Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
VPR 2/2019 - Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
öffentliche Aufträge müssen im Regelfall im offenen Verfahren oder im nichtoffenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb vergeben werden. Andere Verfahrensarten darf der Auftraggeber nur ausnahmsweise wählen, wenn die gesetzlich vorgegebenen jeweiligen besonderen Voraussetzungen dafür vorliegen. Eine Direktvergabe, bei der auf einen Wettbewerb gänzlich verzichtet wird, ist z. B. zulässig, wenn der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 b VgV). Möchte ein Auftraggeber von der Direktvergabe Gebrauch machen, trägt er auch die Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands. Nach Ansicht der VK Sachsen muss der Auftraggeber zunächst den Markt erforschen und dann durch stichhaltige Belege darlegen, warum für das nachgefragte Produkt aus technischen Gründen kein Wettbewerb möglich ist. Allein die Tatsache, dass bei einem Produktwechsel Mehraufwand für den Auftraggeber entsteht, genügt nicht, um eine Direktvergabe zu rechtfertigen ( S. 73).
Der für die Vergabe maßgebliche Auftragswert ist anhand des funktionalen Auftragsbegriffs zu ermitteln. Ob ein einheitlicher Bauauftrag oder unterschiedliche Bauaufträge vorliegen, richtet sich nach den wirtschaftlichen und technischen Funktionen des Ergebnisses der betreffenden Arbeiten. Dabei ist auch bei Leistungen in verschiedenen Abschnitten von einem Gesamtauftrag auszugehen, sofern die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zusammenhängen. Soll eine Werkstatthalle modernisiert werden, sind nach Ansicht des OLG Karlsruhe die Sanierungskosten für die Gebäudehülle und die Gebäudetechnik zu addieren, denn beides dient letztlich dazu, dass die Arbeitsbedingungen in der Halle verbessert und Energiekosten eingespart werden ( S. 54).
Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Schriftleiter der VPR