Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 2/2014 - Vorwort
Liebe Leserin,
lieber Leser,
der Bundesgerichtshof hat am 07.01.2014 die ihm vom OLG Jena (VPR 2013, 128) erst Ende letzten Jahres vorgelegte Frage beantwortet, ob Nebenangebote zulässig sind, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist. Während der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.01.2013 die Möglichkeit einer Kombination von Nebenangebot und Niedrigstpreisvergabe tendenziell nicht ausgeschlossen hat ( IBR 2013, 362), hat er nunmehr entschieden, dass Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen und gewertet werden dürfen, wenn in einem europaweiten Vergabeverfahren der Preis als alleiniges Zuschlagskriterium vorgesehen ist. Denn in der VOB/A ebenso wie in der SektVO ist lediglich bestimmt, dass der Auftraggeber die Mindestanforderungen festlegen muss, denen zugelassene Nebenangebote genügen müssen. Diese Anforderungen sollen dem Bieter eine hinreichend große Variationsbreite in der Ausarbeitung von Alternativvorschlägen lassen. Eine wettbewerbskonforme Wertung der Nebenangebote ist angesichts dessen nicht möglich, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium ist. Denn in diesem Fall wäre der Auftraggeber verpflichtet, den Zuschlag auf ein den Mindestanforderungen genügendes und geringfügig billigeres Nebenangebot als das günstigste Hauptangebot zu erteilen – unabhängig davon, ob das Nebenangebot in der Qualität deutlich hinter dem Hauptangebot zurückbleibt. Mangels geeigneter Zuschlagskriterien könnte die qualitative Diskrepanz nicht in der Wertung erfasst werden ( S. 64).
Bauleistungen können nach der Systematik der VOB/A entweder detailliert mit einem Leistungsverzeichnis oder funktional mit einem Leistungsprogramm beschrieben werden. Das schließt es allerdings nicht aus, dass bei detaillierter Leistungsbeschreibung einzelne Teile der Leistung lediglich funktional beschrieben werden (sog. teilfunktionale Ausschreibung). Voraussetzung hierfür ist, dass dem Bieter wesentliche Planungsleistungen übertragen werden. Daran fehlt es, wenn der Auftraggeber ausführungsbegleitend planen will. Das hat das OLG Düsseldorf am 11.12.2013 entschieden ( S. 67).
Arzneimittelrabattverträge über einen geschützten Wirkstoff werden häufig unter Hinweis auf § 3 EG Abs. 4 c VOL/A 2009, wonach Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden dürfen, wenn der Auftrag aufgrund eines Ausschließlichkeitsrechts nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann, direkt mit dem Hersteller geschlossen. Dieser Vorgehensweise hat das OLG Düsseldorf jetzt einen Riegel vorgeschoben. Nach Ansicht des Gerichts rechtfertigt der Patentschutz für ein bestimmtes Arzneimittel grundsätzlich kein Absehen vom Wettbewerb. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Arzneimittelimporteur in der Lage ist, das Arzneimittel bzw. den Wirkstoff über seine ausländischen Bezugsquellen bereitzustellen ( S. 92).
In eigener Sache: Herr Hermann Summa ist seit März neuer Mitherausgeber der Zeitschrift VPR Vergabepraxis & -recht. Herr Summa ist Richter am OLG Koblenz und gehört dort unter anderem dem Vergabesenat an. Das bisherige Herausgebergremium wird dadurch um einen Praktiker aus der Justiz ergänzt. Herr Summa ist aufgrund zahlreicher Vorträge und Veröffentlichungen zum Vergaberecht sowie als Mitautor des juris Praxis-Kommentars „Vergaberecht“ bundesweit bekannt. Im Gesetzgebungsverfahren zum „Vergaberechtsmodernisierungsgesetz“ war er Sachverständiger. Den Schwerpunkt seiner Herausgebertätigkeit bildet das Nachprüfungsverfahren. Verlag und Redaktion freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
RA Stephan Bolz
Schriftleiter