Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 1/2019 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
öffentliche Aufträge sollen nur an zuverlässige, rechtstreue Bieter vergeben werden. Es kann aber mitunter passieren, dass ein Bieter mit dem Gesetz in Konflikt gerät, etwa in dem er seine Preise mit anderen Bietern abspricht. Hat der öffentliche Auftraggeber hinreichende Anhaltspunkte für ein derart wettbewerbswidriges Verhalten, kann er den Bieter zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der weiteren Teilnahme ausschließen (§ 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB). Allerdings kann der Bieter seine Zuverlässigkeit durch eine erfolgreiche Selbstreinigung wiederherstellen. Das setzt nach § 125 Abs. 1 Nr. 2 GWB voraus, dass er die Tatsachen und Umstände, die mit seinem Fehlverhalten in Zusammenhang stehen, durch eine aktive Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber umfassend klärt. Die VK Südbayern hegte Zweifel an der Vereinbarung dieser Vorschrift mit höherrangigem Europarecht, weil Art. 57 Abs. 6 Richtlinie 2014/24/EU nur von einen aktiven Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden spricht und rief den EuGH an (VPR 2017, 174). Dieser hat mit Urteil vom 24.10.2018 die aufgeworfene Frage dahingehend beantwortet, dass die genannte EU-Richtlinie einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber nicht entgegensteht, sofern sie auf die Maßnahmen beschränkt ist, die für die betreffende Prüfung unbedingt erforderlich sind ( S. 2).
In der Auftragsbekanntmachung hat der Auftraggeber eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen vollständig abgerufen werden können (§ 41 Abs. 1 VgV). Nach Ansicht des OLG Düsseldorf wird hierdurch aber keine Verpflichtung zur Veröffentlichung sämtlicher Vergabeunterlagen begründet. Denn welche Dokumente zu den bereitzustellenden Unterlagen gehören, wird in § 29 VgV geregelt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift umfassen die Vergabeunterlagen alle Angaben, die „erforderlich“ sind, um den Bewerbern oder Bietern eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Fehlt es an der Erforderlichkeit, muss der Auftraggeber den Bewerbern in einem nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb den vorgesehenen Vertragsentwurf daher nicht schon mit der Auftragsbekanntmachung vor Ablauf der Teilnahmefrist zur Verfügung zu stellen ( S. 19).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR