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IVR 02/2024 - Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, wie unglaublich gefährlich ein ge­richtliches Mahnbescheidsverfahren letztlich sein kann?

Ich hatte gerade erst den – zugegebener Maßen – recht ungewöhnlichen Fall, dass ein sehr vermögender Mandant sich völlig überraschend damit konfrontiert sah, dass an seinem Grundstück eine Zwangssicherungshypothek über einen Be­trag von immerhin knapp 140.000 Euro eingetragen worden war, man ihm sodann die Zwangsversteige­rung androhte und letztlich auch einleitete.

Der Mandant hat in Deutschland seinen Zweitwohnsitz. Sein Erstwohnsitz ist in Dubai. Er hält sich nur sehr sporadisch in Deutschland auf. Die Abstände zwischen seinen Besuchen betragen jeweils mehrere Monate. Bedauerlicherweise hat er aber einen Briefkasten, über den Zustellungen durch Einwurf vorge­nommen werden können. Diesen Umstand hat ein entfernter Bekannter genutzt, um im Wege des von ihm selbst eingeleiteten gerichtlichen Mahnbescheidsverfahrens einen rechtskräftigen Titel zu erwirken und hieraus die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde ebenso abgewiesen wie die Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung, die grundsätzlich in Betracht kommt, wenn sich der Gläubiger den Titel arglistig erschlichen hat. Die Darlegungs­- und Beweis­last hierfür liegt indessen beim Schuldner. Weder außergerichtlich noch in den gerichtlichen Verfahren ist es dem vermeintlichen Gläubiger gelungen, seinen Anspruch auch nur ansatzweise dem Grunde und der Höhe nach schlüssig darzustellen, geschweige denn, ihn zu begründen. Zu beidem hat sich der Gläubiger mit Verweis auf den rechtskräftigen Titel ausgeschwiegen, er gab lediglich an, dass es sich um Provisions­forderungen handeln soll. Wofür genau, in welcher Höhe und gemäß welcher Rechnung wurde nicht dar­gelegt und musste es auch nicht. Die Parteien standen indessen tatsächlich in keinerlei vertraglicher Be­ziehung. Letztlich blieb dem Mandanten nichts anderes übrig, als eine offensichtlich unbegründete Forde­rung über fast 140.000 Euro zu begleichen, um die Versteigerung seiner Immobilie zu verhindern.

Sie werden möglicherweise einwenden, dass dieses Problem doch auch bei einem Klage­ statt einem Mahnbescheidsverfahren bestanden hätte. Auch im Klageverfahren hätte über ein Versäumnisurteil ein rechtskräftiger Titel erwirkt werden können, wenn sich der Beklagte nicht fristgerecht meldet. Auch die Klage wird schließlich nur durch Einwurf in den Briefkasten und Postzustellungsurkunde zugestellt. Der entscheidende Unterschied besteht aber darin, dass der Erlass eines Versäumnisurteils zum einen voraus­ setzt, dass drei Gerichtsgebühren aus dem Streitwert einbezahlt werden. Zum anderen muss der geltend gemachte Anspruch schlüssig begründet werden, was hier nicht gelungen wäre. Außerdem hätte die Klage angesichts des Streitwerts durch einen Anwalt eingereicht werden müssen. Diese drei Faktoren hätten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass ein Urteil niemals erlassen worden wäre.

Über das Mahnbescheidsverfahren musste der Gegner indessen nur vergleichsweise geringe Gerichtskos­ten verauslagen und er musste seinen Anspruch nicht begründen.

Es empfiehlt sich also dringend, bei Abwesenheiten von mehr als 14 Tagen dafür zu sorgen, dass die ankommende Post gleichwohl gesichtet wird, um gegebenenfalls rechtzeitig reagieren zu können. Für meinen Mandanten bleibt indessen nur die Hoffnung, dass die Ermittlungsbehörden das eingeleitete Strafverfahren gegen den vermeintlichen Gläubiger nicht gleich wieder einstellen.


Ihre
Anja Dreyer

Rechtsanwältin

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