittlung der kündigungsbedingten Fertigstellungsmehrkosten muss der darlegungs- und beweisbelastete Auftraggeber von seinen aufgewendeten Ersatzvornahmekosten den Werklohnanspruch des Auftragnehmers abziehen, den dieser bei vollständiger Erfüllung erhalten hätte, da der Auftraggeber diese Kosten „sowieso“ gehabt hätte. Der Auftraggeber muss über die Fertigstellungsmehrkosten prüfbar abrechnen und den Auftragnehmer in die Lage versetzen, die vom Auftraggeber aufgewendeten Kosten seinen ursprünglich geschuldeten Leistungen zuzuordnen und dabei zu prüfen, welche Einheitspreise bzw. Mengen und Massen abgerechnet wurden oder ob zusätzliche oder geänderte Leistungen bzw. Mängelbeseitigungsarbeiten vorlagen. Sofern der Auftraggeber den Drittunternehmer auf Stundenbasis für die Restarbeiten beauftragt, schließt dies zwar eine Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten nicht aus. Allerdings ist eine prüfbare Abrechnung der Mehrkosten damit regelmäßig nicht möglich (Dokument öffnen S. 397; siehe jedoch OLG Köln, Dokument öffnen IBR 2016, 277).

Hervorzuheben ist zudem das Urteil des OLG Brandenburg vom 29.05.2024 zu den Anforderungen der Abrechnung eines Mängelbeseitigungsvorschusses. Der rechenschaftspflichtige Auftraggeber hat danach zum Umfang des Kostenerstattungsanspruchs in der Weise vorzutragen, in der er vorzutragen hätte, wenn er den Kostenvorschuss nicht erhalten hätte und er auf die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs angewiesen wäre (Dokument öffnen S. 400).

Architekten- und Ingenieurverträge enthalten in der Regel auch dienstvertragliche Elemente. Dennoch unterfallen sie (insgesamt) den Vorschriften des Werkvertragsrechts, wenn der Architekt oder Ingenieur schwerpunktmäßig erfolgsbezogene Planungs- und Überwachungsleistungen zu erbringen hat. Das schließt es jedoch nicht aus, dass ein Architekt oder Ingenieur mit der Erbringung „reiner“ Dienstleistungen beauftragt wird, wozu insbesondere Beratungsleistungen gehören. Die Rechtsfolgen einer Schlechtberatung richten sich dann nicht nach dem Werk-, sondern nach dem Dienstvertragsrecht. Im Dienstvertragsrecht stehen dem dort als Dienstherrn bezeichneten Auftraggeber grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist eine Minderleistung nicht als „nicht vertragsgemäße“ Leistung zu sehen, die den Dienstherrn berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen. Der dienstverpflichtete Architekt oder Ingenieur hat deshalb grundsätzlich trotz Schlechtleistung einen Anspruch auf die volle Vergütung. Anders ist es ausnahmsweise nur, wenn die erbrachten Leistungen für den Dienstherrn ohne Interesse – im Sinne von völlig unbrauchbar – sind. Das hat das OLG Köln entschieden (Dokument öffnen S. 408).

Im Vergaberecht stellt sich mitunter die Frage, ob ein Angebot, das (gegebenenfalls nur irrtümlicherweise) einen abweichenden Umsatzsteuersatz enthält, wegen einer Änderung an den Vergabeunterlagen zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden muss. Die VK Sachsen hat dies z. B. mehrfach so entschieden (VK Sachsen, Dokument öffnen IBR 2006, 584, und Dokument öffnen IBR 2005, 277). Allerdings stammen solche Entscheidungen aus einer Zeit, als Teile der Nachprüfungsinstanzen noch mit nahezu kriminalistischer Akribie das Angebot des unterlegenen Bieters im Vergabenachprüfungsverfahren auf mögliche Abweichungen von den Vergabeunterlagen unter die Lupe genommen haben, um den Nachprüfungsantrag bereits bei der kleinsten Unstimmigkeit aufgrund vermeintlich zwingender Ausschlussgründe mangels Rechtsverletzung als unbegründet zurückweisen zu können (anders schon früh OLG Schleswig, Dokument öffnen IBR 2006, 413). Spätestens seit Inkrafttreten der VOB/A 2009 am 11.06.2010 ist jedoch die gesetzliche Grundlage für die vom Gedanken formaler Ordnung geprägte strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs namentlich zur Handhabung der Angebotsausschlussgründe entfallen. Muss sich einem unvoreingenommenen Auftraggeber die Möglichkeit aufdrängen, dass eine Bieterangabe auf einem Missverständnis beruht, kann der öffentliche Auftraggeber dies aufklären und das Angebot auf den maßgeblichen Inhalt der Vergabeunterlagen zurückführen (BGH, Urteil vom 18.06.2019 – X ZR 86/17, Rz. 23 ff., IBRRS 2019, 2673). Dementsprechend hat das BayObLG am 29.05.2024 entschieden, dass keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, wenn ein Bieter in seinem Angebot bei einigen Positionen den vom Auftraggeber vorgegebenen Umsatzsteuersatz von 19% ändert, weil er den niedrigeren Satz von 7% für gesetzlich vorgegeben hält, sofern sich aus den Vergabeunterlagen nicht eindeutig ergibt, dass der Regelsteuersatz im Preisblatt nicht abgeändert werden darf, und wenn nach der Leistungsbeschreibung eine „Nettopreisabrede“ mit Anwendung des jeweils gesetzlich gültigen Mehrwertsteuersatzes getroffen wird (Dokument öffnen S. 411).

Hinzuweisen ist zudem auf den Beschluss der VK Baden-Württemberg vom 16.04.2024, wonach der öffentliche Auftraggeber aufgrund europarechtlicher Vorgaben das freie Wahlrecht zwischen einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und einer funktionalen Leistungsbeschreibung hat. Da dem Auftraggeber beide Möglichkeiten der Beschreibung der Leistung gleichrangig zur Verfügung stehen, muss er nicht begründen, warum er die Leistung funktional und nicht detailliert ausschreibt (Dokument öffnen S. 416).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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