Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 1/2021 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
ein Unternehmen ist zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen festgelegten Kriterien erfüllt. Der Auftraggeber darf jedoch nur solche Kriterien festlegen, die entweder die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit oder die technische und berufliche Leistungsfähigkeit betreffen (§ 122 GWB). Dieser Katalog der Eignungskriterien ist nach Ansicht des OLG Düsseldorf abschließend und lässt keinen Raum für ungeschriebene davon nicht umfasste Ausschlussgründe. Auch das nach früherer Rechtsprechung bekannte Kriterium der „rechtlichen Leistungsfähigkeit“, also die Frage, ob das Unternehmen öffentlich-rechtlichen Tätigkeitsbeschränkungen unterliegt (s. OLG Düsseldorf, VPR 2016, 151), ist deshalb nicht im Rahmen der Eignungsprüfung anwendbar, denn es betrifft nicht die Eignung, sondern einen Aspekt der späteren Vertragserfüllung ( S. 3).
Ob ein Bieter die zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung erforderliche Leistungsfähigkeit aufweist, darf nur an Kriterien gemessen werden, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen genannt hat oder die sich unter Berücksichtigung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie des vorgesehenen Ausführungszeitraums zwingend aus der Sache ergeben. Werden etwa Anforderungen an die Personalausstattung, die in den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich verlangt werden, nicht erfüllt darf ein Bieter nur dann als nicht hinreichend leistungsfähig ausgeschlossen werden, wenn aufgrund konkreter Umstände objektiv zumindest ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal den Auftrag ordnungsgemäß und fristgerecht ausführen kann. Schließt der Auftraggeber einen Bieter zu Unrecht wegen Nichterfüllung nicht bekannt gemachter Eignungskriterien als ungeeignet aus und erteilt er den Auftrag einem anderen Bieter, hat der ausgeschlossene Bieter einen Anspruch auf Schadensersatz. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber die Erfüllung und den Nachweis dieser Eignungskriterien in den Vergabeunterlagen hätte voraussetzen dürfen, wie der Bundesgerichtshof am 06.10.2020 entschieden hat ( S. 1).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR